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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.05.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970508020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897050802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897050802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-08
- Monat1897-05
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Filialen: klt« klemm's L-rlim. (Alsreß Hah«), Universität»strad« 3 (Paulinnm), Lauts Lösche, Katharinens»». 14, part. und König»plat» 7. Abend-Ausgave. WipMer TagMM Anzeiger. Ämtslitatt des Äönigtichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes und Nottzei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Arrzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzrile rv Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4ze- spalten) Lo^, vor drn FamiNeitnachrichrea (L gespalten) 40^. Üiroger, vchristen laut uiiirrem Prais- derzeichuib. Tabellarischer und jjisftrnsatz uach höherem Tarif. Extra-Beilage» (gesalzt), nur mit der Margen - Ausgabe, ohne Postbekördernnz; KO.—, mit Poslbesörderung 70.—. Ännahmeschluk für Änzeigen: Abrud«Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. -2org«»«Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je »ine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. - -q—»» .. Druck und Versag von S. Volz in Leipzig. Jahrgang. Sonnabend den 8. Mai 1897. politische Tagesschau. * Leipzig, 8. Mai. Der Reichstag hat gestern wirklich da» Margartne- grsetz mit ter Vorschrift, daß in Slävten mit mehr als 5000 Einwohnern getrennte Verkaufsräume sür Butter und Margarine eingesiihrt werden sollen, in zweiter Lesung angenommen, und wenn da« Hau» heut« beschlußfähig ist, so wird es in dritter Lesung ebenso beschließen, denn di« Mehrheit ist nach langem Schwanken „fest" geworden. Die klag» lichste Nolle hat in diesem EntwickelungSproceß da» Cent rum gespielt. Zuerst beantragte es, gleich den Conservativen, die Trennung der Verkaufsräume; dann fielen seine Vertreter in der Commission um und halfen den Antrag beseitigen; hierauf siel Vie Partei im Plenum nach der andern Seite um und gab, indem nur wenige Mitglieder dagegen stimmten, den Ausschlag für die Trennung. Ungefähr ebenso „ziel bewußt" Hal sich die Regierung erwiesen. Zn der vorigen Session ließ sie den Entwurf scheitern, weil sie der Trennung der Verkaufsräume nicht zustimiuen wollte. Angesichts der schlechthin willkürlichen neuen Forinulirung, wonach die Trennung nur in den Städten mit über 5000 Einwohnern staltsinden soll, erklärte die Negierung ihr Wohlwollen sür den Antrag; nachdem er trotzdem in der Commission abgelchnt worden, versickerte Herr v. Boetticher bei der zweiten Lesung, die Ablehnung würde der Regierung größere Freude machen, als die Annahme; nachdem der Antrag in dritter Lesung angenommen sein wird, wird auch Vie Regierung zu seiner BiÜigung sich bequemen. Was Vie Mehr heit mit dem auf solche Weste „verbesserten" Gesetze eigentlich bezweckt, wird voraussichtlich erst später klar werden. Daß sie hoffen sollte, die Bestimmung über die getrennten Verkaufs räume werde den Butterproducenten irgend einen Bortheil und nicht vielmehr erhebliche Nachtheile bringen, läßt sich nach den sachverständigen Ausführungen zahlreicher Mit glieder der konservativen und der Centrumspariei nicht Wohl annehmen. Die Vermuthung liegt also nickt fern, daß die diese Mehrheit gängelnden Urheber jener Bestimmung es wieder einmal auf einen neuen Grund zur Unzu friedenheit der Landwirthe und einen neuen Agitation« st off abgesehen Haden. Jedenfalls läßt sich mit voller Bestimmtheit voraussehen, daß, wenn das neue Margarinegejctz eine Weile in Kraft gewesen sein wird, viele Kleinhändler in Städten über 5000 Einwohner auf den Verkauf von Butler verzichtet und andere, r. B. Fleischer, die mit dem Butterve» kaufe sich niemals vorher beschäftigten, zumBerkaufe von Margarine sich entschlossen haben werden, zahlreiche Petitionen um Wiederausyebung jener Bestimmung aus solchenglandwirth- schaftlicben Kreisen einlaufen werden, die bisher in nahe gelegenen großen und mittleren Städten für ihre Butter ein günstiges Absatzgebiet fanden. Allerdings wird dann die Unzufriedenheit ländlicher Kreise mit dem Margarinegesetz den Vätern desselben die Gefahr nahe legen, daß die Ge schädigten an der Weisheit ihrer „Schützer" und „Für sprecher" irre werden. Aber dieser Gefahr verstehen kluge Agitatoren dadurch vorzubeugen, daß sie neue große Ver sprechungen machen. Dann richtet fick die Unzufriedenheit gegen die Regierung, „der es an Wohlwollen, Sachkennt- ruß und den rechten Männern fehlt". Die Vorlage wegen UebergangcS SeS Neu-Guinea-Schutz- gcbicteS 1« di« Sieichsverwaltung wird dem Reichstage, dem „Hambg. Corr." zufolge, noch in diesem Monate zugehen, nachdem die Dorberathungen unter den betbeiligten Reichs ämtern abgeschloffen sind. Ein NachtragSrtat dazu wird nicht ringebracht, da der Uebergang erst am 1. April 1898 erfolgen soll, die nöthigen Anforderungen werden demnach erst in den nächsten Etat eingestellt. An dem Vertrage zwischen der Reichsregierung und der Reu- Guinea - Compagnie sind zwei Aenderungen auf den Vorschlag des ColonialratheS vorgrnommen. Die vier Millionen Mark Entschädigung, die die Compagnie für ihre Aufwendungen empfangen soll, werden nickt, wie eS im vorigen Jahre vereinbart war, mit einem Male ausgezablt, sondern auf zehn Jabre verthcilt. Dazu verpflichtet ^ck die Compagnie, die erhaltenen Summen zu Gunsten deS csckutz- gebieieS zu verwenden. Ob die Bedenken deS Reichstages, die unserer Erinnerung nach auch auf andere Puncke sich erstreckten, durch diese Concessionen beseitigt sind, bleibt ab zuwarten. Großen Schwierigkeiten begegnet nach den In formationen des „Hamb. Corr." die Ausarbeitung einer Vorlage wegen Uebernahme der Usam bara-Eisenbab n auf das Reich, und gegenwärtig gelle eS noch sür recht unsicher, ob ein solcher Entwurf an den Reichstag gelange. Das Haupt' bedenken ist natürlich ein finanzielles, da für den Ankauf der Bahn, ihren Betrieb und namentlich für ihren Weiterbau bi« Koragwe etwa 6»/? Millionen Mark erforderlich sein würden. Nach mehreren Richtungen hin wäre cS recht bedauerlich, wenn diese« Bahnproject nicht zur Er ledigung und Ausführung käme, denn in diesem Falle würde nicht allein der Betrieb dort eingestellt werden muffen, sondern auch die Dahn unbedingt verfallen. Da mit ginge nickt nur das scbon aufgewendele bedeutende Capital verloren, sondern wir würben auch bei einem späteren Ent schlüsse mit dem Bau von vorne wieder anfangen müssen. Die Dringlichkeit dafür, daß daS Reich hier eingreift, wirb dem Vernehmen nach auch an der zuständigen amtlichen Stelle voll empfunden, daher ist die Hoffnung noch nickt ganz auf zugeben, baß man die Einwendungen der Finanzverwaltung noch überwindet. Tie österreichischen Teutschen haben nun endlich energisch den Kampf gegen ihre fernere Unterdrückung ausgenommen. Auf die Protestversammlungen in Teplitz, Reichcnberg und Eger sind heftige parlamentarische Kämpfe im österreichischen Abgeordnetendause gefolgt. Leider weisen die Parlaments redner der Deutschen nicht immer die nölhize Maßhaltigkeit auf, die einen noch viel tieferen Eindruck machen würde, als leiden schaftliche Ausfälle es thun. Wenn z. B. ein deutscher Redner die Tschechen eine minderwerthige Nation nennt, so ent schuldigt er damit gewissermaßen dinlerber die von den Tschechen so häufig Deutschen gegenüber begangenen Brutalitäten. Denn die Tschechen können auf eine solche Aeußerunz als auf einen Ausfluß eines HochmutheS Hin weisen, der sie zur Gewalttbätigkeit hingerissen habe. Sind die Deutschen also leider nicht geschickt genug bei ihrem Kampfe, so ist die österreichische Regierung es ebenso wenig. Es ist unschicklich, wenn ein österreichischer Minister den Gegnern der Regierung vorwirft, ibr Antrag auf Erhebung der Anklage gegen die Regierung sei nicht ernsthaft gemeint. Er fordert damitdieDeustchen geradezu heraus, der Negierung zu beweisen, daß es ihnen mit der Ausnahme der entschiedenen Opposition gegen die Negierung thatsächiich bitter Ernst sei. Daß in Güte bei der österreichischen Regierung nicht- durchzusetzen ist, haben die Ereignisse der letzten 20 Jahre bewiesen. Je brutaler die Tschechen gegen die Deutschen auflralen, und je lauter sie schrien, desto mehr haben sie von der Regierung erreicht, während die Nachgiebigkeit der Deutschen nur mit immer neuen Bedrückungen belohnt wurde. Das aber ist den Deutschen zu ratben, daß sie wobl die schärfste sachliche Opposition betreiben und die Stellung der Regierung unhaltbar zu machen suchen, daß sie aber Zweierlei vermeiden müssen: 1) in den Ton der Revolution zu verfallen, wie er bereits bei dem Protesttaqe in Teplitz angeschlagen wurde, und 2) mit dem Gedanken eines An schlusses an Reichsdeutschlanv zu cokettiren. Die sächsische Negierung hat den österreichischen Deutschen den größten Gefallen damit erwiesen, daß sie verboten hat, daß bei dem am Sonntag in Dresden statlfindenden, von reichedeutschen Antisemiten veranstalteten Protesttage österreichische Dele- girte das Wort ergreifen. Denn es ist als sicher anzunebmen, daß gerade auf reichsdeutschem Boden Worte gefallen wären, welche die Gegner der Deutschen in Oesterreich weidlich auS- gebeutet hätten. Ueber die diesjährige Arbeiter-Maifeier in Spanien und Portugal schreibt man uns auS Madrid: Die Befürchtungen, die im Hinblick auf den großen Anar chistenproceß auf die diesjährige Maifeier gesetzt wurden, erwiesen sich als unbegründet. Der 1. und 2. Mai verlief trotz aller gegentheiliaen Ankündigungen auf der ganzen Halbinsel in größter Ruhe, was am besten zeigt, daß die revolutionäre Propaganda unter der Arbeiterschaft den Boden verloren hat. In den baskischen Bergwerksbezirken wurde am 1. Mai die Arbeit nirgends ausgesetzt; nur am darauffolgenden Sonntag fanden einige Umzüge statt, bei denen Tafeln mit der Forderung des Achtstundentages voran getragen wurden. In Barcelona geschah gar nichts, denn die Anarchisten wagten eS nicht, Versammlungen einzuderusen und die Socialisten fürchteten Angriffe der Anarchisten. In Manresa, dem Hauptpunkt der catalonischen Arbeiterbewegung, feierten etwa 200 Arbeiter; doch kam cs auch dier nickt zu Ruhe störungen. In Andalusien blieben auch die von dem Noth- stanv heimgesuchten Bezirke völlig ruhig; in Malaga und Valencia fanden Sonnabend Abend kleinere Versammlungen und am Sonntag dramatische Ausführungen statt, welche von den socialistischen Clubs veranstaltet wurden. In Cadix fand eine ruhige Kundgebung der Arbeitslosen statt; in Madrid hielt der langjährige Führer der spanischen Socialdemokratie Paul Iglesias am Abend des 1. Mai vor etwa 300 Zuhörern seine schon so oft gebürte Rede. AuS den Hauptstädten Portugals, Lissabon und Oporto, wurden ebenfalls nur un bedeutende VersammlungSveranstaltungen gemeldet, während Arbeitseinstellungen nirgends statifanden. Dieses Ergebniß der Maifeier ist um so bemerkenswerther, als vor 6 und 7 Jahren gerade die Arbeiter der pyrenäischen Halbinsel am leidenschaftlichsten für die vollständige Freigabe deS Arbeiter- Wellfeiertages eingelreten waren. Die Lage auf dem türkisch griechischen Kriegsschauplätze erscheint durch den Sieg der Türken bei Pdarsala bis zu einem Grade vereinfacht, der den Rest des Feldzuges — wenn die Griechen verblendet genug fein sollten, den Kamps auch jetzt noch fortzusetzen — für den siegreichen Theil nur noch als einen bloßen mililairiscken Spaziergang nach Athen erscheinen läßt. Mit dem Verluste Pdarsalas sind die Griechen ihrer zweiten und letzten thessalischen Wider standslinie, mit dem Verluste Thessaliens selbst ihrer reichsten und bevölkertsten Provinz beraubt. Das Verderben folgt den flüchtigen Trümmern der geschlagenen Armee auf dem Fuße nach. Edhem Pascha hat sich auch bei seinen Operationen gegen Pbarsala als ein sicher gebender und fest zupackender Heerführer bewiesen. Er überließ die griechische Armee in aller GcmlitbSruhe ihren Bestrebungen, auS Pbar- sala eine Halbwegs widerstandsfähige Stellung zu schaffen, und zog inzwischen alle ihm erreichbaren Verstärkungen an sich. Sein Vormarsch geschah, wie gegen Larissa, auch gegen Pharsala auf der ganzen Front gleichmäßig, weil eS ihm nicht bloS darauf ankam, den Feind im offenen Kampfe zu überwinden, sondern auch, zu verhüten, daß einzelnen Ab- tbcilungen desselben ter Durchbruch durch die türkische Front ins Makedonische hinein gelänge, um dort einem eventuellen Auf stand als Stütz' und Mittelpunkt zu dienen. Bei dem unweg samen Terrain aber erfordert die gleichmäßige Diölocirunz der Truppe aus einer immerhin ziemlich breiten Marschfront nalur- geniäg einen gewissen Zeitaufwand, der durch Beschäftigung deS Gegners mittels Erkundungsgefechte im Vorgelände auf daS Passendste auSgefüllt wurde. Die Griechen machten sich ein paar Tage das harmlose Vergnügen, ihre Zusammen stöße mit dem Feinde, deren Belanglosigkeit schon durch die fast gänzliche Abwesenheit von Verlusten dargethan wird, zu glänzenden Siegesihaten aufzubauschen, bis dann der am 5. begonnene Vorstoß Edhem Paschas mit gesammelter Macht auf Pharsala das Kartenhaus der griechischen Selbst illusionen im Handumdrehen über den Haufen stürzte. Daß die griechische Armee ihren Rückzug in guter Ordnung bewerkstelligt haben sollte, mag für einzelne Truppentbeile, wird aber nicht für daS Ganze zutreffen. Die Panik von Larissa scheint sich vielmehr bei Pharsala wiederholt zu haben, zumal da die türkische Cavallerie sich dicht an die Fersen der Flüchtlinge hestete, und die bei Velestino ebenso siegreich gebliebenen Türken vermögen nunmehr eine strategische Umgehung des OthryS- gebirgeS zu bewirken, an der sie die Brigade des Obersten Smolenitz schwerlich hindern wird, da dieser ja gezwungen ist, mehr an seine eigene Sicherheit als an die Durchkreuzung der feindlichen Bewegungen zu denken. Es erscheint sogar fraglich, ob den Griechen die ungestörte Erreichung LamiaS gelingen wird, wenn nämlich türkischerseils die Ausnutzung deS Sieges von Pbarsala rasch und energisch genug erfolgt, um die Flucht des griechischen HcereS in eine völlige Auflösung um- zugcstalten. Auf was sür Stellungen und Elemente eine Fortsetzung des Krieges griechischerseits sich stützen sollte, wenn erst einmal die Türken von den südlichen Hängen des OthrysgebirgeS herabgesliegen sind und Lamia umfassen, weiß man in Athen wahrscheinlich selber nicht. Wir glauben deshalb in der Annahme nicht zu irren, daß, wenn nicht den griechischen Waffen irgend ein wunderthäliger üeus ex wLcdinu zu Hilfe kommt, das Kriegsabenteuer mit der Niederlage bei Pharsala seinen Abschluß erreicht hat. Deutsches Reich. * Berlin, 7. Mai. Die „Nordd. Allgem. Ztg." bat bereits die Meldung der „Voss. Ztg.", die am 15. December vorigen Jahres im Reichstage abgebrochenen Verhandlungen über die Justiznovelle sollten wieder ausgenommen werden, dabin richtig gestellt, daß diese Wiederaufnahme zwar innerhalb der Parteien ventilirt werde, die Regierung aber nicht beschäftige. Heute ersährt man nun aus der FeurHeton. Sneewittchen. 81) Roman von A. I. Mordtmann. Nachdruck »erdetrn. „Gleich jetzt", so erzählte FrantzviS weiter, „batten wir den ersten bitteren Lohn für unsere Sünde zu ernten. DaS kleine Mädchen wollte von uns Beiden, keinen Ellern, nichlS wissen. ES mochte sich von den guten Nonnen nicht trennen, und alle unsere Schmeichelreden, alle uusere Liebkosungen blieben ohne Einfluß auf die Kleine. Als wir sie endlich halb mit Gewalt mitnahmen, zerfloß sie in Thranen und wollte sich gar uicht trösten lassen." „Das begreife ick", dachte Zarnow. „ES erklärt auch, warum Juanita jede Erinnerung an ihre Eltern verloren hat." Laut sagte er: „Das hätte sich mit der Zeit wohl gegeben ; aber Sie haben sie nicht lange bei sich gehabt." „Nein, nur wenige Tage; und in diesen wenigen Tagen schloß sie sich weder au ihr« Mutter, noch an mich an. Machtloser als dem bittersten Hasse standen wir ihrer stummen Gleichgiltigkeit gegenüber. Auf unsere Fragen hatte sie nur kurze scheue Antworten — freiwillig richtete sie nie da« Wort an uns. Sie blieb un» fremd, ja ich glaube, sie empfand sogar Abneigung gegen uns." Zarnow nickte bestätigend. Es mußte Wohl Abneigung gewesen sein. Denn an sich war dir Kleine nicht scheu ge wesen, die sich doch gleich mit größter Zutraulichkeit an Capi- tain Lorenzen und spater an Geraid angeschloffen batte. Fran^oiS erzählte weiter: „Wir schifften nn« in Gibraltar auf dem „Glaneur" ein, der auf der Reise von Smyrna nach Hamburg war. Auf dem Atlantischen Ocran wurden wir von einem heftigen Sturm überfallen, der unser Schiff bald dem Untergänge nahe brachte. E« war ein gute« Schiff, aber bei der Ausfahrt von Gibraltar war e» einmal an Grund gewesen, und obgleich damals die Reise fortge setzt wurde, weil eS sich bei genauer Besichtigung heraus- stellte, daß der Rumpf keinen Schaden genommen batte, sprang es doch jetzt bei dem heftigen Stoßen und Arbeiten in der schweren See leck. Die Pumpen konnten das ein dringende Wasser nicht mehr bewältigen, und eS wurde daher im SchiffSrathe beschlossen, daS Fahrzeug zu verlassen. DaS Wetter war von Regen und tief herabhängenven Wolken trübe, und die „Dona Loisa" war schon ziemlich dickt bei uns, als wir sie gewahrten. Der „Glaneur" sank langsam weg, und wir bällen un« ganz gut Alle retten können. Die erste Fahrt des Bootes, in dem ich das Köfferchen mit Guineen, Juarita die Diamanten barg, ging auch glücklich von Statten. Aber als das große Boot zum zweiten Mal die Fahrt zwischen beiden Schiffen machte, kenterte es, und alle darin befindlichen Menschen ertranken. An Bord der „Dona Loisa" fanden wir gastliche Auf- nabme, die nickt lediglick der Menschenfreundlichkeit ent sprang; wir waren der spanischen Besatzung sehr will kommen, da sie nur aus wenigen Matrosen bestand und von den unablässigen Anstrengungen der stürmischen Reise schon äußerst ermattet war. Sie flößte mir geringes Zutrauen ein, und meine schlechte Meinung sollte nur zu bald gerecht fertigt werden. Der Sturm hielt jene ganze Nacht und den folgenden Tag an; gegen Abend ward er schwächer, nahm aber um Mitternacht wieder zu, bis er mit der Stärke eines OrkanS blies. Und nun entstand auf dem Schiffe plötzlich eine ent setzliche Panik, bervorgerufen durch eine heftige Erschütterung, die von den Matrosen dem Zusammenstoß mit einem größeren Fahrzeuge zugeschrieben wurde. Es war, wie ich jetzt weiß, nickt der Fall — was e« aber gewesen sein mag, ist mir unbekannt." „Kann e« nicht da» große Boot vom „Glaneur" ge- wesen sein?" fragte Friedrichsen. „ES trieb ja noch aus dem Meere umher und wurde am Tage darauf von Capitain Lorenzen gesehen." „DaS ist nicht unmöglich — jedenfalls weiß ich keine andere Erklärung. Damit mag eS sich aber verhalten, wie eS will, der Schrecken raubte der ohnehin erschöpften und mitthlosen Bemannung den letzten Nest von Besinnung und zerstörte alle DiSciplin. Der Capitaio konnte sich kein Gehör mehr verschaffen, der Mann am Steuer ver ließ seinen Posten, nun legte sich da- steuerloS geworben, Sckiff quer vor die Wellen und so auf die Seite, daß wir glaubten, eS würde sich nicht wieder ausrichten. Die Boote wurden zu Wasser gelassen und Alle- sprang hinein. Ich war bei dem ersten Lärm auf» verdeck geeilt und stürzte nun in die Cajüte zurück, um die Frauen zu holen. Ich weckte Juanita und rief ihr zu: „Schnell hinauf! Wir finken l" Dann nahm ich meinen Koffer — er war mir zu schwer — ich sprengte ihn, warf das Gold hinaus und rief wie wahnsinnig: „So helft doch!" Aber Niemand hörte mich — ick wollte wenigstens einiges vom Golde retten, aber der Capitain, der einzige Mensch an Bord, der seinen Verstand bewahrte, riß mich vom Boden in die Höbe und schleppte mich fast mit Gewalt die Cajütentrepve hinaus: „Sic sind ja verrückt!" schrie er mir zu. „Lassen Sie doch das verd — Gold!" Er hatte Wohl Recht; schon damals muß die düstere Nacht heraufgezogen sein, die mich nachher ein- gebüllt bat. Al« ich auf das Verdeck kam, lag Juanita besinnungslos da; ich hob sie mit der Kraft der Verzweiflung auf und trug sie an die Seite deS Schiffes, wo das Boot in der schäumenden See auf und nieder tanzte; sie ward hinunter gelassen und dann sprang ich selbst nach; mir folgte als letzter der Capitain. Das Kind sei in dem anderen Boot, da- schon abgestoßen war, sagte man mir, als ich noch ein mal auf den Schooner zurück wollte, um eS zu holen. Wir ruderten fort. Juanita, zu meinen Füßen liegend, kam wieder zu sich, und ihre erste Frage war nach dem Kinde. Ich beruhigte sie mit der Auskunft, welche die Anderen mir ge geben hatten. Da wir doch nickt mitrudern konnten, kauerten wir uns im Vorbertheil des Bootes nieder und schauten in die Finsterniß hinaus, auS der sich, unheimlich und schauerlich anzusehen, nur die weißen Schaumkronen der in dunkelgrüner Massenhaftigkeit aussteigenden Wogcnbrrge abboben. Juanita brach zuweilen in laute Klagen und Selbstvorwürfe auS, und ich begriff mit entsetzlicher Klarheit, daß die Kleine zurück geblieben sein müsse. Juanita, verwirrt und betäubt von dem Schrecken, womit sie auS dem tiefen Schlaf erwachte, hatte an daS Kind nicht gedacht. Oben erst war eS ihr in den Sinn gekommen und dort in diesem unglückseligsten aller Augenblicke batte eine Ohnmacht sie überfallen. Nun, meinte sie, hätten Andere die kleine Juanita hinaufgerettet... Ich schwieg, obgleich ich wußte, daß eS anders war. Meine Gedanken fingen an, sich zu verwirren; auS den Wellen starrten mich Gesichter und Scenen der züngsten Vergangen heit an; oft ertappte ich mich dabei, wie ich mit ihnen Unter redungen führte. Gewaltsam kämpfte ich gegen dies« Phantasien an, die mich mit unnennbarem Grausen erfüllten uod von allen Schrecke» dieser furchtbaren Nacht die schreck lichsten waren. Als der Morgen bleigrau herauf dämmerte, sahen wir wenige hundert Schritte vor uns daS andere Boot im Kampfe mit Äind und Wellen. Wir strengten unsere Augen an, um zu entdecken, ob die kleine Juanita dort wäre. Wir konnten sie nicht sehen, und mir war's, als griffe mir eine eiskalte Hand ans Herz; gegen alle Hoffnung hatte ich bis dahin doch noch immer gehofft. Die unglückliche Mutter sah mit stieren Blicken hinaus ... Die Seeleute machten Ze'^'k" hinüber, daß jene unsere Annäherung erwarten möchten. „DaS Kind wird auf dem Grunde deS BooteS liegen", meinte tröstend der Capitain Wir kamen näher, und nun . . Der Erzähler schüttelte sich, sein ohnehin blasses Gesicht ward bei der Erinnerung an jenen Augenblick noch bleicher. Seine Stimme sank zu leisen Tönen herab, indem er fortfuhr: „DaS Kind war nicht in dem Boote. Als an ter schreck lichen Gewißheit nicht mehr zu zweifeln war, fuhr Juanita wie eine Wahnsinnige in die Höbe und brach in berzzcreißcn- deS Jammern und Klagen aus. Sie beschwor unS, nach deni Schoner zurückzufahren, sie bat und siebte knieend und mit gerungenen Händen jeden rinzeliieil von den Matrosen — ihre wülhende Verzweiflung mußte Las kälteste Herz rühren. Aber so tiefes Mitleid alle mit der unglücklichen Frau batten, Helsen konnten sie ihr nickt. Es war unmöglich, gegen Wind und Seegang nach dem Schooner zurückzukehren. AIS Juanita sich überzeugt hatte, daß alle ihre Bitten fruchtlos blieben, riß sie fick von mir los, denn ich bemühte mich, sie zu beruhigen, und ehe wir erriethen, was sie vor halte, war sie aus den niedrigen Bootrand und in die See gesprungen. Sie tauchte sofort unter, kam noch einmal mit verzerrten GesichtSziigen an die Oberfläche und versank dann abermals, um nicht wieder zu erscheinen. In diesem Augenblick füllten sich mir der Himmel, die Luft und daS Wasser mit unzähligen grauenhaft verzerrten Gesichtern, und gräßliche, höhnende Stimmen klangen mir in den Ohren. Ich wollte mich, um diesem Entsetzen zu ent rinnen, ebenfalls ins Wasser stürzen, aber man hielt mich fest und zwang mich auf meinen Witz nieder. Dann verlor ich die Besinnung. Die Grenzen zwischen Traumgebilden und wachen Phan tasien waren fortan für mich verwischt. Ich kann daher nicht sagen, ob ich geträumt oder wachend phantasirt habe, wenn nur spater immer wieder die Erlebnisse dieser Sturm nacht vor Augen kamen. Immer spielten sich dieselben Scenen vor mir ab, und wenn sie bis dahin gelangten, wo Juanita da» Fehlen des Kinde- inne wurde, konnte ich nicht anders: ich mußte in ihre Klagen und Bitten einstimmen. So zwischen Vernunft und Irrsinn schwankend, legte ich den Nest der verhängnißvollen Reise zurück. Doch viel davon
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