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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940828024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894082802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894082802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-28
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Gröbere Schriften laut unserem Preis« verzcichuib- Tabellarischer und Ziffernja» nach höherem Toris. Extra-Beilagen (gesalzt), nar nnt der Morgen-Ausgabe. okn« Postbesörderuug 60.—, mit Postbesorderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Sonn- und Festtags früh ' ,8 Uhr. Bet den Filialen und Annabinestellen je eia» halbe Stunde srührr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck ond Verlag von E. Polz in Leipzig ^°43S. Dienötag den 28. August 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 28. August. Am bevorstehenden 1. Oktober läuft die Frist ab, bis ru welcher den nicktobligatorischcn gewerblichen Forthsl-nngSschulea Ausnahmen von der Vorschrift gestaltet waren, wonach der Sonnlagsunterricht danu zulässig ist, wenn die Unterrichtsstunden so gelegt werden, dag die Schüler nicht gehindert werden, den HauptgottcSbienst oder einen mit Genehmigung der kirchlichen Behörden für sie ein gerichteten besonderen Gottesdienst ihrer Confessiou zu besuchen. Eia in der vorigen ReichStaz-session in Folge einer national liberalen Interpellation vorgclegter Gesetzentwurf de« Bundes- rathS, welcher das Provisorium um drei Jahre verlängern wollte, wurde bekanntlich gegen die Stimmen der National- liberalen und Freisinnigen durch Conservative, Reichspartei (mit einigen Ausnahmen), Centrum und Socialdemokraten abgelehnt. Die Mehrheit ließ sich von dem GesichtS- puncte leiten, daß der FortbildungSunterricht überhaupt vom Sonntag hinweg in die Woche verlegt werden müsse, waS auS praktischen Gründen nicht oder nur unter erheblicher Einschränkung der Wirkung diese» Unterricht- geschehen kann. Der gewerbliche FortbildungSunterricht ist damit in einer Zeit, wo da« Handwerk sich nur noch durch gründliche technische Ausbildung gegen die Aufsaugung durch den Groß betrieb mühsam ausrecht erhalten kan», au- engsten kirchlichen Interessen mit einem schweren Schlage bedroht. In einzelnen Ländern und Städten ist durch Entgegenkommen einsichtsvollerer und wohlwollenderer Kirchenbehördcn bereits früher eine befrie digende Lösung zu Stande gekommen; im größten Theil Preußens haben die Kirchcnbchörden jede Verständigung abgclehnt und da- Handwerk wird jetzt die hochkirchliche Handwerkerfreundlichkeit empfinden, welche dem Gcwerbestaud die Erziehung zu tüchtigen und leistungsfähigen Menschen im einseitigsten kirchlichen Interesse erschwert. Daß bei jener ReichStagsmrhrhcit auch die Socialdemokraten sich befanden, ist bezeichnend. Sie sind überall dabei, wo sie hoffen können, einem Stand, der bisher noch die Stütze de« Staate- und der Gesellschaft bildete, einen Schlag zu ver setzen und ihn durch Erschwerung seiner Existenz für den Umsturz zu gewinnen. Bisher hat man von Fortschritten der Verständigung mit den widerstrebenden kirchlichen Behörden nicht viel gehört; wir möchten hoffen, daß doch in den letzten Wochen noch die bessere Einsicht an einigen Orten durchdringt. Unter den zahlreichen Vorschlägen zur Abwendung der vom Anarchismus drohenden Gefahr taucht jetzt immer häufiger der Vorschlag auf, deutsche Berprechercalontrn ein- zulichten, in denen die scrupelloscn Feinde unserer StaatS- und Gesellschaftsordnung Gelegenheit erhalten, unter sich und an einander die Wirksamkeit ihrer Pläne zu erproben. Dieser Vorschlag findet bei allen bürger lichen Parteien eine dem Ernst der Sache entsprechende Beurtheilung, außer bei den Freisinnigen, die auch bier wieder eine zarte Sorge für menschliche Bestien an den Tag legen. Einen sehr lesenSwerthen Artikel bringt die nationalliberale „Crefeldcr Zeitung" über die Frage: Brauchen wir Verbrechercolonien? Sie fordert Schaffung von Stras- colonien und begründet eingehend diese Forderung mit dem immer bedenklicher wuchernden Verbrecher- thum und der daraus entstehenden staatlichen Ueber- lastung und socialen Gefahr, mit der Erkenntniß de- Werthc» einer sittlichen Beeinflussung der Verurlheilten durch nutzbringende Arbeit, mit der immer unerträg licher werdenden Beeinträchtigung des Erwerb- ehrlicher Menschen durch ZuchthäuSlcrarveit, mit der Nothwenvigkeit einer kräftigen Erschließung unsere- colonialen Besitze-, Frei lich will die Frage sehr sorgfältig erwogen sein, wie unter colonialer Besitz, der ohnehin von civilisirtcn und uncivili- ärten „Freunden" und Nachbarn oft genug bedrobt ist, vor Banden geschützt werden kann, die sich kein Gewissen daraus machen würden, mit jenen „Freunden" gegen den deutschen Besitz zu operirrn. Und nickt minder sorgfältig ist die Frage zu erwägen, ob nicht für einen größeren Tbeil der Feinde unserer Staat-- und Gesellschaftsordnung die Deportation eher eine Belohnung, alS eine Strafe sein würde. So lesen wir beute in einem Berliner Blatte: „Fräulein Wabnitz, welche am DienSiag ihre zehnmonarige Gesaiigiiißstrase antreten muß. will bekanntlich während ihrer Haft nichts esjcu. Auf eine daraus bezügttche Frage erklärte sie neulich, daß sie schwerlich glaub«, man werde e« wieder versuchen, sie wegen der Nahrungsverweigerung in ein Irrenhaus zu flecken. Sie sei vielmehr überzeugt, daß die Regierung in Erwägung ziehen werde, ob man sie nicht aus Deutschland ausweisen oder gar nach einer der Colonien bringen könne. Dadurch würde der erste Anstob zur Deportation solcher Personen ge geben, die der Regierung mißliebig sind. Fräulein W. scheint an Größenwahn zu leiben." Für die rabiate Dame scheint hiernach die Deportation kein Sckreckniß zu sein. Immerhin wird der Reichstag, wenn die verbündeten Regierungen nickt andere und bessere Abwebrmaßregeln in Borschlag zu bringen wissen, die Ver pflichtung haben, auS eigener Initiative mit der Frage sich beschäftigen, ob nickt die Schaffung von Slrascolonicn La- rechte Mittel zum Zwecke sei. Welches Unheil die „Köln. Ztg." mit ihrem schon wiederholt gerügten Versöhn ungSartikel ange richtet hat, kann sie jetzt auch auS der italienischen „Tribuna" ersehen. Das Blatt schreibt die behauptete Besserung in den deutsch-französischen Be ziehungen als Factum binstellend, u. A.: auf beiden Seilen werde, was seit l870 fast kaum für möglich erschien, mit Hösltckkeitcn gewettcifert. „Handelt eS sich auch blo« um eine Formfrage, so weiß man, daß in der Politik und vornehmlich in der internationalen Politik die Form eine große Rolle spielt. FranzösischerseitS waltet offen bar der Wunsch ob, Deutschland in colonialen Fragen nicht gegen sich zu haben, und bekanntlich sind Frank reich« coloniale Bestrebungen niemals größer gewesen, als jetzt. Deutschland bat sie unterstützt, vor dem Be stehen des Dreibundes ist Frankreich den Einflüsterungen Bismarck s gefolgt, der cS zur Besetzung von Tunis trieb. Vielleicht glaubt Deutschland, durch Zugeständnisse, die eS Frankreich aus colonialem Gebiete macht, die Gefahr euro päischer Verwicklungen auf die Dauer hintan zu halten. Wir gehen nicht soweit, Deutschland der Furcht vor einem Kriege zu zeihen, die eS eventuell gegenüber der Wiederherstellung der französischen Streitmacht haben könnte. Aber eS ist in dem Wunsche, den Krieg zu ver meiden, entschieden zur Nachgiebigkeit geneigt. Italien kann die- nicht gleichgiltig lassen, besonders da ganz Europa diesen Vorgängen mit großer Aufmerksamkeit folgt. Wir wollen uns nicht in zu kübnen Reflexionen ergehen, sondern be schränken unS darauf, Italien zu ratben, daß es aus seine Armee größere« Interesse verwende. Vertraue» ist nur Denen gegenüber angebracht, die selbst Vertrauen einflößen." DaS Mißtrauen gegen Deutschland, daS offenbar au« diesem Artikel der „Tribuna" spricht, ist durch nichts gerecht fertigt, als durch die bekannten Aeußerungen der „Köln. Ztg.". Von den leitenden Kreisen in Italien wird dieses Mißtrauen zweifellos nicht getheilt, aber, von der dreibunbseindtichen Presse geflissentlich genährt, erschwert eS den Gliedern de» Bunde- die erfolgreiche Vertretung ihrer bi- jetzt als segens reich bewährten Politik. In Frankreich hat Herrn Liebknecht'« Stuttgarter Rebe, in welcher er bekanntlich den Anarchisten den jetzigen Präsidenten der Republik Casimir-Perier als den Man» bczeichnete, de» sie eigentlich an Stelle Carnoi'S bätten um- firingcn müssen, viel böscS Blut gemacht. So schreibt der gouoernementale, leicht radikal angehauchte „Jour": ,,Mr haben jetzt den Beweis, daß der CociaUsnius der Vater deS Anarchismus ist und daß. wen» der erslere den letzteren im Angesicht der Guillotine verleugnet, er es nicht verschmäht, ihn, obatd die Gendarmen nicht i» der Nähe sind, mit guten Raty- chtägen zu versehen. Der dculsche socialistische Reichstags- abgeordnete hat Len Anarchisten sogar uniängsl öffenttlch einen solchen Rath gegeben, der nichl verfehle» wird. Fruchte zu trogen. Daraus könne» wir rechnen. Für Liebknecht, wie sur verschiedene seiner ranzösische» Genossen handelt cs sich augenblicklich darum, seit Caserio'S Mordlhat sich leise von den Anarchisten loszumachen, ohne diese, di« bester geleitet sehr nützlich sein können, zu tntinulhigen. In diesem Sinne erklärte denn auch Liebknecht, nachdem er zu nächst den Anarchismus de» Ausfluß des schlechten Gewissens der gegenwärtigen Staatsordnung genannt hatte, der arme Caserio sei mehr zu bedauern, als zu tadeln; er sei ostenbar nicht in Voll- besitz seiner geistigen Fädigkeiten gewest», so»» hätte er, statt Carnol'S Casimir-Perier tüdien müssen: daS sei der Feind, der Bourgeois mit der seslen Faust! Und danach will man noch behaupten, der SocialismuS habe nichts mit dem Anarchismus ge mein! Wir haben hier vor unS einen der berühintesten Sociaiistcn- führer, der ganz unbefangen einem Banditen vorwirst, den Harm- losen Caruot anstatt des viel gefährlicheren Perier umgebrachl zu haben. Will u»S da Einer erklären, was in den köpfen der deutschen Anarchisten, vor denen Liebknecht gesprochen hat, vorgegangen ist und waS auS solchen Rathschiägcn sur eine Saat «ausgehen muß, wenn ein Genosse sich findet, der Muth und Energie genug besitzt, sich zu opfern und nun seinerseits zum Messer zu greisen ? Wir behaupten, der deutsch« Socioiist hat Herrn Perier den Mördern alS beste« Object bezeichnet. Ta« ist so wahr, daß Herr Liebknecht zukünftig, wenn einer seiner Genossen versucht haben wird, den jetzigen Präsidenten der Republik zu ermorden, sich iu der Unmög lichkeit befindet, diese Thal zu mißbilligen. Der Mörder würde ihm antworten: Mach' Dich nicht lächerlich, alter Fnund! Du hast mir ja selbst da« Messer in die Hand gedrückt; Lu selbst hast mir ge- rächen, mich an Casimir-Perier heranzumachen (cko matdaguer ä Cwiimir-I'erier). Und der Elende hätte hundertmal Recht." Ganz ähnlich spricht sich auch die conscrvaliv-klerikale „AutoritS" aus, nur daß sie mehr gegen den Preußen Liebknecht, als gegen den Socialistensührcr loSzieht. Tie Ent rüstung ist eine allgemeine, und wenn man auch im Aus wärtigen Amt an keine dipiomatische Intervention denkt, so geht man dafür im Ministerium de« Innern mit der Absicht nm, den in Frankreich lebenden und gelegentlich Gastrollen gebenden deutschen Socialisten schärfer als bisher auf die Finger zu sehen. Ueber da» bereits erwähnte Vorgehen Nicaraguas an der Mosquitoküstc liegen jetzt ausführlichere Meldungen vor. In BluesieldS waren 2000 Mann nicaragucsische Truppen ge landet; sie batten den MoSguilobäuptling Clarence verhaftet und sie selbst sollten am lv. August aus dem Dampfer „Aulu" in die Heimath zurücksegeln. Da wurde vom Militair der britische Consul Hatch verhaftet, im weiteren Verlause de« T^zeS auch der Engländer Brown und der Amerikaner Wiltbanks, welch letzterer daS Anit eine- Richter- unter der MoSquito-Regierunc angenommen hatte, nebst einer Anzahl Kreolen. Der aus dem Lande befindliche britische Marineofficier konnte Mr. atch nicht finden und stellte deSbakb Nachforschungen an. S gelang dem Gefangenen, sich mit dem Osficicr in Ver bindung zu setzen, indem er einen Zettel aus dem Fenster seines Gefängnisse- warf. Auf diesem erzählte er seine Verhaftung und sagte, daß man ihn nach Nicaragua schaffen wolle. Der Zettel wurde sofort aus daS britische Kriegsschiff gebracht. Der Vcr.-Staalen-Consul besuchte den Senor Madriz, den Minister von Nicaragua. Dieser gab zu, daß die Gefangenen in daS Innere abgesührt werden sollten, wo ihnen, der Proccß gemacht werden würde. Der Consul sandte darauf eine Depcscke an den Vereinigtcn-Staaten-Kreuzer „Columbia" ab. Als die Rheder des „Aulu" die vor- genominenen Verhaftungen erfuhren, verboten sie dem Capitai», abzusegclu. So mußte daS Militair in BlufieldS bleibe». Es heißt, daß die Anklage gegen den Consul darin besteht, daß er zu Ausruhr und Blutvergießen anreizte, Senor Madriz wolle sich aber nicht näher darüber äußern. Offenbar will er das nichl, weil er cS nicht kann, d. h., weil er sich einen frechen, unentschuldbaren Willküract hat zu Schulden kommen lassen. Ob England, dessen Auswärtiges Amt bereits in diplomatlsche Verhandlungen mit Nicaragua eingetreten ist, mit der nöthigen Energie weitgehende Sühne fordern wird, bleibt bei der Schwächlichkeit der auswärtigen Politik des gegenwärtigen Ministeriums vorerst noch abzuwarten. Ge- chicht weder von Seiten Englands noch Nordamerikas etwas, o kann man von dem Uedermuth der mittelamcrikanischen Duodez-Republiken noch ganz andere Dinge erleben. Deutsches Reich. ff Berlin, 27. August. Wir haben vor einiger Zeit bei einer Besprechung der Mittel zur Bekämpfung der Hinter- zicbung von Beiträgen für die InvatiditälS- und Alters versicherung daraus hiligewiesen, daß betrügerischen Mani pulationen in dieser Bezisbung am besten durch die Uebertragung der Einziehung der Bei träge an die Gemeinden oder Kranken kassen vorgebcugt würde. Wenn diese Regelung der BeitragSeinzieliung auch einige Kosten verursacht, die an sich recht beträchtlich sein tonnen, so werden dieselben doch durch die Verhütung der BeitragShinlerziehuuz aus gewogen. Außerdem aber wird dadurch gerade die am meiste» bei der AuSjührung.der Invalidität«- und Altersversicherung erhobene Klage der Arbeitgeber über die Umstände, welch« mit dem Markeneinkleben verbunden sind, aus derMbklt gp schafft. Es scheinen denn auch immer mehr Ver sicherungsanstalten zu der im tz. ll2 deS InvaliditätS- uad Altersversicherung-gesetzt- gestatteten Einziehung der Beiträge überzuache». Neuerdings wird eine solche Absicht von der BersichcrungS-Anstall Ostpreußen gemeldet. ES wäre von Bedeutung, wenn gerade eine der öst lichen preußischen Provinzen den Versuch mit der Einziehung der Beiträge durch Krankcncassen und Gemeinden machte; denn bisher haben die preußischen Versicherungsanstalten von der durch den tz. ll2 gewährten Besugniß recht wenig Gebrauch gemacht. Nur die elsaß-lothringische, welche die Einrichtung überhaupt nicht kennt, und die bayerischen über treffen sie darin noch. Im Jahre 1802, für welches die letzten amtlichen Nachweise «erliege», sungirle in ganzj Bayern eine einzige Krankcncasse und keine Gemeinde bei der Beitragseinziehung. In Preußen waren damit 25l Kranken kasse« und 8 Gemeinde» betraut. Im mittleren und übrige« südlichen Deutschland bat man sich schon viel mehr daran gewöhnt. So sungirtcu gemäß tz. ll2 während des Jahre» 1882 in Sachse» 2070 Krankencasscn und 67 Gemeinden, in Württemberg 270 und l8ll, im Großherzogthum Hessen 564 und 4tl, in Thüringen 667 Krankencasse», in Braun schweig 207 und 457 und in den Hansestädten 112 Krankcncassen und 22 Gemeinden. Besondere Hebestellen, wie da« Gesetz sie auch gestattet, hatte Farrilletoir. Sein Meid. Nomon frei nach dem Englischen von Emil Bernfeld. Nachtruck «rdole». (Fortsetzung.) „Daß der Donner dreinschlagc, ja, ich thu'S, Mädchen, und ich habe meine Gründe dazu!" schrie er verwirrt und gereizt auf und gestikulirte mit dem Arm erregt in der Luft, während zugleich seine zusammensinkende Haltung und der schwankende Ton seiner Stimme zeigte, wie er äußerlich und innerlich immer mehr jeden Halt verlor. „Ist er nickt reich und ich bin arm? Wühlt er nicht im Gelbe he? Er reich — reich, sag' ich, und ich arm — warum? Wissen Sic, warum ich arm bin, he?" Jane wartete athemloS, daß er sich weiter verrathen werde. „Ich will- nicht sagen, warum ich arm bin", fuhr er keuchend, trotzig fort, aber ich will- nickt fein, verstehen Sic wohl? Ich habe nicht Lust, Sie in meine Pläne einzuweihen, Mädchen — ich bin kein Tropf! Genug, daß ich die Macht in Händen habe, zu ändern, wa» mir nickt gefällt, und den Entschluß dazu, eS zu thun — und wird mein Weg dabei durch einen fremden Eindringling wie Sie durchkreuzt, bei meiner Seele Seligkeit, ich würde mich fürchterlich rächen an Ihnen wie an Jenem — Falconer Thrale!" Er unterbrach sich plötzlich, denn man hörte Annette im Nebenzimmer, die in das Gemach zurückkehrte. Der Doctor winkte Jane mit einem drohenden Blick Schweigen- zu und diese beugte sick. am ganzen Körper zitternd vor Er regung. über ihre Näharbeit. Ihr Zweck war erreicht; sie batte ergründet, woraus sich Newbott stützte, und e» unterlag keinem Zweifel, daß sie in ihm Falconer « schlimmsten, er barmungslosesten Feind entdeckt batte. Das Motiv, welche» ibn leitete, war Geldgier, die wilde Leidenschaft, sich durch dir Macht, die er über Falconer'« Schicksal besaß, zu bereichern, und dieses Motiv war für Jane ein um so Gefährlichere», al< sie nichts besaß, wa» sie demselben bättr entgegenstellen können. Selbst der äußerste Au»wrg, die Habsucht diese» beutegierigen Elenden au» dem Reichthum Falconer » zu befriedigen und sich aus diese Weise seiner zu entledige», mußte verworfen werden, den» nimmermehr durfte mau sich entschließen, sich eine« so niederen, aus Schuld bewußtsein deutenden Mittels zu bedienen, und nimmermehr durfte mau es wagen, Falconer ein solches Mittel anzuratben. Jane fühlte, indem sie Alle« bedachte, ihren Muth schwinden, ihr Herz von Verzweiflung erfüllt. Was Newbott betraf, so ging er mit anderen Empfin dungen aus dieser Unterredung hervor. Seine junge Gegnerin, vielleicht die Rivalin Annettes, vielleicht die Verbündete Thrale'S, durste nickt auS dem Auge gelassen werden, man mußte sie in seinem Bereich kalten. „Annette", sagte er, als Jane einige Zeit nach der Unterredung da« HauS verlassen, „diese- junge Mädchen kann Dir in der Tbat vielfach nützlich sein, und Du solltest ihre Bekanntschaft cultivircn. Tu wirst gut thun, sic möglichst viel hier verkehren zu lassen!" „Danke, Bater. Ich habe sie sehr gern!" entgegnete Annette, verwundert über diese ungewöhnliche Rücksicht ihres Vater» für sie. Owen Markham, der in neuerer Zeit ein sehr schlechtes Entgegenkommen bei Doctor Newbott fand,, aber trotzdem, so oft e» seine Geschäfte erlaubten, in AldcrSway weilte, — bei seinem Freunde Lee zum Besuch, wenn er den ver schlossenen, zurückgezogenen Thrale mit seiner Anwesenheit nicht stören durfte oder mochte, — schritt am Tage der soeben erzählten Ereignisse, von dem Landbause der Familie Lee kommend, einsam lustwandelnd auf der ländlichen Straße nach dem Dorfe AldcrSway bin, al« ein ältlicher, etwa mittel großer Herr in eleganter städtischer Kleidung auf ihn zutrat mit der Frage: „Um Vergebung, darf ich Sie bitten, mir zu sagen, ob jene» Hau» dort, auS dem ich Sie kommen sah, Billa Lee ist?" „Ganz recht, der Landsitz de» Mr. Steven Lee", erwiderte Markham. „Dann werden Sie mir, bitte, auch sagen können, ob Mr. Owen Markham, Recht»anwalt au» London, sich zur Zeit dort befindet." „Mein Name ist Owen Markham." „Ah, ich vermutbctc e», als ich Sie von dem Hause Her kommen sah, und ich wünschte Sie zu sprechen. Gestalten Sie mir, mich Ihnen vorzustellcn. Reckt-anwalt Everett." Markham fühlte sich peinlich berührt von dem Namen. Falconer'- precäre Stellung in der Gesellschaft, der gegen ihn umschleichende Verdacht, dessen immer weitere» Umsich greifen nicht zu verkennen war, batte ihn aus daS Schmerz lichste berührt und ihm in den letzten Tagen ernst zu denken gegeben; er kannte die Gegnerschaft Everett - zu Falconer, und dieses Hcrantreten de- Anwalts an ibn ließ ihn aus neue Mißlichkeiten für den Bedrohten schließen. „Ihr Name ist mir nicht unbekannt durch meinen Freund Falconer Tbrale", sagte er mit einer kühlen Verbeugung und die Be zeichnung Falconer'- als seinen Freund mit einem gewissen Nachdruck betonend. „Die Angelegenheit, die mich zu Ihnen fübrt, ist eine ganz besondere und sehr diScreter Natur", erklärte Everett. .^Vielleicht würden Sie nickt» dagegen haben, sie hier im Freien, beim gemeinsamen Dabinwanteln auf offenem Platze zu bespreche», wo wir vor Lauschern gesichert sind." „Da ich im Hause Lee Gast bin und dort nicht zu diSponiren vermag, nehme ich Ihren Vorschlag gern an", entgegnete Markham, der mit Vergnügen da« Auffällige einer solchen Unterredung vermied. Die beiden Männer schritten langsam die Straße zwischen den freien Wiesen dahin. „WaS ich Ihnen zu sagen habe", begann Everett, die Augen, wie immer, unter den halb nieder- beschlagenen Lidern aus den Boden gerichtet, „betrifft eben jenen Herrn, den Sie zuvor nannten — den Sohn meines verstorbenen Clienten. Mr. Falconer Tbrale." Markham runzelte die Stirn und machte sich im Stillen kampfbereit. „So lassen Sie mich Ibnen im Voraus be merken", entgegnete er fest, „daß Mr. Thrale mir ein wcrther Freund ist und ich die größte Hochachtung vor ihm hege." „Ich weiß da»!" äußerte Everett in ruhigem Ton. „Mir ist Ihr freundschaftliches Vcrbältuiß zu einander bekannt. Sie waren auS diesem Grunde zum Beispiel viel eher in seinem Vertrauen bezüglich seiner Heirath als ich, damals noch sein legaler Anwalt und Testamentsvollstrecker scinc- VatcrS." Markbam hielt mit seinem Schritt plötzlich innc und stand still, da« Blut stieg ihm in die Wangen. Nicht« batte seinen Gedanken im Augenblick ferner gelegen, als jene beikle, mdstcriöse Ebrschlicßung Thrale'S, über die er sich nie batte ganz bcrukigcn können und zu der al-Helfer und juridischer Vcirath die Hand geboten zu baden inSgebeim noch immer sein Freunde» wie sein A»walt«gcwiffen dedrückte. Everett, der bei der plötzlichen Bewegung des jungen Mannes einen Moment einen verstoblenen Blick aus denselben geworfen, senkte seine Augen wieder und richtete sie wie zuvor auf den Boden. „Lassen Sie uns weitergehen, e« spricht sich besser im Pronieniren", sagte er gelassen, und Markham gehorchte. „Ich wollte Ibnen zunächst mittheilcn, daß ich in den letzten Wochen, seit ich von der Heirath in Kcnntniß gesetzt war, Veranlassung genommen habe, mich davon zu überzeugen, daß dieselbe wirklich stattgesunden, und demnächst mich zu bemühen, die junge Dame, MrS. Falconer Thrale, aufzufindcn. In letzterer Hinsicht habe ich bisher keinen Erfolg gehabt. Hin gegen ist cS mir durch einen Umstand, der, wie Sie sehen werden, kein unwesentlicher ist, geglückt, die Anwaltfirma zu ermitteln, die sie mit der Führung ihrer Angelegenheiten be traut hatte. Ich erfubr von dieser Firma Alle-, waS sie über die Sache wußte — in der Thal freilich wenig genug — und ich würde auch diese- Wenige nicht erfahren haben» da eS mir bei dem Fehlen jeden AnhaltepuncteS schwerlich gelungen sein würde, überhaupt in Erfahrung zu bringen, wer die Anwälte der jungen Dame seien, wenn mir dabei nicht unerwartet jener bemerkenSwerlhe Umstand zu Hilfe gekommen wäre, von dem ich soeben sprach. Dieser Umstand nun, daß die Anwälte mich selbst aussuchtcn zu derselben Zeit, wo ich »ach ibnen forschte. Wie ich alsbald vernahm, haben die Leute Grund zu dem Verdacht, daß in der Sache irgend wie falsches Spiel gespielt worden ist." DaS Helle Sonnenlicht, das aus den blumigen Wiesen, auf dem sich dahinschlängelnden weiße» Wege lachte, schien sich vor den Augen de« bestürzten Markbam zu verdunkeln. ES lag nicht in seinem Charakter, durch daS Dazwischenwersrn dramatischer Phrasen und gekünstelter Ausrufe, nur um etwa« zu sagen, dem Gegner eine KomLdic vvrznspielen; er war eine zu ehrliche Natur, um nicht seine Stimniling zurück- zuhaltcn, bis er aus DaS, was ihm cntgegengcl,alten war» wirklich zu erwidern wußte. Betroffen schwieg er und lauschte» um Weitere- zu kören. Everett warf abermals einen kurzen prüfenden Blick aus ihn »nd snbr dann, die Hände gelassen aus dem Rücken verschränkend, in demselben ruhigen Ton wie vorher fort. „Ich will Sie nicht durch die Hcrzäbluag von Detail- be mühen, die Ihnen bekannt sind. Genug, die Sachwalter fanden die Position, welche ibrer Clientin in der Angelegenheit znfiel, von Anfang an dunkel und wendeten der jungen Dame ein wärmeres Interesse z». Sie pflegte, wen» sich irgendwelche Schwierigkeiten erheben, in denen sic des Ratke» bedurfte, die beiden Herren zu consultircn, und diese standen stet« aus'S Bereitwilligste zu ibrer Disposition. Eine» Tage« je doch träte» Umstände ein, in denen sie, wie man anncbme» sollte, in erster Reih« de» Rathe» und Beistandes bedurft
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