02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.02.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970211020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897021102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897021102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-11
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1074 heben di« Aufständisch«» auf Eavite eia Programm für «ia Regieruua-system entworfen. da- die Reformen für Euba weit überflügelt. Dieser Entwurf ist in einer an die Bereinigten Staaten von Nordamerika ge richteten Proklamation enthalten, die den Führer der Insur genten, Emilio Aguinaldo, zum Berfasser hat. Er bittet darin die Republik um dieselbe Unterstützung, die sie den Cubanern habe angedeihrn lassen, und erklärt, daß die Philip pinen in einem kriegerischen Conslict der Bereinigten Staaten mit Spanien auf ihrer Seite kämpfen würden. Wir haben, sagt der Insurgentenführer, ein RegierungSsystem, kaö dem Spaniens dreifach überlegen ist. Unter Waffen haben wir 50 OVO Mann, von denen 35 OVO allein aus Eavite concentrirt sind, der Rest ist über die tagalischen Provinzen zerstreut. Unsere Regierung wird bestehen aus einem Präsidenten und sechs Mitgliedern. Sie wird also ganz ähnlich der Regierung der Vereinigten Staaten sein. Wir werden eine stehende Armee von 30 000 Mann haben, und unsere Regierung wird je nach den Fortschritten der Revolution eingerichtet werden. Die Gemeinden sollen in Verwaltung und Rechtspflege unabhängig und nur verpflichtet sein, um Heere Mannschaften zu stellen und Munition zu iefern. Jede Gemeinde entsendet einen Vertreter zum Congreß, der über die Angelegenheiten der gesammken „Philippinischen Nation" zu beralken bat. Eine Miliz wird in jeder Gemeinde mit einem Hauptmann an der Spitze ge bildet werden. DaS Merkwürdige ist, so bemerkt bierzu der Madrider „Jmparcial", daß dieser Emilio bisher sich König enannt und jedem seiner EbesS denselben Titel verlieben at. So war z. B. dem erschossenen RvjaS die Krone von Manila zuerthellt worden. Das Blatt schließt daraus, daß der Plan zu dieser Philippinischen Republik von einem Amerikaner entworfen worden ist. Deutsches Reich. * Berlin, lo. Februar. Ten „Derl. Polit. Nach»." zufolge schreiten die Arbeiten an dem Gesetzentwurf über den Servis tarif und die Classeneintheilung der Orte im Bundesrathe so vorwärts, daß es voraussichtlich schon in einer sehr nahen Zeit möglich sein wird, die Vorlage dem Reichstage zu unterbreiten. Es ist selbstverständlick, bemerken die „D. P. N." zu dieser Meldung, daß die Neueintbeilung, welche in dem Entwürfe vorgenommen werden soll, nach bestimmten allgemeinen Gesichtspunkten erfolgt. Es wird von Interesse sein, daran zu erinnern, daß dem Ent würfe, der in der Reichstagstagung von 1886/87 zur Vorlage gelangte, allerdings eine Verabschiedung nicht erfuhr, Grundsätze beigegeben waren, nach denen die Einreibung der einzelnen Orte in die verschiedenen ServiSclassen erfolgt war. Dabei war zunächst für die fünf verschiedenen Elasten eine Begrenzung der Einwohnerzahl vorgenommen und .sodann festgesetzt, daß die Berücksichtigung besonderer, diese Ein- theilung umstoßender Umstände in der Regel nur zu einer um eine Stufe höheren oder niedrigeren Elassificirung führen könnte. Ferner war ausgesprochen, daß für die Ver anschlagung des Werthes der Quartierleistung an einem be stimmten Orte nur der nach den allgemeinen Verhältnissen deS letzteren sich bedingende wirkliche Werth der Leistungen entscheidend sein sollte. Besondere Berücksichtigung bezüglich der Aenderung der Classeneintheilung sollten zwei Kategorien von Orlen zukommen, einmal solchen, welche in nnmittelbarer Nähe großer Städte liegen und deren Verhältnisse im Laufe der Zeit sich denjenigen dieser Städte gleich gestaltet haben und sodann solchen, welche eine ausnahmsweise schnelle Entwickelung erfahren haben. Man darf wohl annehmen, daß im All gemeinen die Grundsätze, welche Mitte der achtziger Jahre für eine Aenderung der Classeneintheilung der Orte als maßgebend angesehen wurden, auch heute noch für dieselbe Geltung haben und daß, abgesehen von einigen durch die moderne Entwickelung nothwendig gewordenen Aenderungen, diese Grundsätze auch für die neue Vorlage in Anwendung gekommen sind. Jedenfalls besteht die Aussicht, daß die Vor lage bald den BnudeSrath wird verlassen und an den Reichstag gebracht werden können. * Berlin, 10. Februar. Der Pariser „Peuple" hat die Zahl der socialdemokratischen Wähler, Ab geordneten und Zeitungen in einer Reibe von Ländern zusammengestellt. DaS Ergebniß ist: Deutschland: Stimmen: 1871 124 655, 1881 311 961, 1890 1 427 298, 1893 1 786 758, Reichslagsabgeordnele 48. Parteipresse: 41 tägliche, 123 andere Blätter. — Frankreich: Stimmen: 1889 91 000, 1893 600 000, 1896 1 400 000. Abgeord nete 62. Socialistische Majoritäten in 29 großen Städten (worunter Paris) und in 1200 kleinen Städten. Parteipresse: 78 Blätter. — Italien: Stimmen: 1893 20000, 1896 90000. Abgeordnete 19. Parteipreffe: 33 Blätter.—Dän e- mark: Stimmen: 1872 315, 1884 6805, 1887 8408, 1890 17 232, 1893 25 019. Socialistische Vereinigungen 713. Ab- aeordnete 9. Presse: 6 tägliche und 3 andere Blätter. — Schweden und Norwegen: Stimmenzahl unbekannt. Socialistische Vereine 72. Parteipreffe: 2 tägliche und einige Wochenblätter. Ein Abgeordneter in Stockholm gewählt. Belgien: Stimmen: 1894 344000, 1896 461 000. Ab geordnete 29. 5 Taae-blätter und eine große Zahl von Wochen- und Gewerkschafioblättern. — Schweiz: Stimmen: 1896 107 000. — Oesterreich: Stimmen: 1895 90 000. Parteipreffe: 65 tägliche und Wochenblätter. — England: Stimmen: 1895 98000. Mehrere Abgeordnete als Socialisten gewählt. Viele Arbeitervertreter von socialistisch gefärbten Arbeiterzruppen gewählt. — Serbien: Stimmenzahl 50000. — Argentinische Republik: 76 Vereine. Mebrere Zeitungen in fremden Sprachen. — Spanien: Ziffern fehlen. Parteipreffe: 5 Wochenblätter. — Ver einigte Staaten: Stimmen: 1881 2068, 1890 13 331, 1892 21 157, 1894 33 133, 1896 ungefähr 40 000. Die Nachrichten über andere Länder fehlen. (Sociale Praxis.) — Ein Generalregister über die ReichStagS- verhandlungen von 1867—1895 ist von Herrn Direktor Knack unter Mitwirkung des ReichStagsregistraturvorsteberS Jungbeim bergestcül und in einem stattlichen Quartbande von über 800 Seilen gedruckt worden. — Ein conservativerParteitag für Berlin findet laut der „Kreuz-Ztg." Freitag in der Tonhalle statt. Die TagcS-Ordnung lautet: 1) Vorträge der Abgeordneten vr. v. Heydebrand über: „Conssrvativ-Social", Jacobs- kötter über: „Tie Organisation des Handwerks", Vr. Frhr. v. Langen über „Die couservative Partei und ihr Pro gramm". 2) Neuwahl des Vorstandes. — Der Eintritt ist nur gegen Vorzeigung der namentlich ausgefüllten Legiti- niationskarten gestattet. — Die DeutscheVolkspartei beantragt zum Pensions etat, die Regierung zu ersticken, auf Verminderung der Osficierpensionirungen hinzuwirken, insbesondere Pensionirungen nicht deshalb eintreien zu lassen, weil ein Ossicier, der für seine bisherige Dienstleistung genügend be fähigt war, für die nächst höhere nicht geeignet ist. — Zur Verhütung aussichtsloser Streiks haben einige der größeren gewerkschaftlichen Centralverbände be schlossen, von den Vorständen ihrer Zweigvereine in regel mäßigen Zeitabschnitten, mindestens jedes Vierteljahr, Berichte über die Lage des ArbeilSmarktes am Ort einzufordern. Ins besondere soll darüber berichtet werden, wie groß die Zahl der Arbeitslosen der Branche, der Umfang der eingegangenen ArbeitSaufträge und der Geschäftsgang im Kleingewerbe ist. — Erhebungen über die Beschäftigung von Arbeite rinnen im Berliner Buchdruckge^werbe sollen von der Generalcommission der Gewerkschaften Deutschlands veranstaltet werben. An die Principalität will man das Ersuchen richten, dazu gleichfalls Beiträge zu liefern, damit ein in jeder Be ziehung unanfechtbares Ergebniß erreicht werde. — Bei dem IubiläumS-Festmahle LeS Deutschen Lan d- wirtbschaftSratbeS sagte der Vorsitzende Röder, die Landwirlbschaft solle nickt immer pessimistisch der Zukunft entgegenseben, die Friedensverheißung sei die beste Bürgschaft einer gedeihlichen Weiterentwickeluna, und schloß mit einem Hock auf den Kaiser. Freiherr v. Soden toastete auf die Vertreter der Regierungen, denen uian voll vertrauen könne. Staalssecretair v. Boetticher hob die Bedeutung des Land- wirtbsckaslsratbeS für eine immer engere Annäherung der deutschen Stämme bervor. Minister v. Hamm erst ein bemerkte, der „Kreuzztg." zufolge, der Kern des Vaterlandes liege in der landwirthichastlichen Bevölkerung, nicht in den Städten, und toastete auf die deutschen Landwirtbe. — Der österreichisch - ungarische Botschafter in Paris Gras Wolkenstein.Trostburg ist mit Gemahlin aus Breslau hier eingetroffen. * Kiel, 10. Februar. Die „Kieler Neuesten Nachrichten" schreiben: Herr Professor Lehmannn-Hohenberg ist im Aufträge des CultuSministers über seine Betheilignng an dem Aufruf zur Unterstützung der ausständigen Hafenarbeiter in Hamburg von dem Cnrator der Kieler Universität verantwortlich vernommen worden. Professor Lehmann-Hohenberg ließ unlängst als Wortführer des deutschen Volks-Bundes in der „Deutschen VolkSstimme" ein offenes Schreiben an den preußischen Cultusminister ab- drucken, iu dem er seine Bestrebungen und die Nothwendig- keit einer Reform der Universitäten klarlezt. * Lübeck, 10. Februar. Trotz viermonatigen erfolglosen Ausstandes beschlossen die bei der Firma Thiel L Söhne Ausständigen mit 225 gegen 10 Stimmen die Fort setzung des Streiks. * Hamburg, 10. Februar. Nach amtlichen Angaben sind nur noch 300 fremde Hafenarbeiter hier. — Laut der Abrechnung des Central - StreikcomitöS sind inSgesammt 1 378531 auszezablt worden. — Der Senat bat der Bürgerschaft einen Antrag, betreffend die Ratification des Slaatsvertrages mit Preußen über die Correction der Unterelbe, zugehen lassen, worin außer anderen Beträgen auch 1 530 000 für die Herstellung eines Leitdammes in der Elbe vor dem Altonaer Hafen Gefordert werden. Die Statt Altona hat indessen nach Fertigstellung des Dammes 100 000 zurückzuzahlen. * Meiningen, 10. Februar. Auf die bekannte Inter pellation der Nationalliberalen wegen Gestattung der Maifeierin Saatfeld erklärte der Vertreter der meiningenschen Regierung, die Regierung habe ihre Anordnung nicht zu bereuen, den» die Socialisten hätten keine unßrsehlichea Aus schreiturigen begangen. Mit Polireigewalt sei die Bewegung nicht zu unterdrücken, gegen Ausschreitungen werde die Re gierung auf dem Platz fern, auch würde sie ein verschärftes Preßzesetz gern sehen. — Die meiningensche Regierung ver kennt also nach wie vor die Tbalsache, daß die Maifeier die Hauptdemonstration der Umsturzpartei ist, bestimmt, ibre Herrschaft über die Arbeitermassen zu zeigen und ihr neue Anhänger zuzusübren. Der Staatsgewalt fällt aber nach der Ansicht der meiningensche» Negierung die Aufgabe zu, einer solchen Parteiaction gegenüber die Hände in den Sckiooß zu legen, bis ungesetzliche Ausschreitungen begangen sind!! * Tarmstadt, lO. Februar. Der Landtag wurde heute Nachmittag N/r Ubr durch den Großberzog eröffnet. Die Thronrede legt zunächst die Gründe dar für die Verlängerung deS gegenwärtigen FinanzgeseyeS auf die Dauer von sechs Monaten und kündigt sodann n. A. Gesetzentwürfe über die PenfionSverhällnisse und die Versorgung von Hinter bliebenen der im hessisch-preußischen GemeinschaflSdienste angesttllten StaatSeisenbabnbeamlen und über die Fürsorge für die Beamten an, welche bei Betriebs unfällen ^zu Schaden gekommen sind. Bezüglich der Sleuerreformvorlage wird den Ständen eine Denk schrift zugeben, welche über die Ziele und die Richtung der Reform Ausschluß giebt. Im Hauptvoranschlage für 1897 bis 1900 sinv möglichst reiche Mittel für die Landwirlb schaft und die Gewerbe, sowie eine namhafte Summe für die Ausbesserung der Beamt enge bä Iler eingestellt. Ferner wird eine besondere Vorlage angekllndigt, welcher baS Princip des BorrückenS für die Beamten nach Dienst- altersstnfen zu Grunde gelegt ist. * Metz, 9. Februar. Zur Gründung eines Sana toriums für Ojficiere, Unlerofficiere» Soldaten rc. deS XV. Armee corps wurde, wie die „Franks. Z." berichtet, ein bei dem Luftcurort Alberschweiler im „Wolfsthal" ge legenes Gelände — in Wiesen und Wald bestehend — an- aekauft. Unweit Alberschweiler liegt auch das Sanatorium Lettenbach für das XVI. Armeecorps. " Karlsruhe, 10 Februar. Tie „Karlsruher Zeitung" meldet, daß dem preußücben Landwirthschastsminisier Fre,Herrn v. Hämmer st e i n bas Großkreuz des Ordens vom Zähringcr Löwen mit Eichen laub verliehen worden ist. * Stuttgart, 10. Februar. Freiherr von Münch bat in der bekannten Prcceßiache trotz deS Abrathens seines NechtSbeistandeS bas gesammte Landgericht Nottweil ab- gelehnt. (K. Z.) * München, 10. Februar. Während die „Münch. N. N." noch gestern aus Berlin meldeten. daS Kaisermanöver würde nickt auf bayerischem Gebiete stattfinden, theilt das genannte Blatt in Uebereinstimmung mit der „Allg. Ztg." beute eine Würzburger Meldung mit, der zufolge das Kaiscr- manöver an der Nordwestgrenze Bayerns und jenseits dieser auf hessischem Gebiet sich abspielcn wird. — Für Bayern sind diese Manöver insofern von besonderer Be deutung, als zum ersten Male im Frieden die ganze bäuerische Armee vereinigt sein wird. Oesterreich -Ungarn. Tschechisches. * Prag, 10. Februar. Die Jungtschechen lehnten das von den Alttschechen angebotene Compromiß für die ReichS- rathSwahlen ab. Ter Briefproce». * Pest, 10. Februar. DaS Bezirksgericht wies die Klage des klerikalen Abgeordneten Molnar gegen den Minister präsidenten Baron Banfsy als zur Einleitung eines gericht lichen Verfahrens ungeeignet zurück. Molnar hatte be kanntlich den Ministerpräsidenten der Verletzung des Brief geheimnisses bezichtigt, welche darin bestehen sollte, daß Baron Banffy im Abgeordnetenbause durch Verlesung eines Briefes des Abgeordneten PlaSkowitsck ein Einversländniß zwischen der Nationalpartei und der Volksparlei nachwieS. * Pest» 10. Februar. (Abgeordnetenhaus.) In der heute sortgeietzten Beratbung über das Budget des Handelsministeriums widerlegte der Ressortminister vr. Daniel die Behauptungen der Opposition, als habe sich Ungarn seines Selbslbestimmunqsrechles gegenüber Oesterreich begeben. Gerade das Zoll- und Handels- bündniß mit Oesterreich beweise das Vegentheil, La dasselbe einen Pertrag zwischen zwei selbstständigen und gleichberechtigten Factoren darstelle. Das Sinken des Gelreidepreises könne nicht dem Zoll- und HandelsbünLnisse zugeschrieben werden; denn während die GelreiLepreise in Ungarn um 40 bis 50 Proc. gesunken seien, betrage der Preis rückgang in England, wo doch kein solches Bündnitz bestehe, 60 Proc. — Der Minister des Innern Perczel protestirte in Be- antwortung einer Anträge wegen der Gesadr der Einschleppung der indischen Pest gegen dir Verbreitung falscher Gerüchte und erklärte, es sei unwahr, daß Wolle auS von der Pest inficirtrn Gebieten eingesührt worden sei. Alle Personen, welche mit der Maare in Berührung gekommen, seien vollkommen gesund. Großbritannien. „Sklaverei" ir» Ser deutschen Armee. * Die Worte, deren sich der UnterstaalSsecretair im KriegSamt, Brodrick, im Unterhanse am Montag bediente, sind nicht so scharf, wie cs nach dem Auszug der betreffenden Depesche schien. Herr Brodrick sagte wörtlich: „In der deutschen Infanterie ist der Mann 20 Monate bei der Fahne und zwei oder drei Jahre bei der Reserve, aber die Mann« schäften werden ohne Unterlaß eingeübt. Morgen-, Mittags und AbendS, und ich frage mich, was für eine Art von Recruten wir hierzulande bekamen, wenn das Leben den Leuten tbatsächlick zu einer Sclaverei gemacht würde, sowie e« der Fall für den deutschen Soldaten während deS ersten Dienstjahres ist. (Hört, bört!) DaS wäre ein kühner Kriegs minister, der vor bas Haus trete, um ein ähnliches AuS bilbungSwesen für den britischen Soldaten vorzuschlagen." Der UnterstaatSsecretair hat also nicht, wie eS hier und da aufgefaßt wurde, aus die in der deutschen Armee vorgekom menen Soldaten miß handl ungen anspielen wollen, sondern oeo scharfen Drill gemeint, der bei uns aus guten Gründen traditionell ist. Aber auch so ist eS noch eine grobe Arro ganz, deren sich Herr Brodrick schuldig machte, als er eine Einrichtung eines — officiell wenigstens — befreundeten Landes mit „Sclaverei" bezeichnet? Rußland. * Königsberg i. Pr., 10. Februar. In der „Hartung'schen Zeitung" werden von wohlunterrichteter Seite die Gerüchte über einen schlechten Gesundheitszustand de- Zaren entschieden demeutirt. Die Petersburger Quelle, auS der die Gerüchte stammen, verbreite falsche Nachrichten gleichzeitig in Wien, Paris und Brüssel. Orient. Tie türkischen Wirren. * Konstantino-el, 9. Februar. Nähere Nachrichten über dieProclamalion veS Anschlusses Kretas an Griechen land fehlen vorläufig. Im SeraSkeriat und im Palaste herrschte heute fieberhafte Thäligkeit, doch wird die Türkei keinerlei Truppenverstärkungen nach Kreta senden. Die gestern gehegte Absicht, zwölf Bataillone nach Kreta einzuschiffen, ist heule infolge dringender Abmahnungen deS Kriegsministers Riza Pascha, der aus die Gefahr binwieS, welcher die Truppen infolge mangelhafter Verpflegung auSgesetzt werden könnten, fallen gelaffen worden. Dagegen beschloß der KriegSrath einstimmig eine Concentration von Truppen an der make- bonisch-griechischen Grenze bei Serfivze und Konitza, sowie die Heranziehung von Verstärkungen ans dem syrischen Corpsbereiche. In Makedonien befinden sich augenblicklich 64 coinplere Bataillone. (Frkf. Ztg.) * Aonstantinopel, 10. Februar. Nach einer Meldung des Generalgouverneurs von Kreta sind in Komasi 23 Mo ha mebaner ermordet worden. — Die Synode und der Laienrath haben demPatriarchen einstimmig das Ultimatum gestellt, entweder die antikanoniscben Beschlüffe zurückzuaehmen oder zu demissioniren. Der Patriarch bat darauf feine Ent lassung gegeben. — Der Bischof von Epbesus ist zum Locumtenen ernannt worden. — Bertram Effendi erhielt un beschränkten Urlaub. * Athen, 11. Februar. (Telegramm.) Die Nachricht, daß der Commandant der „Hydra" an den Gouverneur von Rethymo ein Ultimatum gerichtet habe, in dem er denselben ausfordert, die Einschiffung der Christen nicht zu hindern, ist unbestätigt. — (Deputirtenkammer.) Jfckomachvs richtete an den Ministerpräsidenten Delyannis die Anfrage, ob eS wahr sei, daß eine FlotiUe von Torpedobooten unter dem Commando des Prinzen Georg abgegangen und mit welchem Befehle dies geschehen sei. Delyannis erwiderte, er könne nicht mittheilen, mit welchen Ordres die Flotille versehen sei. Rally richtete die Anfrage an die Regierung, ob die Nachricht wahr sei, daß die Botschafter der Mächte in Konstanlinopel die Türke» verhinderten, Truppen nach Kreta zu entsenden Der Ministerpräsident erklärte hieraus, er besitze keine amt liche Nachricht hierüber, aber Griechenland und in jedem Falle die Regierung habe ihre Entscheidung bereit» getroffen. Die Erklärung des Ministerpräsidenten wurde mit lebhafter Erregung ausgenommen. Danach wurde die Sitzung geschloffen. * Rom, 10. Februar. Admiral Canevaro batte heute mit dem Marincminister Prin und dem Minister de- Aus wärtigen, Visconti Denosta, eine Unterredung, und wird sich alsbald nach Neapel zurückbegeben, um den Oberbefehl über die erste Division deS Geschwaders zu übernehmen, welches sich bereit halten wird, erforderlichen Falles nach Kreta abzugehen. * Petersburg, 10. Februar. Wie die „Pol. Corresp." meldet, ist der Entschluß der russischen Regierung, an dem seit Beginn der gegenwärtigen türkischen Krise auf gestellten Grundsätze der Wahrung deS Bestandes dr oit omanischen Reiches sestzuhailen, durch die jüngsten Vorgänge aus Kreta nicht erschüttert worden. Murawjew überzeugte sich persönlich, daß Deutschland und Frank reich ebenfalls an diesem Grundsatz sesthalteu; Bedingung sei jedoch, daß der Sultan den Reform» lau der Bot schafter annrhme und mit voller Aufrichtigkeit durchführe. spazieren — die Flinte da brauche ich, den neuen Sammy bei seiner Heimkehr zu begrüßen —" „Julian!" „Ich habe gesagt, daß ich ihn todtschießen würde." „E- ist eine Grausamkeit, Julian!" entgegnete Resa flammenden Auges. „DaS heißt, feinen Groll an dem Un schuldigen auSlaffen . . ." „Wie? Auch Du auf der feindlichen Seite?" Julian sah sie mit heißen Blicken an . . er that einen Zug auS seiner Cigarette, daß der Rauch in den Blüthenköpsen ver- schweble, und knitterte die Zeitung zusammen — Da wurde die Thür aufgestoßen. May stand auf der Schwelle mit zerzaustem Haar, glühenden Wangen. „Julian!" hauchte sie, auf ihn zutretend und seine Hände ergreifend. „Sie find fort — alle Beide — für Dich — habe mich nur noch lieb — ich habe sie beide ver schenkt!" Und er blieb rubiß. „Alles um zwei Hunde", dachte er nur. „Diese Opfermiene, diese Bewegung um zweier Thiere willen!" Für sie war daS Opfer eben groß — er war mit sich im Streit, weil er nie zufrieden war. Nie! Auch jetzt nicht. Sie schien etwas zu erwarten und blickte mit schwimmenden Augen zu ihm auf. Doch er nickte ihr freundlich und kühl zu. „Da- ist recht von Dir, mein Herr", sagte er, ihre Wange mit zwei Fingern streichend. „Und nun wollen wir 'mal zu Mittag essen, waS?" Schwer enttäuscht verfolgte sie ihn mit den Augen. Also Alle- war umsonst gewesen — Alles? Und nun entdeckte sie da- Jagdgewehr, da- er lässig ia die Hand nahm — kalt vor Schrecken deutete sie daraus hio. „WaS wolltest Du damit?" „ES ist ja nun nicht mehr nöthig", sagte er kaltblütig. „Ich hatte e- mir nur brrrit gelegt —" „Um den Hund — ?" ..Ja." Mav wandte sich ab. Wieder wallte etwa- in ihr auf, das sie erkämpfte. Mit einer Sanftmuth, die von erloschenem Zorn durchzittert war, legte sie ihren Arm um Julian - Nacken und küßte ihn zaghaft. „Bist Du mir nun wieder gut?" „Sehr aut." Ihre Hände sanken zurück und er entfernte sich — pfeifend. Eine schreckliche Gewohnheit, die er angenommen! May saß unter ihren Blumen, erhitzt, müde und einsam, und dachte: „Das Opfer war umsonst gebracht; ich wünschte, ich hätte meinen Bobby behalten!" IX. ES war kübl geworden nach einem leichten Regenschauer, und die Bewohner der Dorstadtvillen öffneten ihre Fenster läden, um den duftigen Sommerabend zu genießen — ia dem feuchtschimmernden Geäste der Linde vor IuliarrS HauS wiegte sich ein Buchfink laut jubelnd — die Sonne schwamm in einem Strom von Purpur und goß ein Zauberlicht über Slavt und Land. Am Fenster träumte Resa — Julian saß neben May im Hintergründe und sab, wie der rotbgoldene Schein allmählich von Resa's Haar über ihre Stirn glitt —dann auf die eine Wange, dann auf die andere — der Mund blühte förmlicd auf unter dem Sonnenkuß. „WaS hast Du?" fragte May. Julian umschlingend und ihren Kopf auf seine Schulter legend. Er halte nicht ge- seufzt, sondern gestöhnt — laut gestöhnt. Nun ließ er sich- gefallen, daß May sich an ihn schmiegte — ungefähr, wie ein starrer Eisblock, oder ein Baumstamm, irgend rin todter Gegenstand sich die» gefallen lassen müßte. „Mir ist nicht-, danke." Weiter fluthete der Schein in- Zimmer. Die Blumen, die Goldrahmen, Alles stand in GluH — auch Resa'S weiche, feine Gestalt, vom Scheitel bis zur Fußspitze. May versuchte Iulian'S Aufmerksamkeit zu fesseln, indem sie ihm mehrmals „wie schön!" inS Ohr flüsterte. Aber er erwiderte nichts — sie war nicht sicher, ob er sie verstanden —, da erbob sie ihre herrliche Stimme und begann halblaut, anschwellend zu singen: Me gerne Dir zu Füßen Schau ich in Drin Gesicht, Wie Mitleid bebt eS drüber hin; Dein Mitleid will ich nicht! Wie gerne Dir zu Füßen Stürb' ich in stummer Qual, Doch lieber möcht ich svrtngrn empor Und küssen Dich tausendmal. Möcht' küssen Dich, ja küssen Dich Linen Tag lang, immerzu Und sinken hin und sterben Und singen: Di» schön bist Dal Resa war erwacht, und WaS jetzt ihre Wangen färbte, daS war nickl der Widerschein der stammenden Sonne . . . Julian sprang auf. „Still, May!" sagte er erstickt. „Jetzt nicht — ick kann es jetzt nicht hören — fei mir nicht böse!" Sie brach ab. Todtenstille trat ein. Schwerer gekränkt, als sie je vorher gewesen, ausgerichtet in trotzigem Stolz, ging sie quer durch das Zimmer, den Sonnenstreifen vurchschneidend, und verließ Julian ... Die Thür fiel laut hinter ihr zu. Julian mußte sich an Rrsa'S Stuhllehne halten . l . sein Gefickt war bleich. „Resa, ich bin unglücklich", sagte er und preßte seine Lippen auf ihren Mund. Sie ließ ihn gewähren, sie fühlte gar nichts, sie dachte nur, der glühende Sonneuball, den sie die ganze Zeit ange starrt, sei auf sie gefallen und verbrenne ihr die Lippen. Mit einem Schlage durchzuckte sie die Erkenntniß. Ein Schwindel zog von ihrer Stirn auS über ihre Augen. Ein gellender Klinzelzug schreckte Beide auf. Julian sprang zurück, er fürchtete sich vor sich selbst. Sie stand reglos... Eine nüchterne Stimme wie auS weiter Ferne faßte: „Herr von Adalhart bittet, das gnädige Fräulein in emer wichtigen Angelegenheit sprechen zu dürfen." „Wer? Wie?" Die nüchterne Stimme wiederholte den Satz. „O ja, ich werde kommen." Schritte entfernten sich. „Resa! WaS hat daS zu bedeuten?" fragte Julian, sich nähernd. „Resa!" „Lasse mich!" sprach sie leise. „Um GotteSwillen, rühre mich nicht mehr an —" Die Hände auSstreckend, wich sie zurück — in den Schatten — auS der Thür. Und wie ein Schemen glitt sie in daS Gemach, wo sie ihren seltsamen Besucher vermutbete. Warum wunderte sie sich nicht? Warum war Alles in ihr so stumpf und leer? Er stand gerade in der Mitte de» Zimmer» und hielt den Hut in der Hand. Noch nie war er ihr so groß und stark vorgekommen — md noch nie so ernst. Er vergaß, sie zu begrüßen. „Ich wage mich frük auf den Weg", sagte er endlich, und lebe» Wort fiel wie ein schwerer Stein. „Früh . . .?" „Nicht der Stunde nach — aber für Da-, was ich zu sagen habe." Er machte eine Pause, während bereu Resa der Athem stillstand. „Es liegt nicht in unserer Macht, das Schicksal zu hemmen. Seit wir uns trennten — e- sind, glaube ich, sechs Stunden der — habe ich innerlich ebenso viele Wochen durchlebt. Fürchten Sie sich vor mir?" Die Frage kam so Plötzlich, daß Resa zusammenschrak. „Nein . . . Nein." „Glauben Sie, daß ich Ihnen nicht zu unangenehm bin?" „O nein", flüsterte Resa. „Und Sie haben — so eine gewisse Achtung — vor mir?" „Ja!" rief sie. Ein Leuchten verklärte ihr Auge. „Ich bin zuweilen rauh — denn ich bin allein — so allein mit meinem Ich, wie — Sie. Ich stehe aus einer Seite, Sie aus der anderen — Resa, wollen wir die Auf gabe des Lebens zusammen lösen?" Er sprach leise, fast heiser. Sie stammelte mit bleichen Lippen: „WaS meinen Sie?" „Ich meine, daß ich Sie behüten und schützen wollte, wie einen großen Schatz, der mein geworvea —, daß ich bestimmt bin, Sie durch daS Leben zu führen — ich bin der Mann, der zu Ihnen sagt, Resa, ich will Dich glücklich machen!" Resa schwieg. Klar lagen die Tage, die Jahre vor ihr — die Vergangenheit und die Zukunft. Iulian'S Bild dämmerte in ihrem Herzen und entschwand. Adalhart hatte nicht von Liebe gesprochen. Plötzlich packte sie rin jähe-, tiefes Heimweh, nach ihrem Vater und Burg Horst. Fort von hier! Nur fort! „Wollen Sie mir nicht antworten?" fragte Adalhart sanft an ihrer Seite. Da entfall» sie sich seiner. Ruhig harrte er ihrer Antwort. Seine Züge waren un bewegt — wenigstens schien r» so. Fortsetzung folgt.)
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