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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.01.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-01-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950115024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895011502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895011502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-01
- Tag1895-01-15
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Wir lassen jetzt die nötbige Ergänzung folgen, aus der sich die Hoffnung schöpfen läßt, die kräftige Anregung des Herrn Abgeordneten für Leipzig werde nicht fruchtlos sein. Konnte auch der Herr StaalSfeeretair manches von den Berichten, welche über die mangelhafte und energielose Haltung deutscher Vertreter im Auslande an die Ocffentlichlcit gekommen find, als einseitig oder übertrieben Nachweisen, so vermochte er doch nicht zu bestreiten, daß da unv dort in überseeischen Ländern das Ansehen des deutschen Namens und das Ver trauen auf einen wirksamen Rechtsschutz der Deutschen sich gemindert haben und einer Stärkung dringend bedürfen. Daß Gras Eaprivi an dieser Minderung eine Schuld trage, bestritt er begreiflicherweise, glaubte auch nickt, daß eine Veränderung in den Instructionen der deutschen Ver treter im Auslande eintretcn könne, da an dem Princip der Nichteinmischung Deutschlands in die inneren Angelegenheiten anderer Länder nicht gerüttelt werden dürfe und solche Deutsche, die an fremden Bürgerkriegen sich bclheiligen, vor den Folgen einer solchen Belheiiigung nicht bewahrt werden könnten. Aber er gab nicht nur den vielgenannten Herrn Peyer preis und versprach nickt nur Abhilfe in allen Fällen, in denen die vorgebrachten Beschwerden als begründet sich Herausstellen würden, sondern er gab auch zu, daß die außeramlliche Thätigkcit der deutschen Vertreter eine erfolg reichere sein könne, wenn ihr moralisches Gewicht das rechte sei. Nun bängt aber das moralische Gewicht eines Vertreters ganz wesentlich von dem moralischen Gewichte seiner Regierung ab. Wenn also während der Amtsführung des Grasen Eaprivi der so überaus wichtigen außeramtlichen Tätig keit unsrer auswärtigen Vertreter das rechte moralische Gewicht gefehlt hat, so fällt wenigstens ein wesentlicher Theil der Schuld auf den zweiten Reichskanzler zurück, trotz des Schutzes, in den Frhr. v. Marschall den Grasen Eaprivi unter dem Beifall des Eentrums und der Linken nehmen zu müssen glaubte. Gerade deshalb aber ist auch zu erwarten, daß unter der Kanzlerschaft des Fürsten Hohenlohe das moralische Gewicht Deutschlands im Auslände wieder steigt und dem Austreteu der deutschen Venrelcr größeren Nachdruck verschafft. Kommt, wie der Abg. Haffe dies wünscht und der Staatssecretair es hofft, z» dieser Stärkung der moralischen Position der deutschen Vertreter noch das materielle Gewicht einer Vermehrung unserer Panzerftotte, so daß diese überall mit Ehren sich zeigen kann, wo deutsche Interessen aus dem Spiele flehen, so kann ein Ilmschwung zum Besseren nicht ausbleiben. Glücklicherweise sind die von Prof. Hasse vorgetragenen Beschwerden über den deutschen auswärtigen Dienst nur vereinzelt. An der Pflichttreue, dem Eifer und Wohl wollen der großen Mehrzahl der deutschen Vertreter im AuSlande ist nicht zu zweifeln. Der Stamm derselben ist noch aus den Zeiten des Fürsten Bismarck, der sich bekanntlich eine tüchtige Beanttenschaft hcraiizuzieheii und zu erhallen verstand. Der Fall, daß Deutsche, und zwar angesehene Kaufleute, sich von einer kleinen Gaunerregierung geradezu mißhandeln und ihrer Rechte berauben lassen mußten, ist in diesem Maße wohl noch nie vorgekommen. Das zu dulden, hat daS neue Reich nicht mehr nöthig; es ist stark genug, sich Schutz und Achtung für seine Angehörigen zu erzwingen. Immer gewaltiger wachsen die deutschen Interessen in überseeischen Ländern an; unsere Industrie bedarf einer mächtige» Ausfuhr, zahlreiche unternehmungslustige und rüstige Landstente schlagen dauernd oder auf längere Zeit ihren Wohnsitz in der Fremde auf. Vor wenigen Jahr zehnten waren sie nur aus ihre eigene Kraft angewiesen und gingen dem Vaterland häufig verloren. Das ist jetzt unendlich viel besser geworden, seitdem der starke Schutz eines großen Reichs hinter ihnen siebt. Das ist nicht nur den wirtbschafltichen Interessen deS deutschen Reichs zu gut gekommen, es bat auch die An hänglichkeit an das .alte Mutterland bedeutend gestärkt. Die meisten bewahren die Beziehungen mit der Heimatb, und so mancher, der drüben sein Glück gemacht, kehrt später zurück, um sich an Iugenkerinnernngen zu erfrischen unv seine Familie dem Baterlande zu erhalten. Das sind werth- volle Güter idealer und materieller Art, und unendlich viel können dabei tüchtige, einsichtige und wohlmeinende Vertreter von Kaiser und Reich lhun. Darauf, daß in Zukunft alle es tbnii werten, hat die Interpellation Hasse begründete Hoffnung erweckt. Wir lassen nunmehr die Ergänzung zu nnserm Bericht über die gestrige Ne ichstagüsitzung folgen: Abg Hasse (nat.-lib.) sortfahrend: Tie deutschen Handels- interejsen sind nicht genügend gewahrt worden. Als Guatemala mit den Bereinigten Staaten einen neuen Handelsvertrag abschlvß, handelte es sich darum, das deutsche Meisibegünsliguiigsrecht Gnaiemala gegenüber zu wahren. Es hat aber — entgegen der neuesten amtlichen Darstellung — zwei Jahre gedauert, bis das i» gehöriger Weise erledigt wurde. Es ist doch Pflicht der Regierung, sich von de» dortigen Ereignisse» nicht überraschen zu lasse». Auf de» zweite» Theit der Prowe- schen Broschüre will ich nicht eingehen. Ich nehme an, daß Prowe auch hierin Recht hat; denn ich habe mich über ihn an Ort und Stelle erkundigt, und von allen Seiten wurde ihm das Zeugniß eines wahrheitsliebenden Mannes ausgestellt. So berichtet er. daß anläßlich des Falles Ruhnke die dortigen Dcudchen den Gesandten Peyer ersucht hatten, hinzukommrn oder eine» Biceconsul zu bestelle», daß Peyer aber abgelchiit habe, da er keine» Grund dafür sehe. Welche Wirkungen haben alle dieie Borgäuge! Ter Sohn des Herrn Bolkeniug i» Esten schreibt seinem Bater, er sei amerikanischer Bürger geworden, weil er auf den Schutz der deutsche» Regierung nicht rechnen könne. Was die deutsche Presse über diese Dinge geäußert hat, könnte man vielleicht als irrelevant bezeichnen. Irrelevant ist das aber nicht, was die deutsche Presse des überseeischen Auslandes sagt: „Die Deutschen sind überhaupt schutzlos." — „Einen deutschen Jnteresjenvcrtreter giebt es in Central»Amerika nicht." — „Es w.rd einer Anstrengung von 20 Jahren, eines Aufwandes von ungezählten Millionen bedürfen, um Deutschland das Ansehen wieder zu verjchassen, das es bis 1890 besessen, dann aber verloren bat." Ich erinnere ferner an den Brief eines frübercn deulschcn Officiers, der in Guatemala lebt, an einen hiesigen Ofsieier, der in der „National--Zeitung" ver öffentlicht ist und sich in den beweglichsten Ausdrücken über das Sinken des deutschen Einflusses und Ansehens in Central- Amerika beschwert. Er sagt, er hätte seine Unternehmungen in der Hoffnung aus den Schutz des deutschen Reiches begonnen, habe aber diese Hoffnung auigegeben und sehe seinem völligen Ruine ent- gegen. Sic sehen also, daß sich alle solche Dinge in Geld umsetzcn. Unsere Landsleute werden es unterlasse», sich aus commcrzielle und industrielle Unternehmungen im Aus lände einzulassen, wenn sie nicht größeren Schutz er- hatten. Was kann nun geschehen? Zunächst muß das Gesetz von 1870 über den Erwerb und Verlust der Reichs an gehört gleit abgeändcrt werden; es liegt ja in dieser Beziehung dem Hanse ein Antrag vor. Selbstverständlich hat eine vorsichtigere Aus wahl der Vertreter des Reiches platzzugrecken, vor allem aber müssen diese Vertreter, die sich als ungeeignet Herausstellen, abberuse» und nicht versetzt werden. Auch darüber beklagen sich unsere deutschen Landsl »te in der ganzen Wett, daß die Vertreter so oft wechseln, sowohl die guten wie die schlechten. Ei» Vertreter wird erst dann für seine Schutzbefohlenen Worte haben, wenn er Jahre lang sich i» die Verhältnisse dort eingelebt hat. Die Nmzugskosten unserer Vertreter im Auslande habe» in den beiden letzten Jahren 360000 und 320 000^, betragen. Das Geld wäre nützlicher ange wendet worden, wenn man die schlechten Vertreter pensioniren wollte. Ich hosse von dein Vertreter des auswärtigen Amtes die Erklärung zu erhalten, baß Herr Peyer unter allen Umständen nicht wieder »ach Central-Amerika zurückkehrt, aber auch nicht an anderer Stelle Verwendung findet. Ob es nothwendig ist, den Vertretern im Aus lande größere Vollmachten einzuräumen, habe ich nicht zu beurtheile». Jedenfalls werden ihnen schärfere Instructionen zu ertheilen sein nach der Richtung, daß die Herren nicht glauben, Richter über die Beschwerden ihrer Landsleute zu sein, sondern sich als ihre Anwälte berufen fühlen. Endlich wird es nicht zu umgehen sein, das Ansehen und die Wirksamkeit unserer Vertreter im Auslände zu stärken durch häufigere Hi »aussen düng von deutschen Kriegsschiffen. Es ist die allgemeine.Klage unserer Landsleute, daß die deutsche Flagge zu selten zu sehen ist. Vielleicht könnten die vorhandenen Schisse mehr als bisher in den Dienst dieser Sache gestellt werden. Im vorigen Jahre waren mehr als 50 Schisse zu llebungen und Parade» in der Oslsee versammelt. Vielleicht wären einige abkömmlich gewesen, um ihre Hebungen in überseeischen Gewässern abzuhalten und gleichzeitig dort den deutschen Interessen zu dienen. ES wird ja nun mit Recht von dem Auswärtigen Amt, und ganz besonders von dem jetzigen Reichskanzler in seiner Rebe vom 11. De ck,über v. I. darauf hingewiejcn, daß derartige Kriegsschiffe in der letzten Zeit mit großem Erfolg für die Interessen iin Auslande eingetreten sind. Er wies z. B. auf Chile hin. Ganz gewiß ist das Anstreten ein außerordentlich erfolgreiches gewesen. Soweit es abcr i» die Zeit des Reichskanzlers Grafen Eaprivi fällt, waren, um es berbeizusühren, dringende Anregungen und gewaltige Anstrengungen in diesem Hause, namentlich Seitens des Äbg. Jebsen nothwciidig gewesen, und Graf Eaprivi hatte sich Anfangs widecsetzt. Dagegen muß ich anerkennen, daß die Aus» sendung von Kriegsschiffen nach der Delagoabay von ihm selbstständig ver'ügt wurde. Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe konnte daher am 11. December wohl jagen, daß die von Jahr zu Jahr sich steigernden Beziehungen zu anderen Ländern der Regierung die Pflicht auferlegten, die deutschen Unternehmungen in ihren Schutz zu nehmen. Es wird also bereits im Princip anerkannt, was hier und in der Presse der Regierung vorgeworfen worben ist, aber ich hoffe, daß man auch bald zur Thal über gehen wird. Es ist die allerhöchste Zeit, daß ein Umschwung nicht blos in der Theorie piatzgreift, sondern daß auch unsere deulschcn Landsleute selbst wieder durch eine energische Bertretung in ihrem Auftreten bestärkt werden. Es giebt wohl kaum eine Zeit, die mehr als die unirige daraus hinweist, wie nöthig es ist, das na ti onale Selbst bew u ßtsein im deutschen Volke zu stärken und zu kräftigen. (Sehr richtigI) Denn das ist der ewige Jung- briinnen, ans dem wir schöpfen in der Zeit, wenn wir muthvoll m die Zukunft blicken sollen. Wenn also die Regierung wünscht, daß sich bas nationale Selbstbcwußtsein mehr bethätige, so wird sie gebeten, in der Richtung, in der sich meine Ausführungen bewegen, Abhilfe zu schaffen. Es liegt durchaus in unserem Jntereffe, daß der Deutsche im Auslande, wie es 1870 bis 1890 war, stolzen Hauptes Lurch die Welt gehen kann und daß er sich darüber sicher ist, daß, wenn irgend ein Schwächling sich au ihm vergreift, auch eine Ahn dung dafür eintritt. (Lebliaster Beifall.) Staatssecretair Frhr. v. MiN'schall: Ich bin dem Vorredner dankbar, daß er meinen Wunsch, die Frage des Schutzes der Deut schen im Auslände möglichst bald hier im Reichstage zur Sprache zu bringen, in so bereitwilliger Weise erfüllt und mir durch die eben begründete Interpellation Gelegenheit gegeben hat, eine Reihe von Vorgängen zu beleuchten, die seit längerer Zeit zur öffentlichen Dlscussion stehen und auch nach meiner Meinung geeignet waren, in weilen Kreisen Beunruhigung hervorzurufen. Wenn der Vorrcdnei dabei auf eine Kritik der auswärtigen Politik der letzten fünf Jahre eingegangen ist, so will ich ihm im einzelnen nicht folgen. Wen» er aber dem Grafen von Eaprivi hier vor versammeltem Reichstage den Vorwurf gemacht hat, feine auswärtige Politik fei nichts gewesen, als ein fortwährendes Verneigen vor dem Auslande, so bat er dafür keinen Beweis erbracht und ich muß diesen Vorwur' mit Entschiedenheit zurückweisen. (Beifall.) Niemand kann mehr als ich die unsterblichen Verdienste des Fürsten Bismarck an- erkennen und seine Bedeutung im Auslande und Jnlande, (Bei FerriHetsir. Graf Jarl. 181 Roman von Hermann Heiberg. Nachdruck vcrbotc». (Fortsetzung.) Und geschickt anknüpfend, um jetzt, bei ruhigerer Ucbcr- lcgung einer Mißdeutung ihres vorherigen Verhaltens zu entgehen, fuhr sie fort. „Das ist auch, um Ihrer Frage Antwort zu crtbeilen, Herr Graf, Dasjenige, was ich an meinem Glück entbehre, weshalb ich mich nicht ganz befriedigt fühle! Mein Naturell verlangt nach starker Anregung, Abwechselung und Dem, was man vulgär Genuß nennt, richtiger aber bezeichnet, den feineren Sinnen Nahrung verschafft." „In Kochtöpfe gucken, mit Handtüchersäumcn mich mühen, mir hinter einem Eanarienvogelbauer die Welt betrachten, morgens mich erheben, um — halb gähnend — den Schlaf zur Nachtzeit wieder zu erwarten, ist nicht meine Sache." „Gewiß, ick weiß, was mir jeder Vernünftige — und auch wohl Sie — erwidern wird: daß solche Richtung und solcher Geschmack höchst verderblich, daß des Weibes Bestim mung einmal u. s. w., und daß zwischen Hauslangeweile und der Abwechselung deS Lebens draußen noch ein großes Feld guter Mitte liege! Natürlich! Aber die Abneigung besteht, und wenn die meisten, etwas empfänglicher gearteten jungen Mädchen und jungen Frauen ehrlich sein wollen, werden sie bekennen, daß sie meine Unbefriedigung theilen." „Ich wurde weder zur Schulmeisterin, noch zur Amme geboren, weder zu einer Stubenwischerin, noch zu einer Klatschbase, weder zu einer engelhaften Dulderin, noch zu einer treuen Magd. Ich möchte die Höhen und Tiefen des Lebens dnrchmefsen. Ick, liebe die Menschen, für welche die den Philistern gezogenen Grenzen nicht existiren, welche das Größte im breitesten Umfange erstreben und aufnahmefähig, zugleich mit starken Saugfäden für die Mannigfaltigkeit der Lebenserscheinungen ausgerüstet sind." „Wie die Meeres Quallen. Die haben nämlich zahlreiche Saugfäden. Auch Tintenfische haben solche, aber größere, —" schob Jarl, seiner überlegenen Art folgend, aber auch in der Absicht, dem Gespräch einen leichteren Charakter zu ver leiben, ein. Er bereute jedoch sogleich, als er Taffa's ent täuschten Mienen begegnete. „Sie können spotten, Herr Graf. Es thut mir fast weh —", stieß sie heraus. „O nein, nein! So war es nicht gemeint, mein liebes Fräulein! Verzeihen Sie! Verzeihen Sie! Glauben Sic mir, daß Sie Niemandem das Alles sagen konnten, der da für mehr Verständnis; hat als ich!" „So vermuthete ich, deshalb sprach ich offen. Sie aber ironisirtcn, beschämten mich, Herr Graf! — Nun aber etwas anderes mit Ihrer Erlanbniß. Als ich Sie eben mit einer gewissen, eigenen Betonung reden hörte, kam mir eine Er innerung. Haben Sie in Berlin einen Verwandten?" „Nein! — Ich bitte, weshalb?" Jarl sprack's, die Farbe wechselnd; aber zufällig sah Tessa ihn nickt an. „Dann istS ohne Belang. Mir kam — gleichviel — Nein — nein —" „Sie wollen nicht sprechen?" „Doch, wenn Sie cs wünschen! Da ich den Satz begonnen, bin ich sogar den Nachsatz schuldig. Mir begegnete — vor einiger Zeit einmal in Berlin zufällig Jemand, der große Aehnlichkeit mit Ihnen hat. Eben wars mir, als könntne Sie es selbst gewesen sein!" Tessa bezeichnet,: sodann Tag und Stunde und die näheren Umstände. Jarl schüttelte entschieden den Kops. „Ich hatte nickt die Ehre und Freude", entgcgncte er mit einem feinen, den Ernst des Gespräches abschwächenden Lackeln, „Ihnen bisher zu begegnen! Ich war damals gar nicht in Berlin." Und dann abbrechend: „Gesällts Ihnen, noch etwas zu promenircn, vielleicht ein mal den sogenannten Thurm in Augenschein zu nehmen? Oder ists zu spät?" „Allerdings, Herr Graf. Die EsstnSstunde ist schon da. Meine Schwiegermama könnte schelten." „Oder etwa morgen um dieselbe Zeit? — Abgemacht! — Leben Sie wohl, gnädiges Fräulein! Komm, Brand! Borher aber gicb eine Pfote. Nein, nein, nicht den Kops anschmiegcn. Du bist nicht sauber, guter Junge! Lege Deine Verehrung sonst an den Tag! So — bravo! Adieu! — Adieu! — Bitte, empfehlen Sie mich " In seiner leichten, über den Dingen stehenden Weise grüßend, nahm er Abschied. Tessa aber schritt langsam und nachdenklich dem Dorfe zu. 4- E, Als Graf Adam Mittags neben seiner sanstschönen Schwester bei Tisch saß, sagte er: „Ich habe Dir etwas sehr Ernstes mitzutheilen, meine tbcure Leonore, etwas so Ernstes, daß ich bisher nicht den Muth fand, es Dir zu sagen. Rüste Dick auf eine große Enttäuschung. Sieh: ich habe im Spiel Alles verloren. Ick setzte ganz Horst, vom Spielunglück verfolgt, schier besinnungs los in meiner Aufregung, auf die Karten und büßte den Einsatz ein. Der neue Besitzer, ein Berliner angesehener Lebemann, wird in geraumer Zeit sein Eigentbnm antreten. Wir haben hier nur noch bis zum Herbst Wobnnngsrechtc und Alles, was ich mein Eigentbnm nenne, besteht in einem kleinen, aus der Veräußerung meiner Möbel nnd Pferde her- rübrenden Capital. Meine Absicht — zum Theil schon in Scene gesetzt — ist, in Berlin Unterricht in der Musik zu ertheilen und mir damit zunächst mein Brov zu verdienen. Eines tröstet mich, theure Leonore! — Du vermagst ferner bescheiden zu leben, insbesondere, wenn Du liier bleibst, etwa im Dorf Dir später eine Wohnung einrichtest" Leonore hatte, die Hand aufs Herz gepreßt, zuzehört. Erst nach und »ach gewann sie die Sprache, redete auf Adam ein und erkundigte sich, ihres Schreckens Herr werdend, nach allen, mit der Eröffnung in Verbindung stehenden näheren Umständen. Aber es war weniger ihre Person, weniger der Verlust des Besitzes an sich, als vielmehr die Sorge um ihren von ihr überaus zärtlich geliebten Bruder, die sie grenzenlos traurig machte. Auch auf Campes und deren Haltung kam die Rede. Aber während Ava», sich in sehr scharfen Worten aussprach, redete Leonore zum Guten, ja, nahm stark gegen Adam Partei. „Habe ich denn Campes Nachtheile zugeführt?" stieß er aus ihre Entgegnung heraus. „Ich habe ja erklärt, daß ich, trotz meines Verlustes, ein vergnügter Mensch sei! Sie sollen sich gar nickt um mich ängstigen. Was wollen Sie also? Nur ihre Habsucht ist'S, die ihre Seelen in Ver wirrung bringt. Haben Sie Beschwerden, so geschieht Ihnen ganz recht!" „Gewiß, Adam! Aber CampeS tbnn mir doch leid! - Menschen bleiben Menschen. Daß sie eine Enttäuschung empfinden, daß sie nicht mögen, daß Du Dich durch Sonder- Lruck nnd Verla» von E. Pol» tn Leipzig 8S. Jahrgang. fall rechts) aber ich glaube, man kann das anerkennen, ohne darum «»gerecht zu werde» gegen seinen Nachfolger, (Sehr richtig!) der in schwerer Zeit die Geschäfte des Reiches über nahm und — das müssen alle Gegner desselben anerkennen — ich seiner Ausgabe während der vier Jahre seiner Amtsthätigkeit mit voller Hingabe und Aufopferung gewidmet hat. (Lebhafter Beifall.) Ter Vorredner hat ausgesührt, daß die Deutschen im Auslande gemißhandelt, getödtet, ihres Eigenthums, ihrer Freiheit beraubt worden seien, ohne das; der deutsche Vertreter einen Finger ür dieselben gerührt hat, ja, das; er selbst ans dringende Bitten diese Hilfe verweigert hat mit nichtigen Vorwänden. Das ist in der That geeignet, unser Nativualgefühl zu verletzen, und darin hat der Vor redner Recht: Es ist mehr als Zeit, daß wir dahin streben, unser Nationalgefühl zu stärken, (Beisatt rechts) und es kann kein Vorwurf für die auswärtige Politik empfindlicher sein als der, daß ie sich in Widerspruch gesetzt habe mit dem nationalen Empfinden. An den früheren Jnstrnctiouen ist nichts geändert worden. Wir haben aber immer oaS Naiionalgefühl auch bei kleineren Staaten geachtet, und mit Bismarck nicht nach dem Grundsätze: ich bin groß und du bist klein — gehandelt. Der oberste Grundsatz muß sein, daß der Deutsche im Anstande Anspruch hat, nach Maßgabe ver tragsmäßiger Abmachungen, beziehungsweise nach Maßgabe der Sillen und Normen des Völkerrechts behandelt zu werden, und daß er nicht anders behandelt werben darf, wie die Angehörigen anderer Nationen. Aber die Worte „Schutz der Deutschen im Auslande" bilden doch keine Formel, die man einfach aus alle Verhältnisse aiiweuden kann. Man muß doch iin einzelnen Falle prüfen: Was ist das für ein Mann, der Schutz sucht? Was ist seine Thätigkcit? Was hat seine Schutzbedürftigkeit veranlaßt? Denn nicht jedes Interesse, das ein Deutscher sich iin Auslande schafft, ist darum ein deutsches Interesse (sehr richtig!). Es ist bisweilen unseren Interessen sogar feindlich. Sollen wir es dann auch schützen? (sehr richtig!) Es kann doch nicht unsere Absicht sein, dem Deutschen im Auslande das zu gewähren, was wir ihm im Jnlande versagen, nämlich, daß er die Verantwortlichkeit für Handlungen, deren Folgen ihm nicht gefallen, von sich ab» iehnt und auf die Gesammiheit überbürdet. (Sehr richtig! links.) Redner führt an, daß er kein Feind der Auswanderung sei, aber man solle sie auch nicht dadurch fördern, daß man für jeden Deutschen, der sich einmal nach Jahren draußen auf sein Deutschthum besinnt, mit der ganzen politischen Kraft ein trete. Die bescheidenen Ansiedler, die wahren Pioniere des deutschen Handels und der Wissenschaft wünschten gar kein Eingreifen des Reichs, da ihnen dieses oft ihre gründliche Arbeit störe; zumeist werde das Eingreifen von Elementen verlangt, die sich früher den Teufel um ihre Nationalität bekümmert Hütten und die erst sich in der Roth ihres oft geschmähten Vaterlandes erinnerten. Es sei jetzt in Deutschland eine Sammelsielle von überseeischen Klagen ein gerichtet worden, man solle aber doch prüfen, welche unglaub» llche» Ansprüche oft gestellt würden. Redner fährt dann fort: Der Vorredner hat einen Theil der in seinen Augen ungünstigen Verhältnisse im Auslande ans die Worte zurückgesührt, die ich gelegentlich des kolumbischen Handelsvertrages hier gesprochen habe. Da habe ich gesagt: Wer inS Ausland geht, muß die dortigen Institutionen nehmen, wie sie sind, und deren Risico tragen. Das soll nun wie ein Lauffeuer durch ganz Central» und Südamerika gegangen sein und den dortigen Deutschen Schaden gemacht haben. Das ist schon seit 20, 30 Jahren zurw puliliei. Kein Geringerer, als der Fürst Bismarck hat sich in ganz ähnlicher Weise im Jahre 1871 ausgesprochen, und ich halte es geradezu für eine Pflicht, gegenüber übertriebenen Ansprüchen, die jetzt gestellt werden, dies nochmals ganz genau festzuslelleii. Wenn der Deutsche in ein Land mit schlechter Justizverwaltung geht, so thut er das auf eigene Bcrantwvrtung. Kommt er dadurch in Gefahr, so kann der Vertreter rathen, vielleicht sein Loos erleichtern, aber politischen Einfluß wollen wir in jenen Ländern mit ihren Partcikämpsen nicht erringen. Ter Deutsche, der sich an letzteren betheiligt, muß sein Schicksal tragen. Wir haben es stets für unsere Pflicht gehalten, amtliche Rekla mationen nur dann anzustcllen, wenn wir den festen Boden des Völkerrechts oder des Vertragsrechts unter uns hatten, dann aber auch mit dem Nachdruck vorzugehen, das dem Ansehen und der Würde des deutschen Reichs entspricht. Tenn Reklamationen anzuiiellen und sich dann von der fremde» Regierung Nachweisen zu lassen, daß sie thatsächlich unbegründet sind, scharf auflreten, mit barkciten in den Mund der Leute bringst, ist doch wahrhaftig begreiflich!" „Es würde Letzteres nicht der Fall sein, Leonore, wenn Sie nicht so strafwürdig hochmütbig wären. Ist'S denn eine Schande, Unterricht zu ertheilen? Haben Anschauungen, daß ehrliche Arbeit den Menschen herabsetzt, beute noch Sinn? Hatten Sie es je? Sollten sich Campes ihrer Auffassung nicht so schämen, daß sie roth werden? Und ferner: Ent täuschung sagst Du?! Es kann ihnen doch nur etwas aus dem Vermögen werden, wenn ich sterbe. Dieses Hoffen auf meinen Tod — es stellt sich doch jetzt heraus, daß sie es nicht erwarten können, daß der schwarze Wagen vor fährt — ist wahrscheinlich Ich will den Ausdruck nicht gebrauchen —" „Sie hoffen nicht auf Deinen Tod, Adam! Sie beklagen nur, daß das lange im Besitz der Familie befindliche Eigcn- tbum verschleudert ward und allen Nachfolgern — nicht nur ihnen — für immer verloren ist!" „Ja, wenn's so wäre, Lorchen! Aber glaube mir, cs ist nur ein sehr kleiner Theil ihres Schmerzes. Die Haupt sache bleibt das Geld an sich und die für sie in Frage ge stellte Beute! Die Zukunft der übrigen späteren Nach- kommenschast ist ihnen völlig gleichgültig!" „Ich kann Dich nicht überzeugen, Adam j aber beantworte mir noch eine Frage: Macht'ö Dir denn wirklich Vergnügen, Unterricht zu ertheilen?" „Ich glaube es nicht, Leonore. Es batte zudem immer das allergrößte Jntereffe für mich. Menschen zu studiren. Es giebt nichts, was mich in gleichem Maße anzieht. Ich vermag es aus diese Weise." „Dennoch wurde gerade mir das Studium insofern nicht leicht gemacht, als sich mir — beeinflußt durch die Macht meines übertrieben geschätzten Vermögens — die Personen stets schmeichlerisch nabten. Ich sab immer nur eine und die selbe häßliche Maskerade: Unterwürfigkeit vor dem Gelbe! Es geschah, obgleich ick oft betonte, daß ich auch nieine Sorgen habe, daß der Besitz stark belastet sei, daß man sich irre! — Aber ich bewirkte das Gegentbeil. Aus welchem gemeinen Teig ist überhaupt die große Menge gemacht!" „Sie beugen das Haupt vor Denen, die sie lieber zer malmen möchten. Hinter dem Rücken bewerfen sie sie. Stehen sie vor ihnen, so zerschmelzen sie in Devotion, und süße Worte fließen von ihren Lippen!" „Du wirst die Welt nicht ändern, Adam —" „Ich will's auch nicht! — Aber ich wünsche auch nicht
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