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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930322023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893032202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893032202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-22
- Monat1893-03
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»Zo 2.74 ene u»d f, it vo» 0!^gk, IgtN. hoch«'"'»,,, Ter »nlerj« ich dem Gch »»d»« s. Zicke»! :r Kinder >»li n und Haltii raiikhcil hmll gene-I, nd). , Obeffiltzch r Oavallcnr ssten „» j lach dem l chk Ihre« >, an« da« I ltinger i« j jsallcndetz bel chnck > vez- » r r« trrschri «tz »»>« LDr Sesei«, ng de«! aus das Zickenh einem bi« »plkidai, jvorda,, , auf dikiufj lusmillel i »chch (« j, Gills lLeide, ie»I «ums i-ewesa.» tenundl Zeit -ich, rch ganz, iabrrdräs der FMj i und is> üben! »uverd Bück«, Bürg« > Tra»b»-k mtlich I chlrn»tiß( »mungni jtehkndkiz »echlenj » »erfchlchl 7-i- ?>, 4>, 0 o b >.ss -I. 1. Ss »e pe 1»r «er »r «t >» »» vezugS-Preis ß» her Haupterpedttioa oder de» kn Stadt- bezirk und de» Bororten errichteten An»- aabetzelle« abg » h »lt: v<rtt»ljLhrltch 4.50. bei »wnmaliarr täglicher Zustellung in« Haul » 5 50. Durch die Post bezogen für leulfchlaud und Oesterreich: viertel,ädrlich ^l 6.—. Direct» tägliche ikreuzbandseoduag in« Butland: «nonatlich ^ 9.—.. 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Bei den Filialen und Annahmestellen je rin« halbe Stunde früher. Attjkigrn sind stets an dt» Vrpeditt«n zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Mittwoch dm 22. März 18S3. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 22. März. Am 20. März hat im Reichstag-Wahlkreise ArnSberg- Olpe-Meschede die Ersatzwahl für den verstorbenen Peter Reichensperger stattgesunden. Ein merkwürdigeres Wabl- schruspiel hat die Welt kaum jemals erlebt. Nicht weniger als drei ultramontane Eandidalen stanken sich gegenüber, und von keiner anderen Seite wurde in diesen Bruderkrieg ernst lich eingegriffen. Der Wahlkreis gehört zu den festesten Sitzen deS UltramontaniSmuS, er ist zu 04 Proc. katholisch und war ununterbrochen in säinintlichen Legislaturperioden durch Reichensperger vertreten. Bei den Wahlen von 1800 wurden 15 718 Eentrum«- und nur wenige hundert social- demokratische, conservative und freisinnige Stimmen ab gegeben. Bei der jetzigen Wahl trat nun aber die Gahrung und Zerklüftung innerhalb der ultramontanen Partei in einer Weise zu Tage, die zu merkwürdigen Leirachtungen anregen muß. Drei Eandidaten, die alle erklären, auf dem Boden des EentrumS zn steben, wenn «ick nur einer von der Parteileitung anerkannt und ;u- gelasjen wird, standen sich gegenüber: der correcte EenlruinS- candidat Rentmeister a. D. Böse, der bekannte Klcrikal- Temagoge Redakteur FuSan ge l und ein Herr von Für sie n- berg vom äußersten rechten Flügel, der für die Militair- dvrlage eintritt. DaS Ergebniß zeugt von einen, wahrhaft kläglichen Mißerfolge des t^entrumscanditaten. Danach erhielt FuSangel 12 016, Böse 3335 Stimmen, etwa 500 Stimmen zersplitterten sich oder fielen auf FLrstcnberg. Der Vorgang ist ein genaue« Seitenstück zu der vor Kurzem stattgebabten Wahl in Kelh ei m, wo zum Entsetzen aller richtigen EentrumS- männer vr. Sigl die überraschendsten Erfolge erzielte, dir ikn bi« dicht an den Tieg beranfübrten In Arnsberg ist aber der Erfolg noch größer, da der Gegenkandidat de« Eentrum« da« Mandat in einem Siegeslauf ohne Gleichen eroberte. Und wie batten sich die Parteileitung und die angesehensten Mitglieder deS EentrumS angestrengt, diese verhaßte Eandidatur zu hinterlreiben! Mit alle» Mitteln de« Druck« und der Drohung, wo Ueberredung nicht mehr half, waren sie vorgrgangen; eS half Alles nicht-, selbst die Pfarrer auf der Kanzel mit ihrem sonst allmächtigen Einfluß wurden nicht mehr gehört. Da« ist dir offene Auflehnung gegen die EentrumSparlei und ein schneidender Protest gegen deren politische Thätiakcit. Es ist die aller Orten sich regende demokratische Unterstrvmiing gegen die conservativ-rractionair gvuveriieinenlale Wirthschaft des bisher leitenden rechten Flügels der Partei. Wir haben wahrlich keine Freude an der Wahl eine-Mannes wieFuSangel, der zu den bösartigsten Hetzern gekört und geradezu als ei» ullramontaner Socialdemokrat bezeichne« werden muß; der Ccntrumscandidat hätte uns vermutblich in allen nicht kirchlichen Fragen näher gestanden. Aber bei dem unheil vollen Einfluß, den diese Partei in stets wachsendem Maße auf die ganze Richtung unsere- politischen LebcnS gewonnen bat, kann man die grellen Anzeichen, daß sie in Zerfall und Auslösung begriffen ist, nicht bedauern, selbst wenn Gestalten wie Sigl und Fu-angel au« dem gäbrenden Grundscklamm aufsteigen. Ehe die Uebrrmacht des UltramontaniSmuS nicht gebrochen ist, wird eS nicht bester in Deutschland, und wenn da- Eentrum sich selbst zerwühlt und zerfetzt, kann e« un recht sein. Die Partei hat da- Ihrige gethan, um diese wüsten wühlerischen Elemente groß zu ziehen, die ihr jetzt über den Kopf zu wachsen droben. DaS Eentrum mag sick jetzt vor neue» Wahlen in Acht nehmen, für keine Partei könnten sie verhängnißvoüer werden als für Liese. Das österreichische Abgeordnetenhaus bat unter tkeilweise heftigen Kämpfen, wie sie der leidige Nalionali- lätcnzwist innerhalb der schwarzgclben Grcnzpiähle mit sich zu bringen pflegt, die Neuwahl seines Präsidium« vorgeiioiumen. Das Ergebniß ist bekannt und es muß die Wahl als eine gerechte bezeichnet werten, denn die drei großen Parteien sind nun ihrem Slärkeverhältniß entsprechend im Präsidium vertrete». Für die politischen Verhältnisse ist es immerhin bezeichnend, daß die Zusammensetzung des Präsidiums einen für die Linke entschieden günstigen Ebarakter ausweist. Denn abgesehen davon, daß Herr v E b l u m e y k n der Führer der Linke» ist, sind die beiden Vicepräsidenten Politiker, die in de» Kreisen der deutsch» sorlschritllicheii Partei maimigsache Svmpatbiei, genießen. Iw. Kakbrein gehört der allerdings sebr kleinen Gruppe der gemäßigten Klerikalen an und ist jevem ZeloliSniuS abhold. Madry Ski aber ist der Führer der freisinnigen Polen. Er trat im Polenclub stet- für eine innige Allianz mit der Linken ein. Dies war auch der Grund, warum seine Eandidatur für da- Präsidium bei der Rechte» auf große Schwierigkeiten stieß Wen» nia» eS genau nimmt, so wurde Madeyöki gegen den Willen der Mehrheit de« Hause« zum zweiten Vicepräsidenten ge wählt und er verdankt diese Würde eigentlich nur dem Elub» zwange, der daS Abgeordnetenhaus beherrscht vr. v. Ma» deyski, der erst nach langem, heftigem Kampfe im Schooße des Polenclubs und nachdem da- LooS zu seinen Gunsten entschieden batte, von seinen Gesinnungsgenossen al« osficieller Eandidat ausgestellt wurde, konnte nur dadurch die Stimmen de« HobenwartclubS für sich gewinnen, daß dieser die Stimmen der Pole» für Kathrein brauchte. Immerhin trat ii» Polen club eine gewisse gereizte Stimmung gegenüber den: Hoben- wartclub zu Tage, da manche Redner des Polenclub« iu dem ursprünglichen Entschlüsse des HohenwartclubS, nicht für MadcnSki stiinnien z» wollen, einen Eingriff in die Freiheit der Beschlüsse deS PolenclubS erblickten. Der neue Präsident Frhr. v. Eblumetzku führte sich in sehr würdiger Weise durch «ine Rede ein, die an zwei Stellen einen Hinweis cnsteden Mangel einer festen Mehrheit enthielt, wod». Geschäfte de« Hause« langsamer und schleppender von Stalle» gingen Diese Klage ist leider nur zu berechtigl. Tie Baiikensrage in Italien ist endlich, wie eS scheint, in ein entscheidendes S tadinni der Weilrrenlwickeluiig cingrn eie». Der Bericht über die Emissionsbanken wurde seiten« dcr Ncgicrung durch den Ministcrpräsidcn Giolitti sowohl im Senate, wie in der Kammer eingebrachl. Danach soll das bisherige Privilegium der Zettelbanke» bis Juni 1803 ver längert werden, um dann der cndgiltigen Ordnung der Bank Verhältnisse Play zu machen. Der letztere Entwurf bestimmt, daß die auS der Nationalbank und der Tolcanischcn Eredit- bank susionirte Banca d'Italia mit einem Eapital vo» 210 Millionen Lire auSgestattet werden soll, während ibr Marinial-Notenumlauf 810 Millionen Lire betragen darf. Der umlauf der Banco di Napoli und der Banco di Sicilia ist. wie bisher, auf 2t2 und -19 Millionen Lire festgesetzt Alle drei Institute sind jedoch berechtigt, gegen Erlag eines gleichen Baarbetrages in Gold ihren Umlaus auch über die gesetzliche Grenze zu crböden Die Vorschüsse der Justiluic an den Staalsschatz werden besonder« ver rechnet. Die Metallreseivc muß mindestens zwei Fünftel deS Umla-seS und der rrvista-Verpslichtungen betragen; dieselbe wird demnach von 33 aus 40 Proccul erhöbt. Ein Theil des EapilalS der Notenbank darf in italienischer Rente angelegt werken, Lirectc Investitionen sind aber verboten Die Institute werde» verpflichtet,ihre allen Investitionen jährlich um einZcbulel der Gesammthöhr flüssig zu machen. Für die Liguidalion der nothleideuten Wechsel werben besondere Vorschriften erlassen Ter Notenaustausch (riscoulrata) ist wieder eingeführt und zwar ohne Bedingung und Beschränkung. Tie Dauer des Privileg« soll 20 Jabre betragen. Giolitti forderte die Kammer zur Wabl einer siiiiigliederigcn Commission bebusv Prüfung der Liste der notbleidende» Effecten aus. Sodann ergriff Nicotera daS Wort, »m sich von dem auf ibm rubenden Verdacht, an dem Panamino in hervorragender Weise be> thciligt zu sei», zu reinigen. Die Kamnier hörte ihn ruhig an. es scheint jedoch nicht, als ob eS Nicotera gelungen sei, seine ParlamtiilscoUegen samnit und sonders von seiner Un schuld zu überzeugen. Der Paiiama Bestechung«proceß ist gestern zu Ende gegangen, »achtem er wochenlang die Gcmüthcr in Frank reich l» Aufregung erhalten hat. Sein Ausgang ist nicht solcher Art, Lag man sagen kann, die so schmählich verletzte össcniliche Moral habe eine ausreichende Sübne erfahren, ini Gegentbeil. die Pariser Geschworenen haben ein erstaunlich mildes Unheil gefällt und lediglich diejenigen schuldig ge sprochen, die absolut verurtbeilt werden mußten Es kenn- zeichnete schon vorher die öffentliche Stimmung, daß von Manchen sogar die Freisprechung aller Angeklagten, mit Ausnahme des geständigen Baihaut, erwartet wurde. Die anfängliche Entrüstung der Franzosen über die Panamaichwindelcic» und gegen deren Urheber batte sich bereits verflüchtigt und dem Vcrdnissc über die Aufdeckung aller dieser schmählichen Machenschaften vor den Augen der Well Play gemacht. ES läßt sich kaum anders der AuSgang des EorruptiviiSprocesscS erklären. Was nützt eS, wenn, wie ma» aus Paris meldet, das Urtbeil jetzt vom größten Tbeit der Presse in abfälliger Weise besprochen wird? Daran, daß den sraiizösischen Parlamciitsabgeordiiclen der Vorwurf i» das Gesicht geschleudert wird, sie hätten sich besteche» lassen, ist man dort doch längst gewöhnt. UebrigenS rilligen die republikanischen Blatter den UrlbeilSfpruch, waS sich dadurch erklärt, daß die angeklagtrn und frei gesprochenen Abgeordneten zui» größte» Theil der republi kaniscben Partei angehören. Die Deputirtcn Andrieux und Delahaye, die bei den Paiiauia-Vorgäiigeu bekanntlich eine hervorragende Rolle spielen, erklärten Berichterstattern von Blättern gegenüber, sie glaubten nicht, daß nunmebr der Paiiaina-Anaelegenbeit ein Ende bereitet sei. Einige Blätter geben der Meinung Ausdruck, daß die Freisprechung der angeklagten Mitglieder deS PartanientS eine gewisse Verantwortung für dir Einleitung de« Verfahren« gegen dieselben einschlicße. Die Regierung werde Erklärungen darüber abgebrn müssen, wrsbalb sie um die Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung den Mitgliedern des Parlaments uachgesiicht habe. Dir radikalen Organe meinen, daß eS jetzt den Wählern zukommr, sich zu äußern. Die cvnservativen Blätter spreche» sich über die Entscheidung des Gericht« im Allgemeine» tadelne aus, erkenne» aber gleichwohl an, daß dieselbe einen Erfolg der Regierung bedeute. Die vieljach verbreitete Meinung, daß daS Königreich Serbien sich in einer sehr schwierigen, ja unhalt baren Lage befinde, bewog den Eorrespondenten der „Kölnischen Zeitung" in Belgrad, hierüber den Minister präsidenten Awakumowitsch selbst zu befragen Dieser halte die Freundlichkeit, zu antworten, eine derartige Behauptung könne lediglich auf llnkenntniß der Verhältnisse be ruhe». Die Negierung sei daher weil enlsernt, diese Auf fassung zu thcilen; sie könne im Gegcutbeil gar keine Schwierigkeiten erkennen, die sie nicht auf vollkommen ver fassungsmäßigem und gesetzlichem Wege zu überwinden ver möchte Wäre sie anderer lleberzeugung, so bliebe sie nicht inekr ans ihrem Platze. Im Allslanoe scheine man daS serbische Wahlversabren mit seiner geheimen Abstim mung und Militcrhcitsvcrtretung auf gleichen Fuß mit den össenllichen Wahlsystemen anderer Länder zu stellen. Wer das serbische Wahlversabren kenne, werde die Bedeutung dessen, daß die liberale Regierung, obwohl der eigentliche, wirlliche Wablapparat mehr in den Händen der Gegner war, bei den Wahle» dennoch die Oberhand behalten Kal, nienials unterschätzen. Was die genaue ziffermäßigc Mehrheit der Liberalen in der nächsten Skupschtina anlangt, so könne darüber heute noch nicht gesprochen werden, weil gegen die meisten radicalen Mandate Einsprüche angelündigt sind. Es wird sich über kurz oder lang Herausstellen, ob diese opti mistische Anschauung des derzeitigen serbischen Ministerpräsi denten brr wirklichen Sachlage entspricht. Deutsches Reich. Q Berlin, 2t. März. Daß Herr von Schorlemer- Alst das ibm angetragene Mandat der EentrumSparlei für den erledigten RcichStagSwahlkreiS Dortmund adge lehnt hat, ist ebenfalls bezeichnend für die inneren Vorgänge in dieser Partei Herr von Sck-orlemer-Alst ist ein Freund der Verständigung in der Militairsraze und ein conservativcr Mann. Er sieht offenbar unter den gegenwärtigen Ver hältnissen nicht mehr den Boden für eine befriedigende Wirk samkeit in seiner Partei. Es wird nun wohl auch in Dort mund ein GeisteSdruder FuSangel« ausgestellt werden. — DaS Herrenhaus erledigte heute einige kleinere Vorlagen und die Denkschrift der AnsicLrlungOconimission. Morgen: Kleine Vorlagen, Petitionen. * Berlin, Ll. !*iiiez. In der gestrigen Sitzung de« Verein« sllr Socialpolitik referirt» Professor l)r. Sering Uber: Tie Bodendesitzvertheilung und di» Sicherung de» »kletn- grundbrsitzk«. Der Redner gab zu, d-ih »» ein rein menschliches Postulat sei, auch de» iändlichen Arbeiter» das Eoalitionsrech! zn gewähren. Die ländliche Arbeilersrage sei aber nur durch Ae- jchassung eines bäuerlichen Mittelstandes zu lösen. Er halte e« für erforderlich, auch di» Landarbeiter durch Parrellirungen zu Besitzern zu machen. Ter Ginwand, dies, Kleinbesitzer könnten die ILoncurrenz mit den Großgrundbesitzern nicht outdalten, sei hinsällig. Eine Akkumulation der Betriebe sei in der Land- wirldschvft nicht wahrnehmbar. Tie iandwirthschastiiche Pro duction würde durch die Vermehrung des Kleinbesitzes eher eine Förderung als »ine Einschränkung erfahren Tie zunehmende Intensitlt der Landwirthschast »nd die wachsenden Ansprüche der Arbetler führen mit Nvidwendigkeit zur Verkleinerung de« Land besitze». Tie ländlichen Großgrundbesitzer seien, in Folge der zu nehmenden Intensität der Landwirldlchast, kaum noch in der Lage, ihren Besitz in gehöriger Weise zu bewirlhlchasie». Eine Per- ! kleinerung des Großgrundbesitzes würde de» Großgrundbesitzer nur entlasten. Sr würde alsdann nicht mehr Zinsen zahlen müssen für Ums Geld. Aj Novell« von A. Heyl. N.chdrock ^rbolni. (Fortsetzung.) „Seit beute Abend weiß ich e« bester, al« früher," ent- gegncte Annita. „Du hast Vieles gesagt, was Du klüger rerschwiegen hättest. Du hast mir den allen Spruch ins Gedächtniß zurückgerufen: „Thue Niemand Gutes, damit Tir nicktS BöseS wiederfäbrt". „Faste doch nicht Alle« von der schlimmsten Seite auf", suchte die Andere schmeichlerisch einzulenken. „Ich tbueDir nichts Böse« und Du fährst fort, mir Gutes zu tbun, nicht wahr? Versprich eS mir! DulSfscstmichnichtziehen.obnemireineschvneAuSsteuerund ein bedeutendes Eapital mitzugebcn. Es wäre ja eine Schande, wenn ich so armselig ,n diese bochangeseben» Familie e,„treten würde. Nicht wayr, Du schickst mich nicht mit leeren Händen au- dem Hause? Versprich eS mir." Durch die bittenden Worte leicht besänftigt, versprach Annita für Aussteuer und Mitgift zu sorgen, falls die einzuziebenden Erkundigungen über den Bräutigam günstig LnSsallen würden. „Habe ich mich je knauserig gezeiai, Betty?" „Gewiß nicht. Su warst immer splendid", gäv Betty zu. »Weißt Du. Liebe, ich möchte rin silberdurchwirkteS Brautkleid mit Brillantagraffen auf den Schultern und einen Schleier den Brüsseler Spitzen." „Wir sprechen ein andermal darüber. Gebe jetzt zur Ruke." Ohne die Hand anzunehmen, welche die Braut ihr entgegrnstreckte, verschwand Annita Roland hinter der seidenen PortiLre und begab sich aus ihr Zimmer. Sie war furchtbar aufgeregt, ihre Stirn glüble. in ihren Pullen hämmerte e«. in ihrem Herren stritten die wider sprechendsten Gefühle um die Oberhand. Sie warf sich ungestüm auf die Chaiselongue, barg daS Gesicht in den Polstern und weinte bitterlich, weil ihr Leben so reich an biltern Erfahrungen, so arm an Liebe war. Doch sie fühlte bald, daß sie vorerst noch keine Ruhe finden könne, und kehrte, nachdem ihre Tkränen versiegt waren, zurück auf den Balkon, um in frischer Nachtlust beim Anblick te- gestirnten Himmel« friedlichere Gedanke» cinkcbren zu lassen. Tie kamen allmälig und vrrdränalen die quälenden Dämonen, die in den letzten Stunden Herrschaft über sie erlangt hatten. Unwillkürlich faltete sic die Hände, und ftille« Hoffen überkan, sie, daß der, welcher zahllose Welten im Aethrr hält und ihnen die Bahnen verschreibt, auch die kleine Welt de« Individuum- regiere und in die Bahne» lenken werde, die, wenn auch nicht immer glatt und eben, doch den, der gereckt daraus wandelt, einem erhabenen Ziele rntgegenführen. Ihr einsamer Weg ging zwar über goldenen Boden, doch öde und liebciccr durch« Leben. Sie seufzte tief, ihr Blick siel vom Himmel auf die Erde. Da drüben an der Straßenecke lehnte auch so eine einsame Menschenscele. Bewegungslos, die Arme über der Brust gekreuzt, stand da ein Mann und blickte unvcrwanet nach den Fenstern ibre« Schlafzimmer-. Sie sah scharf hinüber und erkannte Doctor Falk. Ihr Herz pochte stürmisch Es war kein Zweifel, seine Anwesenheit an dieser Stelle, zu dieser Stunde galt ihr. Er kannte den Raum, nach dem er aufschaute; denn er war dort eingetretcn am Abend ihrer verhängnißvollen Ankunft und an den folgenden Tagen als Arzt, al« Retter, als Freund. Es war ihr zu Miitb, als muffe sie binuntcreilen, ihn mit beiden Armen umschlingen und ibm jubelnd zurufen: „Ich Hab' Dich lieb, ick bab' Dick lieb!" — (Trotzdem zuckle sie zusammen und verbarg sich scheu hinter den Sträuckern, als er den Kops umwandte, die Straße binahsak und auch den Balkon mit einem Blicke flüchtig streifte. Sie kniete nieder, lugte durch das Blättcrwerk und verharrte geraume Zeit so. bis er seinen Posten verließ. XI. Am andern Morgen nach elf Ukr fuhr Herr Hvlkamp vor, um seine Braut zu begrüße» und sich zugleich den Damen Parker und Annita als neues Familienmitglied vorrustellcii. Er sah »iigehkner selbstbewußt a»S; vom Uebcrmaß seiner Wichtigkeit dckrchdruiiaen, warf er sich in die Brust und stieg langsam knarrenden Schritte« in funkelnagelneuen Lacksticscln die Steintreppe hinan, erwartend, seine Betty werde ihm entgegeneilen und einen zärtlichen Empfang bereiten. Einiger maßen enttäuscht, nur von den Lakaien empfangen zu werten, wuchs sein Mißbehagen noch, ais ihm Betty im Salon sehr niedergeschlagen und mit gerötbelen Augenlidern enlgegenkani, offenbar verlegen über sein Erscheinen al« Bräutigam „WaS hast Du, mein süße« Herz?" fragte er, innigste Besorgniß in Ton und Miene ausdruckend. „Deine schönen Augen sehen au«, al« hättest Du Tbränen vergösse». Ist Dir etwa« zu Leid geschehen? Gestehe mir'- ein, meine Betty, damit ick Dick «rösten kann, damit ich Dich wieder beiter stimm», Tein reizendes Lachen wieder höre, da« mich so sebr entzückt." Betty lehnte den Kops an seine Schulter und gestand ebne Zögern: „Man bat nur bittere Vorwürfe über unsere Ver lobung gemacht. Frau Parker und Annita beschuldigen mich, unüberlegt gehandelt zu haben." „Unüberlegt gehandelt!" wiederholte Holkanw und zog die Stirne krau«. „Zweifelt man etwa an der Ehrenhaftig keit meiner Absichten? Ich versiebe keinen Spaß in solchen Dingen und werde die Damen zur Rede stellen." „Um de« Himmels Willen nicht, tbeurer Karl", wehrte sie ab, „Du kennst die Bride» viel zu wenig; sie sind zu fürchte», und ich möchte in Frieden mit ihnen auSkommen. Versprich mir, daß Du nicht- unternimmst, was Annita verdrießen könnte; glaube mir, eS wäre nicht gut für unsere Liebe." Holkamp horchte auf. Er war sofort im Klaren, daß die Verhältnisse in diesem Hause ander« lagen, als er sich eingebildet batte Sein Eintritt al« Vetter war nicht er wünscht, wie er richtig annahm. Man konnte gegen ihn intriguiren und eS war gerathrn, recht entgegenkommend und vielversprechend auszutrrten, bis Zeit und Umstände gestatteten, einen anderen Ton anzuschlagrn. Vor der Hand war eS angezcigt, auf Katzenpfötchen zu gehen; denn wenn er sich auch i» rascher Schlußfolgerung einredete, die geistige Be schränktheit seiner Braut einerseits, die überlegene Kluabeit und Herrschsucht der zu fürchtenden Damen andererseits seien maßgebende Gründe für Betty'« Aengstlichieii, so hatte er doch nebenbei eine dunkle Ahnung, e« könnte auch ein Familiriigebeimniß obwalten, da- Len Beiden über die hilf lose Betty Gewalt verleibe. Nun, ihm war nicht bange; auf eine oder die andere Art wollte er sich schon dieser über flüssigen Anbänasel entledigen. „Mein sanfte« Lämmchen hat sich allzu rasch von den herrschsüchtigen Damen einschüchlern lassen. Da« darf nicht mehr sein. Sage offen heraus, wa» haben sie an mir auS- zusetzeii?" fragte er in sebr bestimmtem Tone. „Sie sagen, man kenne Dich nickt genug, liebster Karl, aber Du mußt da« nicht übel nehmen " „Durchaus nicht, mein Herzchen; die Beiden werden mich noch kennen lernen." „Gewiß, gewiß", stimmte sie ein, „sie werden Dich kennen unk schätzen lernen; Tu bist ja so liebenswürdig." Holkamp nabin diese- freundliche Zugeständniß al« selbst verständlich auf und fuhr fort, weiter zu forschen. „WaS sinken die Damen noch außerdem an mir zu radeln?" Velty wurde sehr vcrlcacn. „L nickt«, nich!«, Liebster, was der Rede Werth ist, einjältigeS, lächerliche« Zeug. Wir sind ihnen Beide nicht fein und nicht gelehrt genug; wir sind zu natürlich." „Und da« wollen wir auch bleiben, meine Betty; darum paffen wir so vortrefflich für einander, weil wir Beide nicht verbildet sind, weil wir aus den überspannten WissenSkram nicht- ballen. Ich bin «ine praktische Natur, ich fasse daS Leben von der realistischen Seite auf; ich habe von Natur mehr Verstand in meinem Hirn al« Andere, die sich jahrelang mit langweiligem Studium quälen; ich weiß aenug, um überall gut turchziikommen und ich werde den Leuten schon noch zeigen, wer ich bin und WaS ich kann. Wa« Dick betrifft, liebe« Kind, jo bist Du mir gerate so reckt, wir Du bist. Vernünftige Leute verlangen von einer Frau keine ungewöhnliche» geistigen Eigeniciiasten; denn solche Damen sind i» der Ebe äußerst uiibcqueni" Betty war hocherfreut über das Gekörte; de»» demnach wurden von ihrem zukünftigen Gatten keine unmöglichen Anforderungen an sie gestellt. Sie schätzle sich in diesem Augenblick überaus glücklich, diesen vortrefflichen Mann ge sunden zu haben, der ibr so ganz auS dem Herzen sprach, dessen Redeweise auch ihr verständlich war; und sie beeilte sich, ihm die« zu gestehen. Er lächelte befriedigt, betrachtete die große stattliche Mädchengestalt mit wohlgefälligen Blicken und sagte ibr allerband Schmeicheleien. „Was für ein schönes, stattliches Mädchen Du bist, ich werde Staat machen mit meiner Frau; denn Du bist groß und kräftig, wie man nickt leicht eine Zweite findet." „DaS ist ein Erbtbeil von meinem Vater," sagte Bcttv. „Er war auch sebr groß und stark." Holkamp blickte scheu umher, und mehr mit sick> selbst redend, gab er zu: „Ja, Tu siehst ihm ähnlich." Betty starrte ilm betroffen an: „Woher weißt Tu daS? Hast Du ihn gekannt?" Der Befragte erschrak heftig, faßte sich aber rasck und brack in gezwungenes Lacke» auS. „Wie soll ick ibn gekannt haben? Ich — ich war nie in Amerika " „Aber Du sagtest doch —" wandte Betty ein „Ich sagte," schnitt er ihr hastig die Rede ab, „Tu säbcst ihm ähnlich, weil Du mich bei jenem Besuche, wo ich da« Glück hatte, Dich allein zu treffe», durch ei» Zimmer führtest, in welchem sich das lebensgroße Bild Deines VatcrS befindet." „Es war daS Bild meines Onkels." berichtigte Betty. „Von meinem Vater epistirt keines Ich erinnere mich sebr wohl, welch tiefe» Eindruck daS Bild aus Dich machte; Tu wurdest leichenblaß, als Du es zu Gesicht bclamst " Holkamp suhr mit der Hand über die Stirn, schloß einen Moment die Augen und preßte die Lippen fest aus einander; ein kluger Beobachter hätte sofort erralbcu. daß der Mann eine schwere Erinnerung uiederiämpste; denn cs flog wie Wetterleuchten über seine Züge, und als er Bett» wieder ansah, schrak sogar diese vor dem unbcinilichen Blick zurück. „WaS machst Du für böse Augen? Geb', ich sürchte mich vor Dir!" ries sie ängstlich aus. „Sei kein Närrchen, ich kann Dich gar nickt bö« an- seben; dazu habe ich Dich viel zu lieb. Dock bitte, kci» Wort mehr von alledem; ich höre die Damen im Vorzimmer; sie dürfen nicht erfahren, um was c« sich eben zwischen un- handellt."
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