Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.01.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970111029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897011102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897011102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-01
- Tag1897-01-11
- Monat1897-01
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezrtg-.Prei» k der Hauptexpedittoa oder den im Stadt, bezirk und den Vororten errichteten Au«, gabestrllrn ab,,holt: virrtelishrlich^lschO. bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau« 5.b0. Durch dt« Post bezoae» für Teutschlaud und Oesterreich vi»tt»i,öt>r>ich »l 0—. Direkte tägliche Kreuzband!»,»»»», «s Ausland: manatttch 7ckO- Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr. di« Ldrnd-Ausgabe Wochentags um ü Uhr. Le-artior» und Erve-Mo«: -»Hannes,»fs« 8. Di»Lx»«dition ist Wochentag* ununterbrochen gedffnrt von früh 8 bi* Abend- 7 «h». FMilk«: vtt» Klemm » «ortim. (Alfred da-«), NuiversitSt-straßr 3 (Paulinnm^ Laut» Lösche, Katharinrnstr. 14. hart, und König-Platz 7. -n, Abend-Ausgabe. 'eimiger.Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Amtes der Stadt Leipzig. 18. Montag den 11. Januar 1897. A»,ze1gen'Prei< die 6gespaltene Petitzeile 20 Pfq. Rectame» „uter dem RedacttonSstrick lqe« spalten^ .50 ij. vor den FamUiku»acknchte» (V gespalten) 40^. tyrößere Lchrislen laut unserem Prei«- uerzeichniy. Tabellarischer und Ziffer:,'«, »ach höherem Tarif. irrt»«-Beilage» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ./t M—, mit Posibesörderung .Nt 70.—. - - Ännahmeschluk für Änzeigrn: Abend.Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. borgen »Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. chri den Filialen und Annahmestellen ,« eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die isrvevitio» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 91. Jahrgang. «sssssssss«—SS-SSNSSSSSS! Amtlicher Theil. Gefundrn wurde während der letzten Tage etll Betrag von 500 Mark. Zur Ermittelung de» LigenthümerS wird dies hierdurch bekannt gemacht. Leipzig, den 8. Januar 1887. Da« Volijeiami »er Stasi Leipzig X. 8. Brztschueider. Ml. Politische Tagesschau. * Leipzig, 1l. Januar. Nachdeo, die kürzlich von der „Preis. Ztg." abgegebene Erklärung, daß nicht nur die freisinnige, sondern auch die süddeutsche VolkSpartei zur Bewilligung einer durch da- Vorgehen Frankreichs notbwendig werdenden Artillerie» Vorlage bereit sei, die Hoffnung erweckt batte, die bürger liche» Parteien deö Reichstags würden volle Ein mütbig- teil in dieser für unsere nationale Wehrkraft so wichtigen Frage bekunden, beeilt sich der Moniteur deS EentrumS, die „Germania", diese Hoffnung als trügerisch hinzustellen. Ein Artikel diese- Blattes spricht sich nämlich mit großer Entschiedenheit gegen eine Reorganisation unserer Feldartillerie nuS und behauptet, daß die Sache nicht von rein technischen Gesichtspunkten betrachtet werden dürfe und daß vielmehr die allgemeine politische, militairische und wirthschastlicke Lage für die Beurlheilung maßgebend sei. Es heißt bann in dem Artikel: „Nur wenn nachgewiejen zu werden vermöchte, daß eine ganz .wesentliche, für einen Krieg zu den ausschlaggebenden Faktoren zählende Ueberlegenheit der Schnellseuergeschüye über daS derzeit in Händen unsrer Feldartillerie befindliche, völlig neue vortreff, iichr Gejchützmaterial vorhanden wäre, was wir entichieden be streiten, und wenn nicht nur Frankreich, sondern auch dir ubriizxu großen MiliwirmSchtr, namentlich Rußland, zur Ein- sllhAnU der'EchnsVsenrrgeschlltze schreiten, läge unseres Erachtens ttistiger Anlaß vor, diesem Beispiele zu folgen, und zwar weniger mit Rücksicht aus die derzeitige geringe Ueberlegenheit der Schnell- seuergejchütze in einer bestimmten Richtung, al» mit Rücksicht auf den moralischen Effect, den jene Maßregel im Heer» Hervorrusen könnte. Wo soll es hinaus, wenn wir bei jeder Verbesserung der Waffen, die keine wesenilich», für einen Krieg ausschlaggebende ist, den übrigen Heeren mit den betreffenden, einige Hundert Millionen erfordernden Neubeschaffungen folgen und rin eben in Bezug aus sein Rohmaterial durchweg erneuertes vortreffliches Material, das m ballistischer Hinsicht völl g auf der Höhe der Zeit steht und hierin von den Schnellfeuergrschützkn, wenn überhaupt, so höchsten« belang los überrroffen wird, über Bord und zum alten Eisen wersen?" Zur Zeit sei die Lage auf dem Eontinent eine aller Voraussicht nach aus längere Zeit derart friedliche, daß wir nach einer so umfassenden HeereSverstärkung wie der von 1884 und der ihr heute folgenden besseren Ausgestaltung der vierten Bataillone mit gutem Gewissen ein mäßigeres Tempo in unseren Rüstungen einschtagen könnten. Deutichland stehe zur Zeit unbedingt in seiner militairischen Macht weit ent wickelter und durch feste Bündnisse gegen jeden Angriff ge schützter da al- je und könne daher ruhig abwartro, ob auch I die übrigen Großmächte, besonder- Rußland, dem Beispiele I FrankrerchS folgen werden. D. h. mit anderen Worten,! Deutschland müsse erst von Frankreich und Rußland überflügelt sein, bevor daS Eentrum sich zu einer Bewilligung entschließe. Ob daS die wahre Ge sinnung der Hintermänner der „Germania" ist, muß jedoch vorläufig dahingestellt bleiben. Jedenfalls würde sich daS Eentrum in schroffen Gegensatz zu einer großen Zahl seiner katholischen Mäkler und ihrer nicht katho lischen Helfer in vielen Wahlkreisen setzen, wenn eS seine Bewilligung der in Aussicht stehenden Vorlage von der vor- ausgegangenen Ueberslügelung Deutschlands durch Frankreich unk Rußland abhängig machte. Es ist daher wenigstens nicht unwahrscheinlich, daß der Einspruch der „Germania" wieder einmal nichts Anderes bedeutet, als einen Versuch, die Macht de-EentrumS in Erinerung zu bringen und die preußische Regierung zu veranlassen, im Landtage demUltramontanismuS im Voraus einen Preis für sein Wohlverhallen im Reichstage zu zahlen. Es ist in diesem Falle aber kaum zu befürchten, daß die preußische Regierung einem solchen Drucke nachgeben werde. Man kann es im Reichstage rudig darauf ankonimen lassen, ob das Centrum einer Artillerievorlage gegenüber mit den Socialdemokraten zu einer ablehnenden Haltung sich ver bündet. Die Mehrheit des Hauses bildet eine solche Eoalition nicht, und bekunden die Gesinnungsgenossen deS Herrn vr. Lieber im Reichstage ihren „Patriotismus" dadurch, daß sie mit den Socialdemokraten darauf dringen, daß Frankreich und Rußland ein Borsprung vor Deutschland in Sachen der Artillerie gelassen werte, so kann der Eentrums- sührer bei den nächsten ReichStagswahlea sich auf den Verlust einer Reihe von Wahlkreisen gefaßt machen. Eine der Rechnungen, die das Eentrum im prcutzischen Abgeordnetenhaus« für die im Reichstage zu leistenden Dienste zu präsentiren sich vorgenommen hat. bildete die am Sonn abend zur Besprechung gelangte Interpellation Uber die Auslösung polnischer und anderer Versamm lungen in Oberscklesirn, in denen in einer andern ais der deutschen Sprache verhandelt worden war. Es handelt sich bei dieser Angelegenheit nicht um die Frage, ob Staalsangebörigen daS Recht, i» Versammlungen ihre nicht deutsche Volkssprache zn brauchen, verkümmert werden darf; die- wirb von Niemandem, auch von der Regierung nicht, beabsichtigt; es ist anerkannt, daß sie für Beamte sorgen muß, welche derartige Aersammlungen zu überwachen ver mögen, so weit daS Letztere erforderlich ist. WaS die Polen wollen und worin sie bezeichnender Weise um der oberschlesischen parlamentarischen Mandate willen von den deutschen Klerikalen unterstützt werden, daS ist die U eber- tragung der grvßpolnischen Agitation nach Ober st-lrsien; eS hieße, sich durch formalistische Einwänkc an der Wahrung eines Staatsinteresses ersten Ranges bindern lassen, wenn man den Unterschied zwischen der gutgläubige» Anwendung deS Wasserpolnischen in oberschlesischen Ver sammlungen und der tendenziösen Veranstaltung solcher, in denen agitatorische Vorträge in bochpolnischer Sprache ge halten werden, sich hinwegdiSputiren ließe, wie die Redner des EentrumS in der Hoffnung auf Nachgiebigkeit der Regierung eS erwarteten. Der Minister deS Innern v. d. Recke sah keinen Grund zur Nachgiebigkeit; er vertrat mit aller Entschiedenheit die Abweisung der national- polnischen Agitation und ihrer Vertheidigung durch da- Eentrum und konnte sich bei dieser Abweisung erfreulicher weise auf seine Uebereinstimmung mit der gesammten Staatsregierung berufen. In ihrem Namen erklärte er am Schluffe seiner Rede: „Ich komme noch aus eine Aeußerung, die der Abg. v. Heydt- brandt machte und dir auch von den Berireiern der Frriconservativen und der nationatiiberalen Partei ausgenommen wurde. Er wie« daraus hin, daß in Oberschlesien, das früher keine groß- polnische Agitation gekannt habe, sich die Anzeichen für das Wachsen einer solchen mehrten, und sprach der Staatsregirrung dos Bertrauen aus. daß sie eS verstehen werde, diesen Agitationen gegen über mit Eriolg vorzugehen. Ich freue mich, seslilellen zu können, daß die Staatsregirrung mit dieser Auffassung sich in der er freulichsten Uebereinstimmung befindet. (Beifall rechts.) Ich kann nicht leugnen und habe gestern schon hingedeutet, daß namentlich in Obrrschiesien die Anzeichen für eine Agitation im großvolnischen Sinne sich mehren. Sie zeigen sich auf verschiedenen Gebieten des öffentlichen Lebens, in Vereinen, in Versammlungen, aus den Schulen und auch auf anderen Gebieten, und die Staatsregierung ist der Meinung, daß diesen Agitationen mit aller Energie ent- gegengetreten werden mutz. Es geht nicht an — das gilt zu gleicher Zeit in hervorragender Weise natürlich auch von den eigentlich polnischen Landestheilen —. daß sich ein Staat im Staate bildet, daß die Bevölkerung vergißt, was sie sein soll, daß sie vergißt, Laß sie Preußen sind. (Sehr richtig! rechts.) Sollte diese Bewegung nicht nur eine vorübergehende sein, sollte sie sich mehren und stärken, so ist die Staatsregierung entschlossen, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dagegen einzuschreiten." Man kann nur wünschen, daß diesen Worten auch Thaten folgen und daß die übrigen Rechnungen, die das Eentrum im Vertrauen auf seinen Einfluß im Reichstage noch ferner im preußischen Landtage zu präsentiren gedenkt, mit derselben Entschiedenheit zurückgewieseu werden. Dazu ist die preußische Regierung freilich nur dann in der Lage, wenn die Eon- servativen, wie am Freitag und Sonnabend, so auck künftig es verweigern, ihre Unterschrift unter die klerikalen Rech nungen zu setzen. Die Resolution, welche am 7. Januar das österreichische Abgeordnetenhaus faßte, dahingehend, die Regierung sei auszufordern, der tschechischen KomenSkyschule in Wien das OeffentlichkeitSrecvt zu ertheilen, war im Wesentlichen eine Revanche der Rechten für die Ueberrumpelung, deren Gegenstand sie kurz vorder bei der Frage, ob de Mittel für das slowenische Gymnasium in Cilli zn bewilligen seien, gewesen war. Am 7. dsS. war die Rechte stark ver treten, etwa noch fehlende Mitglieder wurden telegraphisch herbeigerufen, und so siegte sie an diesem Tage mit 11 Stimmen Mehrheit, derselben Ziffer, welche in der Eilli-Angelegenheit gegen sie entschieden batte. Das Ab geordnetenhaus hat sich hiermit dafür erklärt, daß Wien, in Nieberösterreich gelegen, nicht mehr den Charakter einer deut schen Stadt habe. Möglich wurde dies nur dadurch, daß, während die katholische Voltsparlei gegen die Resolution stimmte, viele Antisemiten, darunter Lueger selbst, fehlten. Die- ist um so auffallender, als der Letztgenannte nach seiner Wahl zum Wiener Bürgermeister am 28. Oktober 1885 eine Rede dielt, in welcher er feierlich erklärte, daß Wien eine deutsche Stadt sei, und daß ihr dieser Charakter streng gewahrt bleiben müsse. UebervieS hat erst am Sylvestrrtage, wie da mals gemeldet, die Partei Lueger'S im niederösterreichischen Landtag den Antrag gestellt, der Landesausschuß sei zur Vortage eines Gesetzentwurfes aufzufordero. durch welchen die deutsche Sprache als ausschließliche Unterrichtssprache für alle öffent lichen Volks- und Bürgerschulen in Niekerösterreich sestgetegt werde. Auch gegen da- slowenische Gymnasium in Cilli trat Herr Lueger am 18. Juli 1885 in einer parlamentarischen Rede mit rer größten Entschiedenheit und unter Scheltwonen gegen die Lauen »nd Halben, die Eomödianten aus. Unr jetzt? Tie Leute, welche sich sonst geberdeu, als ob sie rcn festen ManneSmuth ausschließlich gepachtet hätten, zogen es am 7. dss. vor. um nicht ihre eigenen Worte schlucken zu müssen, der Abstimmung fern zu bleiben. Das officiöse „Fremden - btatt" meint zwar, gegen die demonstrative Bedeutung der Resolution trete ihr praktischer Wertb in dir zweite Reibe, aber die „N. Fr. Presse" trifft das Richtige unstreitig besser, wenn sie bemerkt, partamentarischc Resolutionen wiegen in Oesterreich allerdings federleicht, wenn sie der Regierung unsympathisch seien, passen sie ihr aber einmal in den Kram, so erlangen sie rasch Eentnerschwere. Die «ngarischc Presse beschäftigt sich gegenwärtig ziemlich eifrig mit einem Eouslict, der zwischen dem Vatikan, bez:r. der conjzrviMici cko propuznucla ticko, und den magyariscken Gläubigen griechisch-katholischen Bekenntnisses ausgebrochen ist. Es ist unter diesen schon seit längerer Zeit eine Bewegung im Zuge, welche die Einführung der ungarischen Liturgie bezweckt. Die kanonisch appro- birien Kirchenbücher sind m allrussischer Sprache ab gefaßt und werden von den magyarischen Gläubigen nicht verstanden. Man übersetzte sie daher aus eigene Faust ins Ungarische, und die Geistlichkeit benutzte sie rituell zum Theil in dieser Gestalt. NeuestenS nun legte, wie gemeldet wurde, Rom gegen diese von katholischem Standpunkte allerdings eigenmächtige Abänderung der Kirchen spräche sein Veto ein und verlangte, wie es heißt, die Ver nichtung der ins Magyarische übersetzten kirchlichen Bücke» Tie nichtklerikalen OppositionSblältcr nehmen energisch für die Sache der nationalen Liturgie Stellung und ertheilen den interessirten Gemeinden schlankweg den übrigens auch in Kreisen der Letzteren längst aufgetauchlen Rath, entweder znm Prvtestan tismus übcrzutreten oder eine selbstständige, rein ungarische Seele zu gründen. Auch fordern sie von der Regierung, daß sie für daS „nationale Recht" der griechisch-kaiholischen Ungarn dem Vatikan gegenüber energisch einlrete. Sie er blicken in dem nou p08smnuü RomS antimagyariscke Absichten und erzähle», es sei bei der Curie gegen die Ge Währung des Wunsches der griechisch-katholischen Ungarn niii dem Argumente gekämpft worden, daß durch die Einführung der ungarischen Liturgie eine gewaltsame Magyarisirung aller Griechisck-Kalboliken Ungarns bezweckt werde. Wahr ist, so wird aus ungarischen RegierungSkreilen versichert, daß es sich bei diesem Anliegen lediglich um die Gewährung des ungarischen Gottesdienstes für solche Gemeinden bandelte, welche nur oder zum überwiegenden Theil von Magyaren bewohnt sind, während bei den Ruthenen nach wie vor die allrussische» Bücher in Gebrauch bleiben würden. Anderer seit- dürfte in Rom bei Erlassung des Verbotes taum irgend ein nationales Moment, sondern es werden wobl hierarchische Bedenken maßgebend gewesen sein. Thatsache ist ferner, daß die ungarische Regierung bisher nichts ge- ldair bat, was einer staatlichen Intervention in dieser rein kirchlichen Angelegenheit gleichkäme. Diese durchaus correcle Haltung wird dem Eabinel Banffy, wie verlautet, demnächst auch im Parlamente oppositionelle Angriffe zuziehen, sie wird aber von allen besonnenen Elementen des Landes gulgeheißen, wiewodl es in allen Kreisen sehr Biele girbt, die sowohl vom rein religiösen, wir vom nationalen Standpuncte aus einen Sieg der aus die ungarische Liturgie abzietenren Bewegung Die Nir-orfs. Roman von Hermann Helberg. Nachdruck verboten. Erst überflog sie Rudolfs Zeilen mit zitternden Augen und, die Zähne zusammenbeißend, für sich, dann aber laS sie „des unverschämten Buben" Worte laut vor. „Wenn Ihr diesen Brief empfanget, befinde ich mich auf Steindorst und bin dort eingrzoaeu als rechtlicher Erde und Besitzer des Nachlasses unsere- VaterS. „Schlüfftl und Eaffe sind in meinen Händen und daS gesammte Personal hat mir bereit- Treue und Gefolgschaft gelobt. Auch gab ich den Befehl, baß Niemand ohne meine Genehmigung da- GutSgebiet, geschweige den Hof und Schloß betritt. Ich will weder Rücksprachen noch Aus einandersetzungen mit Tuch. Ich nahm mein gute- Recht als Zwritgeborener und werde eS auSübea — mit oder ohne Eure Zustimmung. „Nur wenn Ihr zu einem Vergleich geneigt, sendet mir PaternuS. Ich wünsche weder gegen die Erdgesetz« zu ver stoßen. noch unbillig gegen Euch zu sein. „Solltet Ihr mir aber Procrsse anhaugen oder gar Gewalt gebrauchen, so werde ich Euch mit denselben Waffen begegnen. Dessen seid gewiß! Freiwillig weiche ich nicht von Steinborst, geve ich Gewalt, Besitz und Rechte nicht wieder aus Händen. „Du, Axel, magst mir die Persönlichkeit bezeichnen, der ich Deine Möbel, Deine Papiere, Deine Gelder, kurz Alle- auShändigen soll, WaS Dir rechtlich gehört. ES wird sofort verabfolgt werden. Zunächst nahm ich auch dir Schlöffe! Deiner Gemächer an mich. Als Wohnsitz gestatte ich Dir Flugsande, da- ich im Fall s»forl räumen werde. Meiner Schwester mache ich de» ihr bei Lebzeiten von unsrrm Later überwiesenen Eutinrr Besitz nebst vorauSfolgtrm baaren Capital nicht streitig. Ich erwarte baldigst Eure Mittdeilungrn, und rathe und bitte — beute bitte ich noch — um Friede und Freundschaft. Euer Bruder Gras Rudolf von Ripdorf." „Unerdöit, unerhört, aber entsprechend der Raubtdieraatur diese» fürchterlichen Menschen" — hauchte Ulrike, nachdem sie zu Lad« gelesen. Sie sprang empor und durchmaß, schier berstend vor Ingrimm, daS Gemach. Aber Gott sei Dank. eS giebt noch einen gerechten Herrscher, e» giebt noch Gesetze und Richter in unserem Lande, und eS gilt noch der Schwur, den ich leisten werde. „Denn Jbr mögt eS wissen!" fuhr sie. nicht gedenkend, in welchem Lickte vor den Ihrigen sie erscheinen würde, fort und zog den breiten habsüchtigen Mund, „was ich Euch bisher verschwiegen habe, nun aber Euch aufdecken will. Als ick in jener Nacht bei unserm Vater wackle, trieb mich daS Verlangen, schon jetzt einen Blick i» seinen letzten Witten zu tbun. Ich suchte und fand das Testament, das nun nebst den Papierwerthen, die ich gleichfalls fand, von ruchloser Hand entfernt worden ist. In dieser letzten Verfügung unseres VaterS wurdest Du, Axel, unbeschadet der Rechte unseres Bruders Alfons und seines Erstgeborene», die durch Proclam zur Besitzergreifung ihres ErbeS aufgrfordert werden sollten, zum Herrn und Nutz nießer der Herrschaft Steinhorst eingesetzt. Rudolf war in dem Testamente Flugsande als Eigenthum bestätigt, sonst aber nichts zngebilligt. Ebenso war mir nicht« ferner vermacht, dagegen bestimmt, daß Jsabella 150 000 SpecieS auSgezablt werden sollten. Auch batte sie unser Vater »um Erben von Steinborst nach Deinem Tode eingesetzt. DaS Testament war vom Januar dieses JabreS datirt und von der Hand deS alten Herrn selbst geschrieben. Alle früheren von ihm getroffenen Bestimmungen erklärte er als hinfällig, also auck da« Testament, von dem PaternuS eine »u Gunsten Rudolf- lautende Abschrift zu besitzen scheint. DaS Alles gelesen zu haben, kann ich jeder Zeit beeidigen, und e« wird umsomehr von Gewicht sein, al« eS im Wesent lichen mit Dem übereinstimnit, was unser Vater Dir und Ole bei Lebzeiten mitgetheilt hat. Also den Muth wollen wir keineswegs sinken lasten, und in allererster Linie schlage ick vor, daß wir in aller Form einen Protest an Rudolf ad- grhen lassen." Zu Ulriken - Ueberraschung schien Axel nicht sehr erbaut von dem Inhalt ihrer Red«, jedenfalls nicht mit ihrem Bor- schlcwe, so rasch zu handeln. Er schüttelte den Kopf und sagte: „Wir müssen un-, mein» ich, erst schlüssig machen, wem wir unser Vertrauen schenken wollen, PaternuS, der mir heute wenig gefiel mit seinen Bedenken und Eautelen, oder dem Aevocaten Kordel!. Nach genauer Rücksprache mit einem oon diesen Briden schlage ,ch vor, zu handeln. Vielleicht, vielleicht wäre eS zu überlegen, ob wir nicht doch unsere» Bruder zu einem Vergleich die Hand böten!" fuhr er anfänglich stockend, dann aber, trotz Ulrikens deutlich sich äußernder Auflehnung in Blick und Miene, mit fester Betonung fort: „Das von Dir erwähnte Testament ist nun doch einmal nicht vorhanden und deshalb sein Inhalt nicht zu beweisen. Wer weiß, ob Rudolf es nickt selbst an sich genommen und ver nichtet hat. Alles erscheint mir jetzt in einem anderen Lickte. Du hast ibm doch sicherlich von dem Inhalte Mittheilung ge macht. Wer batte denn anders ein Interesse an der Beseitigung deS Schriftstückes als er!? Und ist dem so, dann ist unsere Sache unter allen Umständen verloren, zumal da die Eopie eines früheren zu seinen Gunsten lautenden Testaments bei Paternus sich befindet. Auch Anderes entscheidet gegen mich persönlich, wenn wir einen Proceß beginnen. Wer zuerst daS Licht der Welt erblickte, ich oder Rudolf, ist bis heute un entschieden. Die Frau, welche damals die Zwillinge nach der Geburt in einer Wiege bettete, vermochte später nickt anzu geben, welches Kind das erstgeborene sei. Unser Vater be- zeichnete allezeit Rudolf, erst später mich, aber nickt unmözlick isl'S, daß sein Wunsch ihm allein Beweis war. Du, Ulrike, wirst ja keinen Schaden von einem Vergleich nehmen, nur ich werde materiell beeinträchtigt. Sicher gewährt Rudolf Alles, was Euch bestimmt warb, wenn er nur Besitzer von Steinhorst bleibt." „Ah, daß Du doch immer der schwankende Philister, der Leisetreter und Aengstling bleiben mußt", bauchte Ulrike, die sich schon während seiner Rede kaum hatte zurückdalte» können. „Welche Absichten äußertest Du auf Steinborst und auch beute noch wieder! Du betontest unseres VaterS Willen, warst eingedenk deS Vermächtnisses, Ehren und Anseben des Rixdorj'schen Namen- zu wahren I Da durchdrang Dich ein ritterlich kräftiges Gefühl. Du warst ein Mann und bist jetzt der alte Schwächlingl Und glaube dock nicht an Deines Bruders Großmuth! Nichts wird er Jsabella berauSzablen, es sei denn, daß sie einwillizt, sein Weid zu werden, um da durch sich die Erbfolge für seine Nachkommen zu sichern. Gewiß, er weiß, was daS Testament enthielt. Um so empörender war seine Verdächtigung gegen mich!" „Wenn er aber nun Jsabella'« Erbtheil au-kehrt, ihre Erbrechte anerkennt, gar Dir noch etwas auSzablt und mir Flugsanve überläßt ? WaS dann?" fiel Axel, vbne Empfind lichkeit über ihre Rede an den Tag zu legen, rin. „Und aus Dr>n« Worte habe ich Dir Folgendes zu sagen: Ich weiche nicht zurück, wie Du mir Anhängen möchtest, auS Bequem lichkeit, Schwäche oder gar Feigheit, sondern au- dem Product ruhiger Ueberlrgung. Zweierlei bestimmt mich zu anderen Entschlüssen, einmal die Thatsache, daß sich Rudolf, auf das Testament stützend, durch einen Gewaltact zum Herrscher auf geworfen hat, und andererseits Deine Eröffnungen, da durch ne sein Vorgehen sich erklärt. So sehr es der Wunsch unseres VaterS war, daß ick fortan vurch meine Person den Besitz re- präscntirte, so sehr würde er sich dagegen auflednen, daß vor aller Welt Augen Erbstreitigkeiten auSgefochlen würden, wie es unvermeidlich ist, wenn wir nickt nackgeben. Eben da durch wird ja Dasjenige herbeigesührt, was er gerade, was wie Alle vermeiden wollen. Also nickt erfüllt wird sei» Wunsch und Wille, sonder» das Gegentbeil geschieht, wenn wir nicht auf einen verständigen Vergleich eingeben. DaS nl das eine Moment. DaS andere ist nicht minder überlegt. Kommt eS zum Proceß und findet sich das neue Testament nicht — und es wird sich sicher nicht finden! — dann müssen wir, zumal Paternus die Eopie eine« früheren besitzt, ciiick Rudolf zugeneigt scheint, verlieren. Bringt eS al-ci der Zufall doch wieder zum Vorschein, so muß RudeU ohne Einwanb weichen. Vergiß auch nicht, daß dee wirklich berechtigte Erbe, daß Alfons oder Nachkommen von ihm vielleicht leben. Tann fällt alles Jenen zu, und nicht wir sind bei einem Vergleich di« Geschädigten, sondern lediglich Der, welcher heute durch Gewalt sich in den Best) von Steinhorst setzte. Du denkst im Zorn und willst darnach bandeln. Ich ziehe den Geist der Dinge in Betracht und denke weiter als von heute aus morgen. WaS meinst Du. liebe Jsabella, Du hall Dich bis jetzt noch gar nicht geäußert", schloß Axel, einen langen Blick aus seine Verwandte richtend, die in ihren dunklen Trauerkleidern ein unvergleichliches Bild ernster Schönbeit bot. „Ich wollte erst hören, Onkel!" entgegnet« Jsabella, seinen Blicken mit einem warmen Ausdrucke begegnend. „So viel Neues ist hinzugetreten, daß das Alte fast be deutungslos geworden. Ich meine, daß Du Recht hast. Wir bandeln im Sinne des Verstorbenen, wenn wir unsere Uneinigkeiten vor der Welt verbergen und lieber größere Opfer bringen, als uns in diesen Dingen dem öffentlichen Gerede preiSgrben. Aber wir handeln zugleich weise, wenn wir Einigkeit fördern, statt Streit und Procesic zu beginnen. Ich stimme deshalb auch dafür, mit Rudolf zu verbandet», jedenfalls ibn ni hören. Freilich müssen wir reichlich fordern, um nur einen Tbril zu erlangen. Schon unsere Geneigtheit zu Vergleichen wirv seinen Ürbermuth erhöhen und seinen ursprünglichen Willen, «aS »ntgrgrnzukommen, abschwächeu.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite