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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.01.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960127028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896012702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896012702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-01
- Tag1896-01-27
- Monat1896-01
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Reelame» unter dem Redactionsstrich (4ge- spalten) .50 H, vor den Fainiliemiächrichie» ttige'valtcn) 4t« Größere Schriften laut unjere», Preis Verzeichnis,. Tabellarischer und Zissernlptz »ach höherem Tarif. tfxtra-Beilage» (gesalzt), nur ml« der Morgen' Ausgabe, ohne Pofibesürderung 60—, mit Postdesürderung ^ 70.—. Ännahmeschluk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags ly Uhr Morgen«Ausgabe: Nachmittag- «Uhr. Für die Montag-Morgen.Ausgabe: Sonnabend Mittag. De! den Filialen und Annahmestellen je ein, halbe Stunde früher. Anzeigrn sind stets an die i«rl>el»itiou z» richten. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^-47. Montag den 27. Januar 1896. 80. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 87. Januar. Wenn »s noch eines Bestreife« dafür bedurft hätte, daß Kürst ViS»ar«k der Einladung des Kaiser« zur Theilnahme an den zur Frier de« 18. JanuarS im Weißen Saale de« königlichen Scklyffe« :« Berlin veranstalteten Festlichkeiten lediglich auf ärztliches Anrathe» und sticht auS „Ver stimmung" nicht gefolgt ist, so würde dieser Beweis er bracht durch den Artikel, den die „Hamburger Nachrichten" am Vorabend d?s Geburtstages P»S Kaisers ver öffentlicht habe». Piefer Artikel laßt nicht nur erkennen, daß von einer neuerlichen Verstimmung des Altreichskanzlers nicht die Rede sein kann, sondern daß auch jener alte ÄWmuth, der seit dem Rücktritte des Fürsten häufig genug seine Kund gebungen durchzitterte, vollständig geschwunden ist. Der Artikel gebt davon au-, daß diesmal der kaiserliche Geburtstag gleich sam den Abschluß der Festtage bildet, die das deutsch« Volk seit nahezu Jahresfrist begangen hat, und fährt dann fort: „Die letzte Zeit hat es bewirkt, daß die festliche Stimmung und die öffentlichen Veranstaltungen zu Ehren des Tages ebensowohl dem jetzigen Kaiser persönlich wie dem Träger der deutschen Kaiserkrone in abstracto gelten. Wir hohe» für den morgigen Festtag keinen befielen Wunsch, als den, daß dem deutschen Volte Anlaß gegeben werde, hie Feier des kaiserlichen Geburtstages von Jahr za Jahr nach der persönlichen Seite hin immer mehr zn vertiefen." Nachdem der Artikel dann die Bedeutung der monar chischen Idee in Deutschland bervorgehoben, kommt er zu folgendem Schluffe: „Wir begrüßen das neue Lebensjahr, in das der Monarch morgen eiutritt, mit dem aufrichtigen Wunsche, daß es ihm beschieden sein möge, in seinem Streben als Regent alle die Ziele zu erreichen, die ihm zumHeile vonReich und Volk vorschweben. Wir waren bisher nicht immer in der Lage, alles zn billigen, was gehah, und wir behalten eS uns ebenso für die Zukunft als selbstverständliches Recht vpr, unsere Meinung zu äußern, auch wenn sie von der officiellen Politik abweicht: aber heute am Vorabend de« kaiserlichen Geburtstages, gereicht ,s UN« zur ruhiguug, constatiren zu dürfen, daß die Initiativen he« Monarchen von Jahr zu Jahr mehr »u der H,sfnung berechtigen, seine Regierung werde sich für das deutsche Reich zu einer erfolgreichen gestalten. Wenn wir am heutigen Tage etwas zu beklagen haben, so ist es der Umstand, daß nach unfern Eindrücken und Wahrnehmungen der Kaiser de» Beistand nicht findet, auf den er in Folge seines auf richtigen Strebens Anspruch hat. Wir unterschätzen nicht die Schwierigkeiten, die dabei ohwalten- Die Auswahl der Mit arbeiter des Monarchen bei Führung der Staatsgeschäfte ist bei up« in Deutschland und in Preußen »ine sehr schwierig» Sache, weil sich geeignete Persönlichkeiten nicht so reichlich darbtet»«, als daß wir jeder Zeit nach Bedarf »inen Wechsel in der Besetzung wichtiger Staats- üniter erstreben dürften. Wie dem aber auch sei, die Wahrheit erfordert es, in einem festlichen Artikel, der der Person des Monarchen ge- widmet ist, offen zu bekennen, daß die monarchisch denkende unh fühlende Bevölkerung Preußens und Deutschlands den Eindruck hat. die persönliche Initiative dss Kaisers tperh« in der Ltaatsregierung noch günstiger wirken, wenn sie vollkommen freien Weg fände und nicht öfters pasfiven ministerielle» und bureaukratischen Widerstand zu überwinden hätte. Wir hegen deshalb heut« den «eiteren Wunsch, daß der Kaiser in Zukunft stet» Räth» und Mitarbeiter finden möge, die seine Intentionen unverfälscht fördern nnh hqrchführev" So hat da« Organ des Fürsten Bismarck seit Hessen Rück tritt den Geburtstag des KgjserS noch nie begrüßt, sp die Initiative des Kaisers mit Wünschen für ihren Erfolg noch nie begleitet. Au« Hirsen Wünschen geht b,sonder« hervor, * . . daß Fürst Bismarck, der dieser Tage davor warnte, nicht Weltpolitik, sondern deutsche Politik zu treiben, Weit entfernt davon ist, den vielbesprochenen Trink, sprach reS Kaisers am 18. Januar so zu deuten, Wie er von mancher Seite gedeutet worden ist, und daß eS eine verfehlte Spekulation der Schwärmer für eine Weltpolitik Deutschlands sein würde, bei ihren Ver suchen, den Kaiser von der Bahn vorsichtiger Wahrung der deutschen Interessen abzulenken, auf die Unterstützung des Altreichskanzlers zu rechnen. Gerade durch jene Warnung und den jetzigen Hinweis auf die Ereignisse der letzten Zeit bekundet Fürst BlSmarck, daß er mit vollem Vertrauen dex Initiative des Kaisers auch auf dem Gebiete entgegen sieht, das für unser Vaterland von folgenschwerster Bedeu tung ist. Wenn der Fürst bedauert, daß der Kaiser hei seinen Räthen und Mitarbeitern nickt immer den Beistand findet, auf den er infolge seines aufrichtigen StrebenL Anspruch hat, so braucht man nur an die Po len Politik zu denken, um diese- Bedauern verständlich zu finden und zu theilen. Es ist noch in frischer Erinnerung, wie scharf der Kaiser die deutschfeindlichen Agitationen der polnischen Heißsporne verurtheilte, wie energisch er die deutschen Elemente zur Abwehr jener Agitationen auf- sorderte und welche Hoffnungen Fürst BiSmarck und seine Be sucher aus den preußischen Polsnprovinzen daran knüpften. Wie wenig von diesen Hoffnungen sich erfüllt hat, haben gerade die letzten Wochen und Tage bewiesen. Um so mehr werden alle guten Deutschen den Wunsch de« Altreichskanzler« theilen, daß er im nächsten Jahre nickt mehr über mangelnde Unter stützung der kaiserlichen Intentionen zu klagen habe. Die „Kreuzzeitung", der eine gewisse Zurückhaltung in dieser Angelegenheit vor allen anderen Blättern wohl anstände, glaubt den Kak Hammerstetn zum Ausgangspunkt vop Provokationen machen zu dürfen. An ihrer Stelle hätten wir wenigstens das Ende der Gerichtsverhandlung gegen den Ver hafteten abgewartet. Das Blatt beruft sich aus die „Rheinisch- Westfälische Zeitung", die eS, ob mit Recht, lassen wir dahin gestellt, ein ausgesprochen nationalliberales Organ nennt und van der eS eine Auslassung wiebergiebt, in der e» beißt, national liberale Blätter hätten Hammerstein als den Typus eines Hoch- conservativen und die konservativen Führer der Mithilfe an seinen Thalen hingeslellt und damit „politisckc Brunnenvergiftung" verübt. So weit wir die Presse überblicken konnten, ist das eine Verleumdung, jedenfalls ist es eine solche gegenüber dem „Leipziger Tageblatt", das die „Kreuzzeitung" den nationalliberalen Blättern anreibt, die in der gekennzeichneten Weise die konservative Partei für die Verbrechen Hammer- steimS verantwortlich gemacht haben sollen. Das ist unserer seits niemals geschehen, und hi» „Kreuzzeitung" hütet sich auch, eine einzige Bemerkung anzusühren, die diese Behauptung rechtfertigen könnte. WaS wir, verhältnißmäßig sehr spät, aber allerdings unsere« Wissen« zuerst in der nationalliberalen Presse, geäußert haben, das war das Er staune» darüber, daß die konservative Partei und die beiden konservativen Fraktionen Berlins Herrn v. Hammerstein, der die ehrenrührigsten der Wider ihn erhobenen Beschuldigungen nicht zum Gegenstand seiner Beleidigungsklage gegen die Frank furter „Klerne Presse" gemacht halte, in ihrer Mitte duldeten, ihn in den Parlamenten »l- ihren Wortführer auftrrten und in ihrem Blatte weiter für Sitte und Religion austrrtrrn ließen. Wir hatten hinzugesitgt, daß mit unserem bürgerlichen point ä'tiouusur die!« Toleranz der überwiegend au- Adeligen bestehenden Conservativen unvereinbar wäre. Diese Auslassung, das wissen wir, ist in Berliner konservativen Kreisen übel vermerkt worden. Wir wissen aber auch, daß sie von Conservativen, adligenEonserygtjven. mit Ausdrücken des tiefsten Unwillens gegen die Parreigenossen ausgenommen worden ist, die eS verschuldet hatten — und noch viele Wochen weiter verschuldeten, ----- daß hi» konservative Partei Derartige« sich sagen lassen > ,»!> > IckckElPW » Än,Milse'- Pflegemutter. 211 Roman von L. Haidheim. Nachdruck verboten. An der Thür sah er noch, wie sie ihn erschrocken und mit einem jammervoll kränken hilfsbedürftigen Ausdruck anstarrte. Er erschrak, sie sank, und er war schon zurück, um sse auf zufangen. „Bleiben — Sie! — Ich — wollte Sie — picht ver letzen," keuchte sis. Er legte sie m ihren Stuhl, der Herzkrampf war da, ver geblich ri« er an der Kiingel. „Bleiben! — Still! — Keinen!" Sie winkte mit der Hand, er verstand, daß »r Niemand rufen solle, und wagte nickt, ihrem Willen entgegen zu Handel». Skjp Mitleid ver»ichl»te sie aber selbst. Denn sobald sie nur wieder ein Wort hervorbringen konnte, stammelte sie mit ihrer ihm unbegreiflichen Energie: „Nichts zu bedeuten, — ist nur etwa- Schwäche, ich will nicht sterben! — Aber ich will mein Kind, meine Annalist." Sir benutzt ihren Zustand, um damit ihren Zweck zu erreichen. Da« war dem Professor jetzt klar. Um so angstvoller tp,»b »« zhn, Annalist zu retten. „Sie — erbt — All»« — vop mir!" stieß die Baronin heraus. Er war überzeugt, sie sagte dg« nur, Ufp ihn zu lähm»», mochte «S ihr, wirklich» Absicht sein od»r nicht. lieber den Hof sab er jetzt die junge Dame gehen, dje er ganz richtig für Earolg gehalten hatte. Ohne fick um den Wid»rspruch per Leidenden zu kümmern, riß er da« Fenster auf upd ries ihr zu, Pie Baronin brdürf» chrrr. und empfahl sich eiligst. Carola klickte ihm er staunt nach. Vor per Thür des kleinen Vogeldoctors hielt MarfaS Wagen, ein anderer kam in der Ferne daher, ein Mieth- wagep schien eS. Professor Sonneza brachte ihn nicht weiter; ganz heiß vom raschen Geben, lies er sofort ins Haus und die Treppe hinauf, nur froh, daß er noch rechtzeitig gekommen war. In Annalises Zimmer fand er diese und Marfa, sich erregt unterhaltend; Annaljse sgh blaß und verweint aus. Seinen Blick beantwortete die Kammerfrau zuerst. „Man muß meiner Gnädigen den Willen thun, sie duldet keinen Widerspruch! Reden Sie Fräulein Annalise zu, Herr Professor!" Er blickte Annalise an, die erschöpft ihre Hände im Schooß faltete, und der man eS ansah, sie war zu jedem Widerstand unfähig. „Sie bleibt hier!" sagte stark der Professor. Hier in diesem Hause, bis wir klarer sehen und endgiltige Schritte thun können!" Al« Annalise ihn dann verwirrt anstarrte, daß er sie nun doch nicht mitnebmen wollte zu seiner Mutter, sie aber auch ebenso wenig zu Adele Jwanowna lasse» wollte, da fühlte er, daß er mit Freuden alles, was sein war, hi»- gegeben hätte, wenn er sich nur das Recht damit erkaufen konnte, ihr den Schutz deS Gatte» z» bi»tr». Er »ahm s»hr bewegt ihre Hand, wollte etwas sage» und drängte eü bann doch zurück Da« höhnische Auslachen der Baronin sab er noch vor sich und körte wieder ihren Zuruf: „Treffen Sir nur schnell Löschanstalten bei sich selber!" Annajise wurde jetzt rollig überwältigt durch die instinktive Erkennt",ß, daß nu» auch er sich von ihr lossagte, weit 1 Sjr schlug Pi« magern Hände vor die Augen! „Wäre ich doch nur todt!" hörte er sie im tiefsten Jammer vor sich hin murmeln. . In diffem Moment hielt ein Wagen vor der Tbür. Der alte Hausherr rief vpn seiner Stub« au« eine freudige Begrüßung. Und dann Plötzlich sprang Annalist empor; sie horchte, sie wurde wie von Rosenglutb ubergossen, Schritte stürmten die Tripp« hinauf; dir Thür flog auf und mit »inrm Freuden mußte. Wenn es der „Krruzzeitung" im Juni, Juli kein Conservativer gesagt hat, daß er, nickt des Hammerstein — für dessen Schandthat trug Niemand Verantwortung —, sondern seiner fortdauernden Zugehörigkeit zur Partei sick schäme, so ist bas sehr begreiflick; sie war die letzte Stelle, an der man auf ein Berständniß für diese Empfindung zu stoßen hoffen durfte. Wir aber, die wir den Konservativen jedenfalls ferner stehen, als die von der „Kreuzzeitung" angezogene „Rheinisch-Westfälische Zeitung", haben auS sächsischen kon servativen Kreisen Urtheile vernommen, die an Schärft unsere Verdammung der Tolerirung de- als „Nicht- aentleman" Erkannten weit hinter sich gelassen haben. Wenn wir noch erwähnen, daß das .Leipziger Tageblatt", als eS VaS Befremdende deS Verhältnisses der konservativen Partei zu Herrn v. Hammerstein hervorhob, von desien Ver brecken sehr viel weniger wußte, als dem Grafen von Finckenstein und dem Parteiführer Frbrn. v. Manteuffel- Crossen bekannt war, dann werden wir zur Charakteristik der Perversität der „Kreuzzeitung", dieinunserem Tbun „Brunnen vergiftung" erblickt, nichts binzuzusetzen haben. Daß das „Leipziger Tageblatt" zu den Blättern gehört, welche die Schuld der Herabsetzung des Ansehen« des Parlaments, der Presse und de« politischen Lebens überhaupt, die durch die Duldung des als ehrlos Entlarvten begangen worden ist, durch die Erklärungen des Herrn v. Kröcher nicht im Mindesten gemindert sehen, hat die„Kreuzzeitung" mittlerweile erfahren. Herr v.Krvcher hat eine offene Thür eingestoßen, indem er sich, den Niemand bezichtigt batte, entlastete. Alle« Andere bleibt beim Alten Und die Blätter, die an dieser Ansicht festbaltrn, „stellen sick nickt nur", wie die „Kreuzzeitung" sagt, „als ob sie e« besser wüßten", sie beweisen an der Hand von Tdat sacken und Zeitangaben, daß sie eS besser wissen, daß nämlich Herr v. Hammerstein länger, als zu seiner Ueberführpng nöihig war, der Welt als Ehrenmann und berufener Richter über Ehren männer vorgesührt worden ist. Wir haben auf di, Details nicht eingrben zu sollen geglaubt und würden auch mit den vorstehenden Bemerkungen nicht auf die Angelegenheit zurück gekommen sein, wenn die „Kreuzzeitung" etwas mehr —Vor sicht gezeigt hätte. Die srapzösischen Colonialpolitiker der Deputirten- kammer haben sick bei dem Minister deS Auswärtigen recht angelegentlich nach dem Stande der Dinge an der Süd grenze Algeriens erkundigt. Dem Munster ist diese An frage wenig gelegen gekommen, und er läßt in ihm nahe stehenden Blattern sein Befremden darüber ausdrücken, daß dir Colonialgruppe der Kammer eine Frage an den Leiter der auswärligen Angelegenheiten bringe, welche von dem jetzigen Cabinet, wie auch von seinen Amtsvorgängern immer nur als ins Ressort der inneren Politik fallend betrachtet worden sei. Dieser Unterschied der Auffassung kann sich bloö dadurch erklären, daß die Deputirten die Wüste Sahara als einstweilen noch nicht zu dem afrikanischen Colonialreiche gehörig ansehen, während die Regierung die selbe allerdings schon sür Frankreich reclamirt. Andern falls wäre es unverständlich, wie sie die Besetzung der Tuat-Oase lediglich als eine Angelegenheit der internen französischen Politik behandeln könnte. Wenn die Initiative der parlamentarischen Cvlonialgruppe zur Folge hätte, daß die Einbeziebung der Wüsten-Oasen überhaupt in die algerische Machrsphäre Frankreichs in lebhafteren Fluß geriethe, so würde ihr eine Auseinandersetzung mit Marokko voran gehen müsse», da Marokko ebenfalls Ansprüche aus jene Oase», insbesondere die Tuat-Oase, erhebt. Erst in aller- neuester Zeit hat sich ein marokkanischer Gouverneur in Tinnnimun, d. h. in der dem französischen Grenzsyrt Mac Mahon nächstbelegenen Oase, festgesetzt und organisirt dort pje Herrschaft des Scherifs. Der Generalgouverneur von Algerien hat dagegen durch eine gewisse Lässigkeit im Auf treten dem französischen Prestige in den Augen der Araber sehr geschadet, und eS wird einer erheblichen Kraftanstrengung bedürfen, um das Versäumte wieder einzuholen. Ob es ahev jetzt schon dazu kommen wird, erscheint zweifelhaft. Die französische Regierung, welche sich bekanntlich nach Pen Plänen des^Kriegsminislerü Cavaignqc eher mit dem Plane einer Schwächung als einer Stärkung des algerischen Truppenbestandes trägt, dürfte wenig Neigung hegen, io lauge die Neuorganisation des HeereS noch ein ungelöstes Problem ist, eine größere militairische Unternebnnmg in einer so entlegenen Gegend, wie die algerische Sübwestgrenze ist, zu insceniren. Um zwilchen den Anforderungen der thatsächlichen Lage und der Ab neigung gegcnEntsendung eine« französisckenTruppencorpS zu ver Mitteln, wird nun von colonialsreuudlicher Seite vorgeschlagen, den Vorstoß gegen die Tuat-Oase Len befreundeten Stämmen deS Grenzgebiets zu überlassen, dis sich schon wiederholt dazu erboten hatten, immer aber atschläglich beschicken waren. Natürlich würde die Besetzung der einen auch diejenige per übrigen strategisch wichtigen Oasen nach sich riehen und damit der erste Schritt zur Herstellung der Verbindung zwischen den algerischen und den Senegalbesitzungen der Republik gethan sein. Aus Italic» werden fortgesetzt Freudenkundgcbungen über die Rettung der Besatzung MakaUcS gemeldet und aus rein menschlichen Gründen nebmcn wir an der Freute über den ehrenvollen Abzug der Tausend von Makalle, wcicke das Fort wochenlang gegen 70 000 Belagerer niit beispiellosem Heldenmutbe rertheidigt und nur capitulirt haben, weil ibre Wasservorrätbe bis auf den letzten Tropfen aufaebraucht waren, mit vollem Herzen tbeil. Der Rubm jener Tapferen wird ein dauernder sein. Immer hin bleibt die Thatsache bestehen, daß Makalle capi tuliren mußte, ohne daß General Baratieri von Adigral rechtzeitig zum Entsatz eingetroffen ist. Die Scharen der Schoaner, welche Amba Aladsckn überfluthcten, haben sick nun auch über Makalle hinaus ergossen, abermals haben d e Italiener eine Position aufgegeben, die sie nicht halten konnte»,. Und wesbalb langte die Hilfe von Arigrat nicht recktzsilig an? Diese Frage beantwortet der Kriegscorrespondent der römischen „Tribuns", eine« Blattes, welche eine Action im großen Stil verlangt, in folgender Darstellung der Situation: „Wenn selbst das Corps concentrirt sein wird, so können wir nicht daran denken, vorwärts Hl, gehen. Die Batterien, von denen einige nur vier Geschütze führen, haben keine Trag- thierr. Sie haben dieselben theilweise Len Bataillonen zur Fortbringung des Gepäckes überlassen müssen, theilweise haben sie dieselben verloren, so daß sie gezwungen waren, ihre Reserven im Sticke z» lassen. Die Batterie» haben nur sechzig Schüsse per Geschütz. Von den Bataillonen sind einige ohne alle Transportmittel eingetroffe», andere mit unvollständigem Material, wodurch sie aus dem Marsche zahlreichen Schwierigkeiten ausgkietzt waren. Angesichts dieser Situation wäre es eine Ttwrheit, das Becken von Adigrqt zu verlassen und eine Schlacht zu schlagen, welche gegen eine abessinische Armee von 70000 Mann und an einem vom Negus gewählten Puncte nur defensiv sein konnte. I» der Lage, in der wir uns befinden, könnten wir uns in einer solche» Schlack« nur sehr schwer einen Sieg sichern. Der Negus hat mindestens 40 000 Gewehre und 2ö schnellfeuernde Geschütz», einjchlietzlich der fünf Geschütz« des Negus von Godscham niitgebracht. Es fehlt nur wenig daran, daß die Organisation der Schoaner besser als die unserig» ist." Aber auch wenn hi» schwierigen Terrainverhältnisse, di» Un zulänzlichkeil der italienischen Transportmittel und die gewaltige Ueberlegenheit d»s Feindes Baratieri nicht hinderten, bei Makalle eins Entscheidungsschlacht zu provociren, so mußte die Kenntnjß, welche er seit längerer Zeit po» Verhandlungen zwischen Köniz Menelik und dem Mahdi batte, ihn in Adigrat feslbannen. Er mußte vor Allein daraus bepackt sein, alle seine Truppen zu concentrircn und dann derart zu verlbeilen, daß ein sckließlich selbst Massana gefährdender Angriff auf Arigrat und die Vereinigung der Derwische mit den Schoaner» verhindert wurde. Sollte, woran kaum zu zweifeln ist, thatsächlich König Menelik es auf eine Vereinigung mit schrei, der dem Professor wie ein Messer durch« Herz ging, stürzte sich Annalise in eines hageren, sehr blassen ManneS Arme, auf dessen angenehmen, männlichen Zügen zu lesen stand, daß ihm die letzte Zeit nicht leicht gewesen. „Joachim!" Es hatte ihm keine Ruhe gelassen. Die Seligkeit über Annalises Empfang erhellte aber in diesem Augenblick seine Züge. Er beachtete die beiden Zeugen ihres WiedersebenS gar nicht. Nur daß er die Geliebte in seinen Armen kielt, daß sie ihm wiedergeschenkt war, nur daS fühlte er, und daß sie sich in seine Arme flüchtete wie ein gebetztes Wild. „Mein Lieb! Mein süßes Lieb! Meine HerzeuSwonne I Ich bringe Dir gute Nachricht!" stammelte er und küßte sie immer wieder, wie in einem seligen Rausche. Der Professor hatte sich gbgewanpt. Ihm war zu Mutbe. als ob tausend Teufel ihm etwa« unendlich Schöne-, Himmlische» hobn- lachend zerschlugen. Eine unbeschreibliche Wuth kochte in ihm auf. Mit welchem Recht nahm dieser Mensch, der ihr nichts, gar nichts bieten konnte, Annalise in Anspruch? Mit dem Reckt der Liebe? ahabaha! Solcher schmählicher Unsinn! o viel sah er aber doch rin, er durfte in Annalise « Gegenwart den Osficier nicht zur Rede stellen. Außer sich, ganz kopflos vyr zorniger Aufregung und nie gefühltem, schmerzvollem Neid, winkte er dem Vogeldoctor und ging mit ihm binanS. Während er dem kleinen Alten dann erbitterte Vorwürfe machte, Pie abzuweisrn er gar nicht im Staude war, schon weil er die Situation nicht recht verstand, feierten bi» Liebenden eine kurze, selige Wirdersebrnsstunde. Joachim erzählte der Geliebten unter Küssen: „Ich habe meinen Ab schied eingereicht; ich bätte sonst Jahre und Jahre auf Dich zu warten gehabt, mein Herzenslieb. In unserer Residenz wird die Leitung d«S Rhinacker'schen Institut« fr»i, Niemand weiß eS bi« jetzt; Rhinacker, al» braver Kamerad, hat e< mir selbst Angeboten; er will mir die Uedersiabme in aller Weis» erleichtern, seine Heiratb erlaubt ihm da«; nur so schnell wie möglich sollte ick kommen, di« Sacke mit ihm zu vereinbaren, und da siebst Du mich! Der alte Herrgott lebt noch, meine Annalise, und in Jahr und Tag bist Du meine Frau." Sie verstand wenig genug von seinem froben Berickt, nur daß sie sich nicht zu trennen brauchten, daß sie seine Frau werden sollte! Wg« fragte sie nach allem Anderen? Es fiel Beiden keine Minute ein, zu denken, wie sehr wenig geschickt Annalise sei zu einer Hausfrau. „DaS lernt sich!" batte Joachim sich gesagt, wenn ja einmal der praktisch« Gedanke durch seinen Kopf ging. Inzwischen hatte Frau Marfa in der Kammer sich G: schäfte gemacht, und kein- von beiden sie beachtet über dem Rausch dieser Stunde. Wie sollten sie auch? Sie hatten sich soviel zu erzählen, eine ganze Welt von schweren, inneren Erlebnissen, von ihrer Krankdeil und seinem Abschied, vom Dienst, von den Regiments tameraden, die ihm ihre Anhänglichkeit in schönster Weise bewiesen hatten. Von Ellern und den Seinen wußte er nickt- Weder Vater noch Mutter hatten ihm geschrieben, Carola nur ein Mal, heimlich noch obendrein: der Vater sei ganz verbittert, unendlickeS Aergerniß zwischen ihnen und Adele Jwanowna, und zu Annalise dürsten sie ebenso wenig wir ihm schreiben; renn darin, daß sie sick trennen müßten, stimmte der Vater mit der Tante überein. Annalise solle zu dieser zurück, da- sei beschlossene Sache. Da« war Alle» unerfreulich genug; doch wie gering erschien es ihnen heute neben dem Glück, sich wiederzuhaben, sich an- grhören zu dürfen. Sie vergaßen wieder Zeit und Stunde darüber. Marfa indeß ertrug e« nickt länger; ihre Sorge um die Herrin machte sie noch nnzednlbiger. Sie trat zu dem Paare, daS sse erstaunt ansab „Wird Pi« junge Gnädige mit mir kommen? Ich habe nickt länger Zeit! Annalise schrak auf auS dem holden Traume. Zu Adele Jwanowna zurück? Joachim aufaeben? Sie wurde flammend rotb. Es fiel ihr ein, wa« sie bis jetzt völlig vergessen batte, ihm mitzutheileo, daß nämlich der Professor sie beinahe schon zu der Ueberzeuguu« gebracht batte, e« sei ibre Pflicht, die« Lehrer» zu tdu»,
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