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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.04.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940414025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894041402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894041402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-04
- Tag1894-04-14
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N88 verschärfte» Control« zurückgetreten. Somit wäre der Awischen- f»ll formell bcigelegt, aber eS bleibt selbstverständlich dleAvsgabr nock zu lösen, wie die Sxecialcassen der Anleihe» nicht nur da» ihnen kürzlich vom Finanzminister entnommene Geld zurückerhalten. sondern auch gegen jede» künftige Antasten endgiltig sichergestellt werden sollen Da« ist unbedingt «öthig, denn bei der Unsicherheit der serbischen Verhältnisse, bei den ewigen Miuistcrwechseln und fortgesetzten „Staatsstreichen" und bei der Skrupellosigkeit, die man an serbischen Finanz ministern gewöhnt ist, muß man immerhin trotz der reichen Hilfsquellen des Landes mit der Möglichkeit eine« Staat«- bankerott« rechnen Sollten sich ähnliche Eingriffe in die Staatskassen zum Nachtheil der Staat-gläubiger wiederholen, dann wäre in der That zu erwägen, ob sich nicht die Uebertragung einer Art rayptischer Finanzcontrole aus Serbien empfiehlt. Die Türkei ist dabei bekanntlich nicht schlecht ge fahren. Unter stürmischem Beifall hat die ennltsche Regierung am Donnerstag in beide» Häusern des Parlament« die Er klärung abgegeben, daß sie beschlossen habe, Uganda mit dem britischen Reiche zu vereinigen, denn das bedeutet die Procla- mirung de« britischen Protectorate« über da» Land. Billig wird dies Protectorat England nicht zu stehen kommen. Zu nächst will dir Britisch-OstasrikanischeGesellschast, welche Uber 40 Millionen Mark in das Unternehmen gesteckt haben soll, wenigstens einen Theil dieser Summe wieder haben, denn sie habe durchaus nicht, wie Sir Gerald Portal in seinem Berichte annehmc, aus ihre vertragsmäßigen Rechte verzichtet und übe noch jetzt die Verwaltung in einem Ge biete au«, da« sich 600 lcm weit ins Innere erstrecke. Wie viel die Gesellschaft verlangt, um aus alle diese „Rechte" verzichten zu können, wird nicht gesagt. Noch mehr wird aber wohl der Feldzug kosten, welche» der gegenwärtige Befehlshaber der britischen Streitkräfte in Uganda, Oberst Colville, gegen den König von llnyoro, Kaberega, unternommen bat. Diesem ist angeblich deshalb der Krieg erklärt worden, weil er zwei unter britischem Schutze stehende Häuptlinge, KamSmaga und Gabula, aus seinem Ge biete vertriebe» batte — nach einer anderen Version, weil er einen unter britischem Schutze stehenden Häuptling in Tora angegriffen habe —, und man wird nun wohl bald auch davon sprechen hören, daß die Ruhe in Uganda nicht ausrecht erhalten werke» könne, wenn nicht Unyvro ebenfalls unter britische Verwaltung gestellt werde Oberst Eolville, welchem 8 englische Ossiciere yirSeilestche», soll 700 Mann aut bewaffneter und gut eingcübter Sudanese» — es sind die früheren Soldaten Emin's — und 10 000 Waganda», von denen 5000 mit Feuerwaffen versehen sind, zn seiner Verfügung haben, und mit diese» Streilkrästen mag er schon etwa« auSrichtcn, zumal da die Sudanesen sich bereilSjkurch ihre Wildheit und arge Aus schreitungen gefürchtet gemacht haben sollen. Sir Gerald Portal bat in seinem Berichte eine ganze Reibe von Gründen angesiihrt, warum llganta von den Engländern annectirt werden müsse, aber von dem einzigen, wahren Grunde der englischen EroberungSlnst ist nirgends die Rede, nämlich davon, daß mit der Besetzung der Gegenden am oberen Nil eine Wiedereroberuiig der ehemals egyptisch Aequatorial - Provinzen und des egyptische» Sudan am sichersten durchgeführt werden kann. Diesem Ziele würden die Engländer niit der Niederwerfung des König« von llnyoro um ein Bedeutende« »äber kommen. Hätte Deutschland in dem deutsch-englischen Vertrage da« durch die Abniachnngen IO, Peter«' gewonnene Uganda nicht ausgegcben und Einin Pascha zum Gouverneur der ganze» Gebiete am Victoriasce bi« »ach. Wadelai ernannt, so wäre mit geringen Koste» ein viel werthvollerer Vorstoß nach Mittelasrika erfolgt, als durch alle Expeditionen von der Westküste au». Deutsches Reich. tk Berlin, 13. April. Der Bericht der ReichStagS- conimission zur Vorberathnng de« Gesetzentwurfs über den Schutz von Waarenbezeichnungen ist nunmehr er schiene». Man ersieht daran«, daß auch in dieser Eominission anerkannt ist, wie da« rascke Zustandekommen de« Maaren» zeichenschutzgesetze« ans cinem dringenden Bedürfnisse beruht. Au« diesem Grunde hat man auch von einein mehrseitig ge wünschte» Ausbau der aus die Bekämpsuug de« unerlaubten Wettbewerbe« gerichtete» Bestimmungen de« Entwurf« ab gesehen und sich »lit der Aiinahme einer Resolution begnügt, welche die verbündete» Regierungen zur baldigen Vorlegung eine« taralifhinziclendtn Gesetzentwurfs aussordert. E« konnte die« Verfahren auch um so eher gewählt werden, als die zustän digen Rcichsbchördeii »»verweilt nähere Erörterungen über die Materie eiulcitcn und je nach dein Eraebniß derselben ent sprechende Vorschläge machen werden. Wa« nun die von der Eoiniiiission vorgenommtiicii Aenderunaen an dem Entwürfe selbst betrifft, so komme» dabei hauptsächlich drei Puncte in Betracht. Einmal ist bei der Prüfung der zur Anmeldung gelangenden Waarenzeichen die Eonipetenz de« Patent amtes etwas erweitert worden, jedoch ist damit da« Recht der Beschwerde gegen einen aus Grund dieser Erweiterung erfolgenden Beschluß de« Patentamt«« nicht pu«geschl»ss«n. Go« dann ist eine gauz ncueBestimmuog deoi Entwurseeiagesügt, dir ich übrigen» nur zu leicht au- dem Vorgehen England« gegen deutsche Erzeugnisse erklärt. Darnach sollen au«l!»d»sche Maaren, welch« mit einer deutschen Firma und Ort»- bezeichnung oder mit einem in die Zeichenrolle «»getragenen Waarrnzricheu widerrechtlich versehen sind, bei ihre« Ein- gang nach Deutschland zur Einsuhr oder Durchfuhr auf An trag de« verletzten und gegen Sicherheitsleistung der Beschlag nahme und Einziehung unterliegen. E« ist übrigen« io der Eommission ausdrücklich festgestellt, daß die zu der Beschlag nahme berechtigten Zoll- und Steuerbehörden die rechtlichen Ansprüche de« angeblich Verletzten prüfen, danach die betreffende Waarensendunq untersuchen und erst wenn sich eine Ver letzung de« Markenrechts Herausstellen sollte, zur Beschlag nahme schreiten sollen. Dir dritte der wesentlicheren Aen derunaen endlich betrifft gleichfalls die Beziehungen zum AuSlande. Dem BundeSrathe soll dieRetorsionSvollmacht übertragen werden nicht blo» für den Fall, daß deutscheWaaren im Auslande bei Ein- oder Durchfuhr die Ursprungsmark« tragen müssen, sondern auch dann, wenn dieselben bei der Zollabfertigung in Beziehung auf die Waarenbezeichnungen ungünstiger al» die Maaren anderer Länder behandelt werden. Die chicaovse Behandlung deutscher Maaren, namentlich Stahlwaaren, hat zu der Erweiterung geführt. Angesicht« dieser Abänderungen wird man wohl die Ansicht aufrecht erhalten können, daß eS möglich sein wird, im Plenum de« Reichstage« auch in sehr kurzer Zeit eine Verständigung über den Gesetzentwurf Herbei zufuhren. Wir können de»halv nur den Wunsch wiederholen, daß der Entwurf über den Waarenbezeichnung-schutz noch vor dem diesmaligen SessionSschluß zur Verabschiedung gelangt. * Berlin, 13. April. In Bezug aus die ehrengericht lichen Entscheidungen, die im Anschluß an den Hannoverschen Spielerprozeß gesällt worden sind, schreibt die „Täglich Rundsch", andere, vom „Leipz. Tagebl." nicht erwähnte Angabe» berichtigend, u. a. Folgende«: „Der Kaiser hat lediglich einen kurzen Befehl erlassen, daß gegen alle betheiliglen Ossiciere da» ehrengerichtliche Verfahren einzuleiten sei Dieser einfache Befehl war aber keine große Ordre, welche Verhaltungsmaßregeln für die Ehrengerichte gab. Unrichtig ist auch die Behauptung,daß dieser vom Kaiser besonder« erlassene Befehl, welcher die beim Proceß zu Tage getretenen Erscheinungen bespricht, eine Abstufung vom schwersten zum gelindesten Vorgehen ovrgezeichnet habe, daß sich die Ehren gerichte hieran zu halten hatten, und daß sich daher auch die Sprüche vom schlichten Abschied bis zur Warnung bewegt hätten. Was die gefällten Urtheile betrifft, so erfahre» wir, daß die am schwersten belasteten beiden Ossiciere schuldig der Verletzung der StandeSehrc be sunden und mit schlichtem Abschiede entlasten worden sind. Zwei weiteren Ossiciere» ist der einfache Abschied erlheilt worden. Bei den übrigen, welche theilS der Ver letzung der StandeSebre, theilS der Gefährdung derselben schuldig befunden worden sind, hat eine Milderung der strengen ehrengerichtlichen Erkenntnisse dahin statlgcfuuden, daß ihnen eine Warnung ertheilt, gleichzeitig aber auch der Besetz! gegeben worden ist. sofort freiwillig den Abschied einzureichen. Zur Vorgeschichte der Erkenntniste hören wir ferner, daß der Kaiser niit einzelnen der ihm zuerst vorgelegten Erkenntniste nicht einverstanden gewesen ist, diese zur abermaligen Aburtheilung zurückgegeben hat und dann einige im Gnadenwege dahin äuterte, daß der Spruch auf „Schuldig der Verletzung der StandeSehre unter Beantragung der Entlastung mit schlichtem Abschiede", in der Entscheidung auf „Schuldig der Verletzung der StandeSehre mit dem Befehl zur sofortigen freiwilligen Nachsuchung de« Abschiede«" gemildert wurde. Bei der Bestätigung der Urtheile hat der Kaiser sich namentlich auch über die niedrige Gesellschaft, in der sich die Ossiciere bewegt und über die Frivolität, mit der einzelne öffentlich vor dem Gericht in Hannover auf getreten sind, außerordentlich scharf ausgesprochen und eine neuerliche Ordre gegen da« Hazardspiel iu der Armee in der denkbar strengsten Form erlassen." — Die Kaiserin wird mit den kaiserlichen Kindern am 28. April au- Abbazia auf der Wildparkstation eintreffen und sich von dort nach dem Neuen Palais begeben. — In der am l2. d. M. abgehaltenen Plenarsitzung de« BundeSrathS wurde auch über den wegen der Wieder besetzung einer Rathsstelle beim Reichsgericht Aller höchsten Ort« einzureichenden Vorschlag Beschluß gefaßt. — Bon den Arbeiten, welche den BundeSrath beschäftigen ist die Vorlage, betreffend die Einführung der Be rufung im Slrasprocrß, die Entschädigung unschuldig Verurtheilter u. s. w, weit im Rückstände. Der Iustiz- auSschuß hat sich noch gar nicht damit beschäftigt. Bekanntlich hieß eS, daß die Negierung besonderen Werth darauf lege die Vorlage noch in dieser ReichStagStagnng verabschiedet zu sehen, woran nunmehr nicht zu denken »st. ES verlautet aber nach der „M. Z." mit ziemlicher Gewißheit, daß mehrere Bundesstaaten mit der Vorlage durchaus nicht einverstanden sind, vielmebr für eine vermehrte Heranziehung de» Laien element«, also für Hinzuziehung von Schössen zu den Straf kammern, eintreten. Wie weit die« richtig ist, bleibt abzu warten. Dir Angelegenheit wird im Bunde«rath „dilatorisch behandelt. E« scheint nicht, daß Preuße« geneigt ist, feinen jetzigen Standpunct aufzuaeben. In der nächsten Reich«tag«- tagung wird die Angelegenheit zweifellos zum Abschluß kommen — Di« Beratbungen im CultuSmiaisterium über die >kes»r« de« Höheren Mädchenschulweseo« werden zebtim gehalten. Da« Resultat wird erst nach Schluß der Lrörterungen bekannt gegeben werden. — In der „Schles.Zta." wird der General von Gvßler al« Verfasser der Artikel über den neuen Cur« im „Mil.» Wochenbl." bezeichnet. — Der russische Botschafter ft> Pari«, Bare» vou Mohren- heim, hat sich von hier nach Pari« begeben. — Die lause erwartete Vorlage, betreffend den Au-bau de« Dortmuud-Rheia-Canal«, wird morgen dem Ab- geordnrtenhause zugehen. — Der „vorwärts" meldet: Die Polizei wie« zwei russische und einen bulgarischen Studenten au«. — Der Anarchist Pawlowttsch. der zur Zeit eine VesSngnib- traf« vou «Is Monaten verbüßt, hatte sich heut» vor der 7. Straf, kammer de« Laadgericht« l wegen Ausreizung zu veraatwortra. L« handelt sich um eine am 11 November 1892 ln dem Etablissement „Löaig-bant" abgehalteae Auarchistea-Lersammlung. Es kam dabei zn einer DtScussion zwischen Socialdemokraten und Anarchisten, und alt der Angeklagte aogereizt wurde zu sagen, wa« er eigentlich wolle, soll er u. A. geiiußert haben: „Ich will lieber sagen, wa« ich nicht will; ich will beispielsweise nicht hungernd an einem Bäcker» laden vorübergehen, sondern hineintrelen und mir Schrippen nehmen" rc. »c. Der Bericht-Hos erblickt« hierin eine indirekt« Aus. reizung gegen di« besitzenden -lassen und verhängt« über den An- geklagten eine Zusatzstraf« von noch 1 Monat Gesäagntß. — Der Magistrat beschloß, der GrwerbeauSstellung im Jahre >896 den Treptower Park zur Verfügung zu stellen und eine Subvention vou 300 000 zu gewahren. — Mehrere Blätter berichten: „Der frühere Postschaffner Robert Haas«, der unter dem Verdacht in Untersuchungshaft gesessen hatte, «in auf dem Wege vom Postgebäude nach dem Bahnhöfe zu Liegnitz verschwun- den»« Packet entwendet zn haben, von der dortigen Strafkammer aber sreigespeochen worden war, hatte sich belchwerdesührend au den Herrn Iustizminisier gewendet bezüglich einer Entschädigung für die Zeit, in welcher er in Hast gesessen Am 6. d«. Mt«, erhielt Haase «in Schreiben de« ersten Herrn Staatsanwalt« zu Liegnitz mit dem Brschtide, daß ihm der Jnsitzminister für die unschuldig erlittene U»tersuchu»gShast ein« Entschädigung von 200 .6 be- willigt habe, zu deren Auszahlung die GerichtScaste angewiesen sei. Die von Haase unternommenen Schritte wegen Wiederanstellung im Postdienst sind dagegen erfolglos geblieben." Die Richtigkeit der vorstehenden Angaben vorausgesetzt, erscheint die Verweigerung der Wiederanstellung sehr be fremdlich. * Hamturg, 13. April. Gegen den verantwortlichen Heran», stber beS von den Socialistea am 18. März massenhaft ver» weiteten Flugblattes, den Schriftsteller Wetnberger, ist wegen Ansreiziing zum Llassenhaß das Strosversahren «ingeleitet worden. Desgleichen leitet« der Ältonaer Staatsanwalt da- Strafverfahren gegen de» Socialist«» Ligarrenniacher Kraus« in Altona ein wegen einer bet der Märzfeirr m WilhelmSburg gehaltenen aufreizenden Rede. (F. Z.) -s- Altenburg, 13. April. Der Kaiser ernannte heute unseren Herzog zum Chef de- neugebildeten 4. Bataillon» vom 7. thüringischen Infanterie-Regiment, da« bekanntlich mit dem l. Bataillon hier in Garnison liegt. Chef de« l. Bataillons ist Herzog Ernst seit Bildung des Jnsanterie- NegimcntS Nr. 96. * Würtbur«, 12. April Für heute war bekanntlich in Berlin gerichtlicher Termin zur Verhandlung gegen ven Frhrn. Karl v. Thüngen und den Redacteur der Würzburger „Bayerischen LandeSzrilung", Memminger, wegen Be- jeidigung deS Reichskanzler« Grafen Caprivi anberaumt, doch ist noch in letzter Stunde die Verhandlung wieder ver tagt worden. Ehe diese Vertagung bekannt war, hatte der Redacteur de« Würzburger Blatte- angekündigt, daß er sich iu Berlin nicht stellen werbe. Herr Mcmiiiinger hat an den Ber liner Staatsanwalt geschrieben, er möge ihm erst Reisegeld schicken, sein Gerichtsstand sei in Würzburg, nicht in Berlin. In der Vorladung sei zwar im Falle de« Nichterscheinen» die Verhaftung angedroht, doch gedenke er adzuwarten, ob dir bayerische Regierung ihren Gendarmen befehlen werde, einen bayerischen Bürger wegen eines in Bayern begangenen, an geblichen Vergehens an ein „ausländische-" Gericht auSzu liefern. Gleichzeitig druckt die „Bayerische LandcSzeitung' ein Schreiben ab, das ein mit Namen genannter preußischer Gutsbesitzer an den bayerischen Iustizniinister, vr. Freiherrn v. Leonrod, gerichtet hat und worin e« heißt: „Streng coiiservatlv-moiiarchifch« Männer, nicht etwa nur in Bayern, sondern vor allem auch in Preußen sind, wie der Unter- zeichnete geradezu erbittert über den ganzen mocku» proceckeucki gegen den Herr» v. Thüngen, der lediglich dem Ausdruck gegeben, wa- di« Seelen aller wahrhaft conservativen und patriotischen Deutschen erfüllt und schmerzlich bewegt. Al» Bayer, al» deutscher Patriot und bayerischer Iuliijiniiiister sind Ew. Ezcellenz nach meiner An- sicht verpflichtet, für dt« Reservatrecht« Ihre» engeren BaterlandeS in dieser Richtung energisch Stellung zu uehmeu und den au- gegrissenen Herro v. Thmigen zu schützen." * Ang-durg, 13. April. Der Verein zur Erbauung einer Kirche der Augsburger Confession hielt seine General versammlung ab, in welcher beschlossen wurde, bi« zu dem 400jährige» Geburtstage Melaochthoa'B i« Iahe, lOO 000 ^ aufzubrinaeu, um daun an die gesammte evang,lisch, Ehristeoheit zu appellier». Ferner Word« di« Stiftung Feoster« für die protestantische Kirche iu Speirr beschloss«, * München, 13 April. Prinz Ferdinand von Bol- soldeter Beruf-bürgrrmeister Oesterreich Ungar». * Wien, 13. April. Auf den vom RegimentSoberstn, Bcnka auögebrachten längeren Toast antwortete Kais«, Wilhelm, wie schon kurz gemeldet, daß e« ihn unendlich gefreut habe, sein Regiment besuchen zu können. Er s,i sowohl von den Mannschaften, al« auch vou dem Pferd«, material außerordentlich befriedigt. Seit dem Distai,. Ritt Wien-Berlin seien bei der Eavallerie große Fortschn«, gemacht worden, seine Eavallerie habe von der österreichische» viel gelernt, er habe seitdem mancherlei Neuerungen eingesührt Ter Kaiser leerte sodann sein Gla« aus da- Wohl de« obersten Kriegsherrn, Kaisers Franz Joseph, seine- Kameraden und aus da- Wohl seines Regiments. Zum Sieger im Distanz- ritt, dem Grasen Starheinberg, sagte der Kaiser: „Nun, lieber Starheinberg, wieviel Kilo reiten Sie?" Derselbe ant wortete: ,62, Majestät." Der Kaiser machte dem Grasen Starhemberg eine silberne Tabatitre mit dem Buchstabens, in Brillanten zum Geschenk. Im Lause de« Nachmittag» empfing der Kaiser in der Hofburg die Besuche der Mit glieder deS kaiserlichen Hause«. Um 6 Uhr fand dal Gala- diner im Eeremoiiieiisaale der Hofburg statt. Demselben wohnten bei: Kaiser Wilhelm mit Gefolge und die Sr. Majestät zugetbeilten Ossiciere, Kaiser Franz Josef, die Erzherzoge und Erzherzoginnen, sowie der Hofstaat, ferner die Fürst- erzbischose von Wien und Prag, der deutsche Botschafter Prinz Neuß mit den Herren von der deutschen Botschaft, der deutsche Generalconsul, die Hofchargen und General adjutanten, die Minister Fürst Windischgräy.vKalnoky.v. Kallas, v.Krieghammer und v. TiSza, der EorpScommandaul F.-Z.-M. Freiherr v. Schönfeld, der Generalstabschef F.-Z.-M. Freiherr v. Beck, der Stadtcomniandant, der Statthalter Gras Kiel- mannSegg, der Generalinsperteur der Eavallerie F.-M.-Ll. Freiherr v. Gagern, F.-M »Lt. Freiherr v. Wersebe, Brigate- general Ceyden, Oberst Bcnkeoe und Oberstlieutenant Kafka vom 7. Husarenregiment. — Abend- wohnte Kaiser Wilhelm der Vorstellung im Hofoperntheatcr bei» woselbst Leon Cavallo's „Bajazzi" und Smetana'S ,Fuß" zur Ausführung gelangten. Tie allerhöchsten Herrschaften erschienen kurz vor dem Schluß des ersten ActeS der „Bajazzi". Da« Gefolge nahm io den Prosceniumlogen Platz. Nach Schluß ter „Bajazzi" zogen sich die Herrschaften zurück, um den Th« einzunehmen, und erschienen zu Beginn der Oper Smetana'S „Kuß" wieder. * Wien, l3. April. Die Abendblätter beben den herz lichen, lebhafte Sympathie widerstrahlenden EmpfangKaiser Wilhelm'« in Wien hervor. Die „Neue Frei«Presse" sagt: Di« Sympathie gilt dem treuen Freunde unsere» Monarchen, dem Herrscher bc- in enger Gemeinschaft mit un« ver bündeten mächtigen deutsche» Reiches. Zn der Arbeit für den Frieden vereinigen sich Kaiser Franz Joses und Kaiser Wilhelm; ihre Völker begleiten diese Arbeit mit ihrem Danke, ihren Wünschen, wofür auch jetzt wieder der Empfang de« kaiserlichen Gaste» iu Wien ein be redtes Zeugniß ist. — Da» „Fremvenblatt" schreibt: Dem sestlichen Empsange, der dem hohen Gaste bereitet worden ist, hat sich die Bevölkerung au« vollem Herzen und in begeisterte» Zurufen der Freude über sein Erscheinen, welche» da» innige Verhältnis zwischen beiden Herrschern zum Ausdruck bringt, angeschlossen. — DaS „Neue Wiener Tagblatt" spricht sich folgendermaßen a»S: Die Reise deS deutschen Kaiser- ist eine Kette fortgesetzter Beweise der Innigke t der Beziehungen zwischen den Souverainen de« Dreibundes. Der Besuch iu Wien sei nur ein Glied mehr in dieser Kelte. Dir herzlichste Freundschaft ter Herrscher finde einen neuen Ausdruck ,n der diesmaligen An wesenheit de« deutschen Kaisers in Wien, welche vou keinerlei politischen Zwecken begleitet sei. DaS Haupt de« Reiches und dir Residenzstadt begrüßten auch diesmal den hohen Verbündeten und warmen Freund de« österreichischen Kaiser« mit aufrichtiger Freude. — Die „Presse" schreibt: Die öffent liche Meinung erblicke übereinstimmenv in dem Besuche de» Kaiser« Wilhelm eine neuerliche Belhätigung der beiderseits bestehenden innigen Beziehungen, welche zugleich für den europäischen Frieden von so hervorragender Bedeutnng seien. * Abbazta, 13. April. Die Kaiserin unternahm heute Vormittag einen Spaziergang in Begleitung de« Herzog« Ernst Günther zu Schleswig-Holstein und der beiden ältesten kaiserlichen Prinzeu. Nachmittags unternahm die Kaiserin an Bord der Aacht „Chnstabel" eine Rundfahrt im Golf. * Prag, 14. April. (Telegramm.) Der Statthalter verfügte die Beschlagnahme einiger tschechischer Blätter, welche die nicht inS Protokoll aiifgeuommeneu tschechischen Reden der Iungböhmen im ReichSrath veröffentlicht hatten. „Es ist wohl der letzte Sommer, den ich für lange in Europa verbringen werde. Im Herbste kommt mein Later, de» ich drei Jahre nicht gesehen, zurück." „Drei Jahre..." „Habe ich Ihnen nie erzählt, daß mein Vater Marine- Osficier ist?" „Nein." „Seit drei Jahren kreuzt er in den chinesischen Gewässern, aber »nn wird er abgelöst, ui» im Hafen Newport den Dienst zu thu». Da beibt die Familie beieinander. Viel Land zwar liegt zwischen Newport und New-Vjork, aber doch Land, und ich weiß ein Stückchen meiner neuen Hcimath, die ich liebe, das liebste mit mir drüben in der allen, da« wird mir «in beruhigendes Gefühl sein." Paul antwortete »ickit. Er batte kaum gehört, wa« sie gesprochen Eine tiefe Traurigkeit war über ihn gekommen. WaS bleibt, wenn auch sic davonzieht? .. Und... warum nicht wenigsten« die Gegenwart genieße», wenn die Zukunft ohne Hoffnung ist? ... Wozu ihn kämpfen, diesen Riesenkamps der Pflicht? „Was haben Sie?" fragte Anita. „Sie träumen." Paul schlug mit dem Stocke in das GraS am Wegrande. E« war, als ob er sich mit einein Rucke ausrassc. „Ja", sagte er mit erzwungener Lebhaftigkeit, „wenn Sie da« Leben eine» Traum nennen, dann träume ich; denn ich lebe ja!" „Ich nenne das Leben eine Kunst. Ich verstehe nur nicht, warum die Menge diese Kunst so leicht übt und warum gerade Diejenigen, welche erkennen, wie viel Großes und EdeleS da« Leben l iclc» kann, sie unter so viel Schwierigkeiten lernen." „Wer weiß, vielleicht geht r« un« einmal so wie Dem, der lange das lunstvolle Spiel der Bühne angestaunt und sich vergeblich bcinübt hat, bcrailSz»beko»»»en, wie der Mechanis mus deS wandelnden Mont«, all de« FenerzauderS und Spuk« ist, und dann, hinter die Eouliffen geführt, lacht über die einfache Gesibichlc; viclleicb« erwarben wir einst au« diesem wüsten Trannie. Leben genannt, »nt sehe», wie dumm eS ge wesen, daß wir uu» so abgequäl«, daß Alles nur ein Alpdruck war..." „Ick, glaube, wir würden das Leben weniger al- Oual «uipiiiide». wenn wir nnS gegenseitig weniger quälten... Das ift das Wunderbare, man weiß, wie flüchtig eS ist, wie vergänglich, die« Leben, »»k denuoch verbittern wir einander die kurze» Tlunte». Sollten wir nicht lieber Einer dem Andern da- Lebe» so angenehm wie möglich zu mache» suchen, statt daß wir in immerwährendem Kampfe leben? Ich muß Lcssing ganz recht geben mit seinem Testamente Johannis, die Ouintesienz de« EhristenthumS ist, die Quintessenz jeder zukünftigen Morallehre muß sein: Liebet Euch untereinander!" „Ja, liebet Euch untereinander!" rief Paul. Sehen Sic dort drüben die Schlösser? Wa« meinen Sie dazu, Anita, wenn wir in solchem Schlosse lebten?!" Anita lächelte. Sie hatte es ganz überhört, daß er sie beim Vornamen genannt. „Sie haben Recht, das war kein SommerspaziergangSgespräch ... Solch einSchloß?... Nun, ich habe wohl manchiiial den Wunsch gehabt, daß wir auch irgendwo ein Hau» besäßen, von dem ich sagen dürfte, hier haben meine Ahnen seit Jahrhunderten gelebt, diese Wände haben meinen Urgroßvater als jungen Mann, meinen Vater al« Kind gesehen, und doch bin ich froh, daß e« nicht so ist; Venn ich glaubt, dann sängt man leicht an. sich einzubilden, die eigene Familie sei mehr werth al« andere Leute/ Paul biß sich aus die Lippen. Da« war nicht die Wen dung, die er hatte herbeisühren wollen. Aber eS ist zu», daß r» so gekommen, gut, gut... fast hätte er sich nicht mehr halten könuen ... „Anita!" rief Cläre, die an einer Hecke stehen geblieben war. Paul und Anita gingen rascher. „Hier hast Du eine von Deinen geliebten weißen Rosen, eine Abschied-rose." „Sic soll mir ein ewige« Andenken sein", sagte Anita, sie zärtlich betrachtend und an ihre Brust steckend, „ich will sic »i mein LieblingSbuch lege», welche« auch immer gerade mein LieblingSbuch sein wird." „Lieben Sie die weißen Rosen besonder«?", fragte Willrich. „Ich habe sie in England lieben gelernt. Dort pflegt man sie so viel. Man ha» sie im Garten, auf dem Eßtische, in allen Zimmern, und schmückt sich selbst mit ihnen." Man war an der Fähre anzrkommen und stieg über da« schwankend« Bret hinüber io den Kahn. Paul tauchte di« Hand ties in'« Wasser und netzte sich die Stirn. „Hast Du Kopfschmerzen?" fragte Martha besorgt. „Nein, e« ist mir nur heiß." „Ihr könnt Alle miteinander nicht« vertragen", lachte Karl „In Honolulu brennt die Sonne ander«!" „Honolulu ist aber auch nicht da« Land der Denker und Dichter", erwiderte Martha. „Ei seht, Frau Schwäger«, welche Kampflust! Na, warten Sie nur!" „Ich fürchte mich nicht!" „Sehen Sie", rief Willrich, „da- ist die deutsche Frau? Immer bereit, für den Mann eine Lanze einzuleaen! Ich sag'S ja, ich sag « ja, nichts geht über die Ehe! Entschuldigen Sie diese Bemerkung, Fräulein Maxwell! Bedanken Sie sich bei mir, Herr Förster, ich habe eS Ihnen gleich gesagt, heiralhen, heirathen!" Steil führte der Weg den Berg hinauf. Glühend strahlte die Sonne herab. Nicht ganz ans dem Gipfel der Höhe lag die kleine Wein stube, versteckt im Garten, in dem hochstengeliger Mohn und Sonnenrosen, Kressen und Levkojen blühten. Ein langer Laubengang führte am Hange hin bi« nach dem lustigen Holztcmpelchen, auS dessen weinumrankten Fensteröffnungen man den Ausblick hatte über Thal und Fluß und Stadt. E« war zu heiß, al« daß man shätte draußen sitzen können, man ging hinein. „Ah!" ries T. O. Willrich, „sogar rin Piano! Da« ist ja köstlich! Da werden die Damen abwechselnd Tafelmusik machen können!" „Bor allen Dingen ist jetzt, glaube ich, der Gaumen zu berücksichtige»", warf Karl ein, „man wird mich keinen prosaischen Amerikaner schelten, wenn ich frage» wa- die Damen zu trinken wünschen." „Natürlich Kaffee." „Also zuerst Kaffee und binterdrein den Polterabendweio! Tafeln Sie auf, verehrte Ma am Wirthin, wa- Küche und der Keller, welch' letzterer hoffentlich angemessen kühl ist, zu bieten vermögen " „Wir haben Hiesigen, Mosel- und Rheinwein." „Auf den Hiesigen verzichten wir trotz allem Patriotismus! Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben! Also Johannisberger! Und zuerst Kaffee!" Die rolhbackige Wirthin eilte hinau«. „Sie muffen schon entschuldigen, meine Herrschaften", sagte Karl, „daß ich den Wirth spiele ..." „Da« ist meine Sache!" „Still. Schwager, kein« Widerrede, Do weißt, ich trage den geladenen Revolver bei mir ... keine Angst. Herr Willrich, wird nur bei Renitenz angewrndetk... Wie hübsch, daß wir die Einzigen hier sind, und wie hübsch ist diese kleine, ge- mütbliche Stube! Du hattest Recht, Cläre, so von ihr zu schwärmen." E> waren nnr zwei Tische in dem Zimmerchen, vor einem schwarzen Ledersopha unter der grüobeschirmteo Hänge lampe stand der eine. Zu den offene» Fensterchen herein nickten die Ranken, die draußen am Wandspalier hinanf- wnchsen, aus den Fensterbretern standen vielblätterige Fuchsien, ein paar vergilbte Drucke hingen an de» Wänden, ein dicker Stoß zerrissener Noten lag ans dein alten, braunpolirtcn Clavier in der Ecke. Dämmerung verhüllte den niedrigen Raum. Ja, da« ist ein Plätzchen zu stillem LiebeSgeslüster, dachte Paul und sah sich allein mit Anita Hand in Hand in dem alten, schwarzen Ledersopha sitzen, eine Biene summte leise durch da« Zimmer, der Sommerdust drang vou draußen herein... Man schlürfte den heißen Kaffee und aß den süßen Rosinenkuchen unter Scherzen und Wünschen, dann kam der eiSverlende Wein, und T. O. Willrich wurde so begeistert, daß seine Rede, die er aus die Verlobten im Speciellen und auf die Gesellschaft im Allgemeinen hielt, an zwei Stellen zu unwillkürlichen Neimen sich aufichwang. Auch Paul trank. Glühend rannte das Blut ihm durch die Adern. „Hurrah!" ries Willrich, der, während die Wirthin die Hängelampe von seine», Platze aus anzündete, »ach dem Clavier gegangen war. „DaS sind ja Walzer! Spielen Sic am Ende gar selbst, Frau Wirlhin?" „Nein, ich nicht, aber meine Tochter lernt beim Lehrer in Loschwitz unten . . wenn dir Herrschaften vielleicht ein Tänzchen . . ." „Freilich wollen die Herrschaften!" „Bravo! Bravo!" „Polterabend-Ball!" -Voll", sagte Karl und faßte den Tiscb an. Tische und Stühle winden an die Wand gerückt, die hübsche, braun,öpfige WirthStocbtcr ließ sich nicht vergeblich bitten, Willrich verbeugte sich ties vor Martha und Karl ver Cläre Langsam ging Paul zu Anita. Walzer Jetzt schweigt die Musik und dir Paar« Wechsel«. Adermal« Walzer. „Erinnerst Du Dich an un seren Walzer?" flüstert Martha zu Paul. „Ja", erwidert er tonlo« Seine Gedanken sind nicht bei Der, die an seiner Schulter hängt, ein andere- Weib hat in seinem Arme gelegen, da» Weib, da« er liebt, ja, da« er liebt, noch brennt ihm der Arm von dieser Umschlingung Wa« gilt ihm alle« Andere, da« ist und war?... (Fortsetznng folgt.)
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