DIE ANFÄNGE DER SCHRIFT- UND BILD REKLAME IM 15. UND 16. JAHRHUNDERT Ausrufer. Bücheranzeigen. Schriftproben n den Stürmen der Völkerwanderung ging die hochentwickelte Bildung und äußere Kultur der antiken Welt zugrunde. Mit ihr natürlich auch die Schrift- und Bildreklame. In den neuen Staatsgebilden, die sich auf den Trümmern des römischen Weltreiches gestalteten, fehlte für eine geschäftliche Propaganda zunächst jedes Bedürfnis. Die Städte waren großenteils von geringer Einwohnerzahl und ausgeprägt ländlicher Physiognomie. Die Verhältnisse waren über sichtlich, der Wettbewerb zudem durch Zunftsatzungen und obrigkeitliche Vorschriften beengt. Was hätte da Reklame für einen Zweck gehabt ? War sie einmal nötig, z. B. wenn etwa durchreisende Kaufleute ihre Waren einige Tage im Kaufhause zum Verkaufe auslegten, wenn ein reisender Arzt oder Kurpfuscher Patienten suchte oder wenn Gaukler, Bären führer und anderes fahrendes Volk seine Kunstfertigkeit zeigen wollte, so mag ein Ausrufer in Tätigkeit getreten sein. Ständig bedienten sich eines solchen als Privileg die Weinhändler. Der Weinrufer hatte auszurufen, wo und zu welchem Preise Wein geschenkt wurde. Ein solcher »clamator vini« kommt z. B. in Wormser Akten schon 1351 vor [Boos, Geschichte der Rheinischen Städtekultur, Bd. 3, S. 61, Nr. 128], In Paris waren diese Wein rufer zu einer Gilde zusammengeschlossen, deren Satzungen 1268 registriert wurden. Neben dem Ankündigen und Ausklingeln der Weinverkäufe hatten sie zugleich die recht einträgliche Aufgabe, gegen beträchtliche Sporteln Todesfälle auszurufen, gewiß eine seltsame Vereinigung sehr verschieden artiger Aufgaben! Der Korporation, die daher die Bezeichnung: JuresCrieurs de Corps et de Vins führte, stand endlich noch das ausschließliche Vor recht zu, den Verlust von Gegenständen und das Abhandenkommen von Kindern bekanntzumachen [Zeitschrift Le vieux papier, Bd.V, S. 21]. Man sieht, die Reklame begann im Mittelalter genau in der gleichen Weise wie im Altertum, nämlich akustisch: die Stimme des Ausrufers war sicher das haupt sächlichste Reklamemittel und blieb es jahrhundertelang, bis die Entwicklung des Zeitungswesens sie schließlich fast ganz entbehrlich machte [Bild 28]. Daneben kamen höchstens noch ornamentale oder figürliche Wirtshaus-