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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.09.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950920024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895092002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895092002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-20
- Monat1895-09
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Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis. Tabellarischer und Zifsernsatz nach höherem Tarif. Extra-Veilagr» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbefördenuig 60.mit Postbesörderung Äunalimeschluk für Anzeigen: (nur Wochentag«) Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Margen-Ausgabe: Nachmittags SUH^ Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde srüder. Anzeigen sind stets an dir Vrpedirt«» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. F« ^55. Freitag den 20. September 1895c 8S. Jahrgang. Äufruf zu den Landtags-Wahlen. Die Ausschreibung der Landtagswahlen für den 17. October fiel in die Tage der Jubelfeier des Entscheidungskampfes vor Sedan, an dem unser allverehrter König Albert und unsere braven sächsischen Truppen so rubmreichen Antheil batten. Während in diesen Tagen alle vaterländisch gesinnten Herzen in ernster und frommer Erhebung und Begeisterung schlugen, hat eine Partei, die sich selber ohne Scham als vaterlandslos bekennt, in Wort und Schrift das Andenken jener großen Zeit, die edelsten Gefühle der Nation, ja die ehrwürdige Gestalt unseres unvergeßlichen Kaisers Wilhelm I. in der hämischsten Weise beschimpft. Die Entrüstung, welche dies in allen Kreisen des Volkes, nicht zuletzt unter den Arbeitern, hervorgerufen hat, wirv hoffentlich bei den bevorstehenden Wahlen dahin wirken, daß alle reichs- und königstreu gesinnten Wähler, wie sie auch sonst in ihren Anschauungen auseinandergeben mögen, dieser Partei gegenüber fest und einig zusammenstehen und so die Schmach abwenden, Leute von solcher Gesinnung zu Vertretern des sächsischen Volkes gewählt zu sehen. Um wenigstens das nachwachsende Geschlecht vor der An steckung mit dem Gift, das von socialdemokratischen Führern ausgestreut wird, nach Möglichkeit zu bewahren, erscheint es geboten, jüngere Leute, mindestens bis zur Volljährigkeit, von der Theilnahme an politischen Versammlungen auszuschließen. In dieser Hinsicht zeigt das sächsische Gesetz über das Vereins und Vcrsammlungsrecht eine Lücke, die zur Zeit des Erlasses nicht als solche empfunden werden mochte. Andererseits könnte man das Verbot der Bildung von Zweigvereinen und des Verkehrs der Vereine unter einander getrost fallen lassen; die socialdemokratischcn Umtriebe bat es nicht zu bindern ver mocht, wohl aber bemmt es empfindlich die Entfaltung der staatserhaltendcn Kräfte. Eine Petition um Abänderung des Gesetzes in diesem Sinne ist nach dem Beschlüsse der vor jährigen Generalversammlung an die Negierung gerichtet worden; Sache unserer Abgeordneten wird es sein, diese An regung weiter zu verfolgen. Die von unserer Fraction beantragte Errichtung eines Verwaltungs-Gerichtshofes, der bei Streitigkeiten zwischen Behörden und einzelnen Staatsbürgern in Steuer- und anderen Verwaltungs-Fragen eine richterliche Entscheidung sichern soll, wird in ihrer Bedeutung für die Wahrung der staatsbürgerlichen Rechte erst voll gewürdigt werden, wenn die Negierung, wie zu erwarten, dem Landtag einen darauf bezüglichen Gesetzentwurf vorlegt. So manche heilsame Aenderung in der Verwaltung wird sich als unmittelbare Folge daran knüpfen. Die Erhaltung der Schul-Dotationen für die Gemeinden ist gleichfalls den Bemühungen unserer Fraction zu danken, die nicht gezögert hat, das Mittel dazu in einer Verschärfung der Progression für die höheren Einkommenstufen nachzuweisen. Bei der Abänderung des Einkommensteuer-Gesetzes, die daraus folgte, ist freilich die von der Fraction schon längst angestrebte Befreiung der untersten und Erleichterung der nächsthöheren Classen nur zum Tbeil erreicht worden. Auch die Beschwerden, welche das Verfahren bei der Einschätzung und bei der Be handlung der Rcclamationen hervorgerufen hat, sind noch unerledigt. Wir dürfen zu unseren Vertretern im Landtage das Vertrauen hegen, daß sie dieses Ziel nicht auS den Augen lassen. Bei der Behandlung des Staatshaushalts werden sie sich angelegen sein lassen, allen unnützen Aufwand zu verhüten und unliebsamen Ueberschreitungen, wie sie z. B. bei den Dresdner Bahnhofsbauten zu rügen waren, nach Kräften vorzubeugen. Andererseits werden sie zu productiven Aus gaben, welche die wirthschaftliche Entwickelung fördern, auch fernerhin gern die Hand bieten, dafern nur kein Theil des Landes einseitig bevorzugt wird. Forderungen für ideale Zwecke werden sie ohne Engherzigkeit prüfen; vor Allem gehört dahin die unablässige Hebung des Schulwesens. Daß auf der Erkaltung eines gesunden, kräftigen Mittel standes in Stadt und Land die Zukunft unseres Volkes beruht, hat die nationalliberale Partei bei jeder Gelegenheit betont. Mit den Aufgaben, die aus dieser Erkenntniß erwachsen, hat sich namentlich der Frankfurter Delegirtentag im vorigen Herbst eingehend beschäftigt, immer besten eingedenk, daß sich das Gedeihen der Landwirthschaft, des Handels und der Gewerbe gegenseitig bedingt. Die besonderen Aufgaben des Gesetzgebers auf diesem Ge biete stehen in der Mehrzahl dem Reiche zu. In noch stärkerem Maße gilt dies von der Fürsorge für das Wohl der Arbeiter. Unter den Aufgaben, die den Einzelstaaten zu fallen, nennen wir die Förderung der Fachschulen und der Anstalten genossenschaftlicher Selbsthilfe für Gewerbe und Landwirthschaft, die Beseitigung der schweren Schäden im Submissionswesen, die weitere Einschränkung der industriellen Gefängnißarbeit. Dahin gehört auch die berechtigte Forderung der durch das Nebcrgreifen der Consumvereine hart bedrängten Kleinhändler, daß diese Vereine in gleichem Maße zu den Steuern herangezogen werden wie jeder kaufmännische Be trieb. Die Schaffung eines besonderen bäuerlichen Erbrechts (Anerbenrechts) wird voraussichtlich ebenfalls der Landes- gesetzgebung überlassen werden; inwieweit dafür in Sachsen ein Bedürfniß vorliegt, das sollte unseres Erachtens durch eine sorgfältige Erhebung festgestellt werden. Wünschen und Beschwerden einzelner Staatsbürger und einzelner Gruppen des Volkes werden unsere Abgeordneten jederzeit ein offenes Ohr leihen und sie, sobald sie sich von deren Berechtigung überzeugt haben, freimüthig zur Sprache bringen. Von allen unfern Parteigenoffen aber erwarten wir, daß sie sowohl während der Vorbereitung der Wahlen als auch am Wahltage selbst Mann für Mann ihre Pflicht thun. Leipzig, im September 1895. Ter Vorstand des Rational-liberalen Vereins für das Löniarcich Lachsen. Or. Hur.J. Gensel, Secrctair der Handelskammer, Vorsitzender.— Theodor Habenicht (Heine L Co.), stellv. Vorsitzender. — Rechts anwalt vr. Hur. Richard Häbler, Schriftführer. — Stadtrath Philipp Nagel, Schatzmeister. — Prof. vr. pliil. Biedermann (Leipzig). — Rechtsanwalt I)r. Hur. Hans Blum (Leipzig). — Juslizrath vr. Hur. Böhme (Annaberg), Mitglied des Reichslags. — Carl Criiwell (Annaberg), Mitglied der ^ Handel mcrzienrath Gustav Goetz ^ P5 üsi Mitglied der (Dresden). - N. A. Kellner (Schö 'rg ^Vb).^^,,). , II. Kammer. — Fabrikbesitzer vr. p - ^ Director Lamer vr. mell. Paul Lachmann ^u-rb°A <Kricbstein). (Dresden). - Geh. C°mn,erz.enrath etham Mitglied der II. Kammer. - Ki.rjchner.Lbern>e,,ie rath Preibisch (Reichenau). Mttgl.ed der II. Kamm ^ ^ woldt (Gebr. Brchmer, Leipzig). Adolf Schmidt (Leipzig). — Fabrikdirector Carl Schultz (Meerane). - - -^--------(Dresden).— kammersecretair Paul Schulze (Leipzig). (Chemnitz). — Bürgermeister Justizrath vr. zur. T Justizrath v. Stern in (Leipzig). aselewsky - vr. vbil. Paul Vogel (Dresden). - Franz (Grundmann sc Waselewsky, Leipzig) Politische Tage-scho». * Leipzig, 2V. September. Dieselben Federn die aus Sensationsbedürfniß Krtscil- gerüchte entstehen ließen und von Meiniingsdifferenzen zwischen ?em Liser und dem Reichskanzler wegen c^r Socia listen Vorlage erfanden, sind jetzt, "^wem d Gerüchte entschieden denientirt worden l"'»' de, re Hand Versöbnungsgerüchte zu verbreiten. ES Heß nunmehr, jene Meinungsdiffereiiz bade zwar bestanden a sie sei während der Unterredung, die der Reichskanzler n dem Kaiser während der Eisenbabnfabrt von Danzig nach Berlin gehabt habe, ausgeglichen worden. Der Kaistr kabe die Einwendungen, die Fürst Hohenlohe gegen eine neue ^'allstem Vorlage erhoben habe, als begründet anerkannt, und) eine solche Vorlage dem Reichstage nicht gemacht werken. Wenn es nur Blätter untergeordneten Ranges waren, die solche Gerüchte verbreiten, so würde man weder wundern, noch entrüsten können. Unbegreiflich aber und geradezu empörend ist es, daß auch solche Zeitungen, die aus Reputation halten, derartiges Gewäsch, das die gröbste Unkenntniß der Reichsverfassung und der unter den verbündeten deutschen Regierungen üblichen Formen verräth, ihren Lesern auftischen. Der Kaiser, der die größte und zarteste Rücksicht auf seine Verbündeten nimmt, kann nicht daran denken, in einer Frage von so großer Le- deutung einen Schritt z» »nternehmen, der nicht zu seinen verfassungsmäßigen Rechten gehört. Und es gehört nicht zu seinen Reckten als Kaiser, dem Bundesratbe und dem Reichstage irgend eine Vorlage durch den Reichskanzler vor legen zu lassen. Er kann als König von Preußen eine solche Vorlage ausarbeiten und als preußischen Antrag an den Bundesralh gelangen lassen, aber er wird einen derartigen Schritt nur unternehmen, wenn er sich vorher überzeugt hat, daß derselbe der Zustimmung wenig stens der meisten Bundesregierungen sicher ist. Hat er wirklich mit dem Reichskanzler die Socialisteiifrage erörtert, so kann diese Erörterung zunächst nur auf die Stellung nahme der übrigen deutschen Negierungen zu einer etwa auS- zuarbeitenden preußischen Vorlage sich bezogen haben. Und darüber hat eine Meinungsdifferenz nickt entstehen können, weil jedenfalls der Reichskanzler über diese Stellungnahme zur Zeit noch ebensowenig unterrichtet ist, wie der Kaiser selbst. Und eine Anfrage an diese Regierungen zu richten, hat der Reichskanzler sicherlich nickt sür unzweckmäßig erachtet; kann er doch nicht wissen, ob nickt vielleicht von der einen oder der anderen Seile ein brauchbarer, auch der Mehrbeit des Reichstags einleuchtender Vorschlag gemacht wird. Ist also auf der Fabrt von Danzig nach Berlin zwischen dem Kaiser und dem Reichskanzler die Socialistenfrage berührt worden, so kann das Resultat der Unterredung nur in dem dem Reichskanzler ertbeilten und von diesem pflichtschuldigst acceptirten Aufträge bestanden babeu, sowohl mit den preußischen Ministern, als auch mit den Regierungen der übrigen deutschen Staaten in Fühlung zu treten. Daß eS im weiteren Verfolge der Angelegenheit zu Meiuungsdifferenzen kommt, ist, wie sckon dieser Tage erwähnt, möglich; bis jetzt aber kann von solchen ebensowenig die Rede sein, wie von einem Ausgleich solcher Differenzen und definitiven Beschlüssen. Wenn den berufsmäßigen Verkleinerern vater ländischer Institutionen und namentlich der die Unzu friedenheit durch falsche Darstellung der beimischen Arbeiter- Verhältnisse schürenden Socialdemokratie die einzig da stehenden Erfolge Deutschlands auf dem Gebiete der Arbeiter versicherung und die sür den Arbeiterschutz erlassenen Vor schriften entgegengehalten werden, so wird zwar das Arbeiter versicherungswesen von der gegnerischen Seite niemals berührt, den» hier ist der Unterschied zu Gunsten Deutsch lands so klar, daß eS völlig aussichtslos wäre, ihn abzu- leugnen, aber eS wird auf andere Einrichtungen des Auslandes bingewiescn, die angeblich für die Arbeiter günstiger sein sollen, als in Deutschland. Namentlich liebt es die Social- demokratie in diesen Fällen, mit englischen Beispiele» zu operiren und hervorzuheben, daß die englische» Lohnverhält- nisse die Einrichtungen, wie sie zu Gunsten der Arbeiter in Deutschland geschaffen sind, völlig überflüssig machten. Kenner der Verhältnisse wußten längst, daß die Socialdemokratie mit diesem Hinweise, wie immer, nur die Erregung von Unzufriedenheit in deutschen Arbeiterkreiscn bezweckt, daß im Uebrigen die Lohnverhältnisse im Allgemeinen in beiden Ländern gleich, in reckt vielen Branchen aber in Deutschland besser als in England sind. Weite Kreise nicht btos Deutschlands selbst, sondern auch Englands, glaubten dagegen an das socialbemokratische Märchen. Angesichts dieser Thalsache ist cs doch angebracht, stärker, als eS sonst nötbig gewesen wäre, zu betonen, daß die englische Delegation von Arbeitgebern, welche jüngst die deutschen Eisenwerke besucht hat, über die in den letzteren gezahlten Löbne erstaunt gewesen ist. Wenn es auch einzelne besser gelöhnte Eisen- ärbeier in Englaud giebt, so ist dock nunmehr als sicher fest gestellt, daß das Gros der Eisenarbeiter Deutschlands mehr verdient, als das Englands. Und noch mehr. Die englische Delegation mußte die WohlsahrtSeinricktungen der deutschen Eisenwerke bewundern, ein Zeichen dafür, daß die englischen nicht in solcher Ausdehnung und Verfassung vorhanden sind. Es ist uns sehr wokl bekannt, daß die Socialdemokratie von den Wohlfahrtseinrichtungen nichts wissen will, aus dem einfachen Grund, weil durch dieselben die Zufriedenheit der Arbeiterschaft gefördert wird und die Socialdemokratie nur unzufriedene Arbeiter gebrauchen kann. Jedoch glücklicher weise ist ja Deutschland noch nickt mit der Socialdemokratie identisch, und so wird es im nichtsocialdemokratischen Deutsch land mit Befriedigung vernommen werden, daß auck in diesem Puucte Deutschland an der Spitze der Culturstaaten marschirt. Tie Socialdemokratie aber wird nach diesen Vorkommnissen mit ihrer Exemplisicirung auf ausländische Arbeiterverbältnisse zwecks Verkleinerung der heimischen hoffentlich nicht mehr so viel Glauben wie früher staden. In Kürze findet in Schweden eine Reibe von Wahlen zur Ersten Kammer statt, soweit bis jetzt bekannt, 17, die von den theils in dieser Woche, theilS Ende des Monats zusammentrctenden Lantsthingen vorgenommen werden und angesichts der Unionsverbältnisse von besonderer Wich tigkeit sind. Die Erste Kammer ist nicht nur der Hort und Fenilletsn. Schwere Kämpfe. Roman aus dom nrotzcn Kriege. 17) Von Carl Tanera. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Daher kam es, daß die ersten Schliffe fast gleichzeitig also in der Art einer Salve abgegeben wurden und nahezu ausnahmslos trafen. Jetzt krackte das Obren zerreißende Schnellfeuer der 50 Jägerbüchsen nach. Mit einem Male ward es tadellos still. Das war eben die echte deutsche Feuer- und Gefechlsdisciplin. Kein Mann batte mehr als fünf Patronen verschossen. Horn prang nun mitten durch den Pulverdampf vor die Linie einer Jäger. WaS er sah, übertraf jede Erwartung. Die ranzösische Compagnie existirte einfach nicht mehr. Nur ein Haufe von vielleicht 30—40 Mann wurde mit äußerster Mühe — Horn sah cs deutlich, sogar mit Säbelhieben — durch einzelne Officiere gezwungen, sich hinter Bäumen zu decken und gegen die neuen so ungeahnt aufgetauchten deutschen Gegner zu feuern. Alles Andere mußte ausgerissen sein. Da besann er sich nicht lange. So laut wie noch nie schrie er sein Commando zurück: „Auf! Laufschritt, vorwärts marsch! (Ich wiederhole, daß die alten bayerischen Commando« andere waren als jetzt. Der Verfasser). Hurrah, hnrrah!" Das hatten ja seine Jäger erwartet. Sie wußten, daß nichts Anderes kommen werde. Im Nu sprangen sie auf, rannten mit gefällten Bajo netten vor und brüllten ibre Hurrah'S so laut und so an dauernd, daß man nicht 50 sondern einige Hundert Angreifer zu bören vermeinte. Da balf den französischen Ofstcieren alle Energie nichts mehr. Einige ihrer Leute feuerten zwar, nahmen sich aber in der Aufregung, der Angst und Ueber- raschung gar keine Zeit, zu zielen, sondern knallten planlos in die Luft. Als die Jäger nach ununterbrochenem Laufe in der französischen Stellung ankamen, fanden sie nur noch etwa 20 Mann um einen wild dreinschauenden Capitän vereint, die Anderen, auch die Officiere, waren auSgerissen. Aber selbst diese Leute warfen sofort die Gewehre weg und gaben sich gefangen, als die Jäger wie wahre Teufel auf sie losstürmten. Nur der französische Capitain schlug mit seinem Säbel wie wüthend um sich, und ein alter Sergeant luv noch einmal sein Gewehr, legte an und schoß den Jäger Moser auf eine Entfernung von etwa fünf Schritten nieder. Da sauste aber auck sckon der Kolben Waldstättcrs mit solcher Wucht auf seinen Schädel, daß Gehirn und Blut zur Seite spritzten, und der französische Unterosficier wie vom Blitz getroffen todt znsammenbrach. Zugleich schrie Horn den feindlichen Compagniecbef an: „kenckox — vous!" Der hörte nicht daraus, riß einen Revolver aus der Schärpe und zielte auf den Oberlientenant. Ehe aber der Schuß kracken konnte, sprang der Jäger Niederer vor, und unter dem Aus ruf: „Pratz'n wegl" schlug er mit der geballten Faust dem Franzosen die Waffe zur Seite. Dann warf er sich auf ihn, und mit Hilfe eines anderen beispringenden Jägers ward der Officier im Nu entwaffnet. Jetzt gab sich derselbe gefangen. Auch einige französische Soldaten wurden gefangen genommen. Hergott, wie sah cs auf der eroberten Stelle aus! Ueber 40 todte oder schwer verwundete Franzosen lagen in ihrem Blute auf der Erde. Die leichtverwundeten waren mit den unverletzten jedenfalls entflohen. Man batte keine Zeit, sich um die armen Kriegsopfer zu kümmern. Auch dem in den letzten Zügen liegenden Jäger Moser konnte man nicht beispringen. Die vor der fran zösischen UnterstlltzungScompagnie kämpfenden Truppen beider Gegner batten nämlich die kurze Episode und den dadurch bewirkten Umschlag der Lage zu Gunsten der Bayern wohl bemerkt. Daher gäben viele der französischen Tirailleure ihre doch unhaltbar gewordene Stellung des rechten Flügels auf und wichen in nordwestlicher Richtung aus. Die deutschen Angreifer aber stellten ihr Feuer ein und setzten unter Hurrahrufen zum Erobern der von den Franzosen besetzt ge wesenen Linie an. Jetzt wichen auch die letzten dort noch verbliebenen Vertheidiger zurück. DaS durfte aber nicht so ohne Weiteres geschehen. Horn commandirte, so laut er konnte: „Auf die davonlaufenden Franzosen Schnellfeuer! — Visir 250 Schritt!" Wieder krachte es au« den Jägerbüchsen, und wieder brachen manche der armen gehetzten Franzosen unter dem tödtlichen Blei der Alpenjäger zusammen. Bald aber waren die letzten hinter den Büschen und Bäumen des Waldes ver schwunden. Dafür kamen deren vorherige Gegner, bayerische 5 er, 11er, 2 er und 4 er Jäger, heran und begrüßten jubelnd die tapferen Alpenjäger, welche so günstig und so entschieden in den Kampf «ingegriffen hatten. Ein Major des fünften bayerischen Regiments schritt auf Horn zu, gab ihm die Hand und sprach: „Sie haben Aus gezeichnetes geleistet, Herr Oberlieutenant. Ihr Vorgehen bat uns das Zurückwerfen des ganzen rechten französischen Flügels hier im Walde sehr erleichtert. Wie ist Ihr Name?" „Oberlieutenant Horn von, ersten Jägerbataillon." „Gut. Ich werbe höheren Ortes über Sie berichten. Jetzt ersuche ich Sie, Ihren Zug zu sammeln und als Unter- stützungslrupp hinter meinen Schützen nachzuführen. Wir haben keine geschlossene Abteilung hinter uns, und ich bin sebr frob, in Ihnen und Ihren Jägern eine solche sür alle Fälle zur Hand zu haben." Das war nun dem Oberlieutenant und seinen Leuten keineswegs angenehm. Sie erkannten recht gut, daß dieser Befekl wohl auch von einer tüchtigen Portion Eifersucht be einflußt war, denn der Major fürchtete wohl, daß diese schnkldlgen Hochländer seinen Leuten die schönsten Lorbeeren vor der Nase abpflücken könnten. Es war aber nichts da gegen zu machen, denn erstens war der Befehl, wie Horn recht gut einsah, vollkommen sachgemäß, und zweitens hat ja ein Soldat überhaupt nur zu gehorchen. Er ließ also zunächst durch den Oberjäger Renner die Leute sammeln und sah selbst nach dem gefallene» Jäger Moser. Der arme Mann war todt. Das aus so großer Nahe abgegebene Geschoß mußte ihm die ganze Brust inner- lick zerrissen haben. Sonst fehlte kein Mann. Nur der Jager Hohbach kam hinkend daher. „Was ist mit Ihnen?" »Herr Oberlieutenant, mi' Hamm si a biserl g'flügelt. ? Sle'sckschuß. Der heilt in zwäa Tag. z bleib n brauch i des weg'» goar nit." Ein Unterosficier verband ihn den leichten Streifschuß und dann trat er wieder in Reib und Glied. Nun entsendete Horn den Unterosficier Heeg mit zwei Mann als Patrouille, »m das Bataillon zu suchen und dein Herrn Oberttlieutenant alle- bisher Geschehene sowie die hergestellte Verbindung mit Abtbeilungen des II. Corps und der ersten Division zu melden. Dann trat er auf den ae- sangene» französischen Officier zu und sprach zu ihm ,,, gutem Franzo,„ch: „Herr Kamerad, ich bedauere für Sie sehr da« Mißgeschick, welche« Sie in mein- Gewalt gelieff U ^"0"^ -"'«stellen, daß S, sich bi« zum letzten Augenblick ,„,t ausgezeichneter Bravour geschlagen baden. Darf ,ch S,e um Ihren Namen bitten?" Mil finsterer Miene erwiderte der Franroie keinerlei Gespräche einlassen wollte, so bemerkte ihm Horn kurz: „Folgen Sie meinem Zuge nach." Dann rief er dem Unterosficier Waldstätter zu, ein wachsames Auge auf den Franzosen zu haben. Ei» Jäger trug den Säbel und Revolver des Capitains. Die gefangenen Soldaten mußten sich ebenfalls anschlicßen. Einige Jäger stellten sich hinter ihnen auf. Nunmehr hatten die vordringendcn Schützen der ver schiedenen durcheinander geratenen Abheilungen soviel Vor sprung bekomme», daß Horn mit seinem Zuge folgen mußte. Während des Vormarsches meinte Niederer, neben dem der Officier zufällig marschierte: „Gellen S' Herr Oberlieutenant, 'S war do' guat, daß S' mi' mitg'iiomme Hamm, sunst hält' der Franzoß Ebana am End do' trofsin." „Nichtig, Niederer. Ick kam noch gar nicht dazu, Ihnen zu danken. Sie haben mir wahrscheinlich das Leben gerettet. Ich danke Ihnen von Herzen!" „Herr Oberlientenant, >' Hab nix tbua, als dem Französin a's sei' Pratz'n g'schlag'n, daß er den Revolver hat weg- sckmeiß'n müssin. Da woar nix derbei. I' Hab' bloß soag'n woll'n, daß der liab' Herrgott mir do' g'schwind a Gelegen heit geb'n hat, z' zoag'n, daß i' nit umesunst mitg'iiomme wor'n bin." „Ja, eS ist wahr. Es bat wobl so sein sollen." Leise fügte er bei. „Sonst hätte sich mein vorher gehegter Wunsch wohl schnell erfüllt." — Der Jägerzug folgte den Schützen in der vorgeschricbenen Entfernung von 200 Schritten »ach. Mit einem Male ging das auf diesem linken Flügel vorübergehend eingestellte Feuer mit verdoppelter Heftigkeit loS. I» gespanntester Aufmerksamkeit folgte Horn den Be- wegungen des neu entbrannten Kampfes. Er wartete ver gebens auf ein Zeichen teS MajorS oder eine Ordonnanz desselben, wodurch er den Befehl erhalten würde, wieder mit einzugreifen. Nichts Derartiges geschah. Mit einem Male erreichte da- Feuer der Schützen eine bisher noch nickt erlangte Heftigkeit, dann begann von rechts her ein kolossales Hurrahrufen, und nun stürzten alle Schützen vor. n commandirte Horn: .Laufschritt, vorwärt« marsch!" Und der ganze Zug setzte sich in Bewegung und trabte den Schutzen nach. J„ zwei Minuten hatte man den Waldrand erreicht „nd sah ein weite« freies Feld vor sich. lieber dieses stürzte die ganze lange Linie der Angreifer, Preußen und
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