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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.07.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950724019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895072401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895072401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-07
- Tag1895-07-24
- Monat1895-07
- Jahr1895
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Bezugs-PreiS >» H« Hanptixpedttton oder den im Stadt- deitrk nnd den Vorort«» »rrtchtkten «u«. oavrstellen abgeholt: vierteljährlich ^14.50, bei zwetmaliger tiigltcher Zustellung in» »au« >lL^O. Lurch dt« Post bezogen für Lentschland und O«st«rr»tch: vierteljährlich 6.—. Direct« tägliche Kreuzbandiendung t»S Auslaad: monatlich ^tt 7.Ü0. Li«Morgen-Ausgab« erscheint täglich mit Au«, »«»hme «ach Sonn, und Festtagen V,7 Uhr, die Adeno.Aa«gabr Wochentag« 5 Uhr. NrLaclion »n- Erpe-ittou: Johannesgaffe 8. Die Lrvedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend« 7 Uhr. Filiale«: Ltts Me««'» Eortim. (Alfred Hatz«), llnivrrsitütsstraßr 1, Von«» Lösche. Kathartnenstr. 14, Part. und Königlplatz 7. Morgen-Ausgabe ttp)lgerTagcblal1 Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter demRedactionsstrich (4 a» spalten) bO^j, vor den Familieunachrichkr, (6 gespalten) 40/^. Gröber, Schriften laut unserem Preis, verzeichnib. Tabellarischer und Zifferujatz nach höherem Tarif. Extra»Vrtlagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne PostbefSrdernng 80.—, mit Postbefördrrung ^l 70.-^. »ur mit der AnnalMkschlub für Anzeige«: (nur Wochentag«) Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhc. Morgen. Au-gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stund« früher. Anzeige» sind stet« an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^-354. Mittwoch den 24. Juli 1895. 89. Jahrgang. Bestellungen auf Reiscabonnements nimmt entgegen und führt für jede beliebige Zeitdauer aus älv Lxpeäitlon laelprlxer l^xedlLttes, Johannisgasse 8. Amtliche Bekanntmachungen. Aufruf. Nachdem die Vorbereitungen für die im Jahr 1897 hier abzuhaltende Industrie- nnd Kmttbe-Ansstkstunr so wett vorgerückt sind, datz das Snstandekommen des geplanten Werks in einer der Stadt Leipzig würdigen und das Erwerbsleben des AuSstellungSgebtetS fördernden Weise durchaus gesichert erscheint, erachtet es die Unterzeichnete Handelskammer für ihre Pflicht, dteAngehörigcn deSKammer- bezirks auch ihrerseits auf die ihnen gebotene Gelegenheit zur Vorführung ihrer Erzeugnisse hinzuweisen und zur Ve- nutzung derselben aufzufordern. Mit Rücksicht anf die im Jahre 1896 in Berlin stattsindende Industrie- und Bc- werbe-AuSstcllnng ist eS sür die in Sachsen, Thüringen und den angrenzenden Gebieten vertretenen Industrie- und GcwerbS- Lwetge dringendes Vedürsnttz, im Rahmen einer Ausstellung ebenfalls einen Ueberblick über ihre Entwicklung und LeiftungS fähtgkett gewähren zu können. Wie nach den bereits cingegangenen Anmeldungen angenommen werden darf, datz die Industriellen und Gewerbtretbenden des wetteren AuSstellungSgebtetS von der ihnen hierzu »nrch die Leipziger Ausstellung 1897 gegebenen Gelegenheit in grotzer 3ahl Gebrauch machen werden, so hoffen wir bestimmt, datz insbesondere auch die Industriellen unseres Bezirks in ihrem eigensten Interesse sich an der Ausstellung bcthetligen sowie auch sonst das für Handel und Industrie des Kammerbczirks bedeutsame Werk in jeder Weise fördern werden. Im Hinblick auf die endliche Besserung der allgemeinen geschäftlichen Lage, deren Anfänge in letzter Zeit in ver schiedenen Anzeichen zu Tage getreten sind, nnd von der nur zu wünschen wäre, datz sic von Dauer sein möge, darf die Erfüllung dieser Hoffnung wohl mit Bestimmtheit er wartet werden. Denn auf das Gelingen der Ausstellung und ihren Nutzen für die Aussteller kann es nur von günstigstem Eiufluh sein, wenn sie in eine Periode des wirthschaftlichen Aufschwungs fällt. Leipzig, den 2«. Juli 1895 Die Handelskammer. A. Thieme, Vorsitzender, vr. Pohle, S. Bekanntmachung. Nachdem die Königliche Altersrenten banl-Verwaltung den vor maligen Lotterie-Eollecteur Herrn E. A. Hübsch zu Leipzig auf sein Ansuchen von der ihm übertragen gewejenen Agentur der Königlichen Altersrentenbank enthoben hat, bestehen nunmehr in dem Bezirke des Amtsgericht« Leipzig folgende AlterSrentenbank-Agentnre«: iu Leipzig: Königliche Bezirk«.Steuereinnahme, Bahnhofstraße 17, . - Lotterie-Collection B.A. Müller» Nürnberg. Straße 58,1., . - - - MaxA»man«l,Reichsi>raße27,part., - - - - Heinr. Aug. Böhme, Nürnberger Straße 24, Eingang Roßstraße 17, . « - - Heinr. Schäfer, PeterSstr. 33, pari., . - » . A. A. Rath, Reudnitz, Senefelder Straße 1, I., - . . - LSrar Hüttig, Gohlis, Gartenstr. 6, . - » - I. G. Herrmann, Lindenau, Quai straße 1/2, an der Albertbrücke, « - - - Ernst Mey, Plagwitz, Ernst Meystr. 5, - - - - Max Schulze, Eutritzsch, Delitzscher Straße 72, und « Liebertwolkwitz: Stationscasse der Königlichen StaatSeisenbahn. Dresden, am IS. Juli 1895. Königliche AlterSrentenbank-Berwaltung. von Eharpentier. Stadler Bekanntmachung. Wegen Umbaue« der Wegjchranken am Ucbergange der Magde burger Bahn in der Delitzscher Stratze wird diese Straße an der bezeichnet»,, Stelle in der Nacht vom 24. zum 25. dieses Monats von 11V, Uhr ab ans etwa 3 Stunden gesperrt und der Fährverkehr während dieser Zeit durch die Feld-, Bleichert- und Earota-Straße, oder durch di« Berliner, Mockauer- und Theresirn- straße verwiesen. Leipzig, am 23. Juli 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 8978. Vr- Tröndlin. Maneck Bekanntmachung. Auf der Baustrecke sür Aufführung der Hochsluthdämme an der Elster», Seiten-, Rödel-, Meißen» und Paußnitzflutdrinne sind wiederholt durch an den Arbeiten unbetheittgte Personen Transport» und Arbeitsgeräthe beschädigt worden. Es wird deshalb da« unbefugte Betreten der Baustrecke hiermit untersagt. Uebertretunaen diese« Verbote« werden mit Geldstrafe bi« zu 60 ^ll oder entsprechender Haftstrafe geahndet werden. Leipzig, den 20. Juli 1895. . Ter Rath der Stadt Leipzig. d. 3442. vr. Tröndlin. Qu. Bekanntmachung. Die Lieferung von 259 granitnen Schleuhrneinsalltteinen mit rundem eisernen Rahmet, und granitnen Deckeln soll im Ganzen oder getheilt verdungen werden. Die Bedingungen für diese Lieferung liegen in unserer Tiefbau- Verwaltung, RathhauS 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 23 aus und können dort eingesehen oder gegen Entrichtung von 50 die auch in Briefmarken eingesendet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Lieserung granttner Schleutzeneinfallsteine" versehen, in dem oben bezcichneten Geschäftszimmer bt- zu« 29. dS. MtS. 5 Uhr Nachm, einzureichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebote ab- zulehnen. Leipzig, den 23. Juli 1895. Des RatheS der Stadt Leipzig Io. 3554. Stratzenbaudeputatton. Bekanntmachung. Wegen Umänderung bez. Erneuerung der Wasserleitung«» anlagen wird die Tnrnerstratze in ihrer Ausdehnung von der Sternwartenstraß« bis zur Wind mühlenstraße vom 25. dieses Monats ab auf die Dauer der Arbeiten für »en durchgehenden Kahr verkehr gesperrt. Leipzig, am 28. Juli 1895. Der «ath der Stadt Leipzig. IX. 3979. vr. Tröndlin. Maneck. Sonnabend, den 27. Jnlt «r., von Vormittag« 10 Uhr ab soll im Geschäftszimmer de« Proviantamtes zu Leipzig, Pleißen bürg. Tburmdaus, 2. Stock, eine Partie Roggenklete, Kntz weht »e. öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Uaar -ahlung versteigert werden. Leipzig, am 28. Juli 1895. Kgl. Proviantamt. Bekanntmachung. Der Ban der Trenkengrabenschtcntze, sowie eines Noth- auSlaffeS nach dem Plcitzenmnhlgraben zu Leipzig-Conne witz soll an einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen und Unterlagen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Berwaltung, Rathhaus, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 23 aus und können dort eingesehen oder gegen Entrichtung von 50 -H, die auch in Briefmarken ringesendet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: Ban der Treukengrabenschieutze in Leipzig-Connewitz" versehen in dem oben bezeichneten Geschäftszimmer bis zum 1. dsS. MtS. 5 Uhr Nachmittags einzureichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebote ab zulehnen. Leipzig, den 23. Juli 1895. Des Rathes der Stadt Leipzig Io. 3553.Stratzenbaudeputatton. Bekanntmachung. Das Unterzeichnete Potizeiamt sieht sich veranlaßt, unter Bezug nahme auf die Bekanntmachung des Rathes vom 14. Oktober 1889 erneut darauf hinzuweisen, daß das Aufsteigenlaffen von mit l Brennstoffen gefüllten und sog. Feuerwerks-Ballons verboten ist, und daß daher auch Anträgen auf die Genehmigung zum Steigenlassen derartiger Ballons nicht entsprochen werden kann. Leipzig, am 20. Juli 1895. Das Polizeiamt der Stadt Leipzig. In Stellvertretung: v. R. 3337.Vr. Schmid. H. oder Parteimann, wozu nicht gelesen oder Apostel der »freien Wunderdoktor Eulen- :klam,che Mustern > Nationalokonom nach berühmten und der Bekanntmachung. Bon dem Unterzeichneten Armenamte sollen Donnerstag, den 25. Juli 1895, Bormittags von 9 Uhr an im Stadthause allhier verschiedene Gegenstände, als: Möbel, Betten, Wäsche, Kleidungsstücke, HauS-, Küchen- und WirthschaftSgeräthe u. A. m. öffentlich versteigert werden. Leipzig, am 23. Juli 1895. La» Armenamt. Hentschrl. Artus. Der Steinhauer Gustav Knnze» zuletzt in Riesa wohnhaft, an geblich nach Leipzig verzogen, ist durch rechtskräftige» Urtheil der Strafkammer des Königlichen Landgericht» in Halle a/S. vom 19. September 1889 wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Beleidigung »u 20 »> Geldstrafe, im UnvrrmögensfaUe zu 4 Tagen Gesängniß verurtheilt worden. Da der Aufenthaltsort des Kunze unbekannt ist, wird um Ein ziehung der Geldstrafe sowie der Kosten im Betrage von 74 30 im Nichtsbeitrribungsfalle um Vollstreckung der substituirten Freiheitsstrafe und Nachricht zu den Acten v 50,89 ersucht. Delitzsch, deu 18. Juli 1895. Königliches Amtsgericht. Die deutsche Turnerschaft am Scheidewege. li. vr. O. „Die Turnkunst", sagt Jahn, „ist eine menschheit- liche Angelegenheit, die überall hingehört, wo sterbliche Menschen das Erdreich bewohnen. Aber sie wird immer wieder in ihrer besonderen Gestalt und Ausübung recht eigentlich ein vater ländisches Werk und volkSthümlicheS Wesen. Im Volk und Vaterland ist sie heimisch und bleibt mit ihnen immer im innigsten Bunde." In diesem Sinne al» ein vaterländische- Werk hat Jahn die Turnkunst neu geschaffen, auS der seelenlosen Gymnastik machte er eine „Branchkunst de» Leibe» und Leben«", die rur Zeit der tiefsten Erniedrigung de» Vaterlandes der deutschen Jugend Glauben und Hoffnung an bessere Zeiten bewahrte. Als aber nach der ruhmreichen Zeit der Freiheitskriege gegen alle Einrichtungen, in denen der Geist jener Zeit seinen Körper gefunden hatte, heimlich und offen von der preußischen Regierung vorgegangen wurde, erschienen auch die Turnplätze, wo sich Adelige mit Schustern und Schneidern duzten und die gleiche graue Turnjacke jedrnStandeSunterschied verschwinden ließ, im höchsten Grade verdächtig. In derTheorie allerdings hatte da« Turnen nicht» mit den Fragen zu thun, welche da» er- wachte Bewußtsein politischer Befähigung dem deutschen Volke nahe legte, aber in der Wirklichkeit ließ sich die politische Tendenz von dem Turnen damals schlechterding- nicht trennen. Bürgerschaft, Turnwesen, Literatur, Ver fassung, sie alle sollten Träger deutscher Einheit werden. „Hätte man diese gewollt, so würde man kernen Grund gehabt haben, die Turnanstalten in ihrer damaligen Form zu verwerfen, da man sie nicht wollte, mußte auch das Turnen geopfert werden, so gern man e« auS andern Rück sichten vielleicht gehalten hätte." Am wenigsten war Jahn selbst ein politischer Agitator ihn Solche, die sein „DolkSlhum nicht verstanden haben, wie di Turnerei und auch der Berliner burq, der die Reklam'sche Ausgabe thum« besitzt und als Nationalokonom n»^s^öne, im Prakticum Arbeiter beobachtet. W mißhandelt! von Jahn erfundene Wort ..BEbum nicht m.yo Allerdings wurden einige derbe AuSdrucke ^ y -z? Vorlesungen über deutsches A^bum >m W ^ Verhaftung, tisch auSgelegt und folgenschwer nach l — ^ Turn- nichtS aber zeugt „besser sür den .3-»"den S.nnTU vaterS und den Unsinn seiner „freien AuSleg ^ Worte, mit denen er vor Hunderten von Hörern seme vor träge am Gründonnerstage schloß: . . tNedanken zu .Für König und Vaterland werde ich k«nen Gedanken z kühn halten, keine Vorarbeit zu weit angelegt keme A. strengung zu beschwerlich, keine Tba. zu "nbev , ^ Tba? zu gewagt und kein Opfer zu groß. d'- -n Ge sinnungen werde ich mein Lebenlanz verharren und dafur auch dereinst zu sterben wissen. Gott segne den Komg, erbalte Gollerns ^SauS schirme das Vaterland, mehre die Deutschheit, lutere unftrVolksthumvon Wetschthum und AuSlanderei,mache Preußen zum leuchtenden Borbüde deS deutschen Bundes binde dem Bund zum neuen Reich und Fleche g g und bald das Eine, waS noch t.hut, we.se Verfaffunü. Solchen Worten ist nicht« hmzuzufugen und Iadn hat sie auch späterhin nicht zu schänden gemacht da er l-lbst Jahr- lang eingekerkert, ein unfreier Mann, der Jugend fern bleibe mu^te da sein Werk unterdrückt und seine junger verfolgt würden. Im G-g-ntheil, als er am Abende ftm-S Lebens die volle Freiheit des Handelns wieder gewann, hat er manchen Freiheitsschwärmer durch seine politische Haltung gar bitter enttäuscht. Das Turnen, das in vielen deutschen Staaten überhaupt nie verboten war, wurde 1842 in Preußen durch eine Aller höchste Cabinelsordre frei gegeben und atS ,nolhwendiger und unentbehrlicher Bestandtheil der männlichen Erziehung be zeichnet. Der unzeitige KriegSruf des französischen Ministers ThierS hatte damals daS vaterländische Empftnden mächtig geweckt, auf den Gaffen sang man Becker S Rheinfted, nach langer Zeit träger Ruhe entsann sich das Volk „Schutz- und Tchrrmlehre" de- alten Jahn. In schneller Folge entstanden nun allerwart- Turnvereine, im Jahre 1849 zählte man schon mehr als dreihundert. Wenn daS deutsche Turnen nicht sofort eine größere Aus breitung erhielt, so lag dies daran, daß die gewaltige politische Bewegung der vierziger Jahre zahlreiche, meist süddeutsche, Turnvereine ihrem eigentlichen Zwecke entfremdete und einfach zu Gliedern der demokratischen Parteiorganisation herab drückte. Unter diesen Umständen konnte eine EiniAmg aller deutschen Turner zu einem großen Turnerbunde natürlich nicht zu Stande kommen. Nach langen Berathungen in Eisenach im August 1849 wurde der Teneenzparagraph, der Aller Wünsche erfüllen sollte, folgendermaßen ab gefaßt: „Zweck des Allgemeinen deutschen Turnerbundes ist, einen Mittelpunct für die körperlichen und geistigen Bestrebungen der einzelnen Turnvereine zu bilden, um dadurch die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit eines einzigen deutschen Volkes zu erstreben." — „Mehr Unsinn", sagt Georg Hirth, der Turnstatistiker, „konnte man in weniger Worten nicht zusammenfassenj totale Verkennung der geistigen wie materiellen Mittel, vollständige Unklarheit in Bezug auf die Zwecke, Mangel an Einsicht in die Bedeutung der Turnerei kennzeichnen diese hohle, jedes realen Hinter gründe« entbehrende Phrase." Schließlich entstanden zwei Turnerbünde. Der „Deutsche Turnerbund" mit dem Vororte Hannover schloß die politische Parteinahme der Turnvereine als solcher gänzlich aus, der „Allgemeine deutsche Turnerbund" blieb bei „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" und erwählte Kassel zu seinem Vororte Seine Gesinnung erhellt am besten aus den Worten Lud wig Bamberger's, weiland Mainzer Turners, des späteren Reichslagsabgeordneten, in einer Druckschrift. „Im Volke", meinte er, „wünscht man eine französische Ueberziehung, die rothen Hosen müssen das Land fegen." Weiterhin gab dann die lebhafte Bethciligung von Hanauer und Dresdner Turnern an den revolutionairen Bewegungen der Zeit den Regierungen vielfach Anlaß zur sofortigen Auflösung und Beschränkung nicht btoS der unmittelbar detheitigten, sondern auch gut gesinnter Vereine, und von den 300 Turnvereinen deS Jahres l849 bestanden nach 10 Iabren kaum noch 100. Jahn war dem Anschluffe der Turner an eine politische Partei vielleicht am schärfsten entgegen getreten. Schon im „Volksthume" 1810 batte er gewaltsame Umwandlungen mit Au-brüchrn eines Fruerberges verglichen. „Setten sei durch solche Gutes geschehen und daS Wenige bleibe auch nur ein Beiläufer neben einem Heere von Greueln." Seine Schwanenrede auS dem Jahre 1848 nimmt jeden Zweifel an Jahn'« Ansichten. „Ich bin nicht von Euch ab gefallen", ruft er den demokratischen Turnern zu, „Ihr seid es von mir. Noch immer trage ich die deutschen Farben, so ich im Befreiungskriege aufgebracht. Ihr aber habt den Achten Weg verloren, seid zu weit link- gerathen, von der Ehrenbahn der Entwickelung auf de- Bürgerkriege« blutige Pfade. — Die rothe Freiheitelei, Freithuerei wird vorüberzlehen, w,e Pest und andere Seuchen." Die Ze-t bat dem Turnvater, al« er seine müden Augen Recht gegeben. Nicht durch die Betheiligung an politischen Bewegungen, sondern einfach durch ruhige Ver- folgung rem turnerischer Ziele hat sich die Turnerei wieder emporgearbeitet. Wiederum wandt« sich die allgemeine Auf- merksamkett dem Turnen zu, al« nach dem unglücklichen italienischen Kriege Oesterreichs gegen Frankreich ganz Süb- deutschland in Aufregung gerirth. In den Jahren 1360 bis 1862 wurden nach Georg Hirth'« Statistik 1000 Turn- veremr neugegründet, aber diese« Mal schlug man andere Bahnen ein. Die Aurntage bei den herrlichen Festen in Kobura 1860 und in Berlin 1881 hatten eine Erneuerung de- deutschen Turnbund.« wohlweislich vorläufig abgelehnt und zur Leituüa Angelegenhelten nur einen ständigen AuSschutz von fünf Mann eingesetzt, erst 1888 in Weimar wurde für .. -n« D,>.„».O,Nm,,ch t>, .r7n,ch. L„',7. schaff" gegründet und daS Grundgesetz entworfen. Ihre Stellung zur Politik wurde bestimmt durch die Beschlüsse deS Ausschusses 1861 in Gotha, die auf Antrag von vr. Goetz olaende Fassung erhielten: „Das Turnen kann nur dann eine reichen Fruckte entfalten, wenn es als Mittel betrachtet wird, dem Vaterlanbe ganze tüchtige Männer zu erziehen; evwede politische Parteistellung jedoch muß den Turnvereinen, als solchen, unbedingt fern bleiben; die Bildung eines klaren olitischen Urlheils ist Sache und Pflicht deS einzelnen TurnerS". Auf dieser vaterländischen Grundlage hat sich im folgen den Vierteljahrhundert die deutsche Turnerschaft groß und einig entwickelt und durch ihre herrlichen Verbrüderungsfeste nicht wenig zur Stärkung deS deutschen Einheitsgedankens beigetragrn. Die Angriffe freisinniger Berliner Blätter beim Dresdner Turnfeste nnd der unvermeidliche, beklagenSwerthe Streit mit den sonst so tüchtigen Wiener Turnern vermochten den Frieden im turnerischen Lager nicht auf die Dauer zu tören. Da fiel es der socialdemokratischen Partei ein, durch Gründung «freier" Turnvereine nach dem Muster social demokratischer Gesangvereine die Anbänger ihrer Partei, die natürlich in vielen Turnvereinen stark vertreten sind, zu isoliren. Die Pflege vaterländischer Ge sinnung, die Feier nationaler Gedenktage, die Achtung vor den Vertretern der Staatsgewalt wurden auf einmal als politische Parteibestrebungen bingestellt, unwürdig der Freiheit und der Selbstbestimmung eines Turners, Iahn'S Name wurde in schändlichster Weise zu lügnerischen Behauptungen über die wahren Ziele der Turnerei mißbraucht, vr. Goetz, die deutsche Turnerschaft und die Turnzcitung geschmäht und verleumdet. Trotz alledem gelang es den Agitatoren — wirkliche Turner waren eS meist gar nicht — keineswegs, Leute, die aus wirklicher Liebe zum Turnen den verdächtigten Vereinen an- gehörten, also auch Abeiter, diesen in Menge zu entfremden; schlimmer allerdings war ibr Einfluß aus die unreife und urtheilslose Jugend. Durch Einschmuggeln sociatdemokratischer Nichtturner und Ueberrumpelung von Vereinsversammlungen bei plötzlich gestelllen Abänderungsanträgen errangen sie einige Erfolge, die sich bei größerer Aufmerksamkeit leicht hätten vermeiden lassen. Dabei kam ihnen noch der Umstand zu statten, daß in vielen Vereinen schon 18jährige junge Leute ohne reiferes Unheil in den wichtigsten Verfassungsfragen Stimmrecht besitzen. Unter diesen Umstanden war eS einfach die Pflicht deö „Ausschusses", auf die von den freien Vereinen drohende Gefahr hinzuweisen und den bedrohten Vereinen Schutz und Hilfe zu bieten. Es lag ihm vollständig fern, in die Freiheit und die Selbstbestimmung der einzelnen Vereine einzugreifen, Wohl aber mußte er Vertheidigungsmaßregeln empfehlen für schwache Vereine mit oft wechselnder Leitung, die eines Stammes älterer Mitglieder entbehren. Die empfohlenen Bestimmungen stehen schon in den Satzungen vieler Vereine, jedenfalls sind sie, ebenso wie der Antrag auf Aenderung des Grundgesetzes, nur eine weitere Ausführung der grundlegenden Gothaer Beschlüsse. „Wir sind es", ruft vr. Schmidt, ein Bremer Ausschußmitgliev, mit Recht, „die unsere Freiheit vertheidigen, die Freiheit nämlich, daß überall, wo deutsche Turner beisammen sind, sie auch deutsch denken und fühlen, deulsch singen und reden dürfen". Die deutsche Turnerschaft stand am Scheidewege; indem der Turntag in Eßlingen gestern beschloß, die Pflege deS deutschen VolkS- bewußtseinS und vaterländischer Gesinnung als Zweck der Turnerschaft in das Grundgesetz auszunehmen und alle poli tischen Parleibestrebungen au« der Turnerschaft auszuschtießen, hat er in richtiger Erkenntniß seiner hohen Ausgabe fest gestellt, daß vaterländische Gesinnung künftighin nicht als Parteipolitik gelten soll und daß die deutschen Turner in der Pflege dieser Gesinnung das höchste Ziel ihres Strebens zu erkennen haben. Gut Heil! Deutsches Reich. 23. Juli. In einigen Blättern wird ein eine andere Behandlung der Berichte von Deutschland tt Berlin, Vorschlag für der FabrikaufsichtSbeamten im Reichstage gemacht. Die Form, in welcher diese nach tz 139 b der Gewerbeordnung dem Bundesrath und Reichstag vorzulegenden Berichte dem letzteren thalsächlich unterbreitet sind, hat häufig gewechselt. Die Regierung hat dabei stets den Wünschen, welche au« der Mitte des Reichstages an sie gerichlct wurden, entsprochen. Zuerst wurden nur die Original berichte übergeben, dann wurde ein auS den sämmtliche» Berichten angesertigter objectiver Auszug und schließlich wurde beides geliefert, nachdem noch vorher dafür gesorgt war, baß durch den Buchhandel die Berichte der preußischen Gewerberälhe io extenso veröffentlicht waren. Es ist also in dieser Beziehung Alles geschehen, was verlangt werden konnte. Wenn nun der Wunsch auftaucht, im Reichs tage einen besonderen Aus>chuß mit der Prüfung der Berichte zu betrauen, so ist daS eine Frage, die den ReichSlag allein angebt. Jedoch wird man sich kaum davon viel Erfolg versprechen. Es vergeht wohl keine ReichStagStagung, in welcher nicht, gewöhnlich bei der Berathung des Etats deS Reichsamts deS Innern, die Be richte der Gewerberälhe einer eingehenden Erörterung unter zogen werden. Es ist dies ein Zeichen, daß eine ganze An zahl von Abgeordneten mit den Berichten sich beschäftigt. Diese Abgeordneten würden doch wohl in den in Aussicht genommenen Ausschuß gewählt werden muffen. Sie würden also Gelegenheit erhalten, ihre Ansichten unter sich auSzu- tauschen, ehe sie damit vor da- Plenum treten. ES ist aber so gut wie ausgeschlossen, daß die Erörterungen im Plenum durch die Neuregelung unnöthig gemacht oder gar abgekürzt würden. ES wäre das auch gar nicht zu wünschen. Die Arbeitgeber selbst sind der Ansicht, daß gegen über den meist unberechtigten Angriffen die Arbeits- und Arbelterverhältniffe öffentlich klar gestellt werden sollen. Dem Plenen würde also eine Arbeitserleichterung durch einen Ausschuß, wie dies bei anderen Fragen der Fall ist, nicht zu The>l werden. Gesetzgeberische Schritte aber durch die Kommission vorbereiten ru lasten, ist deshalb überflüssig, weil bereits eine Commission für Ärbeitrrstatlstik vorhanden fit, die sich damit befaßt, und der ja auch Reich-tagS«
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