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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.02.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940222022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894022202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894022202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-02
- Tag1894-02-22
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Labellar,scher und Ziffernsatz nach höherem Tarn'. ssrtra-Veilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuag 60 —, mit Postbesörderung 70.—. Ännalimelchluk für Ämkiyea: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh ' ..0 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen >e ei« Halde Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Ehpevitio« zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^«86. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachuntz. Di« diesjährige ordentliche Generalvertauimlung der Reichsbank- antheilseigner (tz. 18 des Statuts der Neicbsdank vom 21. Mai I87b — Reichsgesekblatt Seite 203) wird hierdurch aus Freitag, de» S. März v. F., Bor mittag 11 Uhr berufen, um den Ver- waltungsbericht nebst der Bilanz und Gewinnderecbnung für das Zahl 1893 zu empfangen und die für den Cenlralausjchug nöthigcn Wahlen vorzunehmen. (A. 21 a. a. O.) Zur Theilnahme ist jeder männliche und versägungssäbige An- thestSeigner berechtigt, welcher durch eine ipülcslenS am Tag« vor der Generalveriammlung im Archiv der Rcichsbank. Jägerstratze Nr. 34 36 hierselbst, während der Geschästsslunden abzuhebeude Be- icheinigung nachweist, daß und mit wie vielen Amheilen er in Le» Stammbüchern der Reichsbank al» Eigner eingetragen ist. Die Versammlung findet im Reichsbankgebaudc, Jägerstraße Nr. 34/36 Hierselbst, statt. Berlin, den 20. Februar 1894. Der Reichskanzler. Ju Vertretung v. Boetticher. Donnerstag c-en 22. Februar 1894. politische Tagesschau. * Leipzig. 22. Februar. In der Frage der Staffeltarife bat gestern im preußischen Abaeordnetenbause der Eisenbahnminister Thielen über die Haltung seiner Regierung eine recht ausweichende Erklärung abgegeben, au- der man nicht viel mehr erfährt, als daß zur Begutachtung erst der LandeScisenbahnrath einberusen werden soll. Auch wenn das in vierzehn Tagen geschehen wirb, kann der Ratbschlag dieser Körperschaft schwerlich die büreau- kralischen Instanzen durchlaufen haben, ehe das Schicksal LeS russischen Handelsvertrages entschieden ist. Der preußische LandeSeisenbabnrath ist überdies i» seiner Mehrbeil eine gänzlich ministerielle Versammlung und wird sich so aussprechen, wie der Minister eS wünscht. Sein Votum ist also ziemlich unnütz. Der Eisenbahnminister will eben der Entscheidung ausweicken Tie preußische Regierung spielt damit ein sehr gewagtes Spiel mit dem russischen Handelsvertrag. Ohne vollkommen bin denk« Zusagen für Aushebung dieser Tarife wäre da» Zu nandekommen des Handelsvertrages wieder auf« Stäikste gefährdet. Man lese nur die EentrumSpresse de« Westens und auch die „Germania"; sie erklären ziemlich entschieden: Ohne Aufhebung dieser Tarife kein Handelsvertrag, der auck noch das russische Getreide zum Schaden der deutschen Land wirtbschaft des Südens und Westens zu den billigsten Preisen in diese Gegenden treiben würde. Ohne Aushebung der Staffel tarife auch keine Ausbebung des Identitätsnachweises, die aber mal- die süd- und westdeutsche Landwirtbschasl schädigt. Es wird überdies von zuverlässiger Seile versichert, daß im Eent rum die Zahl der Gegner dcS russischen noch größer als die deS rumänischen Handelsvertrags sei, wo sich die Partei an nähernd in zwei gleiche Hälften spaltete. Die damaligen VerlragSsreunde gekörten aber überwiegend den westlichen Provinzen an, zu deren Festbaltung jetzt nicht das Geringste geschieht. Es kommen bier doch wichtigere Gesichtspunkte in Betracht, als geringfügige und zweifelhafte Interessen des preußischen EisrnbabnfiscuS. Auch in gutnaiionalen Blättern teS Westen- und Südens kann man eindringliche Warnungen deren, dirpreußische Regierung mögedie rücksichtslose Ausbeutung d«S formalen RechlS eine« Mächtigen gegen Schwächere nicht ans die Spitze treiben. Es könnien daraus Zustände ent stehen, die mit dem Wesen des Reichs unvereinbar sind und gefäbrliche Repressalien in dem RechlS- und VcrwallungS- gebiet bcnacktheiligter Bundesstaaten Hervorrufen könnten. Tie Staffeltarife waren für eine augenblickliche Nolblage cingeslUirt. Seitdem baden sie sich aber als eine künstliche Verschiebung der wirtbschaftlichen Vcrbältniffe zum Nachlbcil des Südens, Westens und auch Mitteldeutschland- erwiesen, die mit Billigkeit und Gerechtigkeit nicht mcbr zu vereinbaren ist. Aufrichtige Freunde des russische» Handelsvertrags können nur wünsche», daß vor der Entscheidung Uber den letzleren auch die Frage der Staffeltarife zur befriedigenden Lösung kommt. Wenn niedrere parlamentarische Körperschaften zu gleicher Zeit in Berlin lagen und die eine von ihnen aus eine hoch- bedeutsame Beratbung sich vorbereiten muß. so ist eS wobl begreiflich, daß bei einer Beratbung von minderer Bedeutung der Sitzungssaal einer Körperschaft einen nur mäßigen Be such aulweist. Daß aber der Reichstag gestern wieder einmal beschlußunfähig war, ist trvydcm um so weniger ver zeihlich, alS er fick mit den Anirägen auS dem Hause zu beschäftigen halte. Man sollte nieinen, daß die Reicks- tagSabaeorkneten gerade Iniiiativ-Anträgen auS ihrer Mitte mehr Interesse cnigcgenbrächlcn, um zu zeigen, daß sie e« mil Liesen Anträgen ernst meinen. Und gestern lagen Anträge der meisten Parteien dem Hause vor, nämlich zu einem Anträge der freisinnigen Vereinigung Abänderungs anträge der Socialdemokialen, der freisinnigen Vcllöpartei und der Conservalive». Außerdem stand noch ein Antrag deS CentrumS zur ersten Beratbung. Dazu kommt noch, tag eS von vornherein seststand, daß über den an erster Stelle auf der Tagesordnung siedenden Antrag Schroeter, betr. die Kündigungsfrist für Handlungsgehilfe», Abstimmungen würden vorgenommen werden müssen. All' diese Erwägungen aber hatten nicht einmal die Hälfte der Abgeordneten in den Sitzungssaal zu locken vermocht. Kann eS unter solchen Umständen der Reichstag dem BundcSratb verübeln, wenn er den Initiativanträgen auS dem Reichstage wenig Beachtung schenkt? Kann sich nicht vielmehr unter Hinweis auf derartige Vorkommnisse der BundeS- ralh aus die Erklärung zurückziebe», daß vom Reichs tage angenommene Initiativanträge thatsächlich nicht teil nicht durch Au-zäbtuug conffalirt worden ist? Bei kcm Volke aber wird ein Reichstag wenig Vertrauen erwecken, der mit seinen Anträgen „schreienden Mißslänten", „geschäft licher Sklaverei", und wie immer die schönen Ausdrücke lauten mögen, abbelfen will, aber bei der Abstimmung über solche Anträge nicht beschlußfähig ist und dadurch selbst ver hindert, daß die Anträge zum Gesetz erhoben werden. Der böhmische Omladinaproceß bat nach mehr als fünfwöchiger Verhandlung seinen Abschluß gefunden: die ?«> Angeklagten sind bis auf acht für schuldig desunven und die Rädelsführer mit schwerem Kerker bis zu acht Jahren verurtheilt worden. Hart ist die Sühne, die den zum Tbeil noch jugendlichen Omladinisten für ihre Uebeltbaten auserlegt wurde, allein zu Kart wirb sie kein unbefangener Beobachter der Vorgänge m Tschechien und insbesondere des Omlavina- processeS selbst zu finden vermögen, denn die Ausschreitungen der Verschwörer» welche in der Ermordung des Hand schubmacherS Rudolf Mrva gipfelten, können — das hat die BeweiSsübrung klar ergeben — nicht mebr aus „harmlose Wichtiglbuerei" und .,phantastische Verschwörerspielerci" un reifer Jünglinge zurückgesübrt werden, sondern baden sich als sehr ernst zu nehmende Aktionen einer polinsch-socialistisch anarchistischen Bewegung gekennzeichnet, als die Ausgeburt teS jungtschcchischcn anti österreichischen EbauviniSmuS. Harmlose, verführte, durch bloße Phantastereien aus 'Ab wege gerathcue junge Leute Kälten sich auch vor Gericht anders benommen, alS die Omladinisten, die sich durch idr schamlos beranssordernteS Verhallen Anspruch auf die Bo stichiiung Nihilisten erworben Kälten, wenn eS nicht eine Iiibllligleit gegen die russischen llmstürzter dieses Namens wäre, sie auf die gleiche Stufe mir de» Prager Scantalhelken zu stellen. So hart aber die nur allzu gerechtfertigten Strafen sind, die der AusnahmegerichtSdof den Omladinisten zuerkannt bat, so darf man leider doch nicht boffen, daß fie ernüchternd aus die tschechische Jugend, ja auch »ur auf ihre Ellern wirken werden. Der tschechische VolkS- körper ist so vollgesogen inst dem wildesten nationalen Fanatismus, daß eS noch ganz anderer Euren bedürfen wirb, ihn auch nur balbwegS gesunden zu machen. Unter der Taaffe'fchen Vcrsöhnungspolilik welche den Deutschen haß und die panslawistischen Triebe der Tichechen riesengroß gezogen bat, ist dem begabten und regsamen Volke alles Rechlsgefüdt ab'anbei, gekommen, und eS wird jahrelanger eiserner Zucht bedürfen, die von tollstem Größenwahn ver drehten Köpfe wieder zurechiz»setzen. Mil dem Ausnahme zustand und dem Omladinaproceß allein rst eS nicht gelhan. Die heilsame Wirkung, welche die jüngsten Bomben Attentate aus den öffentlichen Geist Frankreichs auS geübt haben, wird in einem Artikel der „Autor»«", der Paul de Cassagnac zum Verfasser bat. im Ganzen treffend gekennzeichnet. Nachdem der Direktor des bonapar- listifchcn Blattes daraus hingewiesen bat, daß die politische Oricnlirung der neugewäklken Kammer eine so klägliche war, daß derselben taS Eabiuel Tupuy zum Opfer siel, die Position LeS Ministeriums Casimir-Pericr wiederholt stark bedroht war und alle Welt dem SocialiSmuS zustruerte, fährt er dann folgendermaßen fort: „Alle Gesetze, alle Vorlagen zielen fest drei oder vier Jahre» lediglich daraus ab, dem „vierten Stand", dem Proletariat, eine wohnliche Statte zu herein». Dicics Proletariat munterte man unvorsichiig, Ihöricht, zum Nachlheile der Grundbesitzer, der Saus- tcute und insbeioiibere der fraazöjiichen Industrie aus. Man erinnert sich noch der Langmuid, mit der alle Streiks ertragen und begünstigt wurden. Ja noch mehr, Katholiken, Laien uud Priester wurden Sociatisten und standen nicht an, den Classentwß zu fchüie». Aufrichtige Coii'erv-itive, die noch vor Kurzein der Monarchie anhmgeu, beiheiligten sich an der revolutionären Be wegung, Gras de Mun, die AbbS» Garnier und Lemire und viele Andere. Bange mußie man sich tragen, von welch tollem Wirbel- wind Liese Leute sich halten erfassen lasten. Dann platzten die Bombe». Dadurch wurde dem Socialismu» plötzlich ein Hemmichul, angelegt. Tie republikanische Mo,oruär der Kammer ging plötzlich iiut Waffen und Gepäck zur Reaktion über. Die öffentliche Meinung ihrerseits verlangt drakonische Gesetze, und wir verargen e» ihr nicht. Die Bomben waren, ohne e» zu wollen, gute Rath- geberinnen: sie habe» den Verblendelsten und Hartnäckigsten die Augen geöffnet, die gesädrlichsten Illusionen unier naiven Locialiste» zerstreut. In zwanzig Tagen ist der Socialismus um zwanzig Jahre zurückgewicheu." Man kann diesen Ausführungen nur zustimmen, wenn man auch aus« Tiefste beklagen muß, daß die französische Gesellschaft cs soweit bat kommen lasten, daß Dvnaniilbvmbe» sie an die Umkehr mahnen mußten. WaS die Stimmung der Pariser Bevölkerung betrifft, so läßt sich ohne Ueberlreibung sage», daß man nach den beiden letzten Holelaitcntaien an- sängt, sich ernstlich zu beunrubigen. Dobin man kommt, so wird übereiiistimii end berichtet, Kört man von nichts Anderem reden. DaS ist um so merkwürdiger, als die Bombe im Eas« Terminus, die so viele Opfer forderte, nicht annäbernd eine solche Bewegung hervorries; aber diese verwegenen Attentate unmittelbar nach berubigenden Versicherungen der 88. Jahrgang. Regierung und nach den Massenvcrbastungen von Anarchisten erregen große Bestürzung, und die Erbitterung gegen England mit seinem Londoner Anarchistenasyl ist im Wachsen begriffen und gicbl sich unzweideutig kund. In de»,- zwischen Norwegen und Schwede» auS- gebrochencn Streit wegen der seit 1814 bestehenden Ber einigung beider Reiche scheint sich der Versuch eines Ausgleiches anzubahnc» Wenigstens läßt ein Beschluß, den die Vertrauensmänner Versammlung der norwegische» Eonser- valircn kürzlich gefaßt Kat. diese Deutung zu. Der Be schluß besagt, daß die Eonservativen ein freies und selbstständiges Königreich Norwegen wollen, aber allerdings eines, daS mit Schweren vereinigt ist. Zum Zeichen der Selbstständigkeit Norwegens soll künftig ein gemeinsames auswärtiges Ministerium bestencn, dessen Inhaber Schwede oder Norwege sein kann, aber auf alle Fälle den Landtagen beider Länder gegenüber verantwortlich ist. Die Radikalen zeigen vorerst keine Lust zur Nachgiebigkeit; haben ie doch Ullmann, dessen antiunionistische Schroffheit be kannt ist. wieder zum Vicepräsirenten LeS LagthiugS gewählt. Sic bleiben, abgesehen von ibrcn sonstigen maßlosen Forde rungen (autonome Republik mit merkantiler 'Annäherung an England oder Amerika unk unter dem militairischen Schutze Rußlands, eignes norwegisches Eonsularwesen rc.^, bei dem Verlangen eines eigene» auswärtige» Ministerium»; mit Schweden wollen sie ein Schutz- und Trutzbüntniß. aber nicht mebr. Tie Stellung beider Parteien ist also klar ge zeichnet: man kann sagen, daß sie bereit- ihren Aufmarsch für die im Herbst 1801 zu vollziehenden Neuwahlen bewert siclligt Kaden. An den Mäklern wird c- sein, zu entscheiden, ob das konservative Angebot nicht der Großman»sucht Nor wegens schon genügend eulgegenkommt. Da die Eonservativen schon auf ibr früheres Verhalten bin beinahe die Hälfte der Abgeordnetensitze erlangt baden, wird man einen Sieg der selben im Wahlkampfe für nicht unwahrscheinlich ansehen dürfen. Die Aufständischen in Brasilien machen entschiedene Fortschritte; vor Rio de Janeiro haben sic durch einen Sieg bei Nictberoy und die Einnahme von Arma^ao be deutende» Erfolg errungen und selbst in Rio, wo die Be völkerung dringend die Beendigung deS DombardeinentS dcrbeifehnk, macht sich eine Bewegung zu ihren Gunsten geltend. Es ist dies ui» sv bedrnNaincr, als Präsident Pcixoto unna^sichilich jeden Versuch einer. Opposition unter drückt und du' Gefängnisse mit VerdäckliMn füll« Die An ordnung von Ncnwable» zum Evngreffe, der die Präsidenten wahl vornehmen soll, dürfte Lader "weniger auf freien, Willen Keruben, als rem Zwange der Verhältnisse entsprungen sein. Wie aber freie Wahlen unter dem Drucke des BelagerunaS- zuslandes vorgcuoinmcu werden sollen, istei»Gebciuin>ß, indessen Besitz sich der Diktator befindet. Einen wichtigen Bundes aenossc» babcu die Aufständische» gesunden: taS gelbe Fieber. Diese« raff» in Rio rjglicb gegen 100 Personen hinweg; eS dürste die Truppen des Präsidenten gleichfall- »ick» verschone», und die sremden Kriegsschiffe habe» — mit Ausnahme de« anicrikaiiischen Kreuzers „Newark" — die Bucht von Rio verlassen. Dadurch ge» innt Admiral Sal- danka da Gama freie Hand zu Offensivoperationen, und wenn er auch fremde Handelsschiffe nicht belästige» wird, so läßt daS am Montag wieder ausgenomincnc Boiiibarbenienl von Rio doch daraus schließen daß er der seit 6. September dauernden Belagerung ein Ente bereiten, daß er den vor Niclberoy errungene» Sieg anSnutzen will. 'Auch von AuS- wärt» lauten die Nachrichten günstig für die Insurgenten. Am vorigen Freitag ist der Staat Parana von den Auf ständischen erobert worden und aus Santcs wird gemeldet. ril Ferrilletsir. Lllida Silkröm. Roman von H. PalmS-Payseu. N-adrnck rer» ölen. (Fortsetzung.) Wir führten unser Borbaben auS und eine ganze Woche verging, ohne daß wir Dietrich von Bracht gesprochen batten; roch sahen wir ihn Abend für Abend m der halb verhängten ProsceniumSloge. Wie schleppte sich die Zeit dabin! Wie apser kämpfte sie mit ihrem ersten LcbenSschmerz! Ich nannte >nn „erbärmlich", während der sanfte Engel für sein Handeln oder vielmehr für sein schwächliches Zögern eine Entschuldigung, immer ein mildes Wort in Bereitschaft halte. Elne geschwätzige Frau, eine Deutsche, Halle sich unS, ohne daß wir die» zu verhindern vermochten, angeschloffen. Es war eine kunstgebildetc Dilettantin vornehmen Standes, die sich in unseren Kreis vor Längerem eingedrängt und gleich un- auck wobl ibrc Beobachtungei, und Entdeckungen an der »einen Karin gemacht hatte. In süßlicher und schwülstiger Leise wußte sie stets der junge» Künstlerin zu schmeicheln, und heute brachte sie in taktloser Weise da« Gespräch aus Herrn von Bracht. Sie gab an. Beziehungen zu bade» zu seiner Familie nabestebendeu Bekannten, und kramte nun au-, was sie entweder immer schon gewußt, oder jetzt nachträglich aus Kreuz- und Ouerwege» erforscht batte. Die Familie v. Bracht sei woblbabend. erzählte sie, Herr v. Brackt der einzige Sobn seiner verwittweten, sehr bockmütbigen Mutter — eine wenig erbauliche Eharakteristik solgte — die Verhältnisse aber, schlog sie, seien in jeder Beziehung günstig Karin verhielt sich ganz schweigsam und doch merkte ick, daß sic mit lieber- Last ausborchendem Obr den Miltbeilungen folgte. Plötzlich llb ich sie zusammenzucken, den Fuß beminen und dann wieder schneller au-schreiten. Schritte wurden vernehmbar, Gott sei Dank, er war eS. Endlich, endlich! Ich athmete aus. „Da sind Sie — endlich gefunden!" körte ich ibn rufen; e< lag ein seltsames Gemisch von Hast, Vorwurf und Jubel im Ton. „Aber wo sind Sie denn alle die Zeit gewesen, und warum baden Sie sich so teuflisch versteckt?" Dazwischen lachte er und sein schöne-, männliches Gesicht sab seclens»od. ab« bald wieder tief ernst au«. Er überflog unsere kleine Gruppe und bemerkte, daß sich unser Kreis durch die augen scheinlich auch ihm lästig fallende Dame vergrößert halte. Anfang- suchte ich vergeblich Karin zu isvliren; wie eine nicht zu verscheuchende Fliege heftete sich die neugierige Frau immer wieder an ihre Fersen, bis der sich verengende Weg sie zuletzt doch zwang, voranzugeben. Und nun waren die Beiden allein, immer mebr verlang samten sich Herrn v. Bracht « Schritte, und bald war er eine beträchtliche Strecke mit Karin zurückgeblieben. In größerer Aufregung als ick konnte selbst das liebe Mädchen nickt sein. Mas wird er sagen, was tdup? Wird er endlich daS befreiende Wort sprechen und mit ibr den Bund sürS Leben schließen? fragte ich mich im Stillen, während meine Lippen so beredt wie möglich meine Begleiterin zu unterbalten suchten. Wenige Stunden fpäter wußte ich Alle«. Karin und ich saßen in stiller Nachtstunde, als bereit- Alles im Schlummer lag, mitsammen in meinem Zimmer, ganz allein. Sie küßte mich und sagte: „Da« Glück ist zu groß, al- daß ick daran glauben kann. Es ist ein Traum, aber ein wunderschöner. Er hat mich zu seinem Weibe begehrt und seine Liebe ist groß — ewig wie die meinige Kann ick das glauben?" Und sie sprang aus und lackte vor Seligkeit und warf sich dann wieder schluchzend an meine Brust. „Und ist es wahr, was unsere schwatzhafte Begleiterin unS beute über seine Familie erzählt bat?" sragte ich Sie nickte. „Ich erzählte ihm Alles und er bejahte und wußte nur nickt, de» wem sie sich Auskunft geholt haben mochte." „Aber daS ist ja so gleickgiltig. Er will erst Heimreisen, seiner Mutter unser Glück verkünden, unser Heim einrickten und dann zur Hochzeit zurücksabren. Kommt Dir mein Glück nicht auch traumhaft vor, Ellida?" Ihre Augen strahlten, das blonde, Weiche Haar, da« um die Schläfen wallte, radmte daS süße, von einer erhabenen Freude durchleuchtete Gesichtcken niadonnenbast ein; sie sah engrlssckön auS, und ick glaube, daß sie in dieser Stunde ibre« LebenSglückeS Gipfel erreicht batte. Tenn nach dem unver geßlichen Tage trat bald rin lange« Harren ein, rin Hangen und Bangen, da« Monate wäbrtc. Herr v Bracht hatte Schweden verlassen und war in seine Heimalb acreist. Er schrieb oft und liebevoll. Aber bei aller Stärke und Leidenschaft seiner Liebe durckwebte seine Briese ein unsagbare« Etwa-, da« mich mit gebeimem Bangen erfüllte. ES war nick« auS den Worten und Wen dungen zu eatziffrrn, e« stand zwischen den Zeilen, wenigsten« für meine Augen sichtbar. Die- Schwanken, die« Zögern, mit einer schmerzlichen Wabrbeit zu Tage zu treten, da- ging au« seinem eigensten Wesen bervor. Er mochte nickt wehe tbu» — bier nicht — dort nickt. Wer trug nun den Sieg davon? Die Mutter oder die Braut? Inzwischen batte sich bei Karin ein trauriges Familien- ereigniß vollzogen. Ibre Mutter starb. Der Tod war für die arme Leidende eine Erlösung zu nennen, für Karin aber ein Lebensschmerz, denn nun stand sie einsam und verlasse» da, batte nur uns und wir nahmen sie mit Freuden in unsere Häuslichkeit auf, die geliebte junge Freundin. Statt ihrer schrieb ick Herrn v. Bracht die Trauerbotschaft und bat ibn, dem Kind zum Trost und uns Allen zur Freude bald zurückzukebren, und dabei — ick konnte eS nickt ui,ler- — forschte und fragte ich offenberzig nack der Ursache seine« Zögern« und was ihn nach Kann S Aussage so verstimmt und so nervös unruhig macke Da kam eS denn zur Aussprache. Wir wußten bald, daß er zwischen der Mutter und seinem Mädchen zu wählen habe; Gott sei Dank, er zeigte, daß er ein Mann war, sich nicht die Braut auSsuchen und sich lieber verstoßen ließ, als seinem Engel ungetreu zu werden. ' Hart, berrscksüchlia, bebaktet mit einem grenzenlosen Hoch- mulb und dem krassesten Egoismus, so lernte Karin die Mutter ihres Geliebten kennen. Die Zeit, die nun solgte, barg nicht-, al« schmerzliche Aufregungen. Karin batte Herrn Diedrich v. Bracht brieflich mitgekbeilt, baß sic gesonnen sei, in Anbetrachl diese« traurigen Familienzwiste« zurückzulreten, daß sic sich wieder ibrer Kunst zuzuwenten beabsichtige unk daß sie ibn bäte, sic in ihrem Borsatze zu unterstützen, statt sie durch Bethruerungen seiner Liebe zu beirren und schwankend zu macken, daß sie ibm im Herzen für« Leben treu bleiben und ihn nie vergessen, ibn aber nickt von dem Herzen der Mutter, von dem Boten seiner Heimath reißen wolle. Diesen Zeilen, die nichts von den hoch wogenden Empfindungen ikre« Innern verratben sollten, war in zitternden, unsicheren Schrist- zügen nur ein letzter Gruß Kinzugcsiig». Eine Antwort daraus blieb au«, Wochen vergingen, der Herbst kündigte sich bereit« an durch welke« Laub und scharfe Winde, ohne daß irgend «in Zeichen verrirtb, daß der Geliebte noch lebte und ihrer gedenke. „Wir haben un« in ihm geirrt", sagte ich eines Abend«, eS war an einem Sonnabend, der unS gekörte, den wir im Hause statt im Theater verlebten, „er gleicht einem schwankenden Rohr, da« sich biegt und neigt, je nachdem der Wind weht. ES ist kein Charakter in ibm und D» kannst froh sein, Karin, daß Du in Deinen LcbenSverhältniffen verblieben bist uud nicht allzu sest den leuchtenden Verheißungen der Liebe und teS Glücke» vertrautest." Sie schüttelte das Köpfchen „Frok sein?" wiederholte sic, „nein, da« tanu ich nicht— ich bin traurig und nickt« weniger als gefaßt, wenn eS auch so scheint. Alle Freuten dcS Lebens liegen wie welke Blütken vor mir, denn cs giebt nunmehr keine Erinnerung für mich, in die sich nickt die tiefste Bitterkeit mischt. Wie er so krast- und wunschlos entsagt, daS ist. wa« weder tbut, als daS härteste Dort. Ich batte mich bester und leichter abgefunden mit meinem LebenSloose, denn die Kunst bringt großen Trost für »n« arme Menschen linder. So aber — ohne Abschied und Lebewohl . . . Dcr so lallte bclrenniübtig bekämpsle Schmer; ikreS jungen mißbantellen Herzens überwältigte sie. Ausschluchzend war) sie sich an meine Brust. Da kam cS plötzlich ander-, gerade als ob da» Geschick nur aus diese Tkräneu, aus diese Worte gewartet Kälte. Es ließen sich Schrille kören, eine Stimme ries ikreu Namen, eine nur allzu bekannte, geliebte Stimme, die Dkür warb aufgcriffen und Dietrich v. Brackt stand vor unS. und statt an meiner Brust de» Schmerz, schluchzte sic jetzt an der seinen ihre selige Freute auS. Der große, starke Mann weinte mit ihr. Er kalte HauS und Hos. Heimath und Verwandte preiSgegeben. um Karin Telwära zu besitzen. Er war nuninebr nichl» weiter als im srcrutc» Lande cm Fremdling. Aber welch' große pknsischc und psnchische Vcr anderung trat in seinen GesichlSzügcn, in scincr Hallung, in seinem ganzen Wese» zu Tage! Mich erfüllte sei» Anblick mit Unruhe und Bange». Karin, ganz bingenomiueii von der plötzlichen glücklichen Umgestaltung dcS eben noch aussichtslose» HerzensverbältiiiffeS, cutging die« Sic sank cö so natürlich, daß rer Arme durch die furchtbaren Erregungen, in die ibn der Kamps um das Reckt seine« Herzens gezogen, zerstreut, zerfahren und zrilwcisc melancholisch geworden war. Anfangs «bellte ich diese Meinmig, obwohl »tick sein brütender Blick, seine zeitweilig unvermittelt bervorbrcchcndc Heiterkeit, die etwa« ForcirteS an sich trug »nd ein unbefangenes Plaudern unmöglich machte, von Anfang an mit Ahnungen erfüllte, zu surchlvarcr Art, als baß ich denselben Gestalt geben, al« daß ich mich in diese bineinoersenke» wollte. Ll nc diese Beimischung dcS Bangen« um diese mir zwei tbeuren Menschen wirkte der Anblick ihres so schwer erkämpften Glücke« wahrhaft erbebend. E« liegt etwa« Heilige« und Große« in einer trostlosen Liebe, uud rührend anzuschauen sind zwei solche Menschen, die, wi,
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