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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.04.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920426029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892042602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892042602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-26
- Monat1892-04
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r em entspreis ditto» «der den i» Et«dt- V,e«r»e» »rnchtrt», »«<- k»It: »t,rt»Iiädrltch^l4.b<d täglicher Zust,U»»> de» Durch dt« Poil bezoq«» sür Lesterretch: vierielpihrlich « täglich« Kreuzbandieudu»- id: monatlich Ü-—. ttügli» '/.7UN. mtagt b Uhr. fpeLitloi; ,«. > ununterdroche» Ibeud» 7 Uhl. Abend, Ausgabe. eipMer.Ta-Malt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Dienstag den 26. April 1892. JnsertionspreiS Die Sgespaltene Petitzeile SO Ree kamen unter dem RedaertonSftrtch <«g«e ipalte») 50^. vor de» Aamilieanochrichte» (te gespalten) 40-ch. Größere Schriften taut unserem Prei-- verzeichiitß. Tabellarischer und Ziffer »jstz »ach höh««» Lmns. Grtra-Vritagrn (gesalzt». »,r »i« der Morgen - Aueaab». ahn« Postbesördenmg «0—, «U Poslbejörderu», ^l 7V.-. Ännahmeschlvß siir Insernte: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittags <Utzr. Sonn- und Festtag» früh » Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen je »in» halb« Stunde früher. Luser«», si»d st«tS an dt» GtztzetzsttO» ju richten. Druck und Verlag von E. Polz in Lrivzto 8«. Jahrgang politische Tagesschau. * Leipzig, 20. April. Die in jüngster Zeit durch die Presse gegangenen, offen, bar mehr oder weniger auf bloßer Comblnation beruhenden Darstellungen derFortführung derpreußischen Steuer reform haben den Anlaß zu einer sehr dankenSwerthen authentischen Skizzirung der gegenwärtig ii» preußische» Finanzministerium zur Erwägung stehenden Pläne gegeben. Sollte r« der deutschen Militairverwaltung nicht möglich sein, diesem guten Beispiele wenigsten» einigermaßen zu folgen? Seit Wochen lausen die widersvruchvollsten Ge rüchte über angeblich in Vorbereitung begriffene Ver änderungen in unserer Militairgcsetzgebung um, und da» Seltsame dabei ist, daß gerade diclenigen Nach richten, welche mit der Miene de» Wohlnnterrichtel- sein« oder gar der Ofsiciosität auslretcn, die verworren sten und nichtssagendsten von allen sind. Regelmäßig wird in denselben am Anfänge dem besorgten Bürger ta» Herz mit der Versicherung erleichtert, daß alle in den Blättern aufgctauchten Mittheilungen über Projekte der Militair-Ver- waltuna unbegründet seien; hinterher aber folgen allerlei nebelhaft» Andeutungen, dir sich dann der Le>cr je nach Temperament und Phantasie bald mehr, bald weniger z» beunruhigenden Zukunftsbildern auSgestaltet. Es wäre wirk lich eine verdienstliche That, wenn die Militairverwaltung diesem Spiel durch «ine offene Erklärung im „ReichSanzeigcr" ein Ende machen wollte. Mit einer vornehmen Ianorirnug de« „Zeitung-geschwäbe-" ist e» im vorliegenden Falle um so weniger gethan, al» die ganze Preßerörterung bekanntlich an ein Wort de» Reichskanzler» anknüpft. In der ReichS- tagSsitzunz vom 27. November l89l sagte Herr v. Caprivi: „Die steigende BevölkerungSziffer gewährt di« Möglichkeit, die Arme« zu steigern, und ich halte e» nicht für auSae. schlossen, daß im nächsten Winter die Regierungen mit diesem hohen Hause tu Verhandlungen darüber elntreten werden, wir dies« stetgrnde BevölkerungSziffer ausgenutzt werden kann, um auch unsere Wehrkraft entsprechend zu steigern." Derartige Andeutungen pflegt ein Staatsmann nicht ohne bestimmte Absicht zu machen. Man hat damal« allgemein geglaubt, der Reichskanzler habe dir Be völkerung auf dir Nothwendigkrit einer in der nächsten Rrich»tag»sesfio«r vorzunehmenden Steigerung unserer Wehr kraft vorbereiten wollen. Haben sich inzwischen die Ver hältnisse derart gestaltet, daß man ans einen solchen Plan glaubt verzichten zu können, so würde eine entsprechende Ertlärung ,m „ReichSanrcizer" zweifello» eine allgemeine Befriedigung erwecken. Besteht aber die vom Grafen Eaprivi angedeutetc Absicht fort, so dürfte e«, wie die „Nat.-Lib. Eorr." mit Recht betont, kein« ersprießliche Taktik sein, dir Bevölkerung jetzt durch allerlei VtrtusckungSversuche in eine behagliche Sicher heit vor «eiteren Opfern einzuwicgcn, um ihr nach wenige» Monaten au» derselben ein desto unangenehmere» Erwachen zu bereiten. E» ist begreiflich, wenn sich die Regierung für Mittheilungen über militairische Dinge eine ganz besondere Beschränkung auferlcgt; aber einer Bemerkung im „Reich«- anzeiger", welche wenigsten» die Verworrenheit in den augen blicklich umlausenden Angaben beseitigte, kann kaum ein Hinderniß entgegenstehen. Da« preußische Abgeordnetenhau» nimmt heute seine Arbeit wieder auf. Die au» der Heimath wieder in Berlin elnlreffeiiden Volksvertreter finden dort eine völlig unveränderte Situation vor. Ob sie auch dieselbe Stimmung mit nach Berlin bringen, mit der sie vor Palmsonntag heim- kehrten, wird sich bald zeigen. E» scheint nicht so. In der nützlichen Berührung mit den Wählern ist, wenn man nach vor läufigen Berichten schließen darf, in mancherHinsichtderGrundton ein anderer geworden. Da» läßt sich schon daran« entnehmen,daß man auf eine kurze Debatte über denNachtragSetat, aber auf eine sehr feste Kundgebung der Meinung de» Lande» und, wen» e» sein muß, auf eine lange und große Debatte über die Interpellation betreff» der Lottrrieprojecte rechnet. Zunächst bleibt freilich abzuwarten, wie die Regie rung aus die Interpellation antwortet. Tie letzie» Wochen dürfe» ihr vielfach Gelegenheit geboten haben, die allgemeine Auffassung in Preuße» und im ganze» Reiche genauer zu erforschen. Hat sie von de» Stellen, die untrüglichen Be scheid geben können, sich unterrichten lasse» und die rechte Evnscqucnz daran» gezogen, so mag sie jetzt wohl mit einer Erklärung vor da» preußische Abgeordnetenhaus treten, die luftrcinigend wirkt. Im andere» Falle wäre cs Sacke der Volks vertretung, einerseits die allgemeine Beurtheilung der etwaigen Lotteriepro>ccte geziemend zum A»Svr»ck zu bringe», anderer seits sofort auf Maßregeln hiuzuwirken, die dem Landtag ei» MileutfcheikuiigStecht vei der Eonccssiouiruug von Lotterien, wie bei der Umänderung, Abtragung rc. von fiSealische» Bauten gewähren. Die öffentliche Meinung bat ihre Ab neigung gegen kostspielige Residenz Bauten, gleichviel ob die Kosten so oder so aufgebracht werden, »ainciitlich auch au» dem Grunde zu erkennen gegeben, weil anderweit dringliche Bedürfnisse unberücksichtigt bleiben mußten. Vinn ist aller- ding» die Ablösung der Slvlgebühren ii» neuesten Etat zur Thatsachr geworden, und die Schultotalion soll, wie heule unser Berliner sn-Eorresponde»t meldet, rasch »och ;»m Ab- swiliß gefübrt werden. Da» kann indessen den für die öffentliche Meinung bestehenden Gründen kaum Abbruch thun. Der Hinweis aus die Lage der gewerblichen Thäligkeit ist dafür um so ernster. Andererseits fehle» Mittel zu Baute», denen Land und Regierung in Preuße» niit aller Pietät ihr Interesse »»wenden; stockt doch sogar der Bau der Kaiser Wilhelm Gedachtniß-Kirche in Ebarlollenburg! Schon dieses eine Beispiel läßt erkennen, daß Preußen eben nicht in dem Sinne ein reiche» Land ist, wie England. Frankreich und Nordamerika, um über „ein paar Millionen mehr oder weniger" leichten Sinne» sich hinwegsctzen zu können. Die Debatte über diese Angelegenheit wird möglicherweise schon morgen vor sich gehen; soweit man hört, gedenkt die dcutsch- freisinnige Fraelion ihre Interpellation unverzüglich einzn- bringen Sollte diese Form des „Anschneidenö" der Frage nicht gewählt werden, so bliebe es unbenommen, beim Nach- tragSrtat die Debatte auch hierauf auszudchnen. Da« Er wünschteste wäre natürlich, wenn die Regierung mit einer Erklärung zuvorkäme, die den BcunriihigungSstoff überhaupt au- der Welt schaffen würde. Eine böse Skandalgeschichte hat sich bekanntlich in der Schweiz ereignet, indem der radicale Dictator des EantonS Waadt, Herr Bessaz, al» ein unredlicher Beamlcr entlawt worden ist. Da» Thatsächliche an der Geschichte, die nicht ohne politische Folgen bleiben wird, ist Folgende«: Herr Pcffaz ist staatlicher Steuereinnehmer in Lausanne und bekleidet eine Reih« sonstiger össenllichci Acmter: er ist der Führer der radlcalen Partei des llantonS Waadt, der eigentliche Leiter der Negierung, und hat sich um dle Fusion der Jura-Siuiplon-Bah» graste Mühe gegeben. Seit einiger Zeit tauchten nun in der Presse Andentuiige» aus, er habe sich diese Mühe nicht umsonst gegeben, sondern habe sie sich bezahlen lassen. Herr Bessaz schmieg dazu. Erst al« der „Bund" diesem Angriffe weitere Verbreitung gab. liest Herr Bessaz erklären, er werde seine Berleumder zer- schmettern, wenn die Ordnung in der Jura-Simplon-Pahn wieder hergestellt sei» werde. Die Presse fand diese"Erk>Sn,iig ungenügend und der „Bund" veröffentlichte die bestimmte Angabe, Herr Besjaz habe sich von den Banken, welche die Fusion finanziell leiteten, betheiliaen lassen, und zwar ohne Nisico, und habe al« Autheil seine« Gewinne« die Summe von 72 150 Franken eingesteckt. Wen» da» nicht wahr sei, dann solle er das Blatt verklagen. Herr Bessaz that da« aber nicht, und so verlangte man schließlich, dast die Waadtländer Regierung Untersuchung gegen ih» etnleitcle. Ta» Ergebniß war, vast Herr Bessaz eingestand, die 72 000 Franke» Gratifikation angenommen zu have». Er ist demnach strafbar Die leidige Angelegenheit hat nunmehr durch den Rück tritt de» Angeschuldiaten au» allen öffentlichen Stelle» und Aemtern, die er in seinem Eanton bekleidete, ihre» Abschluß gesunden. Damit verschwindet per Mann vom politischen Schauplätze und der öffentliche» Meinung ist Gerechtigkeit widerfahre», indem sie die Beseitigung eine» Beamten durch setzte. der sich so scbr in Widerspruch mit den Grundsätze» vo» Ehre gesetzt batte. Bessaz ist ciusack noch VerwaltungS- ralh der Jura-Simplonbah» geblichen, c« werde» aber bereits Stimme» laut, daß er auch ans dieser Verwaltungsbehörde auSziisckcidc» habe. Dieser Ausgang der Angelegenheit bat auf die radicale» Parteigenossen von Waadt, deren Aübrer Bessaz war, eine» nicterschlagenten Eindruck gemacht. Nicht minder auch auf einige liltramontane Blätter, welche in der Frenke über das Bündniß zwischen den Waadlländern »nd den Ulirainontancn mit vielem Eifer »nd nicht ebne Verdächtigung antcrcr hoch gestellter Persönlichkeiten, wie Wclti und Marti, die Ver- tbeidigung von Vessa; übernommen batten und deiusclben wiederholt gcratbcu balle», ans die gegen ihn erhöbe»«» A»- schulrigunge» einfach gar nicht zu antworten oder sie rund weg zn leugnen. Es ist nickt unmöglich, daß diese Geschickte ihre Wirkung ans die zukünftige Politik der Waariläuker ansüben und daß die liberal conservative Partei, welche vo» Anfang an Stellnn.z gegen diesen Fall genommen halte, an Einfluß gewinne» wirk. Das radicale Snstem, das mit Bessaz identisch war, hat vbne Zweifel eine» schweren Schlag er halten, von dein cS sich »ur langsain erholen wird. Die neuesten Pariser Blätter veröffentlichen sensationelle Meldungen über die Ergebnisse der bci de» Anarchisten in Pari»vorgenomnienen Haussuchungen. E« sollen namciillich scbr wichtige, aus die Organisation der anarchistischen Ver schwörer bezügliche Papiere ansgcfiindc» worden sein. Die Leitung erfolgt danach durch die Pariser Ee»trabzr»ppe, während der Bund der Anarchisten selbst in de» französischen Departement» mehr als .700 Ausschüsse nmsasseu soll. A»S einigen Doeiimciiten soll klar hcrvorgchc», daß die Vereinigung der Anarchisten nur irgend eine Bewegung erwartet habe, um zur Action in den Straßen in größerem Maßstabe überzugcbcn. 3» Folge dieser Erliiitlrlungcn soll nun die sranzösische Rc gierung de» feste» Entschluß gefaßt habe», di« entschiedenste» Maßregeln zu treffen. Insbesondere wird ihr die Absicht zugcschrieben. alle Genossen der Crntralgrupp« und die einflußreichsten Mitglieder der verschiedenen EomilS« zu verhaften. WaS die unabhängigen Anarchisten betrifft, so soll man i» der Pariser Polizcipräseclur zu der Ueberreiigung gelangt sein, daß jene einen entscheidende» Handstreich gegen den Iustizpalast planten. Die letztere Ent schtießung wäre in einer aus osfencm Felde, aus der Plaine Saint-TeniS in der Nacht vom 20 zum 2l. April gehaltenen Versammlung getroffen worden, »achtem eine bezügliche Vor besprechung bereit» in einer früheren Versammlung statt gesunden hatte. Ter beute vorliegende „Figaro", der kies« Mitlheilungen unter Vorbebalt mit dem Bemerken wiedcr- giebt, daß sie aus der Polizeipräfectur selbst zu stammen scheinen, fügt hinzu: „In Folge dieser Entdeckungen werten äußerst strenge Maßregeln gegen alle ausländischen Anarchisten getroffen werden. Der Minister de» Innern hat zahlreiche AuSwcisungSbesehle in blauen unterzeichnet und an die Präsecten gesendet." Daß solche energische Maßregeln, wie sie im Vvrslebeiidcn angedentet sind, sich als unbedingt noth wendig Herausstellen, darüber lassen die neueste», soeben ein getroffenen telegraphischen Meldungen auS Paris, nach welchen gestern Abend dort abermals ein scheußliches Dynamit- Attentat der Aiiaichisle» stattgesunden hat, keinen Zweifel übrig. Tic Meldungen lauten: Part», 85. April. Da» Restaurant Bery, worin Ravachol verhaftet wnrdr, ist 9", Uhr Abends in dle Lust gesprengt morden, 5 Personen sind verwundet, darunter Bery, welchem die Beine zerschmettert wurden. Die Frau Bery ist »»verletzt, aber geistesgestört. Man »ininit an, daß die Bombe» durch Passantc» in den tteller gemorscn wurde». Feuerwehrleute räume» die Trümmer auf. 2 Individuen, welche ii» Restaurant gespeist hatten und sodann 2 darüber liegende Hotelzimmer mielhe» wollten, jedoch obgewiesen wurden und daraus verschwanden, sind verdächtig, da« Restaurant Bery zerstört zu hoben. Der Restaurateur Ber» ist gestorben. Paris, 20. April. sTelegroinm.) Bei der. Explosion im Restaurant Bery sind 5 Personen erheblich verletzt. Unter diele» befindet sich die Tochter des WirthcS, Jeanne, die im Ge sichte mit Brandwunden bedeckt wurde, und zwei Schriftsetzer, die am ganze» ttürper verletzt wurden. Im Augenblick der Explosion wäre» eli Personen im Restaurant aiiwesend, drei wurden vom Polizeipräsecte» vernommen. Ueber die Ursache der Explosion ist noch »icbts sestgeilellt worbe» Ter zur Beobachtung ausgestellte Polizeiagent hat Nichts bemerkt, was seine» Berdacht erregte; der selbe wurde bei der Explosion zur Erde geschleudert. Ter Polizei präsident LozS, der Lhef der hauptstädtischen Polizei und der Direktor des Eabiuets de« Minister» de» Innern sind zur Zeit am Thatortc anwesend. Ter ttellner L'hero», der s. gt. Ravachol'« Festnahme veranlaßt,, besand sich bei der Exvlosion i»> Hintergrund» de« Restaurant« und ist wie durch «in Wunder einer Benetzung entgangen. Die Wirlhiil des über dem Restaurant beleg«»«» Hotels enipsiug eine halbe Stunde vor der Explosion ein bäuerllch ge- kleidete« Individuum, das ein Zimmer n»etvcn wollte, welchet ihm ledoch in Hinsicht aus sei» vcidächtiges Acußere verweigert wurde. Wie die Winds» vcriuuihet, steht diese Person der Explosion nicht ser». Dasselbe Individuum batte am selben Tage mit einem Anderen, welches ebensaUs bäucrilche Kleidung trug, bet Bery ge- lveist. Beide sind sosort nach der Weigerung der Hotelwirthin, da« Zimmer zu überlassen, verschwunden. Einer von tt»ien trug einen Reisesack. Ei» Mensch, welcher im Augenblick« der Explosion ries: „Es lebe die Anarchie!" wnrde verdöstet, ebenso jivet ander« Individuen. I» der Stadt herrscht tiefgehend» Aus. reguii g. Tos Stadtviertel, in welchem dle Explosion vor sich ging, ist vo» Menschen überfüllt. Pari«, 26 April. iTelegramm.) Bon der Explosion in dem in Rede stehenden Restaurant wird weiter gemeldet: Da» Gerücht, Bery sei bereit« gestorben, bestätigt sich nicht. Da« Re- slautant ist zerstört, der benachbarte Loden stark beschädigt. Bery und ein Gast stürzten schwer verletzt in den Keller hinunter. Etwa 15 Personen, dir ii» Augenblick der Explosion den Boulevard be- schrillen, sind leicht verletzt worden. Hinsichllich der Bomb« lauten die Angabe» widersprechend. Ter Kellner L'hero« theilt mit, daß die Bombe in de» Keller unter dem Eomptolr gelegt worden sei. Ma» ipricht vo» 7 Männern »nd 7 Frauen, welche die Urheber der Explosion sein könnten, doch liegt hierfür keinerlei Beweis vor. Die Resultate der bisherigen Untersiichung sind noch nicht bekannt. Die Personen, die im Augenblick« der Explosion verhastrt wurden, wurden wieder sreigelassen. Wen» e« sich nicht um die sehr ernste Thatsachr handelte, daß Italien dem Dreibund angchört, so könnte man über de» koiiiödicnhaftcn Eharaktcr, den die dortige Minister- krisi» annimmt, lachen. Wie aus Rom berichtet wird, hält man in den dortigen politischen Kreise» daran srst, daß die Krisis ungcachlcl ibrcr vorläufigen zweimaligen Er ledigung nicht als beseitigt zu betrachten sei. Nicht wenig, so wirb geschrieben, tragen zu der Ungewißheit und zu der pessimistische» Stimmung die Gerüchte über den Gesundheit» zustand Nicolcra'ö bei, von dem sehr ungünstige Meldungen »n Umlatif sind und nach denen cs sich um ein kaum heil bares Nebel handelt. Bekanntlich war Nicotera vor Kurzem wegen eine» Keblkopsleideiis »ach Neapel abgrreist. Das ist die eine Lesart. Nach anderen Mittheilungen wünscht der Schatzminister Lnzzatli die Verwaltung der Finanzen mindestens während der Zeit der Kammervertagung zu be- baltcn, um unbeschränkt den Finanzplan auszustellen. Dieser Wunsch Luzzatti's erfüllt mehrere Eollegen mit verstärkter Vcsvrguiß vor dem uiizwciselhastcn parlamentarischen Wider stande. Das Aufgebcii Massanah« wird selbst von den »liliistcricllcn Blättern nur »och von der „Tribuna" befür wortet, alle anderen besorgen den üblen Eindruck auf das Ausland; sogar die „Opinione" findet «S unzu lässig, daß wegen fünf Millionen ein Nämlicher Rückzug angclretcil werde. Ferner wird gemeldet, daß im Ministerrath McintiiigSvcrschicdcilhcilen zwischen de», Schatzminister, der weitere Ersparnisse verlangte und den Ministern des Kriege» und der Marine, welche dieselben für unmöglich erklärten, zn Tage traten. Eine neue Ministerkrisi» sei bevor stehend. Man niitß »u» abwarte», wa» aus diesem Chao tisch herauSkomnit. Soviel ist sicher, daß der Ruf de» Moderne Junggesellen. 2A Roman von B. W. Zell. AschSni» »eeSste» (Fortsetzung.) Ja wohl, bestätigte Tantchen, dl« eilend» ihren Vtrick- strumpf im Stich gelassen batte und berbeigceilt war — ver fügen Sie über un», Herr Eommerzienrath. Kann ich nicht einen kräftiaen Thee bereiten, den ich . . . Ich dank« Ihnen, meine Damen, unterbrach sie BUrzlin gerührt. Schon Ihre Theilnahme wirkt unendlich wohlthurnd aus mich. Uebrigrn» müssen meine Diener sogleich mit den Speisen kommen — vielleicht wird mir nach dem Essen besser. Und e» geschah, wie der Rath vorauSgejchrn. Wie immer bewies sich auch diesmal eine ante Mahlzeit al» heilkräftige« Mittel und dir vorzüglichen Weine thaten ihr Urbrige», sein Herz zu erfreuen und dt» Stimmung zu heben. Je heiterer -ber er selber wurde, um so stiller und schwermüthigcr saß ihm Elsa gegenüber und nur manchmal hoben sich die Lider von den Madonnenaugen, um einen fragend Nagenden Blick zu ihm gelangen zn lassen. Und bei einem weiteren solcher Blicke setzte Burglm da» gefüllte Gla» flirrend nieder, statt e» zum Mnnde zu führen, und sagte rnergisch: Keinen Tropfen trink ich mehr, bi» ich endlich erfahre, wa» Sie quält, Elsa! Haben Sie denn gar kein Zutrauen zu Ihrem Freunde — bin ich ein Barbar, der Ihrer Schmerzen spotten, kein Verständnis dafür haben wird? Ich sehr, daß Sir leiden und ich will wissen, weshalb Und er zog ihr» Hände über den schmalen Tisch ru sich herüber, umschloß sie mit den seinen und schaute ihr tief in dir schönen traurigen Augen. Beichten, Elsa! Ich habe al» Freund da» Recht, e« zu verlangen! Sie kämpfte ein« Weile mit sich, stürmisch wogte ihr« Brust, auf den Wangen wechselten fliegende Röthr und jäh« Blässe und ließen sse jünger und schöner erscheinen, al» sie in Wahrheit War. Entzückt hinge« de« Erregten Blicke an ihr Beichten, Mud, deichten l drängte er wieder. Und nun kam e» stockend, flüsternd von ihren Lippen. Warum ich leide, mein Freund? Mein Gott, um Cie — um Sie allein! Ich sehe Sie in Gefahr — ein blendender Schmetterling umgaukclt Sie — Sie werden sich ihm zu eigen geben und unglücklich werden» denn kann Ihnen, dem artbesaiteten, feinsllyligen Manne mit dem reichen GeinüthS- eben, für die Dauer cm schöner Schmetterling genügen? E» entstand eine kurze Pause. Oho! murmelte Bürglin ganz betroffen. Da» also ist'»! Wa« wissen Sie davon, Elsa? DaS Tantchen weinte leise in ihr Taschentuch. Wa» ich davon weiß? fuhr die Malerin mit sanftem Borwurf fort. Sorgende Freundschaft ist hellsichtig und er kundet Alle». Meine Seele trägt Leid um Sie, mein Freund, denn bei wem werden Sie Perständniß für Alle«, wa« ihr edle», große» Herz bewegt, wo Nahrung für Ihre Kmist- begeisterung finden, wenn da» schöne Band, da« un» um schlingt, gewaltsam zerrissen wird? Aber wer — wer soll e» zerreißen, Elsa? stammelte er verwirrt. vll ich Ihnen den Namen nennen? fragte sie mit dem Blick «ine» sterbenden Rehe« zurück Und wer, schluchzte jetzt ra» Tantchen, wer wird Thcil« nähme und ausopferndr Pflege für Sie habe», wenn Ihr qualvolle« Leiden, von dem man leider annehmen muß, daß e« im Alter nur um so hartnäckiger austrcten wird, Sie heimsucht? Ein« Baronin Rathenow ist nicht zur barm herzigen Schwester geschaffen, sie kann bci ihrer eisernen Gesundheit nickt einmal Verständniß für di« körperlichen Leiden Anderer haben. Letzter« Beweisführung erschien dem Rath schlagend und drang ihm in- Herz. Wahr, nur zu wahr! murmelte er geknickt, an den heutigen Spott der schönen Frau denkend. Laut fügte er hinzu: Ader ich bitte Sie, mein« Damen — soweit sind wir dock noch lange nicht. Di« Welt fabelt viel. Wo hrirathlsäbigr Damen im Hause, muß jeder ledige Mann, der dort verkebrt, noth- wendig ein HeirathSeandidat sein — da» sollten Sie doch wissen. Elsa warf hier ihrer Tante »ine» vielsagenden Blick zu — welch eimn neuen AngrissSpunct boten diese Worte! Und die mütterliche Schützen» verstand sofort. Sie räusperte sich und begann abermals, diesmal stockend: Ach ja — wir wissen allerdings, Herr Rath! DaS Gleiche gilt doch auch für n»S — waS alaudcn Sic wohl, wa» die böse» Znligrn im Hause schon Alles über Ihre, doch nur idealen Kunsizwcckcn geweihten Besuche in Umlauf gesetzt haben? Mein armcö Kind — das Taschentuch kam wieder in Thätigkcit — Elsa will e« ja nicht zugeben, aber ich weiß nur zu genau, ihr Ruf . . . Tante! unterbrach hier die Malerin mit Miene und Ton eine» duldenden Engel» den Redestrom der alten Dame Bürgin war sehr unruhig geworden. Er svß zwei Glas Scct nacheinander hinunter und bcugle sich dann zu Elsa. Sir glauben wirklich, theuerste Freundin, daß die Welt e» wagt . . . N»n wußten zwar Nichte und Tante sehr genau, daß die sogenannte Welt wirtlich Bessere» zu thun hatte, als sich um eine unbekannte Malerin und deren Heirathsgelüste zu kümmern. Aber die Sachlage mußle doch au-genutzt werden und Elsa legte daher betheuernd die Hand aus« Herz und rief pathetisch: Ich glaube und weiß nicht«, als daß ich Ihnen unvergeßlich schöne, klinstgcweihte Slunden verdanke, mein Frcunv, und daß diese Slnnken durch nicht« zu theuer erkauft wären — durch nicht«! Wir ich « tragen soll, wenn sie ein Ende haben werden . . . Aber sie werden ja nicht! rief Bürglin, plötzlich ganz fröhlich und zuversichtlich. DaS Bild ist doch noch lange nick» fertig und daß ick kommen muß, bi« e« vollendet, ist doch selbstverständlich! Und er küßte ihre Hände und schenkte sich ein neue» Gla« ein. So werde ich »citleden« daran malen, bancktc Elsa, ibm tief in die Augen blickend. Da« Tantchen aber sagte, gelassen eine Traubcnrosine zerpflückend und die Beeren ausnasckend: Sollte mich wirklich freuen — um Ihretwillen, Herr Eonxnerzieliratb —. wenn da» mit der Baronin Rathenow leere» Gerede. E« würde doch eine sehr tbcure Frau werden Abgesehen von ihren Ansprüchen und nobeln Passionen dürft» allein ein Vermögen dazu gehören, sic au» allen Verbindlich keiten z» lösen. Sie wissen doch, daß sie total verschuldet ist? Der Ralh fuhr auf. Nein — das wußte ich allerdings — nichtI Wa» — geht e« schließlich auch mich an? Sie bade» recht — ebenso wenig al» un». Und dann käme doch noch hinzu, daß über kurz oder lang auch dir Varoncß -»Srustatleil wäre. Natürlich I rief Bürglin beinahe höhnend. Welch ein Narr war er gewesen — das Alle« nickt zu erwägen! Daß Melanie nicht reich war, wußte er; aber daß d,e Verhält nisse derartig zerrüttet, batte er nicht einmal geahnt. Ein Vermöge», um sie nur lcsziilöscn — da, ha, Hai Schließlich schlug er nicht au« der Vater Art und wußte gute« Gold zu schätze» Eine arme Frau zn Heiratlien, konnte er sich schließ lich leisten; aber noch ein Vermögen dazu geben, davon konnte keine Rede sein. Und um seine Bestürzung über die unerwartet« Nachricht sowie allen Groll und Aergcr zu betäuben, begann er da» eigentlich schon beendete Mahl von Neuem und vergaß auch nicht, cs durch reichliche» Trunk zu würzen. Dir erklärliche Folge davon war, daß er alsbald vo» einem wirklichen Un wohlsein befallen wurde, da« Elsa Hohenwerth erwünschte Gelegenheit bot, ihre Samaritertalentr voll zu entfalten. Wie c« gekommen. — Bürglin hätte e» nie im Leben zu sage» vermocht. Jedenfalls ruhte sein Haupt plötzlich an Elsa » Brus», ihre Arm« umschlänge» ibn und an sein Ohr klangen halb erstickte Worte vo» Liebe und Treue und welch' eine kiiigebendr und anspruchslose Gattin sie zeitlcden» sein werde. Daneben aber stand da» Tantchen und schluchzte herzbrechend vor Glück und Freude Als ker Eommerzienrath am nächste» Morgen mit etwa» schwerem Kopf in seiner Wohnung erwachte, fand er an seinem kleinen Finger einen tü,kise»brsetzlen Ring, den sonst Elsa Hobenwerth zu tragen pflegte, während se,n eigener Brillant reis fehlte Ein beängstigendes Gcsübl beschlich ibn — hatte er denn nicht einen wirren Traum von Verlobung und der gleichen geträumt — nur daß dir Braut nicht Melanie, sondern Elsa war — Tborbei», wer kann für Träume! Trotzdem aber wollt« der Alp von seiner Brust nicht »eichen,
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