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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940123023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894012302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894012302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-01
- Tag1894-01-23
- Monat1894-01
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S42 * Berlin. 22. Januar. Der bekannte Zedlitz'schc Er laß bezüglich de- ReligionSu a terrichl« ter tie BelkS- schule besuchenden Dissidentenkinder ist heute wiederum Gegenstand der Prüsnng vor dem Strafsenat des Kammer- acrichlS gewesen. Der Wäschcreibcsitzer Qu. und seine Ehe frau, von denen elfterer ans der Landeskirche auSgeschicden, letztere bereits als Tissidentin geboren ist, waren mit Straf- bcschlcn unter der Beschuldigung belegt worden, zu Un recht die in ihrem Haushalt befindliche, schulpflichtige Frida W von dem Religionsunterricht in der Volksschule an be- stimmten Tagen fcrngebalten zu haben. Es stand fest, daß sie für einen nach behördlichem Ermessen ausreichenden ander weitigen Religionsunterricht deü Kindes nicht gesorgt hatten. Sic trugen gegen die Strafbefehle aus richterliche Entscheidung an und legten, als sie in der Berufungsinstanz von der Strafkammer zu EberSwaldc verurtbeilt wurden, Revision ein. Das Kammergericht hielt an seiner Ansfassung fest, daß der bezeichncte Erlaß nicht gegen da« geltende Recht verstoßt. Es gelangte aber zur Freisprechung des Angeklagten Qu. an« folgenden Erwägungen: Die Verordnung des Ober- Präsidenten der Provinz Brandenburg vom >2. Juli 1879 macht die Eltern be;w. deren gesetzliche Vertreter für den Schulbesuch schulpflichtiger Kinder verantwortlich. Damit kan» der Angeklagte Qu. nicht in Anspruch genommen werben. DaS betreffende Kind stammt aus der ersten, gerichtlich ge schiedenen Ehe der Angeklagten. Ei» Stiefvater ist an sich für den Schulbesuch seines StieskindeS, mit dem er i» keiner Weise verwandt ist, nicht verantwortlich. Es erscheint auch belanglos, daß ter Angeklagte zum Pfleger seines Stief kindes bestellt ist: dadurch wird er nicht gesetzlicher Vertreter des Vater« desselben. (Post.) * Berit», 23. Januar. Nach den Zusammenstellungen des ReichS -VersicherungSamteS betrug am l.Januar l891 die Zahl der seit dem Inkrafttreten des Invalidität« und Aller«- vcrsicherungSgcsetzkS erhobenen Ansprüche aus Bewilligung von Altersrente bei den 31 Versicherungsanstalten und den 9 vorhandenen Eaffeneinrichtungcn 29l 9«>V. Von diesen wurden 297 7:12 Renieuansprüche anerkannt und 18199 zuriickgewicse», 339.8 blieben unerledigt, während die übrigen .9919 Anträge aus andere Weise ihre Erledigung gesunden haben Von den erhobenen Ansprüchen entfallen auf Schlesien 39 <131. Ostpreußen 23 881, Brandenburg 29 089, Rheinprooin; >7 118, Hannover l.8 111, Sachsen Anhalt 18 123, Pose» 13 889, Schleswig Holstein 19 OOl, Westprenßcn 9998, Westfalen 99 l l, Pommern 8829, Hessen Nassau 8788 und Berlin 2981. Aus die 8 Versichcrunasanstalten des Königreichs Barmern kommen 29 212 Rentenausprüche, aus das Königreich wachse» 11 979, ans Württemberg 8999, Baden 1982, Großherzoglhum Hessen 1229, beide Mecklen burg 8171, die thüringischen Staaten 8193, Oldenburg 918, Braunschlveig >888. die Hansestädte l89», Elsaß-Lothringen 7888 und ans die 9 zugelafsciie» Eassencinrichtungen inSge- samnrt 3811. Die Zahl ter während desselben Zeitraums er hobenen Ansprüche auf Invalidenrente betrug bei den 3l Versicherungsanstalten und den 9 Easseireilirichlungcn iiiSgesamint 82 788. Von diese» wurden .»Z.8.V» Reiileu- ansprüche anerkannt und >'9 828 zurückgewiesen, 8293 bliebe» unerledigt, während die übrigen I0l2 Anträge ans andere Weise ihre Erledigung gesunden haben. Von de» geltend gemachte» Jnvaliden-Renrenanspriichen entfallen aus Schlesien 11176, Rhcinproviuz 9678, Ostpreußen 8828, Brandenburg 1171, Hannover 1329, Sachsen-Anhalt 3783, Wcstpreußen 3281, Westfale» 3017, Posen 2933, Pommern 2926, Hessen-Nassau 1879, Schleswig-Holstein 1291 und Berlin 1212. Aus die 8 Versicherungsanstalten des Königreichs Bayern kommen 9788 Jnvalidcn-RentenansprUchc, aus das Königreich Sachsen 3191, aus Württemberg 2283, Baden 2298, Großherrogtbur» Hessen l998, beite Mecklenburg 991. die thüringischen Staaten 1131, Oldenburg 227, Drauuschweig 86>, die .Hansestädte 182, Elsaß Lothringen 1893 und aus die 9 Eassencinrichtungen insgesamt»! 9932. Unter den Personen, die in den Genuß der Invalidenrente traten, be finden sich 1391, die bereits vorher eine Altersrente bezogen. — Der Kaiser gab beute Morgen 7>/, Uhr de» nach München zurückrciscnden bayerische» Herrschaften das Geleit zur Bahn, unternahm später init der Kaiserin eine Ausfahrt und Hörle dann die Vorträge der EhesS des Geheimen Eivil- cabinclö und des MarinerabmctS. — SlaatSminister Graf Herbert Bismarck war zur Feier des Krönung-- und OrdenSsestc« geladen, zum ersten Male seit dem Jahre 1899. Gras BiSmarck erschien, der „A. Z." zufolge, nicht in der Uniform eines preußischen Staat-Ministers sonvcrn in der Parade-Uniform eines «labs- osficier« de« l Garde-Dragoncr-Regiinenis, bei dem er ä I» «nito geführt wird. Nach der „N.-L. C " ist die „anSzeich- nende Behandlung-, die ibm seitens mehrerer Mitglieder der kaiserlichen Familie zu Thcil wurde, viel bemerkt worden. — Die Zahl der bei dem Orden-feste verliehenen Orden und Ehrenzclcheu war geringer als in den beiden Vorjahren. ES wurden >732 Auszeichnungen verliehen gegen 1891 im Jahre 1893 und 1711 im Jahre >892. — Die „Nordd Allg Ztg." schreibt ossieiöS: „Die von einem hiesigen Malte gebrachte Nachricht, der Staats- secretair v. Stephan habe dem AbqtorLiielea v. Massow das Gerücht von dem Tode des Königs Milo» niltgethellt, entbehrt, wie ivir von authentischer Seite erfahren, jeder Begründung," — An Stelle de« Abg. I>r. Hammacher ist vorläufig Abg. vr. Friedberg in die Steuercommtssion de- Reichstags eingetrelen. — Ter Abg. vr. v Bennigsen ist t» .Hannover au einem Bronchial-Katarrh erkrankt und muß La« Bett hüten. — Zu der Kritik, dir Frhr. v. Schorlrmer, der west fälische Bauernköuig, im Herrenbause au den Anschauungen der ostdeutsche» Agrarier übte, bemerken dir .Hamb. Nachr", sie verdiene ,.Anerkennung und Beachtung". Danach ist eS klar, daß man in FriedrichSruh hinsichtlich der lanb- wirthschaftlichcn Ta^eSfragen nicht auf dem Boden der „Kreuzzeitung" steht. — Tie städtischen Behörden von Berlin werden Kaisers Geburtstag in hergebrachter Weise begehen. Mittag« I Uhr wird auf der Galerie de« RathhauseS eine Musikaussiihiuiig, Nachmittags 3 Ubr ein Festmahl der stäbti- chen Körperschaften im Fcstsaal des RathhauseS statlsindcn. Sänimtliche städtische AmISsteUen werden um l Uhr Nach mittags geschlossen. — Jur Verminderung der FeuerSgesahr in den von der Eisenbahn durchzogenen Wälder» hat die Eisenbahnverwaltung neben der Anlegung sogenannter Feuergräben ein« zweit» Autage in Aussicht genommen, die benimmt ist, eiwaige, durch Funke» au« der Locomvtive enlslandene Waldbrände aus möglichst kleine Flächen zu beschränken. Die zweiten Gräben solle» neben den bisherigen Fellergraben in «iner Lntsrrnung von 99—üö w und 8 w breit an gelegt werden. — Die Nachrichten von der Verwaltung der preußischen StaatS-Bergwerke, -Hütten und -Salinen im Jabre 1892/93 sinv im Abgeordnetenhaus« erschienen. Der seit längerer Zeit auf den meisten Zweigen der Erwerb-Ibätig- ktir des In- und Auslandes lastende Druck hat sich >892 93 noch verstärkt. Die Bergwerks- und Hiitten-Indnstrie ins besondere batte bei ungenügender Nachträge unter fortgesetzt sinkenden Marktpreisen zu leiden. Dieser allgemein un günstigen Lage entsprechend, ist da« Gesammtergebniß des staatlichen Bergwerks-, Hütten- und SaliuenbctriebeS hinter der ohnehin schon mäßigen Annahme deS Etat- erheblich zurückgeblieben. Für Rechnung deS Staat« standen im Betriebe 1892/93 17. 1891/92 46. 1896,91 16 Bergwerke, in allen drei EtatSjahren je >2 Hüllen, je 6 Salinen, 8 Sleinzewiiinungen, zusammen 79 bez. 69 bez. 69 Werke. — Wie der «N -Z." ein Berichterstatter meldet, wird in anar chisti schen Kre isen das Berschwinden de« EinbcrnferS der ArbcitSiosen-Bersammlnng, Rodrian, folgendermaßen erklärt: Bereit« vordem l8. Januar waren zu wiederholten Malen Eriminalbcamte in der Wohnung de- R., Ebanssec- straße 3, erschienen, angeblich »m ibn zu verhaften. N., der davon Wind bekommen, gab die polizeiliche Anmeldung für die AkbcilSlosen-Versammlung einem seiner Freunde, dem Uhrmacher WiakowSky, während er selbst da« Weite gesucht haben soll. Al« W. an jenem Morgen gegen 19 Ubr nach der Brauerei Friedrichsbai» kam, wurde ihm der Einlaß zum Local infolge der Absperrung verweigert. Nun habe der Uhrmacher sich als der Einberufer legiiimirt und soll als der vermeintliche Rodrian verhaftet worden sein! DaS Gerücht vo» der Verhaftung drang in den Saat und bat den Mctatldrcher Litsin bewogen, die bekannte Mittheilung zu machen. — Eine große, vo» 2999 Theilnehmern besuchte Ver sammlung sämmtlichcr Krankencassen > Mitglieder Berlin« und der Umgegend fand am Sonntag Vormittag in den „EoucorLiasälen" behufs Beschlußsassnug über dir Centra- lisation sämmtlicher Ort-krankencassen Berlin- und der Umgegend statt. Da» Resultat der einaeheiiden Ver bandlunge» war die Einsetzung einer Eom Mission, welche statistisches Material sammeln und daraufhin einer neu ein zuberufenden Versammlung Vorschläge machen soll. — In der gestrigen Versammlung der Arbeitslosen im Eiskeller wurde der anarchistische Führer vr. G ump lowicz verhaftet, und zwar in dem Augenblick, wo er die Worte sprach: .Der Staat sei nicht« weiter als eine organisirte Räuberbande." In Folge dieser Verhaftung entstand im Saal ei» großer Tumult; den Anstrengungen deS Bureaus gelang c« jedoch, nach einigen Minuten die Ruhe wieder hcrznstcllen. Eine s o c i a lde m o kr a ti sch e Organisation der LchlSchtergeselle» und „Mamsells" wurde in einer ösfeiil- licken Versammlung am Sonntag Nachmittag begründet. Im Jahre 1899 fing man an, die sociatdemokratischcii Ideen unter de» Schlächtergesrllcn Berlin» zu verbleiten, aber der damals begründete Fachverein konnte sich niemals zu irgeud einer Bedeutung erheben und litt dauernd an Mitgliedermangcl. In der von etwa 200 Per- tonen brsnchtrii gestrige» Versammlung war Las weibliche Geschlecht nur ichwach vertreten. Die neue Organisation neiint sich „Verein zur Wahrung der Interesse» der Schlächtergeselle» und Mamsells". * Posen, 22. Januar. Die A »sie blungSco in Mission kaufte das Rittergut Lstrowieczno für 278 000 .L * Arn-borg, 20. Januar. Die diesige Regierung hat eine daS Wahl-bezw. BeseynngSrecht rer Lehrerstcllc» regelnde Verordnung an die KrciSschnliiispcctore» erlassen, die in die bisherige» Rechte der Schulvorstände lies einsckuieidet. Wenn den Schulvorständen auch gewöhnlich bei Besetzung er ledigter oder neu gegründeter Stellen gestattet worden sei, tie stellen auszuschreiben und darnach der königl. Regierung Vorschläge zu machen, so dürfe daraus ein Wakl- oder Bor» chlagSrecht für die Schulvorstände nicht hergeleitet werken Vielmehr verbleibe das Besetzung-recht der Schulaufsichts behörde und eS könne eine Beichränkung desselben unter keinen Umständen gestattet werden. Die Schulvorstände werden angewiesen, bei Erledigung von Stellen oder Grün dung neuer sich der Ausschrtibuiig und der Einreichung von Vorschlägen zu enthalten, sofern nicht die Aufsichtsbehörde dazu die Erlaubniß gegeben babe In letzterem Falle sollen in erster Linie die iin Bezirk beschäftigten Lehrpersonen berücksichtigt werden. BiSber wählten die Schulvorstände die anzustellcuden Lehrer selbst; bie AussichlSbehörde machte nur von dem Rechte der Bestätigung Gebrauch. — Man ersieht au« derartigen „Verordnungen", waS aus dem „Verwaltungs wege" ohne Weiteres durchgesetzt werden kann. * WtcSbaöm, 22. Ja»»ar. Wie Professor Sch weni nger, der gestern hier cintraf, miltheille, sind die kürzlich wieder ausgetretenen Gerüchte über ein ungünstiges Befinden de- Fürsten BiSmarck durchaus unbegründet. Schwrninger sagt, da« Befinden deS Fürsten sei ausgezeichnet. * Ltnttgnrt, 22. Januar. Auf der gestrigen zahlreich besuchten Parleiversammlung der Deutschen Partei erstattete Proscssor Hauber den Parteibericht. Rechtsanwalt Schall sprach über die Rcichspolilik und rechtfertigte tie Haltung der nationallideralen Partei. Bezüglich der neuen Rcichssteuern verlange die Deutsche Partei, daß die Ver mögenden sie zablen. Die Partei ist gegen die Wein-, OuittnngS- und Stempelsteuer, billigt dagegen die Börse», steuer und die Tabakfabrikalsteuer, letztere unter der Voraus setzung, daß eine Ve»tbeuer»»g der billige» Fabrikate »nb eine beträchtliche Einschränkiing der Fabrikation vermieden werde. Redner sprach sich für gemäßigte Schutzzölle au», will aber den russischen Handelsvertrag annehmen. Die Versammlung nahm eine Resolution der BertrauenSniäniierversaminlnug vom Octobcr. betreffend die Steuervorlage», an und lehnte die Frachtbrief- und QnittnngSstcner ab. Redacteur Stock- niayer reserirte über die Handelspolitik, woraus Resolutionen für da« Gesetz betrefsenv die Entlaßbarkeit der OrlS- vorstcber, sowie für die Abschaffung der LebenSlänglichkeit angenommen wurden. Schließlich berieth man einen Antrag der Deutsche» Partei in Heilbronn, übermittelt von Professor Knapp, der unter lebhafter Zustimmung hervor- hob, wie d emüthigend die Vorgänge bei dem Regierungs wechsel in Sachsen Coburg-Gotha und ihre Belprcckmng im englischen Unterbaust für daS deutsche Gefühl gewesen sind. Gerade die Deutsche Partei habe da« Recht und die Pflicht, sich darüber zu äußern. Unter großem Beifall wurde svlgenre Resolution einstimmig angenommen: „Die LandeSverlammlniig der Deutschen Partei vom 21. Januar 1894 erklärt, die Zugehörigkeit eine« regierenden dentlchen Fürste» zu einem fremden StaatSverband für unverein- bar mit dem deutschen Nationalgesühl und ersucht Ihre RetchSiagSabgeordn »ten, geeignete Schritte zu lhun, damit durch ein« entsprechende Best mmnng der Rei chSverfassn» g eine solch« Doppelstellung unmöglich gemacht werde." Oesterreich-Ungar»,. "IV. Dlcn, 23 Januar. (Pi ivat-Telegramm.) Die „Neue Freie Presse" erhielt auS Troppan die Bestätigung der Meldung, daß Freiherr von Seyfried und Gemabli» Port anscheinend zu dauerndem Aufenthalte eingetrssfen sind. * Post, 22. Januar. Zwischen dem Vicepräsidenten de- Abgeordnetenhauses v. Perczel und dem Abgeordneten Graf dakiSlau» Szapary fand in Folge der jüngsten ParlamentS- rede Perczel'S ein Säbelduell statt, bei welchem beide Gegner leicht verwundet wurden. * Pest, 22. Januar. Die „Dndapester Correspondenz" meldet von bestinsormirter Seite an» Pari«: Der Minister- rath bat in der jüngsten Zeit wiederholt eingehend die Frage peS WeinzolleS in Oesterreich-Ungarn berathe» und vorläufig die Forderung ausgegeben, daß der er mäßigte Zoll für ilalieiiische Weine im Grenzverkebr auch auf Weine französischer Provenienz aus gedehnt werde, da die französische Negierung sich über« engt hat, daß Oesterreich-Ungarn absolut nicht in der Lage ei, diesbezügliche Concessivneu zu mache», und weil di« Retorsion« Maßregel» seiten» Frankreich« um so weniger z geboten seien, als Oesterreich Ungarn leicht als Gegenretorüon beispielsweise die Vereinbarung über den Schutz deS litera rischen EigenthumS kündigen könnte, wodurch den französische» Schriftsteller» und Künstlern ein nach Millionen zu zahlender Schaden erwachse. * Pest, 22. Januar. Dir Affaire Perczel-Esterhazy istsricdlichau-getragen worden. — Eine große Wähler- Versammlung in Fiume votirte einstimmig dem aus ter liberalen Partei getretenen Grafen Batthyany ihr Miß trauen. * Prag. 22. Januar. Jn> Onikadinaproccß batte sich beute der Angeklagte, Handluiigslebrliiig Serek, auch wegen eine« Bücherdiebstabls bei seinem Dieustbcrrn zu ver antworten. Er behauptet, die Bücher wären ibm als Kalle kingelegt worden. Ans die Bemerkung des Präsidenten, daß er nicht in die Falle gerathen wäre, wenn er die Bücher liege» gelassen hätte, erwidert Serek in schreiendem Ton«: .Hätten Sl«. Herr Vorsitzender, die Bücher dort liegen ge- srbe», Sie hatten sie auch milgrnouime» kl)." Der Angeklagte wird sofort zu «8 Stunden Di«c,plioar- arrest verurtbeilt. Der 18jährige Zimmermaler Sia reue, der Nacht« dabei abgefaßt wurde, w»r er die kaiserlichen Adler an Briefkästen besudelte, behauptet, er sei be- rauscht und der Meinung gewesen, daß er al« Zimmer- maler eine Wand a»streichet!). Andere Angeklagte nehmen Alles zurück, waS sie beim Verbör durch die Polizei auSgesagt batten. Die Proteste der Berthe diger gegen tie angebliche Gesundbeitsschädlichkeit de« Saale- weiden von Lein ObcrlandeSgerichte zurückgewiesen. Frankreich. * Parts, 23. Januar. (Telegramm.) Wie verkantet, will der Marineuiinister Admiral Lesöbvre seine Demis- io» geben ivege» der bevorstehenden Un tersu chuna über die Verprovi anlirung der großen Seehäfen Frank reichs. — Der Marineminister telegraphirte an die Ver waltung deS Touloner HafenS, daß säinmtliche Arbeiter der Marine sofort, ohne Rücksicht, zu entlassen seien, die sich zu anarchistische» Idee» bekenne». Weder langjährige Dienste, noch die trokende Nvthlage sollen die Entscheidung der Behörden beeinflusse». Belgien« * Brüssel, 23. Januar. (Telegramm.) Die in deutschen Blättern verbreitete Nachricht, daß die freie Universität geschlossen worden sei, entbehrt jeder Begründung. Italien. * Rom, 22. Januar. Die „Niforma" erklärt LaS Gerücht, daß der Miiiisterpräsikent Crispi die Artikel der „Times" über Jntriguen Nudini'S gegen den Dreibund inspirirt habe, für unbegründet. * „Daily Ebronicle" versichert, daß der Papst auf die Anerbietung vcrsck,irdener Regierungen bezüglich feiner eventuellen Abreise aus Rom geantwortet habe, er werde den Batican nur dann verlassen, wen» zwischen Italien »nd irgend einer europäischen Macht Krieg auS- bräche. Falls seine persönliche Sicherheit im Vatikan gefährdet sc», wurde, würde er nach Spanien übersiedelu und im EScurial residireu. * Rom, 23. Januar. (Telegramm.) Nach Blätter- meldungen au« Pisa ist unter den Bäckergesellen und Kutschern ein Streik anSgebrochen. Die Cavallerie wurde mit einem Steinhagel empfangen. Dieselbe zer streute die Ausammluiigen und verbaltete vier Personen. Die industriellen Etablissements und Kaufläden sind geschlossen. * Rom, 23. Januar. (Telegramm.) Der Präsect vo» Pisa telegraphirte, wie „Popvlo Romano" meldet, an daS Ministerium: Trotz der Abniahnuligen der Behörden beschloß die Gruppe der Unzufriedenen einen allgemeinen A uSsta n d »nd bedrohte die Arbeiter eine- ind ustriclleu Etablissements, welche infolge dessen die Arbeit cin- stellen mußten. Es gelang dreimal, die Denionstranten zu zerstreuen und Verbaltungen vvrznnebmen, ohne von de» Waffe» Gebrauch zu macken. DaS Ministerium ordnete den Abgang von Trnppenverstärkuiigen von Florenz nach Pisa an. * Rom. 23 Januar. (Telegramm.) Nach einer Meldung der „Agencia Stefani" auS Palermo richtete Gcneral Morra ei» Rundschreiben an die Präfecten von Sicilicn, mit der Anweisung bezüglich der Revision der Gemeindebudgets Darnach sollen vor Allem die obligatorischen AuSgab-n ans das absolut Notk- wendigste beschränkt, die facultativrn Ausgaben, die nicht i» den Bedürfnissen de« allgemeinen Interesse- liege», gestrichen und die conilnuiialen Struerlistcn geprüft werden. DaS Rundschreiben trifft auch Maßnahmen zur Verbesserung der Verhältnisse der Arbeiter im Ein- vernebmen mit den Capitalisten und Grundbesitzer». Orient. * Belgrad, 23. Januar. (Telegramm.) Die Führer der liberale» und der sortschrittlichen Partei haben sich über ci» CoalitionSministerinm mit Ausschluß der Radikalen geeinigt. Bereit« beschäftigen sich die Führer mit Ausstellung eines Programm-, und sobald über diese« eine Einigung erzielt ist, soll die CabinctSbildlinz erfolge». Wie verlautet, dürfte StaatSralh Nikolajewitsch die Bil- kling desselben übernehmen. Es werden Simitsck AenßcreS, Bladen Georgjewilsch Inneres, Andrö Nikolitsch Eoniuiunication, Pelrowitsch Finanzen, Nesitsch Bauten übernehmen. Tie Meldung, daß die Fortschrittler sich definitiv geweigert hätten, ins Cabinct einzntrelen, ist verfrüht. — Tie Ankunft der Königin Natalie erfolgt im Laufe des Tages. — Die vo» ter „Pol. Eorr." veröffentlichte Inhaltsangabe der Er klärung, welche Exkönig Milan fl» Namen deS Königs Alexander den Führern der radicalcn Partei, abgegeben hat, besagt de« Näheren, die radikale Partei babe seil der Erkrankung von Dokilsch das königliche NegierungSprogramm illusorisch Gelbe« und der Wertbpapicre »nd daS Alle- batte der joviale Mann, i» dessen Familie er so srebe Slnnden verlebt hatte, zu regieren, darüber gebot er »n»i»schrä»kl, ein Fekcrzug von ihm und er konnte Mensche» glücklich oder unglücklich machen. Und dieser Mann, von dein so viel abkina, ter so glücklich war. sollte sich eine« Mordes und einer Bra»dstjjt»ng schuldig gemacht haben. Er »»ißle wieder lächeln. Die Berlennidung war zu dumm Und al« »»» der iniige Mann ibn bat, in da» Privatcontor einzulrklen, da war sei» Entschluß wankend gemacht, sein Zweck vergesse». Er hätte nickt ei» Wort von der Geschichte über seine Lippen bringen können. Glücklicher weise Überbob ibn Trübe dieser Verlegenheit „Freut mich recht sehr, daß Sic mich einmal in »ieinein Wirkungskreise besuche», Herr Eckart," rief er diesem entgegen „WaS verschafft mir daS Vergnügen? Nicht wabr, ich batte gestern Abend Recht. Man hat Sic gar nicht bei dem Direktor vorgelaffe». Ich konnte eS mir denken. Es gilbt überall Schwierigkeiten zu überwinden, am größten sind sie aber doch bei der Büyne. Sic »»ißicn da« selbst wissen. Wer so vom Melier ist wie Eie, braucht nicht erst darnach zu sragen. Nu» ich veriprechr Jbne», ich werte mein Mögliche- lhun, und etwa« Einfluß habe ich ja auch bei dem Direktor." Eckart griff die Unterhaltung mit Freute» auf. Er süklte die absolute Unmöglichkeit, dem Mann von der An schuldigung, die Runge ernoden batte, etwa« zu sagen „Wenn Sie etwa« tdu» können, so bitte ich darum. Mein Empsang war beute Morgen nicht viel versprechend und Sie wisse», wa« A»cS von einer günstigen und baldigen Entscheidung sür mich abbängl" „Habe» Sie mit dem Ibeaterdirector selbst gesprochen?" .Nein, so weit bin ich gar nicht gekommen, man bat mir »ach langen Erörterungen da- Packet abgenvinmen und ich lebe schon, wie eS in der Kanzlei sich anschickl, einen langen Schlaf zu tbun." .Lassen Sie e« gut sein, ick, werde schon dafür sorgen, daß e« klirchgcseben wird Mcbr vermag ich nicht zu tbun, aber ich bin üde»zeugt, daß Ihre Arbeit gut i». und da« Gute muß sich Bahn brechen, man muß e« freilich erst berauS- lassen." Trübe wandte sich ab, eS sab einer Entlassung ähnlich In der Tb.it e»jch>e»en im Vorzimmer wieder eimgt Personen, um mit Trübe Rücksprache z» nebmen Eckart empsabl sich daher. Trübe lracbie ibn l>» an die abüre. Al« die Bank Mittag« schloß, machte per Bankdirector noch einen kleinen Umweg, um im Ihealerbureau vorzusprrchea. Sein Empfang daselbst war freilich ein anderer als der Eckarl'S. Der Schreiber sagte ibm dicnstbeflisse», daß der Herr Direktor in sliiicm Zimmer »nd ohne Zweifel sür ihn zu sprechen sei. Ueber da» Gesicht de« hagere» Buchhalters und Cassircrs flog ein sreundlicheS Lächeln — diSeonlirle die Bank Lock, im Sommer vor so manchem Gagentagr die Solawechsel dcS Direktor« — »nd mit ciner Beweglichkeit, die man dem steife» Allen sonst nickt zugetrant hätte, öffnete er selbst daS Privaizimmer. Der Tbeaterdircctor ging dem Bankdirector mit seinem süßeste» Lächeln entgegen und er kundigte sich nach Befinde» und nach der Ursache deS Besuches. „Eine kleine Gefälligkeit, um die ich Sie bitte." „Wenn ich Ihnen irgend wie dienen kan», mit dem größten Vergnügen." „Da Hai ein junger Mann heute früh da- Mamiscript zu einer Oper abgegeben, ich wollte Sie bitten, sich einmal die Arbeit anzusehen, ich glaube sie ist nicht schlecht. WaS ich daran« gebärt babe. hat mir sehr gut gefallen." .Ich habe zwar noch nichts erhalten, aber ich werde sofort »achsehcn lassen. Ei>lsck,»ldige» Sie mich eine» Augenblick." Der Theaterdirector ging hinan« und eS dauerte lange, lange, ehe er wieder hcreiiikain. Man Hörle ihn draußen sehr zornia reden und sogar schimpfen. E« verließ den tüchtigen aber etwa« cholerischen Mann manchmal die Ruhr. Endlich erschien er wieder mit dem Packet«. „DaS wäre beinahe nicht wieder zu finden gewesen", sagte er halb ärgerlich, kalb lachend. „Man hatte e« schon in die Riimvelkaniiner geworfen. Ich habe den Herren dafür tüchtig eingeheizt. Sie sind in einen« gewissen Grade zu entschuldigen. Wa« uns für Manuskripte zugrben, da« glauben Sie gar nickt. Man bat gar keine Zeit, sie zu lesen, vitlweniger sie einzustudiren Daher nehmen wir nur die Stücke, die irgendwo schon gefallen baden und führe» kiese aus, da« entspricht auch ganz dem Durchschnitt de« Ge schmack« unserer Besucher." Trübe kam diese Praxi« nicht besonder- förderlich für die neuere Literatur vor. allein er hatte keine Lust, fick auf ein längere- literarische- Gespräch einznlassen. Er sagte nur: .Dann tbut es mir reckt leid, wenn ich Sir mit dem Werke meine« jungen Freunde- belästige." Aber der Direktor versicherte, daß die« durchaus nicht der Fall sei »nd daß es ihm Frrude mache» werde, den, Herrn Baiikdirertor und dem Compoaistea die Annahme te« Wrrle- aazeigen zu können. Als Karl Trübe nach Hause kam, merkte er. daß etwa« vorgefallcn war. Da- Dienstmädchen öffnete ihm scheu die Tbiirc und nicht wie in ter letzte» Zeit kam ihm seine Frau mit ihrem sreundliche» Lächeln entgegen und reichte ihm die Stirne oder de» Mund z»n> Kusse dar. Trübe fragte da- Mädchen nicht. Er zog sich seinen bequemen HauSrock an und begab sich i» da- Zimmer, aber auch hier war Auguste nickt zu erblicken. Endlich kam sie mit ganz verweinten Augen herein und siel schluchzend in einen Lehnsessel. Bestürzt ging Karl ans sie zu. „Was ist Dir denn, liebe- Kind?" fragte er. „Laß mich, Karl!" „WaS soll da- heißen? Darum hast Du geweint-"' „O Gott, wie bin ich »»glücklich!" „WaS ist nur lo-? So antworte doch!" „Karl, Karl, warum hast Du mir daS nicht gesagt. Du warst die ganze Zeit Uber so beiter, so frob u»v ni»b>est dock um die Sache wissen und nun, nun ist doch alle- au-!" Trübe wurde ärgerlich. „Auguste, Du sprichst i» Räthseln. Sag nun endlich ein mal klipp und klar, wa- Passtrt ist." „Du konntest doch Juli»- das Geld zum Bau geben, dann wäre eS nicht so weit gekommen, dann Kälte die Lina ihre giftige Zunge gewahrt und wir wären nicht »ach einem arbeitsamen Leben dem Hohn und Spott der große» Menge preisgegeben." Trübe horchte ans. C- war gewiß, daß seine Schwägerin dagewesen war und seiner Frau irgend etwa« erzählt hatte ^Liiia war in der höchsten Aufregung; da- Geld ist bei Juliu» durchan- alle, ganz alle, nick»- ist mehr vorbanden »nd die Gläubiger dränge» ihn so sehr, daß er heute noch Eoncurl anmelte» wird. Lina schiebt da« Alle« auf Dick. Du wüßtest doch, wa- für «in Wevtd in seinen Häusern stecke und doch hättest Du ibm den Bankkredit abgeschiiilteo und bättrst neulich, vor rin paar Wochen, eine» so schlimme» Brief unterschrieben, der kalt jede n eitere Unterstützung ver sage, daß sie eigentlich schon damal» bankerott gewesen seien. Sie babe »och erspartes Geld gedabt, mit dem Hab« Julius weiter gebaut, dann Hab« sie da- Silberzeug und ibren Schmuck, den ihr Julius vor ein paar Jabre» geschenkt bat, versetzt, da« sei ^u Ende. Nun könne sie nicht mebr. Ein gewisser Hager dränge sie jetzt um Rückgabe von Dar- letzen, ru»ge Zimmerarbeiten müßten gemacht «erden, die sojort zu bezahlen seien, rin Wechsel sei heute fällig gewesen, kurz der Bankcrolt sei da. Du seiest an Allem Schuld . . ." „Ich - schuld . . .?' „Ich habe ihr de» Vorwurf verwiesen. Da wurde sic böse. Sie kam aus de» Brand zu spreche», sie erwäluite Dich immer mehr, bis sie schließlich geradezu sagte, Du hättest so viel Interesse an dem Brand gebabt, daß der Staats anwalt Dick i» Untersuchung ziehe» werde. Daraufhin babe ich ibr die Thürk gewiesen. Ach, sie schimpfte und skandalirte schrecklich" „Weiter nickt-?" „Weiler nichts? Ist da- noch nicht geling? Ta» Weib wird der ganzen Stadl genau DaS errählen, wa» eS mir gesagt bat, »ind die Stadt wird eS glauben, weil sie un- beneidet „nd wir, wir ... nach zwanzigjähriger Arbeit stehen wir wieder vereinsamt da!" „Beruhige Dick, liebe Frau, da- wird nicht sein. Auf da- Geschwätz diese» giftige» WcibcS wird man nicht« gebe», man wird e« böcksten« auStachcn, indessen scheint c- doch, als ob Destpbal Recht hätte, wenn er von ciner Hetze gegen mich spricht." „Also, es ist etwa«, Karl, sag« mir e»!" Angstvoll sah ibm Auguste in die Augen. „Es ist nicht schlimm, man scheint mit meiner Tbätig- keil in der Gemeinte nickt zusri den zu sein, und auch die Zügel, die jetzt die Bank, hauptsächlich aus Kühne'- Betreiben, etwa- fester angezvge» hat, scheine» gewissen Kreisen sehr un angenehm zu sein. Da- ist so der Laus ter Welt. ES wird mich aber durchan- nicht beirren Ich werde mein Mandat so auSüben, wir ich eS vor mir selbst verantworte» kan», und werde di« Bank gegen Ansprüche schütze», die nicht dem Ge werbe, sondern der Spekiilatior. zugute kommen. Aber was eS mit meinem Bruder aus sich hat, da- ist mir doch räthsel- dast. Ick babe ibm keine» Brief geschiieben, au- dem er eine Abschneidnlig de« Credit- ersehen könnte, im Gegentheil, ich bade mich gewundert, daß er in der letzten Zeit die Bank so wenig benutzt und sich dem Hager in die Arme geworfen hat. Es muß also liier ein Mißrezstäudiiiß ob walten, da« ich heute Nachmittag gleich klären werde. Und wa- den Brand anbetiisst," fügte er lächelnd Hinz», n»d drückte einen Kuh ans die Stirn seiner Frau, „da« glanbst Du wobt nicht, da, über brauche» wir Wohl nicht zu spreche»". „Nein, Karl, die Anschuldigung ist zu dumm. (Fortsetzung folgt.)
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