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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.05.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940530022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894053002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894053002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-05
- Tag1894-05-30
- Monat1894-05
- Jahr1894
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4004 manne M ljiitin, der mit dem Fürsten Tscherkaßkiz die Verwaltn.ig de» Gebieke« übernahm, dir Regierung zur Freiübung der Universität zu bewegen. Eine interessante Zuschrijt eine» russischen Lebrer» in Polen an den „RuSkaja Sbin" macht die die polnische Sprache und Literatur verfolgende russische Schule für die Betbeiligung der polnischen Jugend an den politischen Demonstrationen verantwortlich Die Politik in der russischen Schule vergifte die polnische Jugend, die verbittert in das Leben trete, weil ihr verwehrt sei, wa« dir Schule den russischen Schülern eindringlich predige, nämlich die Liebe zur Muttersprache, Literatur und Geschichte der Heimath. Ueberall wird die Drmissiou deS bulgarischen Mini steriums unter Stambulow überrascht haben, denn, wenn eS auch kein Geheimnis mehr war, daß Fürst Ferdinand und sein erster Minister auf die Dauer nicht würden zusammen arbeiten können, so war man doch, zumal nach dem letzten großen Erfolg Stambulow» in der macedonischen Cchulsraze, diesem Meisterzug der Diplomatie, aus eine so plötzliche Wendung nicht gefaßt. Vorübergehende Trübungen de» Verhältnisse» zwischen Fürst und Minister haben ja schon früher stattzesunden, in der letzten Zeit war es nament lich da« Mißfallen, welches die Gemahlin de» Prinzen dem selbstbewußt nnd ohne viel Rücksicht aus höfische Etiqnette austretenken Stambulow entgegenbrachte, wodurch das Bestreben des Prinzen einen neuen, wohl entscheidenden Anstoß erhielt, sich von dem Manne zu befreien, der für ibn immer eine Mahnung sein mußte, eingedenk zu bleiben, wein er seine Anwesenheit in Bulgarien nnd sein Fürsteiilhiini zu verdanken habe. Bei einer solchen Stimmung des HofeS, die Stambulow natürlich nicht verborgen blieb, mußte es zu immer häufigeren Con- flictcn kommen, zu denen Mißstände in der Verwaltung, namentlich aber die Duellasfaire Stambulow'» mit dem zurtickgetreleuen KricgSminister Sawow Anlaß gaben. Die Armee sowohl wie der Fürst standen auf Seite Sawow's, worüber Stambulow keinen Augenblick mehr zweiselbajt sein konnte, als der von ihm vorgeschlagene Eandidat für da» KriegS-Porlefeuille abgelebnt, dagegen Oberst Petrow, ein OppositionSmann und persönlicher Gegner Stam- bulow's, ernannt wurde. Ueberhaupt bat die Opposition, an ihrer Spitze RadoSlawow und die früheren Minister Natschewitsch, Pontschew und Stoilow, schon seit langer Zeit planmäßig an der Untergrabung der Stellung ^tambulow's gearbeitet. Man scheint dem Prinzen Ferdinand vorgestellt zu haben, die politische Lage Bulgarien» sei nach innen und außen dermaßen consolidirt, daß eS keiner eisernen Regierung mehr bedürfe, und die neue Lage erbcische neue Männer — Vorstellungen, denen der von seiner Umgebung beeinflußte Prinz ein nur allzu williges Ohr lieh. Auch in Wien scheint man die Stellung Bulgariens für so gefestigt zu halten, daß e» den Abtritt Etambulow'S ohne ticse Erschütterung ertragen könne, ein Optimismus, dem wir un» so unbedingt nicht hinzugeben vermögen. Mil Stambulow scheidet ein Mann von uner meßlichen Verdiensten um sein Land und Volk, ein Mann von überragender Einsicht, von ehrlichem, starkem Willen, kein .angenehmer", aber ein sehr unentbehrlicher Minister. Deutsches Reich. s. Plaue», 29. Mai Vom WahlcomitS der Deutsch» socialcn werden die Wähler deS LandtagSabgeordneten Map Schubert ausgefordcrt, bei der Stichwahl im 23. Rcichs- tagSwahkkrrise am 1. Juni Mann für Mann ihre Stimme dem Candidaten der vereinigten Parteien, Herrn Wilhelm Uebel, zu geben. Von den Deutschsreisinnigen liegt bi» jetzt keine Erklärung vor. Am Donnrr»tag spricht in Plauen zu Gunsten des Herrn Wilhelm Uebel Generalsecretair Breit haupt an» Gotha. 6. kl. Berlin, 29. Mai. Der König von Sachsen ist heute Abend 9 Uhr 30 Minuten (wie schon telegraphisch gemeldet) aus dem Bahnhof Friedrichstraße hier einaetroffen. Der König ist bekanntlich kein seltener Gast in Berlin, trotz dem batten sich die Massen in einer Stärke eingesuuden, wie wir sie selten geschaut. Vom Bahnhof Friedrichstraße bi» zum Schloß stand daS Publicum in dickten Reihen. Der Kaiser halte sich in vierspänniger offener Equipage frühzeitig »ach dem Bahnbos begeben. Als der Zug, mit welchem der König kam, in die Halle einlief, ging der Kaiser sofort aus den Wagen zu. Der König, im grauen Mantel, stand am Fenster »nd grüßte freundlich' hinaus. Der König verließ den Wagen und beite Monarchen begrüßten sich durch Händedruck und herzliche Umarmung. Mehrere Minuten sprachen sie dann eifrig auf dem Perron, dann fuhren sie in der offenen Equipage nach dem Schloß. Die Hurrahruse de» nach Tausenden zahlenden Publicum» wollten kein Ende nehmen; hocherfreut über diese spontane Ovation dankten der König und der Kaiser aus da» herzlichste. Q Berlin, 29.Mai. Die parlamentarische Jahres zeit, soweit wenigsten» Berlin dabei in Betracht kommt, rht jetzt zu Ende, nachdem sie, mit «mr ganz kleinen Nater- rechuogen, dom November bi» jetzt gedauert. Bor November wird der Reichstag, vielleicht abgesehen von einer gelegentlichen Einberufung zur Eröffnung seine» neuen Gebäude», vorauS- ichtlich nicht wieder zusammeutreten. und e» steht sonach jetzt eine nahezu halbjährige Pause in derArbeit der Gesetzgebung be vor. Die Volksvertreter, die, wenn sie ihre Pflicht ernst nehmen, kein leichte» Amt haben, werden froh sein, den parla mentarischen Staub von den Füßen zu schütteln, und auch im politisch theilnehmenden Volk wird man eine längere Ruhepause nach dem in den letzten Monaten gebotenen über reiche» und kaum mehr zu bewältigenden Stoff angenehm em pfinden. ESsind, sowohlii»Reich«tag als >m preußischen Landtag, zwei recht ausgewachsene Sessionen, Liewir jetzt hinter uns baden, und eine gewisse Ermüdung ist wohl begreiflich. Die Sessionen nehmen immer mehr die Neigung an, fick in die Länge zu ; ieben, und dock wäre gerade da» Gegentheil wünsckenSwerlh. Denn der Parlamentarismus leidet Einbuße an Wirksamkeit und Anseben, wenn er, statt anzuregen, Ermüdung und llebersättigung bervorbringt. Daß unsere ParlamentS- essionen zu lang geworden sind, dürste von keiner Seite mehr bestritten werden, zumal wenn man mit der zeitlichen Ausdehnung die meist so dürftigen Ersolge vergleicht. — Ter „Kreurztg." zufolge sagte der Kaiser bei dem Festmahle des Ofsiciercorps de» 2. Garde-RegimentS: Ter heutige Tag, der 29. Mai, an den« e» ihm dereinst vergönnt gewesen sei, die zweite Infanterie-Brigade vor seinem Herrn Vater, dem Kaiser und König Friedrich, vorbeidefiliren zu lassen, werde in den Annalen dieser Brigade unvergessen bleiben. Er habe diesen Tag zur Feier der Erinnerung an Höchstseinen verewigten Herrn Vater inmitten der 2. Garde Jn- ianterie-Briaate auSerseben, und Ossicicre und Grenadiere würden diesen Tag in hoben Ebrcn halten zum Angedenken an Len Sieger von Königgrätz, Worth und Sedan. — Wie nach der „Voss. Ztg." verlautet, soll Prinz Johann Georg von Sachsen ä la suite eine» preußischen Regiment» gestellt werten. — Prinz Heinrich wird die deutschen Landwirthe, welche am 1l. Juni an der von der Deutschen Landwirth- schastS-Gescllschaft veranstalteten Epcursion nach Paretz theilnebmen, aus diesem historischen Besitzthum festlich be- wirthen lassen. — Die Agrarconferenz denkt, wie die „N.-L C" hört, in etwa acht Tagen mit ihren Arbeiten fertig zu werden. — In dem Proceß gegen Freiherrn von Thüngen war der Nedacteur der .Neuen Bayerischen LanreSzeitnng". Memminaer, ursprünglich mitangeklagt. Die Anklage gegen ihn ist jedoch sollen gelassen worden, dafür ist er aber zu dem für den 3l. d. MtS. vor der nennten Strafkammer de» Landgericht» I anberaumtcn Termin als Zeuge geladen. Aus Antrag de» Vorgcladenen ist von seinem persönlichen Erscheinen Abstand genommen, dafür aber seine protokolla rische Vernehmung an seinem Wohnort beschlossen worden. Um diese zu bewirken, mußten die Proceßacten gegen v. Thüngen und Genossen dorthin gesandt werden. Wie Frei herr v. Thüngen nun beute an die hiesige Staatsanwaltschaft telcgraphirl hat, ist dessen Vcrtheitiger, Rechtsanwalt Schi» ke in Berlin, dadurch außer Stande gewesen, sich mit dem In halt der Acten bekannt zu machen, weshalb Thüngen aber mals um den Aufschub de» Termins am 31. d». MtS. ersucht. Ob diesem Ersuchen slattzegeben werden wird, läßt sich jetzt noch nicht angebcn, da hierüber, der .Post" zufolge, noch kein Beschluß gefaßt wurde. — Lin weiblicher Agitator stand heute unter der Anklage der Aufreizung zum Llasseiihoß vor der ersten Strafkammer am Landgericht 11. Die Socialistin Ottilie BaaLerhatte am 7. Tecember v. I. und am 7. Januar d. I- st einen Vortrag im Mädchen- «nd Frauen»Bildung-Verein zu Reinickendorf gehalten. In dem letzteren war ein strafbarer Inhalt nicht zu erweisen. In dem rrsteren jedoch hatte die Angeklagte über den Streik der englischen Kohlenarbeiter gesprochen und gejagt, daß bei uns ein solcher Erfolg nicht möglich sei, da >a bei uns sofort Soldaten gerufen würden, die daraus loSschikßeu mußten. Am Schluffe der Rede hatte die Angeklagte gejagt, die Männer müßten die Waffen ergreifen. Der Bericht-bof gab als möglich zu, daß die Angeklagte hierbet vielleicht die geistigen Waffen gemeint habe, aber sie hätte sich doch sagen müssen, daß das Publicum bade zu dem Glauben gelangen können, e» solle Gewalt gepredigt werden. Die Angeklagte sei noch nicht bestraft und deshalb habe der Gerichts- Hof von einer Freiheitsstrafe abgesehen und auf 100 Geldstrafe erkannt. — Dir Nrubesrtzung de» ObcrpräsidinmS von Schlesien wird in der Presse viel erörtert Als Candidaten werden genannt Fürst Hatzfeld-Trachenberg, Gras Zedlitz- Trüyschler und neuerdings auch der Obcrpräsident von Ost preußen, Graf Udo Stolberg - Wernigerode. Ta indcß dem Regierungspräsidenten zu Königsberg, Or. von Heyde- brand und der Losa, der Liegnitzer Posten bereits zugesagt sein soll und nicht anzuncbmen ist, daß der Oberpräsident und ein Regierungspräsident von Ost preußen gleichzeitig nach Schlesien versetzt werden, so dürste Graf Udo Stolberg wohl a»S der Couibination auS- scheiden. Die Nachricht einzelner Blätter, daß der in Schlesien sehr beliebte Fürst Hatzfeld definitiv abgelehnt habe, ist nach den Informationen der »Berk N. N." nicht richtig. Di« Ernennung de» Grafen Zedlitz, der der äußersten Rechten al» ibr .kommender Mann" gilt, wäre ein charakteristisches Zeichen der Zeit. Graf Zedlitz ist der Fahnenträger der Reaction auf demjenigen Gebiete, auf welchem diese heut zu Tage am meisten eine thatfächliche Gefahr ist: auf dem der Schule und Kirche. — Von der .Neuen Fraktion" de» Herrenhauses wird in Theil gegen da» LandwirthschastSkammrrngesetz stimmen. — Der großbritannische Botschafter Sir Ed. Malet ist am Dieuttag früh von feinem Urlaub wieder zurückgekehrt und bat feine Billa in Potsdam bezogen, die er bis zum Lommerurlaub be wohnen wird. — Die Anarchisten hielten vorgestern in Ripdorf eine öffentliche Versammlung ab, in der sie das Andenken der in Barcelona Hingerichteten Genossen durch Er beben von den Sitzen ehrten. Ten Bierboycott wollten ie noch viel strenger durckgesührt wissen, als eö die Social- demokralie thue. Sie wollen überhaupt kein „bayerisches" Bier trinken, um sich nicht der Möglichkeit auSzusetzen, aus Umwegen dock boycottirtes zu bekommen. Einige „Partei- budiker" erhielten einen Rüffel, weil sie den Boycott nicht consequent genug durchführlen. — Einige treffende Bemerkungen macht die „Eonservative Correspondenz" über den Bicrdurst der Berliner „Ge nossen": „Das socialdemokratische Central-Organ behauptet, die boycottirten sieben Berliner Brauereien halten vor dem Boycott Wochentags täglich 3270 Tonnen, dagegen nach dem Bovcott (am 25. d. M.) nur now 1142 Tonnen ver laden. Danach wäre also eine tägliche Eonsumverminderung von rund 2100 Tonnen eingetreten. Da doch die „Genossen" aber auch vor dem Boycott schon Biere aus anderen Braue reien getrunken haben, also nur «in Theil der „Genossen" die Abnahme des EonsuniS der sieben Brauereien veranlaßt bat, so ließe das oben erwähnte enorme Quantum, welches fast zwei Drittel des gesammten Bierconsums auSmachtr — wenn die Ausstellung des „Vorwärts" richtig wäre — auf einen geradezu kolossalen Birrdurst der „Zielbewußten" schließen. * Hamburg, 29. Mai. Tie Versammlung der Tabak- Berufs-Genossenschaft verhandelte ausschließlich interne Angelegenheiten; dagegen wird morgen die General versammlung deS deutschen TabakvereinS einen politischen Eharakter tragen. Vertreter der Hamburger Presse sind ausgeschlossen. (F. Z.) tz. Hannover, 29. Mai. Die bekannt, begeht vr. Rudels von Bennigsen am 10. Juli d. I. seinen 70 Geburtstag. An demselben beabsichtigt die nationallibcrale Partei ihrem alle Zeit bewährten Führer ihre Verehrung und Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen und rüstet sich, den Tag, an wel chem Parteigenossen aus allen Theilen Deutschlands in unserer Stakt Zusammentreffen werden, festlich zu begebe». Eingeleitet soll die Feier Montag, den 9. Juli, Abends 8 Uhr durch einen FestconimerS im Odeon werden, zu welchem auch der Hannoversche Männergcsangverein seine Mitwirkung zuzesagt bat. Am Vormittag des 10. Juli wird der Empfang der Deputationen im Ober - Präsidialaebäude zur Uebcr- reichunz von Adressen und eines Ehrengeschenks statt- sinden. Gleichzeitig ist für die Gäste von auswärts, soweit dieselben nicht bei den Deputationen betheiligl sind, die Besichtigung der Stadt unter sachkundiger Führung geplant. Frühschoppen und Frühstück sollen ii» Cafe Rabe eingenommen werden. Nachmittags um 3 Uhr findet in der Georgshalle oder, falls deren Räume nicht ausreicben, im Odeon ein Festessen statt, das Herr Kasten auSrichten wird. Nach demselben, gegen 6 Uhr Nachmittags, soll eine Ausfahrt nach Herrenhausen und der Eilenriede unternommen werden, woran sich ein großes Gartenfest im Tivoli, an dem auch Damen Tbeil nehmen können, anschließcn wird. Mittwoch. I t. Juli, wird den Festtbeilncbmcrn Gelegenheit ge boten, Hildcshcim, das norddeutsche Nürnberg, kennen zu lernen. Gegen lt Ubr VorniiltagS werden dieselben mil einem Sondcrzuge bortbin fahren. Aus dem HildeSbcimer Bahnhof wird die Begrüßung stattfinden und ein gemein sames Frübstück eingenommen werden, worauf eine Wanderung Lurch Hildeskeim zur Besichtigung aller Sehenswürdigkeiten in verschiedenen Gruppen erfolgen soll. Um 3 Uhr Nach mittags ist Festessen in der Union, 4'/, Uhr Ausfahrt durch die Stadt und deren Umgebung, endend beim Bergholz, so dann Gartenfest in Knaup s Garten. Gegen 9 Ubr wird die Nncksabrt nach Hannover angetreten, wo in der Münchener Bierdalle der Abschiedstrunk eingenommen werden soll. Bennigsen hat seine Tbeilnabme an allen Haupttheilen der Festseier zu gesagt. Festkarten, welche zur Thcilnahme am FestconimerS, am Festessen, an der Ausfahrt nach Herren bausen und der Eileuriede, sowie dem Gartenscst im Tivoli berechtigen, werden gegen Einsendung von zehn Mark den Festtheilnehmern durch Herrn Ad. Kiepert, Geschäftsstelle der nationallibcralen Partei, Hannover, Grupenstraße 3, postfrei zugesandt; desgleichen Karten sür die Fahrt nach HildeSbeim, einschließlich deS Frühstücks, deS Festessens, der Ausfahrt und deS Gartenfestes, dort zum Preise von V Eine möglichst frühzeitige Anmeldung der sesttheilaehmer ist im Interesse der zu treffenden Lorkehnmge» ehr erwünscht. * vre»l«n, 29. Mai. Der Oberpräsident von Schlesien, v. von Seydewitz, ist vom Urlaub zurückgckehrk und hat die AmtSgeschäste vorläufig wieder übernommen. O. Girlitz, 29. Mai. (Privattelegramm.) Unter dem Vorsitz de» Freiherr» von Loen tagte hier beute eine von 400 Personen besuchte Versammlung de» Bunde- der landwirthe, welche nach einem Bortrag de» Abgeordneten Vr. Diederich Hahn folgende Resolution annakm: „Die beule in Görlitz versammelten Mitglieder de« Bundes der Landwirthe deS ReichStagSwahlkreiseS Görlitz - Lauda» geben ihrer lebhaften Freude darüber Ausdruck, daß das preußische StaatSmmistrrium sich jetzt endlich verpflichtet er klärt, energische Schritte zur Hebung der Nothlage derLand- wirthschasl zu thun; nur vermissen die heute Versammelten in dem vom LandwirtbschaftSministerium ausgestellten ArbeitS- grogranim zu ihrem Bedauern irgendwelche Vorschläge durch- greifender Art, wie der derzeitigen gänzlich mangelnden Renta bilität deS landwirthschastlicken Gcwerbe» in absehbarer Zeit Abhilje geschafft werden könnte." * München, 29. Mat. Der Prinzregent hielt heute die Parade über die hiesige Garnison ab. Da» Wetter war prachi- voll. — Die Kaiserin von Oesterreich ist heute Mittag nach Wel» abgereist. — Der Finanzausschuß der Abgeordnetenkammer ist in der vrelberujenen Streitfrage wegen Schaffung neuer Gymaajialvrosrsfureo nun doch der Reichsrakhrkammer eni- gegengekommen und hat einstimmig 30 statt 18 Stelle» bewilligt. Oesterreich.Ungar«. * Wie», 29. Mai. An der Tafel, welche heute itz, Ceremoniensaal der Hofburg abgehalten wurde, riabmrn außer dem Kaiser Theil: Der König beider Sicilien, der Herzog Alfred von Sachsen-Coburg-Gotha, der Graf von Easerta, die in Wien anwesenden Errberzoze und Erzherzoginnen, die Prinzen Ludwig August, August Leopold und Ludwig von Coburg, der Cardinal Fürst erzbischof Gruscha, der deutsche Botschastcr Gras zu Eulenburg, der englische Botschafter Mousoo, die obersten Hvfcbargcn, die Ministerpräsidenten Gras Windischgrätz und l)r. Wekerle, die Minister Gras Kalnoky, Kallas und v. Krieghanimer, die Generaladjutanten, die Suiten vom Hofdienste und vom Ehrendienste, sowie eine Deputation deS Jnfanterie-RegimentS Nr. 84. — Der Kaiser ernannte den Herzog Alfred von Sachsen-Coburg-Gotha zum Oberstinbabcr de» 84. Infanterie-Regiments. * Wlrn. 29. Mai. Dem heute Abend stattgebabten Hos- concertc wobnten der Kaiser, die hier anwesenden Fürst lichkeiten und Mitglieder des kaiserlichen Hauses, sowie d e Mitglieder de» diplomatischen Corps, die österreichischen und die hier weilenden ungarischen Minister außer Gras Tisza bei. Während der Pausen sprach der Kaiser den NuutiuS Agliardi, die Botschafter, sowie die Gemahlin,:e» derselben an. Nach dem Concert hielt der Kaiser Cercle unk drückte den niitwirkcnden Künstlern und Künstlerinnen seine vollste Anerkennung aus. * Wir», 29. Mai. Der ungarische Handelsminister Lukac» conferirte heute Nachmittag mil dem Minister des Auswärtigen Grasen Kalnvky über Angelegenheiten seines Refforts. Später conferirte der ungarische Ministerpräsident I)r. Wekerle mit dem Finanzminister vr. v. Plener. * Wien. 29. Mai. (Abgeordnetenhaus.) Bei der Bt- rathung der Preßnovelle beantragte Schwarz einen besonderen Paragraphen, betreffend den Schutz de» Abdruckes der Reichs- ratdsreden, »injiisligen. Ter Antrag wurde nbgelehnt. Im Lause der Debatte betonte Ko pp, es sei wünschenswerth, den Antrag zugleich mit der Frage der Staatssprache zu behandeln. Ter Iustizminister erklärte sich gegen den Antrag; es sei Sache der Gerichte, über die Wahrheit-Irene der Berichterstattung ans dem Parlamente zu entscheide». Tie Intention des Preßgesetzes ziele dahin, die wirklich gehaltenen Reden zu schützen, nicht das, wovon Jemand behauptet, daß es gesprochen worden. Der Minister wies alsdann die Behauptung der Jungtscheche» energi'ch zurück, daß er ein Feind des böhmischen Voltes sei; nur blinder Haß könne so sprechen. * Wtrn, 30. Mai. (Telegramm.) Gestern standen der ehemalige und der gegenwärtige Nedacteur der anarchistischen Zeitschrift „Zukunft" vor dem Schwurgerichte wegen Veröffentlichung aufreizender Aussätze. Die Beiden bekannten sich nur als theoretische Anarchisten und als Gegner der Propaganda der Tbat. Nach dem Wahrspruch der Geschworenen wurde der ehemalige Nedacteur, Namen- Cajela» Valenci, zu Kmonatizem und Joses Huber, der dermalige Nedacteur der „Zukunft", zu 3monatigem strengen Arrest verurtbeilt. Beide Angeklagte wurden sosorl in Last genommen. (Voss. Ztg.) * Wien, 30. Mai. (Privattelegramm.) Sämmtliche Blätter besprechen die gestrige Demijsion deS Cabinets in Sosia. Das „Fremdenblatt" sagt, der Rücktritt Etam bulow'S habe eine über die Grenzen Bulgarien» hinanSreicbenkr Bedeutung. Stambulow Kälte gewiß niemals zurücktreten wollen, wenn er gefühlt hätte, daß Bulgarien seiner festen Hand noch weiter znr Consolidirnng bedürfe. Die „diene Freie Presse" sagt, der Rücktritt sei fast als Katastrophe für Bulgarien zu betrachten, wenn da» bulgarische Volk nicht wiederholte Proben politischer Reist und Festigkeit abgelegt hätte, die gegangen war, wirklich nur, weil die Generalin dazwischen kam Aber unfreundlich blieb e» doch, Otto hat recht. Gerda ist nicht gern unfreundlich gegen irgend Jemand. Damit ist ihr denn auch eingefallen, daß da» Giebelzimmer in reckt schlechtem Zustande und sein Nordlicht in Rücksicht auf die Malerei cinc erbärmlich schleckte Cntschuldigung für Hilden » Zimmer bleibt. Noch mehr, Gerda ist so vergnügt, so ver gnügt und froh wie ein junges Vögelchen, wenn die Sonne icheint und Lengesluft weht; sie muß notbwendig noch jemand cinc Freude machen. Eine Garnitur rosensarbener Schneebälle, ein paar Apfclblüthcnzweigc im Arm hat sie den Weg hinaus genonimen. „So siebt e» gleich besser au»!" — Leichlsüßig springt daS Mädchen von dem Stubl binunter, von welchem aus sie die mit ihren lustig duftenden Papiertrophäen besteckt l,a» „Es ist ein wenig kahl hier, aber e» ging so schnell, daß Sie kamen." Hilde tenlt nickt daran, daß die Unterhandlungen wegen ihrer Allsnahine in der Familie bereit- seit Wochen gepflogen werde» sink. Sie findet eS furchtbar liebenswürdig, daß Fräulein Gerda sich ihretwegen beraubt. „Ack wo — Kleinigkeit", will sic sagen, endet aber: „Ich bade die Blumen ja sür Sie gearbeitet; denn e» macht sich besser so " Dann errötbet sic freilich, denn sie hat die Zweige erst eben au« dem eigenen Zimmer genommen — ob sie an des Bruders Katze denkt? Aber nein, e« ist ja keine Lüge, sie tönt ja das alles nur, damit die Fremde sich etwa» behaglicher in der neuen Heimath süblen möchte. Und mit ausrichkig zärtlichem Gcsübl schlingt sie jetzt die weichen Arme um deren schlanken, Holzen Racken: „Wissen Sie, Fräulein Hilde, wir wollen gute Freunde sein. Ich mag Sie gern. Nenne mich Tn." Cs mochten ungefähr neun Jabre sein, seildem Hilbert von Donach icncn für viele allerdings unbegreiflichen Streich gemacht batte, den Staatsdienst und Alle-, was mit den Privilegien seiner Stellung zusammenhing» zu quiltiren um einer V'.cbe willen. E» war übereilt und tdörickt gewesen, und zu seiner Ehre — wiewohl er in Anna Beringer so rechtschaffen unk toll verliebt gewesen war, wie nur ein Mann von Fünfundzwanzig sein kann — trug nicht allein die Romantik die Schuld daran, vielmehr auch der Acrger und die Empörung, daß sein Cbes so uncollegialisch bandeln konnte, ibni, dem noch unbesoldeten Assessor, bei der Geliebten den Rang streitig zu machen Empörung, daß ihm nun nicht» Andere» bleiben sollte, al» seine Meinung darüber in loyalem Gehorsam tobtzusckweigen: heißt e» doch auch für den Beamten, in Gehorsam und Loyalität nach oben jeden. Dennoch, eS war übereilt und thöncht gewesen, und Hilbert hatte es sich, abermals zu seiner Ebre gesagt, angelegen sein lassen, gut zu machen, indem er sich durchznschlagen versuchte mit allerlei Stellung, allerlei Arbeit in der neuen Welt. Indem sich so Hilbert bcmllbte, vernünftig zu sein, baS Leben zu nehmen, wie es war, daraus zu macken, was sich eben machen ließ, ebne jegliches Vorurtbeil, mit offenem Auge und Obr aus seine Umgebung zu merken, batte er bald gar mancherlei nutzbringende Erkenntniß gesammelt. Darunter zum Beispiel, daß Gott Mammon, Diva Eitelkeit und Dämon Selbstsucht überall ibr Wesen treiben; eine Zeit so wenig, wie der Mensch von seiner Haut, von ihrem Charakter lassen kann; Land und Leute an jedem Orte ibre Schäden baden: nur die Arbeit immer ein köstliche- Ding bleibt; tüchtig sein aber allein daS Mittel heißt, alle Schären zu verbessern! Damit hatte sich eine immer versöhnlichere Stimmung in Hilbert auch gegen die Heimath herauSgebildet. Er batte zuletzt sogar mit immer wachsender Echnsucht an dieselbe gekackt. Einstweilen aber galt eS, alle Kräfte zusammen- zunebnien für den Kampf um da» Dasein in einem Lande, wo die Concurrcnz noch viel deftiger wüthet und die Waffen neck viel schneidiger und rücksichtsloser gehandhabt werken als bei uns. Als dann nach Jabren die Nachricht eintraf, daß sein Vetter unglücklich mit dem Pferde in Hoppegartcn gestürzt, Hilbert al» der älteste seiner Linie zum MajoratSderrn aus- gcrückl war, da batte der Baron dem Verstorbenen eine aufrichtige Familientrauer gezollt, dann aber aufgcatbmet, so srisch und frei, als umwehe ibn schon de« deutschen Walde» heimatbliche Lust. Schassen aus eigenem Grund und Boden, den Blick nach oben, aber nur nach dem Himmel gerichtet, der alleinig böchsten Instanz sür den landwirlbschaftlicheo Erfolg: da- sollte fortan sein Leben sein. Hilbert von Donach batte intest bald seinen ursprünglichen Entschluß, nur ein einfacher, unabhängiger Landwirtb zu werken, geändert, indem er da» Amt rincS LantratbS damit zu vereinigen dachte. Er meinte, so müsse c» ,bm noch viel leichter werden, all die Mißstände, die grade in seinem Kreise recht stark nach einer Verbesserung jammerten, zu beben. Denn auch hierzu drängte c» ibn, wie kenn übrrbaupt dem Bedrängten eine helfende Hand zu bieten, dem Baron so zu sagen als ein Dank gegen sein Schicksal erschien. Bei Hilbert« Rückkehr von Amerika waren dir Güter noch verpachtet. Er batte noch einen landwirtbschastlichen Cursu» absolvirt, um seine bereit» aus amerikanischen Farmen gemachten Ersabrungen zu vervollständigen, und war eben dabei, in dem Ressort de- Präsidenten von Rettberg da» letzte Pensum der sür den Landrath notbwendigen Vorbereitungen über sich ergeben zu lassen, damit er geschickt und würdig sei, die im Frühjahr frei werdende Stelle in Bvckeuroda anzutrcten, für welche er sich zu melden beabsichtigte. Baron von Donach batte eigentlich für sich leben wollen, nur soviel Besuche gemacht, als eS unumgänglich nötbiz schien, bei den Spitzen etwa und seinen Vorgesetzten. E» hatten sich aber bald alte Beziebungen gesunden, Freunde aus der Studienzeit, Freunde der Familie; sie hatten ihm keine Rübe gelassen, und er war aus dem besten Wege, iu Geselligkeil aller Art bineingezogen zu werden. Auch Freund Hclldorf hatte ibn für diese Schliltenpartien, wie er c» nannte, „geklemmt". Eine Dame jedoch zu engagiren batte er abgelebnt als zu genant. Den Niedlichen in der Gesellschaft z» spielen, da» war vorüber. Er konnte überhaupt erst später kommen, denn er hatte zu tbun. Es dunkelte bereit», als der Baron den Schlitten bestieg. Die Laternen an seinem Gefährt bildeten die einzig Hellen Puncte in der Allee, welche zu dem kleinen Curorl in der Nabe führte, wo getanzt und soupirt und wieder getanzt werken sollte. Der Baron freute sich an dem Trab seiner Pferde, eS waren eigene; an der frischen, reinen Luft, und suhlte sich überhaupt mollig wohl bei der flotten Fahrt. Der Gasthof, von oben di» unten erleuchtet, machte auf dem ügel liegend zwischen Fichten und Tannen einen anheimelnden indruck. Donach kannte die Räume; er entledigte sich seiner Pelze und stieg die Treppe binauf. Auch der Saal machte den gleichen Eindruck, die lichlgetönten Wände mit ihren in einfachem Grün gehaltenen Blättern und Früchten ergaben einen anmutbig bcitern Hintergrund zu der eleganten Gesellschaft, die sich hier bewegte. Unwillkürlich blieb Hilbert unter den weißen Säulen sieben, welche, sich an dieser Seite de» SaaleS dem Eingang verlegend, eine Art Bogengang bildeten. Tie Mütter saßen aus den bunten PlüschsophaS, die sich an den lichtgetönten Wänden hinziebrn. Da» Auge mit dem Kneifer oder der langstieligen Lorgnette bewaffnet, folgt sie mit ibren Blicken dem Liebling auf seiner Tournöe durch die Welt oder beobachtet etwaige mißliebige Vorgänge. Tann und wann tuscheln die alten Damen, ie nachdem mit lächelnder, saurer, zuweilen recht böser Miene. Sebr schwach, al» Pendant dieser Jahrgänge, ist da« starke Geschlecht vertreten. E« scheint, auch io Grünbergen huldigen die Herren dem echt deutschen Satz, daß, wenn dir Zeit der Minne vorüber, man die Frauen am besten sich selbst überläßt und lieber die Cigarre, den Scat mit einem Mosel- oder Rheinblümchen anstatt anderer Redeblumen pflegt. Die Jugend allein ist in vollzähliger Harmonie vertreten. „Auf jede» hellfarbene Gewand", meint Donach, und dabei zuckt e» launig um seine Lippen, „kommt eine bunte Uniform oder rin schwarzer Ucberrock, letzterer aber stet» mit einer Blume im Knopfloch verziert. Sie bedeutet da» Abzeichen der Herren Referendare und Assessoren in Grünbergen, welche meist von Adel sind und zur Regierung geboren, im ersten Gasthof speisen, nur in Militair- und Casinokrcisen verkehren und zum Unterschied von ihren College» in der Justiz den Ehren- oder Spitz namen — da» habe ich nicht ergründen können — dir Garde-Referendare bekommen haben." Donach kennt nur wenige unter den Anwesenden, dir Saison ist noch im Beginnen. Inmitten de» heitern Treibens schleicht plötzlich ein Gefühl der Vereinsamung über sein Her; Da naht Helldorf mil frohem Gruß: „Brav, daß Tu Wort gehalten. Hübsch hier — hm? Alle» famo» im Zug." Nicht ohne eine gewisse Wehmuth empfindet der Baren, wie er um so viele» skeptischer der Gesellschaft und ihren Zerstreuungen gegenüberstehl als zu der Zeit, da er und r.. Freund noch im Flügellleide darnach gingen. Eigentlich r..:. um etwa» zu sagen, sagte er: „Ihr habt viel junge Dame» bicr" „Ah ja", lackt der Hauptmann, „Nachschub ist kolossn.! Am ersten Casinoball allein fünfundzwanzig neue Remcnten!" Nun lacht auch Donach hell aus über diesen cavallerislisckc:: Ausdruck, den der Führer einer Schwadron am Ente nur mit dem gleichen Rechte auf da» zarte Geschleckt anwendc:. wie auch dieses dem militairischen Jargon aus Gebiete, dir diesem ganz entgegengesetzt sind, zu übertragen liebt. Dan» sich eines ähnlichen bedienend, fährt er fort: „Aber kein Sta. darunter." „Ah dock" — der Hauptmann nennt einige Damen, Welche Gnade vor seinem Kennerauge gefunden haben. „Hm", Donach streicht lässig durch den lockigen Dar!: „Ein Corset und eine Schneiderin; ein Friseur und ein Kopf; rin Knix, immer dieselbe Schablone — alle Wettrr nein, wer ist denn da»? da unten an der zweiten Säule recht-, da» ist wirklich mal eine Figur. Dort neben Windig, bei Gott, da» Mädchen hat eine Haltung, all wenn sie dem Assessor eine Audienz erthrilte." (Fortsetzung folgte
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