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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.10.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941017027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894101702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894101702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-17
- Monat1894-10
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Größere Schritten laut unserem Preis, uerzetchniß. ladellariicher und Zifferusah nach dSherem Dans. Grtra-Vri,agen tgelalzts, nur mit der iviorgea-Äusgode, oline Poslbesorderung 60.—, mit Poslbesorderung ^ 70.—. Annaßmeschlub für Anzeigen: Ad »ad-Ausgabe: Vormittag« 10 Udr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh ' ,9 Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen ie ein» Halde Stunde früher. Ulgeigr» sind stet« an die Erpevithia zu richten. Druck und Verlag van E. Polz in Leipzig Mittwoch den 17. Oktober 1894. 88. Jahrgang. politische Lagesschau. * Leipzig, 17. October. Der Arbeitsstoff für die bevo rstehcnte Reichs- tagsscssian schwillt bereits in unheimlicher Weise a». Zunächst wirb der Etat wieter die weilläusigsten Verhandlungen bervorrusen, dazu koiiimcii mit bobcr Wahrscheinlichkeit Vor schläge zur Abwehr der Umsiurzbestrebullgeil und sicher eine Taba kste u e rvor l a ge. Fest augekündigt sind ferner einige Rovelten zu beu Iusiizgesttze» und zu dem Unsallversicherutigsgesetz. ein Gesetzentwurf zur Bekämpfung des u »la uleren Wettbewerbs, eine Börsen- refor m, tas bereits zweimal liegen gebliebene RcichSse uchen geses,' u. v. a.,teffe» Fertigstellung »ock> mcht scststebl. Die „Frcis. Zig." vrophezeit schon ciiien völligen geschästlicheu Bankerott des Reichstags und kann sich bei dieser Propkezeiung auf die Erfahrung berufen. Daß in »euerer Zeit die Reichstags- sessioncn einen übe»mäßigen Umfang bei äußerst beschräukie» keislungcn angenommen taben und die zur Regel gewotbene Beschlußniifäkigkeit tic Schwierigkeiten »och vermehrt, ist nicht zu bcslreilen. Die Schult tiefer unerguickilchen Zu stände liegt aber vorzugsweise in der ziel und nutzlose» Hereinziebung aller möglichen sernliegendcii Gegenstände in die Berbandlunge», in der Durchbrechung der sachlichen Be ralkungen duichParteistieitigkeiten.in temMißbrauchreiRetner- büdne zu agitatorischen Zwecken, in der Zeitvergeudung durch breitspurige, selbstgefällige Redner und in der Ucberlasiung de« Hauses durch zablreiche, gänzlich »iitzlosc, duyendmal schon zn parlamenlarischem Brei zertrelcne Iiiiiiaiivanlräac. Unsere parlamentarische Gescdästsbchantliiiig ist in vollster ^eirütlung begriffen, schuld ist aber »ichl ein Ucbcrmaß des Arbcite- stoffs, sondern die wachsende Unfähigkeit der meisten Parteien, die Gegenstände sachlich und mit Verzicht auf Pariciagitaiion zu behandeln. Zeigt sich diese Unfähigkeit auch in der bevor stehenden cessio» trotz des Ernstes der Zeit und der drohenden Gefahren, io behalten am Ente die Ossicivsc» Reckt, die so lange die Bebaupiung verfochten haben, die besten Absichten der vcrbüiitclcu Regierungen müßten fruchtlos bleiben, so lange der Reichstag sich selbst und den BundeSrath labm setzt. Trotz der eindringlichen Mabnungcn des Kaisers gc- winnl eö den Anschein, als ob die Berliner Peilung des Bundes der Landwirthe den zwei Sskialpkuiotraten. denen sie bei Rachwaklen in Plauen und Elmshorn Pinneherg in den Reichstag verhalfe», für de» 2. anhai tischen Wahlkreis einen drillen folgen lassen möchte. Zu verwundern ist das gerade nicht, denn man erinnert sich, daß nach dem Wahlkreise Plauen seiner Zeit die Belehrung ergangen ist, ein Soeialdemokrat sei einem Nalionalliheralcn vorzuziche». Diese politische Weisheit ist aber, was den 2. anballischen Kreis anlangt, eine Eigcnlkünilichkeit der Berliner Herren von Plocv, Suchsland ». s. w., die in, Wahlkreise ansässigen Mitglieder des Buntes baben de» von den RaiionaUiberale» ausgestellten bisherigen Ab geordnete» Fried berg, der sich wegen seiner Beförderung :>i»i ordentliche» UniversilätSproseffor einer Reuwakl »nler- zieken muß, acceptirt. Von Berlin aus unlcrslützt man des halb auch nicht einen Eandidate» des Bundes der Lanewirtbc, sondern in der Person eines Berliner Innungsmeisters eine» sogenannten „MittclstandScandidaten". Diese Eandidatur ist von demselben Edarakler, wie die zersetzende Bewerbung in Plauen, wo sich der Mann des Herrn v. Ploetz „dculsch-social", und in Elmsborn, wo er sich „antisemitisch" nannte. Der Effect war in den beiden Kreisen derselbe: der Social- demotrat gelangte in die Stichwahl und wurde, da die verhetzende Agitation vor dem ersten Mahlgänge die Kraft Feuilleton. Der goldene Mittelweg. SSI Roman von Erich Rott. Natdkruck verboten. (Fortsetzung.) Währenddem richtete er doch seine ganze Aufmerksamkeit auf daS Gespann, das gleich daraus mit lcharfem Rucke in den steil auswärts nach dem Schloff- führenden Weg ein- lenkte. Dann, als sic durch den schweigenden Forst in lang samer Gangart dahinfuhren, als die Pferde stampscnd über t,e spiegelglatt gefrorene Straße dabinschritten, allmählich den Schlitten hinter sich bergaufwärts ziehend, und Eochcn mit leuchtenden Blicken die in tiefen Winterschlaf versunkene WaldeSbcrrlichkeit ring« um sich betrachtete, die, als eben die Sonne durch den wolkenbesctztei, HimmclSsaum zu strahlen begann, in ihrer funkelnden Pracht an ei» Märchen aus Tausend und eine Rächt erinnerte, lachte Winkler wieder kurz auf: „Bin begierig, was der Herr Sägemllller anstelle» wird", versetzte er; „der wird uns wobt die Zähne zeigen. Aber neck' Dich nur hinter Deinen Mann, der soll tüchtig aus- paffen. dann werden wir ibm schon den Brei versalzen." „Er »st ja noch gar nicht mein Mann", lachte Evcben, während sie. da ihnen ein empfindlicher Luftzug entgegenkam. daS kostbare Wintcrmüffchen noch enger an ,br Gesicht drückte. „Aber er wird» bald. in drei Tagen schon", ent- gegnelc Winkler mit eincni raschen Blick auf die neben ibm Sitzende, „ich lau» mir noch gar nicht denken, daß Du dann nicht mebr Tag sür Tag auf dem Hose sein solltest Wenn nur die Hochzeitsreise erst vorüber wäre; weißt Rind, kann siebt man sich dock wenigsten- wieder Tag sür Dag. aber jetzt habe ich ein Grauen vor dem langen Winter, weil Du fort bist!" »Die Zeit gebt auch vorüber, Großpapa; ach, ich bin so glücklich", lackte sie aus, „ich wollt' nur, es gelänge mir, die stolze Frau zu gewinnen!" „Ra, ta beiß Dir nur Deine schönen Zäbnckcn nickt aus", brummte Winkler, während er die Peitsche knallend über die Pferde sausen ließ. „Ihr lahmen Kracken, wollt ihr wohl auSgrrisen, e« geht ja wie die Schneckenpost — des Zusammenschlusses beim zweiten lähmte, schließlich ge wählt. In Anhalt steht dasselbe bevor, wenn man von Berlin aus sorlsährt, im Gegensätze zu der cinbeiniischen Führung des Buntes der Lantwirtbe zu wirken. Da- Wabl- ergedniß würde dann eine merkwürdige Illustration zu der Er klärung teS Herrn v. Ploetz sein, worin dieser dem KönigSberger Ausrufe des Kaisers zur Bekämpsunz der Soeialbemokraiic zu folge» gelobte. Die politische unk moralische Berechtigung der Sprciigeantidatur steht in Anhalt womöglich noch unter dem Puiicle, aus rem sic sich in Plauen und Elmshorn befand. Die Irreführung und Unklarheit n» Kreise der „MittelstandS- parteilichcn", »i» die usurpirlc Bezeichnung bcizubebalten, spottet in dem jetzt vor der Wahl siebenben Bezirke jeder Beschreibung. Mit dem nur einem verschwindenden Brucb- tbcilc der Reichswähler bekannten Programm der „Mittel stantsparlei" wird seit geraumer Zeit »n Anhallischcn agitirl und aus Grund desselben ist der Berliner InnungS- meister als ReichSlagSeandikal ausgestellt worden. Er nahm die Eandidatur an, reiste in den Wahlkreis und erklärte dort der Wahrheit gemäß, daß ihm daS Programm gänzlich unbekannt seil! Kennen gelernt wirb er es mittlerweile ja baben, wenn er cs auch verstauten hat, dann sollte ihn die lönigl. Akademie zu Berlin mit der Herausgabe einer Erläuterung zum Hezcn- EinmaleinS im „Faust" betrauen. Er hätte sich für diese Ausgabe legitimirt. Ist die „MittclslantS"-Eandidatur, weil sie den Sieg der SoclaltemokraUc bewirken kann, trotz aller Begleiterscheinungen eine ernste Sache, so darf man die Volk» parteiliche Bewerbung mil ungetrübter Heiterkeit verfolgen Die „Frcis. Zrg." meldet heule den bisherigen Eandikaten Stadtratb Roßbach aus Magdcsurg al« „verliiuderl" und hebt statt seiner den Tanzigcr Ober bürgermeister und cmeritirten Botschafter - Vertrauten Baum dach aus den srisch lackirken Schild. Die „Behinderung" des Herrn Roßbach ist aber nicht etwa durch Privatverhältnisse veranlaßt, sondern von Herrn Richter berbeigesührt, weil jener Tollkühne im Wahlkreise einige Ketzereien geredet und sogar — da» Mari gerinnt in den Knochen — daS Bestebon von Auswüchsen im Eonsum- vereinswesen anerkannt bat. Dafür darf nun Herr Baum- bach durchfallcn. Es ist sehr erfreulich, daß bei der äußerst prekären Lage in Portugitsisch-Lstafrita nun auch, wie die „K. Ztg " kört, ein zweites deutsche- Kriegsschiff, ein Schwestcrschiff von S.M. Kreuzer „Seeadler", den Befehl erhalten hat, sich zunächst nach Lourenco Marguez zu begeben, um dort den Schutz der deutschen Interessen wabrzu- nchmen. E« ist gar nicht zu verkennen, daß in gewissen englischen Kreisen Alles ausgcbvten wird, die jetzige >»>ß- li vc Lage der portugiesische» Regierung auSzunutzcn, um in der Dclagoabai festen Fuß zu fassen oder sonstige Vortbeile zu gewinnen, welche die neue Bahn von der Dclagoabuckit nach Pretoria dem englischen Einstuß und de» einseitigen englischen Interessen dienstbar zu machen geeignet wären Die Entsendung der beiden Schiffe redet demgegenüber eine deutliche Sprache; sic bedeutet ein unzweideutiges liuml-i »ts gegenüber solchen englische» Bestrebungen; sie lehrt aber auch rie Portugiesen, daß die deutsche Regierung in der cnlschiedclist.» Weise gewillt ist, jeder Verschiebung der poli tischen Machtsphäre unk der politischen Interessen in der kor ligen Gegend cutgogenzutreten. Die Beteiligung de» deutsche» Eapitals an einem wesentlichen Thcil der tircclcn Eisenbahn verbindung zwischen der Delagoabucht und Pretoria, die leb haften HankelSiiiteresseli, die Deutschland mit dem Trans vaalstaate verbinden, sind so wichtig »nd zugleich so auSsichls- reich, daß jede Verschiebung der jetzigen politischen Rechtslage zu Gunsten irgend eines anderen Staates eine Bcein- ich bab mir den Magen an ihr verdorben, daS ist ein Hoch- mutbsteufel!" Er pfiff und die Pferde, all' ihre Kraft zusammen- nebmend, gr iffen wieder scharf aus. Jetzt bogen sie um die letzte Ecke, und gleich daraus fuhren sie mit einem eleganten Satz durch die mittelalterliche Thurmeinfahrt, um wenige Secunden später schon vor dem Schloßportale des Mittel baues zu kalten. Mil jugendlicher Gewandtheit sprang Winkler aus dem Scklittcn, übergab dem berbeigeciltcn Diener die Zügel, half seiner Enkelin aus dem Wagen »nd wandte fick dann an den mil leicht bestürzter Miene eben aus dem Portal tretenden jungen Baron. „Ra, da bring' ich Ihnen die Eva", sagte er, „werdet wohl nicht bös' darüber sein. Die Wetterber' bat mir keine Rub' gelassen, will durchaus die Frau Mutier sehen und sprechen!" „Also doch, Evchen. trotz meines Flehens und Bittens, eS nicht zu verlangen", murmelte der junge Mann, während er sich über die behandschuhte Hand seiner Verlobten beugte und einen Kuß darauf drückte. „Es muß klar werden zwischen Deiner Mutter und zwischen mir", erwiderte Eva ebenso leise, „ich bi» es mir selbst schultig. daß cS zur entscheidenden Aussprache kommt!" „Ich fürchte nur, Mama wird sehr offenherzig sein", entgegnete Felir, während sich seine Mienen noch sorgenvoller umwölkten. Eva aber schüttelte mit Bestimmtheit den Kops. — „Die Liebe zu Dir kan» mir kein Mensch mebr aus dem Herzen reißen Ich lebe ja erst, seitdem ick Deiner Liebe versichert bin. bleib Tu mir nur treu! — Weißt Du, wenn ich je einmal erleben sollte, daß Du mich weniger lieb hättest — ich grämte mich zu Tode!" In demselben Augenblicke war auch der alte Baron schon herabgekommen und von Winkler geräuschvoll begrüßt worden. „Ja, meine Frau ist allerdings zu Hause", meinte Thuinar verlegen hüstelnd, aber —" „Da gicbt'S kein aber — waS die Eva will, da- muß sein!" suchte Winkler zu scherzen, dem e» dabei aber nicht behaglich zu Mutbe war. „Die Gnädige muß un- eben empsangen, nickt wahr, Evchen?" „Tic wird uns jedenfalls nicht die Beleidigung antbun, unser» Besuch abzuwrisen", versetzte da» junge Mädchen. träcbtigung deutscher Interessen bedeuten würde, die sich Deutschland nickt gesallen lassen wird. Der österreichische ReickSralh, der gestern zusammen- actreten ist, findet ein reichhaltiges ArbeilSpiogramm vor. Der erste Abschnitt bcr Tagung soll der Ius»;gcsctzgebung gewidmet sein. Die erste Vorlage ist der neue Strafgesetz entwurf. Eö soll die Generaldebatte sofort durck'gesübrt werden, damit alle Abändcrungsanirägc dem ständige,, Straf gcsepausschuffe unterbreitet werden können, von dem maii hofft, baß er noch im Lause de» Winters in der Lage sein wirb, seinen Bericht vorzulegeu. Außerdem wird eine ganze Anzahl Vorlagen dem Abgeordnetenhause zugehen, welche die Reform des E>v>lproecsscs bilden sollen; zunächst die Ewil- proceßordnung, tic Iurisrictionsnorm und tic ErccutionS- ordnunz. Außerdem harrt noch ein weiteres Iustizaesctz der Erledigung, nämlich daS vom Herrenbansc bereit» beschlossene Gesetz über das Urbebcrrecht. Endlich solle» neben bcr Be rathung über den Etat Vorlagen über tas Gewerbcgesetz und da« Loealbabncngcsetz die Tbätigkeit der Volksvertretung auSsüllc». Leiter ist zu sürckten, daß sich die Debatten aus viel unfruchtbarerem Gebiete bewege» werte». Die Deutsch- nationalen wollen wegen der slowenischen Forderungen in Eilli eine große Action entfalten. Die Tschechen, wenn auch in sich selbst gespalten, machen zu einem umsasscnten Feldzüge klar, und eS wirk ihnen an Bundesgenossen a»S anderen Parteien im Kamps gegen das Eoalilionsminislcrium nicht fehle». Würde tic kcutsch-liberalc Partei denselben Anstoß an der Eillicr Schul frage nehmen wie die Deutsch-nationalen, dann wären aller dings die Tage der Eoalitioi, gezählt, allein wen» auch tic vereinigte Linke einen Besthluß in dieser Angelegenheit noch nicht gefaßt hat, so wird sic doch bestimmt die nunmehr er folgte Einstellung de» Posten» sür das toppelsprachige Gnm- iiasiuin in Eilli nicht zum Anlaß ihre- Austritte» aus der Eoalitioi, nckmeu, wen» sie auch einstimmig gegen diese» Posten votircu wird. Der Partei daraus eine» Vorwurf machen zu wollen, liegt u„S fern, sie kan» nach Lage der Dinge augenblicklich nicht anders handeln, wenn sic nicht aus die Durchführung aller wichtigen Re formen verzichten will, welche aus ihrem Programm so gut wie auf dem der Regierung siebe»: Wahlresorm, Steuerreform. Abänderung de» Eivilprocessc« und de» Straf gesetzes rc. Sind diese Gesetz,nlwürsc unter Dach und Fach, bau» ist eö Zeit, wieder die Priueipicn zu urgircn, dann aber bat die Eoalition voraussichtlich ihre Schuldigkeit getban und kann — auSciiiantcrgchc». Daß die Verhankluiige» über da» allgemeine Wahlrecht heftige Kämpfe im Parlament entfesseln werben, ist vorauszusebe», denn der von der Re gierung vorzulcgendc Wahlresormcntwurs bürste den Arbeitern tas Wahlrecht nur mit gewissen Eiiischräiikuiiaen gewähren. In Volksversammlungen ist ja die socialistisckie Agitation schon eisrig am Werke und die Iuugtschewen unk Deutsch-Rationalen sind dabei erwünschte Helfershelfer. Zum Glück ist die Finanz tage eine ziemlich erfreuliche, was in der lebhaften allseitigcn Beglückwünschung des FinanzminlsterS Plener nach Beendigung seiner gestrige» Budgetrede zu augenfälligem Ausdruck kam. In der Tbat weise» verschiedene Posten des Budget», dessen Einzclkeitcn man im vvlkswirtbschajtlichcn Theile Nachlesen wolle, gan^crbeblichc Ersparnisse auf, welche eine nicht unbe trächtliche Tilgung von Staatsschulden ermöglichten und in weitere Aussicht stellen Die westliche Reichsbälstc scheint also der östlichen aus finanziellem Gebiete allgemach glcich- kommen zu wolle», wenn sie auch noch ziemlich weit von den regelmäßigen Ucberschüffen des ungarischen Budgets ent fernt ist. „Vielleicht hast Du die Güte, uns anzumcldcn?" wendete sie sich an ihren Bräutigam. Dieser zog ein süßsaures Gesicht, indem er flüsterte: „Ich komme mir vor wie ein in die Schlackt ziehender Krieger!" — Er ging zögernd den ins Hau» Eintrctcndc» voran. Dan», während Winkler noch neben seiner Enkelin den oberen Corridor entlang schritt, körten sie schon aus dem Wohnzimmer die scharfe TiScantstimmc der Baronin und zuweilen auch die bittenden Vorstellungen ibreS SolmeS. — „Nein, durchaus nicht, ich wünsche nicht, belästigt zu werten!" hörte man eben die Baronin mit schriller Stimme schreien. „Da hörst's, mein arme», liebes Kind!" brummte Winkler, während eS zornig über sein Gesicht leuchtete. „L>, ick wollt', ich könnt' sic curanzen, die alte, aufgeblasene Person!" In demselben Augenblicke aber batte Evchen auch schon entschlossen die Hand aus die Klinke gelegt und, während der ihnen folgende Baron mit einem beklommene» Atisatbmen draußen auf dem Eorridore blieb, trat sie, gefolgt von ihrem Großvater, in da« Wohnzimmer ein. Sie kam eben »och zeitig genug, um von Frau von Tbumar bemerkt zu werden, welche eben durch die eine Seitcnthüre daS Zimmer verlassen wollte. „Gnädige Frau, ich bitte, gewähren Sic mir nur ein Wort!" rief Eva aus, während sie aus die Baronin zuciltc und ihr bittend beide Häute entgegenstreckte. Frau von Tbumar blieb aus der Schwelle sieben »nd richtete sich steil aus, an dem jungen Mädchen vorüber glitt ibr Blick auf den neben der Tbüre stehenden Bürgermeister. Dieser batte den stattliche», kostbaren Pelz etwas zurück geschlagen, nicht wissend. ob er sich vor der Dame de« Hause- verneigen orcr, der wenig glimpslicheu Behandlung eingedenk, welche er vor Jahren erlitten, ibr grollend gegen überstellen bleiben sollte. „Ich begreife nickt, wa« da« heißen soll?" sagte die Baronin, während Heller Zorn aus ihren Augen sprübtc. Aber da zwang sich Eva auch schon, ihr die Hand zu geben. — „Gnädige Frau", sagte da» junge Mädchen mit bebenden Lippen, während e« mit thränenverdunkcltem Blicke zu der hageren, hochgcwachsenen Dame ausschaute, „wie bade ich vor diesem Augenblicke gebangt und wie wi-kerum bade ick mich nach ihm gesehnt — können Sie nur das Verbrechen gar nicht verzeihen, daß ich die Liebe Ihre« SobneS besitze? — wir haben uns so lieb — und in den Freudenbecher unsere« Glücke- fällt nur der einzige WrrmuthSlropfen: der Die Pariser Radicalen und Social ':en scheine» sich von dem neue» Präsidenten bei ,ra»zösischrn Republik nichts Gutes zu versehen, obwohl er bei seine»! Amtsantritt die rabbiale Eliquc äußerst saust, mil den weichsten Sammethandschuben angegriffen hat, die er ans treiben konnte. Ihre Journale fahren fort, durch allerkauk Ausstreuungen seine Autorität untergraben zu wollen. Zu diesen Versuchen wird auch jene Flugschrift gerechnet, welche »i der Provinz verbreitet wird und zu Gunsten einer „pe> söutichc» Politik" de» StaalS-Ehes» einiritt, und obaleuh bekanntlich eine im „TempS" veröffentlichte ofsicwse Rote die Versicherung enthält, daß Easimir - Perrcr dieser Broschüre vollständig fern siede, beschäftigen sich di.se Pariser radicalen Blätter noch immer mit derselben. Die Eampagne gegen de» Staats Ehcs scheint übrigen- in der Provinz »ich« mit >c»em Erfolge wie in Pari» geführt zu werke». I» den Departement» sind eben die radicalen und die socialistischen Elemente nicht so mächtig wie in der Haupt statt. Eines der bedeutendsten Provinzblälicr Frankreich», das „Journal de Rouen", erklärt i» sehr entschiedener Weise, man täusche sich gewaltig i» Pari», wenn man glaube, baß die Provinz sich vc» dem Geschwätze der radical svcialistiichcn Pariler Blätter bctbörc» lasse» würde. „Wäre Herr Easimir Perier", fäbrt da» „Journal de Rouen" fort. ,,»»ch länger auf dem Lande geblieben, bann hätten die Socialisten ihn beschuldigt, er schade durch seine Abwesenheit den Pariser Geschäfte»: er kekrl zurück, bclbeiligt sich an dem Leben der Hauptstadt: ste schreie», er verleime die republikaiiischc Gleichheit. Wäre er zu Fuß gegangen, dann hätten sic ibn einen Windbeutel genannt; da er im Wagen fuhr, bezeichnen sic ihn als einen verräck'tigc» Aristokraten. Wen» man ihm zujubctt, da»» schreien sic über Verratb . wenn man ihn nur grüßt, so sagen sie. er sei unpopulär Und die Pariser humpeln hinterdrein, obnc dessen gewahr zu werde», daß sic die Kosten dieser blöden unk falschen Opposition trage» werden. Tic werden aber bald um- satteln, tic Pariser, unk wir zweifeln sehr, daß sie noch lange der ungeschickten Losung gewisser Blätter gehorchen werden. Was die Provinz anbclangt, so regelt sie nicht ihre Meinung über Easimir Perier »ach de» Pariser Kritikastern. Sic sah ih» voll Berliayen zur höchste» Würde der Republik gelange», weil sie ihn wegen seine« loyalen, sestcn, unabhängigen Ebaraktera und wegen der Bürgschasteu bochschätzt, die er den jetzigen Einrichtungen gegeben bat. Was die Provinz inleressirt, das ist nickt der Landauer, den sie aus nationaler Eigenliebe elegant und gut bespannt wünscht, sondern das sind die Männer, welche der Präsident in den nächsten Ministerkrisc» in seinen Landauer ausncbmcn oder von diesem scrnhallcii wirb!" lieber de» Gesundheitszustand de« russischen Kaiser s liegt jetzt eine authentischc Rackricht vor. Wie noch im Morgenblatt telcgrapbisch mitzetbeilt werden konnte, vcr össciitlicht der „Petersburger RcgicrungSbote" ein Bulletin der bcbautclntcu Aerzte, wonach die Rieitiitrankbki» sich nickt gebessert Kat, das beißt weitere Fortschritte macht, und das; mit demselben ein Verfall der Kräfte embergebt. Nach diesem amtlichen Zeugniß, daS gewiß nicht publicirt worden wäre, wen» die Wahrheit sich noch verheimlichen ließe, sieht man sich leider gcnötbigt.dcn Herrscher aller Reußen als einen todtkrankcn Mann so gut wie auszugebcn und mit dem Schlimmsten, al« nabe- bevorstehenr, zu rechnen. Wenn die Aerzte von dom Klima der südliche» Krim einen wobllhätigen Einstuß aus den hoben Patienten erwarten, so ist das nur eine sehr schwache Hoffnung Der sormcUcn Einietzniig einer Regentschaft wird rer Zar sich untev diesen Umstände» kaum noch länger widerseyen können. — Das Urtkeil gegen die katholischen Bewohner i» Kroze, die ihre alte Kirche nicht niederreißen lassen wollten. Gedanke an Ihren Groll rmd an Ihr Fernbleiben von dem so nabe schon hcrbeigekommenen Tage unserer Vereinigung!" Die Baronin glaubte ihren Obren nicht trauen zu dürfen, vor ihren geistigen Blicke» war immer eine kralle, gesundheitS strotzende Bauerntiriic gestanden, welche ihr Sohn nur dc« leioigeu Geltes »nd Gute» halber zu ehelichen beabsichtigte. Run trat ikr eine junge Dame von Erziehung und Äclt gegenüber, die in solch wohlgesetzten und dabei rührenden Worten sprach, daß sie »i ihrem längst verhärtet geglaubten Herzen eine wärmere Regung spürte. Unwillkürlich heftete sie den Blick inniger ans die vor ihr Stehende, welche mit so unsagbar bittendem Blick zu ihr ausschante. Wo hatte sie aber nur ihre Augen gehabt; eS erschien ibr fast unmöglich, baß diese- liebreizende, wonnige Geschöps, daS niit ebenso viel Vorzügen teS Körper« wie des Geistes auSgestatlet war, die Braut ihre« SobneS sein konnte. Sie ließ den Blick wieder an dem Mädchen vorüber aus den hochausgerichtet stehende» Bürgermeister gleitc^ sic konnte eS gar nicht fassen, daß die Beiden miteinander so nabe verwandt sein sollten! „Mein liebes Kind, Sie sehen mich in Verlegenheit!" murmelte sie in sausterem Tone, während sic das junge Mädchen zum Sopha führte und sich dann neben ihr nicke» ließ. „Man hat mich Ihnen gewiß als reckt hart und lieb los gcschilkcrt . . aber wenn ich mich geweigert, Ihre Ver bindung mit meinem Sokne gutzuheißen, so geschah eS nicht sowohl aus Vorurtkeil, sondern weil ich in meinem langen Leben schon immer tic Erfahrung gemacht habe, daß ungleiche Art niemals zusammcnpaßt!" „Glauben Sie mir, gnädige Frau, dcusclbc» bangen Vor wurf habe auch ich mir schon gemacht", sagte Evchen, wäbrend ein süße« Lächeln ibrc rosigen Lippen umspielte. „Aber ick sagte mir: wahre Liebe übcrbrückt AUcS . . . und wir baben uns sv rechtschaffen lieb, gnädige Frau!" Sinnend schaute Frau von Tkumar dem jungen Mädchen in die Angcn „Au« Ihrem Blicke spricht ein reine-, nnver- sälschlcS Herz, me», Kind", sagte sie tiefbewegt. „Ich glaube e« wobl,-Lic können zum guten Engel meine» SobneS werden, und ferne sei eS darum von mir, noch länger Ihrer Ver bindung widerstreben zu wollen." „Dank, lausend Dank . . , wie selig mich Ihre Worte machen, gnädige Frau", antwortete Eva, während sie sich zu- leich aus die Reckte der Baronin nicderbcugle unk einen eiße» Kuß aus dieselbe bauchte. „Nicht bock, mein Kind", wehrte die Baronin, währen» ein milder Ausdruck über ihre scharfen, eckigen Züge huscht«.
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