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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940807021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894080702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894080702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-07
- Monat1894-08
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Die wirthschaftlichcn Interessen Deutsch lands in Oftasien sind sehr bedeutend und werden mit jedem Jahr größer, sic werden von keinem anderen Lande übertrcffcn, darum ist eS auch angemessen, daß wir für alle Zwischenfälle und Keudungen wohl vorbereitet am Platze sind. Dann werden wir auch bei einer nicht ausgeschlossenen vermittelnden Inter vention der Großmächte das uns gebührende Wort mit- sprechen können. Die kriegerischen Verwickelungen in jenen eallcgenen, aber für unsere Interessen so wichtigen Länder» zeigen wieder einnial, wie unentbehrlich eine leistungsfähige und stets schlagfertige Marine ist und wie die darauf ver wandten Kosten durch den Schutz der deutschen Wirth- schaftSintercssen wieder erstattet werden. Der Reichs tag hat in jüngster Zeit seinen SparsamkcitStrieb be sonders an der Marine bethätigt. Er sollte darin nicht zu weit geben. Bei den gewaltigen Aufwendungen für unser dandheer müssen wir unS freilich Zurückhaltung betreffs unserer Seewehr aufcrlegcn. Das Schicksal künftiger Kriege, in die Deutschland verwickelt werden sollte, wird auch sicherlich nicht durch große Schlachtschiffe und ungeheuere Panzerfahr zeuge entschieden werden. Was uns vor Allem notb lhut, ist der Besitz einer genügenden Anzahl leistungsfähiger Schiffe, welche, wie im vorliegenden Fall, jederzeit bereit sind, den Schutz der deutschen Interessen in überseeischen Ländern zu besorgen. Die soeialisttschen internationalen und nationalen tongrcsse mil internationaler Beimischung folgen einander rasch. Der internationale Textilarbeitcr-Congrcß in Manchester ist eben vorüber, ein internationaler GewerkScongreß ist in Basel zusammcngetretcn, die Tabakarbeiter wollen acht Tage zu ihren Be- ralbungen gebrauchen, in deren Mittelpunct die Streiks und die internationale Arbeitsregelung stehen werden. Die Deutschen sind auf diesem letzten Eongrcß vertreten, während sie in Manchester feblten. Ün Lemberg wird vom l2. bis l5. August der Eongreß der galirischen Socialdemokratie lagen; der Massenstreik und die Agitation auf dem Lande werden den Eongrcß fast ausschließlich beschäftigen. Deutscher seits wird nian sich wohl auf ein Bcgrüßungslclegramm beschränken. In Imola halten vom 7. bis 9. September die italienischen Socialisten ihren Eongrcß ab, ein deutscher „Genosse" dürfte auf demselben wohl nicht erscheinen, dagegen vielleicht in Nantes, wo die Marxisten im September ihre Weltverbcsscrungspläne spinnen werden. Die Departements- wablen von 1895 und die Agitation ans dem Lande werden hier die Debatten beherrschen. Dann kommt der deutsche Socia- listencongreß in Frankfurt a. M.. auf dem die Oester- reicher immer vertreten gewesen sind (vr. Adler) und auf dem vielleicht auch Engländer erscheinen werden. Der 4. inter nationale Socialistencongreß, der bekanntlich in England abgebalten werden soll, wirft bereits seine Schatten voraus. Auch die Borarbciten für den deutschen Ge werkschaftskongreß dürsten bald ausgenommen werden. Kurz, im socialistischcn Lager herrscht die größte Regsamkeit. Falls der srancophilc ttaltentsche Abgeordnete Bonghi seine Absicht, die Anklage gegen den früheren Ministerpräsidenten Giolitti wegen seiner Verwickelung in die skandalöse Bauca Romana - Angelegenheit in der Kammer zu beantragen, noch zur Ausführung bringt, kann man ihm nur dankbar sein, denn wenn man auch »ach den Zwischenfällen im Bankproceß befürchten muß, daß sehr schlimme Dinge an das Licht der Sonne kommen werden, die geeignet sind, die Autorität der Regierung in den Augen LeS Volkes zu schwächen, so ist daö Uebcl doch noch nicht so groß, als cS die Folgen einer abermaligen Vertuschung und Beeinflussung der Justiz sein würden. Die Oeffentlichkeit erwartet und verlangt, daß jetzt nach der rechtSgiltig erfolgten Freisprechung des Betrügers Tanlongo gegen die Mit schuldigen des Directors der Banca Romans, gegen die Urheber und Begünstiger seiner Schwindeleien, besonders aber gegen Giolitti mit aller Schärfe vorgegangen werde. Noch trägt die Regierung Scheu, gegen Giolitti einzu- schreitcn, allein sie wird dem Drängen der öffentlichen Meinung aus die Dauer nicht widerstehen und in ihrer unent schlossenen Haltung nicht verharren können. In der That scheint die Regierung sich noch nicht klar darüber zu sein, welche Maßnahmen sie treffen, welche Schritte sie thun müsse, um die Empörung über den unerhörten Gerichtsscandal zu be sänftigen und zugleich in der Rechtspflege gründlichen Wandel zu schaffen, damit die Wiederkehr einer so mißbräuchlichen Handhabuug der Gesetze, wie sie im Tanlongoproceß geübt wurde, verhindert werden möchte. Damit es aber doch den Auschein habe, als ob wirklich zur Besserung der italienischen Rechtsverhältnisse etwas geschieht, wird die Regierung jetzt den in Italien beliebten Weg der AuS- schußberathung beschreiten. Wie aus Rom gemeldet wurde, ernannte der Iustizminister einen Ausschuß, der be auftragt ist, zu untersuchen, ob die richterlichen Beamten im Proceß der Banca Romana ihre Pflicht erfüllten, und der erforderlichen Falls gegen diese Beaniten Strafen oder andere Maßnahmen bei der Regierung beantragen soll. Man wird aut thun, von den Berathungen dieses Ausschusses, deren Einsetzung schon die Verlegenheit der Regierung beweist, keine zu hoch gespannten Erwartungen zu hegen. — Uebrigcns hat der „Friedensapostel" Bonghi vor seinen Wählern den Kampf gegen den Dreibund, wider den er kürzlich in Frank reich zu schüren versuchte, fortgesetzt. Er bekämpfte die von der italienischen Kammer beschlossenen Finanzmaß regeln, befürwortete große Ersparungen im Kriegsbudget, erklärte eine Aenderung der auswärtigen Politik für nothwcndig und meinte, nicht Italien solle auS dem Dreibunde auStreten, sondern der Dreibund müsse sich auflöscn. Sollte das Ideal Bonghi'S verwirklicht werden, was im Hinblick auf die Bedeutungslosigkeit dieses Manne« allerdings nicht zu befürchten steht, so wäre Italien durch seine Isolirung sogleich gezwungen, ganz andere Opfer für sein KriegSbudgct zu bringen wie gegenwärtig, wo cS sich auf seine Verbündeten Deutschland und Oesterreich-Ungarn zu stützen vermag. Das nordamerikanische Repräsentantenhaus geneh migte kürzlich eine Bill, wonach die Auswanderer sich einer Besichtigung seitens der Eonsuln der Vereinigten Staaten zu unterziehen haben. Als die Bill an den Senat gelangte, erschienen die Auswandernngscommiffare und traten gegen die Bill auf. Sie sollte so geändert werden, daß den Anarchisten die Einwanderung nach Amerika unmöglich ge macht würde. Der StaatSsccretair und der Schatzamts- Secretair schrieben Briefe, worin sie die Eommissarc in ihrer Forderung unterstützten. Daraufhin hat die Vorlage eine andere Fassung bekommen. Nach dieser dürfen nur solche Personen nach den Vereinigten Staaten einwandern, die die Genehmigung der AuswanderungS-Inspectorcn der Bereinigten Staaten, die sich in den AuSwanderungShäfen befinden, er halten. Anarchisten und andere unliebsame Personen sollen auf Kosten der Bereinigten Staaten zurückbcsördert werden. Kommen sie zum zweiten Male, sollen sie Gefängnißstrafe erhalten. Das Schreiben des SchatzamtSsecrctairS EarliSle ist höchst energisch. Der Minister sagt, daß die Vereinigten Staaten einen Zufluchtsort für solche übelgesinnte Persönlich keiten zu bilden scheinen. Die Anarchisten wären eine Gefahr für die staatlichen Einrichtungen und das Volk selber. Nach der abgcändertcn Bill konnten nur die wünscheiiöwcrthesten Einwanderer Einlaß in die Vereinigten Staaten erhalte». EarliSle ist jedoch gegen Besichtigung der Einwanderer durch die Eonsuln, weil das leicht zu internationalen Verwickelungen führen könnte. Die Eonsuln würden eine Aufgabe erhallen, die von dem bisherigen internationalen Rechte nicht gut geheißen würde. Wenn auch die Bill, ebenso wenig wie das dieser Tage erwähnte amerikanische Anarchistcngcsetz noch in der jetzigen Tagung deS Congresses znr Verabschiedung kommt, so ist doch auch sie wieder ein Beweis dafür, daß man in den Bereinigten Staaten mit den Anarchisten kurzen Proceß zu machen gedenkt. Nach den letzten Nachrichten vom koreanischen Kriegs schauplatz waren die chinesischen SiegeSberichte vom 27. und 28. Juli stark übertrieben, der vom 29. sogar durchaus er funden. Man muß sich den Verlauf der Gefechte von Asan bis auf Weiteres mit der „Nat.-Ztg." so denken, baß die mit zu geringen Kräften von den Japanern gegen die verschanzte Stellung der Ebinesen bei Asan unter nommenen Angriffe an den beiden erstgenannten Tagen erfolglos blieben und vielleicht auch sehr verlustreich waren. Am 29. aber bereits (nicht erst am 30.) wandte sich das Blatt, nachdem die Japaner Verstärkungen auS Chcmulpo und Söul an sich gezogen, waS die Chinesen als „Räumung Söuls" durch die angeblich entscheidend geschlagenen Japaner darstellten; die Chinesen wurden jetzt unter nicht unbedeuten den Verlusten aus ihren Schanzen hinauSgeworfcn und suchten ihr Heil in der Flucht nach Süden. Trotz deS Sieges vom 29. müssen die Japaner indessen noch sehr ans ihrer Hut sein. Gelingt cS ihnen nicht, die geschlagene chinesische Süd armee gänzlich zu zersprengen, so können sie immer noch zwischen ihr und den von Norden her kommenden Chinesen in« Gedränge kommen. Nachdem am 25. Juli bekanntlich eine von der Mandschurei berkommende chinesische Armee von angeblich 20 000 Mann den Grenzfluß Ialn überschritten, ist derselben inzwischen eine zweite Armee von 8000 Mann nachgcfolgt. Aus der da« westliche Korea durchziehenden großen „Straße" vorrückend, welche wahrscheinlich in lämmcrlichem Zustande ist und mehr nur den Namen einer Straße führt, haben diese 28 000 Mann in der Luftlinie etwa 50 deutsche Meilen bis Söul zurückzulegen, so daß ihr Erscheinen im Angesicht dieser Stadt allerdings nicht vor etwa vier Wochen zu erwarten steht, wenn man Krüm mungen der Straße, Ruhetage re. in Betracht zieht. Die Japaner hätten also Zeit, noch einen entscheidenden Scklag gegen die chinesische Südarmee zu führen und dann entweder die Nordarmee in fester Stellung zu erwarten oder ihr über Söul hinaus entgegenzurücken. — Eine der Hauptaufgaben Chinas in dem gegenwärtigen für Ostasicn so kritischen Zcitpuncte bcstebt ohne Zweifel in der Aufrcchtcrhaltung der inneren Ordnung. Andeutungen deS Telegraphen lassen durchblickcn, daß in dieser Beziehung nicht Alle« geheuer ist. In Shanghai und an anderen Orten mit einer zahl reichen Fremdencolonie fangen die Ausländer, wie immer, wenn sic sich bedroht glauben, an, Maßregeln zur selbst ständigen Wahrnehmung ihrer persönlichen Sicherheit zu treffen. Die Waffenerfolge der Japaner sowohl zur See als neuerdings auch zu Lande haben dem in China wcitverbrei leten Kremdcnhaß frische Nahrung zugesührt. Es ist schon mehrfach zwischen dem Pöbel und den in China weilenden Japanern, die ebenfalls zumeist als Angehörige der niedersten Volksschichten bezeichnet werden, ja schon gegen Mitglieder Japanischer Gesandtschaften zu Insulten und zu Thätlichkeiten gekommen. Bis jetzt haben die chinesischen Behörven die Zügel der Situation noch in der Hand. Ihr eigener politischer Instinct muß ihnen sagen, daß gerade jetzt für China viel davon abhängt, daß zu dem Kriege mit Japan nicht noch Unannehmlichkeiten mit den Mächten als Folge von Excesscn deS PöbclS gegen Europäer sich hinzugesellen. China kann zur Vervollständigung seiner KriegSrüstungcn der Beihilfe deS Auslandes nicht cnt- rathen, darf also auch schon mil Hinsicht daraus nicht dulden, daß den Ausländern in China Unbill widerfahre. Deutsches Reich. * Berlin, 6. August. AuS der Meldung, Oberpräsidenl Dr. von Goßler solle dem Kaiser über den Stand der Choleragcfahr in der Provinz Wcstpreußcn Vortrag halten, ist vielfach geschlossen worden, daß von dem Ergebnisse dieses Berichts die endgiltige Entscheidung über die diesmaligen Kaisermanöver in Westprcußen abhängig gemacht werden solle. Diese Annahme >ist irrtbiimlich ebenso wie die Mel dung, daß die Entscheidung über die Kaisermanöver erst nach der Rückkehr deS Kaisers nacb Berlin getroffen werden soll. Die Entscheidung ist längst getroffen, und cS ist niemals daran gedacht worden, in diesem Jahre die Kaisrrmanöver mit Rücksicht auf die Ebolcragefabr ausfallen zu lassen. Von militairischer Seite wird den sanitären Zuständen im Manövcr- gcbiet größte Ausmerksamkcit gewidmet. Der gegenwärtig ungefährliche Stanv der Elwlera und der Umstand, daß nzan zu ihrer Bekämpfung und Vorbeugung weit mehr gerüstet ist als vor Jahren, schließen den Gedanke», die Kaisermanöver ausfallen zu lasten, völlig aus. Nur in dem unwahrschein lichen Fall, daß die Elwlera in noch stärkerem Maße als vor zwei Jahren austritt, würde von den Manövern abgesehen werden. (B. Z.) * Berlin, 6. August. Von fachmännischer Seite wird der „Nat.-Ztg." geschrieben: „Vor einigen Tagen erörterten Sie in Ihrer Zeitung die Frage, ob die Urheber deö Brauerei- boycotts von den Brauereien mit Erfolg civilrechtlich auf Schadenersatz verklagt werden könnten. Diese Frage muß ich mit dem Verfasser Ihre« Artikels bejahen. Daß durch den Boycott den Branrreicn ein Schade und in welcher Höhe erwachsen ist, wird sich znr richtcrlicbcn Uebcrzcugung Nachweisen lassen, jedenfalls so, daß die Brauereien zum SchätzungScidc vrrstattet werden könnten, ebenso, daß der Boycott durch die Führer der Socialdemokraten und durch die öffentliche Aufforderung in socialdcmokralischen Blättern veranlaßt und wirkungsvoll gemacht worden ist. Es kann sich nur fragen, ob die öffentliche Aufforderung, Bier der boycottirten Brauereien nicht zu trinken, „ohne Recht" ergangen ist, denn nur eine unbefugte Hand lung verpflichtet zum Schadenersatz (tz. 8 l. 6. A. L.-R.) — wer nur sein Recht gcbraucbt, verletzt Niemanden. Die Aufforderung, auch die öffentliche Aufforderung, von Jemand nicht zu kaufen, ist in unseren Gesetzen nicht ver boten, sie würde also an sich nicht zum Schadenersatz ver pflichten. Wenn man aber annimmt, daß in einem speciellen Falle eine solche Aufforderung gegen die guten Sitten verstößt, so muß sic als eine unbefugte gelten, denn Niemand ist berechtigt, gegen die guten Sitten zu verstoßen. Das muß meines EracktenS im vorliegenden Falle ange nommen werden. Ter Zweck deS Bvycotts ist von vorn herein gewesen, die Brauereien zur Wiedrreinstellnng von Arbeitern, welche sie mit Fug und Recht wegen Arbeit-- § Zein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernfeld. Nachdruck Verbote». (Fortsetzung.) III. Es war am Abende des vierten Tages nach dem Morde. Die feierliche Bestattung des der Unthat zum Opfer Gefallenen Var am Morgen erfolgt. Die gesetzliche Todtenschau batte siattgefundcn und ebenso wie die Fortführung der Untersuchung »ichtS weiter ergeben, WaS Licht auf die Sache hätte werfen können, sie blieb nach wie vor in tiefes Dunkel gehüllt. Mr. Falcvner Thrale'S Vernehmung über die beiden fremden Käste seine« Vater« an dem verhängnißvollen Abend war, so veil eS jenen Mr. Rawlinson betras, erfolglos geblieben, da n denselben nicht kannte und nichts über denselben anzugeben küßte. Mr. Owen Markham war ein Freund Mr. Falconer'-, ein junger Adv»kat auS London, der seiner Einladung zu dem llbende in seinem Baterhause gefolgt war und ibn dabin be gleitet hatte. Er war leicht in seiner Wohnung in London Liiszusiaden und wußte bei seiner Vernehmung gleichfalls nicht-, das zu irgend welcher Kläning hätte führen können, weder zur Sache selbst noch über Rawlinson auszusagen. Letzterer war bei seinem Verlassen von Old Hall fortgegangcn, man wußte nicht wohin, und war seitdem nicht zu ermitteln ge Wesen. Da« Berdikt der Todtenschau-Jury lautete auf „Mord, verübt durch eine oder mehrere unbekannte Personen". Alle« «ödere mußte man dem Weitergange der Nachforschungen, dem Zufalle oder der Zeit überlassen. Die Thal war an einem Dienstage verübt worden, heute war c- Sonnabend. In dem Herrenhause von Old Hall wohnte und waltete jetzt sein neuer Besitzer, Mr. Falconer Dhrale. Die bisher geschlostenen Fensterladen waren geöffnet worden und ließen da« strablcnde Licht der Abendsonne wieder hell und belebend in die stillen, düsteren Räume fallen. Da« dumpfe oiederdrückende Ensemble, welches da« HauS in diesen lagen gewährte, war bi- zu einem gewissen Grade einem kenntliche reu Eindruck gewichen. > Zw« Personen hatte» i» Epeisezimer ih, Diner eiuge- nommen: Falconer Thrale und der Anwalt Everell. Dessert und Wein waren noch nicht vom Tisch entfernt worden, aber die beiden Männer hatten sich von demselben zurückgezogen und seitwärts von ihm einander gegenüber Platz genommen. Trotz deS Sommertages brannte ein Feuer in dem Kamin des weiten hohen Raumes. Mr. Falconer hatte eS anzündcn lassen. Ihn fröstle, sagte er — er war nervös erregt, rubcloS, sein bleiches Gesicht batte sich nach dem Tode seines Vaters noch nicht wieder geröthet. Mr. Evcrctt litt unter der Hitze und fuhr wiederholt mit dem Taschentuch über seine Stirn. Er war im Uebrigen unergründlich und schweigsam wie immer, und wenn er nicht mit dem Sackiuche seine Stirn trocknete oder sich Kühlung zufächclte, schob er seine Hand in den Brusttbcil seines zugeknöpften Rockes, während die Linke mit dem Glase auf einem Tischchen neben ihm spielte, während seine Augen, außer wenn er sie hin und wieder langsam er hob, um einen scharfen durchdringenden Blick auf das Antlitz seines WirtheS zu werfen, auf den Boven gebcstet und in das sorgsame Studiren deS Teppichmusters vertieft waren. Falconer verstimmte das verschlossene, eisige Benehmen deS Anwalts, der ihm stets unsympathisch war, noch mehr; er batte demselben eine trotzige, fast gleiche Schweigsamkeit ent gegengesetzt, die ihm allmählich unerträglich wurde uud die er endlich ungeduldig brach. „Ich fürchte, der Raum ist Ihnen zu warm?" sagte er mit mühsam erkünstelter Höflichkeit des Tone-, als er den Anwalt zum zehnten Male daS Sacktuch an seine Stirn führen sah. „Allerdings", erwiderte Mr. Everett. „Ich bin nicht an geheizte Räume im August gewöhnt." „Auch ich nicht!" gab Falconer kurz zurück. „Ich bin indeß auck, nicht gewöhnt, mich unbehaglich fühlen zu wollen, wenn icb's mir behaglich machen kann. Ich bin in nervöser Verstimmung, der GemüthSruhe beraubt — ich fühle mich unbehaglich in dem öden, weiten, fast leeren Raum. Doch will ich Ihnen keine Belästigung aufbürden. Ich werde Be frist geben, ein küblere« Zimmer für Sie zurecht zu machen." „Danke, eS bedarf dessen nicht", lehnte Everett ab. „Ich beabsichtige nicht, hicrzudleibcn und Hab« nur noch wenige Worte zu erledigen." „Bitte, sprechen Sir", bemerkte Falconer kühl, sich in seinem Stuhl bequemer zurecht setzend. „Darf ich fragen, ob Sie sich entschlossen haben, in Old Hall Ihren Wohnsitz zu nehmen?" ,2ch beabsichtige r» nicht. Bei meine« Bater« Lebzeiten verschmähte ich eS, und ich wüßte nicht, WaS nach dem Vor- aefallenen mich bestimmen sollte, jetzt anders zu fühlen. Der Ort stößt mich ab!" Der Anwalt vernahm die Erklärung schweigend. „WaS geschehen ist, kann mir dieses unglückliche, ich darf sagen: dieses unselige HauS nicht angenehmer oder heimischer machen als vorher!" führ Falconer fort, düster vor sich hin- starrend. „Der Platz ist verrufen, gemieden als ein Ort des Schreckens und des Blute-, die Leute in der Gegend Weichen ihm scheu aus und meiden ihn, die Dienstboten haben mir gekündigt und daS HauS verlassen. Kann eS mich reizen, in diesem Hause des Schreckens meinen Sitz aufzuschlagen?" „Hm!" meinte Mr. Everett. „Die Dienstboten sind fort, sagen Sic?" „Alle, bis auf Mrs. Clarke und Samuel Brown, die beiden treuen Alten, und nock ist cS nicht gelungen, andere Domestiken zu finden, di« bereit wären, in dem Hause Dienst zu nehmen. Ich werde einen Hausverwalter cinsetzcn und den Platz verlassen." „Hm!" meinte Mr. Everett abermals. Falconer richtete sich ungeduldig empor, blickte scharf auf den Advokaten und seine Fußspitze pochte nervös auf den Teppich. „ES scheint, daß irgendwelche besonvere Gedanken hinter Ihrer Schweigsamkeit verborgen sind, Mr. Everett", sagte er. WaS ist eS? Wünschen Sie mir Ihren geschäftlichen Rath zn geben oder sind meine Dispositionen bezüglich Old Halles irgend welchen Beschränkungen unterworfen? DaS Testament ist eröffnet und verlesen worden, ich hörte, daß icb, wider mein Erwarten, in dir Univcrsalerbscbaft eingesetzt bin. ES wurde, so viel ich weiß, meinen Enlsckstüsscn damit kein Zwang auserlegt. Es stand insbesondere nicht darin, daß ich genöthigt sein sollte, den Rest meine- Lebens hier auf diesem mir ent setzlichen Platz znzubringen. Ist dem so?" . „In der Thal, eine solche Bedingung war nicht vorhanden." „Ich bin also in dieser, wie in jeder anderen Beziehung mein freier Herr, und nichts stebt meinen Wünschen, von hier fortzugeben, im Wege. Dennoch", subr Falconer in noch ungeduldiger, erregterer Weise als zuvor fort: „dennoch, und obwohl Ihnen mein lang gcbegtcr Wunsch, zu reisen, bekannt ist. deutet, verzribcn Sie mir, Ihr ganze« von mir nicht Wohl mißruvcrstrbentkS Wesen darauf bin, daß Sie Bedenken wegen dieses meines Entschlüsse« hegen, und jede Aeußerung, die Sie heule im Lause de« Tage« zu mir gethan, schien dir Voraus setzung auSzudrückcn, d«ß ich in Old Hall verbleiben Werve, die Ucberzcugllng, daß ich hier bleiben müsse. Darf ich hören, ob dem nur eine persönliche Annahme, oder irgend ein be sonderer Umstand, den ich nicht kenne, zu Grunde liegt?" „Kein besonderer Umstand, wenn Sie so wollen — es wird daS von Ihnen abbängen — wir werden darüber später spreche». Nur eine persönliche Meinung." „Darf ich Sic bitten, mir dieselbe mitzutheilen?" „Gewiß, wenn Sie meine Ansicht zu verncbmen wünschen", sagte der Anwalt kalt, langsam, rubig. Er stand auf. lehnte sich, die Hände auf dem Rücken, halb gegen die hohe Rückwand seines Polsterstuhls und blickte unter den gesenkten Augen- jidern scharf, prüfend aus den jungen Mann berab, der seinen spähenden Blick mehr fühlte als sah und unwillig unter dem selben den Kops zur Seite wendete. „Unter de» obwaltenden Umständen", fuhr der Anwalt langsam, mit gedämpfter Stimme fort, „würde ich Ihren Schritt, Old Hall zu ver lassen, für einen sehr unvorsichtigen, schlecht berathencn halten." Der junge Mann fuhr herum und blickte den Anwalt gespannt, fragend an. „Sic meinen — ?" sagte er hastig. „Eine Mordthat", fuhr Everett kalt, noch immer mit ge dämpfter Stimme fort, „pflegt von Bermnthungen, Argwohn, Verdacht gefolgt zu sei». Verdacht lauert auch bier jetzt überall nnd sucht nach einer Spur, an die er sich besten kann. Ein einziger falscher Schritt Jemandes, eine übereilte Hand lung, eine unvorsichtige Bewegung genügt den suchenden Deutungen, sie als solche Spur aufzufasien und ihr begierig zu folgen. Haben Sir beobachtet, wie ein winziger «stein, den eine Hand in'S Wasser wirft, weiter und weiter seine Kreise ziebl bis in s Unendliche? So bei dem Entslcben eine« Verdachtes, Sir — ein winziges Nickis, ein geringe- Ding, da« de» Anstoß gicbt, »nd er beginnt seine Kreise zu riehen. E« girbt kein solches Steincbcn, da- wirksamer wäre sur die Kreil« deS Verdacht« als ein Schritt, sich dem Verdacht« ent ziehen zu wollen." Ein lange«, lieseS Schweigen folgte. DaS Gesicht de« jungen ManncS war bei de» Worten deS Anwalt- dunkelroth geworden »nd dann lief erbleicht. Er wendete die Augen, die eine» Moment zornig ausgeblitzt, zur Seite und starrte düster vor sich bin. Endlich rieß er sich entschlossen au« seinem Sinnen empor und sah wieder auf den Anwalt. „Ist die- Alle», was Sie mir zu sagen haben?" fragte er, Hür dm Augenblick, ja." l-
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