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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.03.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189303192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18930319
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18930319
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-19
- Monat1893-03
- Jahr1893
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.03.1893
- Autor
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U.Bg VezugS-PreiS si sie-suptrxpeditlon oder den im Stadt» k,irt r»d den Bororten errichteten Au«» AM« adgeholt: vtert»liLdr>>ch-2l4chO, ^Umalizer täglicher Zufteltung in« ^,1 » k.üo. Durch die Posi b.-zogin für und Oesterreich: vierieliadrlich ^ Tirecre tägliche «rcilzbandjrndung Ausland: moi.allich ^ 9.—. kieNorgen-AuSgi.be erlcheint täglich v,^ Uhr, di, Sdead-Lurgnbe Wochentag« v Uhr. Lriarlion und Erpeditioa: Jvtzannrsgaffe 8. kätzweditioa ist Wochentag« ununterbrochen gedffset vou früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filialen: ktt» ttrmm'S Lortim. sAlsrrd Hatz»), Universitätsslraße 1, Lolli« Lüsche, jkthariileusir. 14, pari, und König-Platz 7. UtiWgcr.TasMM Anzeiger. Lkgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. U2. Tonntag den 19. März 1893. AnzeigenPreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pkg. Reklamen unter dem Redaclion«sirich 4ge» spalten) bO^, vor den Famllirnuachrichre» (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsah nach höherem Tarif. Vtztra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, obne Postbesörderung »l 6(1.—, mit Postbesörderung X 70.—. Ännatimelchlub für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr. Marge n-Auögabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh V,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen i» eine kalbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an di» t-rprvirion zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 87. Jahrgang. »n >6 l.ir «so. S 8. 0 6. > v. kUAa > o. »INI xer.S! » 0. »r. IL »OWerM« > N. » s. ) 6. » 0. i ». i v. Meli »»->! . »tsböli. >ü. > 8 , 8 8 ttlck Uertl ,M°V Z. lioreti I. 4. Not.» >7. ,21L6 i. >a Amtliche Bekanntmachungen. Mnlliche Lihung der Atadtverordneten «ttttvoch, den SS. März 1893. AbcuVS SV. Uhr t« Sitzuiigssaalr am Naschmarttc. Tagesordnung: I. Bericht de« bestellten Referenten bez. de« Gas-, Oekonomie- »iid Versassungsausschusses über: Conto 10 „Wohlsahrts- xolizei" Pos. 34—36, Conto 41 „Gasbcleuchlungsanstallen" und die Specialbudgets „Gasanstalt 1", „Gasanstalt II", „Gasanstalt I und II" mit Ausnahme von „Gasanstalt I" Pos. LI Nr. 1 Gebaltslisle, „Gasanstalt II" Pos. 42 Nr. 1 Gehalt-liste und „Gasanstalt I und II" Pos. ü3 Nr. 1 Ge» Hallsliste des Haushaltplanes aus das Jahr 1893. II. Bericht des Bau» und Lekvnomieausschusscs über: Feststellung der Bau- und Straßenfluchtlinie aus der Ostseite der Kurzen Straße in Leipzig-Lindenau. III. Bericht des Bau-, Oekonomie-, Stiftungs- und Finanzaus- schasse« über: Verlaus des an der Ccke der Schwägrichen- und Mozartslraß« gelegenen Banplahes Nr. 8. IV. Bericht des Bau-, Oekonomie. und Finanzausschusses über: a. Verlaus des zwischen der Carl Tauchnip-Straße und den Grundstücken Nr. 1, 3, b, 7, 9, II, 13 und 15 der West- slrah« gelegenen Areales: d> Verlaus des zwilchen der Schwägrlchen-, Pestalozzi- und Carl Tauchnitz.Straße ge- legenen Baublock«. V. Bericht des LekonomieausschusseS über a) die Eingabe von Be- Ivodnern von Leipzig-Gohlis, betresiend Len Bau einer Fluß- Bade-Anstalt sür den Stadtbezirk Leipzig-Gohlis: b) Areal- ablretung von dem Klösel'schen Grundstücke an der Ecke de« Marklvlatzes und der Deinmeringstraße in Leipzig-Lindenau; e) Herstellung einer hölzernen Brücke über die Luppe in der Richtung der Teichstrahe in Leipzig-Lindenau zum Zweck der Aussüllung der Bach'schen Lachen. VI. Bericht des Stiftung«, bez. Finanz-, Bau- und Oekonomie. ousschusses über das Johanni-Hospital lammt Anhängen mit Ausnahme von II. Anhang Pos. 4 in Verbindung mit Pos. 4» Gehaltsltst« des Hanshaltplane« auf da« Jahr 1898. VII. Bericht de« Schul- und bez. Oekonomieau-schusse« über da« Svectalbudget „Städtische Volksschulen" mit Ausnahme von Pos. 1-37, 39-46, 842—381 de« Hau«haltpl°ne« aus da« Jahr 1893 und die Vorlage, detr. Herabsetzung der Pos. 134 und 1K8 de« Bolksschulbudget« auf da« Jahr 1893. (7H. Bericht des Bauausschusse« über da« Spec>aldudget „Städtische Volksschulen" Pos. 4ü, 342—381 de« haushaltploue« aus da.,^r HSM . — Lekamttinachung. Für Ostern d. I sind 4 A»«stattung«s-enden Im Betrage v°n 77 25 >4. 07 .«l 58 -4, 40 04 ^ und 40 56 e» hiesige arme unbescholtene Araurn, welche sich in der Zeit zwischen Ostern vorigen nnd Ostern diese« Jahre« verhetralhet irden, von uns zu vergeben. Die Spende von 40 ^ 64 kann nur an ehelich Geborene, die von 40 ^ b6 /C nur an hiesige Vüli«rslvchter vergeben werden. Gesuch» sind unter Veisügung der El>eichließung»bescheinigung, eines von zwei diesigen Bürgern bet Linerspflicht ausaesiellten Zeugnisses über die Unbescholleiiheir und Äi»sliak»ii der Bewerberin nnd einer Geburtsbeicheinigung bi» »um «. Avril d. I. aus dem Ralhhaus« 1. Obergeschoß, Zimmer Rr. 11, einzureichen. Leipzig, de» 2. März 1893. Ter Rath der Stadt Leipzig. l>r. Georgt. Wagner. Lekanntmachuog. Die in Toncurrenz gefertigten Skizze» für den Skulptnren- Lchmnck der Faeade des tz»rassi-Musrums sind von morgen, Lountag, 19. d. M., im Oberlichtsaal« (zu ebener Erbe) des städtischen Museums bi- aus Weiteres ausgestellt. Leipzig, den 18. März 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. I». 1168. vr. Georgi. Lindner. Lkklnmtmachung, KundgrgenftSndr vom Abbruch der alten UniverfitStü (Srdäude betreffend. Beim Verkauf der alten Universität«.Gebäude zum Abbruch hat der käuser sich verpflichtet, alle ausgesundenen Allerthümer oder Lerchgegenstände an da» UniversitätS-Rrntaml abzutiesern. Tein- ungeachtet haben sich, wie bekannt geworden, und wie insbesondere auch aus einer Notiz in der Beilage zu Nr. 137 dieses BlallcS itldttid-Ausgabc), wonach ein beim Abbruch de- Miltelgebäudes vom Paulinum gefundener lltalender aus der Kloslerzeit dem Vereine sür die Geschichte Leipzig« schenkungSweis« überwiesen worden ist, hervor- geht, dritte Personen derartige Gegenstände, an welchen da» Eigen- ldumsrecht ausschließlich der Universität zusteht, theils durch Haus, lhtils durch eigen» Entnahme von der Abbruchstell« sich auzueigne» gewußt. Tas Unterzeichnete Rentamt beabsichtigt den Eigenthums-Anspruch der Universität an diese Gegenstände mit allen ihm zu Gebote flehenden Mitteln zu versolgen. Zunächst aber ersucht e» alle Tie- seingen, in deren Händen Gegenstände der bezeichneten Art sich be- finden, alsbald über deren Rückgabe mit dem Rentamt« in Per- nehmen zu treten. Leipzig, am 18. März 1893. SöniglichrS llniversitäta-Rcntamt. Gebhardt. Lau-Äreal iu nächster Nähe de« Vahnhosr» und der Hartbivaldung, schön gelegen, hat billig zu verlausen Vcr Ltadtrath zu Lwrntau. Der Kampf gegen Jesuitisinus und Ultra- inottlanisinus. ii. Wie geschickt und nachhaltig der katholische Kleru« und durch diesen da« Volk von de» Jesuiten bearbeitet, arleitet und verbildet worden ist, kann man daraus ersehen, daß man erklärt: JesuitiSmu« und Katholicismu« seien identisch; bat doch der sächsische Bischof Wahl eine große Rede zu Gunsten der Jesuiten gehalten und unter Anderem behauptet, die Frömmig- leit der Böller sei den jesuitischen Beichtvätern derselben zu danken. Um so ernster aber wird unsere Pflicht, gegen da« jesuitische Wesen in heiligen Skampf zu treten, nicht die» um unserer Eultur, um unsere« Baterlande« willen »km, auch an« Liebc-pflicht gegen unsere katholischen Mit kürzer, denen wir beistehen müssen, daß sie nicht vollend« durch den Geist de« Jgnanu« uni Len edlen Geist deutsch«» Irl und christlicher Gesinnung gebracht werden und so eine unausfüllbarc Kluft zwischen evangelischen und römischen Bürgern de« Reiche« sich auflbue. Ich sage, in diesem heiligen Krieg verlheidigen wir unsere Cu Nur. Gerade diese zu vernichten ist die Absicht des vom JesuitiSmuS ge leiteten PapstlhuniS. Diese« bat sein Ultimatum an die moderne protestantische Well im Svlladn« vom 8. Drcember 1884 gerichtet, der unsere eifrige Aufmerksamkeit beansprucht und der leider von vielen unserer Zeitgenossen bereit« vergessen i't, obwohl der UltranionlanrSmuS genau nach diesen Ge danken arbeitet. Hierin hat PiuS IX. Alles verdammt, wa« da« Wese» der Neuzeit auSmacht: e« sei eine irrige Idee, daß Freiheit de« Geistes und der Culte das Recht eines eten Menschen sei, welches in jedem richtig verfaßten Staate cstgeseyt werden müsse; es sei irrig, die katholische Religion mit Ausschluß aller übrigen Culte nicht al« die einzige Staatsreligion anzuseben; es sei irrig, wenn der weltlichen Gewalt nicht dir Pflicht zuerkannt werde, die Verletzer der katholischen Religion durch gesetzliche Strafen zu züchtigen; Chesachen, Schule, Unterricht unterständen allein der vmischen Kirche; e« sei eine Unverschämtheit, wenn man die höchste Gewalt, die de« heiligen Stuhles, irgend einem weltlichen Urlheilc unterwerfen wolle. Am Schlüsse seines Rundschreiben« fordert PinS IX, zur Anrufung der Maria auf, welche alle Ketzereien in der ganzen Well ver nichtet babe,d«rselbePiuö,welcherdenKetzermeistcrPetcrArbueS, diesen großartigen Henker, unter die Heiligen versetzt bat. TaS war die Ansage de« Kriege« au die modernen Staaten, und diese haben sie rubig hingenommen. „Der Leichtsinn", sagt v. Sydel in seiner Schrift: „Klerikale Politik des 19. Jahrhunderts", „der Leichtsinn oder die Unkennlniß, womit die Staatsgewalten Europa« diese unumwundene Er klärung der päpstlichen Oberhoheit unbeachtet ließen, hat wenige Scitenslücke in der Geschichte." Rom gewann dadurch Mulh zu weiterem Vorgehen; e« ergriff die Offensive. Da« vatikanische Concil wurde 1869 eiuberusrn. Durch den Lehrsatz von der Unfehlbarkeit wurde der Papst zum absoluten Herrn der römischen Kirche; der Oberbefehl im Kriege gegen den Protestantismus und den modernen Staat lag nun in einer Hand; Bischöfe und Kleru« wurden «in unbedingt gehorchendes Ofsiciercorp«. Schon lange vorder schob die römische Kirche ihre Plänkler vor fast in allen Theilen der Erde gegen evangelisches Wesen Katholische Missjptlare drangen vielfach unter dem Schutze Frankreichs in die Arbeitlfelder der evangelischen Missionare em, dir der jetzig« P«pst »al« TeufelOsödne" beschimpft hat. welche Satan« Reich ertpeilern wollten. In Amerika hat ich, begünstigt durch die Zersplitterung der Protestanten in zahllose Seelen, die Organisation der römischen Kirche derart ausgedehnt, daß sich die Zahl der Bischöfe in einem Menschen alter verzehnfacht hat. England, da« ebenso wie Deutschland die rcformatvrische Wahrheit mir Strömen von Blut tzpzahlt hat, wird von Len Jesuiten durchwühlt ; in den KreisdK der Aristokratie fallen diesen Manche zur Beute; in der englischen Hofkirche regt sich eiirr Partei, welche niit dem Weihrauch de« Meßopfer« und mit der süßlichen Minne de« Markndirnske« wieder nach Nom abbicgea möchte, bi« endlich »n Jahn 1888 inLondon eine große Volksversammlung beschloß,„es oll eine umfassende Organisation der Protestanten Groji britannien« getroffen werden, damit da« Volk eine wirksame Unterweisung in den Schriftlehren der Reformation empfange und damit die Wählerschaft zu dem Bewußtsein erweckt werde, wie nothwenbig es sei, in da« Parlament Abgeordnete zu senden, die sich verpflichten, die protestantische Verfassung aufrecht zu erhalten und die Principien der religiösen Freiheit zu vertheibigen gegen die Gewaltthäligkeil und Intoleranz des römischen Priesterthum«." Bor Allem aber ist Deutschland der Kampfplatz dieses Weltkrieges zwischen Evangelium und Papst geworden. Es ist bezeichnend, daß der Urgermane Bismarck gar nicht anders konnte, als seine junge Schöpfung wider die Hände des be gehrlichen Romanismuö zu schützen. „Als der Reichskanzler mit dem Rubnie des gerechtfertigten LiegeSvertraucnS in das wieder zum Reich vereinigte Deutschland aus Frankreich zurückkehrte, fand er im Reichstag eine geschlossene katholische Partei wie eine „Mobtlmachuiig" gegen den Staat vor. Bei Anordnung der neuen öffcnttichen Zustände ergab sich das Betürsniß, die Selbstständigkeit de« Staate« gegen die Ein griffe einer Hierarchie festzustellcn, die, nur durch einen un feblbar geachteten ausländische» Willen regiert, daran denken konnte, die HohenjoUcr» unschädlich zu machen. Der preußische Staat trat in den Eulturkamps mit dem Anspruch ein, baß er von sich au« die Grenzlinien zwischen Staat und Kirche zu ziehen berechtigt sei." Die Maigesrtze versuchten die«. Sie erregten den bestigsicn Widerstand der vaticauischcn Kirche. Man verweigerte ihnen den Gehorsam. Man klagte, als eine Anzahl wider spenstige Priester und Bischöfe abgrsetzt, al« die Klöster ge jchlosic» und die Jesuiten ausgewieie» waren, cS sei eine neue Ebristcnversolguiig, ähnlich der barte» unter dem heidnischen Kaiser Dioclelia», über die Katholiken hereingebrochen. Kanzel und Beichtstuhl wurden erfolgreich zur Bearbeitung des Volks benutzt, daß es i» die Parlamente Männer wählte, welche Vasallen des Papstlbnm« sei» sollten. DaS Ecnirum wurde unter der Führung de« kluge» Winriborst eine mächtige Partei, l erzielt worden Man wird bcuic gestehe» müssen, der Eulturkamps wurde I Deuitckiwn», K> schwerlich richtig gejübrl; eS versagten sich ihm und seinen Polizcimaßregeln auch vie l au« dem evangelischen Volke Obwohl Bismarck mcbr al« einmal da« prolcstanlischc Be wußlsei», da« evangelische Gewissen zur Hccrsolgc im Streit gegen das Panlibui» ausgcsortert und erklärt balle, daß ohne diese Mitwirkung der Sieg sich >b»> entziehen müsse, so meiulk» koch viele Glieder der -vangclischen Kirche, die um «iiicr falschen Parität willen von dem Eiiliiirkaiiips Kart ge trosse» wurdeu, un, so weniger unter diese Fahne sich sirllen zu dürfen, al« unter idr eine große Anzahl zmeiselhasier Geister laßen, welchen die günstige Gelegenheit gekommen schien, nicht blo« die römische Kirche, sondern das Ehrisientbui» überhaupt zu besetzten und törilich zu basten. Zudem herrschte iu weilen Kreisen der «rangelischen Kirche, testen die boke Bedeutung diese« Kampfe« uusaplich war, l iese Gleichgiltigkeit gegen das kirchliche Leben. Dieser JndisserenliSmu« der Prolestanten war der stärkste BundeSaeuosf» RomS; dieser vor Allem und nicht der Reichskanzler Hai die Schuld sür da» unglückliche End« de« Euluirkampst« zu übrrnehmrn. Der Staat gab den Anspruch auf selbstständige Regelung der Grenzlinien aus. Al« der streitbare PiuS IX. ii» Tode zur Rübe gekommen, bosft» die preußisch, Regierung, mit srinem Nachfolger Leo Xlll. zur Einigung zu gelangen. Leo XIII. war ein gewiegter Diplomat, «in Mann feiner Formen; auf seinen Lippen lagerten allgemeine freundliche Versprechungen, in seinem Herzen war die alte römische Zähigkeit. (Der Maler Lenbach, der ibn portraitirte, bat seinem Antlitz fczst fuchSartige Züge gegeben.) Obwohl Papst Leo XIII. ebenso schroff wie alle seine Vorgänger den Protestantismus al- Pest, als die Quelle der Revolution und des Nihilismus, die evangelische Schule al« die Stätte sittcu- verderdlichcr Einwirkungen, jede von einem evangelischen Geistlichen ringesegnrte Ebe al» Eoncubinat bezeichnete, die freie »nd ungestrafte Predigt protestantischer Ledrer eine Frechheit genannt, obwohl er dem Staate jede- Recht in Ehe sachen abgciprochcn hatte, wob sich doch um ihn wegen seiner verbindlichen Form die Legende de» FriedenSpapste«. Die Verbandlungen zwischen Rom und Preuße» begannen bereit« 1878. Ei» Stück ter Maigcsetzgebuiig nach dem anderen wurde ans Verlangen de« Papstes abgebrochen; den Bischöfen erließ »landen politischen Eid: sic kehrten bi« aus zwei in ihre Diöcesrn zurück als Triumvbateren; man gestattete weiter dir Errichtung von Pricslerseminarien, diese Pslanzschulen iesnitischen, deulsch- sen-.dlichcn Geiste«; man genehmigte die Rückkehr der Orden; gegen die ganze bisherige Uebunz, welche Orden von der >Lchuic grundsätzlich fern hielt, sollten auch dir Orden zugclassc» werden, welche dem Unterricht und der Er- zrebung der weiblichen Jugend sich widmen. Am 27. April 1887 wurde die« Gesetz angenommen, am 29. Avril vom Kaiser unterzeichnet; der Staat war aus der ganzen Linie vor der Eurie zurückgewichen. Ist wirklich der Friede ein- gezvgen'? Tie ultramontaue Partei sah ihn nur al» Waffen llillstand an. Nach de« Papste« Au-spruch hatte da» Eentrum die Schlackt gewonnen; von ihm seien noch „bessere Dinge" sür die Zukunft zu erwarten. Schon wurden dir neuen Forderungen ausgestellt: Rückkebr der Jesuiten, Auslieferung der rchule an den katholischen Kleru«, volle Unabhängigkeit der iterikalen Schule von der staatlichen Aufsicht. Rom ist nun übermüthig geworden, nicht ohne SLuld der preußischen Bareaukratie, die römische» Wesen nicht kennt und die in unbegrristlcher Weise den Hierarcheo entgegenkam. Ich «rinncr- nur an Einige». Am 30. Mai 1888 wurde in Berlin dir Ausführung de« Trümpelmann'schen Lut brr fest spiele« polizeilich verboten, aber zurDarstrllung der katho lischen Legende von der heiligen Elisabeth wurden die Gewänder au« brm königlichen Opernhau« gewährt. Ich rufe in« Gckächtniß zurüa die Bethciligung vvherer evan gelischer Staatsbeamter an der Processlon zu den Reliquien in Aachen, während man eine Bersammlung der evaiigrlischen Brüder in einer Kirche polizeilich aushob; ich erwähne, daß in einer zu Dreiviertel evangelischen Stadt durch den Land ratb den Protestanten bei Strafandrohung geboten wurde, am FrohiileichnamSsrst zu feiern; ich führe an, daß der Druck ciiieSGyinnasialprograinm« von der obere» Schulbehörde nur unter der Bedingung gestattet wurde, daß zu dem Aussatz dieAnmerkui'.gen weggelasjcuwürben,we»l in diesenEitat« au« Lutherschristen sich fanden. Ich bitte, nicht zu vergessen, daß manche Staatsbeamte, die am Eulturkampj beiheiligt waren, versetzt wurden, damit ja den römischen Pralate» dir Berüh rung mit Len Eulturkämpscrn erspart bleibe. Da» Alle« — viel leicht kleine Dinge — gewährt Einblick in da« falsche und koch auch fruchtlos« Streben in Preußen, dem Kleru« mög lichst z» Gefallen zu sein. Aber bat man denn vergesse», wa« Rom« Gesinnung gegen Preußen ist- 1874 schrieb ein päpstliche« Blatt: „Preußen ist der Wall und die Festung des protestantischen Deutschlands. In Preußen entspringt der natürliche und uiiversieglich» Ouell der Opposition gegen Rom. Mit Preuße» steht und fälll der Kampf gegen die Kirche." „Wir Jesuiten", schreibt ein Anderer, „baden vor Allem die Ausgabe, die Grundlagen dieser protestantischen Monarchie zu uiiterminiren." Und ein Dritter äußert: „cS gilt, die Hohenzollern unschädlich zu machen." Hierbei aber konrnie ich dazu, Jbnen kurz dir Mittel zu schildern, renk» sich die römoche Agitation bedient. Vor Allem ist man eifrig bemüht, das Urtbeil über die katholische Kirche »nd dir Reformation umzustiminen. Dazu ist aus drücklich da» Geschi chtSwerk Jansen'» geschrieben, von dem bereits gegen 140 000 Bände verbreitet worden sind. Er entwirft ei» Zerrbild der Reformation: Luther wird besudelt; vor der Reformation blühte Deutschland, durch die Refor mation sei es in Allem zurückgegangen. Ueberallbi» sucht mau katholische Anschauungen zu leite». In Masse entstehen römische Tentenzromanr zur Proselyteiiniackerel. gegen dir Reisehandbücher von Baekecker giebt man römisch-kat ßo- lische Reisehandbücher brrau«, die von Wörl, von denen bereit« 20 Bände erschienen sind; da« neue EonversalionS- lczikon von Pierer, das unparteiisch zu sei» dehaqptet, ent- bält Artikel in ultramontaiiem Smne (Ablaß); töinischer Geist schmnggelt sich in vielgelesene Unksrl>altu»g«ze>tschrislcn; beachten Sie einmal „lieber Land »nd Meer" mit seinen Illustrationen. Fast in jeder Nuffimer finden Sie ein Bild, da« katholische« Wesen verherrlicht. Auf dem Gebiete der Presst sind stauncnSwertbeErfolge ielt wordr». Tie Zahl der katholischen Zeitungen in Deutschland beträgt l89, und die der ZcitungSexemplar« I lOOOOO. Biele von ihnen verrohen durch ihre» Don da« Volt. Emsig genug ist man darüber, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, die Bevölkerung in der Unterwürfigkeit gegen den PapsL »nd im Gegensatz gegen Len Protestantismus zu erhalten. Man pflegt zu diesem Zwecke iy> Volk eine Art der Frömmigkeit in» Marieiidienste, im Herz-Jesucultus, in der Reliquienverrhrung, im Mirakelmachcn, die die Kluft gegen un« nur tirfcr ausrcißt; man löst da« katboliscbr Volk vom gemcinsainen Eulturdodem mit un« lo«; die deutschen Elassikrr werben un« in gereinigter katholischer Auslage gegeben, oder vor der studirenden Jugend verdächtigt und gcschinäbt. Und gleich gewaltig wie die Presse, benutzt der Kleru« sür seine Zwecke da« Vereinswescn. Wir wichtig diese« sür da« Eentrum ist, beweist eine Aeußerung Windtborst «: Wir würden nicht gegen die Regierung Stand ballen kviiuc», wenn nicht die tOVO katholitchen Mäiinervercine im Lande bintrr un« ständen; kl, lind unsere Arritrgard«. Da g,«bt rS katdolische Arbeiter-, Meister- und Gesellenvereinr, Studrute» vereine, Bauernvereine, Juristcnvcreine und dergleichen : durch diese Vereine sucht man geistig und auch wirthschaftlich dic Katholiken von den Protestanten zu trennen. Deutsche- Reich. X. Trr«dkit. 13.März. Znm Eartel in Sachsen. Erst aus der gestern erschiciicnen Nummer teS „Vaterland", de« ossicicllcn Organ« des conserrativen LautcSvcreiiiS nu König reich Sachsen, ersäbrt nian Nähere« über dir Rete», die bei dem der großen conservativen Versammlung am l2. März in Dresden folgenden Festmahl ge halten wurden. Hierbei sprach Landrichter Noscnkagen und zwar unmittelbar nach dem Vorsitzenden des LankeS- oerrinS und, wie er auSdrückich bervorhob, „im Namen de« conservativrn Dresdener Vereins" und bemerkte unter Anten»: „Hätte schon da« Programm von 1876 eine so klare Fassung gehabt, wie daß von 1892, so wären so be dauerliche Erscheinungen wie mit dem Eartcl in den achtziger Jahren nicht möglich gewesen." Diese Be merkung fand in der Versammlung „irgend« Widerspruch, im Gcgrntbeil bemerkte der Vorsitzende der conservativen Gesammlparlei, Frtzr. v. Manieuffel, unmittelbar nach dieser Retrlrislung: „Wenn der Vorredner in die Reiben der parlamentarischen Vertreter cintretcn wollte, so würde der Borwurf, die konservative Partei leite Mangel an Eapacitäten, noch weniger berechtigt sein, al« er ist." Wir gestatten un« nun die Frag», wie sich derartige Reden, die in Gegenwart von mindesten» 22 sächsischen LaiidlagS- Abgeordnete» der conservativen Partei vor ossieiellen Ver tretern derselben und zwar unwidersprochen und von Beifall begleitet gehalten und im ossiciellen Parteiorgan obne Zusatz abgedruckt werden, mit der Erklärung der conservativen sächsischen Abgeordneten von, Frühjahr 1892 vertragen, wo nach sie am Eartcl in Sachsen scstbalten wollen. Solche Vorgänge müssen den Verbackt erwecke», daß jene Eartel- Erklarung nur aus döberrn Wunsch von den Eonservativen Sachsen« gegeben wurde und daß man sie bei passender Ge legenheit ebenso vergißt, wie man auf sie pocht, wenn cS sich um conservativr Wahlen handelt. Jedenfalls darf man sich nickt wuudern, wenn die nationalliberale Partei durch solche Reden dir Geduld verliert und sich zu dem »ach ossiciell- konservativer Anschauung „bedauerlichen" Eartel nicht mehr drängt. Wie sich unsere sächsische Regierung zu diesen conservativen Auslassungen, die im entschiedensten Gegenlatz zu den von höchster Stelle a»-grsprochenrn Wünschen Neben, Nellen wird, wissen wir nickt; die bei jenen Reken zahlreich anwesenden hoben Staatsbeamte» haben dem Angriffe des Herrn Landrichter Nosciihagen auf das Eartcl ebensowenig widersprochen, wir die freironservative», nur mit Hilfe de« Eartel« gewählten beiden ReichStagSabgeordiiete» Grumbt und Merbach, deren Betbeiligung in einer ciitschicden eptrem-conservativen Festversammlung überhaupt beachtens- wrrlh bleibt. Vcrlin, 18. März. Durch die Ablehnung der Militair- Vorlage und aller Parteianträgc in drr Militair- coi» Mission ist die Krisis acut geworden. In der vor jährigen MärzkrisiS, die durch das preußische Schulgesetz dervorgcrusen war, wirkte, nacktem die Dinge einmal zur Entscheidung drängten, die Nalchbeit der Entschließungen sehr wohlthätig. ES >lt dringend ru wünschen, daß auch jetzt die Entladung der unerträglich gespannten politische» Atmosphäre sich binnen kürzester Zeit vollziehe. Mil jeder Stunde Zögerung gebt ein Stück Autorität verloren. Diese Erscheinung rübrt daber, daß Niemand die gegenwärtige Lage als da« nolh- wcndigr Ergediiiß einer natürlichen Entwickelung anzuseben ver mag und Lag die Uederzeugung allgemein ist, die Krisis sei obne jede innere Nötbigung durch da« Verkalteu kc« verantwortlichen Leiter- der Regierung berbeigesübrt. Und dabei herrscht der Eindruck vor, als ob der Schöpfer der gegenwärtigen Lage bei seinen positive» und negativen Entschließungen niemals völlig klar darüber gewesen lei, mit welch furchtbar ernsten Dingen er sich besäße, ja daß diese Klarheit zur Stunde noch nicht eingeireten sei. Diese Meinung wirkt verheerend, und die Negierung hat die heilige Pflicht, ibr aus kaö Rascheste den Boden zu entziehen. Die Zeit des diplomatischen Zauderns ist vorbei. Setzt die Negierung ibre bisherige aussichtslose Taktik fort, so bestärkt sic den Glauben, daß sie überhaupt »icku wisse, waS sie wolle und wolle» dürfe. Wer beute »och bezweifelt, daß die Militairvorlage von diesem Reichstag i» ihrem vollen Umfang nicht zu haben ist, der bezieht sich dcsAn spruck«, ernst genommen z» werden. TieNcgicruiia muß sür diese Tagung verzichte», sich den Bennigsen schen Vor schlägen näher» oder den Reichstag auslöse». Glaubt sic daS Erste nicht tbun zu dürfen und ist sie der Meinung, daß da« Zweite nutzlos wäre, so muß sie sick alöbalt zur Auflösung entschließen. Man kann, wie cS 1887 geschehen ist, eine „Quittung" von, Plenum dcS Reichstag« iu zweiter, ja i» dritter Lesung verlangen. ES ist aber ei» Zweck nicht abzuseben. 1887 stand buitcr der Regierung eine sehr a» sehnliche, in der Militairsrage geschlossene Miiikerbeil, und damals traf zu, was die „Post" irrthiimlich für die heutige Lage behauptet, daß nämlich „die verbündeten Regierungen nur gewinnen könne», wen» sick die oppo sitionellen Parteien vor dem ganzen Lande noch niebr »>« Unreckl sehen". Vom Staiikxmict de« Grasen Eaprivi sitzt gegenwärtig Alle« „im Unrecht", etliche 70 Eonservative ausgenommen, die sick erst »ach langem Widerstreben zu der RegicrungSrorlage belebet haben. Wirklich und wirksam in« Unrecht balle der Kanzler die Gegner jeder aunkhmbarcn Eviupcusalivn sür die zweijährige Dienstzeit versetzt, wen» er die iialionallibcralen Vorschläge angenommen batte. Da die« nickt geschehen, so steht, wie wir sürckten, in de» Augen des Landes die Regierung weit »icbr noch im Lickte des Unsriedsertigen, als Eentrum »nd Teutschsreisinn. Und da» kann durck weitere« Zögern nickt besser werken. Mit Herrn v. Bciniigsrn ballen wir cine Auslösung für ein sehr gewagte« E>peri»ient, aber etwa« uiutz geschehen und bald geschehen. Hat die dkcgieruna sick enlschloße», auszulöscn, so mag sic die« alsbald tbun. Reli giöse Rücksichten aus den Frieden de- Qsterseste« können nickt gellend gemacht werden, denn Friede und Rübe Kerrschen nicht in diesem Zustande peinlichster Ungewißheit; im Gegen»
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