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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.02.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930222010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893022201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893022201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-22
- Monat1893-02
- Jahr1893
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Tabellarischer und Zifsernsatz nach höherem Tarif. Extra-vtilagrn (gesalzt), nur mit de« Morgen-Ausgabe, ohne Vostbesörderun» 60—, mit Postdesörderung 70.—. Innatimeschluß für Änzeigrn: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn« und Festtags früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annabineslellea i« ein« Halde Stunde früher. Anrrigrn sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^°8K. Mittwoch) den 22. Februar 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Frau Henriette Amalie J»a vcrw. Schmidt geb. MärtrnS hat testamentarisch „der Armencasse zu Reudnitz" ein Vermächtniß von NON Mark ousgesctzt, welches d»rch Herrn Pancratius Carl Schmidt an uns zur Auszahlung gelangt ist. Mit dem Ausdrucke herzlichsten Dankes bringen wir dies zur öffentlichen Kenntniss. Leipzig, den 20. Februar 1883. Ter Rath der Stadt Leipzig. (Tas Armenamt.) Hentschel. Dittmann. Bekanntmachung. Die Leuchtkraft de» städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom 13. bis 18. Februar 1883 im Argandbrenner bei 150 Litern stündlichem Consuin dos 18,8sache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Da- specifische Gewicht stellt sich im Mittel aus 0,440. Leipzig, am 20. Februar 1893. Des Raths Deputation zu den Gasanstalten. Bekanntmachung. Sonnabend, de» 25. Februar e., von Vorm. 10 Uhr an soll im Geschäftszimmer des Proviaint-Amtes zu Leipzig, Pleißen- burg, Thurmhaus, 2. Stock, eine Partie Roggen- und Wcizcn- klcic, sowie ttrhrmchl an den Meistbietenden gegen sofortige Baar- zahlung versteigert werden. Leipzig, am 18. Februar 1893. Königl. Proviant-Amt. Lhomasfchule. Die Vorprüfung der für Sexta angemeldeten Schüler findet Sonnabend, den 25. Februar, von '/,9 Ubr an statt. Leipzig, am 21. Februar 1883. Vr. duoxwano. Oeü'entUetw HandelsIokranZtalt. vis Anmeldung; von Uandluoxslestrllaxe», weleks kommende Ostern in <lis krilb- oder Xackniltla^seurse der vsdrllngs- nbliisllnng einkreten »ollen, erbittet sieb der vnterreiebnets io üer ileit vom A. bin mit, A. MLrv, rornitttnzee von 11 dt, 12'/, Dbr, womüxlick unter pernönlieker Vorstellung der Xo- rumeldooden durek ikrs Uerren Lrirmipale. Vas leiste 8edul- rouguiss oder die Oensurllsts des SebiUer» ist bei dieser Os- lexendvit rorsulegsn. Während der gedockten 2eit werden auch Tnureldungen sür den elojüdrlgeo kuekwlssenseliaktllekev ( ursus vutgegen- xenomwen, on welchem sieb Ilnndlnogslekrltugv betkeiligen Hunnen, dis im Lesitrs des Zeugnisses tür die wissenscboltlicke Lekobigung rum Vivjäkrig-k'reiwilligelldienst« sind. V'otorriekt 10 8tuoden wvekentlieb. 8ebulgvld 80 Veiprig, rw Februar 1883. Dari Wolfram, virector. Bekanntmachung. Die Stelle einer NcchiinngSsührrrS der städtischen Brauerei ist am 1. Mai d. I. zu besetzen. Mit der Stelle ist ein Einkommen von 8000 (1500 >! fester Gehalt und 1500 >1 gewährleistete Tantieme) sowie PensionSbercch. tiguiig verbunden. ES ist eine Caution von 5000 zu stellen. Geeignete Bewerber, die mit der doppelten Buchführung völlig vertraut sein müssen und möglichst in gleichen oder ähnlichen Etel> lungen mit Erfolg thälig gewesen sind, wollen Gesuche nebst be> g'.oubigteu Zevguißab dunsten . bis 4. März 18S3 anher einreicheä. Persönliche Vorstellung hat nur auf Wunsch zu erfolgen. Jena, den 18. Februar 1893. Trr «emcindt-vorstand der Residenz- und Universitätsstadt. Bürgermeister Singer. Versteigerung. Donnerstag, den 28. Februar 18VS, Nachmittags 8 Uhr sollen im Gasthose zur Lbcrichänkc in Leipztg-GohltS 100 Stück 4 m lange Bretter und Latten, 2 Pianiuos und versch. gute Möbel, darunter eine Plüschgaruttur, meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, am 21. Februar 1893. Stelabeelr, Gerichtsvollzieher. im Versteigerung. Freitag, den 24. Februar 1893, Nachmittags 8 Uhr sollen Gasthaus znm Goienschlötzchen in Letfizig-Eutritzsch versch. gute Möbel, 1 Linger-Rahmaschtne meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werde». Leipzig, am 21. Februar 1893. 8telnbe«d, Gerichtsvollzieher. Juden und Jesuiten. L Der deutschfreisinnige Abgeordnete vr. Meyer bat am Sonnabend im Abgeordnetenhaus Namens feiner Partei wörtlich erklärt: „Die Juden» und di Jesuitenhetze stehen für unS auf gleicher Linie, wir lcbnen rS entschieden ab, ganze Kategorien vou Personen in Pansch und Bogen zu verurtheilen, oder ihnen UebleS nach Zusagen. Wenn einmal die Frage erörtert werden wird, ob die bestehenden Gesetze über die Jesuiten aufgehoben werden sollen, so werden Sie bei unS nicht den geringsten Widerstand finden." ES ist nicht wahrscheinlich, daß mit dieser Erklärung den deutschen Juden ein Dienst erwiesen worden ist. Die Abneigung gegen die Wiederzulassung des Jesuitenordens durckdringt, wie erst wieder dir letzten Tage und Wochen gezeigt haben, die ganze evangelische Bevölkerung Deutschlands, während sich die große Mehrheit der Katholiken gleichgiltiz verhält. Wird nun von den Deutschfreisinnigen im Reichstag dem Iesuitenantrag deS EentrumS mit Rück sicht auf die Juden zur Annahme verhelfen, so wäre die- daS geeignetste Mittel, deren derzeitige Unpopularität zu erhöhen. Man würde die Existen» von Juden in Deutschland für die Aufhebung eines Gesetzes verant wortlich machen, welches auS evangelisch - consessiouellen und nationalen Gründen für unentbehrlich gehalten wird. Dies über die Begründung des überraschenden deutsch reisinnigen Entschlusses, die allem Anscheine nach nicht einmal aufrichtig ist. ES dürsten vielmehr für die Partei de- Herrn Richter in erster Reihe wahlpolitische Erwägungen maßgebend ein. Die „Germania" hat vor einigen Monaten erklärt, daß das Zusammengehen deS CentrumS mit den Conservativen durchaus nicht die Regel bilden solle; man werde sich von Hall zu Fall entscheiden. Der Fälle aber, wo der Deutsch reisinn auf ullramontane Hilf« angewiesen ist, sind sehr viele. Den Juden das Odium, den Dcutschsreisinnigen den Vortheil — das entspricht ganz den bisherigen Ergebnissen der Juden - Politik dieser Partei. ES ist kenn zeichnend, daß der Abg. vr. Meyer auSerscben war, den Ultramontanen daS „Einverständniß" des TeulschfrcisinnS zur Rückberufung deS Jesuitenordens zu präsentsten, denn diesem Herrn ist bisher, als einem „ausgesprochenen Culturkämpfer", die Unterstützung des CentrumS im Breslauer Wahl kreise versagt worden. Die Unterwerfung gewinnt durch die Wahl eines so großen ehemaligen Sünders zum Dolmetsch der deutschfreisinnigen Gesinnungen an Feier- ichkeit. Freilich hat dir ganze Partei in diesem Stücke Vieles gut zu machen. DaS Jesuitcngesetz ist bekannt lich gegen Ende deS Jahres 187 l durch Petitionen auS der Nation heraus und unter eifrigster Theilnahme von An gehörigen der Fortschrittspartei angeregt worden. An der Spitze der Bewegung standen, wie beiläufig bemerkt sei, Katholiken, so Josef Volk, Graf Fred Frankenberg und der fortschrittliche NeichStagöabgeordnete Windthorst auS Bielefeld, ein Neffe des Welfen- und CentrumSführerS. Auf Grund der einzegangenen Petitionen verlangte der Reichstag mit großer Mehrheit die Aushebung deS Jesuitenordens in Deutsch» and. Bon den 46 fortschrittlichen Abgeordneten stimmten nur 8 deüi Verlangen nicht zu. Die Regierung brachte eine Vor- age ein, die aber namentlich von fortschrittlicher Seite, bei- pielSweise von Schulze-Delitzsch, als nicht ausreichend gegen die vom JesuitiSmuS drohende Gefahr bezeichnet wurde. Dem verschärften Entwürfe stimmte schließlich der größte Theil der Fortschrittspartei zu. Auch Herr Richter ge hörte nicht zu den Gegnern, doch blieb er der Ab kinimung fern, sich so für den JesuitiSmuS als weißes Blatt erhaltend, welches denn auch später mit zahl reichen Anweisungen auf Mandate beschrieben worden ist. Indessen auch dieser Führer zauderte noch vor Kurzem, die Zustimmung seiner Partei zur Aufhebung deS Jcsuitengesetzes in Aussicht zu stellen. In der neuesten Ausgabe seines politischen ABC-BuchS bemerkt er über den ultramontanen Iesuitenantrag: „E« steht aber noch dahin, ob die Mehrheit des Reichstags nicht auS ähnlichen Gründen, wie in der vorhergehenden Session die CentrumSpartei, den Antrag zurückgenommen hat — Erregung der Bevölkerung und Verschärfung der Gegensätze —, den Antrag ablehncn wird." So Herr Richter im November vorigen JabreS. Seitdem ist die Bewegung gegen die Wiederzulassung gewachsen und mit ihr die Gefahr der Erregung der Be völkerung, seine Partei aber giebt daS Gesetz preis und noch dazu mit einer Begründung, aus der man die Ueber- zrugung, eS geschehe, um die Bevölkerung zu beruhigen, herauSlescn solll Herr Meyer spricht von einer Jesuiten Hetze, während e» sich doch um die Aufrechterhaltung eine» seit 20 Jahren bestehenden RcchtSzustandeS handelt, den seine Partei hat mit herbeiführen helfen und der ein Vorbild in dem überwiegend katholischen Bayern mit seinem streng katholischen KönigShause und in zahlreichen anderen katho lischen Ländern hatte. Eine „Hetze" kann sich überdies nur gegen Personen und nicht gegen Institutionen richten. Die Jesuiten aber leben in Deutschland frei und unbehelligt, es ist ihnen nur untersagt, OrdenSnicderlassungen zu gründen, gerade so, wie es den Freimaurern in Oesterreich verboten ist, Logen zu besitzen. Von einer Frrimaurerhetze in Oester reich wird aber nirgend- gesprochen. Es ist auch falsch und sicher nicht im Interesse der Juden gelegen, wenn man, wie Herr Meyer thut, diese und die Jesuiten als „Kategorien gleichstellt. Als Jude wird man geboren und Jesuit wird man durch den freiwilligen Entschluß, sich einer Organisation anzuschlicßen. Selbst wenn man daS Judentbum als solches sür gefährlich und schädlich erachtet, kann man gerechterweise die Gcsammtheit nicht in den Einzelnen treffen wollen, denn di« Zugehörigkeit deS Einzelnen ist von seinem freien Willen unabhängig. Mit den Jesuiten verhält e- sich umgekehrt. aufzuklären, welche die in meinem letzten Briese gekcnn- cichnete beinahe einstimmige Annahme der von dem liilglicde des linken EenlruniS Eavaignac vvrgeschlagencn molivirten Tagesordnung geschaffen Halle. Es mußte sich darum handeln, sestzuslellcn, daß die Regierung und die republikanische Majorität keineswegs zu Gunsten der extreme» Parteien oder der „Ralliirten" abgcdankt haben, sondern im Gegenlheil gewillt sind, die in den letzten 15 Jahren stelS befolgte fortschrittlich republikanische Politik aufrecht zu er halten, die Republik gegen die Manöver und gegen dir offenen und versteckten Angriffe ihrer Gegner zu verlhcidigen und mit geschlossenen Reihen in den bevorstehenden Wahlkamps einzulrelen. Um diesen Zweck zu erreiche», mußle cS dem Conseil-Präsidenten Ridot gelingen, durch seine Erklärungen über die Politik der Regierung die verschiedenen Fraclivnen der revublikanischen Majorität, vom linke» Ccntrum bis zu den Radikalen, die bis zur äußersten Linken hinanreichcn, ;u befriedigen oder wenigstens von der Nothwentigkeit zu iberzcugen, daß, ganz wie zur Zeit deS BonlangiSmuS, daS Heil der Republik eine wenn auch nur vorübergehende Cvncentralion sämmtlichcr republikanischen Gruppen un bedingt erfordere. Der Verlauf der Debatte ließ das günstige Ergebniß derselben kaum voraussehen. Sämmtliche Redner, der Interpellant Leydet von der ultra-radicalen Fraktion, der radicale Socialist Millerand, der revolulionaire Socialist Lafargue, der Boulangist Däroulöde, die Milglieder deS linken Ccnlrumö Eavaignac und Techanel und der Ehes der Ralliirten, d. h. der coiislilulionellcii Rechte», Piou, hielten mehr oder minder interessante Vorlräge über ihre Auffassung der inneren Politik, jeder von seinem Parteistandpuncle aus, aber sie stimmten sämmtlich darin überein, daß sie die Politik der gegenwärtigen Regierung verurtheilten, daß sie der republikanischen Partei, d. h. den Opportunisten, die Verantwortlichkeit sür de» Panamascandal und für die dadurch entstandene Krisis aufbürdclcii und daß sic einstimmig die Ansicht aussprachen, von einer Coucentration der säiiiml» lichen republikanischen Gruppen könne nicht mcbr die Rede ei». Gegen diesen Ansturm mußte Herr Ribot ganz allein Stand halten. Keiner der sonst so redseligen Koryphäen der republikanischen Partei ergriff das Wort, um die Angriffe der Opposition zurückzuwcisen, um eine Ehre zu vertheidigen, uud sowohl Clemencrau, als auch seine LieulenantS Camille Pelletan, Pickon u. s. w., die sonst niemals fehlen, sobald eS sich um eine politische Debatte handelt, verhielten sich schweigend, obwohl die ver- chiedenen Redner, und namentlich Döroulödr, den bisherigen Chef der radicalen Partei auf jede Weise provocirt hatten. ES hatte wirklich den Anschein, als ob der Panamascandal Republikaner und Radicale vollständig bemoralisirt und ent- iiiuthigt habe. Glücklicherweise ist der Conseilpräsident Ribot ei» parlamentarischer Redner ersten Range-, der sehr Wohl im Stande ist, auch ein ganze- Dutzend Gegner abzuführcn. Die Sache war übrigens weniger schwierig, als eS den Anschein hatte. Die Redner halten sämnttlich eigentlich nur Wahlrede» gehalten, hatten vorzeitig ihr Wahl progamm entwickelt, und Herr Ribot batte keine Ursache, diese verschiedenartigen Programme schon jetzt z» be leuchten; er konnte sich daraus beschränken, den Republikanern und den Radicalen zu Gemüthe zu führen, daß schon die Pflicht der Sclbsterhaltung ihnen gebiete, in diesem Augen blicke die mehr oder minder wichtigen Differenzen zu vergessen, welche die verschiedenen Fractioncii trennen, ihre Reihen zu schließen und sich um die Regierung zu schaarcn, welche fest entschlossen sei, die Errungenschaften der Republik auf allen Gebieten aufrecht zu erhalten und gegen die Angriffe der extremen Parteien zu vertheidigen. Der Minister endete seine Rede mit der dringenden Aufforderung an alle Republikaner, am Vorabend der Neuwahlen sich fest zu gruppiren, um in geschlossenen Reihen dem allgemeinen Stimmrecht gegenüber zu trete». Wenn man eine Vergangenheit auswcisen könne wie die Republikaner, so dürfevon Demülvigung oder gar von Capitulalion nicht die Rede sein. Ganz im Gegen theil müßte man erhobenen Haupte- und im vollen Selbst bewußtsein in den Wahlkampf rintrelen. Von den vor- grschlagcnen Tagesordnungen acceptirt: Herr Ribot diejenige, worin das Vertrauen in die Regierung auSgcdrückl wurde, daß sie die demokratischen Gesetze aufrecht erhalten und eine entschieden republikanische Reformpolitik verfolgen werde. Dieselbe wurde mit der seit langer Zeit von keinem Ministerium bei einer Abstimmung über ein Vertrauensvotum erreichten Majorität von 134 Stimmen angenommen. Da> mit ist freilich a» den Parteiverkältnisseii nicht- geändert^ aber eS ist kadurcb daS wichtige Resultat erreicht, daß jetzt mit ziemlicher Bestimmtheit darauf gerechnet werden kann, daß die Majorität der Kammer daS Ministerium Ribot bis zu dem Zeitpuncte der Neuwahlen Hallen wird, daß also das gegenwärtige Ministerium dazu berufen sein wird, die Wahlen für die neue Kammer zu leiten. Unter diesen Umständen wird eS wieder wahrscheinlicher, daß die Auflösung der Kammer vermieden werden kann und daß die Neuwahlen bis zum Herbst verschoben werden können. Und mit Herrn Ribot als General eu ckef werden die Republikaner zweifellos als Sieger auS dem Wettkampf hervorgehen. Äus Frankreich. Part», IS. Februar. Ta» Ereigniß der verflossenen Woche ist die große politische Debatte gewesen, welche am Donnerstag in der Depulirlen- kainmer stattgcsunden bat. Dieselbe ist bekanntlich durch eine Interpellation über die innere Politik deS Ministerium» bervorgerusen werde», die von den verschiedenen Fractionen der republikanischen Majorität, wie auch von der Regierung für »othwrndig erachtet war, um die zweideutige Situation Deutsche- Reich. * verli», 2). Febrnar. In ausfallendem Gegensatz zu der Kanzlerrede vom Freitag steht ei» sehr zabmer Leit artikel, welchen das ofsiciöse Kanzlerblatt über den Bund der Landwirtbe veröffentlicht. Uute. Anderem tritt der Gegensatz an dem PassuS über Politische und wirtb schaftliche Parteien zu Tage. Graf v. Eaprivi sagte „Das wirthschaftlich« Interesse, wenn eS weit gctrikben wirb, wird im»,er dazu neigen, mit dem staatlichen zu colli- Viren. Wirlyschastliche Interessen bastrra immer mehr oder wrnigrr aus Egoismus, man pflegt »u sagen: gesunden' Egoismus, während der Staat Aniorderungen an die LpfersShigkeit und den Idealismus seiner Bürger stellt. Je weiter alio die Parteien, auch die politischen Parteien, in daS Wirthschast-leben und dessen Interessen verflochten werden, um so mehr »»ist »S Pflicht der StaotSregterulig sein, die mchr «dealen Interessen zu vertreten " Die „Nordd. Alla. Ztg " dagegen schreibt: „Tost diese Organisation ider Bund der Landwirth«) auch al« ein politischer Factor auftritt, erschaut um so natürltcher, al« die politische» Parteien mit einseitiger Wahr nehmung von allerhand programmatischen Ideale» viel zu viel zu thun haben, als daß sie sich ernsthast um wirthschastliche Interessen bekümmern können." Angesichts solcher Widersprüche ist die Frage nicht un berechtigt, ob der Herr Reichskanzler sich etwa auch „ge mausert" haben sollte? V. Berlin, 2i. Februar. (Telegramm) Der Kaiser empfing beute früh den zweiten Bürgermeister von Berlin Herrn Kirsch ne r in Audienz und begab sich sodann zur Besichtigung der 3., 5. und 9. Garde-Compagnie nach Potsdam. Nach Schluß der Besichtigung nahm der Kaiser militairische Meldungen entgegen und entsprach hierauf einer Einladung des OfsicierS-Corpö des genannten Garde-Regiments zur HrühstückStaftl. Nach Aufhebung derselbe» beabsichtigte der Kaiser Nachmittags nach Berlin zurückzukchren. — Gegenüber den Meldungen italienischer Blätter, nach welchen Kaiser Wilhelm dem italienischen KönigSpaar die Meldung babe zugehen lassen, daß er der silbernen Hochzeit am 22. April beiwohne» werde, kann versichert werde», daß an zuständiger Stelle hiervon nichts bekannt ist. Die ander weitig verbreitete Nachricht, daß die Kaiserin sich in diesem Sommer nach Saßnitz begeben werde, ist unrichtig, da bisher noch keinerlei ReisediSposilioncn getroffen worden sind. ^ Vrrlt», 2l. Febrnar. (Telegramm.) Wie verlautet, ist die Verhaftung des Jngenicnrö Paasck erfolgt, nachdem ein dahin gebender Gerichtsbeschluß gefasst worden. UebrigcnS ist Paasch gestern der konigl. StaatSanwalt- 'chast rugesührt worden. — Rector Ahlwardt wird »ach einer Haslentlaffung zuerst seinen Wahlkreis Arnswaldc- Friedeberg besuchen, um in verschiedenen Wählervcrsainm- lungen Reden zu halte». Alödann erst wird er seinen Platz' im Reichstag einnehnicn. — Sechs der verhafteten russi- chcn Studenten sind auögewiesen worden, weil sie sich >oli tisch lästig gemacht habe». Dieselben »lüsscn inncr- >alb 48 Stunden das preußische Staatsgebiet verlasse». Den ibrigen verhaftet gewesenen Studenten ist der weitere Aufent halt hier gestattet worden, mit der Weisung, sich von Politik ern zu Hallen. «> Berlin, 2l. Februar. (Telegramm.) Die Brauer und Mälzer von Berlin bereiten eine Petition an den Bundesrath vor, in welcher sie, gestützt auf umfangreiches Material, den Nachweis zu führen versuche», daß eine Bc- chränkung der Sonntagsruhe sür LaS Brauercigewerbe nicht erforderlich sei, weil die Svnntagöarbeit sich auf ein Minimum beschränken lasse. — Das Leiborgan de- Reichskanzlers, die „Nordd. Allg. Ztg ", bringt an der Spitze ihrer „Irurnal-Reviie" folgenden Dithyrambus der ultraniontanen „Augsburger Post- zeilung" über da« Papstjubiläum: „Wenn man in der glanzenden Reihe der Träger der Tlara zurilckgeht, um den zu finden, der am meisten an de» gegenwärtigen erinnert, dann darf man stehen bleiben aus der Höhe des Papst- thuiils bei dein Manne, den Äregvrvvius, u»ü nicht mil Unrecht, de» „AugustuS der Päpste" genannt hat. bei Jnnoceuz III. Es mag sür de» ersten Augenblick befremde», Leo XIII. mit Jnnoccnz lll., die Wende de« 12. mit der de« 19. SäculuinS, vergleichen zu wollen. Damal» stand daS Papstlhuni aus der Höhe seiner Macht und Bedeutung, anerkannt als die oberste Autorität von Fürsten und Völkern nicht blo« in geistlichen, sondern auch in völkerrechtlichen Fragen; der Papst selbst souveraincr Gebieter eines nicht un bedeutenden Territoriums , heute Las Papstthnm vo» Bielen gehaßt, von Bielen mit scheelen Augen wenigsten» aiigeirhe», aller welt lichen Macht beraubt, heute der Papst selbst der Gefangene einer sktndseligen Macht I Und doch darf inan diese» Vergleich wage». Mau mag die weltliche Souverainetät des Papstes, seine Stellung als oberster Richter In völkerrechtliche» Fragen. Dinge, die ohne Zweifel mit seiner geistliche» Autorität innig zuiammenhä nge», man mag sie noch so hoch anschloge», sie bilden nicht die Substanz des Popstthums. diese ist vielmehr in der geistlichen Auwrität zu suchen. Jenes sind Consequenzen aus dieser und um dieser willen vou Gott kgebcn. Wenn nun auch diese Accideiizien dem Pontificate eo XIII. mangeln, die Substanz, da» Wesentliche tritt nur um so Heller und unverkennbarer hervor, die geistliche Auktonlät. Die!« ist in Leo und Jnnoceuz nicht blos gleich, weil Jener wie Dieser ein Nachfolger Peiri ist, sonder» sic ist auch in gleicher Welse anerkannt. 'Nie wurde die Stimme des Papstes williger gehört, als in den letzten Jahre»; die Katholiken freue» sich ihrer »iid gehorchen gerne, die Gegner achten und ehre» sie wenigstens als die eines großen und weisen Mannes. Mit größerer Ehrfurcht und mit freudigerem Gehorsam wurde auch Jnnocenz lll. nicht gehört. Aus Lco'S Grob darf man einst auch das Wort der heil. Schrift setzen: „Wenn er sprach, dann schwiegen Alle und lauschten seinem Worte; und wenn er schwieg, dann warteten AN», daß er spreche"." — Der kaiserliche Commissar von Togo, Herr v. Putt kam er, und der Leiter der Station Misarbölic in Togo, Dr. Grüner, sind, der „F. Z." zufolge, in Wcirah mit dem sranzöflschen General DoddS zusammciigctrvffcn, um eine Regulirung der Grenzen zwischen Togo und Dahomey vorzunehmen. — Der „Straßb. Post" wird an- Berlin geschrieben: „Nicht» ruft nach meiner Srsahrung leichter Selbstüberschätzung bei den Menschen hervor, alS der Verkehr mit Len Pferden". Also sagte Gras von der Schulenbura in der Militaircom- nnssion. die darob ihr ernstes Aussehen verlor und durch un- bändige Heiterkeit idre Zweifel an diesem Axiom au-drückcn wollte, daS sicher in Zukunft unter der Zahl der geflügelten Worte nicht an letzter Stelle stehen wird. Eum xcnroo *nllü verstanden, enthält unscrer Ansicht nach das „geflügelte Wort" de» Gräfin von der Schulendurz etwa« durchaus Richtiges. Eine andere Frage freilich ist cS, ob der Herr Graf bei seinem Ausspruch an diejenigen „Menschen" dachte, die wir vornehmlich im Auge haben. — Abg. Graf zu Limburg-Stirum hat mit anderen Conservativen im Äbgcordnetenhausc den Antrag Angebracht, daS Haus der Abgeordneten wolle beschließen: „Die königliche Elaaltrcgierung zu ersuchen, zu veranlassen, daß die gegen den Abgeordneten Freiherrn von Hai» inerstein wegen öffentlicher Beleidigung dein, Landgerikte l Strafkammer I schwebenden Strafverfahren, Actenzeichen >7. 11. k. 268. 92 und ck. II. ?. 4lL. dl, sür die Dauer der lausenden Session ein gestellt werden." — Zu weiteren Stellvertretern der nichtständigen Mit glieder beim ReichSversicherungSamt au» dem Stande der Arbeitnehmer sind 7 Arbeiter gewählt worden.
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