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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.09.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930912026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893091202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893091202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-09
- Tag1893-09-12
- Monat1893-09
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» »« v«Vt»y»rdItto, »der de» «» «ta»«. b«kk »d de» Bororte« «richtete» >»«- a-bestelle» «bgeholt: virrtetiihrlich^4^0. »ei tweimaliger täglicher Zustellung in« von« ^lbckO. Durch die Post bezogen für Deutschlaud und Oesterreich: vierreliährlich 6.—. Direct» tägliche ttreuzbandiendung t»s Ausland: monatlich 7.Ü0. Lie Morgnt-Ausgob« erscheint täglich '/,? Uh^ di» Abead-Au-gabe Wochentag« b Udr. Nrd«ctto« und Erveditiov: A»tz«nne«,affe 8. DirTrpeditio» ist Wochentag« »nantrrbroche» geöffnet oo» früh 8 di« «bend« 7 Uhr. Filialen: vtt» <le»»'« Sarti». (Alfred H«d»Ib Universitätsstrah« 1, L««td Lösche. Katharinenstr. 14. pari, und Köntgsplntz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. A»zeige«-Vret» die -gespaltene Petitzeile KO Pfg. Neclame» »nter dem Redactionsstrich («M« spalten) dO^, vor den Familiennachrichte» (6gespalten) 40^. VrShere Schnstrn laut unsere« Prei«- verzeichnib- Tabellarischer »nd Zifferusatz »ach höherem Lnrts. Extra»veilanen (gesalzt), nnr mit der Morgen-Bu«gabe, ohne Postbesörderung ^l So.—, m,t Postbesörderung 70.—^ ^nnahmeschluß für Anzeige«: Abead-An-gabr: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,S Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halb« Stund« früher. Aozrlgka find stet« an di» Ertzedttia» zu richte». Druck and Verlag von E. Pol» tn L«tv»I»> 468. Dienstag dm 12. Scplcmbcr l8S3. 87. ZahMNg. Politische Tagesschau * Leipzig, 12. September. Die angeblich von der ReichSregieruiiz beabsichtigte Nicht- zujiehung von iandwirtvfchastltchcil Lachvrrständigr» z» den Be rat Hungen über den Handrtsvertra« mit Ruff- lanv ist zur Zeit in agrarischen Kreisen, namentlich in den Preßorganen des Bundes der Landwirthe. der Gegenstand lebhafter Beschwerden. Mit dem Gespenste des russischen Handelsvertrags ist, namentlich in der NcichStagSwahl- Agitalion, viel Mißbrauch getrieben worden, und wir unserer seits haben es au Verurtheitungc» desselben nicht seblrn lassen. Insbesondere ist die an die ReichsiagScandidale» gestellte Forderung, sich ,m BorauS gegen einen solchen Bei trag zu verpflichten, von uns entschieden zurückgewiesen worden. Anders steht cS aber um die gegenwärtigen Beschwerde». Es handelt sich nicht um allgemeine agitatorische Redewendungen, sondern um LaS bestimmte Verlangen, vor den entscheidenden Entschließungen über den russischen Handelsvertrag, ebenso wie Sachverständige anderer ProtuctionSzweige, so auch solche der Landwirthschast zu hören. Man wird diesem Verlangen die Berechtigung nicht bestreiten können. Freilich bezeichnet man eine Befragung der Landwirthschast in diesem Falle als überflüssig, da ja die Ausdehnung der Gctrcidezollsätze unseres Bertragstarijs aus Rußland die conditio »iuo «zun uou eines russischen Han delsvertrags, eine weitere Erörterung über diesen Punct also ausgeschlossen sei. Dann kann man cS aber den Interessenten der Landwirthschast um so weniger ver denken, wenn sie jetzt, wo die Verhandlungen mit Ruß land mit vollem Ernst ausgenommen werde» sollen, zunächst noch einmal eine gewissenhafte Untersuchung der Vorfrage verlangen, ob jene Bedingung überhaupt ohne eine unberechtigte und gefährliche Schädigung der deutschen landwirlhschaft zu- gestandcn werden könne. Tiie Ansicht, daß die Ausdehnung der Beitragssätze auf Rußland die Getreidepreise in Deutsch land nur sehr wenig oder gar nicht beeinflussen würde, wird bekannllich in landwirthschäftlichcn Kreisen vielfach nicht ge- thcilt. Warum will man diese Frage nicht einmal zwischen Vertretern der Regierung und der großen landwirtbschaft- liche» Organisation erörtern lasse»? Schaden könnte daS doch gewiß nichts. Und die Zweckmäßigkeit der Erörterung dürfte sich um so weniger bestreiten lassen, als die Entwickelung dcS GetreidehandelS im Laufe dieses Jahres, namentlich aber seit dem Beginn dcS Zollkrieges mit Rußland, neues Material zur Beurtbeilung der Frage geboten bat. Außerdem aber werden die Interessen der Landwirthschast doch nicht allein durch die Gctreidezölle berübrt, sondern sie kommen auch noch an anderen Puncten in Mitleidenschaft. Warum wollte sich die Regierung den Borwurf machen lassen, daß sie sich für solche Fälle nicht ebenso einen sachverständigen „Bciralh" bestellt hätte, wie für die Beurthcilnng der industriellen Inter essen? Wir würden die Unterlassung der Berufung eines landwirthschastlichen BeirathS für einen Fehler halten, glauben aber bis auf Weiteres gar nicht, daß die Regierung denselben könnte begehen wollen. Die Junzczechen sind, wie bereit« telegraphisch lurz ge meldet, auf ein neues AgitationSmitlei verfallen. Heute ist der Jahrestag des kaiserlichen RescriptS vom 12. September 187l, worin der Kaiser Franz Josef — daS war unter dem Ministerium Hobenwart — seine Adiicht an kündigte, sich zum König von Bobinen krönen z» lassen. Als die berüchtigten Fundemental-Artikel und mit ihnen das Cabinet Hohenwart gefallen waren, trieben die Czechen allerhand Spott und Unfug mit dem kaiserlichen Rescript, daS unter Anderem „auf weiches Papier gedruckt, hundert Stück um 12 Kreuzer" in den Handel ge bracht wurde. Bor ein paar Tagen wurde in der Prager Stadtvcrlrclung angeregt, eine Refcripl-ErinncruiigSseier zu veranstalten, doch scheiterte der Antrag an dem Widerstande der Attezechen. Daraus wurde in der jungezechifche» Presse die Losung auSgegebcn, überall im Lande derlei ErinnerungS- feiern abzukaltcn. Die Regierung bat indcß alle Versammlungen zu diesem Zwecke verboten. In Prag ist die Stimmung infolge dessen eine so bedrohliche, daß die dortige Garnison, die »cuestcnS durch zwei Bataillone Fußvolk verstärkt worden ist, i» den letzten Rächten in Bereitschaft gebatlcn werden mußte. Auch auf dem Lanke gähn es bedenklich. In Pilsen, der zweitgrößten Statt deö Landes, mit einer stattlichen deutschen BevölkcrungSmindcrbeit, fanden deutschfeindliche Kundgebungen statt, die Menge sang Hetzlicder, schlug die Fenster bekannter Deutschen ein und riß deutsche Firmen schilder ab. Die srauzösischcn Gönner dcS „Vorwärts" sind durch das Ungeschick dieses Centralorgans der „deutschen" Socialdeinokratic in peinliche Verlegenheit versetzt worden. Ter „Vorwärts" hatte sich mit den Geldspenden ge brüstet, die er zum WahlftntS der sranzösischc» Genossen beigetragen kabe. DaS genügte, um die französischen Arbeiter, deren nationales Ebrgesübl, in vorthcil- hastem Gegensatz zu ihren „deutschen" Genossen, außerordent lich stark entwickelt ist, in Helle Entrüstung zu versetze». Ein allgemeiner Sturm des Unwillens gebt seit dem Bekannt» werden der IntiScretivu des „Vorwärts" durch die ge summte sranzösischc Arbeitcrwell. Fast alle Teputirten, die ihr Mandat mit Hilfe von Arbcitcrstimmeii erlangt habe», verwahre» sich mit einem Eifer, beste» Ehrlichkeit un zweifelhaft erscheint, gegen die „schmachvolle" Unterstellung,, als hätten sie ein „deutsche- Almosen" in Empsang genommen/ Nur Herr IulcS GueSde und das kleine Häuflein seiner marxistischen Gesinnungsgenossen ist an dem „deutschen Almosen" hängen geblieben und wird infolgedessen von allen Seiten verhöhnt und verleugnet. Hätten sich diese Kostgänger deö „Vorwärts" heute abermals zur Wahl zu stellen, sie würben außer ihrer eigene» keine einzige Waklstiittmc erkalten, so empört zeigt sich daö nationale Gewissen rer sranzöstschen Arbeitcrwclt ob der Zumutbuiig, mit de» Bebel. Singer re. an denisclbcn Strange ziehen zu sollen. Eine »»zwcideutige Kundgebung dcS wahren Geistes, der die sranzöfische Arbeiter Welt beseelt, bat soeben die Arbeiterbevölkerung des Pariser Fanbourg Montmartre, also eines traditionellen NevolutionsquarlicrS, erlasse», in der sic sich von jeder Gemein schuft mit den GucStistcn rundweg loSsagl und der Hoffnung Ausdruck verleiht, daß die Kammer sofort nach Eröffnung der Session gegen die vatcrlandSlosc Eligue dcrGueSdisten ihrHaus- rccht gebrauchen werde. Tie nächste praktische Eonsegilcnz der Franzosenschwärmcrei des „Vorwärts" wird in der Aus dchnung deö FrcmtcnhasseS der Franzosen auch aus die deutschen, in Frankreich ihrem Broterwerbe nach gebenden Arbeiter, sowie in der Verschärfung der i» Frankreich anläßlich de» Eintreffens des russischen Geschwaders geplanten Volks-Kundgebungen bestehen, die, wie wir aus den Telegrammen der letzten Tage er sehen habe», »ackzerade an Berrücktbeit grenzen und an Schweifwedelet gegenüber dem russischen Zaren »ichtS zu wünschen übrig lassen. Eine der verrücktesten dieser Kund- gebunaen aber wird unS heute aus Paris gemeldet: cm Aufruf der famosen Deutschenhasserin Madame Adam an die Pariser Frauen, die in diesem denkwürdigen Schrift stücke veranlaßt werden, den russischen Marincsoldatcn rin Andenken an ihren Besuch zu geben! Madame Adam bittet ferner, sämmtliche Frauen von Paris mochten während der Dauer der Anwesenbeil der Russen zwei Vergißmeiiiliichtsträußchcu an den Kleidern tragen. Muß daö den Russen schmeicheln! Daß diese für all diese Liebens würdigkeiten erkenntlich sind, davon legt wieder ein glänzendes Zeugnis, die in unserer Morgennummer erwähnte Auslassung des jetzt in Paris erscheinenden russischen „Nord" ab, worin allen Ernstes der Rbein als die natürliche Grenze zwischen Frankreich und Deutschland schon seit Cäsar'S Zeiten reclamnl wird. Die deutsche» Geschichlöprvscssoren, die bisher mit Recht entgegengesetzter Ansicht waren, köiinlc» wirklich bei der Redaction des „Nord" in die Schule geben! Fürwahr, hätten all diese Kundgebungen der französisch-russischen Freund schaft nicht auch ibre sebr ernste Seile, so könnten wir Deutsche herzlich darüber lachen. In uni onisti scheu Kreisen des cnglischci» Unterhauses ist man der Ansicht, daß die dem Cadinet Gladslonc aus der heterogene» Zusammensetzung der Regierungspartei er wachsenden Schwierigkeiten sich nunmehr nach Erledigung der Homcrule-Bill in noch stärkerem Grade geltend machen werde» als bisher. Glad stone bat bisher die widerstrebenden und unzufriedenen einzelnen Gruppen der Regierungspartei, denen ibre Privatwünscke mehr am Herzen liegen, als die Homcrule-Bill, mit Versprechungen für die Zeit nach Erledigung dieser Bill im Unterhause erfolgreich nicder- gchattcu. Man bezweifelt aber, ob es selbst dem parlamen tarischen Genie eines Gladstone möglich sei» wird, jetzt, wo der Termin der Einlösung jener Versprechungen gekommen ist, die schwache Mehrheit der RegicrungSpartcl im lliitcr- dause zusammcnzuhalteu. Es machen sich bereits bedenkliche Symptome der Unzufriedenheit in Len Reihen der Glad- stoiicancr geltend, zu der naincntlich die Frage der in der Hcrbstscssion zu erledigenden Vorlagen Veranlassung gicbt. Die walli fischen Abgeordneten sind darüber hochgradig verstimmt, daß daS Gesetz zur Entstaatlichung der walli fische» Kirche, daS im Parteiprogramm der Regierung die zweite Stelle einnahm, hinter zwei oder drei anderen Bills zurückslekeil soll. Der extremere Flügel der bezcichneteu Gruppe beabsichtigt sogar, Gladstone offen anzukündigen, daß die wallisische Partei von nun an „unabhängig" ikr Interesse vertreten wolle, »nd cs wird voraussichtlich der größten Anstrengungen seitens der gemäßigteren Parteimitglieder bedürfen, um dies zu ver hindern. Nvck folgenschwerer könnte eine Vertagung der Bill zur Reform rer Loealverwaltung in England und Wales, der sogenannten „Kir chsp iclralhSbill", dis zum nächsten Jahre werden, da die liberale Partei ihren Anhang in den ländliche» Bezirken Englands zum größten Tbcilc de» Ver sprechungen, eine solche demokratische Reform cinzufiibrcn, ver dankt. In radikalen Kreisen würde deshalb die PrciSgcbung dieser Bill während der gegenwärtigen Session die lebhafteste Mißbilligung Hervorrufen. Dennoch gilt ein dahingehender Ent schluß der Regierung bereits als feststehend, da die „Kirch- spiclralhSbill" in dieser Session nicht mehr erledigt werden könnte und daS Cabinct der Annabme der vor längerer Zeit vom Hause der Lords empsobleneu und jetzt von rem radikalen Abgeordneten Dilke wieder angeregten Wicderausnabmc liegen gelassener Bills in der nächsten Session durch einfachen Beschluß des Hauses abgeneigt zu sein scheint. Ob unter diesen Umständen die Ausdauer der Regierungspartei während einer Herbstsession, die den meisten Mitgliedern derselben sehr unerwünscht kommt, Stand halten wird, ist sehr fraglich. Wie jetzt seststcben soll, ist ein Besuch de- Kbedive von i-Nyptc» in London für nächste- Frühjahr bestimmt in Aus sicht genommen. Der Kbedive soll sich dahin geäußert und zugleich die Zuversicht ausgesprochen haben, England werde alsdann ibn und er England besser kennen lernen. ES ist immerbin ausfallend, daß die Ankündigung eine« so wichtigen Ereignisses, wie es dieser Besuch unter den gegenwärtigen Verhältnissen sein würde, auf dem Wege der Uebermitttunz einer im Gespräche geschehenen Aeußcrung de« Kbedive au eine Zeitung« - Redaclion ebne amtliche Be glaubigung erfolgt. Ist der Besuch wirklich beschlossene Sache, so ist er natürlich daS Ergebniß vorheriger Be sprechungen zwischen dem Kbedive »nd seinen englischen Rath- gebcrn in Kairo, und dann ist auch zwischen London und der cgyptischcn Hauptstadt amtlich darüber verhandelt worden. Man bat früher zwar von einer solchen Reise dcS Khedive sprechen hören, aber in letzter Zeit bat nichts darüber verlautet. Der Besuch in Konstantmopel wurde von russisch-französischer Seite sogar in einem anti-englischen Sinne zu deuten versucht. Bewahr heitet sich die fetzige Mittheilung, daß der Khedive London im Frühjahr zu besuchen entschlossen ist, so würde die« für die Machenschaften dcS „Zweibunde»", England- Stellung am Nil zu unterwühlen und den „Oberherrn Egyptens", den Sultan in Konstantmopel, gegen die tbalsächliche Oberherrschaft der Engländer daselbst einzu- nebnien, eine diplomatische Niederlage bedeuten. Da aber Gladstone bisher sich nicht gerade als diplomatischer Sieger über die russisch-französische Politik erwiesen bat, vielmebr auf allen Puncten zuruckzewichen ist und nur eben nolbdürstig die Zusicherung einer Aufgabe der englischen Stellung i» Egypten, d. h. einer Räumung diese« Lande- bis zu einer bestimmten Frist, vermieden bat, )o scheint vorläufig der Besuch des Kbedive noch einigermaßen fraglich. Auch Abdur- hamaii'S Besuch wurde vor längerer Zeit in englischen Blättern als bevorstehcnv angekündigt, aber eS ist nicht einmal zu dem Zusammentreffen des Emir- von Afghanistan mit dem englischen Oberbeseblsbaber an der indischen Grenze ge- komnic». DaS Beispiel. daS der Emir von Bukhara mit seinem Besuche in Petersburg gegeben hat, scheinen die englischen „Vasallen" in London nicht Nachahmer» zu wollen. Die Nachricht, daß -hin» entschlossen sei, «ine etwaige Annexion SiamS seitens Frankreich- nicht zu dulden, bat in England begreiflicher Weise große Freude hervor- gcrufcn. Denn die Engländer geben sich der Hoffnung hin, daß cs gelingen werde, China als Feuerzange zu benutzen, um die gebratenen Kastanie» aus dem Feuer zu bekommen. Unter solchen Umständen wird cS erklärlich, wenn englische Blätter neuerdings die chinesischen Streilkräftc über schwänglich loben, eiiieStkcilS, um daS Selbstvertrauen Chinas zu stärke», aukerntheils, ccn Franzosen Angst zu machen. Der letzte sranzösisch chinesische Krieg endete — sagt ein Corrc- spondent der „Pall Mall Gazette" — iiiit einem „sogenannten" Siege für Frankreich. Seitdem ist China jedoch mit der Stärkung seiner VcrtbeidigungSmiltcl beschäftigt und die Lage bat sich seit l88lt zu Gunsten der Chinesen verändert. Tank der energischen Handlungsweise der Fortschrittspartei, an deren Spitze der Bicckönig Li- Hung -Chang steht, sind seitdem die Kohlengruben in Kaiping eröffnet und die Eisenbahn von jenem Orte nach Tientsin ist vollendet worden. Panzerschiffe, be waffnete Kreuzer, Kanonenboote und Torpedoboote sind in China, in England und aus dem Festlande gebaut und eine SchissSstarion in Port Arthur errichtet worden. China besitzt jetzt Festungen, Arsenale, Pulvcrmühlen, Gc- wehrfabriken, Docks u. f. w., so daß eS als ein höchst Sein einziges Gut. lös Roman von B. Coronq. Nachdruck »erdete» (Fortsetzung.) Da» junge Mädchen hatte sich erhoben und stand scheu und zitternd da. Tiefe Bewegung drohte sie zu überwältigen. Tausend Meilen weit wünschte sie sich binwcg, und doch — daS Antlitz des Freiberrn drückte so viel Güte aus, sein Blick ruhte so woblwollend und ermunternd aus ihr, Laß es der Rathlosen plötzlich war, als könne nur von ihm Hilfe und Rettung kommen. Keine- Wortes mächtig, sank sie laiigsam auf die Knie nieder und streckte die Hände siebend nach ibm a»S. „Mein armes tbeureS Kind!" sagte er, sie emporbcbcnd und mit fast väterlicher Zärtlichkeit über daö slimmernte Haar streichelnd. Da wurde ibr seltsam weich ui»s Herz. „Wenn ich nur gut machen könnte, was geschehen ist", flüsterte sie. während die Tbräncn über ihre abgehärmten Wannen perlten „Aber ..." 7,Hildegard. Sie haben viel und schwer gelitten", unterbrach Herr von Hohenfels, indem er mit inniger Rübrung in das blasse Gesichtchen blickte. „Ja, ich muß vergehen unter der Last de- Jammers und der Schande", erwiderte sie. „Ist der Bater schuldlos — bat er die tlnthat begangen? — So frage ich Tag und Nacht, aber Antwort wird mir nimmermehr. Wohin ich mich auch wende, nirgends finde ick Trost und Friede, täglich wird die Hoffnung schwächer und ick südlc. daß cS mir an Kraft und Muth gebrickt, dieses namenlose Leid länger zu tragen. Die Großmutter meint eS gut, aber sie ist so ganz ander- als ick und ihr Zureden kann mir nicht helfen. Da kam ich beute hierbei und an diesem Hügel knieend, meinte ick, die tief im Schoß der Erde Ruhende müßte eS vernebmcn, wie sehnsüchtig ich nach ihr rufe, eS war mir, als antwortete eine leise zärt liche Stimme: ,Fomm zu mir. WaS willst Du einsam und klagend dort oben umberirren? Für Dick ist kein Platz mehr unter den glückliche» Menschen, die so stolz sind aus ihren un bescholtenen Namen " Ach eS muß süß, unendlich süß sein, vor jedem geringschätzendcn Blick, vor jedem verletzenden Wort geborgen, unter der grünen Sammetdecke zu schlafen, au-zuruben von den langen, schwere» und so vergeblichen Kämpfen." „DaS sind gefährliche Gedanken, denen man nicht nach hängen darf", sagte der Freiherr fast erschrocken, und wieder glaubte er die Verstorbene mit der unverkennbaren TodcS- schnsucht in den schwermüthigen Vcilchenaugcn vor sich zu scbe». Schien cs doch, als sei sie selbst wieder auf die Welt zurück- gekebrt, von der sie so gern geschieden. Das Mädchen glich ihr ja nicht nur, WaS Gestalt und Gesichtsziige anlangte, iu einer an das Wunderbare grenzenden Weise, »ei». daS war auch derselbe Weiche, verschleierte Klang der Stimme, dieselbe rührende Schutzbedürfligkcit eines Wesens, daö nur die Kraft zu lieben und zu leiten besitzt, aber wehrlos, wie die Taube in den Krallen des Adlers, den« Schicksal ebne Widerstand erliegt. HcißcS Mitleid ergriff ihn u»v der Wunsch, das Ver derben von ihr zu wenden. Tie Tochter der Unvergeßlichen konnte er nicht von unheilbarem Schmerz getroffen rabi»- wclken lassen. Wenigstens daS Acrgste mußte ibr erspart bleiben. So weit cs in seiner Macht lag, den Namen ibrcS Vaters vor Schmach zu retten, sollte es geschehen. Rainer verdiente allerdings keine Schonung, aber das Leben de- un- schuldizcuMädchens durste nicht vergiftet werden, und so neigte er sich zu ihr und sagte: .^Verzweifeln Sie nicht, mein liebe« Kind. Noch ist die «chuld deö VaterS nicht erwiese». Hat er aber auch wirklich in einem unseligen Augenblick der Ver suchung die Thal begangen, so mag ihm um ihrer willen, die hier ruht, vergeben )ein. Mir wurde eine große Freute zer stört, doch handelt es sich für mich immerhin um kein Unglück, sondern nur um einen empfindlichen Bcrlust, diesen werde ich verschmerzen. WaS von meiner Seite geschehen kann, um eine Verurlbcilung zu verhindern, wird nicht unterlassen werten. Mein Wort gilt viel hier im Umkreise, also vertrauen Sie mir. Ick werde in G ... erwartet und will mich dort nur daran erinnern, daß ich Rainer, auch in jener Zeit, wo ich ihn am bittersten haßte, für einen ehrlichen Mann hielt." „O Gott, wie vermag ich solche Schuld jemals abzutragen", stammelte Hildegard. „Hegen Sie nie wieder so düstere Gedanken wie vorbin, glauben Sie, daß ick eS ausrichtig gut mit Ihnen meine, und versuchen Sie, glücklicher z» werden als Ihre Mutter war. DaS ist Alles, waS ich wünsche", erwiderte Herr von Hohenfels mit wehmüthigem Lächeln. Sie ergriff die Hand, die er ibr zum Abschied reichte, und drückte voll kindlicher Ebrfurckt die Lippen darauf. Dann legte Gisbert die Rose aus den Marmorstein, von welchem sie sich in leuchtender Weiße abhob, und ging, um sein Versprechen zu erfüllen. Lange sab ihm daS Mädchen nach und sank dann noch einmal zu einem inbrünstigen Gebet an dem Hügel nieder. Ter Freiherr begab sich »ach dem naben G .. . und batte dort eine längere Unterredung mit dem Untersiichuiigörichtcr, der sehr erstaunt war, ihn als Entlastungszeugen auftrcten zu sehen, und eö a» Einwänven nicht schlen ließ. „Gerade weil ich der Geschädigte bin und weil jahrelange Feindschaft zwischen mir und ihni besteht, bat Niemand ein Recht, zu zweifeln, wenn ich sage: eine derartige Tbat ist HanS Rainer nickt zuzutrane». Mag ick ikm immerhin ab geneigt sein, cS ist meine Pflicht, zu erklären, daß ich »icktS Ebrenrührigeö von ihm weiß. Ick kenne ihn als barschen, deftigen, unversöhnlichen Man»! für einen Brandstifter batte ich ihn nicht »nd bin viel cbcr geneigt, anzunchmc», daß sich doch Jemand in den Park schlich »nd denselben wäbreno der allgemeinen Verwirrung beimlich wieder verließ Dies konnte um so leichter geschcbcn, als die beide» Thorc für die Feuer wehrleute geöffnet wurden." „ES muß sich dock nur um einen Rackcact gehandelt haben, denn die Absicht, zu stehlen, lag offenbar nicht vor." „Woher wissen da« mit solcher Bestimmtheit? Weshalb sollte nicht irgendein Landstreicher, in der Hoffnung, wcrthvollc Gegenstände erbeuten zu könne», in den Pavillon gedrungen sein und, als er die Seitcnibürcn alle verschlossen sand, auS orn darüber die Portiere» in Brand gesteckt habe»? Die cppiche und Möbel, die sich iu dem Hauptraum befanden, konnte er dock nicht mitnehmen." Ter Untersuchungsrichter schüttelte de» Kopf. „Alle Zeuge» stimmen darin überein, daß Rainer schon lange Reden« arten führte, aus denen bervorging, daß er bofe Absichten heg"." „Hätte er aber wirklich eine solche Tbat begeben wollen, so würde er in seinen Aeußerungen vorsichtiger gewesen sein. Der Schuld zu übcrsükren vermochte ibn biS jeyt Niemand. Ich wiederhole nochmals, daß der Mann meiner Ueberzeugung nach dem Schurkenstreich fern steht und daß eS mir lieb wäre, ihn auf sreiein Fuß zu wissen." DaS Gerücht, Herr von Hohenfels habe zu Gunsten des Angeklagten gesprochen, verbreitete sich bald. Man rühmte seinen Etelmulh, ohne an die Schuldlosigkeit Rainer'S zu glauben. Der Behörde gegenüber nützte diesem jedoch die Verwendung de« Freiberrn, und da eS an vollwichtigen Be weisen mangelte, so wurde aus Freisprechung erkannt. An dem Tage, wo daS geschah, stand Konstanze mit flammenden Augen dem Gatten gegenüber. Ihr Busen wogte. ihre Hände zitterten vor zorniger Aufregung, und die sonst so volle, melodische Stimme klang bart und schneidend, als sic sagte: „DaS beißt doch die Gutmüthigkeit und Selbstver leugnung etwas zu weit treiben. Was veranlaßt Dich denn, als Anwalt dieses rvben Gesellen, der mick, wie ich Dir erzählte, persönlich beleidigt bat, auszutreten? Mir fehlt das Verständniß für selche Großmulb und ich gestehe offen, daß ich Deine Haiidlungswcisc mit einem andern Namen bezeichnen niöchtc. Die Benennung „Schwäche" scheint mir hier besser am Platze zu sein." „Konstanze!" rief er mit einem Ton, der sie unwillkürlich zusamiiiciizucke» ließ. Er beberrschte sich jedoch sofort wieder »nt setzte rubig, wenn auch nickt ohne Strenge, hinzu: „Du basi Deine Worte nickt überlegt und deSbalb will ich sic ent schuldige», doch ein- für allemal: waS meine Entschlüsse, Ent» scheitiiiigen »nd die Verwaltung dieser Tomainc anbelangt, wahre ick mir volle Freiheit." „Ick gedenke auch keineswegs mich cinzumischcn", sagte sie, während der AuSkruck ihres Geficktes noch stolzer und feind seliger wlirrc. Aber in diesem Falle kann ich Dir meine Vcr» wnndcrilng nicht verschweigen. Rainer wird von der ganzen Umgegend als verschütt betrachtet, Niemand zweifelt daran, daß er den Schurkenstreich beging, durch welchen wir eine- kostbaren Besitzes beraubt wurden; ja, man weiß, daß er seiner Gewaltthätigkeit »»d Rachsucht wegen zu den gefährlichsten Subjeclen gekört, die hinter Schloß und Riegel am besten aufgcbobc» sind, und Du läßt cS Dir angelegen sein, ihn vor der woblverdientcn Strafe z» schützen. Vielleicht wäre e« überbaiipt nickt möglich gewesen, ihn zu verurtbeilcn, aber jedenfalls siel Dein Wort schwer in die Waagschale und ich kan» cS nickt als einen LiebeSbcwciS aussassen, daß meine Empfindlingen so gänzlich ianorirl wurde». Ich gestehe e«, die Nackbarschast dieses Menschen verleidet mir de» Äusenthalt bier vollständig. Wer weiß, ob er nicht bald eine zweite Brandstistung versucht, da die erste so wobl gelang? Ter Gedanke, dag die Gefahr wie eine zusammcngcringelle Natter in meiner niimittelbarcii Nähe lauert, wird mir >ede Freude stören. Tie Wogen Deiner Empörnng, die während unserer Reise so boch gingen, scheinen fick überraschend schnell besänftigt zu habe». Tu warst doch früher dem Manne im höchsten Grate abgeneigt." „Daö bin ick noch und werde eS immer bleiben", erwiderte er düster. Eine Versöhnung zwischen mir und ibm kann niemals statrsindeii, sollte unS Beiden auch vergönnt sein, drei mal so lang als andere Menschen aus dieser Erde zu Wandel».
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