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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.09.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920914029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892091402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892091402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-09
- Tag1892-09-14
- Monat1892-09
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1 Abom»e«e«tspreiS ^ Haurtexpedition oder de» im Stadt« Dk>irt und den Vororten errichteten Ans» «abeslellen abgeh vlt: vierteljährlich.«4.50. «« »weimaliger täglicher Zu sie Iliing in« Han» >l 5,50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viericliadrlrch ^ Direkte tägliche KreuzbandseaLuug in- Ausland: monatlich S.— Die Morgen-Ausgadc erichcini täglichNhr. die Abend-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. Ne-artion und Expedition: LohanneSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: Vit» vlemm's Sortim. tAlsred Hahn), Universitätsstrabe 1, Laut» Lüsche. patharinenstr. 14, pari, und Sönkg-platz?: .M ^l. Abend-Ausgabe. ciWMMgMall Anzeiger. AM fLr Politik, Localgeschichte, Handels- und Geslhäftsverkchr. Mittwoch den 14. September 1892. JasettiottSpreis Die S gespaltene Petitzeile L0 Neclameu unter demRedactiontstrlch (»ge spalten) 50-H, vor den FamiliennachrichteN (8 gespalten) 40^. Größere Schrtslen laut unserem Preis« vcrjklchniß. Tabellarischer und Zifferaja- nach höherem Tarif. Extra-Vetlngeu (gef-lzt), nnr mit de« Morgen - Ausgabe, ohne Postbesördernng >4 00.—, mit Postbesördernng 70.—- Ännatsmeschluß für Inserate: Abrud-AnSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» »Uhe. Sonn« und Festtags früh '/,S Uhr. ^ Lei dro Filialen und Annahmestelle» i» ela» halbe Stunde früher. Inserate sind stet» an die Expedition , ju richten. Druck and Verlag von E. P olz ta Ltlpjkg. 86. Jahrgang- Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. September. Die »Nordd. Allg. Ztg." Hiebt die in der heutigen Morgen ausgabe erwähnte Iiisormatlon der »Schlesischen Ztg." über die beabsichtigte Erböbung von RcichSstcuern unter Aeußerlichkeitcn wieder, welche vcrmuthe» lassen, daß sie taS schlesische Blatt für gut unterrichtet bält. Es wird sich dessen ungeachtet empfehlen, auf eine Erörterung so lange zu ver zichten, als nicht authentische Miktbcilungen versiegen, zumal cS nicht ausgeschlossen ist, Las; bei den Slenererböhungen dasselbe officiöse Verstcckspicl gespielt werden soll, wie bei der Militairvorlagc. Nur aus einen Punct, der nicht nur steuer- technische» Intcreffe bietet, sei schon jetzt hingcwiesen, auf die Birrst euer. Die »Schlesische Ztg." bemerkt dazu: „Nach Artikel 35 der ReichSvcrsassang werden die Bundesstaaten ihr Bestreben darauf richten, eine Ucbcreinstimmung der Gesetzgebung über die Besteuerung auch des inländischen Branntweins und BiercS bcrbeizusübren. Bei einer Aende- rung der norddeutschen Bierstcuer ist Gelegenheit gegeben, jenes verfassungsmäßige Bestreben zur Geltung zu dringen. Versuche, die Rcichsdrausteucr, die mit 2 für den Eentner von dem zur Bicrbercilung verwandten Malz, Schrot :c., mit 3 und 4 «« von anderen Malzsurrogaten^ erhoben wird, zu verdoppeln, schlugen in den Jahren 1879, 1880 und 1881 fehl, obgleich damit noch nicht der bayerische Satz erreicht worden wäre." Es ist demnach die Er höhung der Biersteuer aus den allerdings viel höheren bäuerischen Satz in Erwägung^ gezogen. In Bayern weicht aber nicht nur der Steuersatz von dem tcS übrigen Deutschland ab, sondern der ganze BesteucrungS- moduS. Bayern besteuert das zur Bicrerzeugung verwendete Malz mit der Maßgabe, baß zur Bicrbercilung kein wie immer gearteter Stoff außer Wasser, Malz und Hopfen ver wendet werden darf. Diese Vorschrift dient nicht nnr den Interessen deS FiscuS, sie ist zugleich eine sehr wcrthvolle, auch außerhalb Bayerns hochgeschätzte Gegenleistung des Staates an die höher besteuerten Eonsumenten deS bayerischen BiereS. Ob man aber im übrigen Deutschland in der Lage ist, mit der belastende» bayerischen Eizenthümlichkeit der höhere» Steuer zugleich die wohlthätige, der FabrikationS- Neverwachung zu adopsiren, darf bezweifelt werde». Wenn bei dem an sich schon unpopulären Gedanken an eine neue Vermehrung der ReichScinnahmen in weiten (streifen ncch die besondere Befürchtung vor politischen und kirch lichen Handelsgeschäften der Lenker des neuen Eurscs mit den reactionaren Parteien laut werden, so trägt die ReichSrcgicrung daran selbst die Schuld, indem sie auswärtige Blätter, wie den „Pester Lloyd", dazu benutzt, den gemäßig ten Parteien für den Fall der Renitenz mit dem Ceiitru'm zu drohen, daS durch allerlei Eoncessionen sich werde gefügig machen lassen. Mit Recht bezeichnet die »Köln. Ztg." dieses Manöver als ein unwürdiges nicht nur, sondern auch als ein gefährliches, welches das ohnehin schon nicht allzu große An sehen der ReichSrcgierung ernstlich gefährden müsse. „Die Miticlparteien" — so schreibt das rheinische Blatt — „vermissen in der Haltung der Negierung lediglich die Widerstands- kraft gegen den nltramonianen Uebermuth und gegen die Ent artung der conservativen Partei. Droht man nun noch gar mit einer Capitulation der Regierung vor dem Eentrum, so verschärft man nur jene Stimmung liberaler Biirgcrkreise, welche angesichts unserer wirthjchastlichen Lage, angesichts unserer locialpoliiijchcn Belastung, angesichts des Truckes der preußischen Sieuerresvrui, angesichts der friedlichen Weltlage da» endlose Herausjchranben der Steuerreform mit Unbehagen betrachtet. Nur eine Regierung, welche volilisches Vertrauen besitzt, kann dieser Siiininnng gegenüber der Erwägung zum Siege verhelfen, daß eine hohe FeuerversicherungS- Prämie immer noch besser sei alS die Bedrohung des un- genügend versicherten Hauses durch FeuerSgefahr. ES geht Loch nicht au, daß die Nationalliberalen vor ihren Wählern die Verantwortlichkeit für neue drückende Steuerlasten stber- uehmeu, während die Regierung, der sie dies« weitgehenden For- deruiigcn bewilligt, sich aus Schwäche vor den, Centrum und vor der klerikal-conservativen und aiiliseiniiijche» Ausartung der Eon- servativen beugt. Wir bleibe» also dabei, daß die Regierung durch die Taktik die Aussichten der Militoirvoriagc geradezu schädigt. Tie Regierung nehme eine klare und entschiedene Stellung ein, und sie beschränke ihre Forderungen aus das knappste Maß deS Nolhwen- digen, aus dasjenige, was sich organisch als erforderlich zur Durch führung der zweijährigen Tic»stze>t unter Ausgleichung der Schäden, die inan etwa von ihr besorgen muß, darsieilt. Sie wird dann vor dem Lande besser fahren, al-s wenn sic stdcrlricdcnc Forderungen auch noch indirekt mit reactionärcn Znthaicn belastet." ES tritt übrigens mekr und mehr zu Tage, daß solche Drohungen keineswegs dem Gcsibmacke aller Factoren ent- precken, die aus die Stelliingnabme der ReichSregicrung und der preußischen Regierung zu den Parteien Einfluß haben. Neigt Gras Eaprivi und neigt vielleicht auch der neue preußische Ministerpräsident dabin, eventuell aus TranSactioneu mit dem Eentrum sich citiznlassen, so haben beide Herren doch mit College» zu rechnen, tic solche Neigungen nicht ihcilcn unk, wie das Schicksal der Zcdlitz'sche» Swulvorlage zeigt, Einfluß genug bentzen, »in ihre Meinung zur Geltung zu bringen. S.ie Werken das Letztere um so leichter können, als der Kaiser gerechte Bedenken tragen muß, tic Miß stimmung, die er durch die Beseitigung deS Zcdlitz'sche» Ent wurfes zum Schweigen brachte, aufü Neue zu entfachen. Die Drohungen mit dem Centn»» werken und müssen nack dem Schicksal der Schulvorlage an der maßgebenden Stelle niindestcnS scbr peinlich berühren, denn sie stellen einen Gesinnungswechsel des Trägers der RcichSpolitik und der preußischen Politik in Aussicht und gebcrdcn sich, als ob sie über diesen Wechsel zu entscheiden bätte». DaS kann den Herren vcrhäiignißvoll werde». In der Cen- trumSpressc wird denn auch neuerdings, wie eine an anderer Stelle mitgelbcilte Anvlassung beweist, die Befürch tung laut, daß die Dinge anders kommen werden, als die sicgeSgewisseu Redner auf den Katbolikcntagen ankündiglen, und in den conservativen Kreisen könne »och gar mancher auö Rücksicht auf die Entschließungen in den leitenden Kreisen vor einem Bündniß mit dem Eentrum zurückschrecken. In Wien findet gegenwärtig wieder einmal ein Sk an dal» p roceß statt, bei dem hochgestellte Staatsbeamte auf der An klagebank sitzen. ES handelt sich hierbei, wie schon kurz er wähnt, um große Zoll- und Stcuerbetrügereien in der Bukowina. Der auf 14 Tage anberaumte Strafproceß wurde dem Wiener Gerichte zugcwiesen, weil, wie die Anklage auS- sührl, die Czcrnowitzcr Geschworenen nicht über den Verdacht crbabcn sind, daß sie Einssiisterungen zugänglich wären, die ein unbefangenes Urlbcil »»möglich machen würden. Es konnten weder alle Schuldigen ermittelt, noch alle vorgckommencn Betrügereien genau fcstgcncllt werden; zweifellos ist aber, daß der dem Staate zugesügtc Schaden sich auf mcbrere Millionen Gulden beläuft. Anzcklagt sind 22 Personen, tbcils Finanz- und Zollbeamte, darunter der gewesene Bn- kewiner Finanzdircclvr Hofrath Trycicuicki, thcilS Bukewiner Gcschäskslcnte. Di: Anklageschrift schildert ausführlich die unerhörte Schmuggel-, Betrugs- und Bestcchuiigswirtbschast, die seit mcbr als einem Jahrzehnte in der Bukowina herrschte. Der Urheber der ganzen »polnischen Wirtb- schafl" in der Bukowina war der genannte Hosralb, der wie ein Pascha gcwirtlsschaftct, Beamte und Publicum gcbrandschatzt und ein unbeschreiblich anstößiges Leben geführt hat. Der „große Krach", wie die Anklage besagt, kam erst wenige Tage nach dem Sturze tcS FinaiizministerS Tuna jewski zum Ausbruch. Während der Minislcrschaft Dnna- jewski ist die saubere Gesellschaft ganz unbehelligt geblieben. Die Vertbcidiger der Angeklagten kündigen überraschende Enthüllungen an. Sie behaupten, daß der Genannte nicht der eigentliche Urheber der Schanbwirlhschaft, sondern nur ein Werkzeug in der Hand eines Mächtigeren gewesen sei, der ihn beschützte. In Belgien hofft man noch immer, daß Frankreich in Bezug aus die Congv-Angelcgenheit gelindere Saiten auszichen werde und zeigt sich deshalb aus das Aengsllichstc bessisscn, selbst den Schein eines Verhaltens zu vermeiden, welches die Empsindlichleit der Franzosen wachruscn lönnte. Ans diesem Grunde sind die franzoscusreundlichen Politiker Brüssels momciilan scbr schlecht ans die »Times" z» sprechen, welche letzthin in ihrer Besprechung des Berichtes Capikain Lugard'S über die Kämpfe der Protestanten Zind Kathosiken in Uganda darauf gedrungen batte, daß Eng land schleunigst tic ibm im Vertrage mit Deutschland zuge- sprochcnc AelionSsphärc zwischen der Küste Lsiasnkaö und dem Alben Nyanza bczw. dem oberen Nillaus besetze, um annexioilistifchcn Gelüsten deS französischen ExpedilionSsührcrS de Brazza, sowie nicht minder auch des congolanischen Agenten Capikain Van Kerckbovcn zuvorznkomme». DaS Cilyblatt sprach sogar von einem zwischen dem Londoner Foreign Office »nt Belgien (soll beißen: Congoregicrung) schwebenden diesbezüglichen Schriftwechsel. Darauf regnet eö nun Dementis seitens der belgischen sranzojen- srcnndlicheii Presse. Vor allen Dingen wird bestritte», daß der Congvslaat Neigung bekunde, mit England zu irgend welchen EoopcralionZwecken in Vcrbiiidnng zu treten, denn das gäbe ja den Franzosen den schönsten Vor wand, noch rücksichtsloser gegen den Eongostaat auszu- tretcn als sie cS ohnehin schon thun. Ferner wird rund weg geleugnet, daß Herr de Brazza Absichten aus die Gegenden am oberen Nil liege, vielmehr wird betont, daß der genannte französische Colonial-Pionier nach der Ermordung seines Landsmannes de Poumeyrac sich die Verstärkung der französischen Grenzposten am Ubanghi habe angelegen sein lasse». Intcß liege kein einziger Schritt seinerseits vor, auö welchem man seine Absicht, gegen den Albert Nyanza zu opcriren, folgern könne, mithin habe Eng land absolut keinen Grund, sich wegen tc Brazza'S irgendwie zu beunruhigen. Ebensowenig, und noch weniger natürlich wegen analoger Gelüste des EonaostaateS. Der von der „Times" genannte Eapitain Van Kcrckhoven halte sich bei seinen Bewegungen streng innerhalb der Grenzen des CougostaateS, und letzterer habe gerade mit sich selbst genug zu thun, um in einem angeblich drohenden cnglisch- sranzösifcheu GcbietSstrcit nicht Partei gegen Frankreich zu ergreifen. Die Verlegenheit und Hilflosigkeit der belgischen Franzosensreundc kommt in diesen Dementis zu vollendetem Ausdruck. Sie fühlen, daß ibr Prestige in den Augen der belgischen Bevölkerung unwiederbringlich dahinschwinkct und greife» in ihrer Berwirrung zu den fadenscheinigsten AuS- kilsSmitteln. Da sic solchermaßen aber Nieinailben schäbigen, als sich selbst und etwa ihre Pariser Gönner, so bleibt die öffentliche Meinung Belgiens ihren Declamationc» gegenüber sehr theilnahmlos und überläßt es ihnen ganz allein, sich den Kopf der Franzosen wegen teö ccntral-asrikanischen Problems zu zerbrechen. Wir sind bis jetzt noch nicht einer Prcßstimme begegnet, welche ihre besondere Freude an der armseligen Weise ge babt Kälte, wie das große deutsche Reich bei der C olum - buSfeicr in Genna, im Areopag der dort versammelten Kriegsflotten der Welt, vertreten ist. Eine einzige Krcuzcr- eorvcltc, die »Prinzeß Wilhelm", bekundet das Vorhandensein der deutschen Kriegsmarine, für die bekanntlich der deutsche Reichstag eine erkleckliche Zahl von Millionen hcwilligl bal Wie es gekommen ist, daß wir uns in der Rcpräscntalio» der politischen Stellung in Genua selbst von viel kleineren Staalen haben überflügeln lassen. darüber entbehren wir vor der Hand einer autheiilischcil Austlärung in der amtlichen oder ossiciöscn Presse. In Genua sind im Ganze» 15 Länder mit 45 Kriegsschiffe» vertreten. Italien hat selbstverständlich die grösste Anzabl (15 Kriegs schiffe) hingcschictt. Dann kommen Frankreich und Examen mil je fünf Schissen, England mit vier, Oesterreich mit drei, die Vereinigte» Staaten, die Argentinische Republik, Rumänien und Mexiko mit je zwei Schiffen. Je rin Schiff haben Deutschland, Griechenland, Holland, Portugal, Japan und Monaco. Wir erscheinen also mit Monaco in einer Reibe und selbst Länder wie Argentinien und Rumänien sind u»S voraus. Allgemein wird die große Liebenswürdigkeit bervor- gchobeii, mit der die Engländer den Besuch ihrer Schiffe gestatten; die steilen Treppen sind von unten mit Tüchern verkleidet, um auch de» Damen schicklichen Besuch zu ermög lichen. Die englischen Schiffe wimmeln denn auch den ganzen Tag von Hunderten und Tausenden von Besuchern, Ossiciere und Eadcllcn sind unermüdlich, jenen Alle« zu erklären; man wird auch in die rcscrvirtc» Räume gcsührt, und eS sticht taS von dem kaltliöslichcn Kurzangcbundenscin auf deulschen Schiffen woblthuend ab. Auch die Oesterreicher, deren Flotte mit einem Geschwader von drei Schlachtschiffen glänzend ver trete» ist. sind von einer bestrickenden Liebenswürdigkeit. Derlei gebört in Genua auch zu jenen Imponderabilien, die Manchem unwichtig erscheinen mögen, aber doch ihr« Trag weite haben. Neuerdings hat Gladstone eine Ansprache an den liberalen Verein von Earnovan erlassen, welche von stolzen Hoffnungen erfüllt ist. Gladstone sagte: Ec freue sich, das, Wales, so beschäftigt eS auch mit seine» eigenen Bedürsnissc» und Ansvrderungcn sei, in der 'Adresse nicht vergessen habe, ein freundliches Wort für Irland elnzulegen. Hoffent lich wurde künslighin ei» Theil der Bevölkerung für den andern mit derselbe» Herzlichkeit als für sich selbst wirken. Die Irische Frage sei unter den öffentlichen TageSsragen die grüßte und dringlichste; die irische Sache sei durch die Er innerung an vergangene Zeilen und an daS dem irischen Volke zuge- fügte Ia»gsäl»ige fürchterliche Unrecht geheiligt worden. WaS die in der Adresse beansprnchleE »lstaa t l 1 chu » g derw allisi sche »K1 rch « betreffe, so sei allerdings der Punct erreicht worden, wo die Her stellung strenger religiöser Gleichheit voriheiihasl für die Interessen aller Elassen und Evnsessivnen wie für die Eintracht des Landes sein würde, stein Theil des Landes habe sich während der jüngsten Wahle» so ausgezeichnet wie Wales: die liberale Partei werde dies nicht vergessen, und obwohl die Erwartungen nicht zu hoch ge spannt werden müßte», würden die von Wales gestellten Ansorde- rungc» trotz der Dringlichkeit der irischen Homerule- Frage schon in der nächsten ParlamcntStaguna ge- bührend« Berücksichtigung finden. Stürmisch» Beifall folgte der Rede Gladstone'-. Die braven Walliser werden nicht erwarte», daß ihre Forderungen bereits m der nächsten ParlamentStagunz Er füllung finden werde», wie c» Gladstone in seinem redlichen Willen in Aussicht gestellt hat, da die Schwierigkeiten der Hvmerulc-Fragc so gewaltige sind, daß für andere gesetz geberische Arbeit das englische Unterhaus nicht genügende Zeit erübrigen dürfte. Jedenfalls beweist die Rede Glad- stone'S, daß auch während der gegenwärtigen ParlamentSferien die irische Frage unausgesetzt das neue Cabinel beschäftigt. Welche zcrfabrencn Zustände in den südamcrikanischen Republiken herrschen, das haben neuerdings wieder die Mel dungen über den Eonflict zwischen dem Dictator von Venezuela und den in La Guayra seßhafte» Ver treter» der auswärtigen Mächte dargethan. Die Hoffnung, daß mit dem Sturze deS Präsidenten Anducza Palacio der Bürgerkrieg zu Ende sein werde, hat sich als eine trügerische erwiesen, und man kann sogar behaupten, daß die politischen und wirtbsckaftlichen Verhältnisse von Venezuela heute noch schlimmere sind als zu der Zeit, da Iw. Palacio daö Land verlassen mußte. General Crespo scheint noch immer vor den Tborc» von Caracas zu stehen, wo jetzt der Dictator Mendoza au Stelle deS abgcsetztcn VillcgaS die Herrschaft auSübt. DaS sind aber nicht die einzigen Rivalen, welche um den Besitz der Macht mit einander ringen. Noch vor Kurzem lag MonagaS in Barcelona aus der Lauer, um eine Entscheidung nach der einen oder der anderen Seite für sich auSzubeutcn, und iu den westlichen Staate» hatte ein Anhänger Giizman BlancoS, der tapfere und Fsuilletoii. Das höchste Gut. 6s Roman vou A. von GerSdorff. NachtrliS verbolen. (Fortsetzung.) „Na, ich denke^aber,' ein Kloster, da können die Leute nie raus, und da ist Spiel und Tanz zu Ende?" »Ach, so ein Kloster war daö nicht, PcterS. RanS konnte sie schon, und zwar alle Sonntage, da subr sie mit einer Freundin, einer Grafentochtor, nach Paris! Za, »ach Paris! Und da hätte sie viel gelernt bei den Eltern von der, erzählte sie nämlich dem Alten sehr vergnügt. Die Freundin, waS die Grafentochter war, habe sich schon verlobt, und sie bade die Toiletten mit besorgen helfen, denn die alten GrafcnS hätten gesagt, sie habe grade den allcrfeinstcn Geschmack, wie eine geborene Pariserin!" „Na, und der Senator?" „Der zog die Stirn hoch und schüttelte ernsthaft mit dem Kopfe. Das war Alles nicht nach seinem Sinn." „Glaub'S schon, Hoppke." „Und nach Tische legte sie den Arm um seinen Hals und zog ihn so mit sich. Aber er machte sich loS von dem wilden Ding und sah sie ernst an. Da faßte sie sich doch ein bischen zusammen." „Na ja, Hoppke, das ist schon richtig, fürs Haus da paßt sie nicht, aber am Ende, sie ist jung, und jedem Thierchen gönnt man doch sein Plaisirckcn." „Ja, WaS sind daS für Plaisircben! Am andern Morgen, PeterS, sah ich sic mit diesen meinen eigenen Augen in einem Weißen Spitzenklride auf dem glatten braunen Treppen geländer herunterrutscken, und gestern stand sie mit zwei ,-carbcntöpfen in der alten Halle und malte der Marmor- frau auf dem Treppenansatz bunte Streifen an, und die blaue und rotbe Farbe tropfte immer auf den Fußboden. Und ihre Stuben I Na, da sieht'S aut aus. Lauter rosa »nd weißt Larven» und e< riecht nach Pariser Gerüchen schon vor der Thür, daß man nicht vorbei kann, ohne sich wild umzusehen. Du lieber Gott! Daö sollte die selige Senatorin erlebt baben!" „Siebt sie der ähnlich, Hoppke?" „Nicht die Spur." „Also dem Alten?" „Auch nicht. Ganz fremdländ'sch, PeterS, ganz. PeterS, wenn ich nicht fürchte» müßte, daß Sic mich für über- geschnappt Hallen, würde ich sagen: Sie hat ein Unheils- gesicht." „Hm — — solche gicbt'S, armes Ding!" „Na, ob!" Und Hoppke trank mit tiefem Seufzer sein Bier aus. PeterS schenkte ibm ein ganz anßcrgewöbnlichcS zweites Tülpchen ein »nd sagte dabei gewichtig: »Hoppke, wenn Sic fertig sind, will ich Ihnen meine Meinung sagen." »Noch eine Kleinigkeit — von oben", sagte Hoppke mit grimmigem Lächeln. »AlS ich bierbcr ging, der Herr Senator schlief grade, da stand sie in unferni Hof, wo all' die Fenster 'rausscbn »nd am Gitter die Leute vorbeigchn —" „Kenn' ich ja, Hoppke." »Da stand sie neben dem Wasserthier und batte ein rosen- rotbeS Mullsäbiichcn an und einen rosenrotben Seidenschirm, groß wie ein Zeltdach, anfgespannt und auf dem Kopf 'n Veilchcnkran;, WaS n Hut sein sollte, wabrscbeinlich 'n Pariser, »nd lachte und knixte und plapperte mit dem bleichsüchtigen Dragoner-Lieutenant, den sich die bochnäsigcn Grafen« von drüben gezogen daben, und als ich rorbeiging, da lachte sic laut aus wahrscheinlich batte er 'n Witz gemacht, denn ba sst daS Einzige, was er gelernt baben soll." »Hm, also stand sie mit ibm neben dem Brunnen?" »Iawobl, tickt bei", brummte Hoppke. „Na. dann ist meine Meinung diese: Wenn einer mit einer am Brunnen siebt, dann stebt er auch bald mit ihr im Hausflur, und wenn er im Hausflur mit ibr steht, na, dann steht er auch bald mit ibr in der Stube —" Hoppke erbob sich entrüstet. „Aber nicht in der vom Senatorl" sagte er mit dem Nachdruck der Urberzeugnng. PeterS drückte die letzten Tropfen der Blechkannc in sein HciilelglaS. „Nach dem seiner Slube wird'S ihm Wohl nickl verlange»; er begnügt sich mit ihrer. WaS Mädclö sind, Hoppke — na auf daö Eapitcl will ich nicht kommen." „PeterS, bei Ihnen ist '»e Schraube loS. So ist daö bei uns denn doch nicht — bei allen Faxen und Unsinn und Firlefanz." Und -Hoppke zog sich beleidigt zurück mit dem peinlichen Gefühl, zu viel geschwatzt' zu haben und zu wenig verstanden worden zu sein. ' . " Ja, bei den PallaS-RothenIhurmS batte an jenem bcrr- licken Maimorzen die Fabnc rauschend »nd stolz in den blauen Lüften geflattert. Tie Herrschaften waren aus Berlin zuriickgekebrt und batten wieder in dem alten Hause Woh nung genommen. In vierzehn Tagen sollte ihnen der junge Graf, längst Licntenaiit bei den Gardcdragoncrn, hierher folgen, um einige UrlaubStagc bei den geliebten Eltern zu verbringen. Natürlich mußten diese voranScilcn. ES war unendlich viel zu tbun, ehe das alte, väterliche Nest für den Solin passend und behaglich wieder zurecht gemacht war. Ein Salon, ein Schlafzimmer, ein Toil.'ttenzimmcr mußten ohc» arrangirt werden, und alles irgend dazu Paffende wurde den unteren Wobnräumen »nd den Privaträumen deS malt widerstrebende» Grafen entrissen. Sogar die Vorhänge im ehelichen Schlaf- gemach von schöner, rother Seite wurden cnlleknt und einst weilen Eretonnegardincn genommen. DaS kostbar gemalte Waschscrvice des Grafen wurde ibm unter den Händen weg in das Toilettcnzimmer seine« Sohnes getragen. »Denn, mein guter Ludwig, wenn ein erwachsener Mann sich im Eltcrnbaiifc behaglich süblen soll, muß man, wenn man klug ist, Alle« thun, ibm seine vier Wände geschmackvoll einzurichten. besonder« wenn Jemand so vcrwöbnt, von so seinem Empfinden ist, wie unser Ibeucrster Svbn", sagte die Gräfin, als der Gemahl etwas grollend ob der Beraubung in die Tbitr der oberen Gemächer trat Die Gräfin saß auf dem Divan, mit dem Staubwedel in höchsteigner Hand, um einen Moment zu ruhen. Aber daß sie kampfbereit war, konnte der Graf unschwc, bemerken. „Wenn Du nnr eins dieser vielen Fenster schließen wolltest, meine liebe Luise, der Zug ist so furchtbar, daß man sich den Rheumatismus über den ganzen Körper holt." „Ich habe auch ein Gefühl für das, WaS Du Zug nennst, liebster Mann; frische Lust aber muß in den Räumen sein, die unser Sohn bewohnt, das haben die Acrzte aus drücklich betont." »Schön, schön. Aber einen Moment mußt Du erlauben," und er schloß beinahe heftig die wcitgcöffncten Fenster in dem kleinen, weibisch vollen Salon, den der junge Officier be wohnen sollte. Tie Gräfin sab ihm sprachlos zu und lchulc sich, die Augen schließend, plötzlich zurück. »Was ist geschehen? Du hast eine Nachricht! Du ver birgst mir etwas! Ludwig, tödte mich nicht." „Hör' mal, liebe Frau, laß die KomLdic beiseite und höre zwei vernünftige Worte an. Ich babc keine Nachricht, und ich verberge Dir nickt« und ich will Dich nicht tobten, aber —" Ein bittres Lächeln zuckte um die zusammeugcprcßten Lippen der Gräfin. „O, wirklich nicht?" „Nein. Ich will Dir eben nur zwei Worte sagen: Wenn Du nicht Alles thust, was in Deinen Kräften steht, uni Deine» Solin —" „Meinen Cohn! O, natürlich." „Zu einem weniger fürstlichen Lebenswandel zu bewegen, ja, wenn's irgend möglich ist, ihm klar zu machen, daß er angcnebmer in einem Liniciircaiment lebe» könnte — dann sind wir über ei» oder zwei Jahre am sogenannten Ende» um ein häßliches, spießbürgerliches Wort nicht auSzusprcchcn, taS boffeinlich »ic m den Mauern des Grafen PallaS Rotbcn» tburm genannt werden wird, wenn Ihr, Du und Dein Sohn, Euch entschließt, der Vernunft Gehör zu gehen." „Der Vernunft? Da» bist Du Wohl!" „Du bist gereizt, meine beste Luise, und hast gar keinen Grund dazu, denn ich wollte Dich nur darauf aufmerksam machen, daß die 80 000 Mark nicht gearbeitet haben, sonder» auf sehr mäßigen Zinsen gelegen haben, und daß r«. da»
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