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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.07.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940711023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894071102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894071102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-07
- Tag1894-07-11
- Monat1894-07
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5086 von Port Homilt», anfhStt. «nt»r tel*»» Utfifilllld»» koreLr ätsche» Gebiet z» nehmen. Stzame«. * M«VrtD, 11. Jult. (Telegramm) Die Depntlrten» kamuier hat gestern ihrem Präsidenten «in vertrauen»« Votum «rtheilt. Der Präsident hat daraus sein Entlassungs gesuch turückgenomme» Schweden und Norwegen. * Vatz, 10 Juli. Der Kaiser und die Kaiserin ver brachten den gestrigen Tag in Stalheim. Bormittag machten dieselben einen Spaziergang nach den Wasserfällen, Nachmittags einen solchen nach einem AuSsichtSpnncle. Bei der Abendtafel krackte der Kaiser das Wohl der Königin von Sckweden anläßlich deren Geburtstags au». Heute Mittag beabsichtigt das Kaiserpaar, sich zu Fuß nach Gudvangen zu begeben. Das Wetter ist andauernd schön. Rußland. * Gegenüber anders lautende» Meldungen auswärtiger Blätter erfährt die „Köln. Ztg." aus Petersburg, 10. Juli, von gut unterrichteter Seite, daß die Verschiebung der Hockzeit des Großsürsten-ThronsolgerS bisher nicht in Erwägung gezogen worden sei >V. Warschau. 10. Juli. Gestern und heute wurden die strafrechtlichen Urtheile gegen die Veranstalter und Th eil- nebmer der Straßeudeiiionstrationen anläßlich deS bundcrtjäbrigen Gedenktages der Warschauer Revolution unter Kilinski (17 April) verkündet. Gegen 160Personen,darunter der Nedactcur des inzwischen verbotenen Blattes „GloS", Potocki, wurden zur Verbannung nach den nördlichen beziebungsweise an Sibirien angrenzenden GouvcrneinentS sür einen Zeitraum von 2 bis 5 Jahren verurtheilt. 80 Per sonen wurden freigesprocheu. Orient. * Sofia, 11. Juli (Telegramm.) Prinz Ferdinand ist in der letzten Nacht mit dem Orienteppreßzuge nach Wien abgereist. Amerika. * Chicago, 10. Juli. Deb S, der Fübrer der Streikenden, ist unter der Anklage der Verschwörung verhaftet worden. Die Lage hat sich gebessert. Die Züge be ginnen wieder zu verkehren. In Voraussicht deS morgen beginnenden großen Ausstandes kommen immer noch reguläre Truppen an.— Die Lage in Californien ist sehr ernst. Sechs Compagnien Soldaten haben sich aus einem Dampfer von San Francisco nack Sacramento begeben. Dieselben führen Gatling-Kanonen mit sich. Die Ausständigen, welche 1500 Gewehre und eine Anzahl Revolver besitzen, sind aus eine Belagerung vorbereitet. Königreich Sachsen. -g- Leipzig, 11. Juli. I» Gegenwart des Herrn Kreis- hauptinanus von Ehrenstein, des Vorstandes und der Mitglieder deS Verein» für innere Mission, sowie vieler Freunde dieser Bestrebungen wurde beute Mittag die Eröffnung der dritten am Täubchenwcge errichteten Herberge zur Hcimath vollzogen. Nach dem Gesänge des Liede« „Lobe den Herren, o meine Seele" hielt Herr Pastor I>> Noch, Director deS Vereins für innere Mission, die Weiherede, die mit einem Gebete beschlossen wurde. Nach dem Gesänge des Liedes „Nun danket Alle Gott" wies Herr Geh Rath Professor vr. Wach den Hausvater der Herberge, Herrn Schubert, in sein Amt ein, worauf die Thcllnehmer eine Besichtigung der Euirnchtungen de« stattlichen HauseS Vornahmen. — Wie uns mitgetheilt wird, wird der bekannte Schneider meister Heinrich Dowe aus Mannheim vom 18. d. M. ab im Verein mit den Kunstsckützen Capitain Leon Martin und Frank Western im Krystall-Palast austrcten. Diese Nach richt wird nicht verseblen, großes Interesse zu erwecken. H Leipzig, II. Juli. Ein 22jähriger Gärtner auS Salz Wedel wurde gestern wegen einer ganzen Reibe von Betrügereien und Diebstählen verhaftet. Derselbe hat sich im Lause der letzten Zeit iviederbolt in Wohnungen eingcmietbet und seine Mietböleute unter der unwahren Angabe, seine Sachen befänden sick noch aus dem Bahnhofe, ibm fehlten aber einige Mari Gelb zur Bezahlung der Fracht für die selbe», zur Gewährung von Darlehen veranlaßt. In mehreren Fällen hat er auch in den von ihm ermictheten Schlafstellen Uhren und Geld gestohlen. —* In der Eutritzscher Straße wurde gestern ein lOjäbriger Knabe m dem Augenblick, als er an einer Droschke vorüber laufen wollte, von dem Pferde umgcrifsen und am Kops und an den Beinen verletzt. — Im Münchner Bürgerbräu (Hainstraße) finden heute und morgen die letzten Concerte der beliebten steueriscken Loncert-Sängergeselljchait von Joseph Schöpfer statt. Die Concerte beginnen um 8 Uhr. Süll. Die große, mit alles» Neklkltftgtll eingerichtete Papierfabrik (früher Alphon» Goedicke) am Bahnhase zu Leutzsch ist vor Kurzem an die Firma Prescker's Machsolger, Leipzig, Stein- und Etiquettendruckerei, käuflich Pbergegangea. Wie verlaute», soll der volle Betrieb dieses großen Etablissement- Anfang Oktober rintreten. Für die diesjährige rege Bauthätigkeit im hiesigen Orte ist dies recht erfreulich. — Die diesjährige Haupt Übung der hiesigen sreiwilliaen Feuerwehr hatte rin zahlreiche- schau lustige» Publicum auf den Schulplatz gelockt. Da» Feuerwehr- corp« führte zunächst Epercir-, vann Spriyeaübungen im Einzelnen vor. bei welchen sich dem Zuschauer Gelegenbeil bot, Einblick in die sichere Ausführung zu gewinnen. Mit größter Sicherheit, Gcivandthrit und Schnelligkeit wurden auch die Steigerübunaen auSgesührt. Den Schluß bildete ein Sturmangriff, der beste-Zeugniß von der tüchtigen Schulung de- hiesigen Feuerwchrcorps ablegte. Fünf Minuten nach dem Alarmsignal gab der Rohrfübrer bei 104 m Schlauch- länge vom zweiten Stock au» Wasser. Die im vorigen Jahre erbaute und Heuer nach den Angaven eines alten Praktikers mit großen. Vortheil erweiterte Wafferanlaae für Lösch- und Sprengzwecke bewährte sich dabei aus- Beste. Die an die Hauptnbung gewöhnlich sich anschließende Festlichkeit für die Mitglieder findet Umstände halber erst am 21. Juli statt. Ir. Rötha, 10. Juli. Heute gegen »/«6 Uhr Abends brannte der Dachstuhl der Scheune de» Rittergutes Böhlen tbeilweise nieder. Dem energischen Eingreifen gelang e», da- Feuer auf seinen Herd zu beschränken. Erschienen waren die Feuerwehren au» Rötha, Gaschwitz und Zwenkau. Dir EnlstehungSursache ist unbekannt. Wurzen. 10. Juli. Die Turnabtheilung de» social demokratischen Volksbildungsvereins, welche als srlbstständiaer Verein auftrat und sich als solcher auck an dem im Mai d. I. in Ernstthal abgehaltenen Kreisturntage der sccialdrniokratiscken „freien Turnerschast* betheiligt hat, ist wegen dieser Betbeiligung auf Grund von 88 21 und 25 de« Vereinsgesetzes gestern polizeilich aufgelöst worden. (Wurz. Tagebl.) Lftrau bei Döbel. Am hiesigen Babnhofe ereignete sich gestern Montag Vormittag 11 Uhr ein schwerer Unglücks- sall. Der Knecht de« Gutsbesitzer- Wolf in Niederwutzsch witz hatte aus dem Güterboden Getreide abgeladen und fuhr, da wegen baldiger Ankunft de» Riesaer GüterzugeS die BarriSre der Zufahrtsstraße abgesperrt war, den unter der Eisenbahniiberbrückung hinsübrenden Weg au» dem BahnbofS- gebiet heraus. Als das Geschirr an die Ucberbrückung heran- kam, fuhr gerade der Gütcrzug über die Brücke, hierdurch scheuten die Pferde und gingen nach dem Dorfe zu durch. Der Geschirrjührer ist hierbei abgestürzt, von dem Wage» überfahren und so schwer verletzt worden» daß er bald danach starb. Glauchau, 10. Juli. Die Einwohnerzahl unserer Stadt betrug Ende Juni 25 227. Werdau, 10. Juli. Mit Rücksicht aus den gegenwärtig herrschende» schleckten Geschäftsgang wird in verschiedene» hiesigen größere» Spinnereien nur noch fünf Tage i» der Woche voll gearbeitet. ck- Plauen, 10. Juli. Der erste Gewinn der mit der hiesigen GastwirthSgewerbe- und KochkunstanSstellunz ver bundenen Lotterie, bestellend in einem Pianino von Vogel L Sohn in Plauen, ist nach Reichenbach, der zweite Gewinn, eine Zimmereinrichtung, nach OelSnitz, der dritte Gewinn, ein Lilberbesteck, nach Plauen gekommen. Zittau, 10. Juli. Heute Morgen bat sick in seiner am Roßplatz belegenen Wohnung ein Einjährig-Freiwilliger des hiesigen Regiment» erschossen. — Ein recht hoffnungs volles Frücktchcn ist ein an der Gartcnstraße wohnender 12jähriger Schulknabe. Derselbe ist in kurzer Zeit dreimal in «ine Wohnung eingesliegcn und hat zusammen 23 gestohlen. Das gestohlene Geld hat der Junge vernascht. 8 Pirua, >0. Juli. Im diesigen AmtsgerichtS- Gesängniß befinden sich seit gestern Abend neun Unholde der schlimmsten Art. ES handelt sich dabei um einen am vergangenen Sonntag von nichtsächsischcn Zieaelarbeitcrn ini benachbarten FrietrichSwalde unternommenen Ueberfall in dem dortigen Gasthos „Zum Laurich", woselbst den Teil nehmern an einem harmlosen FechtvereinS-Vergnügcn j„ p-r übelsten Weise mitgespielt wurde. Die Epcedenten bewiesen die größte Frechheit, so daß mehrfach Blut floß und einzelne der Ueberfalleuen in die traurigste Verfassung gerietben. Was die Sache noch verschlimmert, ist die Thatsackc, daß,» keiner Weise eine Provokation erfolgt war und also lediglich die gewaltthätigste Scandalsucht die SchreckenSscene berbn- führte. Dem hiesigen „Anzeiger" schreibt man darüber, taß die roben Patrone, die nunmehr hinter Schloß und Riegel sitzen, sich geäußert hätten, den „Kaffee-Sachsen" einmal gründlich „das Fell gerben zu wollen". 2 Zur Belebung der Gustav-Adolf-Feste ist auf der HauplvereinSversammlung zu Radeberg >892 von einer Ver einigung von Gnstav-Adols-Freunden ein sogenannter „Guslao- Adols-Becher" gestiftet worden. Es ist die- die Nachbildung eines silbernen und innen und außen vergoldeten Beckers, welchen König Gustav Adolf nach einer Schlacht eincm seiner Björustjerne-Björnso» über die bisherigen Fehler der Radicalen ergeht, eine Tonart, in welche die officirllr Mehr- heiispublicistik mit stark verdrossener Miene einstimmt und dabei bittweise an den gemeinsamen Patriotismus aller norwegischen Parteien appellirt. Noch vor zwei Monaten Wäre diese Sprache unerhört gewesen. Die Gemeindewahlen in der hutgartscheu Haupt stadt waren eine Art Kraftprobe für die Regierung. Wenn nun, wir der Telegraph gemeldet hat, in den Gemeinderath von Sofia lauter RcgierungSleute gewählt wurden, so muß dabei in Betracht gezogen werden, daß die Anbänger Stam- bulow'S sich zum großen Theile von dem Wahlacte fern hielten. Es ist auch bekannt, daß in der Stadl Sofia, wo man das strenge Regiment des gewesenen Premierministers am unmittelbarsten fühlte, die meisten Gegner Stambulow's sich befinden, während seine Getreuen über das Land ver streut sind. Die entschecbenke Kraftprobe kann also erst bei den Sobranje-Wahle» erfolgen, und dann wird sich zeigen, ob das jetzige Ministerium eine Lebenskraft für längere Frist besitzt, als für die von süus Monaten, welche ihm Stambulow in einer Uuterredung mit dem Corrcspondenten der „Nowoje Wrenija" znmißt. Indessen bedeutet auch das Resultat der gestrigen Genieindewahlcn von Sofia immerhin einen Erfolg der neue» Regierung, der ihre Position zu festigen ge eignet ist, nur darf man nicht vergessen, mit welchen Mitteln die jeweiligen Machthaber Stimmung für sich zu machen gewohnt sind. — Wie der „Pol. Corr." aus Sofia gemeldet wird, bestätigt es sich, daß Privat klagen gegen Stambulow und gegen Organe der srühcren Regierung eingebracht worden sind, welche theils privatrcchtliche, »Heils strafrechtliche Grundlage haben. Ferner wird versichert, daß eine Untersuchung über die Asfaire der Ermordung Bcltschew's im Gange ist, sowie daß mau sick mit der Feststellung der Umstände befaßt, die den Tod des An geklagte» Tuseklschiew, der angeblich zu Tode gemartert worden sein soll, herbeigesührt haben. Die allgemeine An sicht, beißt es, gehe dahin, daß Stambulow sich doch vor dem Gerickte zu verantworten haben werde, sei eS in Folge von Privatklazen, sei es auf Grund eines AnklagebeschlusscS der künftigen Sobranje. Der Absicht, ihn vor Gericht zu stellen, setzt Stambulow ein bulgarisches „Dor lach ich öwer" entgegen. Deutsches Reich. U vrrlin, 10 Juli. Es hat den Anschein, als ob Europa diese« Jahr von ernsteren Choleraheimsuchunge» ver schont bleiben werde. Die aus Petersburg und Stockholm eintreffcnden Nachrichten über ErkranknngS- und Todesfälle betreffen nur vereinzelte Vorkommnisse, und auch ini europäi schen Westen und Südwesten herrschen im Allgemeinen normale Gesundheitszustände. Was aber vorzugsweise ins Gewicht fällt, ist der Umstand, daß diesmal di« Seuchenherde Arabiens, von welchen au» die Levaule- und Mittelmeerhäsen stets mit Cholera- Invasionen bedroht werken, zu keinen Bedenken ernsterer Natur Anlaß geben. Die Nachrichten aus dem HcdschaS, von wo gegenwärtig die letzten Pilgerkarawauen zurück kehren, lauten im Ganzen vortrefflich, so daß die Hoff nung begründet erscheint, es werde diesmal kein Anstecknngs- stoff durch die heimkehrenden Mekkapilger nach den Küsten ländern de« MiltelmeereS verschleppt werden Einige sanitäre Vorsichtsmaßregeln werden ja in de» AuSschissungShäsen immer noch am Platze sein, aber der allgemeine Gesundheits zustand ist so erfreulich wie selten, Dank der persönlichen Initiative de« Sultan«, welcher die strengsten Befehle er- theilt hat, daß die Vorschriften der verschiedenen europäischen Choleraconserenzrn nach Möglichkeit auch im Orient zur Durchführung gelangen. * Berlin, 10. Juli, lieber die Arbeitömcnge und Arbeits leistung beim deutschen Bergbau schreibt da- „Socialp. Crntralbl." in seiner neuesten Nummer: Faßt man an der Hand de« „Statistischen Jahrbuchs für da» Deutsche Reich" die Verhältnisse, wie sie sich bei der Kohlen- und Erz gewinnung in Deutschland bezüglich ArbeitSmenge und Arbeitsleistung gestaltet haben, näher in« Auge, so findet man, daß gegenwärtig ein und dieselbe Zahl von Arbeitern erheblich mehr leistet, als vor 30 Jahren, so daß die Pro duction in einem wesentlich stärkeren Grade zugcnommen hat, als die Arbeiterzahl. So wuchs die Zahl der bei der deutschen Steinkohlengewinnung beschäftigten Arbeiter von 94 579 im Durchschnitt de» Jahrfünftes 1861/65 auf 289 415 im Jahre 1892, also aus ungefähr da« Dreifache, während die Production von 17 563 900 1 aus 71 372 200 t, also aus über da» Vierfache stieg. Im Jahrfünft I86I/65 fördert rin Arbeiter demnach durchschnittlich 185,7 t, im Jahre 1892 dagegen 246,6 t Steinkohlen. Beim deutschen Eisenerzbergbau wurden im Jahrfünft 1861/65 durchschnittlich jährlich 23 952 Arbeiter, im Jabre 1892 da gegen 36 032 Arbeiter beschäftigt, gleichzeitig stieg die Pro duction an Erzen von 2 406 500 t aus t l 539 >00 1; im Durchschnitt 1861/65 förderte ein Mann demnach 100,5 1, im Jahre 1892 dagegen 320 t Eisenerze, also das Drei fache. Hiernach ist die LeistnngSsähigkeit der Arbeiter beträchtlich gestiegen, allerdings nicht bloS aus Grund Zweifel an der Gerechtigkeit und Gnade Gotte- durch seine Seele. XU Am nächsten Tage kamen der Graf und die Gräfin Berg holz nach dem Pfarrhaus« zu Landersen. Die Gräfin war in einer Aufregung, wie man sic an der stolzen kalte» Frau, der die Formen mehr als der Inhalt des Lebens wcrth zu sein schienen, »och nie vorher bemerkt hatte. Der Deckant führte sie an da» Lager de» verwundeten Kranken, neben welchem Anna bleich mit niedergeschlagenen Augen die Eltern de- Geliebten erwartete. Die Gräfin, welche sonst niemals eine innere Bewegung vor fremde» Augen batte blicken lasten, brach bei deni An blick des bleick und leblos taliegcnde» Sohne», dessen Kopf von der blutige» Binde umwunden war und aus dessen Lippen der fieberhafte Athen» keuchend hervorguoll, ,n Tbrä- nen aus. Sie kniete sckluckzend neben deni Bett nieder, drückte ihre Lippe» aus Hilmar'« Hände und flüsterte nur die Worte: „Mein Sobn, mein Sobn!" während sie ihre sonst so bcckmütbig blickenden Augen wie in brünstigem Gebet auswärts ricktete. Der Gras stand in finsterem Sinnen zur Seite. Er litt wobl niebr als sie; denn in seiner Brust regte sick eine Stimme, die ibm eine Schuld gegen seinen Sohn verwarf, für welche es vielleicht ans Erden keine Sübnc mebr gab, wenn diese« jungen hoffnungsvollen Lebens, das dem Tode verfalle» sckie», letztes Gefühl der Groll gegen seinen Vater bleiben sollte. Er konnte kiese Stimme nicht zum Schweigen bringen, so sebr er auch die lleberzeugung der erfüllten Pflicht, der er >a selbst die Jugendliebe geopfert, zu Hilfe rief Der Dechant stand mit gefalteten Händen rückwärts, sein stilles, rudig freundliches Leben war plötzlich so grausam unterbrochen, für all' da» Herzeleid, das sich hier in seinem Hause auf so wunderbare Weise vereinigte, wußte er keine Lösung und keine Hoffnung Plötzlich erhob sick die Gräfin Stärker strömten ihre Tbränen Sie umarmte ihren Gemahl, lehnte sich >chluchzcnd an besten Brust und flüsterte, zu ,l»» aufblickend: „Unser Sobn, unser armer Sobn!" Die Mutterliebe batte ihr Herz geweckt und ließ sie da ihre Stütze und ihren Trost suchen, wo sie bisher säst s,e, d -»»«sen war. HLH«er.Anstftzngu«^n»-dN^lbev. sondern au^anf Grvnd der Anwendung ZimpeM« u»d stabker Maschinen,^ welche den Arbeitern neurrdüH» zur Seile gestellt wnrda«, um ihnen die schweren Anstrengungen und gröbsten Arbeiten- abzunehmrn- Hierdurch wurde aber bewirkt, daß heute mit derselben 8Ubcvrriahl erheblich mehr erreicht wird, als vor 30 Jahren, wo die Maschinenkrast nicht im Entferntesten wie heute zur Förderung von Kohlen und Erzen heran gezogen wurde. — Der Lber-Hof- und Haus-Marschall de- Kaisers. Gras zu Eulenburg, ist in die Provinz abgrreist. — Ter Hosmarschall des Kaisers, Freiherr von und zu Eglofs stein, hat sich aus Urlaub nach Darmstadt begeben — Das Befinde» des Lultusittiiiisters vr. Bosse hat sich in letzter Zeit wesentlich gebessert, die Gallensteinerkrankung ist über wunden. Der Krästezustcind ist jedoch noch nicht so weit gediehen, daß der Minister seine Amtspflichten zu erfülle» in der Lage ist. Er wird daher in diesen Tagen Carlsbab aussuchen. — Hauptmann Kund hat sich in diesen Tagen wieder in Berlin ausgetzalien und wird in 14 Tagen »ach Kiel abreisrn, m» sich dort zu verheirathen. Die Besserung ln seinem Befinden hat wesentliche Fortschritte gemacht, namentlich ist die Fähigkeit, zu sprechen, merklich größer. — Im neue» ReichSlagSgebäude ist heute die erste Amlübandlung vollzogen worden. Ter Bureau-Tirector des Reichstags, Geh. NcgierungSrath Knack, hat den Lieutenant a. D. v. Bornstedt als HauSinspcctor vereidet und in sein Amt eingesührt. — In Nr. Itl deS „Berliner FremdenblatteS" War in einem Artikel „Rehabilitiruug de» Pastor- Witte" im Zu sammenhang mit der gegen denselben geführten TiSciplinar- llutersuchung die Mittheilung gemacht, daß der Präsident des brandeuburaische» CousistoriumS. 0 Schmidt, dem nächst in den Ruhestand trete» solle. AuS unbedingt zu verlässiger Quelle kan» die „N. Pr. Ztg." melden, daß diese Mittheilung aus der Lust gegriffen ist. * Danzig, io. Juli. Nach der „Tanziger Ztg " hat der Kaiser aus die Einladung des westpreußlschen Provinzial- AuSschusseS zu einer Festlichkeit in Danzig während der Kaiscrmauvver durck da» Cwilcabiiiet erwidern lasse», daß er die Einladung mit herzlichem Danke ablehne, da er bei der gedrückten wirthschaftlichc» Lage der Ostprovinzen keine besonderen Aufwendungen gemacht zu sehen wünsche, um so mebr, als die Provinz Westp,engen vor zwei Jahren bei dem Be such deS Kaiser» in Danzig ein glänzendes Fest bereitet habe. * Homburg, 10. Juli. Der deutsche Botschafter in Paris, Gras Münster, ist zu vierwöchigem Aufenthalt hier eingelrosjen. * Wiesbaden. >0. Juli. Die Strafkammer verhandelte beute abermals gegen einen Anarchisten, de» böhmischen Schneider Florian. Als er Nachlö lärmte und von einem Schutzmann zur Rnhe verwiesen wurde, schrie er denselben an: „Hier wohnen meine Freunde, eS lebe die Anarchie!" und widersetzte sich der Verhaftung, schreiend: „Jbr wollt uns regiere»; wir regieren; wir regieren Euch! Es wird nicht lange mehr dauern, dann wird die Polizei in die Lust gesprengt!" DaS Gericht vcrurlbeillc den Angeklagten zu 6 Monaten Gesängniß und 3 Wochen Haft. (Post.) * Ans Elsaff-Lothringe», 10. Juli. Daö Fest der Fahnen weihe de« Kriegervereins in Rusach hat ein sehr häß liches Nachspiel gehabt, insofern nämlich, als die katho lische Geistlichkeit mit DiSciplinarinaßregeln gegen die Thcilnebiner an dem Feste vvrgcgange» ist. Ein Geist licher der Umgegend bethcucrle von der Kanzel herab, in Rusach sei ein heidnisches Fest gefeiert worden War etwa ans dem nahcaelezencn Vollenberg Hepcntanz gewesen oder was sonst? Nein, es war noch viel schlimmer: der Kriegerverein RnfachS batte die ihm vom Kaiser gestiftete Fabne eingewciht und das Fest war glänzend verlausen. Die Fahncnjungfcrn, die das kaiserliche Geschenk getragen hatten, mußten dafür büße», daß sie sich a» solchen heidnischen Gebräuchen betheiligt halten. Nicht genug damit, daß ihnen der Gruß von den Geistlichen aus der Straße verweigert und sic von der Kanzel herab lächerlich gemacht wurden, wicS nian sie sogar ostentativ au« einem Saale, in dem zu Ehren eines Geistlichen Theater gespielt werden sollte. Der Kriegervercin wird die nötbigen Schritte thun, um die gebührende Genugthuung zu erhalten. (Straßb.Post.) Frankreich. * Paris, 10. Juli. Nach einer Meldung deS „TempS" auS Madrid ist inJunquera ein Anarchist verhaftet worden, welcher der Tbeilnahme an einem Complot gegen den Präsidenten Casimir Perier verdächtig ist. Italien. * Rom, 10. Juli. Dcvutirtenkammer. (Fortsetzung.) Nach- dem acht Redner in der Generaldebatte zum Gesetzentwürfe über ZwangSdomictle gesprochen hatten, wurde die Debatte aus morgen vertagt. Die Sitzung war ruhig verlausen. Großbritannien. * London, 10. Juli. Unterhaus. Der Parlaments-Unter- secretair des Auswärtigen Grec, erklärte, eS gehe aus dem im Jahre 1887 verossenltichten Schristenwcchjel bctrcfso Chinas hervor, daß Rußland sich verpflichtet habe, fall- die englische Besetzung Der Gras war mächtig erschüttert. Cr beugte sich zu ihr herab, küßte ihre Stirn und sagte: „Gott wird uns beistehen in dieser Noth, der ersten", fügte er ganz leise binzu, „die wir gemeinsam tragen, die uns in gemeinsamer Liebe zu unserem Kinde verbindet." Auch Anna war tief bewegt Als sie den Schmerz der Eltern um den Sohn sah, der um ihretwillen da» heiligste Band der Natur hatte zerreißen wollen, da kam sie sich fast schuldig vor, als ob sie einen Raub begangen habe an dem Frieden und der Rübe de» gräflichen Hause», und dock batten die Stunden am Krankenlager Hilmar'» die Liebe ihre- Herzen», welche sie nietcrgckämpst zu haben glaubte, in neuer reinerer Flamme auflodern lassen. eS schien ihr fast unmöglich, diese Flamme ersticken zu können, und sie hatte nur den einen Wunsch und da» eine Gebet, ihr Leben für da» seine geben zu können. Die Stunde war da, uni einen neuen Umschlag aufzulegen. Anna brachte die srisckc Binde und legte sie aus die Wunde, deren ganze Größe erst jetzt, da da» Tuch ab- genouin.en war. erkennbar wurde. Als bas kühlende Wasser seine Wirkung tbat, schlug Hilmar die Auge» auf. Sein nialter Blick erlcuchtele sich, als er da» Gesicht de» über ihn gebeugten Mädchens sab „Danke, danke", flüsterte er leise, „v, wie Wohl da» Ibut!" Dann öffnete er. mehr ibrem Wink, als ihren leise ge flüsterten Worten gehorchend, die Lippen, um sich die Arzeuei einslößc» zu taffe» Die Gräfin trat beran „Hilmar", sagte sie, „mein armer Sohn, sich her, Deine Mutter ist bei Dir." Sem Auge wendete sich wirklich zu ihr, aber da» Licht de» Verständnisses war erloschen, man sab, daß er sie nicht erkannte — noch einmal suckle sein Blick Anna, noch eininal flüsterte er ein leise» „Danke" und machte den Versuch, seine Hand nack ihr auszustrcckeu. Dann sänke» seine Augenlider wieder herab und wieder lag er in todesäbnlichcr Erstarrung da. „Anck ick danke Ihnen" — sagte die Gräfin, Anna ihre Hand reickeiid, welche diese kaum zu berühren wagte. „Meine Nickte", sagte der Deckant bcrantretend, „eS ist gut, daß ick sie >n> Hause bade", fügte er mit einem ernsten, säst vorwurfsvollen Blick ans den Grafen hinzu ; „denn sonst wäre wirklich Niemand dagewesrn, der eS verstanden hätte. so zart und vorsichtig mit dem armen jungen Herrn um- zugehen." Anna stand hoch erröthend, als die Gräfin ihr die Hand drückte. Auch der Graf trat beran. „Ick danke Ihnen mein Fräulein", sagte er mit tiefem Ernst, „Gott möge Ihnen lohnen." Er sah das zitternde Mädchen forschend an, eS schien, als ob er in seiner Erinnerung suche, als sie die thränen- schweren Augen scheu zu ibin anssckliig. Der Dechant aber sprach mit Nachdruck: „Die barmbcrzige Liebe, Herr Graf, findet ibren Lohn in sick selbst und erfüllt ihre Pflicht ebenso treu, aber schwerer vielleicht im stillen ,,»d verborgenen al- Mancher, der aus den Höben der Welt die Anerkennung seiner stolzen Kraft verlangt." Der Graf sckwieg. Noch eininal sah er Anna an. noch einmal zog eS wie dämmerndes Erinnern durch seine Blccke. Der Doclor kam. er erklärte einen Transport de» Ver wundeten für ui'miUelbar lebensgefährlich und unmöglich Hilmar, sagte er. müsse bi« z» völliger Fiebersreiheit im Pfarrbanse bleiben. Die Gräfin bestand darauf, dann auch bei ihrem Sohn zu bleiben, sie würde e» nie ertragen, Hilmar allein fremder Pflege zu überlassen. Der Deckant erschrak. Was sollte er mit der vornehmen Dame in seinem be scheidenen Hanse machen, aber er wagte keine Einrede und gab zugleich der alten Jcbanna Besebl, da» Wohnzimmer unten so gut wie möglich für die Gräfin einzuricbten. Die Kaiiiinersrau und ein Diener trr Gräfin sollten kommen und in dem DorftvirthshauS wohnen, um stets zur Bedienung zur Hand zu sein. Dir alte Johanna gerieft, über die ihr ertbeilten Befehle in eine fieberhafte Aufregung — eine so Hobe Dame in ibrem Hause — der Gedanke überwältigte sie, sie knickste unaufhörlick und stellte „nme, neue Fragen, wa» die gnädige Fra» Gräfin befehle und bedürfe, so baß der Dechant sie endlich energisch ans dem Krankenzimmer verwies und ihr kurz befahl, Alle» so gut zu machen, wie sie könne, da» übrige würde sick dann schon finden. Der Gras ging uut dem Dechanten in dessen Studir- ziunner. .Hochwürdiger Herr", sagte er bewegt, „wir soll ich Ihnen jemals danken für Alle», wa- Sie an meinem Solm gethan und gerade jetzt thun!" fügte er fast schüchtern bi»;» „Herr Graf", erwiderte der Dechant, „sprecken Sie nickt von Tank — Sie sind ein vornehmer Herr und ein reick.r Mann dazu, da mochten Sie vielleicht über den Dank Ihre eigenen Begriffe haben, die mit den meinigen nicht überein- stimmen." „Sie zürnen mir", erwiderte der Graf. „Nein", sagte der Dechant, „ich zürne Niemand und darf Niemand zürnen, der nach seinen Begriffen seine Pflicht tbu! " „Verzeihen Sie, bockwürdiger Herr", sagte der G«c, „und Ihre Nichte bleibt hier?" fragte er dann, „welch eine Prüfung für das arme Mädchen!" „Fürckten Sie nicht», Herr Graf", sagte der Dechant, „sie wird die Prüfung desteben. — Zwischen ihr und kein Traum, der einen Augenblick ihr junge» Herz belhörte, ist eine unübrrsteigliche Scheidewand aufgericktct, sie ist verlobt seit gestern mit einem braven Mann, dem Förster Marlen — den schwersten Kampf hat sie durchgekämpst, sie bat zu Ibrem Sohn gesprochen, wie sie sprecken mußte, und Cie. Herr Gras, können ruhig sein. — Was sie jetzt thut am Krankenbett, da- ist die Pflicht christlicher Liebe, die mit jenem Traum nichts mehr zu thun hat." Der Gras neigte da» Haupt. .Hockwürdiger Herr", sagte er, „ick beuge mich vor solchem Muthr und solcher Ergebung und wenn Sie klein von mir denken, so mögen Sie vielleicht recht haben." „Nicht klein denke ich von Ihnen", erwiderte der Dechant, „aber Sie, Herr Gras, sollen auch nicht glauben, daß die jenigen, die niedrig stehen auf der Stufenleiter der Welt, de« Mulhe» und der Kraft entbebren, ihre Plicht zu erfüllen, ohne sich dafür bezahlen zu lassen. Doch Sie sprachen von Dankbarkeit", sagte er schnell abbrechend, „ich weiß wobl, wo Sie diese Dankbarkeit besser anbringen können. Ta ist der arme Arbeiter Haarbrandt, der Ibren Sobn gerettet hat. als er sich mit eigener Lebensgefahr dem wilden Pferde entgegenwarf, da- ist ein armer, armer Teufel, dem sie alle etwa« am Zeuge sticken, weil er zuweilen einmal einen Hasen schieß», der ihm nicht gekört, er ist stark verwundet von Len Husschläaen de» Pferdes und liegt krank, wie ick gekört bade, dem besten Sie, er kann« brauchen» seine Kinder wollen essen und er kann nicht arbeiten." „Wo ist er, wo ist er?" fragte der Graf. (Fortsetzung sotgt.)
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