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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.08.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950822026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895082202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895082202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-08
- Tag1895-08-22
- Monat1895-08
- Jahr1895
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Die Morgen-AuSgabe erscheint täglich mit Au», nähme nach Sonn, und Festtagen '/,7 Uhr, die Abend-AuSgabe Wochentag» b Uhr. Ledllclion «nL Lkpeditio«: JohaniieSgnfse 8. Dir Erprdition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: vtl» Me««'» Sortim. (Alfred Hahn)» UniversitätSslraffe I, «-„iS Lösche. patharinenstr. 14, parl. und KönIgSplatz 7. r.H ^ Abend-Ausgabe. WMr.TaMatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- nnd Geschäftsverkehr^ AnzeigeN'PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Arrlamu« unter dem RedactsonSstrich <4ge spalten) 50-4, vor den Famtliennachrichteu (6 gespalten) 40 Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichn^. Tabellarischer und Zifferusatz »ach höhereui Tarif. Extra »Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbeförderimg VO.—, mit Postbefvrderoug ^ 70.-». Iinnahmtschlub für Anzeige»: (nur Wochentags) Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Unzetgeu sind stets an die Expedition zu richten. Druck imd Verlag von E. Polz in Leipzig. ^2 M. Donnerstag den 22. August 1895. 89. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 22. August. Wenn es noch eines Beweises für die Behauptung bedurft hätte, daß der vergarbetterfnhrer Schröder von den Social demokraten in jedem Falle als Märtyrer gefeiert werden müsse, gleichviel ob er unschuldig ins Zuchthaus gekommen oder de« wissentlichen Meineids schuldig ist, so wäre er jetzt von den Soctaldcmokraten tn Frankfurt a. M. geliefert worden. Das Frankfurter socialdemokratische Blatt, die „Volksstimme", hat nämlich einen Leitartikel mit der be zeichnenden Ueberschrift „Ein meineidiger Arbeiter führer" veröffentlicht, in dem eS die Verurteilung Schröder'S gutheißt. Die „Volksstimme" führt darin, wie wir dem „Franks. Generalanz." entnehmen, wörtlich Folgendes auS: „Uns ist Schröder nie als der großartige Bergarbeiter erschienen, als welcher er in der bürgerlichen Presse seit dem großen west fälischen Kohlenstreik dargestellt wurde. Er hat es mit seinen Principien für vereinbar erachtet, beim Kaiser in einer Audienz für die Interessen der Bergleute vorstellig -zu werden. Wenn er eine solche Audienz auch wirklich für erfolgreich hielt, so brauchte er als Führer nicht gerade selbst den Weg nach Berlin anzutreten. Einen äußerst peinlichen Eindruck hat es aus uns gemacht, daß Schröder in dein Processe sich gegen den Vorwurf entschuldigen mußte, er sei betrunken gewesen. Es macht sich außerordentlich lchlecht für einen Arbeiterführer, wenn er mit Bezug auf das Trinken sagen muß: „Er nehme nicht mehr, als er vertragen könne". Schließlich er warten wir von einem Führer, daß er es in Volksversammlungen nicht so weit kommen läßt, daß ihm ein „Hinaus" zugerufen wird. Die Volksversammlung brachte 18'/, Jahre Zuchthaus und un geheure Proceßkosten ein! Eine schöne Suppe!" Ueber den Artikel, dem diese Stelle entnommen ist, hat am 20. d. M. in Frankfurt a. M. eine socialdemokratische Partei- Versammlung, die zum Agrarprogramm Stellung nehmen sollte, zu Gericht gesessen. Der ReickstagSabgeordnete Brüh ne, der socialdemokratische Vertreter Wiesbadens, stellte den betreffenden Antrag. „Wie ein Stich ins Herz" habe der Artikel auf ihn gewirkt. Die gegnerischen Blätter könnten gar nichts Besseres thun, als ihn abzudrucken. „Es erscheint ja selbstverständlich", so führte Herr Brühne nach der „Frkf. Ztg." aus, „daß die Parteipresse den Meineid nicht verherr lichen darf. Aber das Vorgehen in der „Volksstimme" kann man unter keinen Umständen dulden. Der Redakteur, der den Leitartikel geschrieben, ist noch jung in der Partei bewegung; man muß das als Entschuldigung gelten lassen. Alle westfälischen Genossen und auch die Frankfurter sind der Meinung, trotz des Artikels, daß Schröder und die übrigen Verurtheilten unschuldig sind." Er schlug dann die Annahme einer bereits in einer socialdemokratischen Ver sammlung in Hanau angenommenen Resolution vor, die gegen den Artikel protestirt. Redacteur Jürges, der Ver fasser des angegriffenen Artikels, erklärte sich mit dem Inhalt der vorgeschlagenen Resolution einverstanden. Bei Ab fassung des Artikels habe ihm in erster Linie der Gedanke vorgeschwebt, die Stellung der Socialdemokraten zum Mein eid zu präcisiren, denn die „Volksstimme" werde als Agi tationsmittel in ländlichen Kreisen benutzt, wo die socialistischen Ideen erst noch Boden fassen müßten. RcichstagSabgeordneter Schmidt erklärte, er habe von dem Artikel vor dessen Veröffentlichung Kenntniß gehabt. Unter den Gesichtspunkten, von denen der Verfasser ausgegangen sei, habe der Artikel lange nicht so schroff geklungen. Die Versammlung nahm dann die beantragte Resolution an. — Hiernach ist Folgendes festzustellen: Ein Vor gehen von „Genossen", das der socialdemokratischen Agitation im Wege steht, darf man, wie Herr Brühne sich ausdrückte, „unter keinen Umstanden dulden". Und wenn das Unerhörte überhaupt vorkommt, so liegt es daran, daß die socialdemokratische Partei nicht nur gereiste, staatsmännische Politiker unter ihren Anhängern zählt, sondern auch Unerfahrene, die „noch jung in der Parteidewegung sind". Ist aber Herr Jürges wirklich so grün, wie Herr Brühne von ihm behauptet? Keineswegs! Er räumt selbst ein, daß er Schröder nur deshalb habe fallen lassen, weil die „Volksstimme" als Agitativiismittel in länd lichen Kreisen benutzt werde, „wo die socialistischen Ideen erst noch Boden fassen müßten" — d. h., wo ein wegen Meineids verurtheilter „Arbeiterführer" schlechterdings nicht imponirt. Und dem Reichstagsabgeordneten Schmidt, der den verhängnißvollen Artikel begutachtete, hat der Artikel „unter den Gesichtspunkten, von denen der Verfasser ausgegangen sei, lange nicht so schroff geklungen!" Nur aus taktischen Erwägungen also hat Herr Jürges, wie er es nach dem „Frankfurter Generalanzeiger" auch ausdrücklich erklärte, Schröder preisgegeben. Damit hat er freilich die Taktik der socialdemokralischen Parteileitung durchkreuzt. Solcher Frevel forderte eine Sühne in Form deS Scherbengerichts, das über Herrn Jürges gehalten wurde Natürlich fügte er sich, um nicht „hinauszufliegen". Eine Desavouirung des „Standard" durch den eng lische» Premierminister ist bis jetzt nicht erfolgt, dafür fäbrt aber die englische Presse fort, sich in Unverschämtheiten gegen Deutschland und indirekt gegen den deutschen Kaiser zu ergehen. So erdreistet sich der „Globe", abermals ein konser vatives LondonerBlatt,zu schreiben: „Our Koi-maii ti'ieml» hätten so viel Tact besitzen sollen, um nicht zur Grundsteinlegung für das Kaiserdenkmal einen Erinnerungstag zu wählen, welcher unwiderstehlich den Namen Bazaine's und dieUeb er gäbe von Metz ins Gedächtniß ruft. Es kann kein Zweifel darüber besteben, daß diese fortdauernden Erinnerungsfeiern an die Ereignisse von 1870, welchen die Deutschen in letzter Zeit sich gewidmet haben, in Frankreich die lebhafteste Aufregung verursachen." — Die „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt zu dieser neuesten Leistung englischer Wohlerzogenheit an hervorragender Stelle sehr treffend: Wir wollen den Ton, den „unser englischer Freund" dem deutschen Volke gegenüber sich erlaubt, hier nicht weiter rügen. Ter überlegene Tact des Briten scheint denselben ganz in der Ordnung zu finden, und ein Citat aus Knigge's „Umgang mit Menschen" oder einem ähnlichen Bademecum der Höflichkeit und des Anstandes könnte da schwerlich aus viel Berständniß rechnen. Nur das Eine möchten wir dein College» an der Themse zu Gemüthe führen, daß er nämlich mit seiner Aeußerung eben r.or seine grenzenlose Unkenntniß der Deutschen und ihres nationalen Empfindens verräth. Wir Deutsche haben den ersten Schritt gethan zur Abweisung der Fremdherrschaft und damit zu der von den Fremden niedergehaltenen nationalen Einigung in jenen Tagen, da das preußische Heer als ein Volk in Waffen dem übermächtigen Dränger die Spitze bot. Im Jahre 1870 sind zum erstenmal Süd- und Norddeutsche unter gemeinsamer nationaler Führung in einen gewaltigen Kampf eingetreten für gemeinsame nationale Güter; jeder einzelne Krieger dieses Volksheercs erfüllt von dem Bewußtsein, daß der Siegespreis des blutigen RingrnS die endliche Einigung des Vaterlandes, die Wieder, Herstellung von Kaiser und Reich sein werde. Wenn wir also heute die Tage feiern, an welchen das kampfende deutsche Volk mit unvergleichlichem Muthe und voll hingebender Treue sich wieder eine Strecke weiter den Weg bahnte zu dem ersehnten Ziele seiner nationalen Einheit und Unabhängigkeit, so weiß Jeder unter uns, daß es sich dabei um nichts weniger handelt, als um eine Befriedigung eitler Ruhmsucht. Wir möchten dem nur noch eins hinzufügen: Wenn w°,d-n u°d >.°,S « uL .u- Palace zu fragen brauche», wenn wir ein eiittch in der Leltpot.uk mi.sprechen wollen, W.r sind star genng. unabhängig von England, unsere eigenen Lege ? .. wir brauchen Niemand ein iiachzulaufeu, und daran, aller ding« sind wir nicht wenig stolz. Die Wahlverwandtschaft zwischen Sociald em o - kratie u „d Anarchismus hat soeben w'eder eine beze-ch- nenLe Illustration erhalten durch den Beschluß der von Ju eS Gneöde dem Busenfreunde Wilhelm Liebknechts, inftlrlrkeii socialrevolutionären Arbeitersyndicate des ttanzö,.schen-(ord- depaitements, dem Andenken des b-> d°m Sprengbomben^ attentale aus den Grubendirector in Anrche, Herrn Vuilllemin, von seiner eigenen Mordmaschine Genossen Decoux eine Ehrung zu erweisen. DaS Umstuiz- blatt jenes Departements betont zwar, daß duw <-Hr^mg Gestatt der Niederlegung von Trauerkranzen aus daS Grab de». Mordgesellen erfolge, unbeschadet der grund,atztlchen Miß billigung des PropagandamachcnS durch die That. DaS i,t natürlich bloße Wortklauberei. Wenn es den Erbschaften wirklich und ehrlich Ernst wäre mit ihrem Abscheu vor anarchistischen Attentate», so ständen ibuen, sollte man memen zur Betbätigung ihres Abscheues doch wohl andere -kittet und Wege zu Gebote, als das demonstrative Niederlegen von Tranerkränzen am Grabe eines bei Verübung seiner an- qeblicl, so sebr „verabscheuten" That uniczekommenen Anarchisten. Wenn die umstürzlerische Arbeiterhetzpreffe nickt müde wird, sich zu beklagen, daß seitens der bürger lichen Blätter immer und immer wieder Socialdemokraten und Anarchisten in einen Topf geworfen werden, ,o kann sie hierfür verständigerweise Niemanden als ihre eigenen feilte verantwortlich machen. Selbst wenn man zugiebt, daß ein theoretischer Unterschied zwischen der socialdemokratischen und der anarchistischen Lehrmeinung bestehe, so ist doch iu der Praxis zwischen socialdemokratischen Brandrednern, welche Tag aus Tag ein in Wort und Schrift den Umsturz alles Bestehenden pre digen, welche die niedrigsten Leidenschaften de»Pöbels aufstacheln welche die besitzenden Classen als das verkörperte dose Princip abconterfeien, und dem anarchistischen Fanatiker, der, durch die socialdemotratischen Hetzereien um den letzten Rest von Besinnung gebracht, zum Dolch und zur Sprengbombe greift, um den Untergang der „Ausbeuterbande" beschleunigen zu helfen, kein anderer Unterschied vorhanden, al« höchstens der zwischen Ursache und Wirkung. Der gesunde Menschenverstand läßt sich denn auch von den social- demokratischeu Theoretikern kein T für ein U vormachen. Er steht vielmehr aus dem Standpunctr, baß Worte und Thaten mit einander im Einklänge sich befinden müssen und daß, wo zwischen beiden ein Widerspruch besteht, die Thaten, nicht aber die Worte das für die Beurtheilung aus schlaggebende Moment darstellen. Der gesunde Menschen verstand verwirft die Zumuthung der socialdemokratischen Theoretiker, man solle sich nach ihren Worten, aber nicht nach ihren Werken richten. Eine Logik, die über das anarchistische Propagandamachen mittels der Tbat den Stab bricht, aber die Attentatsurheber mit dem Glorienschein des Märtyrer- thiims umgiebt, wäbrend sie für die Opfer der anarchistischen Mordanfälle nur Schmähungen und Wuthausbrüche jübrig hat, richtet sich selbst. Die Versuche der socialdemokratischen Fülirer und Parteiorgane, anarchistische Attentate von ihren Nockschößen abzuschiitteln, sind und bleiben daher im Vor hinein aussichtslos, und man wird an leitender social demokratischer Stelle sich schon darein finden müssen, nach wie vor die Bürde der intellectuellen Urheberschaft für alle aus dem mit socialdemokratischen Hetzereien gedüngten anarchistischen Boden entkeimenden Verbrechen gegen Leben und Eigeiithum zu tragen. In Belgien hat am Freitag die Kammer das neue Schulgesetz in dritter Lesung mit 81 gegen 52 Stimmen hei 2 Stimmenthaltungen angenommen, und vorgestern bat, wie gemeldet, der Senat den Antrag der Linken, das Schulgesetz auf die nächste Tagung zu verschieben, mit 45 gegen 22 Stimmen abgelehnt. Damit darf das Gesetz als eudgiltig genehmigt angesehen werden. Der Hauptzweck des Gesetzes ist bekanntlich, die Staatsschulen wieder der Geistlich keit auszuliesern. Dieser Zweck wird erreicht durch verschiedene Organisationsbestimmungen, namentlich aber dadurch, daß der Religionsunterricht wieder obligatorischer Lehrgegenstand wird. Es soll allerdings den Eltern verstattet sein, ihre Kinder vom Religionsunterricht diSpensiren zu lassen, wenn sie es ausdrücklich verlangen, allein man weiß, wie wenig praktischen Werth eine solche Bestimmung hat. In den kleri kalen Dörfern und kleinen Städten soll sich einmal ein Vater unterstehen, seine Kinder als „Heiden" anfwachsen zu lassen! Die Tendenz des neuen Gesetzes zeigt sick jedoch nicht bloS in Dem, was eS enthält, sondern auch in Dem, was es nicht enthält, d. h. in den Anträgen, die von der Kammer im Laufe der Berathung abgelehnt worden sind. Liberale und Socialisten haben nämlich die Einführung der allgemeinen Schulpflicht beantragt, diese ist aber labgelehnt worden, ob gleich die Zahl der Kinder, die keine Schule besuchen, in die Hunderttausend«: geht. Die Regierung bat diese Ablehnung gebilligt, obgleich erst kürzlich noch der Kriegsminister bitter über die große Zahl der Recruten, die weder lesen, noch schreiben können, sich beklagt und an den Unterrichtsminister das Ersuchen gerichtet hat, für besseres Recrutenmaterial zu sorgen. Die Regierung ist eben abhängig von den Klerikalen, und diesen ist es in Belgien wie überall nicht um den Unterricht überhaupt, sondern nur um den kirchlichen Unterricht zu thun. Auch die beantragte Unentgeltlichkeit der Schule ist abgelehnt worden. Dem neuen Gesetze könnten immerhia noch Schwierigkeiten erwachsen, da die Be wegung gegen dasselbe immer noch zunimmt. Es wird jetzt dafür ag.tirt, daß die Gemeinden der Einführung desselben Widerstand leisten sollen; es kann also möglicherweise zu Unruhen kommen. Die Hoffnung, daß der König von seinem Vetorecht Gebrauch macken werde, hat man ausgegeben, da man allgemein weiß, daß das Gesetz der Preis ist. den der König den Klerikalen für die Unterstützung seiner Finanzen bezahlt. Daß dies dem Ansehen des Königs nnd des König thums überhaupt nicht förderlich ist, liegt auf der Hand. In Lstasicn beginnt die Lage wieder kritisch zu werden. Auf Korea ist ein für die Japaner sehr ungünstiger Umschwung der Dinge dadurch eingetreten, daß der König sich außer Stande sieht, den wieder zur Macht gelangten Conservativen gegenüber, deren Führer des Königs Vater, Taimen Kun, ist, das Ansehen der Krone geltend zu machen und somit die Erfüllung der gegen Japan übernommenen Verpflichtungen zu verbürgen. Bekanntlich haben die inneren Znstände des Königreichs Korea zu dem Krieg zwischen Japan und China Anlaß gegeben. Nach außen hin galt Korea als ein mit dem „Reict, der Mitte" sehr locker zusammenhängender Vasallenstaat Frnilletsn In der Fabrik. Erzählung von W. v. d. Mühle. I. Nachdruck verboten. In der Fabrik ging die Mittagspause eben zu Ende. Die Arbeiter strömten durch das weit geöffnete Thor in den Hof zurück, vertheilten sich in den Schupven und Maschinenräumen, warfen die Kittel ab, reckten die sehnigen Arme und warteten auf den gellenden Pfiff der Dampfpseife, der das Zeichen zum Beginn der Arbeit war. Vor der Schmiede stand eine kleine Gruppe von Arbeitern schwatzend beisammen, in ihrer Mitte der alte Schmied Hagemeister. Wo Hagemeister dazwischen war, ging eS immer gemüthlich, aber nie lärmend zu. Er hatte etwas in seinem ehrlichen, braunen Gesicht, in den ruhigen grauen, von langen buschigen Brauen überschatteten Angen, was auch dem Wildesten Respect abzwang. Er hätte es auch Niemand rathen wollen, ernstlich mit ihm anzubinden. Wenn er gereizt wurde, sah er seinen Gegner erst mit einem langen, prüfenden Blick an, reckte die muskulösen Arme, spuckte bedächtig in die Hände und ließ dann die liebenswürdige Aufforderung ergehen: „Na, nu kumm mal eins ran, min Sähn, ick wull Di blot mal'n beten an de Wand smiten." Es hatte danach noch Jeder vorgezogen, lieber nicht heran zukommen. Eben erzählte er im Kreise seiner Getreuen die schon hundertfach berichtete Geschichte, „wie ich als Kürassier bei Mars-la-Tour mitgesochten Hab und den Schuß in die Seite bekam". Zum Schluß kam dann das eiserne Kreuz, und wenn er bei dem Punct angelangt war, leuchteten die Augen deö Alten, er richtete sich noch einmal so straff empor und fuhr mit der Hand nach der Stelle seines blauen Hemde«, wo bei feierlichen Gelegenheiten der kostbare Schatz auf dem sorgfältig gebürsteten, schwarzen Tuchrock zu prangen pflegte. Da hat eS mir der Herr Oberst selbst angeheftet, schloß er, denn wenn er vom eisernen Kreuz erzählte, sprach er hoch deutsch. Neben ihm, auf den schweren Schmiedehammer gestützt, lehnte ein junger Mensch von fünf- bis scchSundzwanzig Jahren, eine schlanke, kräftige Gestalt mit intelligentem Gesicht, in dem ein kecker blonder Schnurrbart saß. Karl Hagemeister hatte in derselben Fabrik, in der sein Pflegevater nun schon beinahe zwanzig Jahre arbeitete, gelernt; war dann ein paar Jahre herumgezogen, um sich die Welt zu besehen, und nun seit einem Jahre als zweiter Schmied bei Paulsen L Co. angestellt. In der Fabrik sagten sie freilich, er sei kein echter Hamburger, das heißt kein rechter mit Elbwasser getaufter Schleef von de Waterkant. Karl Hagemeister nannte aber dennoch Hamburg seine Vaterstadt, schon aus dem einfachen Grunde, weil er nicht wußte, welchen Ort er sonst dazu ernennen sollte. Als kleiner Kerl von sechs Jahren war er mit seiner Mutter im Zwischendeck eines transatlantischen Dampfers von New-Aork gekommen. Unterwegs war die Frau, die brust krank zu sein schien, gestorben, und dem Capitain war die Sorge für den kleinen Paffagier geblieben. Geld und Papiere batten sich nur sehr ungenügend vorgefunden, eS hatte sich nichts herausgestellt, als daß der aufgeweckte Junge mit den treuherzigen braunen Augen Karl Elvers hieße, und daß seine Eltern aus Deutschland stammten. Es fand sich ein Trau schein vor, ausgestellt auf die Namen Anna Katharine Luise Westphalen aus Wunstdorf in Hannover und Karl Christian Elvers aus Stade bei Hamburg. Ausgestellt war der Schein im Staate Wisconsin. Karl Elvers wußte von seinem Vater nichts zu sagen, wahrscheinlich war derselbe längst tobt, mit seiner Mutter schien er viel herumgezogen zu sein, wenigstens ging aus seinen Reden hervor, daß er oft in einem Wagen geschlafen habe, über den ein weißes Tuch gespannt gewesen sei. Nachforschungen in Stade ergaben nichts Uber einen Karl Christian Elvers. Entweder hatte der Mann bei seiner Trauung falsche Angaben Uber seine Heimath gemacht, oder er hatte dieselbe so jung verlassen, daß man sich seiner nicht mehr entsanu. Da weder in Stade noch in Wunstorf Jemand besondere Sehnsucht zeigte, sich des kleinen Amerikaners an zunehmen, so wäre er wahrscheinlich im Waisenhause ausge nommen worden, wenn Hagemeister nicht gewesen wäre. Hagemeister kannte Capitain Steffens, der den Jungen einstweilen in seiner eigenen Familie untergebracht hatte, und beschloß, sich deS kleinen Gesellen anzunehmen. Er hatte kurz vor dem Kriege seine junge Frau und sein einziges Söhnchen verloren, und fand es »ach der Heimkehr entsetzlich leer in seinen vier Wänden. So waren die zwei in einander ge kommen. und eS war ihnen gegenseitig nicht leid gewesen. Karl ElverS hieß jetzt Karl Hagemeister, verlernte möglichst schnell sein Englisch, was er mit von drüben gebracht, nnd sprach sein Hamburger Platt bald so gut wie nur irgend ein echter Hamburger Schlingel. Dummen Streichen war er nie abgeneigt, begegnete bis zu seinem siebiehnten Jahr allem, was weiblichen Geschlechts war, mit todtlicher Verachtung, machte zu Zeiten auch einmal ausgiebige Bekanntschaft mit oll Hagemeister« Rethstock und wuchs im Uebrigen zu einem baumlangen, stets vergnügten Gesellen auf. Der Pflegevater konnte mit seinen Erziehungsresultaten ganz zufrieden sein, und er war es auch. Wenn Karl am Ambos stand und den mächtigen Hammer in wuchtigen Hieben niedersausen ließ, daß sein frisches Gesicht von Hitze und Eifer glühte, und die Muskeln an den nackten Armen wie dicke Schlangen hervorquollen, dann musterte der Alte ihn heimlich mit zufriedenem Schmunzeln, als wenn er sagen wollte: „Nu kiek een, wat de Jung för'n forschen Kirl iS." Mit gellendem Pfiff gab die Dampfpfeife ihr Signal zum Beginn der Arbeit. Nero, genannt Michel, der brave Fabrik hund, der lang ausgestreckt in der Sonne lag und schlief, cnipfand den plötzlichen Lärm als persönliche Beleidigung und fuhr laut klaffend in die Höhe. Ein paar Lehrlinge, die diese Elgcnthümlichkeit des treuen Wächters noch nicht kannten lachten hell auf und verschwanden im MontirungSschuppen Dort war der zweite Monteur mit zwei Gesellen und einigen Lehrlingen bei der Aufstellung einer großen Messer maschine, die zum Schneiden von Mahagoniplatten bestimmt war. Das Ungethüm nahte sich seiner Vollendung, in wenigen Tagen sollte es wieder abgebrochen werden, um seiner Be stimmung gemäß in eine Holzschneidefabrik in Bayern ru wandern. ' " gebt mit. Hanke?» fragte ein schmächtiger semmel blonder Lehrling den Monteur. Der Angeredete zuckt« die Achseln. „Herr Paulsen hat vor einigen Wochen gesagt, ich sollte mit, aber wenn Dernbera nicht zurück ist, kann ich nicht fort." " Gese^n'1 "w Dernberg steckt!" brummte einer der l'Vte ein Anderer binzu. ck, l» woll dor achter IN Ungarn oder Rußland')" ... Se dor man nich vun de willen BeestecS upfrrten wull wttte'n." "" ^ber- »Na. Herr Paulsen ward Hanke stand in einiger Entfernung von der Meffermaschine ' mustert, sie .„it liebevollen Blicken. „Das sollen .ms und die Engelleute man mal nach machen, so 'ne Meffermaschine bauen nur noch zwei Fabriken in Frankreich, und die auch noch nicht so gut." „Schneider und Goldstein in Westphalen zeigen sich in der Jngenieurzeitung jetzt auch damit an", warf ein Lehrling ein, dessen weißen Händen man eS ansab, daß er^noch nicht lange seinen Ovid und Herodot mit Feile und Hammer vertauscht hatte. „Ich Hab' die Zeitung letzte Woche nicht gelesen", sagte Hanke, „aber ich weiß nicht, wie Schneider und Goldstein dazu kommen. Herr Paulsen hat doch das Patent." „Vielleicht haben sie eine neue Erfindung gemacht." Ein mitleidiger Blick streifte den Neuling. „Da kennen Sie die Leute schlecht, wenn Sie meinen, die machten eine nur einigermaßen taugliche Erfindung und posaunten ihren Ruhm nicht gleich in alle Welt aus. Warum kriecht der Kerl, der Levison, denn noch alle Tage hier im Comptoir herum, wenn er nicht hofft, Herrn Pautsen das Patent doch abzuschwindeln." „Dat deiht uns Herr nich!" meinte der eine Arbeiter mit Ueberzeuguiig. „Ne, dat deiht Herr Paulsen nich", pflichtete der zweite sofort bei. „Der Werkmeister", stieß plötzlich der semmelblonde Lehrling hervor. Der mit den weißen Händen schoß eilig davon, denn er gekörte noch mit der Feile an den Schraubstock und in die Schlosserei. Der Montirungsschuppen war den Anfängern noch nicht zugänglich, dieses Ziel deS Ehrgeize« öffnete sich ihnen erst nach Jahr und Tag. So stand der ehemalige Gymnasiast denn wieder geduldig auf seinem Platz und mühte sich, eiiicn eisernen Würfet ganz genau vierkantig zu schleifen. Das Ding mußte rein verhext sein, denn so oft er auch maß und maß, immer war wieder eine Seite etwas kleiner oder arößer wie die andern, und die Feilerei konnte wieder von Neuem losgehen. Ungeduldig stampfte er mit dem Fuß auf die Erde. Au weh! Die Füße, das lange Stehen und die schweren Holzpantinen nicht gewöhnt, hatten sich mit Blasen bedeckt und erinnerten recht schmerzhaft daran, daß sie etwas sanfter behandelt zu werden wünschten. Der Werkmeister, der eben vorübergina, lachte. „Ja, ja, Dannenberg, aller Anfang ist schwer. Na. Sie werden es auch schon gewohnt werden. WaS jetzt noch web thut. ist alles ungesundes Fleisch, das muß erst weg; nachher wissen Sie mchtS mehr davon." Diese Aussicht schien für Dannenberg nicht viel Verlockende»
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