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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.12.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911218029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891121802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891121802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-12
- Tag1891-12-18
- Monat1891-12
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General von Leszczynski über die Liriegssrage. * Der Reichskanzler von Capri»! bat zwar eine anS- eprägte Abneigung sowohl gegen die Zeitungsschreiber über- aupt, wie gegen die Ossieierc bekundet, welche unter die Zeitungsschreiber geben. Allein die Nation solgl darum mit nicht geringerer Aufmerssainkeit den Betrachtungen berufener Fachmänner über die Frage, welche, wie keine andere, die Böller beschäftigt, die Frage, ob ein Krieg bcvorslcbl und weiche Aussichle» er bielcl. Eine Aniwort sucht in einem an die „Deutsche Revue" gerichleten Briese General von LeSzczynSki. einer der auSgezeichiietslcii Heerführer, über welche die deutsche Armee verfügte. Lein Wort wird nicht weniger gellen, weil er vor etlichen Mvnalen das Commando des neunten ArmcecorpS an den Grasen Waldersee abgegeben hat. Seine Ausführungen, welche wir im Auszüge folgen lassen, beweisen nicht nur. dass Deutschland vor der Zukunft nicht zu bangen braucht, sondern auch, tag ein Militair von dem Range und der Beteurung Lcszczunski'S alles eher als ein Gegner der zweijährigen Dienstzeit ist. Inwieweit die politischen Voraus setzungen, von denen der General auSgeht, zutrcsfen, muß allerdings dahingestellt bleibe», insbesondere seine Annahme, daß Rumänien aus der Seile deS Dreibundes kämpfen, Eng land aber neutral bleiben werde. DaS erstere ist wahr scheinlich, aber ungewiß; das letztere ungewiß, aber auch unwahrscheinlich. General von LcSzcynsti sieht die Stärke der deutschen Wehrkraft in der völlig gleichen Ausbildung und daher Tüch tigkeit der FriedcnSarmee, dann im Offieiercorvs und endlich in dem gebildete» Bürgerlhnm. In ersterer Hinsicht hebt er hervor, daß Frankreich und Rußland erst neuerdings Manöver anorkne», wie sie bei n»s seil fünfzig Jahren im Gebrauch seien und vorzugsweise die Erzielum-z der Führer zur Selbst ständigkeit zum Zwecke haben, während in jenen Staaten die Uebungcn bis ins Kleinste vorgeschriebe» werden. DaS deutsche Lssicicrcorpö sei das beste der Well und niemals besser ge wesen als beule. Das Bürgcrlbum sei getragen von hohem nationalen Gesübl, von Berufstreue und Ehrgefühl: „Dies gebildete Bürgerlhum giebt nun der Armee eine große Zahl tüchtiger Lsfieiere und Unierossiciere, Elemente, die in Frank« reich spärlich, in Rußland so gut wie gar nicht vertreten sind. Diese militairisch ausaedildeten Männer gestatten aber die Neu bildung von Truppen, sie gebe» Ersatz für die Verlust« an Osficserrn, erhalte» uns also die Armee schtagfädig. Die Wichtigkeit dieser Er« örterung springt in die Auge», wen» man nur auf Rußland blickt und fragt: Wer wird die Truppe denn dort comman- diren, men» sie einmal im Feuer war? Schließlich will ich denn doch noch ein Wort vom Vertraue» sagen. Die Nation ver traut der Armee und die Armee der Nation. Sie sind beide un bedingt einig, und so ist mit mathematischer Sicherheit zu sagen, daß ein Pulsschlag durch ganz Deutschland schlägt, wenn wir an- gegrissen werden." Der General betrachtet dann Rußland und führt auS: „Augenblicklich sind wir den Russen i» den Waffen über legen, der jetzige Augenblick zum Kriege wäre über- Haupt der denkbar ungünstigste für dieses Land. Ich kann daher nicht glauben, daß man an der Newa jetzt Krieg will, die leitenden Männer sind tüchtige Lsfieiere und müssen die Dinge abivägen wie sie liegen. Man fuhrt nicht ungezwungen Krieg, wenn man in der Neubewafsnung ist, und dieS ist man bis 1604 trotz aller französischen Unterstützung. Eine Armes von einer bis zwei Millionen Menschen läßt sich nicht i» Feindesland ernähren, selbst im reichen Frankreich wurden wir 1870 71 zum größten Theil aus der Heimolh ernährt. Wie will Rußland dies bei der jetzigen Hlingersnoih machen? Schon die erste Versammlung der Trnppen würde binnen 6—14 Tagen zu Zuständen sichren, die erschütternd wirken müssen. Schlechter Laune ist man in Petersburg allerdings, Laß man aber Krieg will, jetzt 1892, das ist kaum anzunchinen. Es treiben viele und recht hoch gestellte Leute zum Kriege, weil, wie sie sagen, der glückliche oder unglückliche Krieg mehr Freiheit bringen müsse. Es mag dies wohl richtig sein, aber vorläufig und in abseh barer Zeit hat der Zar das Hcsl fest in der Hand, und die Versuche daran zu rütteln, müchtcu doch wenig Erfolg haben." Die Verschiebung russischer Truppen nach dem Westen beunruhigt de» Verfasser nicht. Cie seien durch die Meinung veranlaßt, schneller fertig zu werden-, sie seien auch richtig, „wenn die Mobilmachung in aller Rübe erfolgt, und wenn die Ergänzungen in Ordnung abgcschickt werden. Treffen aber diese beiden WcnnS nicht zu, so ist die ganze Maßregel höchst bedenklich". Bei dem Gerede der russischen Heißsporne von den Cavalleriemassen, welche sie über die Grenze werfen wollen, seien Eisenbahnen und Telegraphen vergessen. Ein paar Grenzdörser könne man wohl auSsouragiren; versuchen die Rciiertioisionen in daS Land hinein zu kommen, so sei ihre völlige Bcrnickitnnz unausbleiblich. Bon Frankreich sagt General v LeSzczynSki: „Frankreich sieht mit «ns in de» Waffen gleich, die Organisation ist aber bei uns eine festere, die Berusstreue ist bei uns gleich- müßiger, nur der persöhnliche Ehrgeiz geht in den höhere» und luchsten Stellen bei uns nie über die Grenze, welche das allgemeine Lotst erfordert. ... Höchst zweifelhask ist es, ob Lie eentraie Leitung Frankreichs im Stande ist, die Armeen einheitlich zu leiten. Tie niedere Führung enibehrt deS selbstständigen Entschlusses... Man ist in höhere» französischen Osficlerskrehen nicht ganz un besorgt, daß die Massen etwas schwierig werden könne», ledcnsaUs >it anzunehmen, Laß der geringste Fehlschluss eine erhebliche Anf- U'ung zur Folge hat. Es giebt in Frankreich vortreffliche Lsfieiere und Loldaten, aber diese Art d«S alten sranzüsiichen Kriegers wird von Fahr zu Fahr seltener, jedenfalls ist sie in Len Regimentern nur nocki spärlich vertreten. Es ist ein neuer Geist, der in der Mcdrzahl steckt, aber kein Geist, den wir z» bewundern Anlaß hotten. Tic taktische» Verhältnisse find ungefähr gleich, man darf düsen Beziehungen nicht rin sehr große« Gewicht beilegen, denn im Bauten entscheidet Führung und Tisciplin." Der General beschäsligt sich dann mit den Mächten, welche mit Deut'chland gemeine Sache machen, und schreibt: „War nun unsere Bundesgenossen betrifft, so muß man freudig ittigeslehkn, daß in Oesterreich viel gebessert, viel gelernt ist Die Taktik ist eine recht gute, die Tisciplin gut, ebenso die Be ruf-treue. Niemand zweifelt daran, daß da« solide Gefüge und der gute Geist einem russischen Anprall widerstehen wird. Die In telligenz ist in Oesterreichs Armee erheblich größer wie in Rußland, h:e Waffen sind gut, wo« alio ist z» befurchten? Rumänien ist sieißiq und dringt den Bortheil, daß es immerhin zwei russisch« Corps aus sich zieht. Italien zieht ebensoll« Kräfte aus sich »nd von unS ab, und dir« ist di« Hauptsache Lb e» offensiv werden wird, ob die «r-nre in gröyerrn Verbänden, also z. B. mit 4 di» EorpS. operiren kann, die» hängt von zahlreichen anderen Ber- holtnifien ad. Ein Ln Marmor« ist augenblicklich wohl nicht in d» hüchR» Stellen zu finde», «an hat an den Fehlern diese» General- viel gelernt. Sehr wichtig in der jetzigen Situation ist e«, ob England neutral bleibt. Schließt eS sich unS an, so ändern sich die Stärken erheblich. Rußland muß sodann in Finn land und Livland 2 CorpS lasten, Riga muß stark besetzt werden. Wir bedürfen keiner Truppen zum Kützcnschutz und in Schleswig und haben die See für Lebensmittel frei. Im Süden ist es dasselbe Hält England mit Italien und Oesterreich da» Miltelmeer, so werden drei Corps in Italien zur Operation frei. So hübsch die Alles klingt, so hat Deutschland in seinem Calcul diesem Bäildinß doch nicht Rechnung zu tragen, und zwar um deswillen, weil EnglandRußiand zwar haßt, aber Frankreich fürchtet. Man kann sagen, der Dreibund und der Zweibund balancirl und Englands Entscheidung giebt den Ausschlag. Tic Rolle dieses Landes ist also die eminent günstigste und dennoch wird sie nicht ergriffen werden, besonder« dann nicht, wenn das nahend« liberale Ministerium das Steuer erhält. Wir müssen auch ohne England fertig werde» und können es auch; ich baue auf die Bolkskraft der deutschen Nation zu sehr, um Zweifel zu haben. Aber vorläufig sehe ich aus den oben an geführten Gründen keinen Krieg in Sicht. Wir werden weder Ruß land noch Frankreich angreisen, dies glaubt wohl jeder verständige Mensch, wir wünschen nur Eins, datz man uns in Ruhe läßt. Kriegsgeschrei hören wir in Frankreich seit fünfzig Jahren; eS ge- hört dort zur Beschäftigung der Massen, zum Thema aller Revolu- tionaire, wie Bouianger und Consorten; vom Reden zum Tegenziel-en ist aber noch ei» großer Schritt. Und diesen Schritt werden die Männer der Ordnung nicht thun, die Revolution wird ihn ohne Weiteres aber thun müssen, und deshalb müssen wir aus unserer Hut sein. Ich betone ausdrücklich also: wir müssen trotz der jetzigen günstigen Lage wachsam sein und keinen Tag, ja keine Stunde verlieren, um den Anprall der Nachbarn abweisen zu können. Dazu gehört aber, daß die stehende Armee befähigt ist, die gesammte waffcn>ühige Nation in der Stunde der Gefahr mit Sicherheit ausnchmen zu können. ES handelt sich heute um Fortentwickelung, gleichviel ob dieselbe die zwei- oder dreijährige Dienstzeit bedingt. Diese unglückliche Strcilsrage der Dienstzeit verdunkelt vielen braven Männern die ganze mililairische Lage, und doch ist sie höchst nebensächlich. Es handelt sich um die Beantwortung der Frage: Was brauche» wir beim Beginn eines Krieges in erster Linie? Diese Antwort kann aber nicht aus den Markt getragen werden, hier kann nur der oberste Kriegsherr mit seinen Organen enljcheiden und ordern. Ein« Forderung aber, die den genannten Ge- ichtSpunct hat, sollte jeder Patriot bewilligen." Leipzig, 18. December. * Die Meldung, daß der Kaiser Wilhelm im Früh jahr Bukarest besuchen werde, entbehrt, wie jetzt auS Berlin gemeldet wird, jeder Begründung. * Die Fleischer'sche „Deutsche Revue" bat im Laufe der letzten Monate auS dem Roon'schen Nachlasse eine Reihe von Briefen deS verstorbenen KriegSministcrS und seiner cin- lußreicbcn Freunde und Parteigenossen veröffentlicht. Der „Schwab. Merk." beschäftigt sich mit diesen Pudlicationen und schreibt dabei über den Fürsten Bismarck: „ES sind Bismarck'sche Briefe darunter. Wir glauben, daß der abgedankle Kanzler nur mit Wchmuth diese Corrcspondenz seiner nächsten Freunde gelesen haben wird, a»S der er ersehen konnte, wie mit Vorbehalt und hundert Einwendungen selbst diese Männer ihn gelten ließen und wie sie stets beriechen, ob man ihn noch weiter dürfe gewähren lassen. Wir blicken in Ber- liältnissc hinein, die vielleicht dem Auge des Publicum» noch länger bätlen entzogen bleiben dürfen. Doch, wie man auch über diese Veröffentlichung von Roon's Briefen in Fleischer'« deutscher Rundschau denken mag, da- Eine stellen dieselben jedenfalls klar ans Licht, wie thurmboch BiSmarck über den Borurtheilen seiner Partei stand. Während Roon und Blankenburg auch nach dem glorreichen Kriege die deutschen Angelegenheiten nur unter dem Gesichtswinkel der preußischen Eonservativcn betrachten, ihre Vor- uriheile gegen die Verbindung des preußischen KönigthumS mit einem nationalen deutschen Kaiserthume beibehalten, in allen Ernngenschaften nur einen Triumph des demokra- tischen Geistes über die konservativen Ideale sehen, ist BiSmarck der Zukunft voll und die Kreu.zzeitungS - Marotten liegen wie eine abgestreifte Schlangenhaut hinter ihm. Das Lindere aber, was mir aus diesen Veröffentlichungen zu lernen haben, ist die Er- kenntniß, mit welch' unglaublichen Schwierigkeiten Bismarck zu kämpfen hatte, von denen da- Publicum nie erfuhr. Wn- soll man dazu sage», wenn ein Mann wie Roon eine so selbstverständliche staatliche Ordnung, wie die obligatorische Civilehe, als einen Hoch- verratli an dem christlichen Preußen betrachtet und dem König in den Obren liegt, sich bis zum letzten Augenblicke für die facultalive Civilehe zu verwenden, die Falk ablehnt? Wenn man bis jetzt da- Scheidern des preußischen Staats im Culturkampfc ausschließlich der Zähigkeit der Curie und dem souvcrainen Unverstände der Friedensengel zuschrieb, so erfahren wir bier, daß die ortbodor-protestantischen preußischen Conservaliven mit vollem Hochdruck am Sturze Falfts gearbeitet haben, und während Männer wie Roon und Blankenburg mit den auSgetriebenen Jesuiten und Klosterfrauen um die Wette jammern über die Härte der preußischen Regierung, macht der Jiistizminister Friedberg Scherze über den Effect der Internirungsmaßregcl. die er doch selbst zu vcnrelen bat. Daß einer solchen Gegnerschaft gegenüber Falk sich nicht hatten konnte, begreift sich; »st sie doch Bismarck selbst bald zu stark ge worden. Wir aber wissen jetzt, wer es zu verantworten hat, wenn der preußische Culttirkamps mit einem Fia-sco der Staatsgewalt abschloß. DaS Alleinstehen Bismarcks im Kampfe, einen wie niederschlagenden Eindruck es aus jeden patriotischen Leser der Fleischcr'schen Rundschau machen muß, vermehrt doch »ur den Respcct vor dem großen Manne, der diese» Kamps gekämpst bat. Er hatte Schwierigkeiten zu überwinden, von denen die Menschen keine Ahnung hatten und mit denen auch die Götter sonst vergeblich zu kämpsen pflegen." * In der am Donnerstag unter dem Borsitze des Vice- vräsidentcn vcS StaatSminisleriumS, StaatSsecrctairS deS Innern Dr. von Boelticher, abgebaltenen Plenarsitzung deS BundeSratbS wurde der AuSschußantrag zu dem Gesetzentwurf, betreffend die Bekämpfung de« Mißbrauchs geistiger Getränke, von der Tagesordnung adgesctzt. Dem Aiisschiißberichle über den Gesetzenlwurs sur Elsaß Lothringen, dctreffenv Beschränkungen der Bausreibeit, sowie dem AuS schußberichte über die Entwürfe einer KreiSordnung »nd einer Gemeindcordnnng für Elsaß-Lolbringen ist zugestiinint worden * Im Reichstag hat am Mittwoch die erste nament liche Abstimmung gelegentlich der Handelsver träge stattgesunten, „nd zwar über die vieldestrittenen Wein-, insonderheit Traubenzöllr Es ist bekanntlich die am meisten und mil den besten Gründen angrsochtene Bestimmung der Verträge. Tic Abstimmung ergab 200 Ja, gegen «'.0 Nein. In der Minderheit besanden sich nach den ParlamenlSberichten der Blätter, die übrigen« mit der Gesammtzahl nicht genau stimmen, 23 Conservative, 4 Freiconservative, 5» CentrumS- mitglieoer alle au« Baden), ll Nationalliberale (die 6 psäljischrn Abgeordneten Abt, Brünings, Brunck, Bürlliu, Buhl. Clemm, sodann Keller, Osann. Scipio, Siegle, Weiß), S Mitglieder der Volkspartei, 3 Eisäffer, 1 Antise miten. Ein ansehnlicher Tdeil dieser Minderheit wirb ohne Zweifel bei der Gesanimtabstimmung trotz des AcherspruchS gegen diesen einzelnen Punct für die Verträge ttmmen; die Anzahl der auch in der Gcsammtadstimmung mit nein Botirendcii dürste sich mehr mit derjenigen Anzahl decken, die gegen die Herabsetzung der GclreidczöUc stimmte. Diese letztere Abstimmung war keine namentliche und eS läßt ich dabcr daS Ergebnis; nicht genau feststeilcn. Die Mindcr- >klt war aber hier jedenfalls noch erheblich kleiner als bei den Wcinzöllcn; sic bestand nur aus einer geringen Anzahl von Eonscrvaliven und Freiconservative». * Namens des Ausschusses zur Errichtung eines NationaldenkmalS für den Fürsten von BiSmarck in der Neichshauptstadt veröffentlicht der RcichStagSpräsidcnt v. Lcvctzow da« Ersuchen, die etwa noch cingegangcncn Bei träge gütigst baldmöglichst an die bekannten Sammeistclien absubren zu wollen, da mit dem 3t. December d. I. die Sammlungen geschloffen werden sollen, »m alsdann die tveitercn Schritte zur Ausführung deS geplanten Werke» ciu- leitrn ru können. * Der RcichScommifsar für die Weltausstellung in Chicago macht darauf aufmerksam, daß Anmeldungen zur Beschickung ausnahmslos bei dem ReichScommiisar eingercichl werden müssen, insoweit nickt von ihm für einzelne Bezirke oder Industriezweige die Organisation der Bctbciligung und die vorläufige Entgegennahme der Aiimcldnngcn einer deutschen CcntralstcUc übertragen worden ist. Anmeldungen, weiche nach Chicago, sei cS direct an das Ausstellung,? Comilö, sei eS an dortige Vermittler, gerichtet werden, sind als solche unwirksam. - * AuS Berlin berichten die „Berliner Politischen Nach richten": „Gegenüber den aus St. Petersburg siammcndcn Gerüchten, nach welchen rnssischerscits ein neuer Versuch ge macht werden sollte, den deutschen Markt für russische Wcrihe >zu gewinnen, zeigt fick hier eine so allgemeine Abneigung gegen jede« russische Geschäft, daß der Versuch eines solchen, wenn er überhaupt gemacht worden wäre, als gescheitert be zeichnet werden kann." In derselbe» 'Sacke schreibt man gleichfalls aus Berlin: „An der hiesigen Börse ist das Ge richt verbreitet, daß eine Actienbank ein Vorschußgeschäjt mit einer russischen Eisenbahngescllschasl abgeschlossen und daß die deutsche Regierung das Geschäft gebilligt habe. Einzelne Blätter verlangen ein kategorisches Dementi der letzteren Angabe. Ein solches Dementi erübrigt sich voll kommen. Will die Bank ihr Geld aufs Spiel setzen, so ist das noch in böbcrcm Grate eine reine Privatangelegenheit, in der sich lediglich die Actionaire mit dein Direktorium und dem AufsicktSrathe abzufindcn haben, als die Auflegung einer russischen Anleihe, deren richtige Beurtkeilung die Regierung bekanntlich dem kapitalistischen Interesse »nd dem Patriotismus deS deulschen PublicumS ausschließlich überließ. Die angebliche Billigung ist reiner Schwindel. Tic deutsche Regierung würde sich den gerechtesten Vorwürfen auSsepen, wollte sie irgendwie dazu beitragen, daß den Franzosen die Nolle des russischen HofbankicrS irgendwie verkümmert werde". * Ein berrorragcndeS Zeugnis; ihrer GesinnnngSlüchtig- kcit bat wieder die Volköpartci bei der Abstimmung über die Weinzöllc abgelegt. Von dieser zcbn Mitglieder zählenden Partei stiniinlcn drei gegen die Zollkerabsctzung. Keine Partei eifert so fanatisch gegen Schutzzölle, insbesondere bei Lebensmitteln. Wenn aber die Interessen ibrcr eigenen Wahlkreise i nö Spiel komiucn, dann ist das freilich ganz was Anderes. * Die CivilgesetzbuchScominission faßte mit t4 gegen 9 Stimmen den wichtigen Beschluß, daß die Frage: PrivatrechtSsähi gleit (sogenannte „juristisch cP er - sönlichkcit") der Vereine durch daS Bürgerliche Gesetz buch beantwortet werden müsse. Die zur Bcaiitwortniig dieser Frage in den letzten 'Wochen gefaßten Beschlüsse sind somit nunmebr cnd gilt ist von der Commission in den Enlwurs deS Bürgerlichen Gesetzbuchs ansgeiionimeu. Bei diesen Be schlüssen ist bekanntlich daS sächsische System zu Grunde ge legt; der Verein erlangt also volle PrivatrcchtSsäbigkcit da durch, daß er sich in ein beim Amtsgerichte zu führendes Register cintragen läßt. Cr hat daS Reckt, Cintragung zu verlangen; nur bei politischen, socialpolitischen und religiösen Vereinen kann die VcrwaltungSbebörte nach ihrem srcic» Ermessen Einspruch gegen die Eintragung erheben. A»f ErwcrbSvcreine findet dieses System keine Anwendung: für sie verbleibt eS bei den betreffenden Specialgcsctzcn (.Handels gesetzbuch, Genosscnsckaslsgcsctz ». s. w.) Tcnjcnigcn Ver einen, welche nicht schon kraft dieser Specialgeictze oder ans Grund der Eintragung in das Register Privatrechtösähigkcit haben, kann letztere von der Staatsgewalt verlieben werden Tic ganze Regelung bezieht sich auf die Privatvercine, nicht aus die Körperschaften des öffentlichen Rechts. * Der Plan, die leit >677 zurückgcstclllen Versuche, ein Gesetz über die Einnabmcn und Ausgaben für Preußen zu vereinbaren, wird scstgebaltcn. DaS preußische OberrcchnungSkammer-Gcsetz enthält bekanntlich nur wenige Sätze deS materiellen FinanzrechtS »nd beschränkt fick nn Ucbristen ans die Ordnung der formellen Seile desselben, inSbcjondcrc daS Rechnungswesen. Der Haupttbeit deS malc- riellen FinanzrccklS, namentlich deS EtalSrcchlS mit seinem Correlat, »dem Finanzeontroirecht, wurde einem anderen gesetzgeberischen Acte Vorbehalten, weicher indessen nickt zn Stande kam. Die Schwierigkeiten lagen vornehmlich im Reiche und zwar in Meinungsverschiedenheiten, weiche über den Umsang der Reckte der Volksvertretung ii. Finanzsachcn der vorlraten. Außer der Abgrenzung der Reckte der Regierung und der Lankesvertretung muß sich ein Gesetz der bczeuhnetcn Ar» die Regelung der Verhältnisse der Finaiizvcrw.iltuitg zu de» übrigen SpeeialrcssortS zur Ausgabe stellen Es werden oaber von deni gesetzgeberischen Vorgehen alle Zweige der Verwaltung berührt, wenn auch im Einzelnen in sebr vcrsch dcncr Weise Die Betriebsverwaltungen werde» daron vielfach in anderer Weise betroffen, als die reine» Staatsverwaltungen; diejenigen Verwaltungszwcige, in welchen die Verwaltung von StistungS- und anderen NrbcnsontS eine große Rolle spielt, ander» als die jcnigcn, welche nur mit Staatsmitteln operiren. Da- GericktS- koslenwesrn hebt sich ganz entschieden von allen anderen Staatseinnahmen ab u. s. w. Es ist daher, bevor zur Ans tellung eines definitiven Gesetzentwurfs für die Beschluß- assunst deS StaalSininisteriumS übcrgegangcn wurde, zunächst an der Hand vorläufiger Grundzüge mit den Einzelrcssoris Fühlung genommen, um die volle Berücksichtigung berechtigter Besonderheiten sicher zu stelle». Gegenwärtig dürste dieser Abschnitt der vorbereitenden Thäligkeit abgeschlossen und die Aufstellung des definitiven Entwurfes in vollcmGange sein. Gleickwobl erscheint cS kaum wahrscheinlich, daß die formell wie materiell reckt schwierige Ausgabe schon in der nächsten Session tcS Land tages ihre Erledigung finden wird. * DaS TrunksuchtSgcsetz soll nun dock >m Reichstag erscheinen, allerdings in wesentlich veränderter Gestalt. Den Landesregierungen soll überlasse» werden, scstzusteUcn, was als Kleinhandel anznseben sei. DaS Verbot der Vraniilwein adgabe in Mengen von weniger als >/» Liter ist ans ' c Liter herabgesetzt. Die Bestimmung, daß in Orten unter .',000 Ein wohnern der Vraiintweinkleinhandcl nickt mit einem Klein Hantel anderer Art betrieben werten dürfe, ist beseitigt, ebenso wie die Verpflichtung der Schaniwirlbschasten, »eben dem Branntwein noch gewisse andere Getränke und Speisen nach Anortnniig der Polizei dercitzuhailen. Ten Landesregierungen ist die Bcfugniß zugesprochc», daS Gesetz auch aus Consum uud andere Vereine auSzndcbnen. * An» Weimar wird nn- geschrieben: Es scheint, als ob unsere Bürgerschaft auö der leidigen Wablansrcgung nickt bcrauSloiumen solle. Gegenwärtig hantelt eü sich um den Ersatz eines einzigen auögescbiedcncn Gcinci»tcratbs»iit gtiedcS, und wenn man die diescrhalb entstandene Agitation beobachtet, so glaubt man, das Wohl und Webe der ganzen' Residenz siebe auf dem Spiele. Die eine Partei verlangt eine» praktischen Juristen in der Person des Landrichters I)r. Fürbringer, während die andere den Rcntter Roitsck, der seit Iabrcn dein Gemcintcralh angckört, aber bei den »cnlichcn Nenwahlcn durckgesallcii ist, auf den Schild bebt. Nun bat der Letztere vor wenigen Tage» in der letzte» Gc- nicindcrathSsihuiig durch eine unvorsichtige — oder richtiger gesagt, ungehörige — Bemcrkltng die städtische Beamtenichast verletzt, so daß der AuSgang der am nächsten Montag vcr zunehmenden Wahl ein recht zweiselhastcr geworden ist. * Au« Altenburg wird irnS vom 17. December ge schrieben: Die gestern von der Tagesordnung adgesetztc Petition de- Vereins der Rittergutsbesitzer, um Einrichtung der kerzogl. LandcSbank als Ren len bank, beschäftigte nunmehr beute de» Landtag in längerer Sitzung. An das Verlesen der umsänglichcn Petition und deS kurz und bündig gehaltenen ComniissionSberichtö knüpfte sich cine lebhafte Debatte, an der sich die Abgeordneten Kresse, Herrman», Burkhardt, Polz, Hase und der Staa:-»ii»,stcr betbeiligten, und die dabin sükrtc, das; nach »lebrsu ndigcr Verhandlnng über die Pctiticn zur motivirtcn -räge.-orciiuug üdcr- gegangcii wurde. * lieber die Bayrcuthcr ReichStagSwahi geben uns durch cm Prioaltclcgrami» folgende Zahlen z». wobei noch drei kleine Bezirke ebne Erheblichkeit schien. Es erhielten: der nationallibcrale Canditat RcchtSanwait Ilr Easselniaiin 7226, der dculschsreisinnige Ncgicruiigsratb l)r. Papellicr 1260, der sociaidcinokralische Caiikitat Franck ldüö Stimmen. I>r. Cassel mann ist also mit einer Majorität von über tausend Stimmen im ersten Waklgana gewählt. Bei der vorjährigen Wakl wurden im ersten Wabigang 692.'» iialionaUiberaic, 607 t deulschsrcisinnige, N02 sociaidcinokralische Stimmen abgegeben. Die »ationalliberalcn und die sociaideniokratischen Stimmen kabeii danach etwas zngcnoniincii, die deulschsreisinniacn Stimmen sind um etwa >600 zlisamnicngcschrllmpst. Und daS bei einem in jenen Gegenden hervorragende» Führer der Partei, für den auch von Berlin auS die äußersten An strengungen gemacht wurden! Der dcntschfrcisinnigc „Auf schwung" scheint schon wieder ziisamiiiciizilknickcn Da bet den vorjährigen Wahlen das Mandat von den National- liberalen erst in der Stichwahl behauptet werden lonntc, haben dieselben unzweifelhaft jetzt einen bedeutenden Erfolg zu verzeichne» * Gutem Vcrncbincii nach wird der Großhcrzog von Lu rem bürg in nächster Zeit den Hosen von München und Wien Besuche abslatlc». * * Wahrlich, wenn die Stimme der Vcrnnnst nicht von derjenigen der Partcileidcnschaft erstickt würde, gam; Oester reich, alle Nationalitäten und Parteien münten sich, so schreibt die „Neue Freie Presse" auü Anlaß ^dcr neuesten Rete teS Abgeordneten Ilr. Gregr. gegen dieses frivole Inngczcchcntbnm empören, gegen diese Earicatur einer poii tischen Partei, in der Alles cber zu sinken ist, als ver sittliche Ernst, der eine Voraussetzung jeder wirklichen Ucrzciigung ist. „Die Parlaments-Majorität." so hieß es in der Kundgebung des Ministeriums vom 25». Januar, „soll eine feste Schutzwchr gegen unpatriotische und extreme Be slrcbnngeii bilden, sie seil die Verfassung deö ReickeS, sowie die verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte der Königreiche und Länder wahren." Wenn etwas im Stande ist, dieses schon balbvcrgcsscne Programm kein Grasen Taaffe ins Ge dächtiiis; zurückzurusen, so muß cs die heutige Rete Grcgr'S sein. Wen» die gcmäßiglci, Parteien nickt a»S eigener Kraft ini Stande sind, die hier geforderte Scbntzwehr zn er richten, so ist cS die höchste Zeit, daß die Regierung Hand anlege, »m diese- ibr Programm zn verwirklichen. Der jungczechischk Wahnwitz überslulbel alle Dämme: wen» die Verwegenheit schon so gewachsen ist, daß Herr Gregr eS iinterniiniiit, die eine Hank gegen die Krone zn erbebe» »nd mit der anderen die Grnndsestcn des staatlichen Bestandes anzngreiscu, dann beißt längeres Zögern sich an den unpatrtotischcn und crtrcinen Bestrebungen mitschuldig »lacke». Die Worte Grcgr'S können nur Eine Wirkung bade»: sie müsse» auch der Zaudcrpoliiik des Grase» Taaffe Fiügel verleihen, jetzt muß endlich das Vollwcri der Majorität sich erbeben, das er sich selber gewünscht bat. Es ist Gefahr im Verzüge, und weil Niemand diesem Eindrücke sich cnt- ziebe» kann, deswegen lann, deswegen wird es nicht lange mehr dauern, bi« die Mauer dastebt, an welcher auch die lungczcchischc Hockstuld sich bricht. " Wie auS Wien berichtet wird, bedeutet die Verleihung de» Titels und Charakters eures StLtwnschcjs au Len zur r-
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