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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920420021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892042002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892042002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-20
- Monat1892-04
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Reclamen unter demRedaction-strich (4ge^ V wallen) bO-H. cor den Familieanachrichte» (d gewalten) 40 Gröbere Schristen laut unsere» Preis- verzeichnib- Tabellarischer und Zifferusatz nach höherem Tarif. »rtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morqen. Ausgabe. ohne Postbesörderung 00.—, m»t Postbesörderuug Gi 70.—. Ilunahweschluß für Inserate:> Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morge u-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtags sriih 9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen i« eine halb« Stunde früher. Inserate sind stet» an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von lk. Polz in Leipzig Mittwoch den 20. April 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Nicollngymnltjnnn. Tie A»f»ahuitpriif»»g für die Elasten von Oninta an auf wärts, sowie die Nachprüfung sür Text« findet Montag, den LL. April, Vorm, von 8 Uhr ab statt. Papier und Feder find mit- zubmigcn. Nachmittag? 4 Uhr erfolgt die Verpflichtung aller neu «usgeiiomuienc», auch der vor Osler» geprüften Schüler. Etwa noch Mt eingereichte Zeugnisse, namentlich die letzte Ostercensnr, sind bi« späieslenS Sonnabend zuvor beiznbringc» und beim Hausmeister abiuacbc». Leipzig, de» 19. April 1892. Prof. l>r. Otto «nemmol, Rector. Politische Tagesschau. * Leipzig, 20. April. Tic Osterferien sind von den Führern dcS CcittruinS tsm benutzt worden, um die von der klerikalen Presse gischasiciic Legende über Entstehung, Wese», Glück und Enve der Zcdlitz'scbcn Volksschulvorlage in ganz Preußen mündlich wtiler zu verbreite». Nach dem Grafen Ballestrem hat auch Hcrr Ist. Porsch in BrcSlau sich in weitläufiger Weisender das Thema ansgelassen, wobei er geraume Zeit auf die Auseinandersetzung verwendete, daß das Ecntrnm mit der Gutheißung des Gesetzentwurfes ein leuchtendes Beispiel von - Selbstverleugnung und Opfcrwilligkeil gegeben habe. Tamil ist freilich die spätere Bersichernng des Redners schwer in Einklang zu bringen, daß seine Partei, um das Zustandekommen der Schulvorlage nickst zu gefährden, die Aushebung dcS ZcsuilengesetzeS vorläufig tarangeaeben, desselben IcsuilengesetzeS, dessen Beseitigung Herr I)r. Porsch in derselben Rede energisch von dem neuen preußischen Ministerpräsidenten verlangt, obwohl cS ein Reichsgesey und seine Abschaffung vom Reichskanzler Grafen Eaprivi ausdrücklich abgclchnt worden ist. Hierin liegt das Ein- sitsläntniß. daß daS Schulgesetz, weit entfernt, ein Opfer sür daS Ecntrnm zu sein, vielmehr eines Opfers werth aewescii ist. Gleich seinem Borredner Grafen Ballestrcm kcnnle sich Herr Ilr. Porsch eine Beleuchtung dcS liberalen BürgerlhumS unter ultramontanem Gesichtswinkel nicht versage». Das darr nicht Wunder nehmen, ein kühnes Unterfangen aber muß es genannt werben, wenn ein CenIrumS- siihrer von „Hetzereien" der liberalen Presse in einem Augen blicke spricht, wo die klerikalen Organe den Liberalismus der mittelbaren Urheberschaft des Naubanfalles auf den Propst Ponuisll berichtigen DankcnSwerth ist die Erklärung des Herrn vr. Porsch, daß der Ullramonlamsmus die „freien" schulen anstrebte und anstrebt, um sic „in Culturkampf- reilen" als ein Kampfmittel gegen den Staat zu verwende». Ls zeigt dies, wie richtig die Auffassung Jener war, welche in der „Unlerrickst-sreihcit" einen der bedenklichsten Puncte der preußischen Schnlvorlage erblickten. Herr v. Helldorff-Bedra hat die Osterpause benutzt, um im „Eenservativen Wochenblatt" energisch ans eine „Purisicirung" der conservativen Partei zu dringen. Ter von ihm verlangte LäutcrnngSproccß soll sich vornehm lick auf vier Puncte erstrecke». Zunächst soll eine respcclvollc Sprache gegenüber dem Kaiser und dem LandcSsürstcn in conservaliven Blättern geführt werden. Sodann soll in dieser Presse nur mit ehrlichen Waffen gekämpft werden. Drittens wird gefordert, daß die conservativc Partei mit anderen Parteien, insbesondere der sog. deutsch-socialen, unverworrcn bleibt. Schließlich wird verlangt, daß die Partei der Ge- wchuheit eines ThcilS ihrer Prcßorgane, sich über den andern zu erheben und alle Parteimitglieder, die nicht ihrem Separatfähnlein angchören, zu Conservativen zweiter Claffe abzustcmpeln, mit Nachdruck entgegentritt. Die entschiedene Sprache, in der der „AuSgeftoßene" diese Forderungen be gründet, berechtigt zu der Annahme, daher in der conservativen Partei einen stärkere» Rückhalt hat, als die Vorgänge nach seiner Ausschließung vermutheu ließen. Die gleiche Bermuthnng legt eine sehr energische Auslassung der über die Stimmung m ge mäßigt conservativen Kreisen unterrichteten „Post" nabe, welche bemerkt, „die Dcclaranten des Herrenhauses gegen Herrn von Helldorff dürfte» über die Folgen ihres Vorgehens wobl bald recht bedenklich werden. Wen» jemals ein Beschluß unbesonnen und ad irato gefaßt wurde, so war cS der jener incorrect berufenen FractionSversammlung, welche der leiden schaftlichen Erregung eines ihrer wohl ältesten, aber immer noch jugendlich aufbrausendsten Führer folgte". Die „Post" ist doShast genug, die Leidenschaftlichkeit des Herrn v. Klcist- Retzow mit seinem — BcrwandtschastSverhältniß zum Grafen Zedlitz zu entschuldigen, geht dann aber um so strenger mit den übrigen Gegnern dcS Herrn v. Helldorfff, namentlich mit Herrn v. Durant, „dem langweiligsten Redner des gesammten HerrcnbauscS", iuS Gericht Das sreiconscrvativc Blatt schließt mit einer dringenden Aufforderung an die Conservativen, nicht beim Cenlrum zu bleiben und zu einer Erneuerung des CartelS die Hand zu bieten. Wörtlich heißt cS: „Verbängnißvoll müßte es sein, wenn die conservative Partei in großen Versammlungen an eine „Vertlesung ihres Programms" jetzt gehen wollte — wie vielfach gefordert wird. Die Zeit der löahrung und Unsicherheit, in der wir mitten dri» stehe», ist sür „Programme", die allerungecignetste. „Das Aeußcrsle liegt der Leidenschaft zu allernächst!" Diese- Wort Goethes sollten di» b». sonnen»» Führer sich vor Augen Hallen, ehe sie leidenschaftlich er regten Rednern und ausgehetzlen Massen die Zügel schieße» Insten. Aus Rath und unter Mitwirkung Seiner Majestät des Königs von Sachsen haben die slnat-erhaltenden Parteien des könig- reichs, unter Bortritt der Conservativen, das Cartel erneuert. Ties ist «in Vorgang höchst erfreulicher Art, und wir wünsche» dringend, daß er in Preuße» gebührende Beachtung sind«. Bei uns stellte «e. Majestät der Kaiser und König sich eben- falls ous den Standpuiici: „nicht ohne, oder gegen die Mittelparteien!" DaS ist auch der Standpunkt des Cartels. So habe» ihn die besonnene» Conservativen in Preuße» ansgesaßt, und so gewannen die Verbündete» den Sieg. Das Cartel ist nicht lobt, wie sein, ltzegner von olle» Dächern predigen. Ein so gesunder und staat-erlia.trnder Gedanke läßt sich, zum Heile des Vaterlandes, durch den wüste» Ansturm Herr» Stöcker s, Eugen Rlchter's und der kleine» Größen dcS Centn»»- nicht lodt machen. Je schwieriger die Zeit, desto fester wird er Wurzeln schlagen in den breitesten Schichten, und die conservative Partei Preußens würde Selbstmord begehen, wenn sie gegen ihre Verbündeten aus der Biüthczeit des Reiches andere Bündnisse suchen wollte, weiche durchaus gegen ihre preußische Natur sind." Wem, von Erneuerung deö Cartels die Rede ist, kann natürlich Herr Eugen Richter dem Drange nicht wider stehe», die Ratioualliberalen anzugreisen und zu verdächtigen. So läßt er denn einem eonflictSfreudigen Ostcrartikel in der „Freisinnigen Zeitung" die Bemerkung folgen, wenn die Regierung bei der Militairvorlage in einen unheilbaren Eonflict hineintrcibc, so könne man schon jetzt die Schuld dafür den Nationallibcralen beimeffcn, denn dieselben seien überall in der Presse thätig, die Regierung in weitgehenden Mililairfvrdcrungcn zu bestärken; die Nationallibcralcn billigten die Mililairabsichten der Regierung, ohne sie zu kennen. Ter „Freisinnigen Zeitung" fehlt für dieses Urtheil jede tatsächliche Unterlage, dagegen ist cS Tbatsachc, daß dieses Blatt gegen die Absichten der Militairverwallung, ohne sic nach Richtung und Umfang im Mindesten zu kennen, eine mißbilligende Stimmung im Reiche z» erzeugen eifrig bemüht ist. Daß sich national- liberale Organe an diesen publicistisch allerdings sehr dank bare» Bestrebungen nicht belbeilige», entspricht nur einer richtigen Auffassung ihrer Pflicht geben das Gemeinwohl. Die Zeit, über die Annehmbarkeit eines HecreSgesepes zu urtheilen, wird gekommen sein, sobald ein solches Gesetz sammt Begründung vorliegt und sich insbesondere übersehen läßt, ob etwaigen unabweisbar erscheinenden Mehrbelastungen die als möglich erkannten Erleichterungen gegenüberstehen. Laut einem Telegramm ans Rom, welches wir noch in der Morgennummer zu veröffentlichen in der Lage waren, ist endlich die Lösung der italienischen Minister krisis erfolgt und zwar, wie eS in dem Telegramm beißt, aus „der Basis militairischer Ersparnisse." Was das zu bedeuten hat, das erscheint vor der Hand zweifelhaft, und cS wird die nöthige Aufklärung jedenfalls erst durch das Programm gegeben werden, mit dem die neue Regierung vor daS Parlament tritt. Wahrscheinlich wird cS sich »m einen Ausgleich handeln, welcher eine Vermittelung zwischen den Forderungen des FinanzmiiiislcrS und des ÄricgSminislcrS ermöglicht. Daß die gesammten Ansprüche, welche der letztere im Interesse der Erhaltung der italienischen Wehr fähigkeit gestellt ha», fallen gelassen werden, das glauben wir bei dem bekannten Sinn des Königs Humbcrt, der stets sür die volle Schlagfcrtigkcit seines Heeres eingetrcten ist, nicht. Ohne Zweifel Kal cS sich darum gehandelt, eine Modalität zu finden, von der Decknug dcS Fehlbetrages von 40 Millionen Lire durch neue Steuern abznsehen, und wir werden ja bald erfahren, inwieweit das gelungen ist. Waö die Zusammeiisetznng des neuen CabinetS änlaiigt. so ergeben sich zwei bemerkenSwcrthe Puncte, einmal, baß die beiden teilende» Persönlichkeiten des Minislcriums, di Rudini undNicotera, in ihren Acmlern verblieben sind, und zweitens, daß die beiden Minister, welche einander eigentlich allein in die Haare gefahren waren, der Finanzminislcr Colombo und der Kriegsminister Pelloup, andern Männern Platz machen, indem sür den crstcre» de» Abgeordnete Cadolini, für den letzteren^ der General Riccotti in da- Cabinct tritt, welcher vor zwei Jahren durch eine Rede, in der er Ersparnisse am KricgSbndget be fürwortete, sick, bemcrklich gciiiacht hat. Ob die neue EabinetS bildung die Bürgschaften sur längere Tauer i» sich trägt, da zu beantworten, wird wohl der Zukunft überlassen bleiben müssen. Zn London ist dieser Tage eine vollständige Candi- dalenlistc für die bevorstehenden allgemeinen Parla- mentSwablen, soweit sie bis jetzt bekannt ist, erschienen. AuS dieser Liste erhellt, daß eS »27 Wahlkreise ohne einen conservativen oder unionistiscbc» Candidaten, 9«» Wahlkreise ohne einen gladftoncanischeii Eandibaten, 7.1 Wahlkreise ohne einen xarncllitischen und 47 Wahlkreise ohne eine» anti-par- ncllitischen Candidate» gicbt. Zn ll Wahlkreisen droht den Gladsloncanern eine Spaltung in Folge dcS Vorhandenseins von mehr als einem Candidate»; bei den Conservativen ist jedoch etwas Aelmliches ausgeschlossen, auch ist in keinem Wahlkreise sowohl ein conscrvcttivcr wie ein univnislischcr Candidat vorhanden. Zn Zrland sind die Borhercilungc» noch nicht weit gediehen, und in vielen Wahlkreisen werde» wahrscheinlich weder aus parncllitischer noch ans anti parnelli tischcr Seile Candidatcn ausgestellt werden, che daS Parla ment aufgelöst ist. Zn Dänemark finden bekanntlich demnächst Neuwahlen zu beiden Häusern der BolkSvcrtretung statt, und wie aus Kopenhagen geschrieben wird, so wurde die Lebhaftigkeit der Wahlbewegung selbst nickt durch die Ostcrseicrtagc unter brochen. Große Befriedigung hat eine Maßnahme der Negierung erweckt, durch welche dem WabltcrroriömuS der radicalcn Parteien ein kräftiger Riegel vorgeschoben worben ist. Ta die Stimmenabgabe keine verdeckte, sviider» öffentliche ist, war cS bisher ein gewöhnliches Schauspiel, zu sehen, wie der Einzelne beim Äbgeben seiner Stimme bedauert wurde, ja, wie man sogar nachträglich die Stimm listen durchmusterte, um sich über die Adstimmung Einzelner zu oricntiren. Diesem Uebclstande ist diesmal nachdrücklich Wandel geschafft worden, und, was die Hauptsache ist, Niemand bat Erlaubniß, nachträglich die Wahlprotokolle ein zusehen. Dank dieser Vorkehrung, die mit unnachsichtiger -strenge beobachtet werden wird, kann Zeder als freier Mann zur Wahlurne treten und seiner Ueberzcugung freien Lauf geben. Auch nach dieser Richtung bieten die bevor stehenden Wahlen ei» unverkennbares Zntercssc. Allerdings wird man darüber erstaunen müsse», daß eine derartige ver ständige und dem Geiste der Verfassung angepaßlc Maßnahme nicht schon längst verwirklicht worden ist. Auch Rußland erhält jetzt ein Spionengesetz. Wie aus Petersburg gemeldet wird, bat der NcichSralh in Betreff dcS ihm vorliegenden Gesetze- über den Verrath von Staats gckeimniffen beschlossen, daß Derjenige, der einer fremde» Macht oder deren Agenten Documcitte oder Racbricbtcn gicbt. die, wie der Betreffende wußte, der Sicherheit tcö Staates wegen vor einer fremden Macht geheim zu halten waren, unter Entziehung aller Rechte, der Verschickung nach den ent ferntesten Gegenden Sibiriens unterliegt, welche Strafe noch durch 0- bis 8 jährige Zwangsarbeit verschärft wirb, wen» der Schuldige im Dienst stand. Für die Abnahme, Zeichnung oder Beschreibung von Festungen und sonstigen militairischcn Bauten ohne Vorwissen der Regierung ist Gcsängniß von 8 Monaten bis zu I Zabr 4 Monaten festgesetzt. Zst edoch dieses Verbrechen zu dem Zwecke erfolgt, einer rcmden Macht Millbcilung zu mache», so steht dar auf lebenslängliche Verschickung in entfernte Gonvernc mentS Ter lcbeusläiiglichc» Verschickung in entfernte Gou vernements unterliegen auch Diejenige», die durch List in Festungen und sonstige militairische Bauten cindringcn. Be amte, die aus Fahrlässigkeit Staatsgeheimnisse verralhen oder geheim zu haltende Dccumcnte verlieren, weiden mit Ge fängniß bestraft. — Die russischen Blätter berichten auch sofort über die Verhaftung eines Spions. Nachdem „Odeßki, Wjcstnik" wurde in Bender ei» „österreichischer Spion" NaincnS TschaikowSky verhaftet. Tschnikoweki, lebte in Bender bei einem österreichischen Unter, »hcin und pflegte Ausflüge durch das ganze jüdwestlichc Rußland zu machen. In Odessa und Kiew gelang es il»„, hinter rer- schieden« milttairische Geheimnisse z» kommen, während er die Festung Brest-Lilowsk als Milchmann einen ganzen Monat lang absuchle. Tichaikowskt, handelte nicht selbstständig, sonder» im Alisiragc einer Art in Kiew sitzender Commiision. Bei einem früher arretirlen Glied dieser „Cvinmisjio»" fand man »inen Brics von Tjchaitowsky aus TiraSpol, welcher Brief Veranlass»»», gab zur Bersolgung und endlichen Ergreisung des Spions. Derselbe war früher ans der Südweslbah» a,'gestellt »nd bezog, da ihm in, Dienst ei» Bei» abgefahren worden war, eine Pcnsio» von 8", Rnbcl monatlich. Deutsches Reich. ^ Berlin, fg. April. Morgen Borinillag tritt im Auswärtigen Amt der Eoloniatrath wieder zusammen. Aus der diesmalige» Tagesordnung besinde» sich die vor- znnehmcndcn Ermittelungen über eine Regelung der Sclavcn- frage in den Scliutzgebiclcu, ferner über die etwaige Um- Wandlung dcS MerlbzvUcs in einen GewicblSzoll im osi- asrikattischen Schutzgebiet aus Grund einer von dein Zoll dircctor sür Oslafrika cingcrcichlcii Dcnlsckrist und über eine einheitliche Schreib- und Sprachweisc der ethnographischen Namen »nd Bezeichnungen in den Schutzgebieten. Was die Regelung der Sclavenfrage betrifft, so lag dem Reichstag bekanntlich in der jüngst verflossene» Session ein hieraus bezüglicher Gesetzentwurf vor, der in einer Commission dlirck- beratbcn wurde, im Plenum aber nicht mcbr zur Erledigung gelangte. Rack, den Beschlüssen der Commission sollte die Giltigkeit dcS Gesetzes ans die Zeit bis zum l. Oclober 1895, beschränkt sein, ferner war eine Resolution vorgcschlagen, den Reichskanzler zu ersuchen, innerhalb dieser Frist Vorsorge zu treffen, daß in den deutschen Schutzgebieten die gesammtc, die Sclavcrci betreffende Materie gesetzlich geregelt werde. Um zu übersehen, ob »nd inwieweit eö möglich sein würde, der in der Resolution bezeichnelcn Regelung der Sclavenfrage Fe«iIIets«i. Moderne Junggesellen. lös Roman von B. W. Zell. Nachdruck verkeim. (Fortsetzung.) Te» Höbepunct harmloser Fröhlichkeit aber erreichte die Stimmung dock, erst, nachdem daS Neuvermählte Paar und bald darauf auch der Minister sich zurückgezogen hatte. Rose »nd Franzi, die sich in Ermangelung jüngerer Cavaliere mit einigen mittelalterlichen College» Rungker'S vergnügten, hatten diese alsbald in den Mnsiksaal gelockt und dort ein Tänzchen improvisirt, dem der Professor beiter zuschaute. Sich selber milberiimzudreben, dazu konnte ihn freilich heute weder Rose'S Schmeicheln noch Schmollen bewegen. Die übrigen Herren waren im Speisezimmer bei Melanie geblieben, welche Geist und Witz wie ein blendend Sprüh feuer spielen ließ und ihre Zuhörer dadurch geradezu be zauberte Eine Art von tollem Galgenhumor hatte die Frau erfaßt, die mit sehenden Augen am Rande eine- Abgrunde« stand, über den eS für sie keine Brücke gab. Ter todbringende Sprung stand unabweislich bevor — wohlan denn, nicht mit läppischer Ungeschicklichkeit oder kläglicher Sentimentalität sollte er vcllführt werden, sondern mit Eleganz und Kühn- i>rit; nicht bemitleidend, sondern bewundernd sollten ihre Freunde — die sogenannten wenigsten» — sagen: Es war koch ein famose« Weib! Und in dieser tollen Laune, behaglich im Sessel ruhend, die glimmende Cigarette in den schlanken Fingern und daS gefüllte Champagnerglas neben sich, kam ihr dir Frage eine» allen, weißköpfigcn Verehrer-, des Grasen Reitwitz, gerade recht, »m den Herren der Schöpfung ihre Meinung über sie einmal essen in- Antlitz zu schleudern Sie sab dem alten galanten Herrn auf seine vorwurfsvolle Frage, weshalb eiue Fra» wie sie eigentlich allein durchs Lebe» gegangen sei und keinen ihrer ungezählten Bewerber durch ihre Hand beglückt habe, c«e Weue mit spöttischem Lächeln ins Gesicht und sagte dann langsam: Wie lange mag cS sein, daß wir uns kennen, Gras? O, eS möge» an die zehn, zwölf Zahre sein, entgegnete er eifrig. Baroneß FranziSca war damals ein reizende« Baby — ich hatte bald nach meiner UebersicdelMg hierher daS Glück, Sie kenne» zu lernen, Baronin. Ganz recht — also zwölf Zahre. Und ebenso lange lieben Sie mich ja wobl auch? Wenigstens haben Sic mir das oft genug versichert. Gras Rcikwiy geriet!» doch einigermaßen in Verlegenheit — was fiel der Baronin ein, hier so offen vor aller Welt von seiner Liebe z» spreche», von der sie doch eigentlich nie hatte etwas kören wollen! Aber schnell gefaßt, sagte er galant: Sie kenne» und lieben ist ein«, gnädigste Frau! Es bürste kaum einen Mann geben, der Ihrem Zauber entrinnt. Oho! brummte der Major. Aber cS kam nicht sonderlich überzeugt kcrauS, diese« Oho. Nun sehen Sie, fuhr Melanie immer mit demselben un- definirbaren GcsichtSauSdruck fort, Sie kennen und lieben mich demnach zwölf Zahre. Sie sind reich und unabbängig und können nach freiem Ermessen Zhre Gattin wählen Wir waren beide frei, einer Bereinigung hätte also nicht- im Wege ge standen — ich frage Sie, haben Sie mir je in den zwölf Zähren Zhre Hand angetragen? Donnerwetter! murmelte Wilsen hochergötzt, während BUrglin etwas wie Angstschweiß aus seiner Stirn fühlte und Gras Reidwitz mit bochrothem Kopf dasaß. Aber ich bitte Sie, meine gnädigste Frau — weil ich nie hoffen durste, Erhörung zu finden — meine Besckeikcnheit — übrigen« ist eS doch wobl nicht ganz üblich, dergleichen in Gesellschaft zu erörtern, stammelte er fassungslos. Melanie lachte hell hinaus, ein glockenhelle-, dämonische« Lachen. Ucblich? Nein, lieber Graf! Affcr Sie wissen, daß ich manchmal so sonderbar bi», mich an das Hergebrachte nicht zu kehren, und da Sie vorhin nach meinem Alleinsein und den, Grunde desselben fragten, wollte ich Ihnen dock einmal eine erschöpfende Antwort geben. Denn, der Wahrheit die Ehre! so viel man mir stet- von Liebe gesprochen, bin ich doch selten zum Weibe begehrt worden, wenigsten» nie da, wo eine Vereinigung möglich gewesen wäre. Za, ja, meine Herren, es hat Niemand den Muth gehabt, mir mit seinem Herzen zugleich Hau» und Vermögen zu bieten, und Sie werden cS daher begreiflich finden, wenn ich keine besonder- hohe Achtung vor dem starken Geschlecht verspüre, das sich — wenigstens mir gegenüber — immer so unsagbar schwach gezeigt. Und sie lachte wieder, leerte ihr GlaS und zündete eine neue Cigarrctte an. Mit verlegenen Gesichtern saßen die Herren da — mein Gott, waS wollte die Frau eigentlich mit ihre» sonderbaren Reden? Wilsen nnkerbrack cnklicb das pcinlicke Sckweigc», indem er voll Humor sagte: Ich bin Soldat, Frau Baronin, und kann den Vorwurf, der meinem ganzen Geschleckte ge macht wird, nickt aus mir sitzen lassen. Auch ist mir unver ständlich, weSbalb besonderer Mntl, erforderlich sei» sollte, eine schöne und geistreiche Frau hcimzuführcn — ich deute, dazu gehört nur Glück. Sie irren, Herr Major, eS gehört ein Weitere- dazu — nämlich Geld, versetzte sic launig Sie nennen mich schön — vielleicht war ichS auch einmal — »Lmpi pask.-tti! Aber schöne Frauen sind auch gewöhnlich eitel und prunklicbend und verlangen einen würdigen Rabmen für das schöne Bild — das ist der eine Stein de« Anstoßes. Ein weiterer findet sich in dem „geistvoll", daS sie mir freundlich znsprachcn. Eine geistvolle Krau lieben ist ja recht anregend und »nrerhaltsam, sie heirathen — gefährlich! Dumme Frauen sind als Gattinnen ungleich bequemer, sie durchschauen nicht so schnell alle Schliche des Herrn »nd Gebieters. Und zu diesen, wie Sie sehen, unter Umständen sehr fatalen Eigen schaften von ein wenig Schönheit und ein wenig Geist kamen zwei weitere, noch bedenklichere — meine gesteigerten LebenS- ansprüche und — meine Lffenbeit. Letztere hat freilich nur mir selber geschadet. Die meisten Frauen unsere- Stande« haben dieselben oder noch gefährlichere Neigungen als ich, wissen die- aber klug zu verschleiern und einen Gatten durch die zur Schau getragene Anspruchslosigkeit zu ködern. Ich — habe daS Heucheln stets verschmäht und mich gegeben, wie ich hin — ja, schlimmer, als ich bin, mich gezeichnet. Und die Männer hakew mich geliebt und — gejürchtet. Thoren. die sie waren! Hätte einer de» M»th gehabt, mich zum Weibe zu nehmen »nd meine Tcllkcit mit fester Hand zu zügeln, ich — ich Kälte zu ihm aufgeschcn und wäre die beste Frau geworden So aber — verachte ich sic alle, alle! « Ter heiter spöttische Ton, in dem Melanie begonnen, war allgemach in einen düster leidenschaftlichen unigcschlagcn und sie batte in der Erregung mcbr von ibrem Seelenleben ent hüllt, als sic beabsichtigte. Die verblüfften Gesichter um sie her brachten sic endlich wieder zur Besinnung. Sic warf die glimmende Cigarette fort und fuhr mit der Hand über die Stirn. Teufel auch — WaS schwatze ich da! lachte sie. Der Scct muß schlecht sein, nicinc Herren, denn er verwirrt das klare Denken — oder er schärst cS auch vielleicht. Denn WaS anderes als grell auftaiichcnd« Erinnerung war cS, das meine Worte verantaßle — Erinnerung an den Ausspruch, den ich so unk soviel dutzcndmale von Mäiinerlippcn hörte: Frauen wie Sie, sind geschaffen, geliebt zu werden — znin Heirathen sind sie zn schade. Zum Heiralben brauchen wir die glatte Alltäglichkeit, die tugendhafte Langeweile und die scheinheilige Berechnung — erheben Sic also die Gläser, meine Herren, »nd stoßen wir an aus diese drei schätzbare» Tinge, die ich leider nickt besitze! Unschlüssig saßen die Herren da. Sollte man auf die dämonische Laune der übcrmütbigcn Hausfrau cinaeben oder derselben ableknend begegne»? Bürgliu war hiiigcriffen, außer sich. Geist »nd Kühnkcit, vor Allem aber die Eigen artigkeit dieser Frau berauschte» ihn, und nur einer unter allen erkannte die klaffende Hcrzciiswnndc, au« der dieser beißende Spott cmporwiichertc — Major Wilsen. Er hob sein GlaS und trat zu Melanie. Meine gnädigste Frau — trotz alledem dies volle GlaS der Schönheit, dem Geist und der Wahrheit! Sie werden »nS nie glauben machen, daß diese allerdings gefährlichen Eigenschaften auch nur einen Mann verhindert hätten, sich sür immer zu Ihrem Sklaven zu machen, und wollen durch Zhre Angriffe gegen uns nur die Grausamkeit bemänteln, mir der Sie die armen Faller abgewiese», die sich an Ihrem Licht und Glanz die Flügel versengten. Ein Hoch unserer ve^Arten Gastgeberin. Ihr Herren!
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