02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970714027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897071402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897071402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-07
- Tag1897-07-14
- Monat1897-07
- Jahr1897
-
-
-
5202
-
5203
-
5204
-
5205
-
5206
-
5207
-
5208
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
s. »25, IS«, IIS, 259,— 236 50 57,80 752,— I-Lvtiso 3204 m Lull 8t. k>r. k'sst. 227.30 162.20 114.30 145.60 3141, 810.— 160,— 167,— a IvotSll iLLrso dr. olltLll Uiso lM klätrs 'scüssl 184 60 187,— ISO,— 191,50 21, 566,— 557,— Ltisa -Oamm ->t. 5 0. ckitset. x. 8»ok »t lllioll r>l. L») >15 II« Sil. »br. >ri>l >rk. »o. >r. >dr. k.^ Vonr» 153,— 5, 89.— U. 108,— d,0. 103,— 6. 103,— 0. 524,— 0. IIS,— » in >dr. sa I 23,20 :oot I — »io iso toll ir»<I. 8 o»s ilvotso —,— 80,— 0. 86,50 8. 58,— 6- 109,50 S. 107,— L. 172,— 0. 200,— 6. 118,— d,S. 80,— 0 189,75 U. 126,— 0. 137,25 8. lSI,— L 230,— 0. 122.— 159.50 99.05 58.70 119,55 47,60 9,52 58.71 1,2V-» 113.50 263,— krsuaä- , Llootso Isb- 482,— tt» «Io «oot lik.-kr.! 101,70 ttitSL«». 267,50 osoait 207,—. kuUjx. s s vsr rudix. «soaäsrs U«r- !»st liLllci 113. ä, Lrss KUä Millss — rtux. Llli. 85-^ 63>l« 22'^ 97 LS-., 4-!, 2-U nsllssts» 1001, ldix, »bs- 5s »t. »eiüe I 67-^ ml ! — i 27»,. t.-s.-s Uod. k. l.« isv.8. mmrr tr.Lsi. 469 667 567 403 478 645 32. lor. ll.^ol. . So. lrsvts llellr. 5ml. md-kr »oiüe ?rioi. l-.-kr. 109,75 98,90 104.40 100,90 92 60 57,80 62.50 85.50 87,20 Sostd. and. iollsld idsko >Ioa Sllt 115,60 34,25 133,10 103,80 88,30 2'l. 'p.-L.- , VIII !öLllK lOZ^SO 128,80 160.25 127.25 237,10 39,50 :tr.-X' lektr. «r«ld. sslld. >oo >8t-X 104.50 101,— 229.80 219.80 427,— 78,10 132.75 276.50 267,— 114.75 126.50 180,— 236.75 189,— 157.50 200,— 221,— 237,— 256,25 67,SO srev. Sllii dslm kroö. 8d»r. LL n. ui tsssd. »ssd. rrcksb. sselld »ssb. ioll >st»dl u»»»t. Ir. — Ix. 213,60 Kur, 215,90 I VIso -Ir. m i.-kr. iso :iüo 96,40 249,— 190,75 165,50 123.60 98,SS 159.40 177,25 184,— 186,60 1'6,50 123,— 62,60 ri«: Sokloss !0,02). «v. .0,rlotkls" o U0I41»»'', I» Bezugs-Preis Du der Hauptexvedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus- oabcsiellen abgrholt: vierteljährlich.^t4.50, bei zweiinaüger täglicher Zustellung in» HauS ./L 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. DIrecte tägliche Kreuzbandiendung in- Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-Nusgabe erscheint um '/«? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. ^e-action und Expedition: IohanneSgasse 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: ktto Klemm's Sortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 lPaulinum), LouiS Lösche, Katharinenstr. 14, pari. und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. UchMerIagMalt Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. A«zeigen.Prer- dle Sgespaltme Petitzeile 80 Pfg. Reclamen unter dem Redactionsstrich l-ge spalten) öO^j, vor den Fainilirnnachrichte« (6 gespalten) 40 Größere «chriften laut unserem Preis« verzcichniß. Tabellarischer und Ziffernfatz nach höherem Tarif. Vrtra-veilagtN (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderunzl SO.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb» Stunde früher. Anzeigen find stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig 35-1. 81. Jahrgang. Mittwoch den 14. Juli 1897. Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. Juli. Der freiconservative Herr v. Kardorff hatte in besserer, d. h. früherer, Zeit die Gewohnheit, seinen Parlamentscollegen Rickert, wenn dieser sprach, durch oppositionelle Zwischen rufe zu immer stärkerem Pathos anzufeuern. Der Zweck war, wie das ganze Haus und nicht einmal mit Unwillen erkannte, Zeitvertreib. Es scheint fast, als ob die dem einstmals munteren Parlamentarier nahestehende „Post" in Sachen der VereittSgcsctznovclle sothane Kurzweil mit gleichem Er folge gegenüber der parteiofficiösen nationalliberalcn Presse triebe. Zn zehn Tagen werden die Nationalliberalen des Preußischen Abgeordnetenhauses die tranSformirte Isx Röcke zu Boden fallen lassen, das weiß alle Welt, auch diejenige gegnerische Presse, die sich um der StimmungSmacherei willen in den grauen Mantel des Zweifels hüllt, und deshalb erscheint eS recht überflüssig, das sommerliche Sportvergnügen der „Post" durch Zurnckschlcudern ihrer Bälle zu verlängern. Bon den Stilübungen der „Nordd. Allg. Ztg." gar nicht zu reden. Nur das Auftanchcn eines Novums könnte noch etwas zu sagen geben. Ein solches wäre nicht ausgeschlossen, wenn die Münchner „Allgem. Ztg." Recht behalten sollte, die meldet, Herr vr. von Miquel solle nun der Vereinsgesetznovelle zu Hilfe kommen, er würde eS aber ohne Zweifel Lavita Älinerva thun. Letzteres glauben wir auch, sintemalen eS für einen Mann ans neuem Posten — Herr v. Miquel ist inzwischen ja Bicepräsident des Staatsministeriums geworden — nicht empfehlend ist, einer Versammlung einen Cavaver Limit ac viventem ans Herz zu legen. Immerhin dürste ein solches Debüt des Nachfolgers des Herrn v. Boetticher einen nationalliberalen Abgeordneten zu einer Rede nötbigen, die man sich Herrn v. d. Recke gegenüber im Hinblick auf die Umstände voraussichtlich schenken würde. Wir haben schon einmal erwähnt, daß zu jener Zeit, als zum letzten Male die Frage der Verlängerung des Reichs- socialistengesetzes auf der Tagesordnung stand, der damalige Oberbürgermeister von Frankfurt im Gegensätze zu seinen Parteigenossen das Fallenlassen dieses Gesetzes em pfahl, daS nicht mehr nöthig und überdies schädlich sei, weil eS die Arbeiterwelt verbittere und die versöhnende Wirkung der zu ihrem Schutze und zur Verbesserung ihrer Lage er lassenen Gesetze beeinträchtigte. Wollte nun wirklich der jetzige Vicepräsident des preußischen Staaatsministeriums für das „preußische Socialistengesetz" eintreten und es als dringend nöthig bezeichnen, so müßte er zugleich eingestehen, daß daS von ihm s. Z. empfohlene Fallenlassen deS Reichs- socialistengesetzes das Reich und Preußen in eine gefährliche Lage gebracht und er selbst sich ungleich weniger scharfsichtig erwiesen habe, als seine für die Verlängerung des nur in einigen Puncten änderungsbedürftigen Gesetzes cintretenden alten Parteifreunde. Damit aber würde er diese in aller Form zu der Erklärung berausfordern, daß ein Mann, der einen schweren und verhängnißvollen Zrrthum eingestehe, eine höchst seltsame Rolle spiele, wenn er gegen Diejenigen, die seinen Zrrthum nicht theilten und sich scharfsichtiger als er erwiesen, als der Klügere auftreten und ihnen ein Gesetz aufnöthigen wollte, über dessen verderbliche Wirkungen sie inSgesammt ebenso fest überzeugt sind, wie sie von der segensreichen Wirkung der Verlängerung des ReichSsocialistengesetzes über zeugt waren. Gern würde eine solche Erklärung, welche die Position des neuen Vicepräsidenten des preußischen Staats ministeriums nicht befestigen könnte, natürlich nicht abgegeben werden. Würde sie erzwungen, so siele die Verantwortung dem Urheber deS Zwanges zu. In einem Augenblicke, wo der Berliner Pro ducken- börsenkrieg es zweifelhaft erscheinen läßt, ob ein großer Theil der deutschen Landwirthe die durch die Lage des Welt marktes bedingten, ohnehin noch niedrigen Preise für seine Erzeugnisse erzielt, signalisirt die „Köln. Ztg." eine neue ernste Gefahr für den Wettbewerb der Landwtrth- schast und der Müllerei auf heimischem Boden. Dem rhei nischen Blatt wird nämlich geschrieben: „Nach Len Zahlen der amtlichen Statistik sieht die Einfuhr amerikanischen Mehls nach Deutschland an dritter Stelle: 1896 sind 61 688 Doppelcentner, von Januar bi- Mai 1897 16 222 Doppel- centner Mehl von Amerika elngefiihrt worden. Die Mengen sind also bedeutend genug, daß auch uns ein Vorgang interessiren muß, der im Ursprungslande lebhaft besprochen wird. Die Vermischung deS Weizenmehls mit Maismehl scheint in Amerika eine ganz be- trächtliche Ausdehnung gewonnen zu haben, so daß sich die ehrlichen Elemente nur mühsam gegen diesen „unlautern Wettbewerb" wehren können. In Nr. 25 des „Weekly North-Western Miller" vom 18. Juni ist ein Bericht abgedruckt, Len ein Mühlenbrsitzer aus St. Louis, F. E. Kauffmann, über diese Angelegenheit sowohl dem Nationalverbande amerikanischer Müller, als auch der Bereini gung von Winterweizenmüllern des SüdwestcnS erstattet hat und der rin scharfe- Licht auf diese Manipulationen wirft. Der Inhalt ist kurz folgender: Die Höhe des WeizenpreiseS bei niedrigem Mais preise habe während der letzten zwei Jahre veranlaßt, daß gewal- tige Mengen einer Mischung von Weizenmehl und Maismehl auf den Markt geworfen worden seien. Anfangs hätten es nur einige wenige, skrupellose Müller gethan; aber dann habe sich da- Ber- fahren so rasch verbreitet, daß eine große Zahl von Müllern ganz gegen ihre Neigung zur Nachahmung gezwungen worden seien, wenn anders sie nicht ihre Mühlen hätten stillstehcn lasten wollen. Zeit- weilig sei sogar der Maispreis ausschlaggebend für den Preis von Weizenmehl gewesen. Die Mischung werde in den Verbrauch stets als reines Weizenmehl gebracht und häufig sogar unter den gewöhnlichen Mühlenmarken; sie sei von schöner Farbe und in heißem Brod und Biscuit nur dem Sachverständigen erkenntlich. Der Preis, den der Abnehmer zahlen müsse, entspreche daher nie dem inner» Werth; es sei gemeiner Betrug. Kauffmann warnt ein- dringlich vor den Gefahren, denen die amerikanische Mühlenindustrie sich aussetze, wenn sie diesem Verfahren nicht nachdrücklichst ent gegentrete. Er weist daraus hin, daß das Ausland sich gegen die Einfuhr dieses verfälschten Zeuges thatkräftig wehren würde; er beklagt die Denioralisirung, die bei noch weiterer Verbreitung un ausbleiblich eintreten werde, und findet kaum Worte, die ihm scharf genug sind, dieses gemeine und gefährliche Verfahren zu kennzeichnen. Es muß in der That schon weit um sich gegriffen haben, wenn in Lieser Weise öffentlich von Interessenten in Amerika über das Vor- gehen gesprochen wird. Und aus den Aeußerungen Kaufsmann's geht auch hervor, daß diese minderwerthige Mischung ins Ausland ausgeführt wird. Wie viel Tausende von Doppelcentnern mögen wohl in den von Amerika aus als Weizenmehl eingeführten Mengen gewesen sein! Jedenfalls heißt es jetzt scharf auspassen, Laß nicht auch unser Publicum mit dieser Mischung betrogen werde und Laß nicht auch unsere Mühlenindustrie durch das Unterbieten der Amen- kaner in Schach gesetzt werde. Die Lage wird immer kritischer. Aus der einen Seit« der Wettbewerb der französischen mit dem unlautern Mittel einer versteckten Ausfuhrprämie arbeitenden Mühlen, auf der andern Seite diese betrügerischen Manipulationen zahl reicher Amerikaner, die in In- und Ausland unseren Mühlen Len Absatz streitig machen." Wir theilten kürzlich eine in den „Hamb. Nachr." ab gedruckte Zuschrift aus Wien mit, in der über die AgitationS- weise der Drutschösterrcicher gegen das System vaScnt, ins besondere über die Verbrüderungszüge ins deutsche Reich und über einige auf dem Commerse deS Alldeutschen VerbandstageS m Leipzig gehaltene Reden unter Be rufung auf den Fürsten Bismarck Beschwerde erhoben und den Deutschösterreichern der Vorwurf gemacht wurde, ihre Agitation richte sich gegen die eigene Dynastie. Wir knüpften an die Wiedergabe der Zuschrift sofort eine Zurückweisung der in diesen Beschwerden enthaltenen Ueber- treibungen und Ungehörigkeiten, glauben aber nochmals auf sie zurückkommen zu sollen, weil sich inzwischen herausgestellt hat, daß dieZuschrifr, wenn auch nicht auf den Grafen Badeni selbst, so doch auf einen seiner journalistischen Bediensteten zurück- zusührcn ist und also nichts Anderes bedeutet, als eine Flucht des selben Mannes, der den Deutschösterreichern ihre Züge über die Grenze so sehr verübelt, nach Friedrichsruh zu demselben Bismarck, den bei anderen Gelegenheiten die Wiener Officiösen als den „Feind Oesterreichs", den „Mann der Stoß-ins- Herz-Politik" anschwärzen und verdächtigen müssen. Diese Entdeckung wird begreiflicherweise gegen den unseligen Politiker, dessen Brutalität nur von seiner Ungeschicklichkeit übertroffen zu werden scheint, weidlich auSgebeutet. Besonders scharf, aber auch besonders treffend, geschieht dies in einem Artikel der „Ostd. Rndsch.", in dem es heißt: „Was sagt denn die ganze, so jämmerlich mißglückte Komödie eigentlich? Graf Badeni, der zuerst mit vr. Lueger Frieden schloß, um — leider ohne Erfolg — dessen Heerbann gegen die deutschnationale Obstruction Hetzen zu können, der sich jedeSmal tapfer hinter die Krone steckte, wenn ihm die geeinten Deutschen wegen irgend eines sarmatischen Gewaltstreichs allzuhart zusetzten, er, diese Caricatur eines führenden Geistes, weiß sich in seiner lieben Noth schon gar nicht mehr anders zu helfen, als — selber ins Reich nach Friedrichsruh zu gehen und — hilf was helfen kann — die Autorität des „abgethenen" Altreichskanzlers gegen die wider- spänstigen Deutschen, gegen österreichische Staatsbürger anzurufen I 's kam weit mit Dir, o Casimir! So weit, Laß Du, stolzer Pole, Las höfische Compliment, das Du einst vor der deutschen Cullur machtest, nun auch thatsächlich vor dem größten lebenden Vertreter aussühren mußt. Wer hat nun im Auslande Hilfe gesucht? Tas deutsche Volk in Oesterreich, seine deutschnationalen Führer sind nicht nach Friedrichsruh, nicht nach Berlin gegangen. Offen und sreimüthig, mit ihrer ganzen Person, für jeden ihrer Schritte einstehend, sind sie hinausgezogen, blos zu ihren sächsischen Volksgenossen, nicht um Hilse zu erbitten, welche jene ja gar nicht einmal leisten könnten, nur um in den Zeiten der Noth die Gesühle der Stammverwandtschast und Gemeinbürgschast wieder aufzufrijchen. Und Gras Badeni? Schon ganz rathlos, was er diesen zum Aeußersten entschlossenen Deutschen gegenüber ansangen solle, fällt ihm der — Bismarck ein. Wenn Einer helfen kann, der muß es können! Und so ging er denn nach Friedrichsruh. Nicht persönlich, natürlich; das ist ja gar nicht nothwendig; wozu füttert man denn die theuren Preßbestien im Reptilienpark, die über den „Bruch deutscher Treue gegen den Fürsten" auf Befehl ganze Kübel tintiger KrokvdilSthränen ver gießen können; wozu gelten denn die „Hamburger Nachrichten" als das Organ, in welchem Fürst Bismarck alle Leitartikel, alle aus wärtigen (auch die Wiener) Correspondenzen verfaßt, die TageS- Neuigkeiten, den Börsentheil und womöglich, wenn er gerade Zeit hat, auch den Anzeigentheil redigirt! Nun, und so geschah denn das Unwahrscheinlichste im Lande der Unwahrscheinlichkeiten: der polnische Schlachziz mit der wallenrodistischen Moral rief den preußischen „Erbfeind Oesterreichs" zu Hilfe, um den Deutschen in Oesterreich Patriotismus zu predigen. Und der von diesem gewagten Schritte jedenfalls erhoffte Erfolg? Selbst den un möglichen Fall angenommen, Fürst Bismarck hätte die Lage in Oesterreich wirklich so arg verkannt, um in der Oppo sition der Deutschen in Oesterreich einen unmittelbaren Conflict zwischen dem Willen des deutschen Volkes und dem der Krone zu erblicken und in dieser Meinung den Deutschösterreichern rathen zu wollen, „die Beziehungen zur eigenen Dynastie zu pflegen", gegen wen würde sich der versteckte Vorwurf anders richten, als gegen diejenige Politik, die sich nach Krusten bemüht, diese Be ziehungen zu verhindern und der habsburgischen Dynastie die Deutschösterreicher zu entfremden? Ueber die Köpfe der verantwortlichen Regierung hinweg, vielleicht gar im Widerspruche zu dieser vom Kaiser ernannten und bestätigten Re gierung, giebt es im Berfassungsstaate nun einmal überhaupt keine gesetzlichen Beziehungen zwischen dem souveränen Volke und der gleichfalls souveränen, aber unverantwortlichen Krone. Was nützt alle, von den Deutschen gewiß oft genug bewiesene Sympathie für das Herrscherhaus, dessen gegenwärtiges Oberhaupt einst ausgerusen hat: „Ich bin ein deutscher Fürst!", wenn die allein verantwortliche Regierung gegen die Deutschen regiert uud sie zu einem Kampfe um ihr völklicheS Dasein zwingt? Nein, Graf Badeni mag noch so oft Len alten Kniff versuchen und die Krone wie einen schützenden Schild zwischen die Deutschen und seine kostbare Persön lichkeit schieben— die Dynastie kommt in diesem nationalen Kampfe überhaupt gar nicht in Frage. Tie Deutschen haben eifriger als irgend ein anderes Volk die Beziehungen zur Dynastie zu pflegen gesucht, sie wollen auch heute nichts Anderes, als daß der Kaiser von Oesterreich ein wirklicher deutscher Fürst sei, und bekämpfen gerade deshalb die Politik des Grafen Badeni, weil sie als eine ultramontan-slawische die Deutschen Oesterreichs hindert, ihr nie verjährbares Recht des Einflusses auf die Geschicke des Kaiserstaates auszuüben. Die Anrufung der Autorität Bisinarck's hätte also auch in diesem Falle keinen Sinn, weil sie offene Thüren einrennt. Nicht gegen die Krone, sondern gegen das System Badeni richtet sich der Ansturm der Deutschen; dieses System muß zu Falle gebracht werden, und wie es scheint, steht es mit der versuchten Roßcur, den Teufel mit Beelzebub auszutreiben, schon am Ende seiner Weisheit." Zn der französischen Kammer hat man sich an den SchwerinStagen mit der landwirtbschaftlichen Krisis beschäftigt und der Socialdemokrat Zaures hat sich weidlich gehen lassen und für die einzig seligmachende sociakistische Lehre von der Collectivität eine Lanze gebrochen. Es ist nun bemerkenswerth, daß einer der jüngeren Abgeor- neten Deschane l ihm in so scharfer und überzeugender Weise gegenübertrat, daß seine Rede auf Beschluß der Kammer in allen Gemeinden durch Maueranschlag bekannt gemacht werden Heuilletoir- Nanny Trauner. I9j Roman von C. Schroeder. Nachdruck vertotia. „Fühlst Dich am Ende gar krank?" „Aber, Onkel!" Tas Lachen, das diesen Ausruf begleitete, klang so reckt natürlich nicht, doch den Alten schien es zu beruhigen. „Na, thu', was Du nicht lassen kannst!" gestattete er, und setzte, als sich die Thür hinter ihr geschlossen batte, schmunzelnd für sich hinzu: „Jetzt nimmt sie schon ReißauS, wenn man nur von ihm spricht!" Der Wald hatte, so spät eS war, sein dickes Morgen nebelkleid eben erst abgelegt. Feuchtkalt umfing er Nanny, als sie ihn betrat. „So in den traurigen Herbst hinemzureisen!" — murmelte sie. Dann sich erinnernd: „Freilich, da unten maa's wohl noch Sommer sein!" „Fern im Süd das schöne Spanien —" flog es ihr durch den Sinn und unter ihren gesenkten Lidern schlüpften zwei Thränen hervor. Als mehr folgen wollten, drängte sie sie zurück. Zhr Kummer war eine Schmack für sie, selbst der versckwiegene Wald durfte ihn nicht sehen. Sie hatte den Blick nickt ein einziges Mal vom Boden gehoben, ihr Ziel hatte ihr nur unklar vorgesckwebt, aber plötzlich war es doch erreicht. Zn dem Gebüsch hier hatte sie einen ganzen Nachmittag verborgen gesessen und zornige Gefühle gegen den Mann gehegt, der sich pietätlos an ihrem Schlößchen vergriß. Ach! ihr Zorn von damals! Heute wäre eS ihr zum Lacken ge wesen — wenn sie nur hätte lachen können. DaS Atelier war längst vollendet. Erkerartig sprang eS an der Mauer und verdarb an der Fatzade nicht-, veränderte kaum etwas daran'. Wenn die Zeit daS hellere Grau der neuen Steine ein bischen abgetont, der Epheu sich ein Stückchen weiter emporgearbeitet hatte, dann war daS Schlößchen wieder, waS es gewesen — ein geeigneter Hintergrund für romantische Träumereien, rin würdiger Aufenthalt für edle Geschöpfe der Phantasie, und ganz wie ehemals konnte Nanny kommen und — Ach! nein, sie kam nicht mehr, sie hatte au-geträumt! Ein Wagen vor der Thür, ein offener Wagen bei der Morgenkühle! Freilich, er hatte ja Niemand, der ihn zur Vorsicht mahnte. Der Mann aus dem Bock schien ungeduldig. Zweimal schon hatte er mit der Peitsche geknallt. Die Zeit mochte wohl drängen, man mockte wohl noch mit dem Mittagszuge — Ha! Jetzt that sich die HauStbür auf. Er war es — — ach Gott! so hlaß und krank noch anzusckauen und gewiß nur sehr schlecht verwahrt gegen die Witterung! Einen Blick auf die Uhr in seiner Hand. Jetzt war er die Stufen hinunter — jetzt saß er im Wagen und jetzt — grausam, so davonzusahren! Nicht ein — nicht ein einzige- Mal den Kopf zurückzuwenden! Grausam? Gegen wen denn? Er ließ ja Niemand hinter sich, war ja allein auf der Welt, ganz allein — ach Gott! ach lieber Gott! Nanny dachte nicht mehr daran, ihren fallenden Thränen Einhalt zu thun, sie trachtete nur, daS davoneilende Gefährt im Auge zu behalten so lange wie möglich, und so batte sie sich denn — sie wußte selbst nicht wie — au« dem Gebüsch herauSaearbeitet, stand mitten auf der Landstraße, als ein belleS Lachen sie zusammenfahren machte. Da — nicht drei Schritte von ihr entfernt — hielt auf zierlickem Goldfuchs Anna von Hellhronn. „Bestes Fräulein", scherzte sie, zum Morgengruß freundlich den Kopf neigend, „ich glaube gar. Sie hegen Selbstmord gedanken, wolle» sich von den Hufen meine« Rosse« zer- stampfen lassen." „Ach nein", stammelte Nanny und machte — sich ibreS ver- weintenAntlitzeS plötzlich qualvoll bewußt — eine halbe Wendung nach dem Gebüsch hin, au« dem sie gekommen war, „ich hatte nur nichts gehört, ich —" „Sie waren so versunken in den Anblick der Baumparlie da drüben", nickte die Andere mit liebenswürdigem Lächeln. „Nun, ich gebe zu, eS ist «in Wunder, wie sick fast über Nackt der Wald so bunt gefärbt hat. Aber ein größere« Wunder ist mir denn doch soeben begegnet, ein — ich hätte bald gesagt — von den Tobten Erstandener, der sick auf Reisen bezieht!" Sie nabm mit einem raschen Seitenblick der Augen Notiz von dem glühenden Rotb, da« der armen Nanny in« Gesicht flammte, und fuhr im heitersten Plauderton fort: „Noch ein wahres Glück, daß ich nicht vom Pferde fiel vor Ueber- raschung, daß ich Fassung genug behielt, den mir gewidmeten Gruß mit Anstand zu erwidern. Ein sehr höflicher Gruß — beiläufig bemerkt — aber kühl, richtiger noch, eiskalt. Ich gehöre eben zu den Blonden, Blauäugigen, denen er nickt wohlwill, der Herr Professor, aus Gründen, die Sie vielleicht kennen werden? Doch nicht? Nun, dann setze ich sie Ihnen bei Gelegenheit einmal auseinander. Augenblicklich drängt die Zeit, der Großpapa wird rasend, wenn ich nicht zugleich mit dem Gabelfrühstück im Speisesaal erscheine. Aber — was ich noch sagen wollte — er kehrt natürlich in die Residenz zurück — Professor Flemming, meine ich?" „Er reist nach Spanien", antwortete Nanny, unfähig, ein leises Beben in ihrer Stimme zu unterdrücken. Momentan malte sich das allerunangenebmste Erstaunen in den Zügen der schönen Reiterin, dann streifte ihr Blick ein blasses, gesenktes Antlitz und im Nu hatte sie ihr» frohe Laune wieder. „Nack Spanien?" rief sie hell auflachend. „Wffsen Sie was? Dahinter steckt eine Mystisication. Nach Spanien, das ist verdolmetscht : Zu einer gewissen reizenden Spanierin. Diese reizende Spaniern aber wohnt in unserer lieben Resi denz und heißt Gräfin Zrma Wengheim!" Nanny hatte plötzlich den Kopf erhoben. Ein verständniß- loser und doch schon herzensbanger Blick flog nach der Sprecherin hin. „Sie sehen mich so erstaunt an?" lächelte diese. „Meinen, Gräfin Irma sei denn doch bekannter Weise so gut deutsch wie wir beide? Nun, ich gebe es zu, aber einmal ist sie der Welt und dem Herrn Professor Flemming doch „spanisch" gekommen, und zwar auf dem Maskenball im vorigen Winter. — Da machte sie die bezauberndste Donna Dolore- und er einen gar nicht üblen Minnesänger — goldene- Saitenspiel, wissen Sie, weiter Mantel, Barett mit wallenden Federn, düster zefaltete Stirn, hinter der Verse lauerten! So fand sie ihn in einem Winkel, zog ihn hervor, verschwand mit ibm und — blieb verschwunden, den balben Abend lang. Nächsten Tag gab eS dann in unserem Wien, daS so gerne Großstadt sein möchte und doch ewig Krähwinkel bleibt, natürlich einen allerliebsten Klatsch. Die Einen sprachen von lovs at first sigfit, die Anderen meinten, das Finden sei nur ein Wieder finden gewesen, denn di« Salome auf dem berühmten Bilde de« Professors trage doch ganz unverkennbar die Züge der schönen Gräfin. Alle waren sie der Ansicht, daß die Gesell schaft sckockirt und nur durch möglichst bald in Umlauf zu setzende Verlobungskarten wieder zu beruhigen sei. Allein —" sie zuckte mit schelmischer Miene die Achseln — „eS er schienen keine Verlobungskarten, eS sind bis auf den heutigen Tag keine erschienen. Nun aber der Herr Professor, ha ha ha! — nach Spanien gereist ist, dürsen wir den täglichen Post sendungen wohl wieder mit einiger Spannung entgegensetzen — meinen Sie nicht? Adieu, mein liebes Fraulein! Ich höre im Geiste den ungeduldigen Großpapa schon seinen wüthendsten Kriegsmarsch auf die Fensterscheiben trommeln. Adieu — Adieu!" Sie winkte und nickte einen fröblichen Abschiedsgruß, ver setzte ihrem Pferde mit der Reitgerte einen leichten Schlag und flog davon. Als sie jedoch um die nächste Waldecke ge bogen war und von der Landstraße aus nicht mehr gesehen werden konnte, schien die Zeit plötzlich nicht so arg mehr zu drängen. Durch einen kurzen Ruck am Zügel brachte sie ihr Thier in eine langsamere Gangart. Seelenoergnügt schaute sie sich um, mit unendlich spöttischer Betonung begann sie zu singen: „Ein Veilchen aus der Wiese stand, Gebückt in sich und unbekannt, Es war ein herzig's Veilchen. Da kam »ine junge Schäferin —" „Aber nein", unterbrach sie sich mit leisem Auflachen, „ein Maler war's ja!" „Mit leichtem Schritt und munterm Sinn —? Nicht doch, er neigt zur Melancholie!" „Ach! denkt das Veilchen, wär ich nur —" „Za, ja, so waS mag es wohl gedacht haben, das süße Ding! Sie sind ja so fürchterlich bescheiden, die Veilchen, die um Hellbronn herum sprießen, geben alles, alles hin, um nur ein Viertelstündchen glücklich zu sein! Ha ha tza! ein Viertelstündchen? Ein kleines Vierteljahrhundert hätte es auch gethan, nicht wahr, mein liebes Fräulein Trauner?" Sie machte eine halbe Wendung im Sattel, schnitt eine Grimasse nach der Richtung hin, in der sie Nanny verlassen hatte, und fuhr dann lustig fort zu singen: „Ach! aber ach! der Knabe — ha ha ha! — kam Und nicht in Acht daS Veilchen nahm —" „Halt! Die Entschuldigung dürsen wir nicht gelten lassen. Er kam ja eigens Veilchen zu suchen, der liebenswürdige Knabe, aber als er es fand, das holdeste von allen, das er ersehnt hatte die Jahre hindurck, da — gefiel «S ihm plötzlich nicht mehr. Warum? Gott weiß! viellerckt hatte ihm — etwa« den Geschmack daran verdorben. Jedenfalls hob er mit Bewußtsein den Fuß und: Ertrat das arme Veilchen, ES sank und starb und freut sich noch —
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht