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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189407150
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18940715
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18940715
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-07
- Tag1894-07-15
- Monat1894-07
- Jahr1894
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1894
- Autor
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Vezvg-«Prei- V«» «b,»hoN: dkrrlrliährltch^lsXO. »*d Oesterreich r virrtesithnkch Ä 4— Direct» täglich« Kreuzhandiendun, tcht Nxltnchi monatlich 7.20. DvtX-t»-X»»n,b« erscheint täglich'/,? Uhr. K, «mch.«W»gake Wochentag« L Uhr. Lr>«cttlm »nt Expedition: SStzNMtXNNff« ». DstErpetzttton ist Wochentag» »nnnterbrochr» ,Äfftet X« früh 8 bt» »b«d» 7 Uhr. Filiale«: vtt» «e««'» Tsrti«. INlfred Hahn). Universttättsttaße l. e««t» L»sche, ßntharinrnstr. 11, pari, nnd KSiikgSdlatz 7. MWM.TWblM Mzelger. Lrgan für Politik, Localgrschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. A«zeige«,PreiS dl, 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reelsmea «nter dem Nedatttoasstrich ilß»' spalten) bO^^vor den Aamttiennachrichte» Größere Schrjstrn laut unserem Preis- derjeichniß. Labellartschet und Ziffernsatz »ach höherem Tarif. O,tr»-Veil«»e« (gefalzt), »»» mit »X Morgen-«u«aabe, ohne Poltbeförderun, » 60.—, mit Postbesttrdernn, «M 70c—> Annahmrschlvß fiir Attzeigeu: «d»»d-«Xgabe: Vormittag» 10 Uhr. Mor,»»-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Sonn» Und Festtag« früh '/,9 Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestelle» je ei« halb« Stnnd« früher. A«1«i»e» sind stet» an die GghrVtttan ^ zu richte». ^ Druck »Ad Verlag von L Pol» in Leipzig Sonntag den 15. Juli 1894. 88. Jahrgang AmMche Bekanntmachungen. Oessentliche Sitzung der Stadtverordneten «ittwach, den 18. Juli 18»4, «den»» «'/, Uhr, t« ritz«ng»f«ale am Raschmartte. Tagesordnung: I. Bericht des Versassungsausschusse» über Proreßeingehnng auf die Klag« de» Fabrikanten Herrn B. Wackernagel in Raum- bürg gegen di« Stadtoemetnoe Leipzig. II. Bericht des Aas. und Oekonomieausschusse» über die Vorlage, betr. Bestimmung über dir Zahl, Lage und Art der Lande- laber für die elektrische Straßenbeleuchtung und Verwilligung der einmaligen Anschasfungskosten. III. Bericht de- Bau- und FinanzausschusteS über Herstellung der Brtriebsgebüud« und des Wohnhauses mit Wasch, und Stallgebäude für dir Erweiterung de» Wasserwerke- bei Naunhof. IV. Bericht deS Bauausschusse» über: ». Einführung der Wasser« tettung in die Privatgärten an der Mühlengasse in Leipzig. Plagwitz; d. Ausführung von Bauarbeilen m der Kranken- Haus-Filiale am Täubchenwege in Leipzig-Reudnitz, o. Er- Weiterung der Räume de- Stadtverordnelen-Bureaus. v. Bericht des Bau-, Oekonomie- und Finanzausschusses über: a. Verkauf des an der Larl Tauchnitzstraße gelegenen Villen- bauplatzes Nr. 37; b. Ueberlassung '/, Antheits an dem Grundstück Fol. 26 de» Grund- und Hypothekenbuch- für Stötteritz u./TH. an die Stadtgemeinde; c. Verkauf des städtische» Hausarundstückes Seitengasse Nr. 17 in Leipzig Lößnig; 6. die Rath-vorlage und die Eingaben, betr. Ab- bruch de- Concertsaalflügels de- alten Gewandhaus«» rc., sowie Au»führnng eine« hauptsächlich für Meßzwecke be> stimmten Neubaues. VI. Bericht de- Finanz-, Bau- und Lekonomie.Au-schusse- über Arealüberlassung vom Johanni-platze zum Neubau der Johanniskirche und tzlusnahme einer Anleihe. VII. Bericht de- Schulan-schusses über Ausstellung eine» gemein samen Etats für alle drei Gymnasien. Vlll. Bericht des Schul-, Bau- und Finanzausschüsse» über: u. Neubau der Xlll. Bürgerschule an der Elisabethallee in Letpztg.Plaawttz; d. Aussührung eine» An baue« an den »srdlichen Giebel der IS. Bezirksschul« in Leipzig-Eulritzsch und eine« Abortneubaue- sür dieselbe Schule. IX. Bericht de- Oekonomieau-schnsse- über: u. Herstellung einer Fußwcgverbtnduug von der Wilhetmstraßr in Leipzig-Gohlis nach dem Dammwege im Rosenthale; d. theilweise Austöjung de- Pachte- über den Teich in Lcipzlg-Anger-Lroltendois und Ausführung verschiedener Herstellungen daselbst; o. An führung von Reparaturen an der Gohliser Grenzbrücke; ck. die Projekte über die Klärung der Schleußenwässer. X. Bericht de- Oekonomie- und Finanzausschusses über: u. Her strllung und Betrieb einer Versuchsanlage zu Klärung der Walser der ersten Borfluthschleuße, sowie Miitheilungen über Rieselfelderanlagen: d. Errichtung eine- Wärter- und eine- AborthäuSchenS im Parke zu Leipzig-Sellerhauscu. H. Bericht de- Oekonomie-, Verkehr-- und Versassungsausschusse- über EoncessionSertheilung zum Bau und Betrieb einer elektrischen Straßenbahn und die hiermit in Verbindung stehenden Eingaben. XU. Bericht de- Oekonomie- und Finanzausschusses über: Be> seitiaung de- Trenkengrabens in Leipzig-Lonnewitz durch hrn Bau einer Schleußt. Kall» tn »rr Nttznng am 18. Juli 1894 vorstehende Tagesordnung ntcht erlrtztgt wir», findet eine »eitere Sitzung Bekanntmachung. Wegen Gleis-Umbaues und Umpslasteruna des Eisenbahn» ibergange» in der Anguftenftratzc zu L.-Äohli» wird derselbe vom 1«. bi» 20. dirsr» Monat» für allen Fährverkehr gesperrt. Ter Durchgangsverkehr wird während dieser Zeit auf die Lindenthaler Gerast« über tzen BtrrtelSweg nach der Feid- ftratze verwiese». Leipzig, am 14. Juli 1894. Ter Rath der Ltadt Leipzig. IX. 7725. 1)r. Georgi. Stahl. Gesucht wird der am 30. März 1844 in Rodewisch geborene Haudarbeitrr Christian Gottlob Rndolph, welcher zur Fürsorge sür seine Kinder anzuhaiten ist. Leipzig, den 12. Juli 1894. Ter Rath der Stadt Leipzig, «rmenamt. «dtp. IV». X.K.IV». I11dn 94. tzentschel.Hr. Gesucht wird der am k. Januar 1862 in Earlsseld bei Schwarzenberg geborene Commis Ernst Hilmar Coldttz, welcher zur Fürsorge für seine Kinder anzuhaiten ist. Leipzig, den 13. Juli 1894. Ter Rath der Stadt Leipzig. klrmen-Am», Nbth. IV». X. R. IV», 1223».He» IscheI. Hr. Anmeldung )uin Anschluß an -ie Stadt-Fernsprecheinrichtuilg. Neue Anschlüsse an die Stadt-Fernsprecheinrichtuug sür Leipzig und Vorort« sind, wenn die Ausführung in den, im Monat September beginnende» zweiten Bauabschnitte de« lausenden Jahre» gewünscht wird, spätestens bi» znm l. August bei dem Kaiserlichen Stadt-Fernsprechamte hier, Grimmaischer Steinweg Nr. 3, II., anzumeiden. Später eingehende Anmeldungen können erst im nächstjährigen ersten, im Mouat April beginnenden Bauabjchnilte berücksichtigt werden. Einer Erneuerung der bereits vorgemerkten Anmeldungen bedarf eS nicht. Leipzig. S. Juli 1894. Der kaiserliche Ober-Postdirertor, Geheime Ldrr-Postrath. Walter. T«n«rr»tag, »rn 1». Juli 1894, Abends «'/, Uhr «alt. t« Sttzungssaai« am Raschmartt Tagesordnung: Rest der obigen Tagesordnung. Bekanntmachung, die katholische «trchenanlage betreffend. Zur Deckung des Bedarf- für die römisch-katholischen Kirchen der Erblonde ist für das laufende Jahr nach Maßgabe der vom Königlichen Ministerium de- Lultu- und öffentlichen Unterricht- erlassenen Bekanntmachung vom 1. vorigen Monat» eine Parochial- onlage in Löhe von 2» Pfennigen von jeder Mark de» normalmätzigrn LtaatSetntonimenftenrrsatzrs am IS. Juli diese« Jahre» zu erheben. Die hierzu beitragspflichtigen katholischen Glaubentgenoflen werden hierdurch aufgefordert, ihre Zahlung-Pflicht binnen drei Wochen, vom IS. dieses Monat- ab gerechnet, bei den betreffenden Zahlstellen zu erfüllen, widrigenfalls nach Ablauf dieser Frist gegen die Säumigen da- vorgrschriebene Beitreibung-verfahren etngelritet werden wird. Leipzig, am 13. Juli 1894. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgs.Koch. Bekanntmachung. Die Stadtgemeinde Chemnitz beabsichtigt, die am Hedwigbad unter Nr. 2 hier gelegene I»I«»terii»tt1»Iv unter Vorbehalt de- Eigenthums an der Wasserkraft und an dem Mllhlgrabenareale, so weit letztere- nicht von den Kloslermühl gebäuden bedeckt bez. innerhalb de- KlostermühIengrundstückS gelegen ist, wieder zu verkaufen. Tie Ausnutzung der Wasserkraft, wozu eine zur Mühle gehörige Turbine von 40 Pferdestärken vorhanden ist, soll unter gewissen Beschränkungen gegen einen entsprechenden Pachtzins auf 5 Jahre unkündbar und von da ab unter Einhaltung einer einjährigen Kündiguugssrist dem Käufer überlassen werden. Für den Betrieb der Mühle ist weiter eine im Jahre 1892 neu beschaffte horizontale Tandem-Conipound-Tampsmaschine mit Condensation für eine Normalleistung von 80 bis 100 effektiven Pferdestärken, sowie eine Siederohr-Tampskeffelanlage von 75,9 gm Heizfläche und 5 Atmosphären Ueberdruck vorhanden. Die Mühle ist nach den neueste» Erfahrungen der Mühlentechnik für Weizen, und RoggeninüUerei eingerichtet. Die monatliche Leistung hat mich Angabe des bisherigen Be sitzer- seither 37 bi» 40 Toppestvagen zu je 200 Centner betragen. Die vorhandenen Gebäude, Speicher, Stallunge», Wagen remis»» rc. befinden sich in bestem baulichen Zustande. Mit der Mühle ist sirger rin sehr gut gehendes Geschäft für Einzelverkauf verbunden. Kauflustige werden ersucht, ihre Angebote bi» svätesten» Sonnabend, de» 11. Ananft dsa. Ja., Mittag« 12 Uhr bei der Unterzeichneten Verwaltung rinzureichen. Ehemnitz, den 19. Juni 1894. Die Stadtbanverwaltnng der Stadt Lhemnitz Hechler, Sladtbaurath. Bekanntmachung. Mit Zustimmung der Herren Stadtverordneten haben wir de- schloffen, noch Maßgabe de- Planes T. V. Nr. 6836 st. st. X. Nr. 6683 den Lonnewitzer Bebauungsplan dergestalt abzuändern, daß di« zugleich di« Baufluchtlinien bildenden Straßensluchtliuien der Kochstraße in Leipzig-Lonnewitz auf deren Ausdehnung von der Straß« III bis zur Straße VI einerseits und bis zu ihrer südlichen Einmündung tn die Südstraße andererseits eine im genannten Plane durch grüne Einzeichnung kenntlich gemacht« Verdrückung »ach Osten unter Beibehaltung der festgesetzten Straßenbreite von 20,40 m erfahren. Diesrr Plan sTectur zu dem Lonnewitzer Bebauung-plane) liegt bei unserer Tiesbauverwaltung (Rathhaus, II. Stockwerk, Zimmer Rr. 23) vier Woche», vom Ablauf« des Tage« nach der Ausgabe der dies« Bekanntmachung enthaltenden Amtsblätter an gerechnet, zu Jedermann« Einsicht aus. Widersprüche gegen diesen Plan sind Innerhalb genannler Frist schriftlich bei uns anzubringen. Nach Ablauf der Frist «ingebrachte Widersprüche werden alt versäumt betrachtet und haben demgemäß leinen Anspruch auf Berücksichtigung. Leipzig, den 11. Juli 1894. Io. ???? Dar Rath har Stadt 945. Oe. Georgi. "W'i Bt«. Bekanntmachung. Nachdem die öffentlich ausgeschriebenen Arbeiten, di« Pflasterung der Moltke- und Erdmonnstraße in Leipzig-Plagwitz betr., ver- gebe» worden sind, werden dir unberücksichtigt gebliebenen Bewerber hierdurch aus ihren bezüglichen Angeboten entlassen. S. Juli 1894. Leipzig, am 9. _ 8«S 1°.^- Der Rath dar Stadt L vr. Georgi. Gumperl. Die städtische Sparkasse Beleiht Werthpaptere unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 10. Januar 1894. Die Sparcafftn-Dtpntation. Bekanntmachung. Von Herrn Friedensrichter Bruno Engtldkrg empfing der Samariter-Verein: 3 Sühn« in Sachen M. '/. Sch. - 10 B - w. n. - 30 - B F- '/. K. » 5 - V - E. '/- B. » 1 - - Ai. /. F. 1 - M. V- R. - I M - » M, '/. M. - 1 - - - Pi. V- K. - 5 - - - Sch. M 6 M - B M. /. vr. 1 - 3 B - R. Sch. - 5 R - - K. V- K. - 10 - - - M. /. E, - 10 - Sch. R- 5 M » G. '/. M. - 10 - K. Z. ' 1 Geschenk -- G. '/. G. Summa ./t 107, worüber hiermit danstnd auittirt wird. Leipzig, 1«. Iuji 1894. Drr vsrvapd de« Samariter-Verein». An hon Siebert, Schatzmeister. Der Anarchismus. Der Franzose Felrr ^ul-o!» hat rin ebenso zeitgemäßes wie interessante» Buch über den Anarchismus („l,s päril »narcsiist«') berauSgegeben, da» von M Trüdjen unter dem Titel .Tie anarchistische Gefahr" ins Deutsche übersetzt und bei A. Dieckmann in Amstkrtam erschienen ist. (Ls wird dem Leser bier in gedrängter Kürze rin übersichtliche» Bild über die gesanimtc anarchistische Bewegung entrollt. Dir Ereig niste, die anarchistische Lehre und ihre Urheber und Wort sührer, die Zeitschriften, Tagesblätter, Flugblätter, die auf reizenden bildlichen Darstellungen, dir Art und Weise der Agitation, das BersaniinlungSwesen der Anarchisten, alles daS führt der Bersasscr vor. (ir ist aus den glücklichen Gedanken gekommen, von Anfang an Alles zu sammeln, was die Anarchisten herauSgegebe» haben, und verfügt daber Uber rin wahres Museum, eine wahre .Kammer zur Folterung eine- ge sunden Geistes Allerdings ist sein Sammeleifer zumeist aus Frankreich beschränkt geblieben; waS außerhalb der Grenzen der Republik vor sich gegangen, kennt er viel weniger und beurtheilt er auch hin nnd wieder falsch. Aber lrotzdcin ist daS Material — ans eigenes Raisonneinent verzichtet er bei nahe ganz — geradezu überwältigend. <Li»en lehrreichen Artikel über dieses Buch finden wir in der „Weser-Ztg"; rr wird auch in unserem Leserkreise das Interesse erregen, das er verdient. DuboiS geht davon auS, daß der Anarchismus eine ein heitliche Erscheinung ist. AuS dem Strom der Berichte der Tageszeitungen ist da- keineswegs iinnicr mit Sicherheit zu beurtbcilen, denn gerade dir minder ausfallenden Ber- bindungSfäten entziehen sich der Aufmerksamkeit der Be richterstatter und deS zeitunglcsenden Publicum», zumal wen» sie sich über viele Jahre und über längere «reignißlose Zwischenräume erstrecken. Auch Duboi» leitet den Anarchismus ans den Russen Bakunin zurück. Vom Tode Bakuiiin'S bis zum Mai 1894 giebt der Verfasser dann ein Berzrichniß der Ereignisse, da-, obwohl es namenNich ür außerdeulschc Verhältnisse nur unvollständig ist — so ehlen z. B. die anarchistische Ermordung de» Polizciraths Kumpf in Frankfnrt a. M. und der Versuch, da» dortige Polizeipräsidium in die Luft zu sprengen — auch wobl den orgsältigsten Zeitungsleser an die alte Erfabrung erinnern wird, daß man Zeitereignisse schnell vergißt. Man kan» da» erste Eapitel des Anarchismus mit dein Tode Bakunin » ab- chließeu. Dieses Ereigniß gab den wenigen Anhängern, unter denen sich schon damals der vom (Loinmuneaujstante von 1871 der bekannte, als wissenschaftlicher Geograph übrigens wohlrenommirte Elysee Rcclus befand, den Anstoß, im löctober 1876 in Bern sich zu versammeln und eine Partei mit bestimmtem Aktionsprogramm zu bilden. Damit beginnt das zweite Eapitel, dessen Ende noch nicht gekommen zu sein cheint. In jenes ActionSproaranim wird sogleich die charak teristische „Propaganda der Thal" ausgenommen. Die Hauptsache ist, ob eS eine einheitliche Lehre giebt, auS der die vielen anarchistische»Morde,Mordversuche und Dynamit acte entsprungen sind, oder ob die wüsten Unholde, die sich zu allen Zeiten finden und überall als Hyäne» beim AaS zu treffe» sind, nur den „zeitgemäßen" Rainen Anarchisten be nutzen, nin sich zu kennzeichnen; ober ob sie gar nur damit gekennzeichnet werde». Die langjährige socialdemokratische Hetzarbeit hat in der Verrohung der Menschen, in der Ve» Icitung zur Gewaltthat den Anarchisten praktisch vorge arbeitet. Bei Streiks sind nicht wenige Gewalttdaten vor- gekomnien, eS sind Fabriken, Bergwerksckiackste zerstört, Poli zistcii ermordet und AchnlicheS mehr. DaS ist jedoch kein doktrinärer Anarchismus. Die Toctrincn des AnarchiS »ins und der Socialdemvkratie laufe» einander gerade ent gegen. Karl Marx und seine Anhänger wollen die gcsaniinte Production nebst allen PcodnctionSmilteln dem Staat über geben; der Staat soll alle Arbeit regeln und ebenso alle Güterverlheilung. Nichlsocialisten erblicken in diesem universellen Zwange die Ordnung de- Zuchthauses, Socialdcinokralen selbst protesliren zwar gegen diese Be Zeichnung, leugnen aber nickt, daß ihr System das der Ordnung durch Zwang ist. Ganz ander» Bakunin, ReclnS nnd Krapolkin sauimt ihren minder gebildeten Anhängern Auch sic wollen die gegenwärtige Gesellschaft Umstürzen und vertilgen, wie die Socialdeinokratic, aber sic wolle» keinen Zwang an die Stelle der von den Socialdemokraten bekämpften „planlosen Production" scben; sie wollen jegliche Gewalt de» Menschen über den Menickcn, auch der Mehr beit über die Minderheit, beseitigt wissen. „Dhu, was dir beliebt, Alles gehört Allen" ist ihr Wablsprnch. Arbeite, wenn du Vergnügen daran findest, andernfalls stehen dir auch ohne Arbeit die Vorräthe der Welt offen. Dieser Wahnsinn ist auch den Socialdeinokraten z» stark gewesen. Der Haß gegen die bestehende gesellschaftliche Lrdnun; aber vereinigt beide Parteien. An Hetzerei giebt die Social dcmokralie dem Anarchismus wenig nach, und gerade die verbetztestcn Elemente schlagen am leichtesten ins andere Extrem um und werden Anarchisten; sie widmen sich der „Propaganda der That". So besteht z. B. die Ber liner anarchistische Gruppe auS den socialtemokratiscken Genossen, welche von der Socialdeinokratic umstürzlerische Thaten erwartet haben. Aber andererse tS zügelt doch die Socialdemokratie ihre Anhänger in der Weise, daß sie einzelne Ausschreitungen, planloses Losschlagen zu ver hindern sucht, wenn auch nur, um kräftige Gegenwehr deS Staats und der bestehenden Gesellschast sernzuhalten Während die Socialdemokratie de» Ravackol, Vaillant, Eascrio u. s. w. zwar alle Nacksicht angedciheii läßt weil sie „verzweifelte Gegner der gegenwärtigen Gesell schaft" sind, jchüttelt sie sie doch von iyren Nockschößen ab, weil sie ihre Ziele und die Art ihres Vorgehens mißbilligt Ganz anders der Anarchismus. Wenn ein Gewaltact ge macht ist» so untersucht er etwa» ängstlich, ob der Urheber auch wohl anderen Ideen gefolgt ist, ob er etwa ein bloßer Räuber und Mörder ist, und, um sich einen NimbnS zu geben, sich Anarchist nennt. Stellt sich aber heraus, baß der Uebcllbäler kraft seine- anarchistischen Bewußtseins gebandelt bat. so verherrlicht er ihn und mackt ihngar zn einem Heiligen, zu emem Dulder für die Sache der Menschheit. So geschah eS mit Navachol, als sich herauSstcllle, daß seine letz!« Thal echter Anarchismus war, so mit Vaillant, Easerio, so mit vielen älteren Uebellhätern, z. B. auch Most und Rein-Lors. Selbst den Anarchismus wandelt hier und da xin Schrecken vor de» Riesen an, die ans den von ihm aus gesäeten Drachenzähnen bcrvorgehc». Henry, der die Bomb« >n das TerminnShotel warf, ist von vielen Anarchisten ver schmäht. So schrieb Octave Mirbau am 19 Februar d. I „Ein Todfeind der Anarchie hätte nicht bester gehandelt elS Emil Henry, als er seine unerklärliche Bombe niedcrlcgte Er sagt daß rr Anarchist sei; da- ist möglich, aber die Anarchie hat einen breiten Rücken; wie da» Papier, ist sie geduldig." Und Daniel Saurin schrieb: „Dir Bombe ist die schlimmste Autorität, der unfaßbare Despotismus, der elbst der cynischen Kühnheit entbehrt, der Haß empfängt nnd sich ihm auSsctzt. Die Bombe ist in hohem Grate anlianarchistisch, die wahre Anarchie mag sie um so mehr verdamme», als sie bis jetzt fast die einzige war, die durch sie litt." Recln« schrieb 1892: „Wenn Diejenigen, die ähnliche Barbarenthaten in der Absicht au«führen, die anarchistischen Ideen zu befördern, dann täuschen sie sich zewaltig" Dock wa» nützen solche feine Unterscheidungen, olckie lichte Augenblicke, wenn der ganze Strom der Wirkungen o entschieden nach der andern Seite geht? Wa« nütze» sie, wenn Scheusale, wie Ravackol und Vaillant, als „Äesu» des Anarchismus" angebelet und als Märtyrer verehrt werden, o Saß Tausende hineilen, um den Platz, wo sie hingerichtet ind, mit Kränzen und Blumen zu schmücken? Man hat eine ganz« Serie von „Heiligenbildern". Ravachol ist unter ihnen al- „nationaler Märtyrer". Seine Büste wird von einem Bande umschlungen, daS die Inschrift trägt: „Die Anarchie ist die Zukunft der Menschbeit" und „Eigrntbum ist Diebstahl". Die Unterschrift lautet: „Willst du glücklich sein, zum Henker, häng' Eigentbümer auf!" Jean Grave, eine« der thätigsien Mitglieder in der anarchistischen Literatur, saßt die Lehre kurz wie folgt zu- 'amnien: „Anarchie bedeutet die Negation der Autorität. Hc'un aber behauptet die Autorität, ihre Existenz durch die nolhwendige Vcrthcidi^ung der socialen Einrichtungen, wie Familie, Religion, Besitz u. s. w., zu legitimiren, unv hat «in gewaltiges Räderwerk geschaffen, um ihre Handhabung und Bestätigung zu versickern: Gesetz, Obrigkeit, Heer, gesetz geberische unv rxccutivc Macht u. s. w. Tie Anarchisten müssen daher alle diese Einrichtungen, die die AutoritätS- gcwalt zn ihrer Vcrtheidigung geschaffen und deren Nolh- wendigkcil sie zur Rechlsertigung ihrer eigenen Existenz zu beweisen sucht, angreise»." Die Anarchie wird sein „eine Gesellschast ohne Autorität, in der die Menschen aus dem Fuße völliger Gleichberechtigung leben ohne Privilegium, gern einsam verzehren, erzcnhcn und hanteln, wo keine persön liche Approbation Las vollendete Werk der nationalen Ent eignung stören oder selbst bedrohen wird — eine Gesell- 'chaft, die keinerlei Reckt, keinerlei Macht über daS Individuum haben, und wo in keinem Falle ein solches geopfert wird, weil sein Interesse einen Gegensatz zu dem Interesse eines anderen Individuums bilden könnte". „Alles gehört Allen", schreibt Fürst Krapotkin. „Ganze Generationen, die im Elend geboren und gestorben, durck ihre Herren unterdrückt nnd gemißhandelt, durch die Arbeit entkräftet sind, haben dem iinnizebnten Jahrhundert eine un geheure Erbschaft hinterlasse», daS dieselbe furchtbar ver größert hat. AUcS gehört Allen, weil Alle cS nöthig haben, weil Alle nach ihrem Können gearbeitet haben und weil es tbatsäcklich unmöglich ist, den Antbcil zu bestimmen, drr Jedem in der Production der Rcicktbnmer znkommt. Alles gekört Allen, und da Plan» und Weib ihren Antbeil an der Arbeit liefern, haben sie das Anrecht ans den Antheil an Allem, waS war oder durck die ganze Welt erzeugt wird. Und dieser Antkril wird ihnen schon Wohlstand geben. Die zweideutigen Formeln, wie „Recht auf Arbeit" oder „Jedem daS volle Product seiner Arbeit" sind überflüssig. WaS wir proclamircn ist Reckt ans Wohlstand, Wohlstand sür Alle." Fragt man nun, wie soll dieser Wohlstand erzeugt und verthcill werden, da Arbeiten dock der Mehrzahl der Mensch heit als eine unangenchme Sache gilt; wie soll man die Leute veranlasscn zn arbeiten, da sie ohne Arbeit doch ihr Recht auf Wohlstand haben, so erhält man Antworten, die von Hanswursten oder Verrückten herznrührcn scheinen und die verrathe», daß der Anarchismus alle Augenblicke zum SocialiSmuS greisen muß, uni seinen Phanlomcn den An schein möglicher Dinge zu geben. „Wird es keine Faulenzer mehr geben, welche die Arbeitenden ernähren müssen?" — „Nein, die wird cS nickt geben, wenn cS sich nicht mehr darum bandeln wird, sür Andere zu arbeiten: Derjenige aber, der sich die Freude der Arbeit versagen wirk», muß verrückt sein." Mit solchen läppischen Phrasen wird allen Ernstes aus die Frage nach der Veranlassung zur Arbeit geantwortet. „Milch wird nicht vertheilt; die wird sür die Neu geborenen reservirt. Eier werden selten, sie sind sür die Ge nesenden." Daran- ergicbt sich ja doch die Nothwendiakeil einer Vertheilung von Milch an die Fainilien mit Neu geborenen, es muß eine Anstalt da sein mit Zwang» vertbeilungSrechten, ja in der kleinen Forderung liegt die Nothwendigkeit der StaatSrindvieh- und CtaatSgeflügclzucht eingeschlossc». Wer wird sich denn andernfalls hindern lassen, Milch und Eier da zn nehmen, wo er sic findet; denn „Alles gehört ja Allen". Die gaiize Lehre ist unendlich absurd. Wer ander» als eine geordnete Staatsgewalt wird denn den starken, brutalen Mann in Schranken halten, daß er sein körperliche», durch Waffen verstärkte» Uebergewicht nicht zum Nacktheit der Schwachen, der Fraucn und Kinder, gellend macht? Eine Woche wirkliche Anarchie, nnd wir sind im rohesten Faustreckt, wie es selbst daS Mittelalter nicht gesehen. Nock läppischer sind die Antworten aus die Fragen nach der Erfüllung schwerer, verhaßter und lebensgefährlicher Arbeiten. „Man wird", sagt Krapotkin, „die Maschine erfinden, durch die man die Sonnenstrahlen lenken und sie arbeiten lassen kann, so daß man nicht in die Tiefen drr Erde zu steigen braucht, um Steinkohlen zn beschaffen." Möge Krapolkin doch heute schon diese herrliche Maschine erfinde» und dadurch den Bergbau überflüssig machen! Um Arbeitskrästr ans andere Art zu gewinnen, will Herr Bertbelot „Brunnen von 3—4V«»0 m Diese graben; das rngesiihrte Wasser wird im Grunde diesrr Brunnen daS senerfliissigc Erdinnere antrefsen, kochen, fein Dampf alle Maschinen in Bewegung setzen." Die Herren thiin» als ob sic Zauberer, Feen oder Heinzelmännchen arbeiten kaffen könnte». Wenn ihre Vorschläge anSsührbar wären» warum setzten sie nickt je eher desto lieber diese Pläne in Wirklichkeit um? Von ähnlichen Phantastereien noch mehr Beispiele zu geben, erscheint nnS überflüssig. Zur Verbreitung diese« niederen Blödsinn» finden sich nickt blc» Einzelne bereit, sondern c- bilden sich, wenigsten» in Frankreick, in allen größere» und Mittelstädten anar»»tiichc Vereine, und die ganz großen Städte haben ihrer viel«.
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