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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.09.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920920024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892092002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892092002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-09
- Tag1892-09-20
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Die Presse deS Centruins bringt allerdings keine geradezu zur Revolution anreizenden Artikel, aber sie macht wenigstens kein Hehl daraus, daß sie trotz ihrer angeblichen Fürsorge für Thron und Altar und trotz ihrcö Trachtens nach einer innigen Verbindung mit den Conservaliven parlamen tarisches Regiment im Reiche und den Einzclstaaleu eingesübrl scheu möchte. Za, sie gebildet sich sogar so, als ob der BundeSrath bereits abgcschafft wäre und der König von Preußen und die übrigen deutschen Fürsten in ihren Ländern zu willenlosen Vollstreckern des souverainen Willens der parlamentarischen Mehrheiten herabgesunkcii wären. So schreibt z. B. die „Germania" in chrer AbonnementS- eialadung: „Ihre höchste und folgenschwerste Bebenlung aber wird die Session erhalten durch die Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern christlicher und wahrhaft konservativer Idee» und den vereinigten Anhängern des liberalen Antichristenlhuuis. Ta werden «ümpse in der parlamentarischen Arena sich abspicle», welche die tieistc» Tiefen unseres politischen Lebens in Ausregung bringen, die Scheidung der Geister weilerjiihre», die Parteien gruppircn, dem Curs des Staatsjchisses Richtung und Ziel geben." Nach dem leitenden Blatte de« CenIrumS hat also der König von Preußen trotz seines „i'ogw >o>uutrw supiema lex'' auf den Curö des preußischen Ltaatsschisseö ebensowenig einen Einfluß wie auf den Curs deS ReichSschisseS. Die Vertreter „christlicher und wahrhaft konservativer Ideen" haben Ziel und Richtung zu bestimmen ulld werden nöthigenfalis ihren Willen turchzusctzeil wissen. Daher auch wohl die Neigung der Ultramontanen. mit der Demokratie die Fühlung nicht zu verlieren »nd ibnen aus Kosten der Natioiiallibcralen zu parlamentarischen Mandaten zu verbelsen. Die Rechnung ist freilich ohne den Wirth gemacht. Die Conservativen neuesten Datums werden sich allerdings gegen den Versuch nicht wehre», dem BundeSratbe und den cinzelstaallichen Re gierungen „wahrhaft conservative" Vormünder zu bestellen, aber die deutschen Fürsten sind jedenfalls nicht gewillt, sich ihrer Rechte zu Gunsten der Herren Grast Ballestrem, I>r. Lieber, von Hammerstei» und Stöcker zu entäußern. (?S ist gar zu voreilig und sehr undiplomatisch, daß die „Germania" die innersten Herzenswünsche und Ziele ihrer Parteigenossen so offen auöptaudert. DaS Verhalten der Socialdemokratie gegen über der Cboleragesahr ist für das Wesen dieser Partei so überaus bezeichnend, daß eö die allgemeine Beachtung herausfordert. Man ist von der Methode, wie die social- demokratische Agitation jede nur immer sich bietende Gelegen heit zur Verhetzung anSzubeuten sucht, schon viel gewohnt, eine so häßliche Fructisicirung des schwersten Unglücks aber, wie sie in der socialdemokratischen Presse im gegenwärtigen Augenblicke unternommen wird, bat man noch nickt gesehen. Der HercinLruch der Cholera soll der großen Masse der ärmeren Bevölkerung als der Bankbruch der bestehenden Gesellschaftsordnung nicht nur, sondern auch als die nothwcndige Folge derselben dargestellt werden. Nicht allem, daß man für die harte Heimsuchung Hamburgs ausschließlich die dortige „Bourgeoisie" verantwortlich macht, man weiß auch bereits im voraus, daß eS an anderen Orten nicht besser sein würde. Natürlich! warum sollte auch die „Bourgeoisie" ein Interesse an energischen Vor- beugungSmaßregeln haben? Handelt es sich doch um eine Krankheit der „kleinen Leute"! Mit derartigen Betrach tungen sucht man überall das Mißtrauen und den Haß gegen die bestehenden Zustände zu schüren, und ei» Berliner Stadtverordneter bat sogar das Mittel ge sunden, das Mißtrauen systematijch auszubilden. Aus diese Weise glaubt man eines Erfolges unter allen Umständen sicher sein zu können. Entweder die Cholera bricht mit Macht herein, — alsdann sind die Gcinütber entsprechend vorbereitet für die der socialdcmokratischen Propaganda dienliche Auffassung des Unglücks, oder die Cholera bleibt fern, — alsdann verdanken die Masse» ihre Rettung der Wachsamkeit der socialdemokratischcn Führer, durch deren rücksichtslose Mahnrufe gezwungen, dic„Bourgeoisie" noch rechtzeitig wirksame Abwehr geschaffen bat. In Wahr heit giebt es kaum ein Gebiet der öffentlichen Thätigkeit, auf welchem die bürgerliche Gesellschaft der socialdemokratischcn Anregungen weniger bedurft bättc, als dasjenige der Gesund heitspflege. Die Fortschritte, welche hier Staat und Gemeinden an der Hand der großen wissenschaftlichen Entdeckungen der letzten Jahrzehnte vollzogen haben, gehören zu den werth- vollsten Errungenschaften der modernen Cullnr; eS ist aber nicht bekannt geworden, daß irgend eine der dabei in Frage kommende» Einrichtungen oder der erwäbnlen Entdeckungen anS der geistigen Werkstatt der Socialdcmckraiic bcrvor- gcgangen wäre. Staat und Gemeinde allein freilich können der Aufgabe nicht genügen, und was die Thätigkcil der Privaten auf dem Gebiete der Hygicinc anlangt, so ist zuzugeben, daß dieselbe noch Vieles nach- zuholen bat. Aber gerade bier bat die Sccialdcmo- kralic mit ibrer grundsätzlichen Sckmäbiing der Arbciter- woblsahrtSeinrichtungen stets mebr hemniend als fördernd gewirkt. Vollauf mit Reckt macken sich die „Jungen" darüber lustig, daß die „Fractioiiclleii" sich jetzt mit Vor schlägen brüsten, die sie selbst ehedem als elende Palliativ- mitlelchcn verlachten. Die eckte Socialdemokratic darf gegen die Cholera nur ein Heilmittel kennen: die sofortige Zer trümmerung der bestehenden und die Errichtung der social- demokratischen Gesellschaft, welche ebenso, wie sie nach Bebel das Wetter regulirt, alle Seuchen radical scrnbalten wird. ES ist aber stark zu bezweifeln, raß die socialremokratischcn Apostel mit diesen, Evangelium bei den unter dem uiiinittcl- baren Eindrücke des großen Sterbens stehenden Massen viel Erfolg haben würden. In Oesterreich gelangen die Nationalitätenkämpfe nicht zur Nube und bald kommen in dem einen, bald in dem anrer» Kronland die Reibereien zwischen den verschiedenen Rassen zum AuSbruch. Es kann das auch nicht verwundern bei der Verhätschelung, welche dem Czechcnthum und dem Slawenthum auf Kosten der Deutschen seitens der Negierung ' u Tbeil wird. Neuerdings war wieder der steicrm(ir ische Landtag der Schauplatz dieser politischen Kämpfe. Vor der Vertagung des Landtages kam eine von säinmlliche» deutschen Abgeordneten dieser LandcSvertrctung unterfertigte Interpellation zur Verlesung, in welcher unter An führung der in letzter Zeit vorgekomnieiien Begünstigungen der Slowenen im Süden SteiermarkS auf die Beuu- rubigung verwiesen wurde, welche das Vordringen des slo wenischen Elementes i» der deutschen Bevölkerung des Landes hervorruft. Die Interpellanten betonen nach drllcklich, daß an diesem llcberflntben des slowenische» Elementes in Südsteiermark das bewußte Eingreifen der Regierung znni großen Tbeilc Schuld trage. Sic verlange» vom Statthalter, daß er gegen dieses Vergeben beim 'Mi nisterium Vorstellung erbebe »nd aus Aobilsc dringe. Der Statthalter verschob die Beantwortung dieser Interpellation bis zum Wiederzusammeiitritte des Landtages; aber indem er die Interpellation als „nickt ohne Voreingenommenheit verfaßt" bezeichnet«:, ließ er erkennen, daß die Antwort znm mindestens nickt in allen Punkten befriedigend für die Inter pellantcn auSfallen dürfte. Tie Klagen über die Begünsti gungen der slowenischen Propaganda durch die Regierung bilden schon lange den Gegenstand berechtigter Beschwerden der Vertreter der Steiermark. Dieselben waren auch Gegenstand cingebcndcr Erörterungen zwischen den Führern der deutsch liberale» Partei und dem Grafen Taasse vor Schluß der ReichSrathssession. In diesen Tagen bat bekanntlich Präsident Carnot in PoitierS eine große Rede vom Stapel gelassen, in welcher er den sehr vernünsligcn Gedanken aussprach, daß die fran zösische Republik die Aufgabe bade, an der Erhaltung dcö europäischen Friedens mitzuwirkc». Ilm so merk würdiger und drastischer erscheint die Thatsache, daß Herr Carnot sich jetzt von einem sranzösischcn General belehren lassen muß, baß er sich ans dem Holzwege befinde. General Fay vom II. ArmeccorpS, der die Altersgrenze erreicht bat, verabschiedet sich von seinen Truppen mit einem Tages befehl, in welchem cö beißt: „Es war eurem General nicht vergönnt, mit so gut vorbereitete» Truppen zu marschircn, um die AuStilgung der Schmerzen zu versuche», die seit zweiiindzwanzig Jahren auf unserem thcuren Frankreich lasten. Ihr seid jung und werket diese Freude, diese große Ehre baden. Meine Wünsche werten euch begleite» und, wie ich hoffe, auch meine An strengungen , wenn das Alter sie nicht unnütz gemacht bat. Ich verlasse euch mit dieser Hoffnung und beschwöre euch, dieselbe nie a»s;iigcben. Der Erfolg kann euch nickt fehle», wenn ihr bleibt, was ihr beule seid" u. s. w. Hier wird also in einem amtliche» mililairischc» Schriftstück ganz esse» der Wunsch und die Hoffnung ausgesprochen, daß eS zum Revanchckricg gegen Dcutschlank koiiime »nd dieser siegreich für Frankreich auSfallen werde. Die Franzosen brauche» sich nickt zu beschweren, wen» inan ihnen stets n»r mit Miß traue» begegnet und alle Vorkehrungen trifft, um ihren Rache gelüsten die Spitze zu biete». Zu den vielen von srauzösischen »nd russischen Blättern über die Festlichkeiten in G e» u a verbreitete» Unwahrheiten gekört die Behauptung, daß man in Wien über die Freund lichkeite», die zwischen Italienern und Franzosen anSgetauschl worden, verstimmt sei. Ein aus -Men Ouctlcn schöpfendes Organ, die ,.Berl. Polit. Nackr.", kan» versichern, daß diese Ausstreuungen vielleicht aus Wünschen, keineswegs aber auf Tbatsachcn beruhe». Man verfolgt »nt denselben in der russischen und srauzösischen Presse den doppelten Zweck, einerseits Mißtrauen zu säen und andererseits die Bedeutung des Flotten Rendezvous aufzu- bauschen. Beide Bemühungen baden sich jedoch als erfolglos exstviesen. Man hätte in Wien nichts dagegen cinzuwenkc», wenn fick die sraiizösisch-ikalieiüschcn Beziehungen wirklich bessern würde», und würde hierüber nichts weniger als verstimmt sein. In den französischen Kreisen weiß man aber n»r z» gut, daß man die Bedeutung »nd die Wirkungen der in Genna ausgetauschten Frcnndlichkeitcn nickt all;» hoch taxirc» dürfe. Seitens der italienischen Presse wird Frankreich hierüber nicht im Zweifel gelassen. Man freut sich zwar in Rom darüber, daß sich für Italic» und Frankreich die Gelegenheit dargeboleu, gegenseitig frcnndlichc Ge sinnungen zum Ansdruck zu bringen, allem daß sich hieran irgend welche polnische ober bandclSpolitische Eonscgnciize» knüpfen werde», wird i» der italienische» Presse sehr bezweifelt. Wir haben bereits darauf hingewiesc», daß das Cabinct Gladstonc mit der Aushebung des irische» ZwangS- gesetz es ein hohes Maß von Verantwortlichkeit aus sich genommen hat. Unter der Herrschaft dieses Gesetzes war eS der früheren Negierung gelungen, Rübe und Vertrauen in Irland wieder berzusielieii, de» vielen Verbrechen daselbst Einhalt z» thun, »nd cs muß bei dem zur Gcwalttbätigkeit geneigten Charakter der Ire» als ei» gewagtes Experiment bezeichnet werden, die Schranken niederzureißen, weiche that- säcklich einen guten Erfolg herbeigcsübrt bade» Durch die Aushebung des ZwangsgcsetzcS w«rd übrigens Gladstone'S Homerulc die Probe lange vorder zu bestehen haben, elc daS Parlament eine Homeriilc Bill gcnclimizt, wen» cö je dazu kommt. In dieser Beziehung schreibt der Londoner Eorrespondent der „Birmingham Post": „Bekanntlich ist es die Absicht der Parnellile», der Regierung alle mög lichen Schwicrigkeilcii zu bereiten. Der Ersolg des erste» Experiments John Morlch'S wird daber allerseits mit Span nung erwartet werden. Gemäßigte Liberale sind sich nicht so ganz sicher, daß daü Ergebnis; der weblwellenten Absicht entspricht. Ein Anhänger Glatstone'S, der mit ihm durch Dick und Dünn gebt, äußerte letzter Tage: „Die Hoffnungen Morley'S werden erfüllt werden, wenn die Antiparnellitcii die Oberhand bebalte». Dann wird der Winter in Irland ruhig verlausen und die VersöbiiimgSpolilik, welche wir seit Jahren in unsere» Reden gepredigt haben, ihren ersten Erfolg anscheinend zu verzeichnen haben. Ich kann mir aber nicht verhehlen, daß wir ein furchtbare» Risico laufen. Die zahleiigemäße Stärke der parncllitischcn parlamentarischen Partei ist nicht groß »nb mit Ausnahme von Cläre und Dublin und einigen Thcilcn von Galway, RoScommon, Cork und Waterford ist der ParnelliSniuS todt. Die eben angegebenen Districtc aber müssen in Rechnung gezogen werben und waS sich dort ereignen mag, ist sck'wcr vorausznsagcn. Sollten die Vergehen wieder Vorkommen, welche die Verbreckenacte zu Verbindern suchte, so können sehr uubeitvollc Verwickelungen entstehen und sicher würde die Aussicht auf Gciichmigung einer Homerulebill dadurch in ernstliche Gefahr geratbcn." Im Allgemeinen freilich sind die Liberalen ziemlich hoffnungsvoll. Sie glauben, das; eS den Ankiparncllilen gelingt, die parncllitische» Elemente >m Schack zu kalten. Bezeichnend aber bleibt eö immerhin, daß der oben citirtc hervorragende liberale Abgeordnete nicht ohne Besorgnis; ist, daß Alles gut abgcht. An dem tragischen Ende der Expedition Hodister ist »ach de» neuesten, aus dem Congostaalc nach Brüssel gelangte,i Berichte» kann, mein zu zweifeln. Als Hodister am 8. Mai de» Posten am Lomami verließ, um nach Riba- - Ri da zu gebe», war Alles ruhig. Am t5. kam er in die Nähe seines Reiseziels, wo er fand, daß die Zugänge der Stadt von Maiiycmasclavcn besetzt waren, welche den verschiedenen dort ansässigen Händlern gebürten. Vergebens suchte Hodister sich mit diesen Leute», deren fanatische Wildheit sie allen Vorstellungen unzugänglich machte, zu verständige». Er schritt endlich ganz allein gegen sie vor, indem er versicherte, daß er in freundschaftlicher Absicht komme. Flintenschüsse streckten ihn todt zu Bode» und seine Gesährlcn theilten sein LooS. Man schnitt den Ermordeten nachträglich die Köpfe ab, ebenso ihren Pferden und Maulesel». Erst als die Köpfe der Weißen im Triumph durch die Straßen der Stadt getragen wurden, erkannte der Häuptling Nscrcra das Haupt seines Freundes Hodister darnntcr, ein Fall, der alle Araber jener Gegend i» tiefste Bestürzung versetzte. Hiernach wäre also Hodister gleichsam a»S Irrihuin erschlagen worben. Was aber kein Irrthum ist, das ist der Arabcraufstand in den Gegenden am oberen Congolaiif. Seine Beweggründe sind rein materieller Natur »nd entspringen dcni Cviicurrcnziicide der arabischen Händler, welche bis zur Organisirung der europäische» Expeditionen paö Monopol der Ausbeulung der Neger batte» und von der neue» Ordnung der Dinge im Congostaalc ihre» eigenen wirthschaftlichcn und socialen Ruin befürchten. Deutsches Reich. tzts Berlin, >9. Seplciiiber. I» der rfficiösen „Politischen Correspondcnz" wird unsere Miltbcilung bestätigt, daß die Militairvorlage dein Reichstage erst nach Neujahr zugebcn soll. Vorder wird sich der Reichstag mit dem Etat beschäftigen. Es ist jedoch ein arger Irrlhiim, wenn ange nommen wird, daß das Rcicksbudget bis zum >5. Iannar fertig gestellt sei» könne. Der Reichstag, das gilt als sicher, soll erst zcbii bis zwölf Tage nack dem Landtag einberufen werde», also erst in der zwcilc» Halste des November; er würde dcmnach nach Abzug der Weihnachtsferien bis Mille Januar etwa vier Arbeitswoche» haben, wo von eine auf die Constiluirnng, Wahl der Commissionen und die erste Lesung des ElatS entfiele. Der gcsammte Militairetat, FeniHetoii. Vas höchste Gut. N) Roman von A. von GerSdorsf. Nridirmk vcrboini. (Fortsetzung.) Fünfzehntes Capitel. Wochen sind vergangen. Es ist vollständig Winter ge worden. Ein häßlicher, eisiger Nebel hängt in der Luft, klebt sich nässend wie Regen an alle Gegenstände, an die hastig ihren Geschäften iiachgcbeiidcn Mensche», die ihm gern rascher enteilt wären, wenn nicht die erste» unangenehmen Spuren von beginnendem Glatteis sich unter den Füßen bemerkbar gemacht hätten. Man konnte schließlich keine drei Schritte weit seben, und in de» Straßen der großen Seestadt flog manch fürchtendes Wort von Mund zu Mund über mögliche Zusammenstöße der Schiffe aus der See Tenn daß der Nebel von der See kam, versicherten die allen Dbeerjacken draußen am Hafen. Tie Raaen »nd Spieren der Schisse, auch hin »nd wieder eine wie todt niederbängende Farben- siagge tauchten geisterhaft, ordentlich rumpflvS in dem Nebcl- meer schwimmend auf, und daS dumpfe Heulen der Nebel hörner tönte ebenso gespensterbaft aus weiter Ferne herüber. Ja, eS war ein häßliche- Weiter. Aber trotzdem hatte Herr Hoppke sich nach dem Tbee aufgemacht und sich mit Unterdrückung seines moralischen Zartgefühls wegen der „Person" zum Lcichcnbesorger be geben. Er war wochenlag nicht dort gewesen, denn erstens batte er eben nickt- zu sagen gehabt, »»d zweiten- batte man ibn geradezu kalt behandelt, und PeterS war beleidigend schlechter Laune gewesen. Indessen batte Herr Hoppke unter andern praktischen Eigenschaften auch die. sich persönlicher Beleidigungen nicht mebr zu erinnern, wenn eS seinen Vorlbeil betraf. Be stand auch dieser Vortbeil nur darin, sich a»Szusprecheu, er staunte Augen zu sehe», kurz, daS wonnige Gefühl, der Pole einer Schreckensnachricht zu sein. „Ich kann einmal nicht baffen!" sagte er wehmiiibig, schlug den Kragen seines warmen Rockes boch und „schlid derte" aus dem beginnenden Glatteis, innerlich schimpscnd und fluchend über „den endlosen Weg nach dem Hunteloch in der Hafengasse", zu seinem widerspenstig gewordenen Freunde PeterS. „Nanu, Hoppke! Ick» dachte eigentlich, Sie nur noch ein mal wicdcrzuseben, und zwar in einer etwas steifen Erschei nung, und ick hätte mir dann die Müht nehmen müsse», zu Ihnen zu kommen." „PeterS, lassen Cie das vergessen sein. Sie waren eben damals schlechter Laune, aber so etwas muß ein anständiger Mensch nicht zum Vorwand nehmen." „Laß man sein, Hanne. Der Herr Silberdicncr ziebt sich schon allein a»S", sagte der Leichenbesorger zu seiner Tocklcr. die Len Holzlöffel im Äochtops aus dem Herde stecken ließ, um Hoppke den Mantel alzunchmen. „Aber das riecht gut aus Ihrem Topf da, Mamsell", meinte Hoppke gnädig. „Na. wenn Sie mithalten wollen, Herr Hoppke! Uns soll'S nickt d'rans aiikoinmcn", spöttelte PeterS, olmc fick von seine», Platz am Tisch zu rühren, wo er schon wartend mit kein Lössel vor dem grope» Zinnteller saß, „'s ist was Feines! Und die Hanne vcrsteht'S Kochen! Graupen und Pflaumen und Speck". „Alle Achtung, PeterS! DaS Geschäft scheint gut zu gehen", sagte Hoppke, Platz nebmcnd. „Ja — danke. Tie Leichen Wersen s setzt ab, und die Hanne spart mir viel." Hoppke räusperte sich und nippte an der Tulpe Bier, die ibm PeterS aus dem Maßkruge inzwischen eiiigesckenkt hatte ..'( > Hanne, Kind! Du willst dock wohl nicht da am Herde mit Deinem Schiissclcoc» sitzen bleiben?" sagte PeterS erstaunt zu seiner Tochter, „Tu hälft doch den Herrn Hopple nicht etwa für eine» SckasSkopf?" Sic batte den beite» Männern alles Notlüge und die große, danipscnkc Schüssel auf das saubere Tischtuch gestellt unk zog fick scheu wicter in die Hcrbecke zurück. Hopple »ühllc sib ickr geschmeichelt tiirck kiese Angst nnt Scl'ücl icrnl-cit vor sciuer Hobe» Person und zog böslich rcn dritten Scycmel bcra». Sic sctzle sich, aber eS war ein verwilderter, scheuer, un günstiger Eindruck, den sic machte, obwohl sic frischer und woblcr aiiSsah, als je. Hopple fand den ruhelosen Blick ihrer große», schwarzen Augen entsetzlich zigeimerbast, ebenso die krause» schwarzen Haare, die sich um ihr dimttcs Gefickt lockten. „Na, Hoppke, lcS. Sie habe» was auf dem Herzen, sonst wären Sie bei dein Hundewetter nickt heransgcsticsclt." „Allerdings nickt! PeterS, bei uns gcbt'Swicdcr los! Sie kommt zurück, und toller als vorher, wie cs scheint! Ter Senator selbst steckt die rosenrotbcn Mullfahucn aus. und Sic solle» komme» unk Alle» frisch machen. Spitze». Schleifen und Bänder liegen m Hansen da, und ihre Stuben sollen auSseb'n wie 'ne Muschel — PeterS! Was dem Allen träumt, weiß ick, nickt — PeterS! Geräumt, gescheuert, gebürstet wird bei »»S Tag a»S, Tag ein, und ich — na PcierS, erschrecken Sie nickt — ick soll wahr und wahrhaftig 'u schwarze» Lcichenirack wie Tie kriegen, »lit schwarzen Schnüren aus der Schulter, wie n gefärbter Husar." Hopple hielt albemloS inuc. „Ja, wenn sie aus Amerika koinmt, Hopple —" „Nicht wabr?" „Ja, dann, glaub' ich selbst, baS giebt »icktS Solides mebr. Da sollen die Frauenzimmer ganz rabiat sein, siebt in meiner Zeitung. Ick backte eigentlich, sie solle sich da verbeiratben und käme gar nie wieder" Hopple konnte sich nur über den Erfolg seiner Mittbeilimg freuen, aber bcr Biedermann batte noch me.ir i» sn-tt». Er nahm einen Bissen von dem saftigen Speck und sagte dann feierlich, Messer und Gabel ausstntzciid: „ES ist auch neck gar nicht beschweren, daß sie je wieder- kemint." „WaS?" „Also der Dampser sollte vor acht Tage» schon an- tominc» Ist aber nickt angekoinnien, »nd die Gnädige uxtüilick auch nickt. Ist an»' lerne Nackrm'I da von dein Schiss. NicklS, rein gar nick?,', llnd der Nelel soll 'ckoii lange, ebe er bier z» »ns tam, d.ins:e:i ant rei» Wa-.r gelegcn haben, und tcr Eoniniis von lem Tlnolwaaren.age: von van der Neesen s, der bat mir beule Mittag erzäett, derselbe Dampfer, mit dem sie kommen soll, sei init Mann und Ma».> nntergegangcn. „Heiliger Gott! Ervarmc Dich ihrer!" Es war Hanne, die den Schrei ansgestoßen balle. Auch PeterS halte die Eßmstruineiitc bingclegt »nd sah verstört und fast blaß i» des heitere Gefickt seines GasleS. In diesem Moment ging draußen die Flnrthür, und schwere Schritte stanslen über den lleinen Vox raum. Peters stand ans. „Na, jetzt waS für" Geschäft?" sagle er dumpf. Nein, es war »ickls fürs Geschäft. WcnigstcuS nicht direct. Es war tcr Briefträger. Ganz erstarrt blickle PeterS ans daS zierliche weiße Ding in seiner rolhcn Faust, als der Postbote schon wieder eiligst verschwunden war. Aber bier stand'S schwarz ans weiß: „Herrn Leichcnbcsorger I. PclcrS Hamburg, .Hafengasse Nr. l.st." Man kann sich denken, mit welch' brennender Ncugier Hoppke dem Vorgang srlgtc. Natürlich musste er uingehend Näheres erfahren. Aber er täuschte sich. -Herr Peters nalnn höchst »»gastlich die Lampe vom Tisch, ließ den geehrte» Gast iiiit seiner Tochter de.in Herdfeucr sitze» und zog sich mit dein sonderbaren, bekritzelten Gegen stand feierlichst in die gute Stube zurück Tort sctzie er sich »»tcr den Myncttlraii; der Seligen »nd öffnete mit Vorsicht und Langsamkeit den ersten Brief seines Lebens. „Lieber, guter Herr PclerS! AIS ich noch ein junges, bossiiimgsvolles Geschöpf war, sagten Sie mi: einmal, daß, wen» ich je in Noll, wäre »nd H-lte und Beistand brauchte, ick nur zu Ihnen komme» sollte, »ud Sic wären minier für mich da Ick habe immer a» ries Wort geglaubt und daraus vertraut, llnd ick komme jetzt zu Ihnen, de»» ick kann nirgends anders wobi» gebe» auf dieser Welt mit der Last meiner Soraen. Am I. Dcceiii' er lande ich »nt dem Dampser es". T e Tlimde ist nubesistnmbar. Ick konmie gleich > Gmen. Niemand darf es abnen, denn für Andere koiiime i ö c.st a - t Tag: später »nt der „-.'liiiiida". So lange muß
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