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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.08.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920810022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892081002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892081002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-10
- Monat1892-08
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Reklamen unter dem Redaction-strich (tat» spalten) 50^, vor den Famtlieanachrlchte» (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Prelt- verzeichniß. Dabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Srtra-Beilagen (gesalzt), nur mit d« Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung M—, mit Postbesürderung 70.—» Ännalimeschluß für Inserate: Abend-Au-gabe: Vormittag- 10 Uhr. Margen-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ela« halbe Stund« früher. Inserate sind stet« an die Expeditt«« zu richten. Druck und Verlag von E, Polz in Leipzig. Mittwoch den 10. August 1892. 86. Jahrgang >rn -L. >m. >«n w.> sl> gi» Io.» >«r> >tr> >r«i >«r> r.> 8 ,-t'. nx> I ?. «r-> uu> lä» >dr. i >»n ->«> r> °d.> >U „r> »»> Nr» in> »«« tu« «n r-r. »n. ,-k. S7L0 214.50 148.50 132,25 108.— 151, — 104,— «ISO 25.— 132^0 81^0 1lH— 152, — 88^— 50,— 20SH0 127.— ISO.— 12^— 146,— 38^— r?:- 47.— 123,25 123,75 32,— 60,— V. V2.— vLvIl-> a» 8. «k.o. 4 ronär. 8. t>. I08I8L .SO 6, ,50 8. ,2b 8. ,25 i» ,— 8 ,— 8. 6. 8, ,50b-- 2S3. ,50 3. sitisn. .2» 8. 3. .50 O. ,20 6. d» 8. ,75 o,S. 3. ,50 3, ,50 3. ,,50 d.3. 8. i br 3,V0 3, !,75 b, 503. !,25 ,25 >,75 3. b»3. 3. »50 8, 3. lonrenvtle 1.75 8. 5.50 3. 6,25 8. 8. 5.75 8. 8.— 8. »2,— 3. >1,50 8. 8.50 <». 8. «L0 8. «,— 8. >8,— 8. 8. »3,75 6, >3.— 6, >«,— 5-8. >2,50 8. ,8S0 8. S.^3, 8. >7.- 8. >0,50 8. 6. »5,— 8. 8. 8. »8,50 8. 8. 3 »5.-^8. b pro LrUctr - 4- «.«».- -v-Vorlr, in e; ln ?bil» »- von -ror- l.1 varpoot; »air.ne in ! „8»n>m>" , „Ikwpr»««' 1°II. „8-K-» -o» iSiutoo. »o, „8r»ee>n- U ^neo-<: >»l«r" o»«t> . .^»tndov- dl«,» ' n»ev politische Tagesschau. * Leipzig, lO. August. Das politische Hauptereignif; dcS Tagcö ist der Nücktritt deS preußischen Ministers des Innern Herrfurlk und die Ernennung deS Ministerpräsidenten Grasen Enlenburg zum Minister des Innern. Tie eigentlichen Beweggründe dieses Ministerwechsels sind auch heule noch nicht hin länglich klar; gerade deshalb aher vermehrt dieser Wcwscl die Unsicherheit der inneren politischen Lage in Preußen und im Reiche. Bedauert wird der Rücktritt Herr- furlh's von den Frciconservativen, den Nationalliberalen und den Freisinnigen, während die Teutschconservativcn und das Centrum darüber jubeln, Laß derjenige Minister daS Feld räumen muß, der neben Miguel der entschiedenste Gegner deS Volkssck'ulgcsetzes deö Grasen Zedlitz gewesen ist. AuS demselben Grunde bedauert die srciccnscrvalive „Post" daö Ausscheiden deS Ministers, Sie knüpft freilich daran die Bemerkung, sie zweifle nicht, daß Graf Enlenburg als Minister deS Innern, sowohl in Bezug auf die Ver waltung des Inner», als die allgemeine Politik im Wesent lichen die Bahnen Herrfurtk'S wandeln werde. So recht scheint freilich daS freiconscrvative Blatt selbst nicht an diese Versicherung zu glaube», denn an anderer Stelle rälk eS entschieden von der Abballunz freiconservalivcr Parteitage ab und begründet diese Abmal,nung mit der „Ungewißheit und Unklarheit" der politischen Lage, In der Tbat ist diese kaum jemals verworrener gewesen. Von einem „Enrse" siebt man gar nichts mehr und ist daher auch nicht im Stande, zu vermutben, wie Graf Enlenburg steuern wird und warum Herr Herrfurth ihm hat den Platz räumen müssen. Wenn tonangebende Organe der deutschsreisinnigen und der klerikalen Presse in der Verhöhnung und Verlästerung des Fürsten Bismarck dem „Vorwärts" den Rang abzulaufcn suchen, so ist daS unendlich beschämend für unser Volk; denn es offenbart wieder einmal aller Welt, wie cntwickelungs- sähig der deutsche Nationalstolz zur Zeit noch ist. Aber dies häßliche Gebühren hat doch auch eine gute, nämlich eine scherzhafte Seite. Dieselben „Politiker", welche von dem erhabenen Standpunkt eine« grundsatzoollen PartcisanaliöniuS berab die vom Fürsten BiSmarck an dem neuen Curse geübte Kritik auf verletzte Eitelkeit, auf Rachsucht, auf greisenhafte Geschwätzigkeit, auf vatcrlandSlose Gesinnung u, ä, zurückjübrcn, nehmen keinen Anstand,die Ergebnisse eben dieser Kritik mehr oder weniger rückhaltlos sich anzueignen. Wir haben am Montag einen Artikel aus dein „Berl, Tagebl." aus zugsweise wiedergcgebe», der durchaus im Sinne der letzten Bismarck'schen Reden dem Grafen von Eaprivi ins Gewissen redet. Nun werden diese Töne auch im ultra montanen Lager angeschlagen, dort also, wo man unter Herrn I>r, Lieber als Chorführer gerade jetzt die überschwenglichsten Loblieder aus den Herrn Reichskanzler singt. Ein Berliner Brief der klerikalen „Köln. VolkSztg." klagt über den unglaublichen Klatsch, der in radikalen, mittclparleilichen und selbst in konservativen Kreisen gepflegt werde und sich meist um die Person des Kaisers drehe; ohne schweren Schaden für Kaiser und Reich könne das so nicht fortgeben. Die „Köln, VolkSztg." sieht in einer solchen Aera „der geflüsterten Gehässigkeiten" das Kenn zeichen „einer sinkenden Periode des nationalen Lebe ns". DaS Centrumsblatt acht auch den Gründen nach, welche der BerleumdungSseuche Eingang verschaffen konnten. Man sollte meinen, eine günstigere Gelegenheit, den atheistischen Mittelparteilern den Spiegel vorzuhalten, sie für die Klatschsucht moralisck verantwortlich zu machen und mit be kanntem PatboS auf die Notbwendigkeit des Zcdlitz'schen VolkSschulgcsetzes hinzuwcisen, ist schon lange nicht dagcwesen! Aber nichts von alledem! Nicht auf Seiten der Antichristen, auf Seiten der christlich-confessionellcn Reichs- regierung findet die „Köln. VolkSztg." die Ursachen für das Uebel, dieser also mißt sie die Schuld an dem „Sinkendes nationalen LebenS" bei. DaS rheinische Centrumöblatt schreibt nämlich: „Es läßt sich auch nichts dagegen thun, als durch eine klare grundsätzliche Politik eine tüchtige Anhängerichait der Re gierung schassen. Das Wanken uns Schwanken ist immer verderblich, die Richtung, welche man proclamirt, muß man auch ciiihalteii, wenn man sich nicht Gegner in den verschiedensten Lagern schassen will." Dazu bemerkt die deutschfrcisinnige „Voss. Ztg": „Wir sind in der nicht eben häufigen Gelegenheit, dem ultra- montanen Blatte zu zu stimmen: mit ihren, unauihörlichen Wanke» und Schwanken hat die gegenwärtige Regierung ihre Stellung stark erichnttcrt, die Selbsterhaltuiigspslicht gebielet ihr, endlich einer feste», unverrückbaren Leitlinie zu folgen, und nachdem das große Experiment nach rechts hin sich als undnrchsührbar erwiesen und die Regierung nur dort Erfolge zu verzeichnen hat, wo sie. wie in der Frage der Handelsverträge und der Ausnahme, gesetze, sich liberalen Anschauungen genähert hat, so ergicbt sich daraus eine klare Lehre für sie. Aber freilich, nicht alle Lehren werde» verstanden, manche auch, und Las ist gewöhnlich noch schlimmer, falsch verstanden." Vollständiger kann man sich daS Ergebniß der BiS- niarck'schen Kritik — die Verurtheilnng des gegenwärtigen Systems — doch wahrlich nicht zu eigen machen. Wer das thut und trotzdem, wie cS nltramonlaner und dentschfrei- sinniger Brauch ist, den Fürsten Bismarck als selbstsüchtigen, oaterlandslosen Schwätzer hinstellt, der erregt »otkwendig Heiterkeit — ganz abgesehen von dem nicht unbeträchtlichen Mangel an Logik, welcher dabei zu Tage tritt. Aber freilich: „Politik ist eben an sich keine Lcssik" — sagte Fürst BiSmarck in Jena; und auch hierin geben ihm seine Gegner Recht. Die gerüchtweise angekündigten neuen Ne!ckSsie»er st ro je cte — Aenderungen an der Tabak-, Bier- und Branntweinbestenerung u. dergl. — fangen bereits an, einige Beunruhigung bervorzurufen. Dies ist jedenfalls noch ver früht. Eine Vermehrung der RcichSeiiinabinen soll durch die, eine Vergrößerung des MannschaflSbcstandes gegen eine Herabsetzung der Dienstzeit enthaltende neue Militairvorlage geboten sein. Indessen ist über diese Militairvorlage, zumal über ihre Einbringung in der nächsten Reichstagssessivn noch keinerlei Entscheidung getroffen, viel weniger über die Art der Deckung der neuentstchenden Kosten. Stcuervorlage» werden schwerlich dem Reichstag schon in der nächsten Session zugebcn. Allerdings aber wird cS unvermeidlich sein, neue Reickiseiiinahmcn zu schaffen, wenn die Stärke des aclivcn Heeres vermehrt wird. Die für den Einzelnen ans der Abkürzung der Dienstzeit erwachsende relative Erleichte rung wird eben durch die Durchführung der allgemeinen Dienstpflicht, den daraus entspringenden größeren Mann schaftsbestand und vermehrte finanzielle Leistungen er kauft werden müssen. Tie Vorkämpfer für die zwei jährige Dienstzeit können sick, gegen diese Conscguenz ihrer Forderung unmöglich »erschlichen. Diejenigen, welche die Verkürzung der Dienstzeit im Interesse der Erleichterung für den einzelnen Mann wünschen, werken auch die notb- wendig daraus entspringenden Folgen zu tragen haben. Tie „Scharnborst'schen Ideen" kosten sehr viel Geld. Insbesondere wird sich daS Centrum, wenn eS als Stütze der Regierung und ausschlaggebende Partei im Reichstag daS neue Mililair- gesctz bewilligen will, bald darüber klar zu werden baden, welcher Weg für die Deckung der Kosten am zweckmäßigsten einzuschlagen ist. Tie Finanzqucllen deö Reichs sind sehr be schränkt, sie liegen ausschließlich aus dem Gebiet der indirekten Steuern. Andere Deckuugsmittel für große neue militairische Ausgaben vermögen wir nicht zu entdecken. Wie telegraphisch aus Wien berichtet wird, fassen die leitenden Kreise der vereinigten deutschen Linken den Rücktritt deö Ministers Prazak alseinen entschiedenenGewinn zu Gunsten der Tcutschliberalen und als einen Bruck der Negierung mit den Czcchen, zum Tbeil sogar mit der Reckten auf. Sollte, so sagen die liberalen Blätter, die politische Lage später ein mal zur Wicderbcsetzung des czechischcn LandSinannministerinmS führen, dann müßten gleichzeitig neue Verhandlungen der Regierung mit der vereinigten Linken erfolgen. Die Besorgniß ist indcß nicht abzuweiscn, daß diese Auffassung eine zu optimistische sei. Verlautet doch, Baron Prazak werde eine» Nachfolger in einem Mitglied«: des böhmischen FendalakclS erhalten. Geschieht dies, so hat die gegenwärtige Cadinelö Veränderung keine Bedeutung. Ausgeschlossen ist diese Even tualität nickt, denn bisher war immer nur davon die Rede, „vorläufig" solle die Stelle deS czechischen LandSniannministerö unbesetzt bleibe». Vielleicht entspricht diese Andeutung aber auch nur der bekannten Politik deS Grafen Taaffe, sich stets eine Thür offen zu Hallen. —In dem Conslicte mit dem römischen Stuble scheint man in Wie» und Pest fest bleiben zu wollen. Ter „Pcstcr Lloyd", das Organ der ungarischen Regierung, welche freilich stets in derartigen Fällen stcifnackiger zu sein pflegt, als die österreichische, ver öffentlicht folgende officiöse Erklärung: „Tie römische Meldung deS „Tempo", der zufolge die vor drei Tage» stattgchabte Eonserenz zwischen dem Cardinal-Staatssecretair Rainvolta und dein öslcireichijch-ungarijchcn Botschafter Grasen Revcrtera den Erfolg gehabt hätte, alle zwischen Oesterreich» Ungarn und dem Balican bestehenden Schmierigkeiten zu beseitigen, findet in unterrichtete» »treisen keine Bestätigung. In Wien ist von einem so überraschende» Resultate nichts bekannt. Tie Schmierig keiten, die einer freundlichen Verständigung im Wege stehen, sind so festgewurzelt, daß nicht zu erwarten ist, sie würden beim ersten Antennen zur Seite geräumt. Es wird viel gewonnen sei», wen» im Batican allinälig die Erkenntuiß aus- Lämmert, daß cs nicht gut gelha» ist, mit der bewährten Hingebung der Monarchie für die katholischen Interessen ein leichtes Spiel zu treiben." In der von der ofsiciösen Presse Ungarns begonnenen Erörterung über die Thron folge in Oe st erreich-1l» garn nimmt auch die „Reue Fr. Pr." daS Wort, um zu constatiren, daß für Ungarn allerdings die Frage einer weiteren Regelung nicht bedürfe und nach ungarischem StaatSrechtc vollkomme» klar sei. Die pragmatische Sanction bildete den Gegen stand der Beschlußfassung der ungarischen Gesetzgebung; sie wurde in den Ländern der ungarischen Krone mit voller Ge setzeskraft proinulgirt, die Gesetzartikel l, 2 und 3 vom Jahre l722/23 sind in der ungarischen Gesetzsammlung enthalten und sind inlcgrircnde Bestandtheile der ungarischen Verfassung. Nicht minder richtig aber sei eö, daß die Thronfolge-Ordnung in der österreichischen Verfassung mit keinem Worte derührr ist, daß die pragmatische Sanction in Oesterreich in antben- lischer Form nie publicirt wurde und daß das HanSstatnt, welches, wenn auch nicht die Thronsolge-Lrdnnng, aber eine Reibe von einschlägigen Fragen, wie die hochwichtige Frage der Einsetzung einer Regentschaft, regelt, als Gclieimniß ge wahrt wird und nur einem überaus eng begrenzten Kreise der höchsten Hof- und Staatswürteniräger bekannt ist. Es könne somit nicht behauptet werden, daß alle auf die Thron folge Ordnung bezüglichen Fragen, so weit sie Oesterreich betreffen, vollständig geklärt sind, und auch die Möglichkeit wäre keincswegs ausgeschlossen, daß beispielsweise in Bezug auf die Regentschaft das HauSstatul für Oesterreich Be stimmungen normirt, welche mit dem ungarischen StaatSrechtc nicht in vollem Einklänge stehen. Die Pariser Blätter geben wieder einmal mit der Polizei scharf inS Gericht. Ter Polizcipräsect Lcpü ist in der Somiiiersrischc und läßt seine Untergebenen den allge meine» Unwillen darüber, daß es ihnen nickt gelingt, die Anarchisten zu fangen, allein tragen. Noch sind die Verüder deS Dynamitanschlags gegen das Restaurant Vöry nicht ergriffen und nicht einmal neue Dynamitdiebstähle vermag die Polizei zu verhindern. Freilich tbnt auch die Presse selbst Alles, der Polizei ibre Aufgabe zu erschweren. Blätter, denen cs nur auf Sensation ankommt, Unterbalten auf der Pclizeipräfectur Leute, die ihnen Geheimnisse ver kaufen. So werden durch die vorzeitigen Veröffentlichungen die best angelegten Pläne zu Schanden, so z. B. vor Kurzem noch der Fang in London. Wieder andere Blätter glauben sich sittlich entrüsten zu müssen, daß die Polizei geheime Agenten, Spione unterhält, um Verbrechern aus die Spur zu konimen. Spione, die hauptsächlich gegen die Anarchisten verwandt werden sollten, werden mit ihren Namen genannt und be schriebe», so daß die Verbrecher jetzt vor ihnen gewarnt sind. Diesen Blättern kommt eS übrigen« nicht darausi an, in den selben Spalten, in denen sie die "Autorität der Polizei unter graben, nach dem Schutz für die Gesellschaft zu schreien; wie aber die Polizei es anfangcn soll, die Gesellschaft zu schützen, wenn sie ihr selbst die Mittel dazu abgräbt, verrathen sie nicht. Kein Wunder, daß unter diesen Umständen die Anarchisten neuen Mutb fassen. Bei den letzten Haussuchungen fand man nämlich bei Agresli und Porrcl einen Aufruf, der in IliOOVO Exemplaren gedruckt und in Paris angeschlagen werden sollte, und der dazu auffordert, die Richter und Ge schworenen auS Versailles, welche die Dynamildicbc verur- tbeillcn, einerlei auf welche Weise, ins Jenseits zu befördern. Die Polizcipräfectur leugnet zwar, daß neuerdings abermal» Dynaniildiebstähle verübt worden seien, sehr eingehende Nach richten darüber bestätigen aber die Thalsachc Die Entscheidung im englischen Parlament wird nun wahrscheinlich doch nicht so rasch fallen, wie man eS vorauS- gcsagt hat. Man glaubte, cS würde sich Alles glatt abwickcln; cö hat sich aber jetzt herausacstellt, daß die Einfachheit und Harmlosigkeit, mit der die Conservativ-Unionisien zu Werke gehen, e>ne wohlüberlegte ist und den Siegern noch sehr viel zu schaffe» machen wird. Die Minister sind gewillt, eine VertbeidigungSsteUung einzunebmen und eine gegen die Ueber- iiiacht der Gegner unhaltbar gewordene Festung zur möglichst anSgicbigcn Schädigung der Aiigreifer, zur Benutzung aller bei deren Slurmlauf gegebenen Schwäche» auszubeutcn. Diese Taktik ist unter de» obwaltenden Umständen die dank barste und zwingt Herrn Gladstone, mit seinen Plänen herauS- zurückcn, die ihm leicht einen Tbeil seiner „Getreuen" ab wendig machen können. Am gefährlichsten würde eS für ihn werte», wenn er die Grundzüge seiner auswärtigen Politik entwickeln müßte; er scheint sich daher zu einem Schritte ent schlossen zu haben, den man nickt anders als einen Verzicht aus eine eigene auswärtige Politik würde bezeichnen können. Der „Magrcb. Ztg." wird nämlich a»S London gemeldet: „Lord Roscberry übernimmt daS au-wLrtiz« Amt mit voll ständig freier Hand gemäß der von ihm gestellten Forderung. Tie auswärtige Politik wird also genau wir bisher sortgesührl werden." Für Deutschland würde die Uebernahme deS englischen auswärtigen Amtes durch Lord Roseberry nur erwünscht sein!; ob aber Herr Gladstone durch einen derartigen Verzicht auf eine eigene auswärtige Politik sich rettet, ist noch eine offene Frage, da es nickt allein die auswärtigen Angelegenheiten sink, über die in seiner Untcrhauömajorilät die verschiedensten Auffassungen herrschen. Wie den „Berl. Polit. Nackr." auS Ragusa berichtet wird, ist dort, wo mau doch über die Vorgänge in Montenegro so gut unterrichtet ist, wie in der montene grinischen Hauptstadt selbst, von der angeblich entdeckten Verschwörung gegen den Fürsten Nikolaus nichts bekannt. Man glaubt, daß in den bezüglichen Erzählungen eben nur der Reflex jener Gerüchte zu erblicken ist, die an die in der letzte» Zeit vorgekoinmenen verschiedenen Auswanderungen aus Montenegro und an die Zerwürfnisse deS Fürsten mit früheren Würdenträgern geknüpft worden sind. Deutsches Reich. 88 Berlin, S. August. Tic Bemübungen, welche in den letzten Wochen von den verschiedensten Seiten und auf das Angelezentlickste fortgesetzt wurden, den Minister Herr- snrth zum Verbleiben im Amte zu bewegen, sind leider ohne Erfolg gewesen. Herr Herrfurth hat sofort nach der Rück- Feuillctoii. Schloß Fenetrange. Ein Roman aus den Vogesen. 8) Von O. Elster. Nachdruck verbot«». (Fortsetzung.) Während die übrigen Gäste, empfangen von einigen in große Toilette gekleideten Damen, lackend und plaudernd die breite Treppe hinaufsticgen, blieben der General und Henri unten im Halbdunkel des Vestibüls sieben, um sich fortzu stehlen, wenn die Gesellschaft sich oben im Festsaal ver sammelt hatte. Doch jetzt ging Herr Markwardt durch die Treppenvorhalle und schaute sich suchend um. Sein Blick traf da» Antlitz deS alten Generals, und auf denselben zu eilend, rief er: „Aber, mein bester Herr General, weshalb kommen Sie nicht hinauf? Meine Tochter wünscht, Sic zu begrüßen und dem tapferen Wolfsjäger die Hand zu schütteln. Kommen Sie, meine Herren, ich führe Sie hinaus ..." „Wir wußten nicht, Herr Markwardt", cmgegnete der alte General, „daß cS sich um ein solches Fest handelte. Sie hätten uns davon benachrichtigen sollen, jedenfalls wären wir dann, wenn wir überhaupt Ibre freundliche Einladung an genommen hätten, in anderer Kleidung erschienen . . ." „Aber ick bitte Sie, meine Herren! Wir sind sämmtlich im Iaadcostüm, daS erhöht ja den Reiz solcher improvisirten Feste! Also kommen Sie nur! Kommen Sie nur!" Wohl oder übel mußten die beiden Franzosen ihrem freund lichen Wirtb folgen. Am Eingang des Saales trat ihnen Fräulein Gisela entgegen. Die Lvchtcr deS reichen Fabrikanten trug ein einfaches, weißcS Gewand, das am Halsausschnitt, an den kurzen Aermetn und dem Saum des Rockes mit weißem Pelzwerk verbrämt war. Kleine, aber herrlich blitzende Brillanten schmückten die rosigen Ohrläppchen, während eine kostbare Brillantagraffe das stickt gefaltete Gewand vor der Brust zusammen zu ballen schien DaS aschblonde, wellige Haar, dessen krause Löckchen das liebliche Antlitz in üppiger Fülle umsäumten, umschlang eine Schnur milchweißer, matt schimmernder Perlen. Das einfache weiße Gewand hob die kräftig schlanke Gestalt gegen den dunkleren Hintergrund deS mit Tannengrün geschmückten Saales herrlich ab. Mit herzlicher Geberde streckte Gisela Markwardt dem General beide Hände entgegen. „Wie freue ich mich. Herr General, Sir im Hanse meines Vaters begrüßen zu dürfen. Seien Sic mir herzlich will kommen." Ter alte General war überwältigt von der Schönheit und Liebenswürdigkeit der jungen Wirthin. Mit jener schönen und eckten Ritterlichkeit, welche die ältere Generation des französischen Adels pflegte, küßte der General der jungen Dame die Hand und antwortete: „Sie beschämen mich, Mademoiselle, durch Ihren liebenswürdigen Empfang! Soeben waren wir im Begriff, uns heimlich fort- zusteblen!" „Ah, das wäre sehr unrecht von ihnen gewesen, Herr General." „Wir sind den Glanz solcher Feste nicht mehr gewöhnt." „Aber ich hatte mich so darauf gefreut, ein Stündchen mit Ilmen verplaudern zu können! Ich hoffte, Herr de Fsnetrange, Ihr Herr Sohn würde mir noch von meinem Bruder erzählen." „Sie sind sehr gütig, Mademoiselle," nabm Henri das Wort. „Ich stebe mit Vergnügen zu Diensten, bedauere nur, daß ich Ihnen kaum »och weitere Einzelheiten mit- thcilen kann." „Vielleicht macht eS Ihnen Vergnügen, das Bild meines gefallenen Bruders zu sehen?" „Sicherlich, Mademoiselle, würde eS mir Vergnügen machen." „So zeige ich eS Ihnen nach dem Essen." Die Musik, welche aus einer tannengeschmückten Ballustrade saß, spielte >etzt eine Jagdfanfare. Herr Markwardt eilte durch den Saal, die Gesellschaft zur Dafel auszufordern. „Herr General, haben Sie, bitte, die Güte, meine Tochter zu Tisch zu sübren. Herr Caritain, ich babc leider keine Tischnachbarin für Sie. Sie seben, es sind nur einige Damen erschienen, bitte, wollen Sie hier neben Lieutenant von Usedom Platz nehmen; ich bitte, meine Herrschaften. Meine Gnädige, darf ich mir erlauben?" Ter höfliche Festgeber reichte einer ältlichen Dame, der Gattin des CommanrcnrS des Zabcrner Iägerbataillvns, den Arm und gab damit das Zeichen zum Platznclmicn. Außer der Frau Majorin waren noch einige junge Osficierssrauen, sowie die Gattinnen und Töchter zweier Oberförster er schiene». Tie Damen waren alle in großer Dincrtoilette, die Herren befanden sich jedoch meisten« noch in ihrem Iagd- costüni, während einzelne Osficiere bereits Zeit und Gelegen heit gefunden batten, den Iagdanzug mit der Uniform zu vertauschen. So gewährte die Tafel ein reizvolles, lcbbafleS Bild, zunial da die Tafel selbst mit zierliche» Blumenarrange ments und einem herrlichen Gedeck vom kostbarsten Porzellan und Silber geschmückt war. Von Anfang an herrschte eine fröhliche, animirle Stimmung, die durch die treffliche» Speisen und die guten Weine, sowie durch die lustigen Melodien der Tanzmusik noch erböbt wurde. Gisela Markwardt saß zwischen dem alten französischen General und dem Major Lundblatt, dem Commandeur des Iägerbataillvns. Major Lnndblatt'ö herkulische Erscheinung, seine laute, etwas derbe Sprache, seine freien, ungenirtcn Bewegungen standen in seltsamem Gegensatz zu der kleinen, zierlichen Figur des alten Franzosen, der, sich der Galanterie jciner Jugend erinnernd, den Cavalier der jungen Dame in zartester und höflichster Weise machte. Gisela unterhielt sich denn auch meistens mit dem General, während Major Lund- dlatt mit dem neben ihn, sitzenden Oberförster allerhand un wahrscheinliche Iagdgeschichlen auslauschle. Der General war ganz entzückt von der Liebenswürdigkeit und Schönheit Gisela s, so daß er fast die Anrede Major Lundblatl'S über hörte. Erst Gisela mußte ihn daraus aufmerksam machen, daß der Major mit ihm zu rede» wünsche. „Bitte um Berzeibung, mein Herr", sagte er dann, „daß ich Ibre Worte überhörte." „Ich börte soeben von dem Oberförster", entgegnest der Major, „daß die Wilddieberei und der Schmuggel in letzter Zeit bicr nberband genommen baden. Es scheint bier eine vollständige Bande solcher Hallnnken sich eingenislct zu haben, welche allerlei Verbrechen anstiftet. Es wirb auch in ver schiedenen Grenzgarnisonen über zunehmende Desertion ge klagt, man scheint die jungen, unvcrstänoigen Burschen zur Desertion zn verleiten und zum Eintritt in die Fremden legion zu überleben. Vielleicht haben Sie, Herr General, auch davon gebürt..." „Ich stebe mit solchen Lcnten nicht in Verbindung, mein Herr", entgegnele Herr de Fenstrange abweisend. „Ob, Pardon, Herr General, so war eS nicht gemeint", erwiderte gutmüthig lackend der Major. Ich babe mich wohl falsch ansgedrnckt, ick bin kein großer Sprachkenner und daS Französische fällt mir schwer." „Ick spreche und verstehe auch deutsch", antwortete lächelnd der General. „Vortrefflich! So kann ich mich ja deutsch erklären. Ich meinte also. . ." Und min begann der Major eine längere Auseinander setzung über das Desertiren der Soldaten und den Eintritt derselbe» in die französische Fremdenlegion. Es müsse hier an der Grenze ein geheimes Bureau bestehen, welches leicht sinnige, junge deutsche Soldaten zur Desertion verleite und zu dein Werbeburcau der Fremdenlegion in Nancy sende. „Die Behörden in Straßburg", so schloß er seine Er- äbluiig, „scheinen den Burschen schon aus der Spur zu sei»; Linmtlichc Commandcure selbstständiger Trnppentheist sind benachrichtigt worden; saßt man die Burschen, dann sind ihnen verschiedene Iakre Festung gewiß." „Ich wünschte, daß man diesem Treiben ein Ende machte", erwiderte der General. „Wenn sranzösische Behörden ihre Hand im Spiele baden, so muß ich zu meinem Bedauern auSsprechcn, daß ich das Benebmen vöchst unwürdig finde." „Ganz meine Meinung, Herr General, ganz meine Meinung!" Das Gespräch wandte sich dann einem anderen Gegen stände zu. Henri saß schweigsam zwischen Lieutenant von Usedom und einem jungen Forstaffeffor, die sich lebhaft über die heutige Jagd in. Besonderen und über die Jagd in Elsatz- Lolbriiigcn ii» Allgemeinen »nlerhiclten Henri - Augen ver mochten sich kaum abz.iweiiden von der reizenden und doch so hohcilsvollen Erscheinung Gisela Markwardt'-, welche m
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