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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.07.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940725029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894072502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894072502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-07
- Tag1894-07-25
- Monat1894-07
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Bekleidet war dieselbe mit neuem, dellmodesardigem Mantel, der die Firma ,^ug-. kolick, Lsipris" und die Nr. 1977 trägt und mit „k. T." gezeichnet ist, neuem Aattunkleid, dunkelblau mit weiüen Punkten, modeforbigem Lorset, welche» die mit Bleistift geschriebene Nr. 56 zeigt, grauem, mit braunen, blauen und rothen Streifen versehenen Ueberrock. weißem Ptqu-rock, weißer Hose, Hemd mit gestickter Passe, aus der Achsel zu knöpfen und das Monogramm 1.' und die Sir. 10 tragend, schwarzen, wollenen Strümpfen, GlacSIederknopsstieseln, kleinem, weißem Strohhut mit großer, weißer Straußenfeder und erömesarbtgem Band, Rand glatt, Kops gerippt. Bei der Leiche fanden sich weiter vor: ein schwarzer Regenschirm, eia Taschentuch mit Monogramm „L. TV', eine Damenuhr mit unechter Kette, rin vergoldete» Armband mit Sicherheit-kettchen, rothem und blauem Stein und ongehängtem vergoldeten Herz, »in unechtes Armband mit tmitirter Lmaileiulage, ein schmaler, glatter, goldener Ring, rin breiter goldener Ring mit Perlenrosette, rin unechter Ring mit einem Simili-Diamant, »in Korallenschmuck, bestehend au» dreireihiger Kette mit goldenem Schloß, Broche und Ohrringen mit se einer Koralle. E« wird gebeten, Umstände, welche zur Feststellung der Persön lichkeit führen können, anher mitzutheileu. Gin« Photographie der Leiche liegt in meinem Bureau auf. Eisenach, dea 23. Juli 1894. Ter Erste Staatsanwalt. Der gegen den Oberkellner AochnS Wolf au- Alt-Toebern am 24. December 1884 erlassene Steckbrief wird hiermit erneuert. Beruburg, den 23. Juli 1894. Hrrzosl. Anhaltisches Amtsgericht. Edeltng. Politische Tagesschau. * Leipzig, 25. Äuli. Die Nltramontanrn entfalten seit einiger Zeit eine ver dächtige Fürsorge für da- Königreich Württemberg. Bor allen Dingen wollen sie bekanntlich da- Land mit einer eigenen CentrumSpartei beglücken, damit, wie die „Germania" geschmackvoll sich ausdrückt, die Katholiken aus- bören, Württemberg«,: zweiter Claffe zu sein. Die Herren sind so mutdig, daß sie eine offene Kriegserklärung an die anderen Parteien erlassen. »Die Nationalliberalen und die Demokraten fürchten sich vor der Gründung der neuen Partei, denn sie wissen, daß sie ihnen gilt", sagt die „Germania". Wir wünschten wohl, daß dieser Ausspruch beherzigt werden möge, besonder» von den Demokraten, die sich, wie da» Beispiel von Baden zeigt, oft so leicht dazu bereit finden lassen, für die Klerikalen die Kastanien au- dem Feuer zu holen. Die Gefahr, daß die demokratischen Kreis« dem Jrrlhum verfallen könnten, die Klerikalen al- s liebe Freunde anzusehen, liegt um so näher, al» diese allem ilnschein nach zuerst da- demokratische Mäntelchen umbängen werden, weil erfahrung-mäßig volkSthümliche Phrasen auf einen nicht unerheblichen Tdeil der würtlemberzischen Be völkerung einen sehr viel stärkeren Eindruck macken, al- in anderen Tbeilen Deutschlands. Um da- Mißtrauen der unteren BotkSsckichten nickt zu erregen, hat man bei der Be gründung der Partei e- für gut eracktet, den klerikalen A d el im Hintergründe zu lassen. Daß aber dieser Adel die Ziele der württembrrgischen Eentrumspartei al- richtig anerkennt und mit ihr Schulter an Schulter kämpfen will, wird von der „Germania" ausdrücklich bestätigt. Die württcm- bcrqiscken Demokraten werden gut daran tbun, auck Liefe Tbatsache im Auge zu bebalten. Aber noch auf andere Weise als durch die Begründung der württem- bergiscken (Zentrum-Partei wollen die Ultramontanen sich Einfluß in Württemberg verschaffen. Sie geben dabei von dem letzthin durch VertrauenSbruch veröffentlichten Erlaß der württembrrgischen Regierung a»S, daß die Wohlgesinnten sich gegen dir Socialdemokratic zusammenibun sollen, und der Regierung wird viel Schöne- über diesen Erlaß gesagt, zugleich aber angedeutet, daß dock der eine oder andere Männerorden wieder zugelassen werden solle, da sie eine hervorragende, von Freund und Feind anerkannte Befähigung zur Bekämpfung der Social demokratie batten. Wir wissen nickt, wann diese Befähigung vom Feinde anerkannt worden ist. Wir glauben vielmehr, daß, wenn auck die Orden der Bekämpfung der Social demokratie vielleicht einen Tbeil ihrer Zeit und ihrer Kraft widmeten, sie doch sicherlich den anderen und größeren Tbeil für die Ausbreitung de- Katbolici-mu» verwenden würden. Dadurch aber müßte der confessionclle Friede im Lande gestört werden, und jede Erregung der Unzusriedenbeit kommt in letzter Linie der Socialdemokratic zu Gute. Die württrmbergiscke Regierung dürste eS sich also reckt gründlich überlegen, den Teufel durch Beelzebub au-zutreiben. Auf dem polnischen Journalisten- und Schrift- stellertag, der anläßlich der Landcßau-stellung inLemberg zusammengelreten ist, baben sich verschiedene Redner über dir polnisch-nationale Bewegung in Deutschland und O e st er re ick so unverblümt ausgesprochen, daß auch der,welcher in der Polensrage sich noch ein gutgläubige- Herz bewahrt bat, über die letzten Ziele der polnischen Propaganda, sowie darüber nicht mehr in Zweifel sein kann, daß e- ein un verzeihlicher politischer Fehler ist, durch Zugeständnisse an die polnische Begehrlichkeit diese ins Maßlose zu steigern. Zu dem Schriststellertag batten sich auch Gäste au« Preußisch- und Oesterreichisch-Schlesien eingefunden, von welchen die erstrren vir dortige national-polnische Bewegung schilderten und die Stamme-genossen in Oesterreich zu gleicher Rührig keit anspornten. So führte vr. LelichowSki u. A. au», daß tn Preußisch-Polen dte polnische Literatur sich auf religiöser Grundlage entwickele; Zeitschriften feien daselbst stark verbreitet. Analphabeten gebe e» in diesem polnischen Landestheile keine, und jede «eur Wahl in dir Revräsentativkörper zeige die Stärkung und Zu nahme he» polnischen Nationalbewußtsein» Da» polnische Landvolk lese nicht blo« Volk»fchriften, sondern ouch TageSblätler. Tie landwirihschaslltchen Gauverbände entwickelten sich in günstiger Weise. Broschüren und Bücher gelangen in großer Anzahl zum Verkauf. Sehr erfreulich schreite, wie 1>r. Parizewski constatirte, di« VolkSaufklärung in Preußisch.Schlesien sort. Liese», sagte er. da» bi» vor nicht langer Zeit al« ein verlorener Posten angesehen wurde, bilde jetzt schon den Mittelpunkt der polnisch, nalionalen Bewegung in Schlesien. Ta» Blatt „Kalolik" habe dort eine Auflage von 16000 Exemplaren. Analphabeten seien säst aar nicht vorhanden. Zu dem höheren Bildungsgrade deS polnischen Landvolkes habe die Freiheit der Lolportage und der Errichtung von Druckereien wesentlich beigelragen. Tie polnische Bevölkerung in Preußlsch-Tchleii,» betrage t 2011000 Seelen. I» dieser Hiiincht siede Oesterreich-Schlesien bedeutend zurück. Hier befänden sich die Polen zwar in der Mehrheit, aber sie vermögen jegen die künstliche Wahlordnung nicht» auszurichlen. Tie höheren schichten germanisirten sorgsam die Jugend und die Eltern »nisiten Lader ihre Kinder sorgsam vor der Germanislrung bewahren. Des halb. so führte ein anderer Redner ouS, sei die Allgemeinheit der Polen verpflichte!, den in ihrer Nationalität gefährdeten Stammes- genossen Lesterrcichlsch-SchlestenS Beistand zu leckten; hier sei vor Allem «in polnische» Gvmnasium, eine volnische Realschule und eine polnische Lehrerbildungsanstalt »othwendig. Man sieht au» diesen Aeußerungen, daß da- Ziel der religiösen Jugenderziehung lediglich die nationale Aufklärung im Sinne der grvßpolnischcn Agitatoren ist. und daß alle» Rusen nach Erleichterung und Vermehrung de- polnischen Unterricht- nur diesem einen Zwecke dient. Wie sich die Polen die Grenzen ihre- Reiche- denken, da- erhellt daran-, daß sie ibm jetzt auch Schlesien zuzählen, welche- stet» der deutschen Entlur zuncigte, deutsche Einwanderer a» sich zog und seit der Mitte de- l2. Jahrhunderts kein Beslanttheil de- polnischen Reiche- mebr war, sontern stets eine gesonderte Existenz unter böhmischem und deutschem Einftusse führte. Ein bockbetagter gründlicher Kenner Frankreichs und der Franzose», Bartbölemy St.-Hilaire, der noch im Ministerium Ferr» 1880 da- Ressort deö Acußeren inne batte, stellt im „Figaro" de» Beziehungen TemschtantS und Frankreich- in der nächsten Zukunft solgrndc Diagnose: „Ich bin mein gaiizeS Leben Optimist gewesen, ich habe den Eindruck, al» ob diese Art der Anschauung sogar starker ge- worden sei mit ineinen Jahre» — nächsten Monat, so Gott will, trete ich in« neunzigste — und ich preise den Schöpser aller Tinge. Aber über di» nächste Zukunft bin ich trotz alledem im Unklaren. E» giebt keinen Franzoien, den nickt die Achtung», und Theilnakmebcweise bei der erschütternden Katastrophe, die hinter uns liegt, tief gerührt hätten, besonder» jene Knud, gedungen, die von unseren Gegner» kamen. So bat kein Condolenzact so lebhast gewirkt, wie der de? KaiierS Wilvelm, weniger durch seine Form, die ja gewiß schön gewesen, als durch den Schwung und de» Adel der Empfindung, die dort zu Tage tialen. Ta» kost- bare Resultat solcher Kundgebungen liegt in der Thatsach», daß sie uns ob der Gesittung in der Zniunst die Sorge nehmen: man wird mit der größten Erbitterung aus den Schlachtfelder» kämpirn und dars gleichwohl hassen, daß unter den Völkern da» Gesüßt für die Menschlichkeit nicht ersterbe: mitten in die Wirren des socialen Kampsc«, >,, die Entsesselung wildester Leidenschaften, welch« die Wiederkedr der Barbarei androhen, tritt »in solche» Schaii'piel svmvalhtscher Wechselbeziehungen. Dieser allgemeine Zug der Theil- »ahme schasst eine Pause in de» Vorbereitungen zum Kamps«, der Friede scheint mir wenigstens für diese» und da- nächste Jahrgesickert. Lange Hoffnung ist nicht gestaltet: da» Vertrauen ist zu lange »ntenvühlt und die Fortschritte der Bewaffnung bilden an sich schon eine stetige Quelle für den Gedanke» a» den Krieg, der durch irgen>-äeinen Zufall, einen Grenzslreit kleinlichster Natur ganz unvermulhe^eintretc» kann. Ter Krieg wird so lange nicht an» der Welt gesckagl werden, al» nicht die menschliche Natur sich von Grund au»' verkehrt — die anarchistische Gefahr wird den Krieg aber einige Zeit in den Hintergrund drängen, weit sie verschiedene Staaten zwingt, zunächst im Innern sich selbst zu schützen." Diese« Unheil de» greisen Gelehrten, der zugleich mit dem praktischen Auge de» Politiker- die Dinge zu sehen gewohnt >st, bat alle Wahrscheinlichkeit sür sich, und man wird in Deutschland am besten berathen sein, wenn man sich danach richtet. Welch großen Fehler die franzvsischr Regierung be gangen bat, daß sie sich bei der Bcratbnng de- Anarchisten gesetzt- von der geraten Linie bat abdrängcn lassen, indem sie dem Antrag Bourgeois zustimmte, wonach Preßvcr- herrlickungen von Mord, Rauh n. s. w. nur dann vor die Zuchtpolizeigerichte verwiesen werden sollen, wenn sie eine anarchistische Tendenz haben, zeigte sich in der Sonnabendsitzung der Kammer, in welcher die Regierung bei Aruket II de» Gesetzes niit einer solchen Masse dem Wesens der Borlage direct widersprechender, aber auch untereinander nicht ,m Einklang stehender Amendements von oppositioneller Seite überschüttet wurde, daß eine völlige Begriffsverwirrung eintrai, und die Minister schließlich etbst nickt mehr wußten, was sie tbatcn. Da» trat am peinlichsten zu Tage bei der Beratbung der AbänderungS- anträge, betreffend die Verweigerung deö Gehorsam- durch Soldaten. Ein erster Zusatzantrag ging dakin, auch jene Individuen nach dem Anarchisten Gesetze zu bcbandctn und zu bestrafen, welche Soldaten vo» ihren Pflicht:» und vom Gehorsam gegen ibre Vorgesetzten abwendig machen. Dieses Amendement war in der Sonnabend- sitzung schon angenomiiien Worten, als der Radicale Monlaud einen neue» Zusatz beantragte. Rach demselben sollten die Soldaten ihre» Vorgesetzten nur dann geborckcn, wen» deren Besctcke die Durchführung inititairlschcr Gesetze und Vorschriften und d>e Vertkeitiguiig der republikanischen Verfassung betreffe». Dieses Amendement wurde am Sonn abend »ach starker Opposition endlich mit Zustim mung de- Ausschusses und der Regierung angenommen, ebenso einige andere „Verbesserung- Vor schläge", welche geeignet waren, das Gesetz so zu verwässern und abzusckwächcn, daß es tanm mebr zu erkenne» war, und, so von der Kammer unk dem Lenat sanctionirt, seinen Zweck völlig verseblt baben würde. Diese Ein sicht ging dem Ministerium den Sonntag über glücklich aus. eS kam zur Besinnung und änderte seine Ansicht so radieal, daß c- sich nun entschiede» gegen das Ameiidc- mcnt Montaud und alle übrige» aussprach und EonscilS- Präsident Duvuh erklärte, aus der unveränderten An nahme de» ursprünglichen Textes der Eonimiffio» eine Vertrauensfrage macken zu wollen. T iese Rückkehr zur Ent schiedenheit und Festigten hatte den» auch den Erfolg, daß der vietnmstrittenc Artikel II uincr Ablehnung sämnillichcr AniendcmcntS in der ihm vom Ausschuß gegebenen Fassung angenommen wurde; ebenso gelangte» mit großer Ma>oriläl die Artikel Hl und IV und der erste Tbeil des Artikels V zur Annahme. So wird das Eabinet Dupun das Soeialisten- gcsetz wohl auch an de» weitere» Klippen vorbcilawiren und »iS Trockene bringen, mit gesteigertem Ansehen gebt cs aber schwer lich aus dem Kampsc hervor. Die ängstliche Rücksichtnahme der Regierung aus die Svcialistcn und die soeialislisch ge färbten Radieaten bat sie, wenn auch nur vorübergehend, zu schwächlicher R'achgicbigkeit veranlaßt, sic impvnirl der Kammer nickt mebr sonderlich, und das wird sie noch zu spüren bekommen. Der außerordentlich nahelieber.de Vergleich dev Verlaus» der parlamentarischen DiSeuffion über Las Anarckistengesetz in Frankreich mit der Behandlung und Erledigung tersclden Fragen i» der ita lienische» Depulirtenkammer führt ;n einem Resultat, da» für Herrn Dupun nickt besonders günstig lautet. Zwischen Japan und Vhiiia ist der Krieg zwar noch nicht ofsicicll erklärt, aber er scheint, so weit englische Ouellen Vertrauen verdienen, tbatsächlich bereits ausgcbrochen zu sein. Die koreanische Palastwache in Söul bat aus die japanischen Truppen gefeuert, diese haben taö Feuer erwidert und die Koreaner zurückgcschlagcn. Unbestätigt ist noch die Meldung, daß ein japanischer Kreuzer ein chinesisches Trans portschiff in den Grund gcbvbrt habe, dagegen scheint eS richtig zu sein, daß japanische Kanonenboote eine» koreanischen Hasen beschossen habe», und daß sich ein längerer Arlillerictamps ent spönnen bat. Danach bällen die Ebineie» in charakteristischer Weise zunächst die gänzlich unbrauchbaren koreanischen Truppen Feuilleton. Thermidor. 4s Erzählung von JultuS -ehlheim. Nachdruck verdat,». (Fortsetzung.) Fünftes Capitel. Ein gedrängt volle- Hau- erwartete in neugieriger Span nung da- Auftreten der Debütantin, welche al- Roxane in .Bajazet" ihre ersten Lorbeeren verdienen sollte. Die jugend liche rlnsängerin mutzte entschiedene- Talent oder große Protection besitzen, um überhaupt in der Ovmöäie Prao^uws auftreten zu dürfen. Die Loge» zeigten jene- vornehme Ge präge, welches auch vor hundert Jahren schon den Premißren in Pari- zu Tbeil wurde — man rechnete da- Debüt einer Schauspielerin auch zu denselben —, wenn da- Publicum Ursache zu baben glaubte, berechtigte Hoffnungen an dasselbe knüpfen zu dürfen. Die Damen der Aristokratie prangten im reichsten Fest schmuck. Au- den Logen blitzten Diamanten, winkten Federn, grüßten Blumen den Beschauer von den gepuderten Niesen- frisuren herab, welche den kunstvoll ausgesürten Haarbau zu krönen bestimmt waren. Dazu rauschten schwere Damast schleppen, klapperten Fächer, dufteten Blumensträuße — eS war ein Bild von entzückender Farbenpracht. Gleich den Göttinnen de« Olvmp«, mit denen sie sich so gern vergleichen und unter deren Gestalt sie ibre Miaiaturportrait- so gern aus Tosen und Medaillon- verewigen ließen, schwebten die vornebmen Damen von Pari- über dem Parterre, welche- nur einfach« Sterbliche füllten. Aber auck in den unteren Räumen herrschte ein rege» Leben und Treiben, und die jugendlichen Schönheiten der Bour geoisie versuchten mit mebr oder weniger Glück dir Aristokratie zu copirrn und, wenn nickt an Glanz zu erreichen, dafür an Jugendfrische zu uberbirten. Unter dem zierlich toupirten, gepuderte» Haar blickte manche bürgerliche Schönheit keck »nd verwegen zu den Logen empor, welche Ausmrrksamkeit durch manchen rrmutbigenten Blick eine- altern oder jünzern Eavalier» mit zierlichen aile, cke plgeon erwidert wurde. Doch sah man unter den jüngeren männlichen Besuchern de» Partrrrr« auch manch' nngepuderte- Haupt und natürliche» Haarwuchs, Anhänger de- von Jean JagueS Rousseau ge predigten Evangelium- von der Rückkehr zur Natur. Da- ganze übervolle Hau- glich einem summenden Bienen körbe, Süßigkeit sammelnd und spendend in zierlicher Rede und Gegenrede, aber auch bereit, zu stechen, wenn da- Miß en de- Nachbar- erweckt ward. Im Hintergründe einer Loge saß Madame Bonterre in namenloser Angst, sürcktend, man muffe da- Hämmern ibre» Herzschlages gewahren, so heftig war dasselbe. Wie vermißte sie in diesem entscheidenden Augenblicke ibre treue und kluge Beratherin Mutter Margot! Wie gern hätte sic nur »eck ein einzige- Mal ihre gutmütkig scheltende Stimme vernommen! Wie um ibre namenlose Angst zu bannen, flüchtete Fanchon mit ihren Gedanken in die Vergangenheit zurück. Sic sab Adrienne al- Kind, al- deranwacksente- Mädchen, immer mit dem sehnsüchtig flehenden Blick ihrer großen, dunkeln Augen, welche» Adrienne nickt- abzuscklagen vermochte, bis der kräftige, ja unbeugsame Wille der Pflegetochter selbst Fanchon'- bürgerlichen Widerwillen gegen den Thcaterberus zu besiegen wußte. Ö, diese beißen Dreier! Und in wenigen Augenblicken sollte ihr Kind, ihr heißgeliebte», der Abgott ibrer Seele, diese Dreier betreten, von all' diesen neugierigen Augen be trachtet, vielleicht — verworfen werden. Ter Vorbang hob sich, da- Stück begann. Fanchon sab und hörte nickt-, dis ein Murmeln de- Beifall- sie ausblickcn machte. Da stand Adrienne, ihre Tochter, in der »lärchenbaslen Pracht eine- orientalischen EostümS. Wie schön sie war! reiche-, schwarze- Haar hing aufgelöst und reich mit Perlen- schnüren und Münzen durchslochten über da- dunkel, olbc, goldgestickte Sammetjäckcken herab. Die weißen orientalischen Unterkleider von schwerem Atlas ließen den zierliche», mit goldgesticktem Schuh bekleideten Fuß frei, die znrückfaUenden weiten Flügelärmel von goltschimmerntem Stoff ließen die herrlich geformten Arme sehen, welche goldene Spangen zierten. Und da- Antlitz, welche- al- Blüthe da- Ganze krönte! Adrienne'- sremtanige Schönheit gelangte zu voller Geltung in dieser fremdartigen Tracht. Dir großen, sehnsüchtig blicken den Augen, der anmulbige Mund, da- seine Lächeln, welche- zwei Reiben tadelloser Zähne enthüllte. . . . Ein Gemurmel der Befriedigung durcklies die Reihen der Zuschauer. Tann begann sie zu sprechen. Die süßberauschende Alt stimme drang lies zu den Herzen, allein sie verstand mehr als blo- zu rühren. Hier arbeitete ein bedeutender Geist mit außerordentlichen Mitteln. Da- war nicht die Tradition blo» schönredncrischer, akademischer Steigerung nach traditio neller Gepflogenheit, da- war etwa», da« man im Allgemeinen damals a» der Kunst nickt schätzte — tänschente Natur. Demnach riß Adrienne'- mnlhvolle Neuerung zur Bewunde rung bin. Ihre Leidenschaft war hinreißend, ihr Seelcnschmcrz tief ergreifend, die jugendliche Darstellerin spielte nickt blo«, sic war Rorane. Der Beifall de- PubticumS steigerte fick z»»i Enthusiasmus. Tie Frauen lösten Blumen und Schleifen von ihrem Gürtel. >»» selbe der jugendlichen Debütantin zuzuwerscn, während die energischere Männerwelt vergebliche Versuche anstellle, zur Gestierten selbst vorzudringe», » ni ikr die woblverdiente Huldigung persönlich zu Füßen zu legen. Allein Mlle. Adrienne - Loge öffnete sich an diesem Abend keinem Besuch. „Mademoiselle rnbe von den Anstrengungen de- Abend-." Mit diesem gleichmäßigen Bescheid wurden alle Anstürmenden von Seile der Ankleiterin in bescheidenem» doch bestimmtem Tone zuriickgewicscn. Fanchon war wie betäubt in ibrer Loge sitzen geblieben. Der Triumph ibre- beißgeliebten Kinde- wirkte mehr täbmend al- befreiend aus ibre in bürgerlichen Anschauungen befangene Natur. Ties im Grunde ibre- echt mütterlich sichtenden Herzen» hatte sich in ihr die selbst vielleicht nickt ganz klare Hoffnung geregt, Adrienne - ehrgeizige Träume würden sich nicht ihrem vollen Umfange nack erfüllen, »nt sic würde ibr Kind für een Frieden de- Hause-, sür ei» stillere-, bescheide nere» LooS wicdergewinnen, wen» sich der jungen Künstlerin ii»r erst die Tornen geossenbart, die sich unter den lockenden Rosen bargen. Sie sübltc es, die arme Fra» an» dem Volte, daß der gefeierten Künstlerin wenig Zeit mehr bleiben werte sür die Pflegemutter »nd deren treue Liebe. Seit dem heutigen Abend war Adrienne eine Berübnitbeit. Und wa- war die arme Frau a»S dem Volke neben ihr, die sie geschützt, gepflegt, erzogen und geliebt, o. vor Allen, geliebt batte a»S voller Seele? Welche- LooS würde ibr sortan zu Tbeil werden an der Seite de« berühmten Pflegekindes? Würde sie. wie am heutigen denkwürdigen Abend, immer allein, im Dunkeln und Verborgenen weilen, während ibr Kind sich in Licht und Glanz badete »nd sein Name, von trunkene» Lippen gerufen, durch die Lüste schwirrte? Nock klang der Ruf vereinzelter, da- Ha»S nur ungern und zögernd verlassender ünibnsiasteii Fauchen im Obr: „Roxane! Roxanr!" Und bei dem fremden Namen, bei dem man ibr Kind rief, tauchte eS ibr, als ob ma» ihr Adrienne ver tauscht habe und sic ihr fern gerückt und fremd geworden sei. Die arme Fanchon! Sic glich in diesem Augenblicke der tiefbeküminertcii Henne, welche daö junge Entle,,, sich kübn einem Elcinent vertrauen sicht, nach welchem seine ureigenste Natur begehrt und wvbin die ibrige, ganz anders geartete ihm, da- sie gebrütet und behütet in treuer Muttersorge, nicht mehr zu folgen vermag. Sechste- Eapitel. Adrienne'-Triumph war kein blo» zufälliger, kein bloßer „Treffer" gewesen, wie die- so oft ii» Bübnenleben verkommt, wo manches cinmat >äk a»ssla»i»ic»re Meteor mit uni so tieferem Fall zu erlöschen pflegt. Atriciine'S Talent war ein wirkliche», große» und nahezu »nbestriltcneS, welche» sich von Tag zu Tag, von Nolle zu Rolle zu immer größerer Selbst ständigkeit entsaltctc.. Zahlreiche Verehrer drängten sich um die ebenso begabte, wie schöne junge Künstler, deren Ruf der Unnahbarkeit noch ihre Anziehungskraft verstärkte. Fanckvn fürchtete anfangs sür de» Ruf, sür da- Glück ihre- PslegklindeS. Adrieiine aber schritt rnbig und »»beirrt ihre Bahn dabin, das weiße Kleid bochhallciit vom Staub der Straße.... Sie nahm eine isolirt« Stellung ei» unter ihren GoUcginncn, von denen jede ihren Beschützer oder treue» Herzensfreund batte, oft auch Beide gleichzeitig. Ter voriicbnicn Welt aber tral Adrienne trotz ihrer tadellosen Lehcnösübriing um leinen Sckritt näher. Eavalicre jede» Aller» »nd Ranges u»i- schwärnilkn sic zwar, allein kein Salon der Aristokratie erschloß sich Pille. Bonterre, außer wenn sie a» solchem Orte etwa» zur Erheiterung der vornehmen Gäste bciziitragen batte. Aber dann schied sic eine unübcrstcigliche Sckrankc von jener Wett, die sic ersehnte, »nt sic blieb wieder auf den Verkehr ihrer Eollegen und EoUcginncn angewiesen. Ueber diese Schranken hinüber sagte man ihr Liebe- und SckönrS, reichte ibr da« Zuckerbrod der Eomplimeiilc und Madrigale und Blütbkii binüber, dock falle» ließ »>a» die Sckrankc der Komödiantin gegenüber niemals Adrienne süblte da», und ibr Stolz kill empfindlich unter dieser Wahrnehmung. Zwischen Fanckcn und ibrer Pflegetochter war da- Ver- bältmß nickt mehr so herzlich wie einst. Tie gute Bonterre ward mebr und mebr in die Stelle der Begünstigte», Be gnadete» gerückt. Adrienne war die Herrin de» Hause».
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