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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.03.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940310029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894031002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894031002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-03
- Tag1894-03-10
- Monat1894-03
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Tabellarischer und Ziffrrusa- nach höheren, Tarif. Grtra-Vellagr» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—» mit Postbesörderung 70.—. Annalimeschluß für Aazeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 40 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh ' ,9 Uhr. B«i den Filialen und Annahmestellen >e ein« halb« Stunde früher. Anznaen sind stet« an die Er-e»iti«« zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 126. Tonuabend den 10. März 1894. 88. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 11. März Bormittags nur bis Uhr geöffnet. Lxpeültton Ä68 4'rl8et>1atte8. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Auf die für das Jahr 1893 festgesetzte Dividende der Reichs- bankantheile im Betrage von 7,53"'« wird die Restzahlung mit Mark i ra.sto sür den Dividendenschein Nr. !> vom 10. März d. I. ab bei der Reichsbanktiauptcasse in Berlin, bei den ReichSbankdauvtstellen, Reichsbankstellcn, der Commandite in Insterburg, sowie bei sämmt- lichen Reichsbanknebenslcllcn mit Casseiicinrichlung «rsolgen. Berlin, den 9. März 1894. Der Reichskanzler. In Vertretung: v. Uoetttvber. potitische Tagesschau. * Leipzig, 10. März. Seit einiger Zeit treten in der Presse der freisinnigen Richtungen und der klerikal - demokratischen Parier offenbar combinirte Bestrebungen zu Tage, die Reichs- rcgierung an der Hand der Differenzen über den russischen Handelsvertrag und der Stellungnahme der conservativcn Parteien zu demselben nach links zu drängen. Die systematischen Angriffe auf den preußischen Flnanzminister haben offenbar den Zweck, diese» Bestrebungen zu diene» und die nationalliberale Partei, oder Tbciie derselben, in eine ähnliche Richtung bineinzudrängen. Man beruft sich dabei auf die versöhnliche Haltung Miquet's gegen die Land- nnrthschast, als ob dieselbe irgendwie mit der Stellung seiner srühcre» Parteifreunde in Gegensatz stände. Man schiebt ikm dabei eine gegnerische Haltung gegen de» russischen Handelsvertrag plötzlicher Weise unter, ohne in Betracht zu nehmen, daß dieser Vertrag innerhalb der ganzen national- liberalen Partei im Lande nur unter der Ueberzeugung zur Annahme gelangen wird, daß die daran geknüpften Be siirchtungen für die Landwirthschast gegenstandslos ge worden sind, insbesondere auch durch die gerade aus den Bemühungen der preußischen Staalsleitung bervorgegangencn Zugeständnisse auf dem Gebiete dcS preußischen Eiseubahn- TarifwesenS. Schon Herr von Bennigsen ist den ge nannten Bestrebungen in deutlicher Weise cntgegengetretcn, mit dem Hinweis darauf, daß vorüberzebende Meinungs verschiedenheiten über volkswirtbschastliche Kragen, auch wenn dieselben sür die actuelle Politik noch so bedeutsam sich erweisen sollten, das sernere Zusammenwirken der eonservativen und der nationalliberale» Richtung in keiner Weise alteriren dürfen. Er wollte damit offenbar jede Theilnahme der nalionalliberalen Partei an diesen Tendenzen von vornherein zurückweisen, wie daS in der Gcsammlpoluik der nationalliberale» Partei von jeder gelegen bat. Er erinnerte zu diesem Zwecke an den durch daS Zusammen wirken der conservaliven und nalionalliberalen Parteien allein crmöglichlcn Ausbau reS deutschen Reiches. Auf diesem Boden stebt noch heute die gesammle nationalliberale Partei, nnd sie weiß scbr wobl zu ermessen, daß auS einer Wendung in ihrer politischen Haltung schwerer Schaden sür daS Reich erwachsen würde. Aus dem Feldzüge, ee» der ..Kladderadatsch" aus An- trciden gebcimnißvoller Hinlermänner gegen die Herren v. Holstein, v. Kiderlcn-Wächter und Graf Philipp Eulcnburg unternommen bat, wird der Angreifer jeden falls als Unterlegener kcrvorgchen, wenn er nicht ganz anderes „Beweismaterial" beizudringcn hat, als daS, waS wider seinen Willen, aber nicht obne seine Schuld an die Oeffentlichkei» gekommen. Fast die gesammte deutsche Presse ist darüber einig, daß dieses Material zur Begründung so schwerer Anklagen schlechterdings nicht genügt. Außerdem erstellen den An gegriffenen eine ganze Anzabl Verlkeidiger, die auf daS Ent schiedenste die Behauptungen deS Herrn Polsterst bestreiten. So batte er behauptet, Graf Eulenburg bade Herrn v Moser aus Berlin verdrängt, um seine» Freund Varnbülcr nach Berlin zu bringen: er selbst wolle nach Wien und deshalb müsse Prinz Rcuß dort weichen. Daraus antworten die „Münchner Reuest. Nachr.": „Weder wird Derjenige den, Grasen „Strebertbum" vorwerfen können, der in nähere periöntichc Berührung mit demselben getreten ist und seine Grundsätze, Interessen und Charaktereigenschaften kennt, »och kann aus einer sich seit Jahre» jeden Herbst wiederholenden Jagdeintadung des Königs von Württemberg nach Bebcnhausen Grund sür einen Zusammenhang mit dem „Fall Moser" gewonnen werden. Ebensowenig wird Gras Eulcnburg, der sich seit vielen Jahre» unter uns in München wohl gesuhlt hat und dessen Liebe zur bayerischen Residenz seiner diesigen allgemeinen Beliebtheit gleich- kommt, den Fürsten Reust aus Wien verdrängen wollen, mit dem er noch dazu eng belreundct ist. Derartige Jntrigueu sind mit dem ritterlichen Charakter und dem gereisten patriotischen Ernste des Grasen schlechterdings unvereinbar. Wenn aber etwa dem Grasen der Borwurs gemacht werden soll, die Gegensätze zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck verschärft zu haben, so sind unsere Jnsorinalionen sicher genug, um scstslellen zu könne», dah Gras Eulcnburg die erfolgte Ber'ühnuiig sreudigst als die Er- süllung eines jahrelangen Wunsches begrüht hat, Last er sogar eifrig bestrebt gewesen ist, so viel er vermochte, zu der Ver söhnung bcizutragen." Andere Blätter, die unmöglich dem Verdachte auSgesetzt sein können, sie gekörten zu den Lodrednern des neuen CurscS und der neuen Männer, »cbmen nicht minder entschieden Herrn v. Holstein in Sckuy. Alle aber geben auch der Ueberzcugung Ausdruck, daß officiöse Dementis nicht genügen, um dem AuSlande dasVertraue» auf die schwer beschuldigte deutsche Diplomatie wieder zu geben und die Zwecke der eigentlichen Urbcber dcS Feldzuges klarzustellen und cvent. zu durchkreuzen. Es steht bei dieser Angelegenheit nicht viel weniger aus dem Spiele, als bei den Behauptungen Ablwardt's bezüglich der „Iudcn- flinten". Den fanatische» „Rector aller Deutschen" hat man trotz seiner Gutgläubigkeit vor Gericht gezogen, und mit Reckt. Beschränkt man sich aber jetzt daraus, die Hinter männer dcS „.Kladderadatsch" mit den Sammctbandschuben ossiciöser Dementis anzusassen, so giedt man den Fanatikern vom Schlage Ablwardrs Freibriefe für ihr gemeingefährliches Treiben. Wenn übrigens die „Kreuzzeitung" den an gegriffenen Herren deshalb, weil zwei von ihnen Reserve- ofswiere sind, den Rath ertbeilt, die Angelegenheit der Ent scheidung eines Ehrengerichtes zu unterwerfe», so ist das sür den Reichskanzler, den Vorgesetzten der Herren, keine Schmeichelei. Die Herren, die nickt als Reserveofficiere, sondern als Civilbeamte angegriffen sind, werben auch jedenfalls bester wissen, als die „Krcuzzeitunz", wo sic Schutz zu suche» baden. WaS sic als Reserveofficiere zu ibu» bällen, bat ibnen überdies der preußische Kriegsminister kürzlich energisch genug auSeinandergesctzt. Dem österreichische» EoalitionSministcrium droben wegen der Wablrcform ernste Gefahren. In den Ab- geordnelenkrcisen aller Parteien bat die osficielle Veröffent lichung der Grundzüge der Reform Bewegung bcrvorzerufe». Während die Deutschen und Polen die Grundzüge als diScutadcl, wenngleich auch verbesserungsbedürftig be zeichnen, verhalt sich der Hobenwartclub vollständig adlebncnd. Hohenwart bat selbst Anträge zur Wahlresorm gestellt, welche so undurchführbar sind, daß sie kaum ernst zu nebmcn sind, sondern offenbar nur den Zweck baden, der Aenderung des Wahlrechtes überhaupt Schwierigkeiten zu machen. Seine Vorschläge komme» aus der einen Seile nur dem Großgrundbesitz zu Gute, während sie aus der andern durch Einsükrung dcS directcu Wahlrechts sür de» vierten Tbeil sämmtlicher Abgeordneten daS Gcschäst der Socialdemo kraten besorgen. Dagegen ist wieder, wie üdcrbaupt die Hoben- wart'schcn Vorschläge voll innerer Widersprüche sind, dieBestim- mung, daß die Abgeordneten auS de» Stätten und den Land gemeinden durch die Landtage in den ReichSrath zu „dclcgiren" seien, rcactionär. In dcnKreiscn derLinken herrscht infolge der Stellungnadme Hobenwart'S, sowie auch wegen der Zusage dcS Unterrichtsministers MadeySki, am deutschen Owmnasium in Eilli slowenische Parallelklassen zu er richten, ledkafte Mißstimmung. Diese Zusage wird als ein Widerspruch gegen das Regierungsprogramm aufgefaßt. daS die Aufrechterbaltung deS gegenwärtigen nationalen Besitzstandes ankündigte. In Folge der Er klärungen Madeuski's bat sich die deutsche National- p artci von der Unterstützung der Eoalition losgesagt. Rach den Wablrcsormvorschtägcn Hobenwart'S glaubt man nicht an bieMöglichkeit, die Eoalition in vergegenwärtigen Form sür längere Tauer aufrecht zu erhalte». DaS liberale spanische Ministerium hat demissionirt, und der bisherige Ministerpräsident Sagasta ist mit der Neubildung dcS Eabineis betraut worden. Damit ist cin- getreten, waS schon seit Monaten erwartet wurde, und man kann dem Premierminister die Anerkennung nicht versagen, daß er es verstanden hat, den AuSbruch der Krise, den AuS- einandersall der disparaten Elemente seines EabinelS, so lange hintanzubaltcn, bis da« so oft in Frage gestellte Abkommen mit Marokko unter Dach gebracht war. WaS im Einzelnen ein Wciteramliren deS Ministeriums Sagasta unmöglich gemacht bat, ist »och nicht bekannt geworden, aber man geht nicht fehl, wenn man die Hauptschuld an dcmZcrfall deS EabinctS der Un verträglichkeit und der gegenseitigen Eifersüchtelei der Mehrzahl der Minister beiinißl. Fast nie war das Eollegium über eine Frage ganz einig, von einem zielbcwußten soli darischen Zusammenwirken nur selten die Rede, ein Minister suchte die Absichten des anderen nach Möglichkeit zu durch kreuzen. Insbesondere war cS der Minister dcS Innern, Pu i gcerver,derunauSgef'ctzt darauf bedacht war, dem Finanz- minister Gamazo ein Bein zu stelle». Wiewobl er bei seinem Eintritt ins Eabinet das Finanzprogramm Gamazo'S in allen Einzetbeiten kennen gelernt und gutgebeißen. und obwohl die Volksvertretung in der letzten HauShattsberatbung dieses Pro gramm mit großer Mehrheit gebilligt batte, erkob Puigcerver hinterher allerlei Einwendungen gegen Gamazo'S Stcucrpläne. Dadurch entstand eine aus die Dauer unkallbare Lage und Gamazo sah sich acnölhigt, ein Ultimatum zu stellen, in dem er seinen ganzen Kinanzplan aufrecht erhielt. Im Interesse der liberalen Partei, die ohnehin schon nicht mekr fest gefugt ist, wäre eS sicherlich nicht, wenn Gamazo dem Ministerium verloren ginge, den» er ist eine Hauptstütze der Partei. Da» Interesse dcS Auslandes an der Neubildung deS EabinelS wird sich hauptsächlich darauf richten, ob Moret die Ver waltung der auswärtige» Angelegenheiten bcibchält: er hat sich stets als überzeugter Vertreter der Politik der Handels verträge bewährt, während bekanntlich sein einflußreicher Eollcge Gamazo durch seine etwas zweifelhafte Haltung dw den Verträgen feindliche schutzzöllnerischc Bewegung in Spanien crmuthigt und gefördert hat. Noch iiniuer weiß man nickt genau, welchen EurS da« neue englische Mini st eriu m einzuschlagen gedenkt, ob eS zu einer Neuorganisation der liberalen Partei mit Aufgabe des Homerulc ProjcctS und der Opposition gegen daS Oberhaus kommen, oder ob cS in de» von Gladstone vorgezeicknelcn Bahnen wcitergcben wirb. Die Fübrer der Parnelliten baden vorgestern ein Mißtrauensvotum gegen Rosebery ver öffentlicht. Dasselbe wird damit begrüntet, daß Gladstone'S Rücktritt nicht mcbr nnd nicht weniger bedeute, als das FaUcnlasseu des HomeruIe-ProjcctS von Seiten der liberalen Partei. Für daS irische Volk sei jede Hoffnung geschwunden, aus dem bisberigeu Wege au'S Ziel zu gelange». Was die Anti parnelliten anbclangt, so werden sic, wie die Liberale» auch, am nächsten Montag eine Parteiversamm- lung abbaltcn, um über ihre Stellungnahme zu der veränderten Lage Beschluß zu fassen. Auch unter ikne» bat das Mißtrauen schon stark Wurzel gefaßt, und Healn, welcher über 2.' persönliche Anhänger verfügt, dringt daraus, daß rasch eine Entscheidung herbeigesührt werde: Lord Rosebcrn müsse „sich schlecht und reckt auf Home - Rule verpflichten, sonn müsse ibm obne Zögern daS Bündnis, gekündigt werden. Die Dillen und O'Brieu sind "freilich weniger stürmisch, aber wenn der Rcgierung nicht die vollen 7» Stimmen der Anliparncllilcn zur Verfügung bleiben, so »ützi ihr das ganze Bünkiuß nichts mehr. Die Rcgierung wird sich nun wahrscheinlich am nächsten Montag damit zu Kelsen suche», daß sie Home Rule mit einigen zu nichts ver bindende» Wendungen als »och nicht ausgcgedcn bezeichne» und um so nachdrücklicher ein Gesetz zu Gunsten der aus getriebenen irische» Pächter aiikündigcu wird. Auch die« dürste aber kaum praktische Bedeutung haben. Die erste Zeit der bevorstehenden Session, bis in Le» April hinein »nudcslcns, wird durch die Budgetberalkung in Anspruch genommen werden. Sollte dann eine Vorlage zu Gunsten der auSgclriebencn Pächter auf die Tagesordnung gesetzt werden, welche von der Opposition aufS Acußersie dekämpst und schließlich vom Obcrkausc verworfen werde» würde, so würden die Reform der Wählerlisten, sowie die für Schottland und Wales ver heißenen Reformen abermals zu kurz kommen, ohne daß darum daS Oberhaus wirklich verantwortlich gemacht werden könnte: denn die in Frage stehenden irischen Pächter sind be kanntlich mir darum auSgetriebcn worden, weil sie aus Grund de» bekannten „Fcltzugsplaiis", nickt etwa auS Nolb, die Zablpng der Pachtzinsen verweigert batten Wirkliche Sym pathie mit ihnen besteht also ungendS in England, Schott land und Wales. Tic neue Session dürste sonach unter recht trüben Aussichten beginnen. Im russischen Ministerium liegt jetzt nach der „Now. Wr." ciu sehr umsangreicheS Material über die deutschen Colonien uud deutsche Eolonisation in Rußland vor. daS besonders von einigen eigens dazu in die bedeutendsten Eolonistcngemcindcn abcoiilniandirten Personen gesammelt worden ist. Diese« Material soll der geplanten Resorm der deutschen Colonien zur Grundlage dienen. Bor Allem soll der deutschen Eolonisation der gewinnbringende Charakter genommen werden. Nicht nur nothlcidende Landleute Deutschlands, die alle Verbindungen mit Fenllletsir. EUida Silström. 34> Roman von H. PalmS-Paystn. Na»dru<I verboten. (Fortsetzung.) „Wir stehen Alle für Einen, wenn Tu das meinst, ja!" Werner beliebte nicht darauf einzugehen. Sämmtlicke Herren bogen jetzt in eine andere stillere Straße, und das Gespräch nabm seinen Fortgang. „Sie sprechen so siegesgewiß, Hochstedt, daß man meinen sollte, sie hätte Ihnen schon Avancen gemacht", bemerkte Bracht, dem es gelungen war, sich zwischen Werner und Relltoff zu schieben. „So unwabrschcinlick cs klingt, — ja." Daß der junge Officicr nickt zu prablen Pflegte, wußte ein Jeder, und Bracht empfand diese» „Ja" wie einen Stoß an den Kops. Er nagte nervös an der Unterlippe, während deS jungen BildbauerS Gesicht sich mit feinem Roth überzog. „Natürlich in allen Ehren", erweiterte Werner seine Er klärung, „man lernt in dieser scheuen Gazelle eine ganz be sondere Specialität von Mädchen kennen. Nicht« interessanter, als solch' Studium." „Na, büten Sie sich nur, Hochstedt", höbnte Bracht, „das Studium kann Ihnen tbeuer zu stehen kommen." „So — o —", sagte Werner gedehnt und blickte Bracht prüfend an, zog dessen Arm in den sinnigen und sagte, ihn etwas bei Seile ziebcnd, vertraulich: „Ich möchte mich »m Alles nickt mit Ihnen entzweien, Bracht, sagen Sie mir doch —* „Aber zum Teufel, WaS wollen Sie denn, Hochstedt?" fragte Brackt mißtrauisch, als Werner zögerte. „Sie fragen. Liebster, ob ich Ihnen bei der Silström nicht etwa in die Llucre komme — in dem Falle — ganz selbst verständlich. lasse ick Ibnen den Vortritt bei etwaigen Bczicbungen — e« bleibt sich gleich, welche — ein Wort — und ich trete zurück." Herr v. Bracht verlor nicht seine Haltung. Er war nur ein wenig bleicher geworden. „Zum Kukuk", lachte er gezwungen auf, WaS habe ich mit der Silström zu thuo. Gar nicht- — die- Genre von Mädchen ist mir unausstehlich, Lerzeibunzl sie ist ja Ihr Ge schmack — ich vergaß daS. Haben Sie Feuer bei sich? Meine Cigarre ist ausgegangen." „Feuer? Hier mit Vergnügen", antwortete Werner und reichte ihm gefällig seine Regalia, erfreut, daß seiner Laune nichts in den Weg gelegt wurde und daß er ganz offen über seine Wünsche reden konnte. „Haben die Herren bereits bei der Sonfidia angenommen ? Sie auch, Bracht, ja? Bortrefflich, wir dürfen bestimmt auch auf das Erscheinen der kleinen Silström dort rechnen. Ent weder sie hat oder wird noch ihren Besuch dort machen und dann cinzeladen werden. Sic sehen, es geht Schritt für Schritt vorwärts." „Sie sind ja genau oricntirt", sagte Einer, und ein Anderer: „Sie sind ein Teufelskerl, Hochstedt." „Sehe cS schon kommen, schicken ihr nächstens eine quittirte Rechnung über eine neue elegante Wolmung zu, dann haben wir sie in der Stadt", äußerte Büthow. „Und bald auch im KioSk, verlaßen Sie sich darauf, Büthow." „Das bezweifle ich doch stark", ließ sich Relltoff hören, der sich bisbcr mit keinem Worte an der hin und her kreuzenden Unterhaltung belheiligt halte. Werner lächelte überlegen. „Wetten, Relltoff?" warf er hin. „Ick ziebc Fräulein Silström in keine Wette", lautete die zurückhaltende Antwort. Bracht sagte: „Das klingt ja ungeheuer ernsthaft." „Ist auch so gemeint." „Ich wette Fünf gegen Eins auf Silström", warf Büthow im Tone eines Sportsmannes dazwischen. „Bravo! Und Sie, Relltoff?" „Ich wette nickt!" AuS Bracht'S Augen blitzte ein tückischer Blick. „Relltoff und ich brechen eine Lanze für die steinerne Heilige, wie, Relltoff?" „Ich wette nicht", wiederholte dieser ruhig und blickte geradeaus. „Klar machen", meinte Werner, „finde ich denn keinen Gegenpartner ? Millwosch, Sie sprechen kein Wort, aus Westen Seite stellen Sie sich?" „Meinetwegen auf die gegnerische, da Sie so wettlustig sind. Aber dann auch hoch, eS muß der Mühe Werth sein, Hochstedt", rnlgegnete der Angcf'prochene näselnd „Ich sage, die Silström kommt — Sie werden sie in meinem KioSk finden — wann, daS läßt sich beule noch nicht bestimmen. Ob später oder früher — das bleibt sich auch gleich — sie kommt." „Sic kommt nicht", stachelte Bracht dazwischen und zwickte Millwosch heimlich in den Arm. „Sie kommt nicht", wiederholte dieser gehorsame Freund und strich sich vorsichtig den kleinen mit Feltschminkc rclouchirten Schnurrbart von der Lippe. „Fünf gegen Eins auf Silström", bekräftigte noch einmal Bütbow mit vernehmlicher Stimme. Die Wette wurde festgestellt. Natürlich um Scct. Der Verlierende hatte tief i» den Beutel zu greifen. Relltoff lächelte etwas spöttisch, als sich die Herren an einer Querstraße trennten. Bracht sab mit seinen unruhig zuckenden GesicktSmuSkcln nervöser als sonst auS. Seine Unter lippe befand sich beständig unter den nagenden Vorderzäbnen. Er wälzte einen schnell entglommenen Gedanken, einen Plan in seinem Hirn umher. Mil etwas Glück — und er rechnete hierbei aus den Eharalter de« Lieutenants von Hochstedt — konnte diese neue Intrizue, da das FiaSco dieses ilnn und seiner Familie so lästige, in seinem Sinne so gefährliche Mädchen nicht vertrieben hatte, eher zum Ziele führen. Es Kieß nur Geduld haben und abwarten, ob sich die Laune des jungen LfficierS, wie schon einmal, zu einer Leitenschast gestaltete — in dem Falle würde er gewonnenes Spiel haben. Freilich zur Sonsidia konnte er nicht geben, nicht mit der Tänzerin Zusammen treffen, dort mußte Millwosch auspassen — der ließ sich auS- sragcn, ließ sich ganz gut, ohne daß er'S selbst merkte, zum Spion ausbilden. Gefährlicher war's, den gestrengen Onkel in die Sache bineinzuziehen — der ließ nicht mit sich spaßen — dabcr Vorsicht, immer nur auS dem Hintergründe hervor — Alles incognito. Alles anonym — eS gab ja tausend Mittel. Inzwischen batte Ellida längst das Theater erreicht. Sic begab sich, da Zinndorf sie dem erhaltenen Briest gemäß zu sprechen wünschte, sogleich in den Balletsaai. Dort befand sich Alle« in reger Tbätigkeit, Zinndorf unterbrach sich indessen sofort, als er ibrer ansichtig wurde. „Gratulire, Fräulein Silström, zu Ibrer Wiederherstellung", sagte er sichtlich erfreut —. „sehen ganz unverändert au« — ein bischen blässer, da« ist Alles. Die Schmarre ist nicht übel — ganz interessant — ehrenvolle Wunde an- der ersten Schlacht." Ellida schüttelte den.Kopf. „Ganz reckt, wollen nicht daran zurückdenken — wie stcht'S, können wir bald wieder anfangen?" „Sie wünschen mich ja zu sprechen, Herr Zindorf." „Ja, ja — der Ebcs meinte — wünschte — ja, waS sollte ich Sie dock, fragen — ach, so, hab'S — wegen der Musik war'S — Sehlen ist aus Urlaub, Willmcr kirigirt — können und wollen Sie noch nickl tanzen — so doch einmal zuhörcn — Zusehen, waS meinen Sie?" „Das beabsichtige ich ohnedies." „Sehr gut. Heute nehmen wir WaS Anderes vor — aber in den nächsten Tagen — Sie kriegen noch Bescheid." Er schwieg und EUida sa ihn fragend an. „Ist das Alles? Haben Sie mir nichts mehr zu sagen?" fragte sic erstaunt. „Nicht- mehr, als daß Sie dein« Fortgehen i», Bureau noch vorsprechen möchte» — der Ehef will Sic spreche»." Ellida'« Gesicht tauchte sich ganz in Rotb. „SchlimnicS wird'S nickt sei». Sic baden ja koch nicht« verbrochen", lackte Zinnborf. „Adieu denn, Fräulein Silström," er grüßte grarivS mit der H«»v und befand sich »ach ein paar leichte» Sprüngen schon wieder inmitten seines Eorps. Ellida verließ langsam den Saal. Ihre Füße widerstrebte» immer mehr, je näher sic dem Bureau kam. Sic batte die Empfindung, daß ibr wieder qualvolle Minuten bevorständcn und ehe sic anklopstc und die Tbür öffnete, zögerte sie vo» Neuem unter schnellerem Herzschläge. Da wurde ganz plötzlich — sic hatte Schritte drinnen nicht vernommen — die Tbür aufgemackt. Ter geheime expedirende Secrctair SicvcrS bätte sie fast umgeramit, so eilig batte er «. „Verzeihung". — piepste er mit seiner hohen Stimme, „nach Ihnen", und seine lustige, hagere Gestalt sprang i»S Zimmer zurück. Er ließ Ellida eiutreten, ehe er mit seinem Actenstoß unterm Arm das Bnrcan wieder verließ. Den Ruf seines CbesS vernahm der Tienstoisrigc nicht mehr, cS gab eilige Briesschastcn zu erledige». Der Intendant v. Hochstedt batte fick, bei dem kleinen Zwischenfall von seine»! Schreibtisch erbeben und trat nun Ellida entgegen. Ein schneller, sic überfliegender Blick sagte ibm, daß sic gesund sei — noch gesund. Er faßte fick schnell, er halte sie ja erwartet und war aus ihr Erscheinen vorbereitet Trotz alledem verlieb der Zwang, den er seinen Empfindungen anthat, ihm eine steife, frenide, küble Haltung „Ich ließ Sie zu mir bitten", sagte der Intendant nach gegenseitiger formeller Begrüßung, „erstlich, »m Zinnborf« willen — Sic baden mit ibm gefprochen?"»nterbrach er sich. „Soeben", antwortete Ellida und wandte ück nun erst dem Sessel zu, den er ihr durch eine Handbewcaung zum Platz nehmen angeboten hatte. ES war ihr unerfindlich, wovon
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