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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.11.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931130017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893113001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893113001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-11
- Tag1893-11-30
- Monat1893-11
- Jahr1893
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Ggtra Beilagen (gesalzt), nur ml« der Morgen-Ausgabe, ohne Posibesörderuug 60—, mit Postbesorderuag 7V.—. Tinnahmeschlaß für Anzeige«: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 llhr. Morgeu-AuSgobe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh ',9 Uhr. ivet den Filialen und Annahmestellen je eia« halb« Stund« früher. Bazrige» sind stet» an dir ErPrötttou zu richten. Druck and Verlag von L. Pol» kn Leipzig. 81A. Donnerstag dm 30. November 1893. 87. Jahrgang. Für kam das Leipziger Tageblatt durch alle Poftanftalten des deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns zum Preise von 2 bezogen werden. In Leipzig abonnirt man zum Preise von 1 35 <s, mit Bringcrlohn 2 ./«! und nehmen Bestellungen entgegen siimmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannesgasse 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze 1, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste35 Herr K. 0. LitlvI, Colonialwaarenhandlung, Beetbovenstraste L Herr l'lleoä. keter, Eolonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr kvrm. Eolonialwaarenhcindlung, Frankfurter Straste(TdomasiuSstraßen-Ecke) Herr Ottokranr, Eolonialwaarenhcindlung, Löhrstraste 15 Herr Luuarll Ketzer, Eolonialwaarcnhandlung, Marschnerstraste 0 Herr kaul 8ellrclder, Drogengeschäft, Nürnberger Toaste 45 Herr Ll. L. Albreellt, Eolonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr kollert V reiner, Zweinaundorfer Straße 18, - Connewitz Frau klseller, Hermannstraße 23, 1. Etage, - Gohlis Herr Dil. Kr1t28elle, Mittelstrazze 5, - Lindenau Herr k. Ontderlet, Cigarrenhandlung, Markt 22, - Neustadt Herr k. Keller, Eisenbahnstratze 1, Zeitzer Ltraste 35 Herr V. Küster, Eigarrcnhandlung, ' Herr k. 6 Peterskirchllof 5 Herr Hax Xlertll, Buchbinderei, Pfaffendorfer rLtraste 1 Herr 4. C. Clnsseu, Coloniallvaarenhandlung, Nanftfche Gaste O Herr krleär. kiseller, Eolonialwaarenhandlung, Nanstädter Steinweg 1 Herr O. Knxeliuann, Eolonialwaarenhandlung, Schützenstrastc 5 Herr ^nl. 8ekUmi< Iren, Eolonialwaarenhandlung, LVestPlah 32 Herr k. Kittrlell, Eigarrcnhandlung, Porkstrahe 32 (Ecke Berliner Straße- Herr ^nnke, Eolonialwaarenhandlung,' in Plagwitz Herr k. (»rütrnlann. Zschocherschc Straße 7n, - Reudnitz Herr ». kusnmnn, Marschallstraßc 1, - - Herr Vernll. Keller, Mützengeschäft. Leipziger Straße 6, - Thonberg Herr k. k'rintsell, Rcitzenhainer Straße 58, - Bolkmarsdorf Herr 0. A. >»mnann, Eonradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. M Zustimmung der Herren Stadlverordneten haben wir beschissen, beim hiesigen städtischen Kraiikenhause z» St. Jacob, bet dnsea Zwrigonstalten und bei dem Krankenhaus« zu Leipzig-Plagwitz die Lapslegsatze vom 1. Januar 1884 ab m folgender Weise schzusttzea: für Htesige aus 2 täglich, sür di« aus Kasten des hiesigen ArmenamteS und de- hirsiaen küultzüimles Berpilegten, sowie für die ans kosten Le- Vereins der Dimiherklltasten sür Krankdett-kosten-Eulsrtiadigimg der Dienstbolen unusügteu. be> Dicnstherrjchasten im Sladlbezirkr dienenden Personen, sn»« sür di» Mitglieder d«r Ortskrankencass» sür Leipzig und ^^t'ür die hi»sig«n MttgUeder anderer, dem Krankeader» slltn«isti»sehe entsprechender Krankencassen, weich« hier ihren Gttz -ter ei« Zweigniederlassung oder eine ständig« örtliche Zweigver» lxinugesnlle haben, aus 1 ÜN täglich, begegea vv» genanntem Zeitpunkte ab in diesen Fällen Eintritts geld aichl mehr zu erhebe». T« seit dem I. Juni d. I. geltend« Verpflegsad VäU 2 tsgttch >»r Auswärttge bleibl unverändert bestehen. Leipzig, den L7. November I8S3. Der «atd der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. K. Bekanntmachung. hierdurch bringen wir z»r vssentlichen kcnntniß, daß wir die Fahrbahn Vcr Bayerische» Ltratze zwischen der Moltle- und Sronprinzsiraße in All-Leipzig in die Unterhaltung der Stadt gemeinde übernommen haben. Leipzig, am 21. November 1893. Ter Rath der Stadt Leipzig. le. W76. vr. Georg st Thomas. Ausschreibung. Die aa> dem der Stadtgemeinde gedörigcn Grundstücke Schleuniger Keg Nr. 22 in Leipzig-Kleinzschocher anstehenden Gebäude sollen vui «hhruch an den Meistbietenden versteigert werden. Die Ver steigerung sindet TonnerStag. drn 7. Teremdrr d. 2„ Vormittags II Uhr im 2. Obergeschosse der Allen Waage, Katharincnstraße Nr l, üati; der Versteigerung veginnt pünktlich und wird geschlossen, sobald weitere Gebote nicht erfolgen. Di» Auswahl unter den Bietern, sowie jede sonstige Eatschlirhung bleibt Vorbehalten. Die Versteigerung-- und Abbruchsbcdingungcn »ad der Lageplon liegen in unserem Bauamte, Ralhhaus, 2. Ober l«lch»ß, Zimmer 9tr. 7, aus. Das genannte Grundstück ist irn-tag, den b., und Mittwoch, drn 1i. Tecember L. I., Bor mittags von 11—12 Uhr zur Besichtigung geöffnet. Leipzig, den IS. November 1893. SlS3 Trr Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgst Colditz. 2 Id Feld-Verpachtung. Die der Stadtgemeiade Leipzig gehörigen, an der Ecke der Bornaffchen und Probsllmdarr Strape in Leipzig-Eonnewip gelegenen Parzellen des FlorcuchS sür genannten Etadtthril, al«: Nr. 143 von 72,8 » — 1 Ack. 95 HD R. Flächengehalt, Nr. 143» von 8,4 a --- 46 LgR. Flächengehalt sollen zusammen vom 1. Oktober 1894 ob aus 3 Jahre zum Feldbau mit Ausschluß jeder anderen Bemitzunasweffc r,uaadr»d. »rn ». Trcemdrr l. z.. Vormittag« 11 Uhr, im Saale der Alien Waage, Kalharinenstraße Nr. 1, 2. Etage, an den Meistbietenden anderweit verpachtet werden. Die Verfteigerungsbedingungcn liegen auj dem Rathhaussaale in der I. Etage zur Einsichtnadmc ouS. Leipzig, drn 24. November 1893. Id 5322. Ter «aty der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Morche Segen Reinigung der Räume des Leihhauses und der Spar raffe werden diele am Mittwoch, den S. Tecember 18-S, für drn Geschäftsverkehr geschlossen sein. Leipzig, den 29. November 1893. De« Math« Deputation für Lrthhan» und Spareafie. Die Entstehung des Jesuitengesehcs. * Angesicht« der nahe bevorstehenden Verhandln ng über den Jrsuitenantrag de- Zentrums dürste es von Interefie sein, an d»e Entstehung i«»e- EieseheS zu erinnern. Hau« Blum schildert sie m seinem bekannten Bucke »Da« Deutsche Reich rur Zeit Bismarck «* folgendermaßen: Am 1». Mai (1872) begab sich Bismarck leidend ; längerem Urlaub nach varzin, um der nothwendigeu Pflege feiner Grsoodbrit zu leben. So fehlte er denn im Reichs tag bei den Brratbungen de« wichtigsten (KeseyeS, welcke« ,m Laufe des Cullnrkampfes überhaupt behandelt Worten ist, de« Iesuitenbesepes. Höchst bezeichnend war, daß die Anregung zu diesem Gesetze aus dem deutschen Volke clbst bervorgeaangen war; au-Hunderten von Petitionen mit Hunderttauscnden von Unterschriften, welche das Verbot de« Jesuitenorden« im ganzen Deutschen Reickc verlangten. Tie Ullramontanen dagegen hatten nach den« Grundsatz, »die Nasse muß eS dringen", eine noch größere Anzahl von Bilt- chrislen fnr die Erbaltung ibrer geliebten Jesuiten zu- ammengetrieben lind eingcreicht. Die Eommissivn tc- lkeichStagS, welche über diese Petitionen vorberieth, war in ibrer großen Mehrheit der Ansickt, daß die Besorgnisse in Betreff der Wirksamkeit der Jesuiten begründet seien und dringenden Anlaß zur Beachtung und Gegenwirkung seitens der «Staatsbehörden gäben. D«r Eommissionsdericht, ein Meisterwerk Gneist'«, jtzag MÜck auf die Thatsachrn in Betreff der ursprünglichen Stiftung und des Zweckes de« Jesuitenorden«, seine Unter ordnung unter den Ordensgencral in Rom, ans den geschicht lich nachgewiesene» verderblichen Einfluß deS Ordens in Kircke und Staat, von seiner Gründung bis zu seiner Aufhebung durch päpstliches Breve, von seiner Wiederherstellung bi« zu einer gegenwärtigen Wirksamkeit: Liese Thätigkeit möge man bewundern oder fürchten: in jedem ^alle stelle sie die mächtigste Organisation dieser Art dar, in gc- chlossener, streng monarchischer Verfassung, in einer einheitlichen Einrichtung, in welcher das heutige Deutsche Reich nur eine von zwanzig und mehr Provinzen darstelle. Diese Natur deS Ordens bedinge nothwendig »ine bestimmte Stellung der Staatsgewalt. Durch ausdrückliche landesherrliche Verordnung sei der Orden nirg ndS in den zum Deutschen Reiche verbundenen Staaten zugelassen. Wo er besteh», beruhe er ans dem Grunde des freien Verein-recht- „nl> der Selbstständigkeit jeder Religions- gesellschost in der Verwaltung ihrer Angelegenheiten. Dabei erhebe sich jedoch sofort die Vorfrage, ob eine Körperschaft und Organisation, wie di» des Jrluilenordens, in das Gebiet deS freien Vereinsrechts falle und lediglich eine eigene Angelegenheit der Kirche bilde. Ein Orden mit der Verfassung dieser Gesellschaft sei jeden- falls kein Privatverein, keine Vergesellschaftung von „Preußen " lim Sinne und nach dem Wortlaut der preußiiche» Verfassung» und „zu erlaubten Zwecken'", sondern es seien eidlich verpflichietc Mitglieder einer in strenger Unterordnung fest geschlossenen Körperschaft, welche sich über bas ganze Gebiet der katholischen Kirche erstrecke und ihre Oberen im Ausland« habe, deren Anweisung zu be folgen sie sich gleichfalls eidlich verpflichteten. Dem Staat fehle dem allem gegenüber der Anhalt zu einer sich selbst schützenden Thätigkeit. Die snstcmatische Einwirkung der Ordensverbmdung auf die einzelnen Glieder, die von ihnen geleitete Tbäligkeil der Vereine entziehe sich der zusammenhängenden Kenntniß und Controle des Staates. Diese Art der Thätigkeit habe in der Ge schichte der Orden stets gewaltet und lasse sich doch nie durch juridische Beweise seststellen. Jeder nicht zu dieser Parteiorganisation Gehörige siede einer unsichtbaren Macht gegenüber, welche überall thülig und doch nirgends in einem verantwortlichen Organ z» finden sei. Eine solche Organisation enthalte eine Gefährdung des kirch lichen Friedens. Das in dieser Lage Nothwendige sei die Herstellung der Autorität des Staates und der Staotsgeietze noch einheitlichen Grundsätzen: nicht etwa durch bloße Polizeiverbote, sondern »ur durch zusaininenhängende Maßregeln der Gesetzgebung »nd der Regierungen innerhalb ihrer Zuständigkeit sek jvlchcn Zuständen abzuhelsen. Aus Grund dieser Erwägungen beantragte die Reicks tagScommission beim BundeSratbe: Tie verbündeten Regie rungen möchten später ein Ordensgesetz, wenn möglich aber noch in dieser Session dem Reichstag einen Gesetz entwarf verlegen, durck welchen die Niederlassung von Mit gliedern der Gesellschaft Jesu und der ihr verwandten Eon gregationen ebne ausdrückliche »Zulassung der betreffenden LankeSgeseyzebung unter Strafe gestellt wird. Die aus dem Reichstag brrvorgegangenen Anträge sAmenkemenIs) zum EommissionSantrag stellten sich grund sätzlich sämmtlick auf denselben Boten wie die Commission mit AuSnabmc des Ecntruin« natürlich, welches ..Uedergang zur Tagesordnung" verlangte^ auch mit Ausnahme der nn delebrbaren „Demokraten" Sonneui'n» und Gravenhorst welche diese Gelegenheit sür paffend dielten, um die gemcinschärliche Phrase „einer vollständigen Trennung von Staat und Kirche" im Deutschen Reichstag ertönen zu lasten. Eine feste Mehrheit von reichlich zwei Dritteln Stimmen gewann der Antrag Marguardsen-von Blanken burg-LuciuS-Marquard-Barth, für welchen die drei liberalen Fractionen, Nationallibcialc, Fortschrittspartei und frei» Reickspartei (unter Abbröckelung von nur acht Fortschrittlern) desgleichen die Eonservatwen »nd die deutsche Reichspartei ltepierr nur mit Abschwenkung zweier ulkramontaner schlesischer Hrafrn) rinmütbig stimmten Dieser Antrag, welcher sich IN Betreff der künftigen OrdenSgesctzgcbung im Allgemeinen dem EommissionSantrag anschloß, verlangle, daß „die staelSgesähr- liche Tvätigkeit der Orden, namentlich der Gesellschaft Jesu, unter Strafe gestellt" werde. lieber diese Anträge verhandelte drr Reichstag unmittelbar nack der Bclschafterdeballe, in den Tagen vom 15. und 16. Mai 1872. Der BundeSralh dielt die Session schon sür zn weit vor geschritten, um die Ordensfrage im Allgemeinen zu regeln, und legte dein Reichstag daher am N. >jnni nur ein „pro visorisches Notbgesetz gegen die Jesuiten" vor. So bczcichnete cS Präsident I)r. Fricdberg im Reichstag am 14. Juni. Dieser Entwurf verfügte nur: „Den Mitgliedern deS OrdcnS der Gesellschaft Jesu ober einer mit diesem Orden verwandte» Eongrcgalion kan», auch wenn sie daS deutsche Jn- digenat besitzen, an jedem Orte de« GnnccSgebietS der Ansen t halt vonderLand eSpolizeibcb örde untersagt werden." Gegen das Eentrnm, welches diese Angelegenheit gern auf die lange Bank neuer Eommissionsberalkungc» geschoben hätte, br- ckloß der Reichstag am 14. Juni zunächst, de» Entwurf sofort im Plenum zu beratbcn. Aber die Redner der großen Mehrbeit zeigten ich von den, polizeilichen Standpnrct deS Entwürfe- und von testen Milde »nd Unbestimmtheit wenig erbaut. Selbst Wag euer erklärte: „Ick sür meinen Theil wäre in der Sache zern weiter gegangen. Eine anderwcitc Maßregel ist aber jetzt nicht möglich. Das Gesetz ist der theilweise Belagerungs zustand. Das Reich ist im Kriegszustände mit Rom." Tie große Mehrheit des Hauseö war jedoch, im Gegensatz zu Wagener, der Meinung, daß „eine anderwcitc Maßregel" auch jetzt schon wohl möglich sei. Deshalb traten noch am Abend de» 14. Juni Vertrauensmänner aller Parteien, mit Ausnahme deS Ccntrumö, zu einer freien Commission zusammen, welcke sich am 15. Juni über denjenigen Gesetz entwurf einigte, der im Reichstag und Bnndesrath Annahme fand und zum deutsche» RcichSgcsctz geworden ist. Cr lautet: „8. 1. Der Orden der Gesellschaft Jesu »nd die ihm verwandten und orden-ähnlichen Eongreaationen sind vom Gebiete des Deutschen Reichs ousgejchlossen. Tie Errichtung von Niederlassungen derselben ist untersagt. Tie zur Zeit bestehenden Niederlassungen sind binnen einer vom Bnndesrath zn bestimmenden Frist, welche sechs Monate nicht übersteigen darf, auszulojen. — tz. 2. Die Angehörigen des Ordens der Gesellschast Jesu oder der ihm verwandten Orden oder ordensähnlichen Kongregationen können, wenn sie Ausländer sind, auS dem Bundesgebiet ausgewiesen werden; wenn sic Inländer sind, kann ihnen der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten ver> sagt oder angewiesen werden. — 8. 3. Die zur Ausführung und zur Sicherstellung deS Vollzugs dieses Gesetzes erforderlichen An ordnungen werden vom Bnndesrath erlassen." Dieser Antrag wurde am 17. Juni in zweiter Lesung nach lebhafter Debatte mit 183 gegen 101 Stimmen angenommen. Die Minderheit bestand aus dem Centrum, dem linken Flügel der Fortschrittspartei und einzelne» „Liberalen" »nd Co» servativcn. Aus der Debatte iil die bemerkenswerthe Schluß rede deS Berichterstatters Oi. Gneist hervorzuhebe». Namenl lich sagte er unter stürmischer Zustimmung: „Das Reckt der Vereinigung (aller Preußen), aus welches inan sich zu Gunsten des Jesuitenordens beruft, ist ein Mißbrauch de« NamenS Freiheit, gegen den ich protestiren muß... ES handelt sich bei der Freiheit de» Jesuitenordens um etwas ganz Anderes um eine feste hierarchische Kastenordnnng, die das Gegen theil von freier Vereinigung ist, um eine Thätigkeit nach den Besedlen eine« auswärtigen Oberen und den Gehorjam gegen diese Befehle... Bringen Sie uns nur nicht die Wort» Frei heit und Recht, um die Herrschaft der Jesuiten in Deiitschtand ein- zusübren! handelt es sich um die Frage der Freiheit und des Rechts, so ist das dir Seite, aus der wir stehen!" Bei der dritten Lesung am 19. Juni übernahm Minister Delbrück die Abfertigung der ullramontanen Redner, welche dem Reich die Rolle de« Angreifers und Unterdrücker« zn- geschoben hatten. „Ich glaube", sagte er. „wenn das Reich eine Maßregel trifft die es zu seinem Schutze sür notdwendig hält, daß eS dann au leine Erkenntniß ankommt, ob es sich angegriffen fühlt, und nicht daraus, ob Richtungen, welche Lein Angreiler nahe sieben, einen Angriff nicht erkennen wollen. lieber die Frage der Nolbivehr hat zunächst doch der zu entscheiden, der angegriffen ist. . . Dir werden unS noch lange Zeit zu vergegenwärtigen haben, daß die Bersasjung, diese neue Schöpsung, Feinde bat, nicht blos äußere, sondern auch in, Innern, und wenn die Vertretung drs Reich» die lieber zeugung gewinnt, daß zu diesen inneren Feinden rin Orden ge> hört, welcher mit großen Mitteln, geistigen und materiellen, aus gerüstet, mit einer seltenen Organisclion begabt, rin feste; Zirl vcr- folgt, so ist sie berechiigt, diesen Angriff zurückznwetsen." TaS Gesetz wurde in dritter Lesung mit l8l gegen 93 Stimmen angenommen, zugleich mit einem Antrag Volk« (l5v gegen IVO Stimmen), welcher den Reichskanzler auf forderte, dem Rcich-tag bei seinem nächsten Zusammentreten Gesetzentwürfe vorzulegen über Einführung der obligatorischen Civilehe und über Ordnung der CivilstandSregister Ter BittidcSratl» ertheilte dem Gesetz am 25. Juni seine Zu stimmung. und am 4. Juli wurde es im „Reichsanzrigrr" der- kündelund auch ans die ReickSlante auSgcdcknt. Die Ausweisung der nur etwa 800 ausländischen Jesuiten a»S Deutschland vollzog sich im Allgemeinen ohne Schwierigkeit, wenn auch natürlich unter Aufgebot der üblichen Schaustücke der dema gogischen Kunst der Römlinge: Herren und Damen des katholischen Atel« weinten oder sielen in Ohnmacht bei der Austreibung der biederen Jesuitenpatres, an anderen Orlen wurden fanalische Haufen zusammengetrirben, die idreni wühlende» Schmerz in ansrührrrischen Reden und in Esten ozar durch Blutvergießen Luft machten. Erst im Mai l873 stellte der Bnndesrath fest, daß zn den den Jesuiten verwandten Gesellschaften die vvm Heiligen Geist und Herzen Jcsn sowie die Redemptoristen »nd Lazaristen gehören. Dem Mangel eines OrdenSgesetzeS wurde einstweilen dadurch abgebolsr», daß die Regierangen Preußens, der Reichslande, Badens re die Anstellung von Schulbrüvern und Schulschwrstern an den Volksschulen ver boten und dieses Verbot, trotz der lärmenden Klagen de« EenirumS über VerfaffungSverletzung im preußischen Landtag» bestehen ließen. Deutsches Reich. Leipzig, 29. November. In der „Deutschen Zeitschrift nr Geschichtswissenschaft" finden wir unter drr Rubrik „Nackrickten und Notizen" folgende Auslassung: „Auch für un» Historiker hat eS bei der nahen Berührung unserer Studien mit Wirthschastskunde und Wirlhschcistsgeschichte ein gewisse- Jnieresse, daß in Münster die bisherige Prosessur sür Nalwnalölonomik unter dem Namen einer Prosessur für Pastoral- thevtoglk und Socialpotitit au» der philosophischen in die theolo gische Facultüt übertragen und dem Abgeordneten Hitze verliehen worden ist. Diese Euniessivnalisirung der Nationalökonomie hak doch noch als eine Nebcrraschung gewirkt, während wir an die Vor- heerschasl conscssloneUer Gcsichtrpunete bei Besetzung geschichtlicher Prosesiuren längst gewöhnt sind. Auch hier aber macht dir Eon- sessiualisirnng, wie eS scheint, Fortschritte. ES würde lohnen, auj diese B«rhälttiisse einmal rinzugeben.' An dieselbe Hochschule ist auch ein ausgesprochener Ver treter vatikanischer Wissenschaft berüirn worden, näm lich der seither an der „freien" katholischen Universität Washington wirkende Professor vr. Pohle. Er wird Dogmatik lehren. Daß „das Dogma die Geschickte über winden soll", hat er schon »» Jahre l89l nach Manning'S Vorgang zum elastischen Ausdruck gebracht: „Wahrheit kann nicht mit Wahrheit streiten, in der Kirche Christi ober weht und waltet der heilige Geist und lrast dieses WehenS »nd WaltenS bilden Dogma und Geschichte einen wunderbaren Accord, der ohne Dissonanz und Trugschluß durch die Jahrhunderte tönt. ES kann darum schon aus inneren Gründen gar kein Factum in der Ktrchengeschichte vorltegen, das im wahryastcn Widerspruch mit dem Dogma, ja auch nur mit dein Geiste des Dogmas stünde. — Die Arbeit des katholischen Historikers wird sich aus die Ersorschuilg und Auf hellung der »m Len Hauptkern lagernden Nebciiumstäude, di« auf jenen leidst rin Streislicht tm Sinne deS Dogmas zu werfen geeignet sind, zu beschränken haben". Berlin» 29. November. Man hört nock immer die Behauptung, die Entscheidug über Len rumänischen Handelsvertrag sei zugleich ein Präjudiz sür di- jenige über Len russischen Handelsvertrag. Diese Behauptung ist irrig nnv cs muß ihr, da sie auf die Ab stimmung über den rrstercn Vertrag einen verwirrenden Einfluß auszuüben geeignet ist, immer von Neuem entgegen getreten werden. Richtig ist, daß eine Ablehnung de« rumä- nischen Vertrags mit Sicherheit aus die Ablehnung res russischen schlichen lassen würde, »»richtig aber, daß eine gleiche Analogie auch sür den Fall der Annahme eintrrien müsse. Der Einwank, daß man Rußland nicht versagen könne, was man Rumänien zugeftebe, ermangelt in sich der Begründung und widerlegt sich außerdem durch die Tbatsachc. daß wir die Zollerniäßigunge», welcke wir Rumänien seit anderthalb Jahre» gewähren, in dieser ganzen Zeit Rußland versagt haben. Im Ucbriacn ist unser commerzicllc- Vcr- bältniß ;n Rußland ein vollständig anderes, als zu Rumänien. Unsere wirkliche Ausfuhr nach letzterem Lande ist mrbr als koppelt, wahrscheinlich dreimal so groß, als unsere Einfuhr au- demselben; von Rußland dagegen führten wir in nor malen Zeiten ungefähr den koppelten Werlb dessen rin, was wir »ack kort anssührten. Tie deutsche VolkSwirlhschaft hat daber an der Atisrechtcrballnng ungestörter Handel« beziebungcn gegenüber Rumänien ein relativ ungleich größeres Interesse, als gegenüber Rußland. Aus der anderen Seite wird Niemand behaupten wollen, daß die Be deutung, welcke die Concurrenz der landwirrbschaftliche»
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