DIE REKLAMEKUNST VON 1600 BIS 1820 Obrigkeitliche Kundmachungen. Illustr. Thesen. Allgemeines ohl sicher die hauptsächlichsten Nutznießer des gedruckten Plakates waren im 16. Jahrhundert und noch lange Zeit später Staat und Gemeinde. Mangels periodischer Zeitungen mußten Kundmachungen, die für einen größeren Personenkreis be stimmt waren, durch Maueranschlag verbreitet werden, sofern man sich nicht mit der Verkündung durch Verlesen auf Plätzen und Straßen be gnügte. Bei besonders wichtigen Verordnungen verband man auch wohl mündliches und schriftliches Verfahren. So bestimmte Franz I. von Frank reich, daß seine Polizeiordonnanzen vom 13. November 1539 allmonatlich in allen Quartieren von Paris bei Trompetenschall verkündet und außer dem in großen Buchstaben auf Pergament geschrieben [»escriptes en parchemin et en grosse lettre«] ausgestellt werden sollten, »afin qu’elles soient cogneues et entendues par un chacun«. Geschriebene Plakate, wie sie hier vorgesehen sind, waren aber damals wohl sicher eine Ausnahme; ge druckte bildeten vermutlich in Frankreich wie in Deutschland die Regel. Typographisch sind diese Druckerzeugnisse vielfach von großer Schön heit. Man betrachte einmal, um ein leicht zugängliches Beispiel zu wählen, die Achterklärung Kaiser Maximilians II. gegen Wilhelm von Grumbach [1566] in der Nachbildung in Henne am Rhyns Kulturgeschichte des deutschen Volkes [Bd.II, hinter S.38]. Wie wundervoll wirkt das von einem schwungvollen Initial eingeleitete Druckbild! Als Schmuck werden häufig Wappen und sonstige staatliche Hoheitszeichen verwendet. Wie pompös präsentiert sich z. B. der große kaiserliche Doppeladler am Kopfe des Schutzbriefes, den Kaiser Ferdinand II. Nürnberg 1626 ausstellte! [Abb. ebenda S. 131.] Schon von weitem mußte ein Kriegsvolk, das sich einem Tore der Reichsstadt näherte, das daran befestigte Symbol der Kaiser machtwahrnehmen und konnte, da der Typus der Salva guardia sicherlich feststand, über die Bedeutung dieses Anschlags nicht zweifelhaft sein. Sonstigen zeichnerischen Schmuck weisen behördliche Bekanntmachungen wohl fast niemals auf, ausgenommen natürlich zur Erläuterung notwendige Abbildungen, wie etwa falscher Geldmünzen, vor denen gewarnt wird, u. a. Jedoch entstand im 17. Jahrhundert eine umfangreiche Gruppe von Blättern