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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.02.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970224014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897022401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897022401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-24
- Monat1897-02
- Jahr1897
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1404 Aufschrift kann durch Beschluß de- BundeSrathS angeordnet oder zugelafsen werben. — Im „Hambg. Corr." lesen wir: „Das in diesen Tagen ver breitete Gerücht, Kaiser Wilhelm fühle das Bedürsniß einer directen Verständigung mit dem Kaiser Nicolans und werde sich zu solchen, Zwecke im März nach Petersburg begeben, ist durchaus grundlos. Der Zweck derartiger Ausstreuungen ist nicht schwer zu errathen." — Beim französischen Botschafter findet beute zu Ehren des Fürsten Hohenlohe eine größere Tafel statt. — Ablwardt spricht in einem an seine Parteigenossen in New Dort gerichteten Briefe von seiner Rückkehr nach Amerika. Es heißt da nach der „Post" u. A.: „Da die Verhältnisse in Deutschland meine Gegenwart dringend erfordern, so mußte ich die Vereinigten Staaten auf längere Zeit verlassen. Mir bat es obgelegen, das Samenkorn des Antisemitismus zu pflanzen, unv dieser Aus gabe bade ich ein Jahr meines Lebens geopfert, habe die augenscheinlichsten Lebensgefahren, Verwundung, Spott und Hohn. Noth und Entbehrung, lange Trennung von meiner Familie willig aus mich genommen" rc. — Dem Tanganyika - Dampfer - Comits ist eS gelungen, als Capitain des Dampfers „Hedwig von Wissmann" Capitain Prager zu gewinnen, diesen alten bewährten Tropen- Seefahrcr, der auch die letzte Wissmann'schc Dampfer-Expedition von Anfang bis zu Ende mitgemacht und der den „Hermann von Wissmann" ,n: Jahre 1893 am Nyassa selbst zusammen- gebaut nnd lange Zeit ruhmvoll geführt bat. Capitain Prager arbeitet zur Zeit an der kaiserl. Seewarte zu Stettin; es stebt zu hoffen, das; seine Vorgesetzten ihn in der Ausführung seines patriotischen Entschlusses nicht hindern werden. Auch der KiinstinalcrRndolf Franke, welcher die Wissmann-Expevition während ihres ganzen Verlaufes begleitet hat, wird an der neuen Dampfer-Expedition theilnehmen. * Brannschweig, 21. Februar. Den „Hamb. Nach." wird von hier geschrieben: „Der Concurs, der über das Organ der braunschweigischen Welfenpartei, die „Altbraun schweigische Volksztg." verhängt ist, kam für weitere Kreise völlig unerwartet. Eingeweihteren waren freilich die finanziellen Schwierigkeiten des Eigenthümers und verant wortlichen Redacteurs Herrn Carl Hcrrmann seit einigen Tagen kein Geheimniß mehr. In der heutigen Nummer der „Altbr. Volksztg.' veröffentlicht derselbe eine längere bewegliche Erklärung, die auf die Verhältnisse in der braunschweigischen Welfenpartei oder, wie ihr officieller Titel lautet: der „braun schweigischen Landes-RechtSpartei", ein sehr bezeichnendes Licht wirft. Er erklärt darin, daß „man" „durch Unter schlagungen u. f. w. sein Streben unmöglich machte"; daß „nur eine dringliche Verpflichtung von etwa 700 ^ den Krach herbeiführle"; und sagt dann weiter sehr bezeichnend: „Tausende habe ich nachweislich zur Förderung der vater ländischen Sache aufgewendet, über hundert Reisen persön lich geopfert, daß man wegen siebenhundert Mark Partei und Presse dennoch preisgeben konnte, habe ich nicht gewußt." Es ist danach jedenfalls klar, daß man eS hier mit mehr als mit dem Zusammenbruch eines Zeitungs- unternebmenS zu thun hat; es ist gleichzeitig eine äußerliche Bankerotterklärung der „schärferen Tonart" deS braunschweigi schen WelsenthumS, deren Vertretung eben die „Altbraunschw. VolkSztg." bildete. Dieser Zusammenbruch ist für die ganze Agitationsweise jenes Welfenthums um so bezeichnender, als die „Altbr. Volksztg." noch vor wenigen Tagen, am Mittwoch, 17. Februar, einen gewaltigen Leitartikel brachte, der mit dem Aufschwung des Welfenthums in Braunschweig renom- mirte und sich die Parole aneignete: „Das Welfenthum ist stärker als je zuvor". Freilich war in den Artikel auch eine Klage eingeflochten über den braunschweigischen Adel, der im Gegensätze zum hannoverschen sehr zurückhaltend fei gegen über den welfischen Bestrebungen im Sinne der „Altbr. Volksztg." Man wird hierin eine Erklärung sehen dürfen für den plötzlichen „Krach". Die rohe und täppische KampfeSart der „Altbr. VolkSzta." war den braunschweigischen Welfen und dem Hofe deS Herzogs von Cumberland selbst unbequem. Man sah ein, daß dadurch die Erreichung deS — nächsten Zieles, die Thronfolge in Braunschweig, nur gefährdet würde, hatte doch das Blatt die — Unvorsichtigkeit begangen, nach dem Muster von Neuß ä. L. auch gegen die Jahrhundertfeier für Kaiser Wilhelm I. zu agitiren. DaS war geeignet, manche fein gesponnenen Fäden zu ver wirren. So war ja denn schon ein welfischeS Concurrenz- organ der milderen Tonart gegründet, die „Brunonia", die die hannoverschen Welfen preisgiebt, und unter Versicherung der Treue zu Kaiser und Reich nur das eine Ziel, die Wiedererlangung deS braunschweigischen ThroneS, verfolgt. Jetzt hat man die „Altbr. VolkSz." völlig fallen lassen. Diese Erklärung wird dazu beitragen, das Vorkommniß nicht zu überschätzen. DaS Organ, das ungeschickt, aber ehrlich die wahre Meinung der Welfen producirte, ist verschwunden; man wird deshalb ihre Umtriebe hinter den Coulissen mit um so größerer Aufmerksamkeit verfolgen müssen." * BreSlau, 22. Februar. DaS Consistorium der Provinz Schlesien veröffentlicht in seinem Amtsblatt eine Auseinander setzung über daS Verhältniß der Geistlichen zur socialen Bewegung. Die „Berl. N. N." entnehmen dieser Darlegung Folgendes: „Bon den Conventen (der schlesischen Geistlichen) sei mit Recht eine Parteinahme für einen einzelnen Stand unbedingt verworfen worden. Völlig unzulässig sei eine focialpolitische Agitation, welche nur die Forderungen und Rechte eines Stande-, aber nicht dessen Pflichten betont, ober gar «nie Betheiligung am Classenkainps seitens des Geistlichen, weil der Geistliche dadurch nothwendig einem Theil einer Gemeinde entfremdet werde, während er doch Seelsorger der ganzen,Gemeind» sein solle. Weber mit den Reichen und Vornehmen, noch mit den Arme» und Geringen habe er es besonders zu halten; weder ein Arbeitgeberpastor noch ein Arbeiterpastor soll er ein, weder bei Hoch noch Niedrig soll er uni menschliche Gunst buhlen. Auch die Ansicht habe kaum Vertreter gesunden, daß der Geistliche zwar nicht Kraft seines Amtes, aber doch nach seinen taatsbürgeilichen Rechten volle Freiheit habe, an der Lösung der socialen Frage nach ihrer wirthlchastlichen Seite sich zu bctheiligen. Amt und Person des Geistlichen wären im Bewußtsein des Volkes o eng verbunden, daß die Scheidung in der Praxis kaum verstanden werde. Schließlich werde immer wieder das Amt für die wirthschaftlichen Jrrthiimer des AmtSlrägers verantwortlich gemacht werden . . . Indem ferner die Kirche zum mitstreitcnden Factor in den politischen und socialen Tagessragen werde, setze sie sich der Gefahr aus, von ihrem eigentlichen Ziele, für eine Erneuerung des christlich-sittlichen Lebens zu wirken, abzrlenkt zu werden. Politische Parteiagitation sühre außerdem zur Spaltung, aber nicht zur Erbauung der Gemeinde. „Leicht kommt bei jenen Bestrebungen der Geistliche in Versuchung, über seine Gemeinde hinaus in der Einwirkung auf die „Massen" seine nächste Aufgabe zu erblicken, statt in seiner Gemeinde mit dem Dienste am Worte und in treuer Seelsorge das Reich Gottes zu bauen; ins Große wirken zu wollen, statt Treue im Kleinen zu üben, schnelle Erfolge zu erstreben, statt auf Hoffnung zu säen: zumal der Beifall der Menge verführt, eitler Ehre geizig zu sein." Endlich müsse gewarnt werden vor einer falschen Sympathie mit den Socialdemokraten und einer Verkennung ihrer letzten Ziele, da das „ein unbewußtes und ungewolltes Hinübergleiten in das socialdemokratische Lager zur Folge haben könne". * Ttraßburg i. E., 23. Februar. (Telegramm.) In der heutigen Sitzung des Landesausschusses stellte Staatssecretair v. Puttkamer die Vorlage eines Gesetz entwurfs in Aussicht, durch den an Stelle der alten fran zösischen Bestimmungen ein dem deutschen Reichs-Preßgesetze analoges Preßgesetz als Landcsgesctz zur Einführung ge langen wird, welches aber der Regierung gewisse Befugnisse gegen die auswärtige Presse verleihest soll. * LandShut, 22. Februar. In einer Besprechung der Haltung des Grafen Roon im Reichstage schreibt die ultra montane „Landshuter Zeitg.": „Wir sinds Gegner der Beseitigung deß allgemeinen gleichen directen und geheimen Wahlrechts, dock bedarf das allgemeiner einer Correctur in sofern?, als nickt jeder, der das 25. Lebensjahr erreicht hat, wählen darf. Wir sind sowohl für die Hinausschiebung der Altersgrenze als insbesondere dafür, daß nur derjenige wablberechtigt ist, der eine directe Steuer zahlt und somit seinen Theil an den allgemeinen Lasten trägt. DaS ist gewiß kein unbilliges Verlangen. Allerdings wird eS den Socialdemokraten viel Stimmen kosten." Orient. Tie türkischen Wirren. * Konstantinopel, 22. Februar. Photiades Bey geht morgen als Generalgouverneur nach Kreta. Der alte siebzig jährige Mann wird nur eine Marionette sein, denn während Karatheodory Pascha für Kreta größere Autonomie verlangte, wenn er den Posten antreten solle, fügt sich Photiades der Palastclique: mit dem Günstling des Sultans Jzzet Bey ist er eng befreundet. Photiades war Fürst von Samos und einmal Stellvertreter des Gouverneurs von Kreta. Er darf nicht verwechselt werden mit dem einstigen Gouverneur der Insel, Photiades Pascha, der bereits gestorben ist. In hiesigen diplomatischen und europäischen Kreisen wird diese Wahl höchst ungünstig beurthcilt. — Alle hiesigen Zeitungen besprechen aus einmal ausführlich die Kretasragr. In welcher Weise und welchem Sinne dies geschieht, zeigt am besten eine Auslassung deS heutigen „Jkdam", des Palastorgans, in dem es heißt: „Der Vorschlag einer Blockade des Piräus wurde einstimmig von den Mächten angenommen; auch sind di» Mächte übereingekommen, die Integrität der Türkei aufrecht zu erhalten." — Die Kriegsrüstungen dauern fort. Besonders wird jetzt das Sanitätscorps vervollständigt. (Boss. Ztg.) * Kanea, 22. Februar. Die Aufständischen rücken neuer dings aus Kanra. (Frkf. Ztg.) * Paris, 23. Februar. (Telegramm.) Der „Eclair" meldet aus Milo: Zwei Kreuzer und füns Torpedoboote unter dem Befehl des Prinzen Georg sind nach Kreta abgesegelt. * Athen» 23. Februar. (Meldung der „Agence HavaS".) Wie eS heißt, hat der Minister des Arabern Skouzes den Gesandten der Mächte erklärt, eine Wiederholung des Vorfalles von Kanea würde Griechenland zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen (offenbar zur Türkei. D. R.) veranlassen. Der türkische Gesandte Assim Bey hätte seinerseits der griechischen Regierung mit derselben Maßregel gedroht, indem er die Zurückbernfung der griechischen Truppen ver langt habe. (Wdhlt.) * London» 23. Februar. (Telegramm.) Die „Central NewS" erfährt, daß Trgebniß der gestrigen Unterhausdebatte sei, daß die britischen Kriegsschiffe vor Kanea sich nicht mehr an der Beschießung der kretischen Aufständischen be- »heiligen werden. Die Morgenblättrr drücken Befriedigung über dir gestrigen Erklärungen Balsour's, Marschall'- und Hanoroux' au- und glauben, Griechenland werde dadurch zur Nachgiebigkeit be wogen werden. * Rom, 22. Februar Griechisch-officiöse Kreise verbreiten hart näckig, daß italienische Schiffe sich nicht am Bombardement de» Lager- der Aufständischen betheitigten, und versichern sogar, Italien werde im Falle einer Wiederholung der Beschießung sich wieder nicht betheiligen. Demgegenüber wird mir von einer der Regierung nahestehenden Seite versichert, daß man auS der zufälligen Nichtbetheiligung der italienischen Schiffe keinen allgemeinen Schluß ziehen dürfe. Italien werde einheitlich mit allen Mächten Vorgehen. Man wolle auch hier nicht der Bergrößerungssucht Griechenland- Vorschub leisten. * Die Berliner „Nationalztg." sagt: „Bisher hat das Verhalten Griechenlands an seiner herausfordernden Dreistigkeit noch keine Einbuße erlitten, im Gegentheil, König Georg hat sich angeblich einer geradezu beleidigenden Sprache gegen Deutschland, Oesterreich-Ungarn und England unterstanden. — Allerdings dürfte, o bemerkt hierzu die „Franks. Ztg." der Hinweis des Königs auf die Annexion von Schleswig-Holstrin und die Er werbung von Herzegowina und Bosnien, wenn sie sich bestätigt, ihm arg verdacht werden. — Die Stellung des griechischen Gesandten Rhangabe in Berlin gilt schon eit einigen Tagen für nicht haltbar. Er scheint weniger diplomatisch als im Stil der augenblicklichen griechischen Stimmung ich geäußert zu haben. Uebrigens will ein Berliner Blatt von der türkischen Botschaft wissen, daß die Abtheilung, aus die die Schiffe geseuert haben, ein Detachement des Obersten Bassos war. In verschiedenen Blättern taucht bei Besprechung der Haltung Eng lands der Verdacht auf, daß England selbst Absichten auf Kreta habe. * Wie», 22. Februar. Die Meldung des „Gaulois" von der beabsichtigten Betrauung Italiens mit der Verwaltung Kretas ist grundlos. * Wie», 23. Februar. (Telegramm.) Die „Politische Corre- pondeaz" meldet aus Athen: Der Minister des Aeußern hat auf die Bemerkung der Vertreter der Mächte, daß die Action Griechenlands in Kreta ungünstig auf die griechischen Finanzen zurückwirken müsse, erwidert, die griechische Regierung werde sich möglicherweise gezwungen sehen, die. Zahlung der nächsten Coupons zu unterlassen. — Andererseits wird aus Triest gemeldet: Die griechischen Colonien in Alexandrien, Kairo, London, Marseille, Livorno und Triest stellten der griechischen Regierung über sechs Millionen Francs zur Verfügung- Der Millionär Avcros in Alexandrien spendete allein zwei Millionen- * Konstantinopel» 23. Februar. (Telegramm.) Meldung des Wiener Telegr.-Corr.-Bureau-. Das Krirgsministerium zeigte der Eisenbahndirection der Linie Dedeagatsch-Salonichi an, daß in kurzer Zeit die Beförderung von 64 kleinajiatischen Redifbataillonen mit Pferden und Munition von Dedeagatsch aus erfolgen werde. — Den Botschaftern wurde von der Pforte mitgetheilt, von den kretischen Insurgenten seien zwei Com pagnien türkischer Truppen bei der Ortschaft Vukobis aufgerieben worden, 1 Ofsicier und 60 Mann seien ent- kommen. Die Insurgenten hätten außerdem die Türken, bei denen ich Weiber und Kinder befänden, eingeschloffen. Ein Versuch der comtnandirenden Osficiere, den Türken freien Abzug zu verschaffen, sei bisher erfolglos geblieben. (Wiederholt.) * Konstantinopel» 23. Februar. (Telegramm.) Meldung des Wiener Telegr.-Corr.-Bureaus. In den letzten b Tagen sind mit Sonderzügrn aus dem Norden und Osten des Bereiches des III. CorpS 5 Linirnbataillone, 7 Batterien und zahl reiches Kriegsmaterial nach der griechischen Grenze befördert worden. Die Verstärkungen für den östlichen Theil der griechischen Grenze gehen direct nach Krania am Golfe von Salonichi. * Petersburg» 22. Februar. ES wird nochmals auf das Bestimmteste versichert, daß bisher weder in Odessa noch in Sebastopol Truppen mobikisirt würden, und hinzugefügt, Letzteres würde nur ebenso überflüssige Kosten verursacht haben, wie ein verfrühtes Zusammenziehen größerer Truppenmassen. Auch ohne besondere Maßregeln habe Rußland dort jederzeit 20- bis 25000 Mann schnell zur Hand. Es sei Sorge dafür getragen, sie in Odessa und Sebastopol sofort einschiffen zu können; in dreißig bezw. zwanzig Stunden sei von da der Bosporus zu erreichen. Wird ein derartiges Vorgehen von Rußland für nöthig befunden, so soll nach der einen Ansicht General v. Schak, jetzt. Commandirender des 8. Corps in Odessa, als Commandeur des BrsatzungscorpS in Aussicht genommen sein; Andere behaupten, General Dragomirow sei dazu ausersehen und General Schak zum GrneralstabSchef be stimmt. Schak war früher preußischer Osficier, und zwar im ersten Garderegiment. * Berlin» 23. Februar. Die „Nat.-Ztg." schreibt: In der kretischen Angelegenheit bars nunmehr, wie uns von zuverlässiger Seite gemeldet wird, als gewiß gelten, daß das frühere Re- girrungssystem aus Kreta nicht wieder hergestrllt wird. Die europäischen Großmächte sind ferner »ach wie vor darüber einig, daß Griechenland in keinem Fall» dir Insel, erhält. Als dritter Punct, über den vollständige Einmüthig- keit herrscht, wird mit derselben Entschiedenheit betont, daß eine autonome Verwaltung aus Kreta ringrfiihn, ohne daß die Souveränrtät de» SultaaS aagrtastrt wirk Unter diesen Umständen wird den Griechen wohl nicht- übrig bleiben, als sich zurückzuziehen, indem sie die Zusicherung, daß auf Kreta eine geordnete, selbstständige Verwaltung eingerichtet werden soll, al» einen „Erfolg" ihre» Eingreifen- darstell»«. Die parlamentarischen Verhandlungen, welche gestern gleichzeitig in Berlin. London und Pari» stattfandea, gestatte» ihnen keine weiter- gebende Hoffnung. * Aus Berlin wird dem „Hamb. Torr." geschrieben: „Die Beschießung der griechischen Truppen, di» einen Angriff auf Haleppa beabsichtigten, durch die europäischen Kriegsschiffe vor Kanra ist erfolgt, nachdem Oberst Basso- trotz der Ankündigung; der Admirale, eia Vorgehen in- Innere von Kreta nicht zu dulden, vorzugehen versuchte. Fall» griechischersett» Oberst Basso« nicht deSavouirt wird, ist damit Griechenland im Kriegszustand mit Europa. An der Beschießung hat di» „Kaiserin „Augusta", Capitain zur See Köllner, die gestern Mittäg >2 Ubr dort rintraf, theilgrnommen, und zwar feuert» sie den ersten Schuß ab, da sie daS Flügelschiff der Geschwader war. Die französischen und italienischen Kriegsschiffe griffen in die .> Kanonade aus technischen Gründen nicht ein. Welche- diese technischen Gründe sind, ist vorläufig ein RSthsel. Wir man hört, hatten die Admirale schon längst die Ermächtigung nachgesucht, gegen die Insurgenten einzuschreiten, indem sie ihre Lage olS eine unerträgliche bezeichnet»», vermuthlich infolge der Grausam- keilen, denen die Mohamedaner, ihre Frauen und. Kinder durch die Aufständischen auSgesetzt waren. Dir modernen Hellenen sind in dieser Hinsicht thierischer al- die Türken. Mit besonderer Befriedigung nimmt man von dem loyalen , Verhalten England- Kenntniß und erwartet, daß dasselbe entschlossen ist, die Räumung Kreta- seiten- der griechischen Truppen baldigst hrrbeizuführen. Die Mächte wünschen, möglichst Blutvergießen zu vermeiden, können aber da- völkerrechtswidrige Vorgehen Griechenland- schon mit Rücksicht ans die Balkanstaatrn nicht dulde», die andernfalls dem Beispiel Griechenland-folgen würden Angesichts deS jetzigen Eingreifens der Kriegsschriffe wird übrigen» die Frage erörtert, ob dir vorgeschlagenr Blockade des PiräuS nicht Loch die mildere Maßregel gewesen wäre. Dadurch wäre nurderHandel-verkehr getroffen worden, und die griechische Regierung hätte jederzeit ein- lenken können. — Man darf gespannt sein, ob man ia Paris darüber, daß wohl Rußland, nicht aber Frankreich an der Action von Kanea theilgenommen hat, sehr erfreut sein wird." — Wir die „Post" hört, schweben zur Zeit zwischen den Großmächten Ber^ Handlungen über fernere gemeinsame Schritte und ganz besonders wird zwischen ihnen die Frage einer gemeinsamen Blockade der griechischen Häsen weiter erwogen. * Wien, 23. Februar. (Telegramm.) Die Blätter nehme» den gestern vom Staatssecretair Frhrn. v. Marschall im deutschen Reichstage ausgeführten Standpunkt Deutschlands in der kretischen Frage mit großer Befriedigung aus. Die „Nene Freie Presse" sagt, es sei zweifellos, daß mit der von Marschall dar- gelegten Auffassung Oesterreich-Ungarn, Rußland, ' wie auch die übrigen Mächte mit Deutschland einig sind; der Philhellenismus sei gewiß keine unedle Erscheinung, die Berurtheilung der türkischen Mißwirthschaft sei gerecht, aber Sympathie und Antipathie müssen - der höchsten Wichtigkeit der europäischen Friedensintereffen sich unterwerfen. Das „Neue Wiener Tagblatt" sagt: Die staots- kluge und weltbürgerliche, dabei durchaus dem europäischen Herzen entsprechende Auffassung der Humanität seitens Marschall's hat uÄ so höheren Anspruch, das europäische Echo zu wecken, als Deutschland an den Verwickelungen im Orient nicht unmittelbar interessirt ist. ES erhebt uneigennützig seine Stimme im Interesse des Friedens und der Lultur. Dos „Fremdenblatt" meint: Die diplomatische Lage scheint diejenige zu sein, daß die Großmächte sowohl im Hinblick auf die zu- - künftige Gestaltung Kretas wie im Hinblick auf die Notb- Wendigkeit der Zurückdrängung des griechischen VorgeberS sich immer mehr nähern. > * Paris» 28. Februar. (Telegramm.) Die Mehrzahl der Blätter, mit Ausnahme der Organe der äußersten Linken und ein- zelnrr monarchistischer, äußern ihre Befriedigung über die über- wältigende Mehrheit, welche durch ihr Vertrauensvotum . die diplomatische Action Frankreichs gekräftigt und insbesondere die Autorität des französischen Botschafter- in Konstantinopel, Cambon, noch vermehrt habe. Dem „Journal qjficirll" zufolge umfaßt die Minderheit, welche gegen die von der Regierung an- genommene Tagesordnung stimmte, 34 Socialisten und 44 socio- listische Radikale, sowie 2 Tonservative. - - * Belgrad» 23. Februar. (Telgramm.), Der neue Tabinets-, chef Simitsch hat heute die Leitung der Geschäfte des Minister-,. Präsidium» und des Ministerium» des Auswärtigen übernommen. : (Fortsetzung in der I. Beilage.) ' ^ Gott» zu sagen und zu singen — und so dürfen wir, da Liebisch noch in der Vollkraft rüstigen Schaffens steht, darauf hoffen, daß er noch manche neue Weise fingen und sich zu der Vollendung emporringen wird, von der er in bescheidener Selbstkritik sich noch fern weiß. Daß noch Großes in ihm nach Entfaltung und Gestaltung ringt, sagt er un« selber in seinem gedankenreichen Gedicht „Jugend", dessen erst« Strophe lautet: Noch bin ich jung, noch pulst dar Blut Krastschäumend mir in Herz und Adern. Ausbänmt sich« wild, wie Mrrre-fluth An eine« Lrochtthurms Riesrnquadern. Aus seinen glüh'ndru Wellen wiegt Die Pacht weltstürmrnder Gedanken, Die stnrmgrseft nnd unbesiegt DaS Schicksal fordert in dir Schranken. Abgesehen von einigen legeadenartigen Gedichten m „Kreuz und Quer" bietet dir Sammlung der Wanderlieder nur Lyrisches, und wir glauben auch, daß diese« Liebisch'S eigent liche Domaine ist, wenigsten« müßte er unS erst vom Geaen- theil überzeugen. Mit Glück dürste er da- religiöse Lied pflegen, und un« will eS bedünken, daß ihm nicht minder leicht die didaktische AphoriSme aus der Feder fließt. Hier nur eine Probe: „Laß da« Klagen." Laß da« Klagen, Daß du dich mußt bücken und plagen, Kreuz und schwer» Bürde» tragen — Du mnßt wißen: Eine Lüge ist da« Müssen» So wir stet- nur redlich wollen Mo wir sollen. DaS ist gesund« Moral, praktische Leben-wei-heit. Sie bat der wandernde Gesell, der werdende TageSschriftsteller sich offenbar zum' Leitstern genommen, sonst hatte er e« schwerlich so weit gebracht. Möchte eS seinem redlichen Wollen, dem ja ein kräftige- Können zur Seile stebt, ge lingen, unter veränderten Verbältnissrn, inmitten mühevoller, aufreibender Berufsarbeit, bald den Beweis zu liefern, daß der Redakteur hält, wa« der Handwerk-bursche versprochen hat! - , 0. 3. Larl Morr6 Ein weit über die Grenzen seine« engeren HeimathSlanveS berühmt gewordener Dichter und Volksmann im wahrsten Sinne des Worte«, der seine Kräfte und seine ursprügliche dichterische Gabe ausschließlich dem Wöhle seines Volkes gewidmet hat, schloß in den frübesten Morgenstunden de- 21. Februar in Graz seine müden Augen für immer. Karl Morrs war nicht nur als Dichter wirksam, sondern auch als Parlamentarier, und in beiden Wirkungssphären war daS Ziel seines unermüdlichen Schaffen« einzig und allein daS Wohl und Wehe de« Näbrstande», de» an der Scholle ge bundenen Landmannes, da« die herrlichen naturechten, den wirklichen Erdgeruch tragenden Gestalten deS Bauernstandes erschuf und jene meist überaus drastischen Kundgebungen in den Bertretungökörpern deS Reiches und deS Lande« — er war sowohl ReichSrathSabgeordneter al« auch Landtags abgeordneter — hervorrief. Karl Morrs wurde am 8. November 1832 in Klagen- furt geboren, wo er daS Gymnasium absolvirte. .Im Jahre 1857 »rat er als Kanzlei-Assistent in den Staatsdienst und 1883 wurde er als Osficial wegen eine« Augenleiden«, daS ihm bis in die letzten Tage anhastete und seine schriftlichen Arbeiten oft beeinträchtigte, in den Ruhe stand versetzt. Als Bühnendichter war Morrs äußerst sruchtbar. An- seiner Feder stammen die wirkungsvollen VolkSstücke „Familie Schneck", „Die Frau Rätbin", Nullerl", „Eia Regimentsarzt", „A Räuschrrl", „Für» Buckelkraxentragen", „Bor'm Suppenefsrn", und die Posten „Drei Drittel", „Der Glückselige", „Der ganze Papa" u. s. w. „'S Nullerl" machte seinen Namen fast in ganz Deutschland belannt. Als Politiker legte er seine Ansichten in der viel beachteten Schrift „Die Arbeiterpartei und der Bauern stand" nieder. Morrs wurde am 9. März 1891 im Stadtbezirk Leibnitz, den er bi« zum Schluffe der letzten Session im ReichSrathe vertreten hat, in« Abgeordnetenhaus ge wählt. Dem steiermärkischen Landtage gehörte Morrs seit dem Jahre 1886 an. Im Abgeordnetrnhause trat er keiner Partei bei, er war ein sogenannter „Wilder". Die Verfolgung de« Wohles seiner Wähler, di« er in der gewissenhaftesten Weise vertrat — er versäumte keine Sitzung — ließ e« nicht zu, seine Ueberzeugung durch Elubbeschlüfse binden zu lassen. Sein erster Initiativantrag entsprang demselben humanen Geiste- von welchem sein be- kckMitesteS Bühnenwerk getragen ist. E« verlangte die Alters versorgung der laiidwirthschastlichen Dienstboten — e« sollte keinen „Null-Anerk" mehr geben. In der Steiermark wird für die alten, arbeitsunfähigen landwirtbschaft- ichen Dienstboten in der Weise gesorgt, daß sie in den Bauernhäusern ihrer HeimathSgemeinde Obdach und Kost erhalten, heute in diesem, morgen in jenem Hause, so durchwandern die armen alten Dienstboten, die „Einleger" im. Laufe deS JahreS alle Bauernhöfe, in den meisten als eine Landplage angesehen und behandelt. Diese schreienden Mißstände hat Morrs in seinem VolkSstücke „'S Nullerl" dramatisch behandelt, auch in Broschüren, im ReichSrathe und auf dem Landtage zur Sprache gebracht. Nun wurde ihm die Genugthuung zu Theil, zn sehen, daß seine Ideen auf fruchtbaren Boden fielen. Baron l)r. F. Krieg, dem kürzlich die Gattin starb, übergab dem Dichter zehntausend Gulden sür die „Einleger" in Steiermark zu Ebren und zum An denken an seine verblichene Gattin. Morrs übergab daS Capital wieder dem LandeSauSschuß als eine „Freifrau Krieg- Paulich-Stistung für arme Einleger". AuS den einfließenven Zinsen erhalten jährlich vier Einleger, zwei männliche und zwei weibliche, je 102 Gulden in monatlichen Raten baar zu Händen auSbezahll. So gering dieser Betrag erscheint, so wird derjenige, der die ländlichen Verhältnisse kennt, zugeben, daß viele Bauern gerne bereit sein werden, für eine sichere monatliche Einnahme anständige Pflege und Wohnung zu geben. Sicherlich werden sich, angeregt durch diese« Beispiel, Menschenfreunde finden, die dieser Stiftung Beiträge widmen, um die Zahl der Erlösten zu mehren. Beim letzten Wahlkampf gegen Kaltenegger wußten die Klerikalen die Bauern gegen ihren aufrichtigsten Freund und Berather derart aufzuheyen, daß Morrs von einer Rotte halbberauschter Bauern in der Nähe von Gra» mit Steinen empfangen wurde und nur durch schnell« Flucht in einem Wagen sich retten konnte. Morrs war nicht« weniger, al- ein parlamentarischer Redner. Aber Keiner konnte wirksamer reden, al« dieser gewandte Improvisator und schlagfertige Polemiker. Wie in seinen Bühnen stücken, so stellte er auch im parlamentarischen Wirken seinen köstlichen Humor und seinen schlagfertigen Witz in den Dienst eine- edlen, idealen Streben«. Während er oft mit seinen Einfällen da- ganze Hau- in stürmische Heiterkeit versetzte, klang an« dem Grundton seiner Rede immer der sittliche Ernst und da- tiefe'Gümüth deS Mannes Herauf' der mit unerschütterlicher Liebe an seinem Volke hing. Er war ein Volksvertreter im besten Sinne deS Wortes. — Wenn Einer den BolkSmann Morrs ganz und voll verstand und den ernsten Sinn au« den oft derb humoristischen Ein fällen berauSzuschälen verstand, so war eS Rosegger. „Wir regen unS gegenseitig an", schrieb gelegentlich Rosegger, „und mir thul e» wohl, die Gedanken auSrutauschen mit Einem, der da» Landvolk so gründlich versteht und so herzhaft lieb hat, wie dieser Morrs. In städtischen Kreise» kommt ei» richtiges Berstänbniß für den Bauernstand selten genug, vor und fast noch seltener eine treue Freund schaft und Neigung zu ihm, so oft auch mit.diesen Dingen geflunkert wird. Wenn wir beide vom Landvolke sprechen, so betont Morrs gewöhnlich die praktische und ich die ideale Seite desselben, derart vervollständigen wir un» gegenseitig. Man müßte aber, wenn Morrs da ist, einen Sack voll Stiften bei sich haben, um die zahllosen köstlichen Ideen, die in seinen guten Stunden fortwährend au- seinem Haupte sprudeln, festzunageln. Man könnte ihm gelegentlich mit seinen eigenen Früchten ein große« Geschenk machen, denn die Gedanken verflüchtigen sich bei ihm so rasch, al« sie ent stehen, und sich Etwelche« aufzunotiren, wie es einem haus hälterischen Geiste anstünde, da« kommt ihm nicht im Ent ferntesten bei. Von den Ideen, die Morrs täglich verschwendet, könnte ein Dutzend dramatischer Volk-dichter und Libretten- schreiber leben. Wie Morrs mit dem lieben Herrgott aus Gleich kommen wird, wenn ihn der am jüngsten Tage nach der Aus- Nutzung seiner ihm anvertraute» Talente fragt, da« weiß ich nicht. Das Beste, wa» der Herr sür ihn thun kann, ist, daß er ihm von Zeit zu Zeit eine Sintflutb schickt; gebt dem Dichter da« Wasser an den Hals, dann erinnert er M der Schätze, die in ihm stecke» und er schreibt prächtige VolkSstücke. So entstanden die „Familie Schneck", „Die Statuten der Ehe", „Die Frau Rätbin" u. A. Ja, die leidig« Politik, die. war'«, die dem BolkSdichter die besten Kräfte hinwegnahm und die letzten Jahre seine« » Leben« verbittert« und verkürzte. Welche Perlen echten Humor« und tiefen GemütheS hätte er seinem Volk« nicht- noch schenken können, wenn die Politik nicht an seinem Lebensmark gelehrt hätte Die wahren Freunde de« Volke« werden dem Dahingeschirdraea rin dankbare« Gedenke» be wahren. Ik.
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