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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.02.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950219025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895021902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895021902
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- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-19
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Die Männer hingegen, die den schlimmen Stand der Ackerbauverhältnisse zum parteipolitischen Schwungbret erkoren haben, finden keinen Grund zur Genugthuung. Der Kaiser hat überaus schonend die ihn tränkende agrarische Agitation des verflossenen IahreS berührt, er hat ErklärungSgrünbe — „den Eifer, sich selbst zu helfen und den auf der Landwirthschaft lastenden Druck allen Elasten des Volks klar zu machen" — für jene Agitation angeführt, aber der Monarch hielt es auch für nöthig, für die Zukunft vor sensationeller Agitation zu warnen und die Landwirthe auf den StaatSrath zu verweisen, daS heißt doch wohl, ihnen nahezulegen, die Propagirung deS An trages Kanitz in den bäuerlichen Massen so lange zu ver tagen, dis die vom Kaiser einzuberufende Körperschaft sich über die Durchführbarkeit jenes die Gemülher erregenden Vorschlags geäußert haben wird. DaS sind Wünsche und Andeutungen, welche die aus politischen Gründen agrarisch Agitirenden um so weniger befriedigen, als es nach Lage der Umstände — die Ansprache des Monarchen ist bereits in der gestrigen Aus gabe des „Reichsanzeigers" veröffentlicht worden — keinen Zweifel erleidet, daß eine mit den verantwortlichen Factvren berathene Kundgebung erfolgt ist. Die Rebe, mit der Herr v. Ploctz wenige Stunden später die Generalversammlung LeS Bundes der Landwirthe eröffnete, klang denn auch so, als ob die kaiserliche Ansprache nicht erfolgt wäre. Es fehlt zwar nicht an Loyalitätsbetheuerungen, aber der Ton liegt auf der Er klärung „Unsere Forderung war berechtigt, nicht ein Titelchen geben wir auf". Damit ist die Mahnung, „die Forderung" durch den Staatsrath prüfen zu lassen, in die Winde geschlagen. Und daS Vertrauen zu der Regierung des Kaisers wird von der einer Drohung zum Ver wechseln ähnlich sehenden Bedingung abhängig gemacht, daß sie ihr Wohlwollen für die Landwirthschaft „bald, und zwar sehr bald" in Thaten umsetze. Daß unter Thaten nicht die verachteten „kleinen Mittel" gemeint sind, versteht sich bei Herrn v. Ploetz von selbst. Nicht verhüllt, sondern völlig nackt tritt die Pression in der Erklärung hervor, es werde ein Schrei der Entrüstung durch das Land gehen, wenn man die Eonverlirung der StaatSpapirre nicht in Angriff nehme. Diese Anleihe bei der Ruprecht-Ransern- schen Redeweise, gemacht vier Stunden nach der Rede des Kaisers, sagt Alles. Mit aufrichtiger Theilnahme begleiten die Deutschen im Reiche den herben Verlust, den Oesterreich und sein Kaiserhaus durch den Tod des Erzherzogs Albrecht er litten haben. Ein Held und der Sprosse eines deutschen Helden, besten Feldherrngröße in Deutschlands dunkelste Zeit einen Licht» und Hoffnungsstrahl geworfen, ist in dem greisen Habsburger dahmaegangen. Die vermutbete Entwick lung, die Erzherzog Albrecht im Jahre 1859 als Kampfer gegen Frankreich an den Rhein gerufen hätte, ist nicht eingetreten und der unaufhaltsame Gang der Geschichte hat ihn die nnver» weltlichen Lorbeeren des Siegers von Cuftozza im Kampfe gegen die Neugestaltung Deutschlands pflücken lassen. Aber ein Mehrer deutschen Kriegerruhmes ist der Verstorbene gleich seinem Vater gewesen und späterhin, als Reorganisator und nächst seinem kaiserlicken Neffen oberster Befehliger deS österreichischen Heeres, der Mann, der dem Bundesgenossen des deutschen Reiches in einem künftigen Kriege die Waffen schärfte. Der einstmalige Gegner Preußens und Besieger Italiens ist als überzeugter Anhänger deS Dreibundes gestorben, der deutsche Kaiser und unter den Bundesfürsten vor Allem unser König verlieren in ihm einen treuen Freund. DaS ungarische Abgeordnetenhaus hat sich an». Sonnabend mit der Frage der Börsen-Re form eingehend beschäftigt und in dieser Erörterung Gesichtspunkte gestreift, die auch für unsere deutschen Verhältnisse erhebliches und praktisches Interesse beanspruchen. Den Anlaß zu der Debatte gab eine Rede des Abg. Visontai, in der die Finanzverwal tung des Cabinets Wekerle beschuldigt wurde, den Ueber- treibungen der Börsen-Spekulation Vorschub geleistet zu haben. Der frühere Ministerpräsident nahm sogleich das Wort, uni seine Amtsführung energisch gegen jene Vorwürfe zu vertheidigen. Er bemerkie freilich, daß die grüßten Mißbräuche ans dem Ce» biete der Börsengeschäfte in Ungarn wie anderswo nicht abzuleugnen seien und daß die Pflicht der Staatsregierungen in diesem Punkte eine sehr reiche und fruchtbare Aufgabe finde. Nach zwei Richtungen seien die Mißstände besonders wahrnehmbar, einmal dahin, daß auch solche Personen an Börsengeschäften sich betheiligen, die nach ihrer gesellschaftlichen und Berufsstellung dazu keine Eignung besitzen, sodann aber auch insofern, als einzelne Institute und Private sich damit befassen, außerhalb der Berukskreise für solche Geschäfte ihre Kundschaft zu werben und damit wirthschastliche Unsicherheit verbreiten und befördern. Wenn aber auch solche Uebelstände constatirt werden mußten, so gebiete doch die Rücksicht auf die Voraussetzungen eines reellen Ge schäftsverkehrs, sehr vorsichtig mit Reformen auf diesem Gebiete vorzngehen. Er habe während seiner langjährigen Praxis versucht, die Ursachen zu ergründen, welche die ungesunde, übermäßige Ver breitung des Börsenverkehrs herbeigeführt hätten. Da sei ihm zuerst ausgefallen, daß die Leichtigkeit, solche Geschäfte zu machen, ohne erheblichen Einsatz am Vermögen und an der Person, wesentlich die Verführung bedinge. Er habe ferner die Er- fahrung gemacht, daß Institute in der Gewährung des Depots- Credits so weit gegangen seien, daß sie diesen Credit im Um fange von 90 Procent des Courswerthes der Effecten ge währten. Andererseits wurden die Garantien beziehungsweise die Zuschußforderungen für die Speculations-Austräge auf ein Mindest- maß herabgesetzt, nur um das Spiel zu erleichtern. In dieser Hinsicht könne der Gesetzgeber bei einer Reform wesentlichen Nutzen stiften. Er, der Minister, habe schon durch die Verfügung, daß die Zinsen der Depot-Vorschüsse besteuert wurden, einige Wirkung erzielt. Eine Einschränkung der Termingeschäfte sei ebenfalls dringend zu befürworte», und er habe mit dem Handelsminister darüber vielfach unterhandelt; dem Ministerium ständen diese Vor- arbeiten ja zu Gebote. Auch eine Verstärkung der Competenz der Börsen-Schiedsgerichte i» der Richtung einer strengeren Aussicht des Speculationsverkehrs und der Entfernung zweifelhafter Elemente von den Börsen sei durchaus nach seinem Sinne. Die Mehrheit des Abgeordnetenhauses erklärte sich von den Darlegungen Wekerle's sehr befriedigt, ob sie aber un befangen und unintereffirt genug sein wird, in den gebilligten Anschauungen nun auch eine Anregung zu praktischer Eonse quenz zu finden, möchten wir nach der Art ihrer Zusammen setzung mit den „B. N. N." vorerst noch bezweifeln. Ans Spanien wird ein beachtenSwerthes Ereigniß ge meldet: Der alte republikanische Parteiführer und Verschwörer Ruiz Zorrilla, der nebenbei mit seinen Verschwörungen ganz ausgezeichnete Börsenspekulationen zu verbinden wußte nnd in Paris schwer erkrankt war, hat sich unter ärztlicher Auf sicht nach Spanien begeben. Es muß jede irgendwie geartete Aufregung von dem Kranken ferngehalten werden, da im anderen Falle die weit vorgeschrittene Herzkrankheit daS Schlimmste Herbeisuhren.kann Vor ^'""Br^es gerichtet, in L" nunmehr eine wesentliche Befestigung Schreiben wird IN ditsrm Sinne von der nesnmmi sp als rin bedeutsamer Vorgang für v'e '"n / hjg, Landes erörtert. Bereits kündigt auch Esqnerdo der US beriae Vertreter Horrilla's und nächst 'hm der emsluyteiL, e Mann der Partes gleichfalls seinen Rücktritt ° ^ d! durch die Erklärung Eastelar's eingeleitete friedliche Ent- Wickelung nunmehr ihren ungestörten F°rtgai,gnehmen kan ^ Zorrilla, der sich nicht unmittelbar nach Barcelona, der Hauptstadt Cataloniens, begeben konnte, mußte sich zuna -I an der Grenze einige Zeit erhole». Von Barcelona wird er sich nach Valencia und Alicante begeben, ohne daß die span, scheu Behörden irgend welche polizeilichen Maßregeln zu er greifen beabsichtigen. ES lohnt fick, auf den schon gestern berührten Interessen wettkampf Englands und Frankreichs >n Afrika nochmals zurück,»kommen. Seitdem der famose eng,sch coiigostaatliche Pachtvertrag an dem Einsprüche Deutschlands , und Frank reichs scheiterte und damit der großartige Plan einer un unterbrochenen GebietSerstreckung vom Eap biS zur egyptischen Mittelmeerküste endgiltig vereitelt wurde, bleibt England felblt mehr in der Reserve und der Premierminister der Cap- cvlonien, Mr. Cecil Rho des, bat die führende Rolle in dem afrikanischen Colonialfeldzuge übernommen. Was England auf direktem Wege nicht erreichen konnte, soll nun mehr auf Umwegen versucht werden. In Frankreich hat man rechtzeitig die Frontveränderung gemerkt und sich darauf eingerichtet. Die Hartnäckigkeit, mit welcher man in Paris dem belgischen Gesandten gegenüber auf Anerkennung des französischen Vorkaufsrechtes, betreffs des CongostaateS bestand, erklärt sich nicht bloS aus dem Wunsche, selbst binnen abseh barer Zeit Herr des CongostaateS zu werden, sondern nicht minder auS dem festen Entschlüsse, um jeden Preis zu verhindern, daß England bezw. der afrikanische negotiorum gestor des Foreign Office, Mr. RbodeS, seine Hand auf den Congo- staat lege, im Fall Belgiens Finanzen durch Uebernabme deS CongostaateS über ihre Kräfte in Anspruch genommen würden. Der Congo in britischer Hand erscheint den fran zösischen Politikern, und wohl mit Recht als ein schweres, ja vielleicht als ein unüberwindliches Hinderniß für die freie und normale Zukunstsentwickelung aller anderen colonialen Niederlassungen auf dem Boden des äquatorialen Afrika. Uebrigens fühlt Frankreich sich den englischen Expansions bestrebungen gegenüber stark genug, und glaubt überdies in den afrikanischen Dingen zwar nicht der aktiven Unterstützung, aber doch wenigstens der wohlwollenden Neutralität Deutsch lands sicher sein zu können, da dessen eigenen Afrikaintereffen eine Aufsaugung des CongostaateS durch Großbritannien ebenso wenig sympathisch sein müsse, als den französischen. Deutsches Reich. Berlin, 14. Februar. Die von einem hiesigen Blatte gebrachte Mittheilnng, daß der Bundesrath am Sonnabend mit der Branntweinsteuernvvelle sich beschäftigt habe, ist nicht zutreffend. Abgesehen davon, daß überhaupt am Sonnabend keine Plenarsitzung des Bundesraths stattgefunden hat, die Vorlage mithin auch nicht an die Ausschüsse ver wiesen werden konnte, ist der in Rede stehende Gesetzentwurf bei dem Bundesrath deshalb noch gar nicht eingebrachl worden, weil, wie wir Horen, die kaiserliche Er mächtigung hierzu bis zur Stunde noch nicht eingeholt ist. Das dürfte erst in den nächsten Tagen geschehen. — Von den durch die Budgetcommission am Militair- Etat für 1895/90 vorgenomme,en Abstrichen in Höhe von 10 668 964 entfallen 465 904 ^ auf die fortdauernden und 10 203 060 "E auf die einmctligen Ausgaben des ordent lichen EtatS. Unter den Abstrichen der letzteren Art sind die bedeutendsten der an der Forderung für die Erwerbung eines Truppenübungsplatzes des württembergischen Armee korps mit 4 Millionen und der vn der Forderung für die Vergrößerung des Feldartillerieschießplatzes Lockstedt mit 1221 000 An den einmaligen Ausgaben im außerordent lichen Etat sind keine Aenderungen! vorgenommen. * Berlin, 18. Februar. Die dkdresse des Bundes der Landwirthe an den Kaiser, die Herr von Ploetz bei der heutigen Audienz verlas, lautet nach dem „Reichsanz." wörtlich folgendermaßen: i Allerdurchlauchtigster, Grvßmächtigster Kaiser und König, Allergnäbigster Kaiser, König und Herr! Im Vertrauen aus Eurer Kaisqriichen und Königlichen Majestät Huld und Gnade nahen sich die Vertreter von zweimalhunderttausend deutschen Landwirthe», um von Neueni an de» Stufen Eurer Majestät Thpones das Gelübde un wandelbarer deutscher Treue niederzvlegen. Die Treue zu Eurer Majestät und zu unseren angestammten Fürsten ruht, wie die Gottesfurcht und HeimathSliene, tief und fest in de» Herzen derer, die die vaterländische Scholle bebauen. Sie treibt unS, Eurer Majestät Gehör zu erbitten für die Noth der deutschen Landwirthschaft. Unsere Lage ist leider von Jahr zu Jahr eine trübere geworden. Und heute sind wir dahin gekommen, daß selpst in gut geleiteten Wirtschaften, auf besten Böden, ein Betriebsverlust sich ein stellt. Auch schuldenfreie Besitzer müs»n deshalb bei einer Fortdauer der jetzigen schwierigen Laa>: ihrer Zukunft mit Sorge entgegensehen. Aus dem Empfinden dieser Gefahren ist der Bund der Landwirthe entstanden zu einer Zeit, in der immer schwerere Wolken für die Landwirthschaft sich auf- thürmten. Wir waren seitdem bemüht, in ernster Arbeit zu ermitteln, auf welche Weise die heutige Azvthlage der deutsche» Landwirthe beseitigt werden könnte. E«re Majestät wollen geruhe», dies aus den Druckschriften Alilcrgnädigst zu ent nehmen, welche wir ehrfurchtsvoll überreich«» zu dürfen bitten. Mancher der hierin enthaltenen Vorschläge wird der Ver besserung noch bedürfen. Doch darüber kötnnen wir nicht im Unklaren sein, daß all' unser Schaffen uitd Können ein ver gebliches bleibt, wenn unserer Arbeit ckicht der besondere «chutz Eurer Majestät gesichert ist. Eure Majestät! Ver deutsche Bauernstand ringt um seine Existenz. Mit ihm steht und fällt die Zukunft des deutschen Vaterlandes. Und so bitten wir denn für die bedrohte deutsche Llandwirthschast um AUerhöchstderen mächtige Hilfe. — Aus St. Petersburg wird die Ernennung deS Fürsten Lobanow zum Botschafter in Berlen nunmehr amt lich gemeldet. — Der als Kenner mittelstandlicher Erwerbsverhält nisse bekannte Schriftsteller Hugo Böttzer hat unter dem Titel „Zur Bekämpfung des unlauteren Wett bewerbs" soeben eine Schrift ^bei A. Limbach, Braun schweig) veröffentlicht, die zur Orientirung über den dem Reichslag vorliegenden, denselben Gegenständ betreffenden Gesetzentwurf bestens empfohlen werden kann ! Der Verfasser, der auch die einschlägigen Leistungen des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs und des französischest Civilrechts der F-rriHetoir. Ein Lecher Lethe. 5j Roman von R. Teilet. Nachdruck verbot«». (Fortsetzung.) Vr. Falck, der jetzt ganz in seinen Gegenstand vertieft war, fuhr in seiner scharfen, ein wenig herben Art fort: „Sie kennen sicherlich die neuere Theorie, nach welcher der Gedanke ein wissenschaftlich vollkommen erklärbarer Vorgang im Gehirn ist. Nach ihr ist daS Gehirn eine große Vorraths kammer von Eindrücken, die zum Theil physischer, zum Theil metaphysischer Art sein sollen. Sie können von Einbildungen, Vorstellungen, Schlußfolgerungen oder anderseits von dem Gehirn zugeführten äußeren Aufregungen herrühren. Nun scheinen die letzteren den tiefsten Eindruck zu machen. AuS diesem Grunde blieben alten Leuten Erinnerungen auS ihrer Jugend am lebhaftesten im Gedächtnisse. Dem Kinde stellt sich jedes Ereigniß al- ein in lebhafte Farben gekleidetes Bild dar, das es sem Lebenlana nicht vergessen kann. Die Eindrücke späteren Lebens, da die Welt ihre Neuheit verloren hat, sind mehr geistiger als physischer Natur und werden rasch vergessen. Nun ist eS, wie ich schon sagte, beobachtet worden — ebenfalls in einem einzigen Falle —, daß während des Starrsucht- anfallrS eine große innere Erschütterung stattfand, die weniger lebhaften geistigen Erinnerungen für eine Zeit ausgelöscht waren, während die lebhaften physischen Eindrücke fast einzig nnd allein im Gedächtnis fortbestanden. In diesem Falle kann da« Gehirn mit einem Papiere verglichen werden, dessen obere Seite ausgelöscht ist, während die untere, bisher weniger lesbare Schrift allein fortbesteht." „In solchem Falle wird der Betreffende Wohl gleichsam wieder zum Kinde?" fragte ich. „Ich bedauere, mich nicht deutlicher anSaedrückt zu haben. Ich meinte, in den meisten Fällen von Starrkrampf sind verschievenartige seltsame Erscheinungen beobachtet worden. Die gewöhnlichste ist die, welche man daS doppelte Gesicht zu nennen pflegt. Der Betreffende führt zwei absolut getrennte Eriftenzen, bildet thatsächlich, seinen Gedanken und Absichten nach, zwei getrennte Wesen. Im Zustande de- Starrkrampfes ist r- der eine, im gesunden Zustande der andere Mensch; im letzteren ist nichts Ausfallendes an ihm wahrzunrhmen. Dann girbt e« noch andere Fälle — und von ihnen wollte ich eben sprechen — in denen das Wesen des Kranken durch eine während deS Anfalles eingetretene Erschütterung sehr gelitten bat, so wie ich eS vorhin schilderte. Daraus folgt jedoch nickt, daß der Patient wieder zum Kinde wird. Der Verstand kann vollkommen vorhanden sein, daS Gehirn kann seine automatischen Functionen regelrecht auSführen. Wie in dem Falle, den ich Ihnen eben schilderte; obgleich die Er innerung an die Vergangenheit die Form unzusammen hängender Bilder ohne logische Folge oder geistigen Zu sammenhang irgend welcher Art annimmt, hat der Patient das Sprechen nicht verlernt. DaS letztere ist schließlich auch nur eine automatische Function, und erfolgt nach dem ge ringsten geistigen Antriebe. Man könnte eS fast als Gesetz aufstellen, daß bei geeignetem Antriebe jede Falte des Ge dächtnisses wieder erweckt werden kann. Es ist, als ob die Kammer des Gehirn« verschlossen sei — Jeder hat einen Schlüssel dazu — aber ihn zu finden, hält schwer." Er vertiefte sich immer mehr in seinen Gegenstand. Vor seiner HauSthür angelangt» sagte er: „Wir müssen abwanen, welche Wendung die Sache nimmt. Es ist der interessanteste Fall, den ich je gehabt habe." Ich lehnte es abermals ab, mit ihm einzutreten. Als er mir zum Abschiede die Hand reichte, rief er plötzlich: „Da fällt mir eben ein, daß man eigentlich ihre Freunde von ihrer merkwürdigen Auferstehung in Kenntniß setzen müßte." „Wer sind ihre Freunde?" fragte ich. „Freunde ist vielleicht zu viel gesagt, denn eigentlich sind es nur oberflächliche Bekannte. Ich meine die Familie, bei der sie bi« zu ihrem Scheintode wohnte." - „Welche ist dieselbe?" „Gute Bekannte von mir — sehr liebenswürdige Leute. Tie Baronin von Felsenbura und ihre Nichte, Fräulein von Buseck, oder Fräulein Therese, wie ich sie nennen darf. Die Baronin ist eine geborene Engländerin; sie ist Wittwe; ihr Mann gehörte einer uralten Familie an, war aber — wie leider ein großer Theil unsere« Adels — sehr arm. Sie hält „Pensionairinnen" — natürlich soll Niemand cö wissen — und auf diese Weise kam auch Miß Stuart in ihr HauS." „Miß Stuart ist Wohl ein reiches junges Mädchen?" „Ich weiß nicht, glaube eS aber nicht. Sie kam, wenn ich mich nicht irre, her. um Deutsch zu lernen nnd sich in der Musik zu vervollkommnen. Der Ruhm unsere- Conservato- rium« dringt selbst nach England — sie wollte Lehrerin werden. Aber Sie dürfen nicht zu viel auf meine Worte geben, da ich mich möglicherweise irre. Jedenfalls ist es meine Pflicht, die Baronin so rasch als möglich zu besuchen und ihr die gute Nachricht mitzutheilen. Soll ich Sie bei ihr einführen?" „Sie thäten mir einen großen Gefallen damit", ant wortete ich. „Sehr gern. Das Beste wäre, wenn wir gleich hinzingen. Da fährt eben eine Droschke. Mein Mittag muß warten. Die Köchin eines Arztes ist an solche Unregelmäßigkeiten ge wöhnt und sein Magen ebenfalls." Er rief dem Kutscher ein „Halt!" zu und wir nahmen im Wagen Platz. „Leipziger Straße Nr. 37", befahl I)r. Falck. 5. Capitel. Die Leipziger Straße ist eine der feineren Straßen Grenz- stadts, wenn man diese Bezeichnung hier anwenden kann. Nummer 37 war genau wie die anderen Häuser — groß, sauber, uninteressant gebaut. Vr. Falck und ich verließen die Droschke. Da er bekannt im Hause war, führte er mich nach oben. Die Baronin woknte in der ersten Etage. Er zog an der Corridorglocke. Es vergingen einige Minuten, ehe die Thür geöffnet wurde. Dan» erschien ein Dienst mädchen. Ob die gnädige Frau zu Hause sei? Ja, aber sie sei erkältet und könne Niemanden empfangen. „Sagen Sie ihr. ich sei da", erwiderte I)r. Falck, „und käme ,n einer sehr wichtigen und dringenden Angelegenheit." DaS Mädchen verschwand und kehrte gleich darauf zu unS zurück. Wir sollten eintreten. Die Frau Baronin wollte den Herrn Doctvr sprechen. Das Mädchen führte unS in e,n Zimmer, da« offenbar der Empfangssalon war. Es standen viele N.ppeSsachen umher, und in seiner ganzen Ein- richtung ließ sich ein entschiedener Geschmack erkennen aber befindlichen Gegenstände waren weder hübsch :°^»duNnd",«r'-Ä 2"'""".. sah d°« Wuchst Ä"* "Urreffante Erscheinung von hohem Bewegungen, regelmäßigen Zügen, zarter si?^ H°ar Mit einem «worre, j,e vurst, mit Recht schön genannt werden. Und doch war das Gesicht nicht anziehend. Die Augenbrauen waren so dicht zusammen, daß es beständig aussah, «s runzelte die junge Dame die Stirn, und die Augen selbst so wunder schön sie waren, hatten einen verschleierten Blnk und trugen nicht den reinen, aufrichtigen Ausdruck, den ep junges Ge sicht sonst zu haben pflegt. Ja, die etwas getzötheten Lider lagen so tief herab, daß das Auge dadurch -inen eigenen Ausdruck — halb traurig, halb grausam möble ich ihn nennen — erhielt. Die Lippen waren schmal um blaß, Alles in Allem betrachtet, war es ein seltsames (Asicht, dessen Seltsamkeit theils reizte, theilS abstieß. Eines dar mir aus den ersten Blick klar geworden, daß die Besitzerin ineS solchen Gesichts ein ungewöhnlicher Charakter sein muß» Sie ging dunkel gekleidet; ein Rosenkranz mit einem KreHe hing an ibrem Halse herab. Ich errieth sofort, daß es di Nickte der Baronin sei. Sie begrüßte den Doctor mit einen Lächeln, das ihrer ernsten Schönheit einen neuen Reiz «lieh, und verbeugte sich ein wenig steif vor mir. „Meine Tante wird sogleich erscheinen", saje sie zn vr. Falck. „Sie ist sehr erkältet, deshalb muß ch bei il,r zu Hause bleiben, sonst wäre ich natürlich zum -egräbniß anwesend gewesen. Wir können den Schreck nch immer nicht verwinden. Es war das Entsetzlichste, wa- ua passiren konnte, und in Wochen und Monaten werden wnunS erst davon erholen können." „Eben dieser Angelegenheit wegen war ich so fr. Ihnen meine Gegenwart auszuzwingen", sagte vr. Falck. .Ah, da ist die Frau Baronin." Die Baronin, eine kleine, dicke, kurzathmige Dsie, trat soeben ins Zimmer. Ihr Gesicht hatte einen atmütbig lächelnden Ausdruck, den augenblicklich zu unterdrücke sie sich offenbar bemühte. „Wie gut von Ihnen, mein lieber Doctor, hdher zu kommen", sagte sie. „Sie sind mir nicht nur zu per Zeit willkommen, sondern ich batte heute sogar die Ab^t, nach Ihnen zu schicken. DaS Mädchen ist zu dumm, ve wäre in, Stande, einem Engel, der nach mir fragte, deiEingang zu wehren." „Sie sind, wie ich mit Bedauern hvre, nicht wo?" fragte der Doctor. „Gar nicht Wohl. Wie könnte ich eß auch «ach einer derartigen Erregung sein! Ich bin nicht im cande, an etwas Andere« als an daS liebe Mädchen zu !ike«. So hübsch, so liebenswürdig — und in einer M"e dahin- gerafft!"
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