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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.06.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970616029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897061602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897061602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-06
- Tag1897-06-16
- Monat1897-06
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4490 Dir vereinigten Staaten scheinen den Tandwichs-Auseln gegenüber eine entschiedenere Politik einschlagen zu wollen, als gegenüber den kubanischen Angelegenheiten. Als vor wenigen Tagen der CaucuS der republikanischen SenatS- mitglieder sich für die Annection Hawaiis aussprach, ging in Washington das Gerücht, daß dieser Entschluß wesentlich dadurch mit bestimmt wurde, daß man die Geneigtheit des Präsidenten Mac Kinley zu der Annection voraussetzte, während Cleveland nichts davon wissen wollte. Die „Times" läßt sich von ihrem Washingtoner Berichterstatter melden, Laß die persönlichen Vertrauten des Präsidenten im Senat die eifrigsten Wortführer der Annection waren. Nun wird ge meldet, daß dem Senate eine entsprechende Vorlage zugehen soll. Die Annection würde die Consequenz des von den Vereinigten Staaten im Jahre 1893 unternommenen Eingriffs in die Angelegenheiten Hawaiis sein, damals veranlaßten amerika nische Umtriebe den Sturz der Königin Lilinokalani und die Begründung der Republik. Der amerikanische Gesandte er kannte die neue Regierung sofort an und obwohl Cleveland sich in einer Botschaft entschieden für die Wiederherstellung der rechtmäßigen Herrschaft aussprach, und der Annectioos- vertrag dem Senar nicht wieder vorgelegt wurde, wurde die Königin nicht wieder auf den Thron gesetzt. Wenn die Amerikaner und die Japaner um den Besitz der hawaiischen Inseln rivalisiren, so haben beide Theile rin gewisses Recht für sich. Die Amerikaner können sich darauf berufen, daß sie »/w des Handels von Hawaii in ihren Händen haben, die Japaner darauf, daß sie »/« der Einwohnerschaft von Hawaii bilden, während nur etwa 2 Proceut amerikanischer Staats angehöriger auf Hawaii sind. Daß die starke japanische Be völkerung aus Hawaii unter amerikanischer Herrschaft nicht gut fahren würde, ist sicher. Tie japanischen Chauvinisten werden sowohl deshalb, wie auch, weil der Besitz der Jusel für Japan sehr werthvoll war, die japanische Regierung zu ver anlassen suchen, die Sache aufs Aeußerste zu treiben. ES ist aber doch nicht sehr wahrscheinlich, daß Japan um Hawaiis willen einen Kampf mit den Vereinigten Staaten aufnehmen wird, weil es dann damit rechnen müßte, Laß Rußland die Gelegenheit benutzen würde, dem Einflüsse Japans in Ost- asien völlig den Garaus zu machen. Im amerikanischen Senat wird es übrigens nicht ohne scharfe Opposition ab geben, da eine einflußreiche Gruppe von Senatoren alle AnnectionSgelüste für unpolitisch hält und gegen jede Aus dehnung des Vereinigten Staatengebietes über den Continent hinaus Front macht. Dem hat auch die Praxis der Vereinigten Staaten bisher entsprochen. Es ist daher doch noch zweifel haft, ob im Senat die zur Bestätigung des Vertrags noth- wendigr Zweidrittelmehrheit sich zusammenfinden wird. Deutsches Reich» 6. H. Berlin, 15. Juni. Da der Kaiser am Donnerstag Abend 11 Uhr Berlin verläßt und erst nach zwei Monaten wieder hierher zurückkehrt, so ist eS natürlich, daß er schwebende Angelegenheiten jetzt erledigen will. Der Kaiser reist zunächst nach Bielefeld, dann nach Köln, um der Einweihung des Denkmals für Kaiser Wilhelm I. bei zuwohnen. Am 20. Juni trifft er in Brunsbüttel ein, wo die Dacht „Hohenzollern" zur Abfahrt nach Helgoland bereit liegt. Die dort bevorstehenden Wettfahrten werden den Kaiser einige Tage auf seiner Dacht vor Helgoland fest halten. Dann wird die Nordlanvreise angetreten. Der Tag hierfür steht noch nicht fest. Am 5. August ist der Kaiser wieder in Kiel und am 6. August — die entgegen gesetzten Meldungen sind falsch — reist er nach Rußland, um den Besuch des Zaren Nicolaus zu erwidern. Es ist noch nicht definitiv entschieden, ob der Land« oder Wasserwe gewählt wird. Mitte August ist die russische Reise beendet, die große Parade und die Manöver stehen dann bevor. * Berlin, 15. Juni. Der „Hannov. Courier" beschäftigt sich mit der anläßlich des Tausch-Processes durch die Blätter gegangenen Nachricht, der Kaiser habe die Einsetzung einer Commission befohlen, die neben der Reform der politischen Polizei auch „Richtschnuren für den Ver kehr der Behörden mit der Presse" aufstellen sol. Diese Ausgabe würde schon im Hinblick auf die unrichtige Würdigung, die die Presse bisher in den Augen der Regierung gefunden habe, eine schwierige sein. Die Presse werde in den Regierungskreisen überwiegend noch als ein notbwendigeS Uebel an gesehen, mit dem man sich — leider — abfinden müßte, dessen freie Entwickelung niederzuhalten aber ein Postulat hoher Staatsweisheit sei, und zu dem man höchstens unter dem Schleier tiefsten Geheimnisses in Beziehung trete, da eS sich in dieser sündhaften Welt nun einmal nicht ver meiden lasse. Die selbstverständliche Folge sei natürlich, daß auch die Presse Beziehungen zur Regierung als ein „puäeuckum" betrachtet, und daß auch in der öffentlichen Meinung Beziehungen eines Blattes zur Regierung, wenn sie sich auch nur auf daS Bemühen beschränken, authentische Nachrichten zu erhalten, von vornherein verdächtig erscheinen. „Der be dauerliche Mangel des richtigen Verständnisses für die Be deutung und die Aufgaben der Presse würde zweifellos auch in der oben erwähnten „Commission" ernsthafte Ergebnisse verhindern. Man würde sich schwerlich zu der Erkenntmß ausraffen, daß die unleugbaren schlimmen Auswüchse in der deutschen Presse mindestens zu einem beträchl- ichen Theil der verkehrten Stellungnahme der Regie- rungSkreise zur Presse und zur öffentlichen Meinung iberhaupt ihre Entstehung verdanken. Die über triebene Geheimnißkrämerei in Dingen von öffentlichem Interesse hat auch aus politischem Gebiete erst das Entstehen einer SensationSprefsr ermöglicht, in der Subjecte wie Normann-Schumann und Lützow ihr Wesen treiben können. Die Verweigerung der Anerkennung der Presse als eines be rechtigten MachtfactorS bat zwischen Regierung und Presse ein fast grundsätzliches Mißtrauen hervorgerufen, da- auch da, wo sachlich begründete Gegensätze nicht vorhanden sind, ein vorurtheilSloscS Zusammenwirken in verhängnißvoller Weise erschwert." * Berlin, 15. Juni. Am 12. dS. tagte die Genoffen- chastS-Versammlung der See-BerufSgenossrnschaft in Lübeck, wo wichtige Beschlüsse auf dem Gebiete der Unfall verhütungsvorschriften gefaßt wurden. Daran schloß sich ein Ausflug in die „holsteinische Schweiz", wo nach einem Hoch aus den Präsidenten des ReichS-VersicherungSamtS )r. Bödiker die Absendung des nachstehenden Telegramms an ihn beschlossen wurde: „Dem bewahrten Organisator, welcher die erhabenen Gedanken der kaiserlichen Botschaft in die Wirklichkeit zu übertragen ver- landen, welcher, dem inneren Frieden zur Förderung, dem AuS- lande zur Bewunderung und Nacheiferung, die socialpolitische Gesetz- gebung durchsührte, das Vertrauen der Arbeitgeber in gleichem Maße wie der Arbeiter genießt, und dessen Rath und Autorität zur weitern Wirksamkeit aus dem Gebiete der Arbeitervrrsicherung den Männern der Praxis nicht entbehrlich ist, widmet freundlichen Gruß und die Versicherung treuer Anhänglichkeit die zur elften ordent lichen GenossenschastS-Bersammlung in Lübeck versammelt» Srr- Berufsgenos je n schäft." Hierauf lief folgende Antwort bei der See-BerufS- genossenschaft in Hamburg rin: „Meinen treuen Freunden Dank für Gruß und Vertrauens- beweis. Die See-Beruisgrnossenschaft, immer voran in loyaler, den Versicherten günstiger Ausführung des Gesetze-, von keiner andern übertroffen in dem ernsten Bemühen, durch Ausstellung und Durchführung stet- besserer Unsallverhütungsvorschristen das Leben der ihren Betrieben anvertrauten Personen zu schützen, und bahn brechend wirkend in dem zähen Bemühen, auch sür die Witwen und Waisen ihrer Versicherten eine erweiterte Fürsorge eintreten zu lassen, diese vortreffliche Berufsgenossenschaft, sie lebe hoch! Bödiker." — PrinzHeinrich überbringt, dem „B. L.-A." zufolge, dem englischen Marineminister eine vom Kaiser Wilhelm entworfene Tabelle der englischen Kreuzer flotte. — Die vereinigten Ausschüsse de- Bunde-rat Hs für Zoll- und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse sür Zoll- und Steuerwesen und für Elsaß- Lothringen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen. — Die ,Kreuz-Ztg." richtet die Mahnung an ihre Ge sinnungsgenossen, ihr „altes Interesse" am deutschen Hand werk durch vollzähliges Erscheinen bei der dritten Berathung der Handwerkervorlage von Neuem zu beweisen. — Gutem Vernehmen der „Hamb. Corr." nach soll der Fortbestand der in finanzielle Nölhe gerathenen „Zeit" deS Pfarrer- Naumann jetzt gesichert sein. — An amtlicher Stelle ist von der hierher gelangten Meldung, HenvrikWittboi sei gestorben, nicht- bekannt. — Eine neue Polizeiverorvnung gegen die Sing- fpielhallen und Chantant- soll, einerLocalcorrespondenz zufolge, am 1. October d. I. in Kraft treten. Mit diesem Termin dürfte wohl mehr als die Hälfte der „Specialitäten" aus Berlin verschwinden. Die Forderung deS Polizeipräsi diums gebt angeblich dahin, daß die sämmtlichen Inhaber von Singspielhallen und Chantants Theaterconcessioncn erwerben: diejenigen Etablissements, deren Besitzer sich bis zum 1. October d. I. nicht im Besitze solcher Concessioa be finden, werden geschloffen. — Eine statistische Uebersicht, sür die heute zusammen getretene Berliner Stadtsynode angefertigt, giebt an, daß am 2. December 1895 in Berlin gezählt worden sind: 1 426 591 Evangelische, einschließlich Sectirer, 154 970 Römisch- Katholische, einschließlich Allkatholische, 393 Griechisch- Katholische, 6630 Dissidenten, Deutsch-Katholische und Frei religiöse, 86121 Juden, 2596 Angehörige anderer Religionen. — Die „Zeit" behauptet, Prinz Alexander Hohen lohe babe kürzlich in einem größeren Kreise von Officieren geäußert, sein Vater, der Reichskanzler, werde sich in diesem Herbst in daS Privatleben zurückziehen. — Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein ist aus Primkenau hier eingetroffen. — Die Kronprinzessin von Schweden hat mit ihren Söhnen gestern Abend Berlin verlassen, um sich nach Stockholm zu begeben. — Graf v. Hohenau, Major und etatsmäßiger Stabsofficier des Regiment» der Gardes du Corps, ist unter Belassung in diesem Verhältniß zum Flügeladjutante« d»S Kaisers ernannt worden. Graf v. Hohenau ist rin Sohn des Prinzen Albrecht (Vater) an drsten morganatischer Ehe mit der Tochter des General» und späteren Krieg-minister» v. Rauch, die 1853 zur Gräfin v. Hohenau erhoben wurde. Sei» jüngerer Bruder, der in der Kotze-Affaire viel genannt worden ist, Rittmeister Friedrich Graf v. Hohenau, stand früher kurze Zeit beim I. Äarde-Dragonrr-Rrgiment und ist jetzt zur Grsandtschast nach DrrSden commaudirt. * Erefeltz, 14. Juni. Der preußische CultuS Minister genehmigte eine weitere Niederlassung von Franzis kanerschwestern zur Ausübung der ambulanten Kranken pflege. Gleichzeitig ist ihnen gestattet, in dieser Niederlassung die Pflege und Unterweisung noch nicht schulpflichtiger Kinder und desgleichen nicht mehr schulpflichtiger Mädchen zu be sorgen. — Wenn der Minister auch noch so sehr den Wünschen deS CentrumS entgegenkommt, dasselbe wird doch bei der Berathung de- CultuSetatS immer wieder Klagen und Be- chwerden Vorbringen, da daS künstlich hervorgerufene und orgsam genährte Gefühl, ungleich und ungerecht behandelt u werden, das einzige Band ist, das die auSeinanderstrebenden Massen der CentrumSwähler zusammenhält. * Cassel, 15. Juni. Die 38. deutsche Jngenieurver- ammluna schickte ein BegrüßungStelegramm an den Fürsten BiSmarck. * Halle a. S., 14. Juni. In der „Kreuzztg." lesen wir: Die Nachricht, Laß der Landesökonomieralh v. Mendel- SteinfelS die Beleidigungsklage gegen einige Mitglieder deS früheren Börsenvorstandes in Halle zurückgezogen haben soll, ist unwahr. Der bereits anberaumte Verhandlungstermin ist vom Gerichte lediglich auS dem Grunde vertagt worden, damit der Richter Zeit hat, sich mit dem umfangreichen Material, das von dem juristischen Vertreter deS Herrn v. Mendel neuerdings zu den Acten gebracht worden ist, bekannt zu machen. Der neue Verhand lungstermin wird voraussichtlich schon in allernächster Zeit anberaumt werden. (Wir hatten aus dem „B. C." die Mit- tbeilung übernommen, daß Herr v. Mendel-SteinfelS die Beleidigungsklage gegen Mitglieder der früheren Stettiner Börse zurückgezogen habe. Ned. d. „L. T") * Eisenach, 14. Juni. Die unter A. D. C. vereinigten deutschen Burschenschafter, die früher schon dem deutschen Scbulverein beigetreten, haben auf ihrem diesjährigen Congreß beschlossen, auch dem Alldeutschen Verband, der Deut schen Colonialgesellschaft, dem Verein zum Schutze des DeutschthumS in den Ostmarken, sowie dem Deutschen Verein für Nordschleswig beizutreten. -7- Altenburg, 15. Juni. Herzog Ernst reiste heute Nachmittag auf daS Jagdschloß Hummelshain, um daselbst während deS Sommers zu verbleiben. * VreSlau, 15. Juni. Heute wurde gegen den Studiosus Thiele vor der Strafkammer des hiesigen Landgerichts ver bandelt, der vor drei Monaten den Studiosus Opitz, den Sohn eine» Schweidnitzer Pastors, bei einer Schläger mensur getödtet batte. Thiele wurde lediglich wegen Zwei kampfes zu vier Monaten Festung verurtheilt; als Tod de» Opitz wurde unglücklicher Zufall angegeben, an welchem der Angeklagte kein Verschulden trage. (B. T.) * Coburg, 15. Juni. Dem kiesigen Einzellandtage sind zugegangen: Vorlagen, betreffend den Domänenetat, die Vereinigung deS Schulreserats des hiesigen Ministeriums mit der Schulinspection, die Aushebung deS Chauffeegeldes und die Aufbesserung der Besoldung der Geistlichen, sowie der Wittwen- nnd Waisenpension der StaatSdiener. * Wiesbaden, 14. Juni. Die streikenden Maurer haben sich mit den ihnen von den Arbeitgebern gestellten Bedingungen einverstanden erklärt. Die Arbeit wird demnach morgen früh auf den meisten Bauten wieder aus genommen. * Darmstadt, 15. Juni. Bürgermeister Köhler wurde einstimmig als nationalliberaler Landtagsabgeordneter an Stelle WolfSkehlS gewählt. (F. Z.) * Neustadt (Hardt), 16. Juni. Infolge grober Aus schreitungen ausständiger Maurer gegen arbeitende Kameraden beschlossen die hiesigen Maurermeister, ihre Betriebe von morgen Abend bis auf Weiteres zu schließen. (Köln. Z.) * München, 15. Juni. Dem Bericht über die erste General versammlung des VolkShochschulvereinS München ent- nebmen wir Folgendes: Mit ganz verschwindenden Ausnahmen war der Besuch der einzelnen Vorträge rin überraschend guter. In einzelnen Cursen waren stets alle Sitzplätze besetzt; außerdem stand noch eine be trächtliche Zahl. Alle Vortragenden erklären, eine Zuhörerschaft gesunden zu haben, wie sie sich bester niemals wünschen könnten. Weniger befriedigend zeigt sich der Stand der Finanzen des Vereins. Allerdings verfügt derselbe zur Zeit über rin Vermögen von 5108,84^ Allein dieser günstige Stand beruht nur darauf, daß verschiedene lehrende Mitglieder auf ihr BortragShonorar verzichtet haben, und trotz dieses Verzicht» ist eS nöthig gewesen, das auS einmaligen Zuwendungen von fördernden Mitgliedern und Gönnern erwachsene Capital- vermögen des Verein» anzugreisrn. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Beiträge, welche der Verein von den Hörern verlangt, zu niedrig bemessen sind. Unter Berücksichtigung aller Ermäßigungen stellen sich diese Beiträge auf wenig mehr als zehn Pfennige pro Vortragsstuude im Durchschnitt. Da S nicht al» da- Normal» angesehen werden darf, da» Vortragende aus da» ihnen zukoinmendr Honorar verzichten, e» vielmehr im Interesse de» Berrin» gelegen ist, daß jeder Vortragende ein Entgelt erhalte, dürft» sich daher schon für da» zweite Berein-jahr dir Nothwendigkeit «rgrben, di» Beiträge der Hörer nicht unbeträchtlich zu erhöhen. Auch erscheint «ine Zunahme der fördernden Mitglieder de- Verein» al- sehr wünschen»- wrrth. Die Zahl derselben betrug z. A. nur 67. Die einmaligen Leistungen derjeben betragen 4451 wovon 3000 aus drei Gönner deS Verein» salleo; die wiederkrhrenden Jahres beiträge der fördernden Mitglieder betragen 692. Die Fürsorge sür die Steigerung der BereinSrinnahmrn scheint um so dringlicher angesichts der nothwendigen Erweiterung der Verein», thätigkrit. Da dir staatlichen Institute der Lehrthätigkeit de» Verein nicht zur Verfügung gestellt worden sind, ist es dem Verein bisher nicht möglich gewesen, physikalische, chemische und andere naturwissen- schastliche, sowie technische Bortragscurse zu halten. Nach diesen besonders besteht ein dringende- Verlangen selten« de» Publicum-, Ter Vorstand hat, um sie zu ermöglichen, rin sehr geeigneter Local in der Augustenstraße — daS frühere Universum — gemiethet. Da«, selbe faßt über 500 Zuhörer, enthält ein Theater, da- zur Vornahme von Demonstrationen sehr geeignet ist, bietet dir nöthigen Neben« räume, und ist, an der Ringbahn gelegen, für die Bewohner aller Stodttheile leicht zugänglich. Durch die Miethe diese- Local- sowie durch die Kosten, welche die Beschaffung der für die Vorträge benvthigten Instrumente und Materialien verursacht, werden die Ausgaben deS Vereins erheblich gesteigert. Der Verein ist aber dadurch in dir Lage gesetzt, naturwissenschaftliche Vorträge, die er bisher nicht halten lasten konnte, halten zu können, so wie auch seine übrigen Vorträge nunmehr in seinen eigenen Räumen zu halten. Er ist dadurch in jeder Beziehung unabhängig geworden. Diese Bortheile sind die zu bringenden Opfer wohl werth. Immerhin ist das, waS nunmehr aufgebracht werden muß, recht beträchtlich. Frankreich. Befestigung von Nancy; Bank von Frankreich. * Parts, 15. Juni. Die Generale Saussier und BoiSLeffre sind heute Vormittag in Begleitung zahlreicher GeneralstabSossiciere nach Nancy abgereist. * Part», 15. Juni. Die Deputirtrnkammer setzte heute di» Berathung der Vorlage betreffend die Bank von Frankreich fort und nahm mit 303 gegen 230 Stimmen einen Abänderungs- antrag an, dahin lautend, daß die Stellung deS Gouverneur- der Bank nicht mit einem gesetzgeberischen Mandat vereinigt werden dürfe. Der Finanzminister Cochery hatte sich gegen diesen Unter antrag ausgesprochen. Italien. Marinebutzget; Kreta. * Rom» 15. Juni. Deputirtrnkammer. Im Laufe der Berathung über da- Marinebudget dankte der Marine minister mehreren Vorrednern sür das Interesse, das sie sür die Marine gezeigt hätten und beglückwünichte sich zu der Be reitwilligkeit, mit der ihm viele Millionen sür di« Marine angeboten seien. Der Minister hob hervor, daß aber auch im Gegensätze hierzu Martini im Namen seiner Freunde erklärt habe, er werde nicht einen Centesimo mehr für die nationale Bertheidigung bewilligen nnd führte daun aus, die Regierung folge der goldenen Mitlclsiraße, indem sie die Forderungen sür die Marine mit der Sparsamkeit in den Finanzen in Einklang bringe. Da die Regierung eine Politik der Sammlung be folge, fuhr der Minister fort, so müßte die Stärke der Flotte den Zielen der italienischen Politik entsprechen. Kein »talie- nijches Ministerium werde jemals seine Zustimmung dazu geben können» daß die Ausgaben sür die Marine unter daS sür die Bertheidigung des Staates unerläßliche Maß herabgedrückt würden. Der Minister erinnerte daran, wie die Regierung, durch die Finanzlage dazu genöthigt, Ersparungen bei allen Zweigen der Marine während der schmerzlichen, aber un ausweichlichen Periode deS Stillstandes durchgeführt habe. Die Negierung habe es für nothwendig gehalten, seit dem verflossenen Jahre die Aufmerksamkeit der Kammer auf diesen Stand der Dinge zu lenken und aus die Nothwendigkeit eines Systemwechsels hinzuweisen. Man müsse die nöthigen Vor kehrungen treffen; es würde für die nationale Bertheidigung, wie auch für den Staatsschatz gefährlich sein, die Dinge so weit kommen zu lassen, daß von Neuem eine äußerste An strengung nothwendig werde, wie im Jahre 1874. Der Minister schlug hierauf -die Vermehrung der Ausgaben um 7Millionen sür das Gebahrungsjahr 1897/98 und von 10 Millionen sür die folgende» Gebahrungsjahre vor. Diese Vermehrung der Ausgaben sei durch die Verminderung der selben in Afrika ausgeglichen. So könne man, ohne das finanzielle Gleichgewicht zu stören, sür die unvermeidlichen Bedürfnisse der Marine Vorsorge treffen. Der Minister legte alsdann die Gründe dar, weshalb die Regierung um keinen Preis dem Gedanken einer Anleihe näher treten könne, der von dem Deputirten de Nobili Bettolo sür die außerordentlichen Ausgaben der Marine angeregt worden sei, nnd wie- die Einwendungen bezüglich der Entsendung von italienischen Matrosen nach Kreta zurück. Der Minister versicherte, die Regie- ruug sei sehr zufrieden gewesen, an der im Interesse der Kreter unternommenen Expedition theilgenommen zu Haden. (Unterbrechung eilens Jmbriani's.) Der Minister schloß mit einer Aufforderung an die Kammer, die Vorschläge der Regierung anzunehmen, um den Versal! der Marine hintanzuhalten. (Zustimmung.) Niederlande. Wablrcsultate. * Amsterdam, 15. Juni. Bis jetzt ist folgendes Ergebniß der heute zum ersten Male nach dem neuen Wahlgesetze vor genommenen Wahlen zur zweiten Kammer bekannt. Ge wählt sind 20 Katholiken, 12 Liberale, 13 protestantische noch ein Tintenfleck. Das ist daS letzte Blut deS alten Wolf, auf der rechten Seite, gerade unter dem Ohr. Er würde mich als Wilddieb erschossen haben, wenn er gekonnt hätte, Frau Bärbel. Jetzt habe ich seinen Rock, mit seinem eigenen Blutmal darauf." Bärbel schauderte zusammen, so stark sie auch war. Sie hatte Wastei gern, aber eS war ihr nicht entgangen, daß eine gewisse Grausamkeit in ihm schlummerte. „Und wie sollte der Rock des alten Freiherrn in den Trödlerladen gekommen sein?" fragte sie nach einer Pause. „Sie wissen, daß immer viel fremde Dienerschaft im Schlosse war, alles Diebsgesindel auS der Stadt. In der allgemeinen Verwirrung mag einer der fremden Diener den blutbbefleckten Nock gestohlen unv ihn für so viel verkauft haben, wie er erlangen konnte. Die Sache sieht sehr wahr scheinlich aus, sonst würde der Trödler nicht beinahe ein ganzes Jahr gewartet haben, ehe er ihn zu verkaufen ver suchte. Früher wagte er es nicht, um nicht abgefaßt zu werden." „DaS ist wahr", nickte Bärbel nachdenklich. „Ich würde die Geschickte keinem Andern erzählt haben", bemerkte Wastei, „aber da Sie alles wissen, mögen Sie auch da- noch erfahren." „Wa-, giebt eS noch etwa» mehr?" „Nichts Besonderes, außer daß die Rocktasche ein Loch hatte." „So, ein Loch? Soll ich Ihnen die Tasche ausbessern?" „Nein, ich will sie lieber lassen, wie sie ist, daS bringt mir vielleicht wieder Glück, auch ist eS so bequem, wenn ick etwas zwischen dem Sammet und dem Futter verstecken will." „DaS ist wahr." „Es kann etwa- sehr lange zwischen dem Sammet und dem Futter eine» Rocke- im Trödlerladen liegen. Zum Beispiel ein Brief —." Bärbel erschrak und sah Wastei gespannt an. „Eine Botschaft von dem todten Wolf würde die Taufe deS Enkels nickt fröhlicher machen", fuhr der Bursche fort. „Was wollen Sie mit dem Briefe machen?"' fragte Bärbel ängstlich. „Ihn verbrennen oder Ihnen geben, wa» Ihnen an genehm ist." „Haben Sie ihn gelesen?" „Ick kann Geschriebenes nickt gut lesen, auch ist der Brief versiegelt. Ein große- G habe ich jedenfalls in der Aufschrift unterschieden. Sie sehen, e» ist noch mehr da al ber Fleck auf dem Kragen, der mir verräth, wem der Rock gehört hat." „ES ist wahr, daß der Herr Baron immer erwartete, einen Brief von seinem Vater zu finden." „Möchten Sie den Brief haben?" „Ja, ich würde ihn an einem sicheren Ort verwahren. In zehn Jahren, wenn der Kummer um seine Eltern nicht mehr von Neuem erweckt werden kann, dürfte eS dem Herrn Baron lieb sein, zu wissen, daß sein Vater an ihn dachte." „ES wäre bester, den Brief zu verbrennen", rieth Wastei, eine Streichholzschachtel hervorziehend und in der Tasche nach dem Briefe suchend. „DaS scheint mir doch nicht so ganz richtig", meinte Bärbel, „und dann ist auch zu bedenken, daß der Brief weder mir noch Ihnen gehört." „Ich kaufte ihn mit dem Rock, und kann ihn verbrennen, wenn eS mir so paßt." „Natürlich", erwiderte Bärbel unbewegt. „Wenn Sie ihn haben wollen, hier ist er, aber hüten Sie sich, die heutige Festfreude damit zu verderben, Frau Bärbel." Bärbel nahm den Brief mit scheinbarer Gleichgiltigkeit in Empfang und prüfte die Aufschrift. „Ist eS so, wie ich dachte?" fragte Wastei. „An meinen Sohn Greif", stebt hier. „Nicht- weiter? Nun, der Teufel hatte e- wohl eilig und ließ dem alten Wolf keine Zeit mehr. Grüß' Gott, Frau Bärbel." Bärbel fiel eS nicht ein, daß der Brief etwa- andere- enthalten könnte al» ein zärtliche- Lebewohl. Die Baronin batte niemals von der Tragödie in Greifenstein vertraulich mit ihr gesprochen, und sie zweifelte nickt daran, daß die Ueberlebenden über die Ursache der Katastrophe unterrichtet waren, wenn sie auch für gut fanden, sie geheim zu halten. Hilda hatte Bärbel in der That erzählt, daß der arme Greif kein letzte- Liebe-wort von seinem Vater empfangen hatte. Bärbel trug den Brief in ihr eigene- Zimmer und legte ibn in ein Holrkästcken zu ihren theuersten Besitzthümern, den wenigen Andenken, die ihr von ihrem Manne geblieben waren. Sie war noch nicht mit fick einig, wann und wem sie den Brief übergeben sollte, und würde gern Jemand über die Angelegenheit zu Rathe gezogen haben. Die klügste Person im Hause war Rex, aber aus verschiedenen Gründen mochte sie nickt zu ihm gehen. Er war da» einzig« Mitglied der Familie, da- sie nicht schon seit vielen Jahren kannte, dann war es ihr unmöglich, sich an seine Augen und ihr ausdrucks lose- Starren zu gewöhnen, und sie konnte sich nicht denken, daß ein Mann, der beinahe wie blind auSsah und doch alle- so viel bester durchschaute als andere Leute, wirklich gut und ehrlich sein sollte. Bärbel blieb noch die Wahl zwischen der Baronin und Hilda. Sie entschied sich für Hilda, der gegenüber sie sich freier und unbefangener fühlte und die unter ihren Augen, von ihr gepflegt und behütet, herangewachsen war und in ihr mehr eine Freundin als eine Dienerin sah, während die Baronin bei aller Güte für daS arme Geschöpf, dem sie so viel Dank schuldig war, sich doch niemals so weit über den StandeSunterschied hinwezzusetzen vermochte, mit Bärbel ver traulich über Familienangelegenheiten zu sprechen. Diese Er wägung bestimmte Bärbel endlich, sich mit dem Briefe an Hilda zu wenden. Die Taufe sollte in der herkömmlichen Weise und mit dem gebührenden Prunk gefeiert werden. Da der erste Jahrestag der Hochzeit Greif'- und Hilda'S nicht fern war, wurde dieser zu der Feier erwählt, an dem der Erbe von Wilden berg einen Namen erhalten sollte. „Nenne ihn Greif, nach seinem Vater", schlug die Baronin ihrer Tochter vor. „Er bat Helle blaue Augen", sagte Greif, „er soll Sieg mund heißen — nach dem ersten der Wildenbergs." Und daS Kind wurde Siegmund getauft. Rex würde vorgezogen haben, den festlichen Tag in der Einsamkeit zu verleben, aber daS war nicht möglich, und er that Alle-, waS er konnte, unter den Fröhlichen ein fröh liche- Gesicht zu zeigen. Seine Bemühungen waren erfolg reich. Als er bei der Familientafel Hilda'S und de» Kinde» Gesundheit au-brachte, hielt er eine halb scherzhafte, halb ernste Rede. Jo dieser Nacht brannte bei Rex die Lampe sehr lange. Sein Schatten glitt einige Hundert Male an den Vorhängen deS offenen Fenster- vorüber. Stunde um Stunde durchmaß er mit ruhelosen Schritten sein einsame- Zimmer. Er glaubte da« Opfer einer außergewöhnlichen Sinnestäuschung zu sein, der er sich so lange widerstandslos hingegeben, bis sie von seinem ganzen Wesen Besitz genommen hatte. Wieder und wieder ging er bi- auf den Beginn seiner phantastischen Vor stellung zurück, al- er sich au- nicht- ein Liebesleben in der Vergangenheit zusammengedichtet und Hilda in seiner Ein bildung ein« Mutter gegeben hatte, die einst seine angebetete Frau gewesen sein sollte. Er verwünschte die Kindern diese» Gedankens und doch kehrte er immer wieder zu ihm zurück, um jenen süßen wehmuthvollen Frieden zu suchen, den er so oft in seinen erträumten Erinnerungen gefunden batte. Aber daS war vorüber. Die Scenen, die er geschaffen und so reizvoll auSgestattet hatte, wurden matt und verloren ihre Farbe, nur ein brennender Schmerz war ihm geblieben. Es waren erst wenige Stunden, seit er das leere GlaS an seine Lippen erhoben und den Schatten, den er so sehr geliebt, deutlich vor sich gesehen hatte. Wie war das möglich? Plötzlich durchrieselten ihn eisige Schauer, versteinert vor Grauen und Entsetzen starrte er blicklos vor sich hin. Ein Schrei der Verzweiflung entrang sich seinen Lippen. „Großer Gott im Himmel, ich liebe Hilda!" DaS war Alle-, und in dem einsamen Zimmer herrschte viele Stunden lang bange- Todesschweigen. 11. Capitel. Der Tag war hereingebrocken, al- Rex sich au» seiner Betäubung wieder aufrichtete, sich kaum bewußt, wo er sich befand, noch was geschehen war, aber mit der deutlichen Empfindung, viele Stunden in bitterer Todesqual verlebt zu haben. Der Anblick der vertrauten Gegenstäude im Zimmer rief ihm wieder die ganze Reibe von Gedanken in- Gedächtniß zurück, die seiner tiefen Erschütterung vorauS- gegangen waren. Langsam begann er wieder da- Zimmer zu durchwandern, wie er e» in der Nacht gethan hatte. E» war sür seine starke Natur eine Unmöglichkeit, für eine längere Zeitdauer in einem solchen Zustand der Nieder geschlagenheit zu verharren. Nach und nach gewann er seine volle Selbstbeherrschung wieder und sagte sich, daß unverweilt etwa- geschehen müsse. Er hatte den Schlüssel zu all' seinen phantastischen Bor stellungen und seinen wechselnden GemüthSstimmungen ge sunden, wie zu dem seltsamen Versagen seiner UnterhaltungS- gabe in Hilda'S Gegenwart. Er liebte seine» Bruder» Frau, da» war ihm klar, und er suchte nach einem Hilfsmittel wie gegen «ine schwere Krankheit. (Fortsetzung folgt.)
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