RUDOLF KOCH / OFFEN BACH A. M. DAS SCHRIFTSCHREIBEN EINE ANWEISUNG FÜR BUCHDRUCKER Das Schreiben mit der breiten Feder ift der natürlichste und einfachfteWeg, um unfre Druck- fchriften verliehen zu lernen und Ge zu beurteilen. Denn faß alle Druckfchriften gehen zurück auf eine mit der breiten Feder gefchriebene Vorlage, ja, fogar die Großbuchftaben der Lateinfchrift zeigen ihre Einwirkung. Das Schreiben foll zuallererft den Buchdrucker lehren,bei den Schriften, die in feiner Hand find, gut und fchlecht zu unterfcheiden. Er foll eine mangelhafte, finnlofe Form erkennen lernen und eine edle, natürliche Geflaltung zu würdigen ver liehen. Es ift von größter Bedeutung für die Öffentlichkeit, wenn diefe Unterfcheidung all gemein wird, und es gehört zu den edelllen Aufgaben des Buchdruckers, ihre Erkenntnis zu verbreiten. Daneben wird es jedem Buchdrucker erwünfcht fein, einige Fertigkeit im Schreiben zu erwerben, die bei der Herftellung von Satzfkizzen uner läßlich ill. Wir beginnen unfre Schriftftudien mit der latei- nifchen Schrift, der Antiqua. Sie Rammt aus der Zeit des alten Römifchen Reichs und bildet den Ausgang für unfre abendländifchen Schriften. Ihre Grundlage ill von der größten geometri- fchen Einfachheit; aus Geraden verfchiedener Lage und Kreifen oder Teilen von foldien fetzen Geh alle Formen zufammen. Um unfre Studien zu beginnen, nehmen wir ein Blatt glattes Schreibpapier, etwa fo groß wie das vorliegende Zeitfchriftenheft, und ziehen uns die notwendigen Linien. Dasilt eineArbeit, die gut und forgfältig gemadit werden muß. Ein fehr gut gefpitzter, harter Bleiflift, etwa Nr. 4, ein Zirkel mit zwei Spitzen und ein Lineal find notwendig. Wir ziehen zuerft auf dem Papier zwei fenk- rechte Linien, fo daß zwifchen ihnen ein Raum für die Schrift von etwa 16 cm bleibt. Um die Linien genau fenkrecht ziehen zu können, müffen die Maße oben und unten mit dem Zirkel ab- geftochen werden. Auch weiterhin muß jede Linie, die man zieht, durch zwei Punkte be- ftimmt fein. Für die Sdirifthöhe wählen wir zu den erllen Verfudien einen Abftand der Linien von I cm, für den Zwifdrenraum i j 2 cm. Wir tragen nun vom oberen Rand aus auf den beiden fenkrediten Linien folgende Maße ab: 4 cm für den oberen Rand, 1 cm Schrifthöhe, 1 j 2 cmZwifchenraum und weiterhin abwedifelnd I und */* cm bis etwa 6 cm vom unteren Rand. Diefe Abtragungen follen mit einem Zirkel ge macht werden dergellalt, daß zuerft 4 cm ab- geftochen werden für den Rand und dann immer 1V2 cm bis hinunter. Hierauf wird l / 2 cm in den Zirkel genommen und damit wiederum durch gehend der Zwifchenraum gefchaffen. Bei dem Verbinden achte man auf genaues Einhalten der Punkte, felbft geringe Abweichungen machen Geh Hörend bemerkbar. Das liniierte Blatt muß für fich fchon ein gutes, wohl abgewogenes und fauberes Ausfehen haben. Oberer Rand und Sei tenränder follen annähernd gleich, der untere Rand merklich größer fein. Die erften Buchftaben, die wir fchreiben,find aus einfachen fenkrediten und wagrechten Linien zufammengefetzt. Wir bedienen uns dazu eines weidieren Bleiftifts, etwa Nr. q oder 3, mit nidit zu fcharfer Spitze. Gleich zu Anfang fei bemerkt, daß das Schreiben immer einzügig zu gefdiehen hat, d. h. jede Linie bleibt flehen wie fie auf den erften Strich ge worden ift, Änderungen und Verbefferungen foll man nidit verfuchen. Eine mißlungene Form laffe man ruhig flehen und forge dafür, daß die nächfte beffer wird. Es foll deshalb auch nie auf einer Schriftftudie radiert werden. ILTHEF Bei diefen einfachften Formen ift lediglidi zu beaditen, daß die Querftridie in H, E und F auf der geometrifchen Mitte flehen und nicht dar über hinausgefdioben werden follen. AKN V WX yz- M Die hier verwendeten Schrägungen find an nähernd von gleicher Winkellage; bei Ä darf der