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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.09.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940928027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894092802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894092802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-28
- Monat1894-09
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Dt> EDTVkRR Ekklchrk»! K.LL >«tz>«h»lt: vierteljährlichX4^0t täglich« Zuftell»»g tat h«»< >1kchü. D«ch dir Post bezogen für «ch Oesterreich: vteNeljtbrtich st,—. Direct« täglich« strenzbandlendung i»I Lntland: monatlich ^il 7.S0. Die Vkvrgev-Rutgab« erscheiul täglich'/,? ltyr, bi« »«»d-Antgab« Wochentag« b Uhr. Ledstrtio« »ud Lr-erMs«: AoHanne»,aste 8. Di» Erveditio» ist Wochentag« »nnnterbroch«, öffnet von früh 8 bt« «benb« ? Uhr. Filiale«: vtt» «e»«s »ortt«. («Ifreb »atzstlb Univerfitüttstrah« 1, L.ni» L-sche,, . ^ . Matbarinenstr. I», pari, und KSntgSvlatz «- Abend-Ausgabe. N-WlM.TWMM Anzeiger. Legan für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd GeschSstsverkehr. ^nzetgen-AreiS die 6gespaltene Petttzetle -0 Psg. Reklamen unter demRedactionslkrich (4g»> spallea) üv ^, vor den Familiennachrich«, (6 gespalten) 40 Bröhere Lchriften laut unserem Preis» Verzeichnis. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarrs. 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Glaubt er wirklich, wie er vorgiebt, an eine Verschwörung der Natioaalliberalcn und der Freiconservativen zu dem Zwecke, den Reichskanzler Grafen Capri»i durch „unehrliches Spiel" und jämmer liche Zntrigucn zu stürzen, um dem Finanzminister vr. Miquel die Bahn frei zu machen, der zugleich Reichs kanzler und preußischer Ministerpräsident werden solle? Glaubt Herr Richter wirklich an einen solchen Plan oder stellt er sich nur so, um au derjenigen Stelle, die allein das Recht hat, Minister zu wählen, zu halten und zu wechseln, die Mittclparteien und den an geblich ron ihnen auf den Schild erhobene» preußischen Finanz»,inister in üblen Geruch zu bringe»? Wir können nur das letztere glauben, denn so gut kennt Herr Richter den preußischen Ainanzminifter Loch sicherlich, um ru wissen, daß dieser kluge Staatsmann mit allen Kräften stch gegen eine Treiberei wehren würde, die ihm nur Verlegenheiten be reiten könnte und ihn, den bürgerlichen Man», selbst im Falle keS Gelingens zur Zielscheibe offener und versteckter Angriffe des Adels machen müßte. Und für so dumm kalt Herr Richter Wohl auch die nationalliberalen nnd die sreiconscrvativeu Führer nicht, um ihnen im Ernste zuzulrauen, sic trachteten darnach, sich an der ausschlaggeben den Stelle iu den Verdacht der Ministcrstürzerei und der Eingriffe in eines der wichtigsten Kronrechtc zu bringen. Die Zntrigue liegt also lediglich bei Herrn Euge n Richter, dem die Trabanten, wie in Eisenach, gehorsam nachbcten, wa- er zu erfinden für zweckmäßig erachtet. Wir glauben daher auch nicht, daß Graf Caprivi sich durch die Richter'schen „Enthüllungen" gegen die Mittelparteicn und für den ihn be schirmenden „Freisinn" einncbmcn läßt, hat er sich doch schon öster „unheimlich" berübrl gefühlt durch die Anerkennung und den Schutz der verschämten Demokratie. Wie aber auch die Richter'sche Denunciation auf ihn wirken mag: für die Mittelparteien, ihre Führer u»d ihre Presse giebt e« nur eine Richtschnur: da« Wohl des Vaterlandes. Sie bekämpfen nicht Personen, sondern lediglich Maßnahmen oder Unterlassungen, die unheilvoll für das Ganze zu werden drohen. sWa- wir und unsere GesinnungSverwandten er streben »ad verlange», darauf haben wir seit Zähren con- sequcnl hingewiesen: heraus aus der Politik der Unbestimmt heit und der Zerfahrenheit. Wir bedürfen eines bestimmten „EurseS", der die verwickelten und verworrenen inneren Verhältnisse klärt und das Gespenst einer schleichenden Krisis verscheucht. Und wenn Graf Eaprivi endlich i», Sinne der jüngsten Kaiserworte einen festen Plan der Regierungspolitik entwickelt, nach bestimmten, sicher erkennbaren Grundzügen den Kampf für Religion, Sitte und Ordnung gegen die Uinslurzparteicn und die undeutschen Elemente aufnimmt, dann werde» gerade die Mittelparteien den festen Kern bilden für die Mehrheit, deren ein leitender Staatsmann im Zeit alter des Parlamentarismus unbedingt bedarf. Wo dann Herr Eugen Richter zu finden sein wird, wird Keiner besser zu beurthcilen verstehen, als Gras Caprivi. Die französische Regierung hat mit kräftigem Entschlüsse zum Besen gegriffen und das „Capitol" von Toulouse rcmgesegt. Diesen klassischen Namen führt oa« Stadthau- der berühmten Garonnestadt. DaS „Capitol" war seit Zähren zu einem Nest einer radical-socialistischen Gesellschaft ge worden, die in der Stadt und in dem Departement wie in einem eroberten Lande kaufte, in die öffentlichen Lassen griff, alle besoldeten Stellen mit ihren Anhängern besetzte, alle Lieferungen zu ihrem Vortheil vergab und jeden AuslebnungSversuch gegen ihr Treiben hart unterdrückte. Es war, wenn auch in etwa- kleineren Verhältnissen, eine treue Nachahmung der Wirthschast beS TammanhringeS in New-Iork. Um sich am Ruder zu erhalten, mußten die Toulousaner Raticalen sich der Wähler schaft versichern. DaS thatcn sie in der Weise, daß sie die Wählerlisten fälschten, die Wähler, von denen sie sich nicht- Gutes versprachen, stricken und Nichtberechligte, deren Stimme ihnen sicher war, cintrugen Natürlich ließen die Vergewaltigten sich dies auf die Dauer nicht gefallen, sie er hoben Beschwerde, eine Untersuchung wurde eingeleitrt und die Folge war, daß die letzten Stadtverordneten- und General» rathSwablen für ungiltig erklärt wurden. E« werden jetzt neue Wablen ausgeschrieben, die auf Grund neuer Wählerlisten vorgenommen werden sollen, und damit diese Listen nicht wieder gefälscht werden, löste die Regierung den Stadtratb von Toulouse auf und ersetzte ihn durch einen von ihr ernannten VerwallungSauSschuß von fünf Mit glieder», die bis zu den Neuwahlen das Stadtregimcnt zu führen haben. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Präscct der Hautc-Garonne, Herr Cohn, in Ungnade von seiner Stelle entfernt und nach der Loire versetzt an einen geringeren Posten. Herrn Cohn wird mit gutem Grunde vorgeworscn, daß er seit Zähren daS Treiben auf dem Capitol ruhig mit ansah und nicht- gegen den radikalen Ring that, wozu er doch die Macht gehabt hätte. Die radikale Presse, die sonst gern kritisier, schweigt zu diesen Maß regel» der Regierung, und sie weiß warum. DaS Regiment, das die Listen gefälscht hat, ist ein radical-socialistische-, und die Thatsachcn können nicht mehr bestritten werden. Für den Präsecten, der um die Fälschungen gewußt hat, ist die Ver setzung übrigen- eine gelinde Strafe. Als vor einiger Zeit in Tpanien, und zwar in Madrid, eine evangelische Kirche eröffnet werden sollte, waren eS insbesondere die konservativen Organe und unter diesen namentlich die „Epoca", die Proteste veröffentlichten und dagegen Verwahrung eiolegten, daß diese Kirche mit äußeren religiösen Abzeichen versehen würde, so daß sie mit einer katholischen verwechselt (I) werden könnte. Für die GlaubenS- freikeit in Spanien im Allgemeinen, sowie für die Duldsam keit der von CanovaS del Castillo geführten conscrvativen Partei waren die damals veröffentlichten Kundgebungen sehr charakteristisch. Zcyt ist aber, wie dem „Zournal de Gcnöve" gemeldet wird, die erste aus Grund des Gesetzes über die Duldung der fremden Culte errichtete evangelische Kirche am vorigen Sonntag durch Lord Plunker, den anglikanischen Erzbischof von Dublin, in der spanischen Hauptstadt ein- eweiht worden. Zugleich weihte der anglikanische Erz- ischos einen protestantischen Bischof für Spanien. Zahlreiche Mitglieder der englischen Colvnic in Madrid und eine größere Anzahl Spanier nahmen an der Ceremonie Thcil. Unter den letzteren befanden sich auch mehrere Delegationen der spanischen Freimaurerlogen. Die konservativen Organe werden insbesondere über die Anwesenheit der Spanier bei der Einweihung ihrem Grolle Ausdruck ver leihen. Thatsächlich findet die Ausbreitung des Protestantis mus, wie in den übrigen romanischen Ländern, auch m Spanien in den Freimaurerlogen eine Stütze. LS Zn Bulgarien dauert die Ministerkrisis fort. Während der „Neuen Fr. Pr." „von hervorragender Seite" versichert wird, daß kein Minister demissionirt habe, meldet man der „Köln. Zig", die endgiltize Rücknahme des EntlaffungSgesuchS der liberalen Minister RadoSlawow und Tontschew sei wahrscheinlich, da die liberale Partei auf dein Rücktritt ibrcr Führer bestcbe. Kennzeichnend für die ver worrene Lage ist der Umstand, daß das bisherige gemein same liberale und conservalire Regierungsblatt „Swoboda Slowo" seit einigen Tagen nicht erschienen ist. Znzwischcn sind die Ossiciösen Stoilow'S krampshast bemüht, den Ein druck hcrvorzuruscn, als ob bei den Wablen die Russcn- freunke eine schwere Niederlage erlitte» hätten. Um diese- Kunststück fertig zu bringen, taffen sic als Nufsensreunde nur die Anbängcr Zankow'ö und Karawelow'S, sowie die 27 südbulgarisckc» Unionisten gelten. Zn Wirklichkeit sind aber auch die meisten Anhänger de- Premierminister- Stoilow Rufscnfrcunde, d. h. Politiker, die zu Concessionen an Rußland bereit sind, wenn dadurch die Anerkennung des Fürsten erkaust werden kann. Darüber täuscht man sich selbst dort nicht, wo man dem Fürsten Ferdinand gern da» alte Wohlwollen bewahren und seine Mißgriffe beschönigen möchte. So schreibt die Wiener „Presse": „Zu den interessantesten Momenten der neuen Wahlen gehört jedenfalls die Zahl und die bevorstehende Haltung der sogenannten Ruffophilcn in der Sobrai.je. Die bisherigen Meldungen scheinen mit zweifelloser Absichtlichkeit die Anzahl dieser m allen Parteilagcrn vor handenen Elemente sehr niedrig zu taxircn, damit wenigsten- vorläufig im AnSlandc eine ungünstige Bcurthcilunz der Majorität vermiete» werde. Aber so wenig bisher die öffentliche Meinung Ocsterrcich-UngarnS sich durch ministerielle ZnterviewS und ZeitungSarlikU von der Ueberzcugung ab- bringen ließ, daß durch den Stur^ StambulomS nicht nur ein Personen-, sondern auch ein Shstcmwechscl eingctretcn sei, so wenig werden die jüngsten Versicherungen aus Sofia, die russophile Partei werde in der Sobranic schwach ver treten sein, Glauben finden. Diese Russopbilen werden nicht nur in allen Parteien und Fractionen der Sobranje, sondern überhaupt ziemlich stark vertreten sein, wie die» auch nach den Vorgängen der letzten Monate gar nicht ander- sein kann." Auch Stambulow'S „Swoboda" bestreitet die amtliche Wahlstatistik. Sie schreibt den Conscrvativen nur 26, den NadoSlawiste» 37, den Ruffophilcn 83 Mandate zu. Ungefähr wird daS wohl zulrefsen. Vom kareanischen Kriegsschauplätze sind keine Nachrichten eingclaufcn, die über die gemeldeten Zusammenstöße der Chinesen und Zapancr bei Anchow und Aichow (Orte, welche allgemein als auf den Karlen nicht vorhanden be zeichnet werden) Klarheit verbreiten könnten. Dagegen liegt in dem heute eingelroffenen „Ost asiatischen Lloyd" vom 17. August eine Milthcilung vor, welche die Art der chinesischen Kriegführung so gründlich charaklcrisirt, daß sic wicdergegcbcn werden muß. DaS genannte, in Shanghai erscheinende Organ berichtet: „Der Gouverneur von Formosa verspricht in einer Proklamation den Soldaten sowohl wie den Bür gern für die Zerstörung von japanischen Fahrzeugen, welche sich in feindlicher Absicht der Znscl Formosa nähern, und für die Tödtung von japanischen Ossi eieren die folgenden Belohnungen, welche, wie bcrvorgebobcn wird, erhöht worden sind: l) Für die Zerstörung eines großen japanischen Dampfers 6000 Tacls. 2) Für die Zerstörung eine- kleinen japanischen Dampfer- 2000 TaelS 3) Für ein japanische- Boot mit einem oder zwei Zapaner 406 TaelS. 4) Für em japanisches Boot mit einer größeren Besatzung 800 TaelS. 5) Für Tödtung eines höheren japanischen OssicierS 200 Tacls, und falls derselbe berühmt ist, außerdem nock eine andere reichliche Beleimung. 6) Für einen Subalternofficier 100 TaelS. — Die Belohnungen sollen auSgezahlt werde», nachdem der Thatbestand vom militairischen Höchstcomma» direndcn und den Localbeamlen festgcstellt ist. Außerdem sollen die Betreffenden dem Throne empfohlen werden." ZedeS Wort der Verurtheilunz dieser barbarische» Kriegführung ist überflüssig. Hcrvorgeboben sei nur, das; nicht allein den Soldaten, sondern auch den Bürgern die Nicdermetzelung de- Gegner» an- Her; gelegt wird. Nack dieser Proclamation de» Gouverneur- von Formosa zu schließen, scheint die Meldung japanischer Blätter, die Chinesen hätten auch auf die einzelnen Glieder der Zapaner Preise auSgesetzt, vollen Anspruch auf Glaubwürdigkeit zu haben. Deutsche- Reich. 1k Berlin, 27. September. T>e Vorbereitungen für die Ausstellung de- ReichShauSka ll SetatS für daS Zahr 1805 96, für welche die Frist zu der Anmeldung der Mehrausgaben bei dem Ncicksschatzamt Seiten- der EinzclressortS am I. August abzelausen war. sind in diesem Zahre erheblich weiter gefördert Worten, als die- sonst zu dein gleichen Zcilpunctc der Fall war. Es darf daher mit Sicherheit daraus gerechnet werden, daß der Entwurf zum ReichSbauSbaltSelat dein Bundcsralh sehr bald und jedenfalls zeitig genug zugcbc» wird, um eine gründliche Prüfung desselben in alle» seinen Theilen zu ermöglichen. ES wird also in dein lausenden Zahre rer Uebclstand vermieden w^zden, das; der BnndcSralb bei der Rolbwentigkeil, den Etat baldigst an den Reichstag zu bringe», sich in der Zwangslage befindet, die Beratbung der letzten Tbeite des Etat» übermäßig zu be eilen. Schon jetzt läßt sich mit Bestimmtheit übersehen, das; bedauerlicher Weise die Annahme des Herrn Eugen Richter, alS ob auch obne Vermcbrung der Einnahmen für daS bczeichnctc Zabr da- Gleichgewicht zwischen Ueberweisuugen und Malricularumlagen sich Herstellen lassen werte, nicht entfernt zulrisst. Trotz Beschränkung der Mehrausgaben aus daS unbedingt Erforderliche bat sich die Einstellung beträchtlicher Mehrausgaben in den ordent lichen Etat nicht vermeiden lassen nnd zwar in dem Maße, daß die Matricularumlagcn nicht allein einen erheb lich köderen Betrag erreichen, als ini laufenden Zahre, sonder» auch die Ueberweisungen nicht unbeträcht lich übersteigen. Man thut Lader gut, sich durch wenn nicht gefärbte, so doch mehr oder weniger willkürliche Be bauptungc» über die Gestaltung de» nächstjährigen RcichS- haushaltS nickt irre führen zu taffen. Berlin, 27. September. Die „Belehrung" und „Ucber- reuguna" der Socialdcmokratic durch die fortschritt- lji ch e Presse in Berlin hat bei de» gestrigen Gew er Ke ge richtSwahle» wieder einen glänzenden Erfolg erzielt. Die „geistigen Waffe»" haben wieder bewirkt, daß die Social- dcmokraten einen großen Triumph davongctragen baden. Zetzt noch allgemeine gleiche Wahlen für Abgeordnetenhaus und RaihhauS, dann sind sämmtlichc Berliner Vertretungen unfehlbar ins socialdemokratische Lager kinübcrbclcbrt. — Tie „Kölnische Zeitung" versichert, gegenüber gegen- ibeiligen Meldungen, gegenwärtig ».'eile kein deutscher Ofsicier mehr in Za pan; deutsche Ossiciere spielten weder eine active, noch eine bcrathcnte Rolle in dem Kriege gegen China. SL—«SSSSLmL^ML»^—LSLM»»a Feuillrtsn. Der goldene Mittelweg. iss Roman von Erich Rott. Na-truck »erdet»«. (Fortsetzung Der Kettenhund schlug beim Eintritte deS BaronS an und fletschte die Zähne. „Kusch Dich, Caro!" rief ihm der Bauer zu, während eS ihm seltsam um die Mundwinkel zuckte, „Dein Herr bat gar jörnehmen Besuch; so was weißt Du, Köter, freilich nit zu schätzen!" Der Baron ging hinter ihm über den Hof; sein Gesicht wies einen finsteren Ausdruck auf, aber als sic in die Wohn stube eingetrcten waren, zeigte er da» alle verbindliche Lächeln wieder. „Zch werd' einen Krug Wein au« dem Keller heraufbolen. ES schwatzt sich bester, wenn man die Kcble anfcuchtct", meinte Winkler und ging dann, ohne seinen Gast erst zum Nicder- setzen «inzuladen, zur Thür hinaus. Thumar blich mit unbehaglicher Miene mitten im Zimmer stehen; er strich mit der mageren Rechten durch seinen faden scheinigen Bart und seufzte ab und ru dumpf auf, während zugleich nervöse- Zucken, das sich besonder« um seine Augen bemerkbar machte, sein Gesicht durchleuchtete. ES dauerte eine geraume Weile, bevor Winkler wicdcrkam. Za plötzlich körte Thumar dessen Stimme wieder auf dem Hofe: als er anS Fenster trat, sab er einen Händler bei rem Bauer im Gespräche stehen, dem Anscheine nach behaglich plaudernd. Thumar biß sich auf die Lippen und trat, um nicht be merkt zu werden, tiefer in» Zimmer zurück. — „Pack, Pack", murmelte e>^ während er die Lippen zusammenkniff. „E« ist, al- ob der Kerl abnle, weswegen ich zu ihm komme. Wenn ich ihm nicht bittend naben müßte . . . wie ich ihm meine Verachtung zeigen . . . ibm beweisen wollte . . Er vollendete nicht, sondern setzte sich mit resignirter Miene aus einem Schemel nieder. Tort blieb er eine lange Weile unbeweglich sitzen, bis endlich Winkler« Stimme draußen im Hose verstummt« und derselbe gleich daraus in da« Zimmer rintrat. „Habt rin weuig verziehen muffen, Herr Baron", sagte rr, mit eiaem derben Rucke de» Krug auf den Tisch setzend und alsdann zum Wandschranke gehend und aus diesem zwei Gläser hcrauSnebmend. „War der Bote au- der Kreisstadt; kommt alle Woch' nur einmal, der soll mir ein paar Päcklein Tabak mitbringen, mein jetziger ist schier gar!' Er schaukle lässig auS dem Kruge Weißwein in die Gläser; dann nahm er daS seinigc, klirrte eS leicht an das dem Baron ;u- geschobenc GlaS und setzte eS an die Lippen. „Ein Wohlsein auch", brummte er und ließ sich an der anderen Seite de- Tische- seinem Gast gegenüber nieder. „Zhr wollt Wohl jetzt dauernd hier bleiben?" „Za, ich werde wohl in den sauren Apfel beißen müssen", cntgegnete Thumar, der nur an dem Wein nippte und nun, da» GlaS auf den Tisch zurücksetzend, sich wieder mit der Hand über den Bart strich. „Es ist eine schlechte Zeit, lieber Bürgermeister!" Na, scll kann ich gerade nicht behaupten", meinte Winkler, während rr wieder aufstand, zum Fenster ging, diese» öffnete und seine kurze Pfeife auSklopfte. Daun kam er wieder zurück, zog die SckweinSblase mit Tabak au« der Tasche und begann aus der Tischplatte umständlich sich eine neue Pfeife zu stopfen. „Mir acbt'S ganz gut", setzte er dann endlich hinzu, während er die Pfeife zugleich in Brand setzte und die ersten langen Züge auS derselben that. ,Hab' mir'« mein Leben sauer werden lassen und Hab' geschafft wie ein Feind; jetzt Hab' ich Batzen im Sack und kann'- auShalten!" „Aber im Allgemeinen sind die Zeiten doch schlecht", wendete Tbuinar em. Der Andere lachte kurz u>K> höbnisch auf, während er den Baron mit gar eigentbümlichrm Blicke musterte. „Ta tst überhaupt so ein Geschwätz von guter Zeit und schlechter Zeit", meinte er dann. „Wer kein Geld im Sack hat. der muß in den guten Zeiten Hunger leiden, und einer, der Batzen hat, hält « auch in den mageren Zahre» auS." „Sie haben gut lachen, lieber Bürgermeister. Ein reicher Mann wie Sie . . .", seuszle Thumar. Winkler lachte nur wieder kurz auf. ,Zhr macht wohl Spaß, Herr Baron?" sagte er dann „Zch bin doch immer nur eia schlichter, geringer Bauer; aber so ein gar sürnehmer Baron, der auf seinem eigenen Schloß wohnt . . ." DaS nervöse Zucken ging wieder durch die Züge de« Baron«. Dieser hüstelte plötzlich und nahm einen Berlegeo- heitSschluck au« dem Glase. „Also wieder hiesig?" sagte Winkler i» diesem Augen blicke wieder.^ während er dichte Rauchwolken vor sich hinblie«. „Hält' es nicht geglaubt. Ihr seid doch da mals ein wenig plötzlich abgereist; man hat darüber so Manches im Dorfe aemunkelt. Aber ich gab aus so rin Ge schwätz nicht viel", süglc er hinzu, als der gar unbehaglich Darcinblickendc den Mund zu einer Bemerkung öffnen wollte. „Da ist ja auch beut' wieder daS ganze Dorf von Euch voll, führt ein Geschwätz aus, daß man kopfscheu werden möchl." „Wenn Zhr aus mich hinzielt, so mag daS Geschwätz der Wahrheit nabckommen", sagte der Baron, während er zugleich lies aufatbmete. „Mit einem Worte, e« geht mir herzlich schlecht, und ich habe mich an- der Welt nach dem schon einem Trümnier- baufen gleichenden Stammsitz meiner Ahnen zurnckzirhcn müssen. Es wird ja wieder besser werden, nur augenblickliche Bcrlegen- hciten sind eS, die mich bedrücken", fügte er dann nach einem langen ^Stillschweigen hinzu, während dessen er vergeblich auf eine Entgegnung de- Anderen gewartet batte. „Aber eS wäre mir wirklich damit gedient, wenn ... hm, hm, e« wird Effiem nicht leicht, Derartige« auszusprechen ... aber wenn ich, da ich Euch atS einen vcrtrauenSwertben wohlwollenden Mann kenne, die Bitte an Euch richten dürfte..." Er schwieg von Neuem, offenbar wieder die trügerische Hoffnung hegend, daß Winkler ihm durch ein Wort halbwegs entgegenkäme; als das entstandene Stillschweigen schließlich drückend wurde» schaute er Winkler wie hilseflebcnd an. Aber der Bauer hatte sich auf seinem Sitze zurückgelcbnt und paffte mächtige Rauchwolken vor sich hin, unverwandt dabei den Blick, während sein Gesicht einen gar geringschätzigen, spöttischen Ausdruck aufwieS, aus Thumar gerichtet. Dieser hüstelte von Neuem. „Mit einem Worte", brachte er dann mit gepreßt klingender Stimme hervor, „wenn Zhr mir etwa- Geld borgen wolltet?" „Und da« mir zu künden, sällt Euch so schwer?" brummte Winkler, noch vor wie nach den Anderen unverwandt an- schauend. „Hab' mir sagen lassen, daß da- nicht der erste Leihvrrsuch ist, den Zhr in Eurem Leben gemacht habt, Herr Baron. Mit Vergunst", subr er fort, während er sich plötzlich breit aus den Tisch lehnte und, die Pfeife lässig au« dem linken Mundwinkel herabhängen lassend, den Er bleichenden spöttisch ansckautc. „Zhr sollt, wie mir schon vor Zahr und Tag berichtet worden ist, ganz und gar in den Schulden stecken, Herr Baron. Wenn Unsereiner auch nit viel über sein HrimathSdors hinau-kommt, so bat man doch offene Ohren!" „Zhr seid wirklich recht offenherzig, lieber Bürgermeister", bemerkte Thumar, der sein Taschentuch gezogen und mit demselben seine Stirn betupft hatte, ,,c« ist richtig, meine Verhältnisse sind nickt die geregeltesten, gerade darum würde ich Euch besonderen Dank wissen, wenn Zhr mir mit einem Darlehen auS augenblicklicher Vcrlegenbcit Kelsen würdet, ich wollte eS Euch gewiß zurückzablcn", setzte er nach einem neuen, beängstigenden Stillschweigen in dringendem Tone hinzu. „Meine Einkünfte sind mir noch nicht über wiese» . . ." „Zch bin kein Geldverleibcr, Herr Baron", sagte der Bürgermeister dann, während er mit beiden Ellbogen sich aus den Tisch stützte nnd den Anderen unverwandt anschaute. „Mein Vater selig bat immer gesagt: Geld anSzeliebcn, beißt einen Freund verlieren und einen Feind dazu be kommen. lind dann, wenn wir u»S auch immer Guten Tag gesagt haben und ich auch zuweilen mit Euch zu tkun bade, weit Zbr nun einmal der AmISvorstcher seid, während ich ja die Geschäfte fiel- allein besorgt habe.. . mit dem Geld- borgen ist'- ein eigen Ding . . . daS Geld ist rund und rollt lcickt fort . . . Nicht- für ungut, Herr Baron!" Thumar biß sich die Lippen fast blutig. Er schaute den Anderen nicht an. sondern hieit de» Blick starr zu Boden gerichtet. Seine Gestalt war noch mehr in sich zusammen- gcsunken und belle Rötbc brannte dabei bis weit in die Stirn heraus in seinen Zügen. „Auf Zhre Weigerung war ich allerdings nickt vorbereitet!" versetzte er dann mit zuckenden Lippen. „Zch glaubte, Sic würden bereit sein, mir ein kleines Darleben . . ." „Na, um Euretwillen will ich 'mal eine Ausnahme machen", brummte Winkler» während er sich zugleich ge mächlich von seinem Stuble erbob und mit der Linken auS dem Hosensacke einen Schlüsselbund bervorboltc. „Wie viel soll « denn sein?" Ter Baron alhmetc tief aus; er hatte sich ebenfalls er beben und ging nun Winkler, der aus einen kleinen eisernen Schrank in der einen Wankccke zugeschrilten war, einige Schrille nach. „Wenn ick Euch um Tausend Mark bitten darf, lieber Bürgermeister". Winkler ließ einen pfeifenden Ton kören und drehte stch jäb aus dem Absätze herum. „Tausend Mark?" brummte rr danm „Na, Zbr nebmt'S Maul gut voll . . Tausend Mark, Herr Baron?.. Das ist eine schöne runde Summe!" Er trat vom Schranke zurück nnd stellte sich dann dicht vor den Erbleichenden. „Wißt Zbr, wie viel Tropfen Schweiß so rin Bauersmann vergießen muß draußen ans dem Felde im glühenden Sonnenbrand, bi- er tausend Mark dafür in den Schrank zurücktegen kann ?" sagte er, die Augen-
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