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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.01.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960115024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896011502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896011502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-01
- Tag1896-01-15
- Monat1896-01
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Kur, 316,75 l l I6S.50 I 171.75 143L> -T'r. 147 so 103.75 ,«.1 84 2' i.I« i Od.^O >oi« > 317.— .00» e 107.75 oläl 102.60 -»lr « 90,00 « oillv 80.40 re» k«,t. iV «ircu 13128 pcr : 27Z0 r-r v»rv»v «1L>> »U.V» »11 »«»vl»»Uoll der Hauptexpedition oder den im Stadt- beitrk und den Bororten errichtete» Aus- sadesttll»« db geholt: vl»tteljSi,r>ich.H4.S0. zldetntaliaer tägltcher Zustellung ins >«S ^l b.SO. Durch die Post bezogen flir Abend-Ausgabe. «eatschland und vesterrklch: viertel,likrtich >^l 8.—. Direkte tilgliche Mreuzbtmdienvung tu» Au-lund: monatlich .« 7.vO. Die Morgrn-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr. die Abeud-ÄuSgabe Wochentags um 5 Uhr. UÄ«ution «r»d Erpedition: Ä»tzmr»««-,fie 8. Die-xpeditton ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend? 7 Uhr. eipmer.TlWlilalt AnzeigeU'Prets dic 6 gespaltene Petitzeilc 20 Pfq. 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Wenn der Reichstag sich beute nicht allzulange mit dein Eenlrumsantrage, betreffend die Durchführung des Frauen- und KiuderschuyeS in Fabriken, beschäftigt, so wird er sich abermals mit der Beleuchtung der Seeschlange, genannt Antrag Kauttz, zu befassen baden. Ailgsicktts dieses Ereignisses saht die „Deutsche TageSztg." noch einmal alle Argumente für diesen „verbesserten" Antrag zusammen, von dem sie debauptet, die Abstimmung werde „ein reiner Prüfstein werden für die nationale Ge sinnung und die politische Weisbeit der deutschen Volks vertreter". Zweifellos wird der Reichstag diese Prüsung nicht hestehen, da selbst die Agrarier darauf verzichten, den Antrag noch einmal zum Gegenstand von Com- misstonsverhandlungen zu machen; sie sind also auch nickt im Zweifel darüber, daß der Antrag bei der Abstimmung abgelehnt wird. Gleichwohl lohnt es sich, von einem Geständniß Act zu nehmen. Nach der neuen Formulirung soll der Antrag bekanntlich nur bis 1904, d. h. bis zum Ablauf der Handelsverträge, in Kraft bleibe». Wie diese Bestimmung gemeint ist, ergiebt sich aus der Erklärung, die Agrarier hätten sich zur Annahme der beschränkten Geliungs dauer bereit finden lassen, weil sie der festen Ueber- zeugung wären, daß das „ganze Volk" die weitere Fort dauer des Gesetzes verlangen werde, wenn es seine volkswirthschaftlichen wohlthätigen Folgen auch nur einige Jahre hindurch am eigenen Leibe verspürt habe. Von Wohl thaten pflegt man sonst nicht zu sagen, daß sie am eigenen Leibe verspürt würden. Man hat nachgerade den Eindruck, als ob die Agrarier selbst zufrieden sein würde», wenn die Seeschlange des Antrags Kanitz für immer aus den Grund des Meeres der Vergessenheit versenkt wäre. Jeden falls wird einem ansehnlichen Tbeile der c o n s e r v a t i v e n Partei bei einer solchen Versenkung ein Stein vom Herren fallen; hat dock der mecklenburgische Abgeordnete v. Buchka bei der ersten Berathung der Justiznovelle den Muth gefunden, zu erklären, dic Conservativen würden sich ' »klei " " Weise öffentlich herauswagen dürfen. Bor einem halbe» Menschenalter genügte schon der Verdacht des Demagogenthunis dazu, um harmlose Schwarmgeister auf die Festungen zu bringen und sie jahrelang im Kerker schmachten zu lassen. Heute darf sich eine Sorte vyn Menschen, die ganz osscn die ärgsten Gewaltthaten auf ihre Fahne geschrieben haben und Len Staat in Trümmer werfen wollen, wie ein behaglicher Bezirksvcrein ungenirt um die beste Methode zur Ausführung ihrer Abiichte» unterhalten, ohne aß man ihnen die geringsten Schwierigkeiten bereitet. Ist das nicht die beißendst« Satire aus unsere Zustände ? Landgraf, werde hart!" Der Hinweis aus eine Vergangenheit, in der eS möglich war, einen Fritz Reuter wie einen todeswürdigen Verbrecher von Festung zu Festung zu schleppen, beeinträchtigt die Wirkung dieses überdies nicht besonders zeitgemäßen Appells bedeutend. Es giebt Leute genug, die aus lauter IHll' NNd durch „kleinliche agrarische Agitation" gegen das Bürgerliche Gesetzbuch nickt abhalten lasse», dafür zu stimmen. Die Be Zeichnung „kleinliche agrarische Agitation" für das Haupt- azitationsmittel des Bundes der Landwirthe eröffnet einen tiefen Blick in den Gemüthszustand, mit dem die nicht- agrarischen Conservativen dem Ausgange des letzten parla mentarischen Kampfes um den Antrag Kanitz entgegeuseben. Am 26. d. M. wird in Elberfeld der schon einmal vertagte Anarchisten-tzongresz für Rheinland und die an grenzenden Gebiete stattfinden, für den die Wupperthaler „Genossen" schon seit Wochen gewühlt haben. In Baden wollen die Anarchisten bereits am 19. Januar tagen, um, wie das Parteiorgan mittheilt, zunächst einmal über den Begriff des Anarchismus eine Vereinbarung herbeizuführen und dann auch über die beste Art der Verbreitung sich zu verständigen. Die „Berk. N. N." bemerken heule dazu: „Wenn man derartige Ankündigungen liest, ist man versucht, sie für schlechte Carnevalsicherze von muthwilligen Spaßvögeln zu halten. In welchem Jahrhundert leben wir denn? Ist etwa bereits die neue Zeit, von der Bellamy phantasirt hat, heraiigekommen und gehört der Anarchismus zu den Themen des täglichen Lebens? Es istrinschneidenderHohnaufu ns ereganze Staats« uf- sasjung, daß der lei freche Herausforderungen der Organe der öffentlichen Ordnung sich überhaupt in jo ungenirter Besorgniß, der Demagozenriecherei aufs Neue Thür und Thor zu öffnen, der Staatsgewalt auch solche Mittel vorentbalten, die sie zur Bekämpfung ernster Gefahren bedarf. Und wir müssen uns, durch die Vergangenheit belehrt, sorglich vor der Wiederkehr von Zustände» hüten, an die wir ohne Beschämung nicht zurückvenken können. Aber diese Sorge verurtheilt uns keineswegs zu geduldigen Zu schauern jeder Verhetzung und jedes Hohnes auf unsere Staats- und Gesellschaftsordnung. Selbst die Apostel des „Ziikunflsstaates" würden, wenn sie zur erstrebten Macht ge langten, trotz ihrer jetzigen Schwärmerei für absolute Freiheit, sich keinen Augenblick bedenken, mit energischen Mitteln Die jenigen niederzubalten, die an den Säulen jenes Staates rütteln wollten. Es gilt also für uns, die rechte Mitte zwischen den Extremen einer terroristischen Fesselung der Geister und einem unlhätigen Geschehenlassen zn finden. Die verbündeten Regierungen haben mit der „Umsturzvorlage" diesen Versuch gemacht, sind aber mit diesem Versuche bei rem jetzigen Reichstage gescheitert, von dem ein Theil von der Besorgniß vor der Wiederkehr der alten Dcmagogen- riechcrei, ein anderer von der Selmsucht nach ähnlichen Zu ständen beherrscht wird. Mit diesem Reichstage die reckte Mitte zu finden, ist nicht möglich. Die verbündeten Regierungen verzichten mit Recht darauf, durch einen neuen Versuch einer neuen Niederlage sich auszusctzen, die nur die Siegeszuversicht der Umstürzler erhöben und die Dreistigkeit ihres Auftretens verstärken könnte. Wer soll also jetzt hart werden? Das deutsche Volk wird zu einer Thal erst bei den nächsten Neichstags- wablen berufen; unmittelbar vorher wird es an verZeit sei», ihm das Gewissen zu schärfen. Einstweilen müssen wir uns damit begnügen, daß auch die Anarchisten mit den Waffen bekämpft werden, welche die bestehenden Gesetze an die Hand geben. Daß das ohne schwächliche Nachsicht geschehen werde, ist nicht zn bezweifeln. Reichen diese Waffen nickt aus — so sammle man die Beweisstücke und trete mit ihnen zur reckten Zeit hervor, verbinde mit ihnen aber auch solche Porschläge, die uns vor ernsten Gefahren ebenso sichern, wie vor dem Zurücksallen in die beschämenden Zustände einer znin Glück überwundenen Vergangenbeit. Eine Berufung auf diese an die Mahnung zum Hartwerden zu knüpfen, ist weder jetzt, noch in der Zukunft am Platze. Ueber den in der Transvaal Angelegenheit zwischen Kaiser Wilhelm und der Königin Victoria geführten Briefwechsel läßt sich nun auch der „Hamb. Corresp." officiös an hervorragender Stelle wie folgt vernehmen: Dir Nachricht, daß die Königin von Großbritannien einen Brief an Kaiser Wilhelm geschrieben und von ihm umgehend eine Antwort erhab ten hat, wollen wir nichts bestreiten. Daß die Souveraine beider Reiche bei ihren engen Verwandlschastsbe i. hungen auch bei dem gegen wärtigen Anlaß von ihrer Gewohnheit des brieflichen Meinungs- austausches Gebrauch machen, wird Niemand Wunder nehmen. Wenn aber englische Blätter vorgeben, den Inhalt dieser rein pri vaten Schreiben zu kennen und Schlüsse daraus ziehen, die den englischen Lesern schmeicheln sollen, so weiß man in Deutschland, was man von solchen freien Erfindungen zu halten hat und in England sollte man sich überzeugt davon halten, daß der Enkel der Königin Victoria niemals den deutschen Kaiser desavouiren wird. In Zusammenhalt mit der bereits »ütgetbeilten officiösen Auslassung der „Nordd. Allg. Ztg", daß von deutscher Seite in der Transvaalangelegcnheit keinerlei entschuldigende Er klärungen abgegeben worben seien, und den schon be leuchteten Ausführungen der „Köln. Ztg." über den Brief wechsel der beiden Souveraine darf man sagen, daß die feste, selbstbewußle und von allein Anfang an würdevolle Haltung Deutschlands England gegenüber nicht kräftiger markirt werden konnte, als in diese» Aenßerungeii der ossiciösen Presse, welcher die übrigen Organe der öffent lichen Meinung in seltener Uebereinstimmung zur Seite stehen. In Deutschland sino Regierung und Presse im vorliegen den Falle vollkommen einig, während in England die würdelose Haltung der meisten Blätter sich aus ihrer Disharmonie mit den officiellen Vertretern des Vereinigten Kön.greicbs erklärt. Das schließt natürlich nicht aus, daß einzelne Mitglieder einer Regierung von der Wähler Gnade» den Chauvinismus derselben in unverbind lichen allgemeinen Redensarten zu schmeicheln für gut finden. So führte anläßlich der gestern erfolgten Verleihung des Ehrenbürgerrechts von Glasgow an den Ersten Lord des Schatzes Balfour dieser aus, Falls, was der Himmel verhüten möge, die Zeit kommen sollte, wo England sich wieder im Kampfe ums Dasein gegen ihm gegenüber ausgestellte Streitkräfte befinden werde, so würden, das prophezeie er, keine so bitteren Spal tungen unter den politischen Parteien Großbritanniens herrschen, wie zur Zeit der ersten französischen Revolution. Schotten, Eng länder und Irländer, ob sie in dem Jnselreiche oder in dessen Colonien wohnten, würden die Partei unter schiede ver gessen. Was die Stellung der englischen Regierung zum Trans vaal-Vertrag von 1884 betrifft, so liegen ausreichende ofsi- cielle Erklärungen noch nicht vor. Wie uns telegraphisch gemeldet wird, hiell gestern der Slaalssecretair des Innern Ridley in New-Castle eine Rede, in welcher er ausführie: Jameson's Einbruch in Transvaal wäre unverantwortlich und ungerechtfertigt, die Regierung beabsichtige sich an die Convention von 1884 zn halten und >ei gleichzeitig entschlossen, die Rechte anderer Länder nicht zu beeinträchtigen Schließlich forderte Ridley die Bevölkerung zur Einigkeit aus und drückic das Vertrauen aus, daß aus dem jetzige» liebet nur Gutes entstehen möge. Diese Auslassung ist, vielleicht infolge der telegraphischen Kürze des Berichts, so unklar wie möglich, aber wahr scheinlich ist, daß Staatssecretair Ridley sich absichtlich unklar ansgedrückt bat, da über die Auslegung des in Betracht kommenden Paragraphen noch diplomatische Verhandlungen zu schweben scheinen. Vielleicht interpre- tiren wir die kurze Meldung richtig dahin: England ver- urtbeilt zwar Jameson's Einbruch, hält sich im Uebrigcn aber an die Convention von 1884, es legt dieselbe dahin ans, daß sie dic englische Suzerainetät involvirt. wird sie aber in loyaler Weise ansüben, ohne die Rechte anderer Länder (cvnsularische Vertretung rc.) beeinträchtigen zn wolle». Jmnieihin kann die auf die Mächte bezügliche Stelle auch andcuteii sollen, Last England eine Neutralitäls erklärung, falls sie von den übrigen Mächten übereinstimmend gewünscht werden sollte, nicht durchaus widerstreben werde. Wie dem auch sei, in Transvaal scheint man anzunehmen, daß England ans dem Recht der Souzerainetät bestehen wird, andernfalls würde dem. Volksraad nicht, wie uns der Trabt aus Pretoria meldet, gestern eine Botschaft des Präsidenten Krüger zngegangen sein, in welcher erklärt wird, Tie Regierung sei fest entschlossen, die geheiligten Rechte und Interessen der Republik zu wahren und denselben sogar eine ,esterc und sichere Grundlage zu geben. Ueberhaupt scheint das Selbstbewußtsein der Boeren mächtig gewachsen und nicht gewillt, England gegenüber sich auch nur das Geringste zu vergeben. Aus Johannesburg. 13./1., wird nämlich gemeldet: „Morgen werden >2 000 bewaffnete Burgbers durch die Straßen reiten, ui» die Stärke der Republik kundzugeben." Außerdem ermächtigte nach einer Meldung von heute der Volksraad in Pretoria in seiner gestrigen Sitzung die Regierung, die Artillerie um 400 Mann zu vermehren. Viel mag zu diesem uucr schockenen Auftreten auch die Haltung des Oranjekrei- staates beigetragen haben. Man meldet uns aus Bloem sontain vom 13. Januar: Bom Volksraad wurde eine Resolution angenommen, worin der südafrikanischen Republik zu jeder Zeit, wo es verlangt würde, Beistand zugesichert wird, in welcher ferner Widerspruch gegen das Fortbestehen der Ehartered-Coinpany als einer Gefahr für den Friede» Afrikas erhoben und der Ansicht Ausdruck gegeben wird, der Charter solle zurückgezogen und Rhodesia durch Beamte der britischen Negierung oder der Capcotonie regiert werden. Schließlich wird noch eine Garantie gegen Störungen des Friedens seitens Rhodesias gefordert. Der Vollsraav in Pretoria hat einen Beschluß gefasit, nach welchem außer Sir Robinson auch dem Oranje- freistaat für seine Unterstützung der Dank ausgesprochen werden soll. Alle weiteren Berathungen wurden bis zum Mai vertagt, „da wegen der herrschenden Aufregung eine rubige und leidenschaftslose Gesetzgebung als unmöglich erachtet wird". Nach dieser letzteren Bemerkung sind die Wogen in Transvaal also noch durchaus nicht geglättet, was auch aus dem Erlaß von sehr zahlreichenVerhaslsbcsehlen hervorgeht. Bis zum 10. d. M. waren 200 Verhaftsbeseble erlassen und 6i Personen verhaftet, darunter folgende Mit glieder der Börse und Mineninduslrie: Lionel Phillips (Präsident der Minenkammer und Theilhaber der Firma H. Eckstein and Co.), H. I. King (Theilhabrr der Firma S. Neumann and Eo.), Charles Leonard (Präsident der National- llnion), Van Hnlsteyn lParnier von Charles Leonard), W. St. Jotm Earr (Vorsitzender des Hospitai-ComnSs), 4>r. Davies, Dr. Hans Sauer lGenerat - Tirecwr der Lo Magundi Development Com pany), W. Hudson (Advocat), A M. Niven (Börsenmakler), Fritz Mosenthal, Ä. H. S. Bell (Advocat), W. tz. RogerS (Director verschiedener Goidcoinpngnieii), Max Langermann, Mullins (Advocat), G. Richards (Tirecwr der Consolidated Gold Fietds;, vr. Hillier (früher Theilhaber von Or. Jameson in Kimberleh. A. Woolls-Sampson, I. G. Auret (Advocat), Sir Drunnnorw Dunbar, Bart. I. I. Lace (Lace and Tompjon), I. Hays Harn mond (Ingenieur der Gold Fietds os South Afrika), Or. Duirs, vr. Mitchell, Oberst F. Rhodcs, R. A. Betttngton (Secretalr der National Union), W Beechey Head (Kaufmann), R. Fricker Feirilletsi« ui Annalise's Pflegemutter. Roman von L. Haidheim. Nachdruck verboten. Unterdeß hatte Carola zur Mutter davon gesprochen, daß Joachim Nachmittags zum Bogeldoctor wolle. „Könnten Sie uns nicht mitnehmen?" bat Annalise. „Ich bedauere seht!" lautete seine kurze abweisende Antwort. Und als er dann sab, er batte sie verletzt, sie wurde flammend roth und schwieg beleidigt, da sprang er mit einem ihr räthselhaften Blick empor, als wolle er fortstürzen. Alle sahen ihn an. Was fiel ibm ein? GlogowSky drehte mit überlegener Ruhe seinen Schnurrbart und sagte freund schaftlich, doch rin wenig gönnerhaft: „Sie treiben eS zu weit in Ihrer Gewissenhaftigkeit, lieber Lino!" Er nannte Joachim vertraulich immer so. Dieser hatte sich schon wieder hingesetzt, indem er waS von: „Doch zu spät" und vergessen" murmelte. Frau Marfa'S Eintritt kürzte das Dessert ab. Sie ersuchte den Schloßherrn, einen Wagen zur Bahn zu schicken nnd Herrn Knitter abholen zu lassen, den ihre Herrin erwarte. „Ah, daS besagte Wohl die Depesche vorhin?" „Ja, Ew. Gnaden, zu Befehl!" lautete die Antwort „der Allmächtigen auf Ellern", wie die Kammerfrau schon jetzt in ten Herrschaftsstuben wie im Souterrain genannt wurde. -» * ch Annalise hatte sich mit ihrer Stickerei in den wobl- geheizten, kleinen Pavillon gesetzt, der am Schwanenteicb lag, "innittelbar neben der Stelle, wo die beiden Boote angekettet wurden. Sie wartete auf dir Freundin. In dem Gartenhäuschen versteckten sie und Carola sich istrn, wenn sich die Verstimmung im Schlosst allzuschwer ms die Umgebung legte, oder wenn di» beiden jungen Mdcken einmal ganz unter sich zu sein wünschten. Der üavillon hatte nur vier Räume, die früher für Gäste benutzt wurden. Jetzt stand er völlig leer. Wo nur Carola blieb? Ob sie das Buch nickt finden konnte^ welche- sie au< dem Bibliothekzimmer mitbringen Da war sie. Doch nein — es ist Glogowsky! Er trat ohne Zögern und ohne Frage ein, — recht mit der entschlossenen Miene eines Mannes, der den Muth zur Initiative gefunden bat. Die Worte des Schloßherrn blitzten Annalise sofort durch den Sinn. Sie wechselte jäh die Farbe, wurde roth und blaß, und dann malte sich in ihrem Gesicht ein ähnlicher Ausdruck, — aber ein passiver. Auch sie war entschlossen. Aber sie hoffte, noch entschlüpfen zu können. „Wo mag Carola bleiben, ich erwarte sie schon lange?" sagte sie, möglichst unbefangen thnend. „Ich habe mir erlaubt, sie in der Bibliothek einzuschließen!" erwiderte er mit seinem übermüthigsten Lächeln. „Einzuschließen? Aber WaS fällt Ihnen ein? Wie kommen Sie dazu?" rief sie erzürnt. „Nothwehr! Sie ist von einer Unvermeidlichkeit, welche selbst einen Engel rasend machen könnte. Sie ist wie Ihr Schatten! Und ich wollte Sie allein sprechen, endlich 'mal allein, tbeure Annalise!" „Nennen Sie mich nicht so, Graf, und bitte — ersparen Sie uns Beiden —! Ich hoffte. Sie würden cs verstehen, warum ich Carola immer neben mir hatte." „Eben, weil ich die Absicht merkte, Annalise! Und weil ich's nickt glauben will und kann, daß meine Liebe Sie nicht rübrcn sollte. Er hatte sich dicht neben sie gesetzt und zwar so, daß er sie, ohne geradezu unbescheiden zn sein, binderte, ihren Platz zu verlassen. Jetzt suchte er ihre Hand zu fassen» die sie ibm jedoch entzog. „Sie sind grausam, Annalise!" fuhr er fort in unter drückter Leidenschaft. „Denn sehen Sie, wir werden ja doch ein Paar! Das Schicksal will es und ich will es, — wozu wollen Sie mir's so bitter macken, Ihr Ja zu gewinne»? Ich liebe Sie, Annalise, — liebe Sie uneigennützig, kenn ich bin, wie Sie wissen, reick genug für uns Zwei, und, liebe tbeure Annalise, ick beschwöre Sie, verweigern Sie mir Jbr Herz nicht! Soll ich'S Ihnen denn erst sagen, daß nicht Jeder, der Sie liebt — und wer könnte Sie kennen, ohne Sie zu lieben? — in Ihnen nickt« Anderes sieh», als die holde Mädchenblumc, die ich in Ihnen anbete?" „Gras! Ich kann nicht. Sagen Sie nichts mehr! Ich habe mich ernst und wiederholt geprüft, aber ich habe in meinem Herzen nichts von der Liebe gefunden, die Sit fordern können unv wrrlh sind." „Annalise!" Ein Schrei war's voll rasendem Zorn nnd bitterem Vorwurf. „Ich kann nickt anders, Alfred! Sie — ich — ich wollte Ihnen dies letzte Wort so gern ersparen!" nicht sei»! Ich nehme „Es ist nicht das letzte, soll es keine Ablehnung an! Sie meinen es auch nicht i»i Ernst, 1, ----- - — liebe, tbeure Annalise! Bedenken Sie doch, daß iLie mein treues. Ihnen so ergebenes Herz nicht von sich stoßen können, ebne sich selbst schwer zu schädigen. Mit mir werden Sie das Leben genießen in Glück und Behagen, ich werde Ihnen ein goldenes Nestcken bereiten. Sie mit allem Glanz und Luxus umgeben können, dessen Sie Werth sind; Ihre Pflegemutter —" „Ick wünsche diese Heiratb!" klang eS hart und kerbe durch Annalise's Seele, genau in dem Tone, in welchem diese Worte damals gesprochen wurden. „Adele Jwanowna würde es als eine schwere Täuschung empfinden, wenn Sie mich mit einem Korbe beimschickten", fuhr er fort. Der Gedanke, er, Graf Alfred Glogowsky, könne von diesem „Bettelkinde" einen Korb hinnehmen müssen, regte ihn bis zum Aeußersten auf. Annalise schlug die Hände vor daS Gesicht. Zitternd, voll Entsetzen fragte sie sich: „Was wird sie tbun, wenn ick, nicht einwiüige?" „Annalise ! Tbeure, geliebte Annalise! Es ist unmöglich, daß meine heiße Liebe Dein Herz nicht riibrte!" drängte Glogowsky sie, dem sie in ihrer Erregung nnd dem sichtbaren Wunsche, ihm nicht weh zu thnn, unbeschreiblich reizend erschien. Vor ihrem Geiste stand gleichzeitig Joachim, so finster ab weisend. und Alfred's weiche Stimme ging ihr zu Herzen. „Ich kann es nicht, Alfred! Großer Gott, ich kann Sie nicht lieben!" stammelte sie dennoch. Er fühlte und sah dies. „Nur jetzt Enereie!" sagte er sich Aber wo er nur energisch so wollte, schoß er über daS Ziel hinaus. „Warum kannst Du nickt? Warum ist eS denn so un möglich, mich zn lieben, Mädchen? Weil etwa dieser Habe nichts Dir besser gefällt? Mach Dir keine Rechnung auf ibn; er weiß, daß Adele Jwanowna Dich verstoßen würde, falls er die Hand nach Dir ausstreckte!" Ans Annalise's Gefickt wich der letzte Blutstropfen. Sie batte sich erhoben uuv stand bock aufgerichtet vor dem sich selbst nicht mehr kennenden Grafen. „Das war mehr als genug, und nun brauckt'S kein Wort weiter, Gras Glogowsky!" sagte sie mit bebenden Lippen» und ihre flammenden Augen zeigten ihm deutlich den Weg zur Tbür. „Obo, Annalise I Mit dem großen Stil hast Du bei mir kein Glück!" höhnte er erbittert. „Meinst Du, ich hätte nickt gesehen, wie Deine Blicke immer zu ihm gingen? Er ist ein Pedant, eine Rechenmaschine, o, ja, eine richtige Rechenmaschine! Aber ein anständiger Kerl ist er wenigstens, der Dich nickt verlocken will, eine kolossale Dummheit zu begehen, indem Du Dich in ibn verliebst." „Alfred! Das ist brutal! DaS ist unwürdig! Ein Gentleman —" „Du hast mich rasend gemacht, Mädcken. Meinst Du, daß man die Worte noch erwägt, wenn man sich eine», Menschen vorgezogen sieht, der — Na, man braucht nickt übermäßig eitel zu sein, um sich zu sagen, so viel werlb wie der bin ich auch." „DaS bist Du nicht!" rief es in Annalise, und dock er schien ihr Glogowsky durch die zornige Erregung weit männlicher. „Aber, nein! Joachim und er? Wie konnte er sich neben den stellen? Zugleich aber hörte sie seine höhnische Bezeich nung: Rechenmaschine! Sie fuhr ratbloS und zitternd mit der kalten Hand über ihre Stirn. „Verstoßen — wenn er — wenn er — DaS Alles war wie ein Blitz, und Glogowsky ließ ihr auch keine Zeit, weiter zu grübeln. Auch in ihm halte sich ebenso schnell ein Gedankenproceß vollzogen. Seine verwundete Eitelkeit, sein männliches Selbstbewußt sein bäumten sich auf. So febr er Annalist liebte, so scharf und eisig regte sich Plövlick gegen sic ein entgegengesetztes Gefühl. „Sie sind also entschlossen, Annalise, mich abzuweisen? Meine Bitten haben mich vielleicht in Ihren Augen noch herabgesetzt?" Carola s lachende Stimme unterbrach ihn. „Stell Dir vor, Jemand batte mich eingeschlossen! Ich bin durchs Fenster geklettert, der Gärtner bat mir eine Leiter gebolt", rief sie, in der offenen Tbür flehend und zurückblickend, und setzte dann hinzu: „Da reitet Jocken bin, er ist eigentlich stattlicher Und hübscher als —" In diesem Moment erst sab sie Glogowsky. „Der arme Graf!" ergänzt« er gereizt und höhnisch ihren Tay. 1 7!
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