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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.12.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951212019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895121201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895121201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-12
- Tag1895-12-12
- Monat1895-12
- Jahr1895
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BezugS-PreiS i» d« Hauptexpedition oder den tm Stadt. de«stk mrd de» Vororten errichteten »vr. aabestellen «b-«-0lt: vierteljährlich ^».50. bei zroetmaliger täglicher Zustellung in« Vaus 5L0. Durch die Post bezogen für Drutschlaud und Oesterreich: vierteljährlich -ckl ck.—. Direkte tägliche Kreuzbandlendung ins Ausland: monatlich 7.50. Di« Morgrn-AuSgab« erfcheiut um 7»7 Uhr. di« Abend-AuSgab« Wochentag« um 5 Uhr. Uedaclion und Lrpeditiüu: Iahannesgaffe 8. Di« Expedition ist Wochentag« nnunterbroche» geöffnet von früh 8 bi« Abends 7 Uhr: Filialen: vtts Rlesttm's Sorttm. (Alfred Haha). Universitätsstraße 1. Laut« Lösche. Katharinenstr. 14, Port, und KönigSplatz 7. Movgen-Ausgabe. ripMcr TaMM Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. AnzeigeN'Preis die e gespaltene Petitzeile 80 Psg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4 ge spalten) dO^z, vor den Famtltennachrichten (6 gespalten) 40^. Gröbere Schriften laut uujerem Preis- veezrtchniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra »Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbesördcrung »l 60—, mit Postbrsörderuag 70. Anuahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Für di« Wontog-Morgen-Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Aureigen sind stet» an dir Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» ln Leivzig. M. Donnerstag dm 12. December 1895. 89. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, neue Bearbeitungen des amtlichen WaarenverzeichnigeS zum Zolltarife und des statistischen WaarenverzetchniffeS betreffend. Bon dem amtlichen Waarrnvrrzrichniss« »um Zolltarife, sowie von dem statistischen Waarenverzeichnisse nebst Verzeichniß der Massengüter sind neue Bearbeitungen erschienen, die mit dem 1. Januar künftigen Jahres in Kraft treten werden. Diese Druckwerke können im Wege deS Buchhandels bezogen werden. Außerdem aber sind die Zollstellen angewiesen worden, sie in je einem Exemplare zur Einsichtnahme durch das Publicum an AmtSstelle bereit zu halten. Dresden, am 6. December 1895. Königliche Zoll- und Steuer-Direktion. — vr. I-Nde. Wahl von Kirchenvorstehern für die Vicolaigemeinde. In Gemäßheit ß. 17derKirchenvorstandsordnungvoin 30.Märzl868 scheiden auS dem Kirchenvorstand zu St. Nicolai mit dem Ende dieses Jahre« die Herren Schulrath vr. Hempel, Geheimer Nalh Professor v. Luthardt. Maurermstr. M. Miersch, vr. med. Nakonz, Justizrath Vr. Röntsch, Seilermeister Trümper-Bödemann auS. Dieselben sind jedoch wieder wählbar. Auch ist die Stelle deS von Leipzig verzogenen Herrn Postdirectors Vodel »u besetzen. Die Wahl ist aus Montag, den 16. Deebr. d. I., angesetzt und wird in der Sakristei der Ricolaikirchc von Vormittags 10 Uhr bi- Nachmittag- 4 Uhr (ohne Unterbrechung) staltfindrn. Für die Wahl ist zu beachten: 1) Stimmberechtigt sind nur die auf Grund der Anmeldung in die Wählerliste ausgenommenen Gemrindeglieder. 2) Die Wahl hat durch persönliche Abgabe eines TiiNtmzcttels . zu erfolgen. Jeder Wähler kann sein Wahlrecht nur in eigener Person ausüben. 3) Jeder Wähler hat auf seinem Stimmzettel 7 Gemeinde- gljeder, und nicht mehr, welche dem Kirchspiel zu St. Nicolai augehören uud mindestens 30 Jahre alt sind, nach Taus- und Familiennamen, Stand und Berus genau zu bezeichnen. Wir fordern hiermit die Gemeindeglteder auf, Montag, den 16. December d. I.» ihr kirchliches Wahlrecht auszuüben und dabei ihr Augenmerk auf „Männer von gutem Ruse, bewährtem christlichen Sinn, kirchlicher Einsicht und Erfahrung" (K.-B.-O. §. 8) zu richten. Leipzig, am 8. December 1895. Der Kirchenvorstand z« St. Rteolai. —— v. Hölscher. Gewölbe-Vermiethung. In dem Neubau auf dem alten Gewandhausgrundstücke sollen die folgenden, an der Universitätsstraße gelegenen BerkausSgrwölbe vom 1. Oktober k. IS. ab auf 6 Jahre vermiethet werden, und zwar Gewölbe Nr. 47, neben der Durchfahrt gelegen, ca. 73,4 qm groß, nebst dem darunter im Kellergeschoß gelegenen Lagerraum«, ca. 63,8 qm groß, Gewölbe Nr. 48, ca. 95,7 qm groß, nebst dem ebenda ge- leqenen Lagerraum«, ca. 87,5 qm groß» Gewölbe Nr. 40, ca. 54,5 qm groß, nebst ca. 52,1 qm großem Lagerraum« und Gewölbe Nr. 56, an der Ecke der Universitätsstraße und dem Kupfergäßchen gelegen, ca. 87,7 qm groß, nebst ca. 82,0 qm großem Lagerräume. Mietbgesuche werden auf dem Rathhause, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, entgrgengenommen. Leipzig, den 23. November 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndltn. Krumbiegel. Bekanntmachung. In Gemäßheit der Z8. 2 und 7 des Regulativs für GaSrohr- leitungrn und Gasbeleuchtungsanlagen in Privatgrundstückrn vom 2. März 1863 machen wir hierdurch bekannt, daß der Schlosser Herr Adolph Treppenhauer in Letpzig-Lindenan. Markt Nr. 3, ur Uebernahme solcher Arbeiten bet uns sich angemeldet vnd den 'esitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 9. December 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. X. 6788. vr. Tröndlin. Wolfram. Bekanntmachung. Spareaffe in der Parochie Schvnefcld zu Leipzig-Reudnitz» Grenzstraße 3. Der Zinsenberechnung und des Bücherabschlusses halber bleibt die ltzpedition unserer Sparkasse vom 16. bis 31. December 189a für Ein- und Rückzahlungen auf Sparbücher ge schloffen. Bom 2. Januar 1896 an ist di« Expedition wieder für den regelmäßigen Sparverkehr Vormittags von 8—1 Uhr geöffnet. Leipzig-Reudnitz, 26. November 1895. Robert Liebert» Director. Die städtische Spareaffe zu Markranstädt verzinst die Lin- lagen halbmonatlich und zwar mit: 3 - 7«. Lxpeditlonszeit jeden Wochentag Vormittag von 9—12 Uhr mit Ausnahme des Sonnabends. Sparvrrkehr im Monat Oktober: 136 115 31 Einlagen nnd 62 831 59 ^ Rückzahlungen. Disponible Gelder liegen zur Ausleihung gegen Stellung von Hypothek oder Verpfändung mündelsicherer Werthpapiere, sowie gegen Verbürgung hier bekannter und zahlungsfähiger Personen ieder< zeit bereit. Spareaffe Markranstädt im November 1895. Verawvainloiig: voaaorstag, den 12. veoewdei- 1895, Xdaaäe 6 vdr iw 8»»I« ä»r Lratau kllrgeneokul«. D»g«»orä»»»gr l. Leriakt« des sttanäesauwcduww nnä der llnitllcken Ver trauen,commlseion. II. Xvtrrqx. das „Oorrsspondeveblatt" bstr. III. Oaeeendertodt. IV. IVaklen cker VsreinsbsLmten, der veleairten snm Xrsis- rvrchnwuwoduw« unä <i«r Xowedüw« kklr 1896. Der IVadlaot Mird am 7 vkr pllnetUek ttlr xescklowsn orlUsrt Manien. XN» aaok äieaar 2«it »Ick eioSndevden Ai Glieder »tack ro» cker Xd,ttwwa»g »aexaeekloaeea. 8»aitlttii»tk vr. vetnre Der städtische Lagerhof in Leipzig lagert Waarrn aller Art zu billigen Tarifsätzen. Die Lager- scheine werden von den meisten Bankinstituten beliehen. Leipzig, den 26. April 1894. Die Deputation zum Lagerhofe. Der Antrag Kanitz und die national liberale Fraction 42- Die Thatsache, daß der Antrag Kanitz auch von drei Mitgliedern der nationalliberalen ReichStagSfraction, den Herren Freiherr von Hehl, Graf Oriola und Hosang, und einem Hospitanten derselben, dem Abgeordneten Schwerdt- seger, unterzeichnet worden ist, bat, wie kürzlich mitgetbeilt worden, die „Nat.-Ztg."-veranlaßt, den Ausschluß dieser Herren auS der Fraction zu fordern. Diese hat sich nunmehr mit der Frage beschäftigt und ihre Entscheidung in einer Weise getroffen, die in der folgenden Erklärung der „Nat.- Lib. Corr." niedergelegt und motivirt wird: „Die Thatsache, daß einige Mitglieder der nationalliberalen Fraktion deS Reichstages den Antrag Kanitz unterschrieben haben, ist in verschiedenen Blättern, welche als Vertreter der Anschauungen und Interessen der nationalliberalen Partei bewährt sind, Gegenstand einer sehr abfälligen Kritik gewesen. Es ist in Folge dessen zu einer Aussprache in der Fraction gekommen, m welcher man einstimmig an erkannt hat, daß in dieser Tdatsache ein Grund zum Austritt der betreffenden Mitglieder aus der Fraction nicht zu erblicken sei. In der Rede, welche der Ab geordnete Or. Paasch e am 29. März d. I. in der Debatte des Reichstags über den Antrag Kanitz im Namen der national liberalen Fraction gehalten hat, findet sich beim Eintritt in die sachliche Kritik folgende Bemerkung: „Zuvor muß ich aber hierbei erklären, daß einige meiner politischen Freunde auch geneigt wären, daS Princip eines Einkaufmonopols für aus ländisches Getreide anzuerkenncn. DaS sind aber nur einige wenige; die anderen sind der Ueberzeuguna, daß auf diese Weise eine Abhilfe nicht möglich ist." Die Thatsache, daß einige Mitglieder der Fraction dem Anträge zustimmen, war also längst bekannt, wie ja auch feststeht, daß im Centrum und in der Reichspartei die Meinungen über den Antrag Kanitz aetheilt sind, und daß selbst die conservative Partei in diesem Punkte nicht einig ist, nur daß hier umgekehrt eine Minder heit zu den Gegnern deS Antrags gehört. Nach der Meinung der nationalliveralen Unterzeichner deS Antrags Kanitz enthalten die soeben vorgenommenen Aenderungen eine wesentliche Modifikation desselben; die große Mehrheit der Fraction aber vermag sich davon nicht zu überzeugen, und man wird die Hoffnung nicht aufzugeben brauchen, daß auch die von ihr abweichenden Mitglieder, sowie diejenigen unserer Parteigenoffen im Lande, welche bislang noch von dem An trag Kanitz eine Hilfe für die Landwirthschaft erhofft haben, sich im weiteren Verlauf immer mehr von der Undurcksühr- barkeit desselben in seiner alten wie in seiner neuen Fassung überzeugen werden. Auf alle Fälle aber wird der agita torisch-demagogischen Ausbeutung des Antrags Kanitz von der gesammten nationalliberalen Partei nach wie vor mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden." Unsere Beurtheilung deS Antrags Kanitz bindert unS nicht, den im Vorstehenden mitgetheilten Entschluß der nationalliberalen ReichStaassraction zu billigen. Und vor Allem auS der allgemeinen Erwägung heraus,daß die Trennung von Parteigenoffen, mit denen man in den Fragen, deren übereinstimmende Beantwortung die Grundlage der Partei bildet, sich in vollem Einklang befindet, für die Bleibenden wie die Gehenden etwas fortwirkend Mißliches bat. Die Partei grundlage wird aber von einer wirthschasiSpolitischen Differenz nirgends weniger als bei drrnationalliberalenPartei berührt, da diese in WirthschasiSpolitischen Ueberzeugungen niemals ein Ver- einigungSmoment erblickt hat. Finden sich nun, wie die obige Parteikundaebung zutreffend sestftellt, auch in Parteien, die im WirtbschaftSpuncte geringere Freibeit gewähren, Gegner und Anhänger veS Antrags Kanitz zusammen, so darf die Meinungsverschiedenheit über diesen für die nationalliberale Partei erst recht kein zwingender Grund sein, die Stellung zu dem Anträge zum Schibboleth der Parteizugehörigkeit zu machen. Nun hat man aber demgegenüber ringewandt, der Antrag Kanitz werfe keine wirthschastspolitische, sondern eine Frage der Gesellschaftsordnung auf, er erkenne das Princip deS SoeialiSmuS an und deshalb falle rr aus dem Rahmen, innerhalb dessen die nationallibrrale Partei sich um wirth- schaftspolitische Anschauungen ihrer Mitglieder nicht kümmere. Ob daS theoretisch richtig ist oder nicht, ist eine Doctorfrage Jedenfalls würde die Verwirklichung deS Antrags eine un zulässige Gewährung von StaatShilfe an eine Erwerbsarnppe auf Kosten aller anderen bedeuten. Indessen die Verstaatlichung der Getreideeinfuhr ist auS anderen, als diesem GerechtigkeitS- gründe undurchführbar, rin Traum, oder, wenn die vier nationalliberalrn Unterzeichner lieber wollen, «ine wirthsebafts- wissenschaftliche Idee, wie deren viele in vielen Köpfen spuken, ohne daß deren Inhaber aufhörten, sonst nützliche Glieder einer Gemeinschaft zu sein. Praktisch wird die Sache erst, wenn die Agita tion so betrieben wird, daß die Verbreitung der Ideen einen die Allgemeinheit gefährdenden Charakter annimmt. Daß die Erfinder und Entrepreneure deS Antrags Kanitz durch die Art, wie st« die Einfubrverstaatlickttim als «in unfehlbares, aber auch als das einzige mögliche Heil mittel anpreisen, die Landwirthe schädigen, kann keinem Zweifel unterliegen. Daß die nationallibrralen Gläubigen de« Antrags eine solche, wie Herr v. Bennigsen ohne lieber treibung gesagt bat, gemeingefährliche Wirksamkeit nicht ent falten, ist notorisch und geht überdies aus der Erklärung der „Nat.-Lib. Eorr." hervor, laut welcher dir grsammt, nationallibrrale Partei dir agitatorisch-demagogische Aus brutung deS Antrags Kanitz verdammt. Von -er Re-action -er „Grenzboten" werden wir um Abdruck der folgenden „Berichtigung" ersucht: Das „Leipziger Tageblatt" bringt in einem Aussatz „Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung über Leipzig" folgenden Satz aus dem Aufsatz Ver „Grenzboten" in Heft 48 „Sind wir Socialdemokraten" mit den angefügten Bemerkungen der Norddeutschen Allg. Zeitung": Seite 418 gewähren die „Grenzboten" folgender Auslastung Aufnahme: „Außerhalb Englands tritt mit psychologischer Noth- wendigkeit die Wirkung ein, daß der Arbeiterstand revolutionair gesinnt ist. Der moderne Militair- und Polizeistaat ist stark genug, jede revolutionaire Bewegung im Keim zu ersticken, und er thut es. Demnach muß mit der Zeit eine zweite Wirkung eintreten: Die Hoffnung auf Besserung schwindet, die kraft zum Widerstande erlahmt, die Arbeiterorganisationen lösen ich auf, die energischeren Angehörigen des Arbeiterstandes flüchten durch Selbstmord aus dem hoffnungslosen Dasein, die Uebrig- bleibenden versinken in jenen Zustand thierischen Stumpfsinnes, der ich willenlos in jede Lage fügt." Wenn daS Bild, das hier von der Lage deS deutschen Arbeiter- 'tandes entworfen wird, nicht etwa als Ausgeburt eines kranken Gehirns genommen werden soll, so kann es nichts Anderes sein, als eine Aufforderung, ehe man „durch Selbstmord endigt", oder n „thierischen Stumpfsinn" versinkt, noch einen verzweifelten Ver uch zu machen, ob dem die Revolution unterdrückenden „Militair oder Polizeistaat" nicht doch beizukommen sei. Wer solche aufrührerische, zum Widerstand gegen angebliche brutale Ungerechtigkeit aufrufende, die sociale und staatliche Ord nung leichtfertig verleumdende Redensarten ins Publicum wirft, der ist Genosse und Mitschuldiger der Partei des socialen Um- turzes, möge er sich zu den von Karl Marx oder dem Bebel- Licbknecht'schen Programm vertretenen Theorien im Uebrigen ver» »alten, wie er will. Hieran knüpft das „Leipziger Tageblatt" seinerseits Be merkungen. Wir haben dazu Folgendes zu bemerken: Die „Grenzdoten" zeichnen kein Bild der Lage des deutschen Arbeiterstandes, sondern sie weifen darauf hin, wohin eS unter gewissen Umständen kommen kann. Die „Norddeutsche !lllg. Ztg." hat eS unterlassen zu beachten, in welchem Zu- ammenhange der Satz der „Grenzbolen" steht. Es ist gesagt worden: die englische Arbeiterschaft ist durch die englische Colonialpolitik davor geschützt, zu revolutionairen Bestrebungen zu kommen; die deutsche muß durch eine ähnliche Politik davor »ehütet werden, entweder der Revolution in die Arme getrieben zu werden oder zu Grunde zu gehen. DaS ist derSinn dessen, waS die „Grenzboten" seit Jahren predigen, um zu zeigen, wie die socialdemokratischen Verirrungen zu beseitigen sind. Nur wer den Satz, der oben citirt worden ist, aus dem Zusam menhang reißt, kann zu einem so unsinnigen Entweder-Oder den „Grenzboten" gegenüber gelangen wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung". DaS „Leipziger Tageblatt" kann die „Grenzboten" nicht gelesen haben, wenn eS sagt, es könne sie gegen diesen Unsinn nicht in Schutz nehmen. Die Redaction der „Grenzboten". Wir haben dieser „Berichtigung" nicht viel hinzuzufügen Es war nichts weniger als undenkbar, daß die „Nordv. Allgem Ztg.", die so Unsinniges über Leipzig, sein „Klima" und dir in ihm gedeihenden „bacillusschwitzenden" Professoren und Buch händler schrieb, auch den betreffenden Artikel der „Grenzboten" gründlich mißverstanden hätte. Wir haben daher diesen Artike genau gelesen, aber nicht finden können, daß das Berliner Blatt den „Grenzboten" Unrecht gethan. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" erkennt ja an, daß die „Grenzboten", „soweit Absicht und wirkliche Grundüberzeuaun in Frage kommen, einem demokratisch - socialistiscden Dema- ogenthum so fern wie nur irgend möglich stehen" sie wendet sich auch nur gegen die Methode der „Grenzboten", zur Erreichung eines guten Zwecke« „ent weder die bestehenden staatlichen und socialen Zustände als so verrottet, verdorben und entsittlicht darzustellen, daß nur von einer grundstürzenden Umwälzung Besserung er wartet werden könnte, oder auf die gährende Unzufrieden heit der unteren BevölkcrungSschichten in einer solchen Weise einzuwirken, daß die Begehrlichkeit derselben noch mehr gestachelt, ihr Wahn, sich mit ihren Raubaelüsten im Recht zu befinden, gestärkt wird." Und wenn die „Nordd. Allgem. Ztg." diese Methode in dem Artikel „Sind wir Socialvemo kratrn" und besonders in dem oben citirten Satze an gewendet findet, so können wir uns darüber nicht wundern Wir bezweifeln, da wir über die Absicht und die Grund Überzeugung der „Grenzboten" im Allgemeinen und jenes Artikels im Besonderen ganz ebenso denken, wie die „Nordd. Allgem. Ztg.", nicht im Geringsten, daß jene Sätze Keines wegs die Socialdemokratie auffordern sollen, vor dem Selbst mord noch einen verzweifelten Versuch zur Niederwerfung deS unterdrückenden „Militarr- oder Po izeistaateS" zu machen, aber wir bezweifeln ebensowenig, daß solche Sätze, so wie sie dastehen, trotz des Zusammenhangs mit anderen Sätzen Wasser auf die Mühle der Umstürzler sind und von ihnen al- Beweismittel für die Richtigkeit ihrer Ziele und Wege ausgebeutet werden. Deutsche- Reich. (D Berlin» 11. December. Je klarer e« den Eng ländern wird, daß die schönen Tage, wo Graf Caprivi ihnen nur allzu viel Gefälligkeiten erwie«, vorüber sind, um so gehässiger und einseitiger wird die Kritik, welch« die Organe der öffentlichen Meinung de« selbstsüchtigen Albion« an den deutschen Verhältnissen üben. Und je giftiger eng lische Journalisten Deutschland herabwürdigrn, um so wärmer wird dir förmlich binschmelzend« Bewunderung, mit welcher der „Vorwärts" daS „stammverwandte Volk" be—lotznt. So inbrünstig wie heute den Engländern, bat da« social demokratische Centralorgan kaum je den Franzosen die Füße geküßt. Man höre, was da« Blatt schreibt: „Nachdem im „heiligen Krieg" von 1870/71 der Beweis geliefert worden ist, daß Deutichland mehr Soldaten und besser gedrillte Soldaten hatte als Frankreich, ist eS bei unseren Patrioten Mode leworden, verächtlich aus die anderen Staaten herabzusrhen, die nicht o viele und so gut gedrillte Soldaten haben wie wir. Lobt uns das Ausland, so nehme» unsere Patrioten das mit herablassendem Lächeln als selbstverständliche Huldigung hin — tadelt man uns, so sagen sie mit hochmüthigem Nasenrümpfen: „Der pure Neid!" Nun, die Sache ist doch etwas anders. In Deutsch, land sind die letzten Reste der Preßfreiheit fast unter« drückt — kein freies Wort kann mehr gesprochen werden, ohne daß der Sprecher Gefahr läuft, auf Monate und Jahre eingesperrt zu werden. Kurz, es ist jetzt in Deutichland ungefähr so, wie es vor 110 und 120 Jahren in Frankreich war — nur noch etwas schlimmer. Und damals flüchtete der Gedanke und das Wort sich nach Holland, — in die Schweiz — ins Ausland. Noch sind wir in Deutschland nicht so weit ge kommen, daß die Lpvositionsparteien, namentlich wir Social demokraten das geistige Kampsseld ins Ausland verlegen müssen. Ist auch di« Presse bei uns mehr geknebelt alS damals in Franl- reich, so haben wir dafür andere Hilfsmittel, die den Franzosen fehlten. Immerhin hat die Presse des Auslandes für uns eine größere Be deutung gewonnen: nur in ihr können wir das Urtheit freier Menschen über unsere Zustände lesen. Daß diese- Unheil vielfach befangen ist — durch nationalen Dünkel, durch Parteilichkeit, durch ungenügende Kenntniß unserer Verhältnisse —, das ist wohl wahr, allein wo diese Hindernisse eines richtigen und gerechten Urthcils fehlen, da muß gerade das Urtheil von Ausländern, weil es objectiv und frei von patriotischer Selbsttäuschung ist, für uns ein ganz besonderes Gewicht haben. Namentlich gilt das von solchen Ausländern, die durch die politische und geschichtliche Entwicklung ihres Landes in der Lage sind, sin»? ma. et stuülo — ohne Voreingenommenheit, ohne Haß und ohne Liebe und von einer etwas erhöhten, also einen Gesammtüberblick ermöglichenden Warte unsere politischen und socialen Zustände zu betrachten. Und das Alles teilst bei England und den Engländern zu. Die Engländer sind ein dem unseren stammverwandtes Volk, und wenn wir Deutsche uns mit Stolz unseres Germanenthums rühmen, so haben die Engländer sogar noch ein größeres Recht, sich dessen zu rühmen, denn sie haben relativ weit mehr germanisches Blut als alles in allem genommen wir Deutschen. Die Engländer waren sich jederzeit ihrer nationalen Verwandtschaft mit uns bewußt, und wenn sie mitunter eine nicht ganz angenehme Ueberlegenheit zur Schau tragen, so findet das in den Thatsache» seine natürliche Er klärung. Die politischen Bersaffungssragen, mit denen wir in Deutschland unS jetzt noch abquäten, sind von den Engländern seit zwei Jahrhunderten endgittig entschieden worden, und seit drei Menschenaltern — seit dem reactionairen Rückschlag der Kriege mit Frankreich — sind die Engländer über die Kinderkrankheit der poli- tiichen Tendenzprocesse und polizeilichen Staatsrcttereien hinaus, die unS jetzt so heftige Schmerzen und Krämpfe bereitet. Wenn wir uns an die Stelle der Engländer versetzen, so können wir ihnen ihr Gefühl der Ueberlegenheit sicher nicht verargen — an ihrer Stelle würden wir es auch haben. . ." Es fällt uns natürlich nicht ein, über all' daS unsinnige Zeug, daS der „Vorw." hier producirt, auch nur ein Wort zu verlieren: wir begnügen uns mit dem einfachen Abdruck und überlassen das Weitere den Lesern. Nur sei noch aus den englischen Preßäußerungen, die der „Vorw." mit Herz sicher, ungeheuchelter Freude citirt, bieder „Times" wieder- Aegeben. Diese schrieben kürzlich, daß, „dank der Anarchie in gewissen Kreisen, für eine europäische Intervention in Berlin mehr Grund verbanden sei als in Konstanti nopel, nur habe man hier keinen festen Punct, wo der Hebel sich ansetzen lasse". — DaS „Urtheil freier Menschen", daS laut dem „Vorwärts" „objectiv und frei von patriotischer Selbsttäuschung" ist, konnte gar nicht besser ins rechte Licht gerückt werden, als durch diese vom „Vorwärts" selbst mit getheilte Probe! * Berlin, 11. December. Eine vorläufige Bearbeitung der Ergebnisse der deutschen Iustizstatistik für das Iabr 1894 ergiebt Folgende«: Die Zahl der Geschäfte der deutschen Gerichte bar im letzten Jahre in fast allen Ge schäftszweigeo der Civil- und Strafrechtspflege zugenommen. Bei den Amtsgerichten sind 2 035 037 Mabnsachen anhängig geworden gegen 2 026 810 im Vorjahre, ferner 1 399 411 (1 334 547) ordentliche Processe, 177 6tL U68 845) Wechselproteste, 3427 (3399) andere Urkundenprecesie, sowie 55 220 (56 401) Arreste und einstweilige Verfügungen. Contra- dictoriscke Endurtheile sind 208 245 ergangen gegen 205 489 im Vorjahre. Bei den Landgerichten find 150 066 (1894 145 960) ordentliche Processe, 55 60l (55 087) Wecbselprocesse, 2415 (2455) andere Urkundenprocrsse, 15 089 (14 500) Arreste und einstweilige Verfügungen und 12 142 (11 362) Processe in Ehe- und Entmündigungssachen anhängig gemacht worden. Endurtheile sind ergangen 55 195 gegen 52 988 im Vorjahr. Faßt man die vor ven ÄmtS- und Landgerichten anhängig gewordenen ordentliche» Processe zusammen, so ergiebt sicb eine Zunahme von 68 970 oder 47 v. H. In der Be rufungsinstanz sind vor den Landgerichten 43 995 (in, Vorjahr 42 354) Processe anhängig geworden, in denen 32 468 (31 400) Urtheile ergangen sind. Bei den Ober landeSgerichten wurden 19 382 (18 365) Berufungen a„- hängig. Die Zahl der bei dem Reichsgericht und dem bayerischen Obersten Landesgericht anhängig ge wordenen Revisionen belief sich auf 2596 gegen 2366 im Vorjahr. Von den Strafsachen hat bei den Amtsgerichten nur die Zahl der Anträge auf Erlaß eines Strafbefehl« abgenommen, und zwar von 488 203 auf 485 346. Mehr als die Hälfte dieser Strafbefehle ent fällt auf Bayern. Anklagesachen wegen Uebertretungen sind 255 083 (im Vorjahr 24l 415) und wegen Vergeben 324 751 (314 163) anhängig geworden. Die Zahl der Privatklage sachen ist von 97 197 auf 99 411 gestiegen. Urtheile in Strafsachen haben die Amtsgerichte 620126 erlassen gegen 601 05S im Vorjahr. Vor den Strafkammern der Land gerichte sind 83 566 Aiiklagesachen anbängig geworden gegen 82 204 ,m Vorjahre, darunter 37 768 (38 585) wegen Ver brechen. Die Zahl der Urtheile belief sich auf 83 748 gegen 82 448. Bor den Schwurgerichten wurden 5368 Anklagen anbängig gegen 5275 im Vorjahre. Berufungen gegen die Urtheile der Schöffen (Amtsgerichte) wurden vei den Land gerichten 54 260 anbängig gegen 50 572 im Jahre 1893, 47 056 im Jahre 1892, 45 029 in, Jahre 1891, 42 332 im Durchschnitt von 1886 bis 1890 und 36 956 im Durchschnitt von 1881 bis 1885. Die Zunabme ist also sebr erbeblich. Auf Revisionen gegen Urtbril« der Straf«
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