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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970811024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897081102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897081102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-11
- Monat1897-08
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8882 doch so ungünstig wie möglich gewählt, denn noch sind in Konstantinopel die Drohnoten nicht vergessen, welche Bul garien wahrend des griechisch-türkischen Krieges an die Pforte gerichtet hat. Zudem bedars auch dieser Lieblingsplan der Sanction der Mächte, und an diese ist nicht zu denken. Eine osficiöse Petersburger Meldung der „Pol. Corr." betont, daß die Unabhängigkeilserklärung Bulgariens, weil sie Irritationen auf dem Balkan zur Folge haben müsse, zu den Wünschen und Grundsätzen des Petersburger CabinetS im schärf st en Gegensatz stehen würde. Dasselbe darf man von der Erhebung Makedoniens zur Autonomie sagen, denn auch dadurch würde die Ruhe auf der Balkanhalbinsel sofort auf das Bedenklichste gestört werden. Serbien würde keinen Augenblick zögern, Ein spruch zu erheben, und seine „Borrechte" geltend zu macken. So wird Fürst Ferdinand sich wohl damit begnügen müssen, vom Sultan ein recht mageres Geschenk für den 14. August mit auf die Reise zu bekommen. Der neueste englische Consularbericht über die wirth- schastliche Entwickelung Japans giebt ein über raschendes Bild von den inneren Folgen des letzten sieg reichen Krieges der Japaner. Aehnlich wie in Deutschland nach 1871 entstand unter der Einwirkung der chinesischen Kriegsentschädigung in ganz Japan eine fieberhafte industrielle Gründertbätigkeit. Im Lause von anderthalb Jahren wurden 3200 Gesellschaften für die verschiedensten wirth- schaftlichen und gewerblichen Unternehmungen begründet, wodurch auch die Zahl der Industriearbeiter und Arbei terinnen um mehrere Hunderttausend vermehrt wurde. Aber schon jetzt ist ein Drittel dieser Actiengesellschaften bankrott, oder sie gelangten überhaupt nicht zu einem lebens kräftigen Dasein. Der gejammte Consularbericht faßt sein Urtheil dabin zusammen, daß infolge dieser wahnsinnigen Gründer- thätigkeit und der dadurch berbeigrführten Ueberproduction beute bereits die denkbar schärfste wirthschaftliche Krisis in Japan herrsche. Dieselbe werde jedoch kaum zu einer Ein schränkung der Production führen, sondern bewirken, daß durch Herabsetzung der Arbeitslöhne und durch Ausdehnung des Absatzgebietes in den übrigen ostasiatischen Ländern die japanische Industrie der europäischen eine immer stärkere Concurrentin werde. Deutsches Reich. * Leipzig, 10. August. Wenn die „Berl. Pol. Nachr." bezüglich der Hochwasserschäden die Ansichten der preußischen Regierung wiedergeben, dann ist die Ansicht nicht abzuweisen, daß die preußische Regierung am liebsten der Privatwohlthät igkeit allein eS überließe, helfend einzugreifen. Die „Berl. Pol. Nachr." schreiben nämlich: „Die Verheerungen, welche das Hochwasser der letzten Julitage namentlich in Schlesien und hier wiederum vornehmlich im Regierungsbezirke Liegnitz ungerichtet hat, lassen sich all mählich einigermaßen übersehen. Die Provinzialbehördeu sind aus Grund örtlicher Ermittelungen in der Lage, wenigsten- in großen Zügen ein zuverlässiges Bild der Hochwasserschäden zu liefern. Nachdem bereits technische Commissare der Ministerien der öffent lichen Arbeiten und für Landwirthschast die am schwersten betroffenen Landstriche bereist und ihre Sachkunde den ersten Ausräumungs und Retablissementsarbeiten gewidmet hatten, ist nunmehr auch der Zeitpunct gekommen, wo die betheiligten Minister mit Nutzen persönlich die Schadensgebiete besichtigen können. Die Minister der öffentlichen Arbeiten und des Innern ge denken sich am 13. d. M. in das Ueberschwemmungsgebiet, und zwar namentlich in Len weitaus am härtesten betroffenen Regierungsbezirk Liegnitz, zu begeben. Was da- Ressort des Ministers der öffentlichen Arbeiten anlangt, so ist dasselbe, abgesehen von Eisenbahnen und anderen BrrkehrSanlagen, im Wesentlichen nur betheiligt, soweit schiffbare Flüsse in Betracht kommen. Solche sind aber bei der diesjährigen Katastrophe nur in sehr geringem Maße betheiligt. Die Katastrophe rührt in der Haupt- fache von den nicht schiffbaren Gebirgsflüssen her und beschränkt sich auf deren Gebiet. Was insbesondere di« Oder anlangt, so waren die Nachrichten über die durch diesen Strom verursachten Hoch- Wasserschäden sehr übertrieben. Der Hochwasserabfluß in dem regulirten Strome hat sich vielmehr trotz des überaus starken Zuflusses aus den Nebenflüssen ohne ernste Gefahren vollzogen. Ebenso hat die regulirtr Elbe die gewaltigen, aus Böhmen und Sachsen kommenden Hochfluthen ohne schwerere Schäden abzusühren vermochte. Bei den Eisenbahnen kommt es zunächst daraus an, überall unter wenigstens provisorischer Herstellung der beschädigten Anlagen den regelmäßigen Betrieb wieder sicherzustellen. Sobald die- ge schehen ist, wird an dir Prüfung der Frage herangetreten werden, ob und gegebenenfalls welche Aenderungen nach den Erfahrungen der jüngsten Zeit in der Linienführung, bei den Brücken, Dämmen und Wasferdurchlässen sich zur Verhütung von Hochwassergefahren al- nothwendig erwiesen haben. Nach dem Ergebniß dieser Prüfung fall die definitive Gestaltung der Bahnanlagen im UeberschwemmungS- gebiete sich vollziehen. Schoo jetzt läßt sich übersehen, daß Staat, Provinz und Kreise einen großen Theil des Schadens zu tragen haben und es kann, weil hier von einer HilfSbedürftigkrit wohl füglich nicht die Rede fein kann, daher von einem allgemeinen Nothstande nicht gesprochen werden. Daneben sind allerdings viele Privatpersonen schwer geschädigt. Insbesondere haben dieLandwirthe eines beträchtlichen Theiles de- UeberschwemmungS- aebieteS nicht nur durch den Verlust der Ernte, sondern auch durch Beschädigung der Grundstücke schwer gelitten, und eS wird iu vielen Fällen ohne beträchtliche Beihilfe der Bestand der Wirthschaft nicht zu sichern sein. Für die Verhütung augenblicklicher Nothstände ist gesorgt. Den Landräthen sind aus bereiten Fonds Mittel zur Beihilfe zur Verfügung gestellt und dir Privaiwohlthätigkeit, welche io der an- erkennenswerthesten Weise sich alsbald gezeigt hat, wird ohne Zweifel iu der Lage sein, das Ihrige zur Verhütung einiger be- drohlicher Nothstände beizutraorn, wozu freilich noch erhebliche Mittel nothwendig sind. Es ist aber fraglos, daß der Appell an den WohlthätigkeitSsinn der Bevölkerung, wie zurrst so auch ferner hin reiche Früchte tragen wird." Wir freuen uns, dem gegenüber auf die ganz andere Stellung der sächsischen Regierung Hinweisen zu können, die, wie wir in Erinnerung bringen möchten, schon am 6. August durch das „DreSd. Journ." erklären ließ: ...„Wie Staat und Gemeinden, so haben Tausende unserer Mitbürger Verluste schwerer Art erlitten. Die ent standenen Schäden sind so groß, daß neben der bereits in erfreulichster Weise sich geltend machenden Privatwohl- tbätigkeit und neben den von den Gemeinden und nach Be finden von den BezirkSverbänden zu leistenden Unterstützungen auch die Mitwirkung de- Staates zur Linderung der vor handenen Noth vielseitig erwartet wird. Diese Er wartung wird nickt getäuscht werden. Bon Seiten der Regierung, deren Vertreter von der wärmsten Theil- nah nie sür die von dem Unglück Heimgesuchten bewegt werden, sind sofort die in dieser Ricktung erforderlichen ein gehenden Erörterungen veranlaßt und die geeigneten Erwägungen gepflogen worden. Die letzteren, die ununterbrochen fortgesetzt werden, haben bisher noch nicht zu bestimmten Entschließungen führen können, weil eS zu» Zeil an sicheren Unterlagen für den Umfang der erwachsenen Schäden und der hiernach zu be messenden Mithilfe gebricht. Es darf indessen schon jetzt die Zusicherung gegeben werden, daß der Staat unter Benutzung der dem Vernehmen nach in hinreichender Höhe vorhandenen baaren Bestände seine helfende Hand wie in früheren Fällen, so auch diesmal den Betroffenen nicht versagen und sich hierzu um so eher und leichter entschließen wird, als an der nachträglichen Genehmigung der Stände zu einem derartigen Vorgehen der StaatS- regierung bei der von der LandeSvertretung in ähnlicher Lage wiederholt bethätigten hochherzigen Gesinnung nicht gezweifelt werden kann." * Berlin, 10. August. Im ReichshaushaltSetat für 1898/99 wirb sich dem Vernehmen de- „Hamb. Corr." nach eine Position befinden, welche sich auf Vas Zeichner- personal der kaiserlichen Marine bezieht. In diesem Personal, welches aus ConstructionSzeichnern, Zeichnern und Hilfszeichnern besteht, wird bekanntlich eine Organisations änderung vorgenommen. Bei dem bisherigen Verhältniß war es der Marine nicht möglich, genügend vorgebildete und leistungsfähige Zeichner in ausreichender Zahl heran zuziehen, weil die Besoldung zu gevtng und die gesellschaft liche Stellung nicht im richtigen Verhältniß zu den An forderungen war. Auch konnte dem Personal Aussicht auf feste Stellung nicht gegeben werden. Infolge dessen hatte sich schon im vorigen Jahre die Ma ineverwaltung dazu entschlossen, eine Abhilfe dahin zu schaffen, daß eine scharfe Trennung zwischen der zur Ausführung selbstständiger constructiver Arbeiten befähigte» Zeichnern und denjenigen, welche nur technische Hilfsdienste zu leisten im Stande sind, herbeigeführt wird. In die neue, völlig eigenartige Organisation des Zeichner personals für die Marine sollen Geheime ConstructionS- secretaire, ConstructionSsecretaire, technische Secretaire, tech nische Secretariats-Aspiranten und Hilfszeichner eingereibt werden. Das Maximalgehalt der obersten Stufe soll 4800 betragen. Die vier ersten Kategorien bilden Stufen, die sich nach oben ergänzen; die Hilfszeichner sind Unterbeamte, welche gegen Remuneration und auf Widerruf angestellt werden. Im Etat 1897/98 waren zunächst nur die zur ersten Grundlage der Neuorganisation benöthigten 14 Stellen für die technischen Secretariats-Aspiranten, also sür die unterste der vier zuerst genannten Kategorien, geschaffen. ES wird sich nun darum handeln, auf dem einmal ein geschlagenen Wege fortzuschreiten. Die im Etat für 1898/99 aufzustellende Position dürfte einen energischen Schritt zu der Erreichung des gesteckten Zieles darstellen. — Der „Reichsanzeiger" theilt heute den Wortlaut der Toaste mit, die bei dem Galadiner in Peterhof am Sonnabend auSgehracht wurden. Dieser Wortlaut ent- j spricht genau dem von uns in der Montag-Morgenaus gabe mitgetheilten. Es ist wohl nicht oft vorgekommcn, daß über einen Toast unseres Kaisers sofort zuverlässig be richtet wurde. — Ueber einen glücklich verlaufenen Unfall der Prinzessin Friedrich Leopold berichtet die „PotSd. Corr." Folgendes: „Am vergangenen Freitag unternahm Prinz Friedrich Leopold in Begleitung seiner Gemahlin und eines Adjutanten einen Spazierritt von Schloß Glienicke an der Pfaueninsel vorbei nach Jagdschloß Dreilinden. In der Nähe der Pfaueninsel glitt die Prinzessin plötzlich von dem Sattel ihres Pferdes herab, blieb aber mit den Füßen in den Steigbügeln hängen und konnte sich am Zaum des Pferdes so lange in der Schwebe halten, bis der schnell herbeieilende Adjutant die Prinzessin aus ihrer gefahrvollen Lage befreite." — Zu der Meldung der Zeitung „Deutschland" über Aeußerungen, die Fürst Bismarck gegenüber dem Groß herzog von Weimar gethan habe, schreibt die „Post": „Wir können dem hinzufügen, daß aus unterrichteten Kreisen unS schon vor mehreren Wochen die Mittbeilung zuging, Fürst Bismarck habe sich bei dem Besuch Sr. Hoheit des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg-Schwerin Mitte Juni, dem dann sehr bald der Besuch deS Reichs kanzler- Fürsten zu Hohenlohe und des Botschafters v. Bülow und etwas später der Sr. königl. Hoheit des GroßherzogS von Sachsen folgten, in genau demselben Sinne ausgesprochen, und daß die von verschiedenen Obrenzeugen damals gehörten und mehrmals wiederholten Abschiedsworte des Herzogs- Regenten „Tausend Dank, Durchlaucht!" und „Gott erhalte Eure Durchlaucht noch viele, viele Jahre!" nicht zum wenigsten auch der großen Freude darüber Ausdruck verleihen sollten, daß Fürst BiSmarck ihn versichert hatte, Kaiser und Reich könnten jederzeit auf seinen Rath rechnen." — Die NeichStagSersatzwahl im Kreise West- priegnitz, die durch die Ernennung des Abgeordneten v. PodbielSki zum StaatSsecretair deS Reichspostamts er forderlich geworden ist, ist auf den 29. October anberaumt worden. — Der Zollassisteut Wegner ist, wie da- „Eoloni'alblatt" meldete, an Dysenterie gestorben. Aus französischen Quellen ist zu entnehmen, daß der junge tüchtige Mann zu Wangara im Sugu- lande gestorben ist, wo er Leiter der deutschen Station war. Dort haben auch die Franzosen einen Posten errichtet. Der französische Resident daselbst hat sich deS erkrankten Wegner angenommen und dann auch für ein ehrenvolles Begräbniß gesorgt. * Aus Ostpreußen, 9. August. Eine Verhandlung vor dem Schöffengericht in Bialla gegen den der socialdemokra tischen Partei angehörenden RittergutSbesiberEbhardt- Kommorowen wegen Vergehens gegen das Vereinsgesetz ist nicht ohne Interesse. E. stand (mit fünfzig seiner Arbeiter und Arbeiterinnen) vor dem Schöffengericht unter der An klage, am 2. Mai d. I. von seinem Gute bis zu seinem Walde einen öffentlichen Umzug veranstaltet zu haben, ohne daß die polizeiliche Genehmigung dazu eingeholt wäre. Die Arbeiter waren angeklagt, daran theilgenommc» zu haben. Ebhardt hatte am 2. Mai für seine Leute ein Waldfest veran staltet, wobei diese unter Musikbegleitung in zwanglosen Gruppen nach dem Festplatze gezogen waren. Ebhardt wurde wegen Theilnahme an dem Umzuge zu 15.^ oder drei Tagen Haft verurthcilt, für ein Vergehen argen das Vereinsgesetz, welches darin liegen soll, daß er den Tapezierer, der ihm Fahne und Feuerwerk herausbrachte, einlnd, an dem Feste theilzunehmen, zu 45 oder neun Tagen Haft. Auch eine Anzahl anderer Angeklagten wurden zu Geldstrafen verurtheilt; 15 Angeklagte wurden freigesprochen, da sie unter 18 Jahren alt waren. Gegen die übrigen wurde die Sache vertagt, um neue Er mittelungen anzustellen, da ihnen nichts nachzewiesen werden konnte, andererseits aber ihren Angaben kein Glauben ge schenkt wurde. * Posen, 10. August. In dem Processe gegen den Ver leger und den verantwortlichen Redacteur deS „Goniec wielkopolSki" von Rzepecki und ZaleSki wurden heute die Angeklagten von der hiesigen Strafkammer zu je 50 Geldstrafe verurtheilt, weil auf dem Blatte ZaleSki als ver antwortlicher Redacteur verzeichnet stand, obgleich er sich um die RedactionSgeschäfte wenig gekümmert hat und hauptsäch lich in der Expedition beschäftigt war. Es sei deshalb auf dem Blatte eine falsche Angabe gemacht worden. (Schl.Ztg.) * FrtedrichSrnh, 10. August. Beim Fürsten BiSmarck ist am Sonntag Professor Schweninger eingetroffen. Zugleich mit ihm weilt Herr von Poschinger als Gast in Friedrichs- ruh. Das Befinden deS Fürsten ist vortrefflich. * Hamburg, 10. August. Der hier tagende Uhrmacher- Co ngr eß beschloß, Petitionen an den Reichstag und das Reichsamt des Innern zu richten, um den Ausschluß von Uhren und Goldwaaren vom Marktverkehr und ein Ver bot des Pfandscheinhandels zu erwirken. * Oldenburg, 10. August. Heute Morgen 4 V« Uhr wurde dem Erbgroßherzogspaar ein Prinz geboren. — Die Geburt diese- Prinzen wird mit um so größerer Freude begrüßt, als dadurch nach menschlicher Voraussicht die Gefahr eines dereinstigen Uebergangs der Regierung auf die russische Nebenlinie ferner gerückt wird. * Münster, 10. August. Zum ersten Male seit etwa 40 Jahren ist hier eine Diöcesan-Synode zusammen getreten, die drei Tage dauern wird. An derselben nehmen Theil die hohe Geistlichkeit, die Mitglieder der hiesigen theologischen Facultät, sämmtliche Pfarrer und selbstständige Rectoren, sowie die ersten geistlichen Lehrer an den höheren Lehranstalten, im Ganzen etwa 400 Mitglieder. Die Ver sammlungen sind nicht öffentlich. (Köln. Z) * Bückeburg, 9. August. DaS kürzlich auS Baden be richtete Vorgehen der badischen Staatsanwaltschaft gegen eine Berliner Zeitung, welche ein Inserat einer in Preußen gestatteten, in Baden aber nicht genehmigten Lotterie enthalten hat, steht keineswegs vereinzelt da. Vor dem Schöffengericht der preußischen Stadt Obernkirchen (Kreis Rinteln) ist kürzlich, wie wir der „Kreuzztg." ent nehmen, eine gleiche Anklage der preußischen Staatsanwalt schaft in Hannover gegen die in Bückeburg (Schaumburg- Lippe) erscheinende „Schau mb urg-Lippische Lande-- zeitung" verhandelt. Sie hat mit kostenloser Frei sprechung de- angeklagten RedacteurS geendet. Die Anklage stützte sich auf tz 2 deS preußischen Lotterie- gesetzeS vom 29. Juli 1885, nach welchem der jenige mit Geldstrafe bis zu 1500 -ck bestraft wird, welcher den Verkauf von nicht staatlich genehmigten Lotterien in Preußen betreibt, bez. als Mittelsperson beför dert. DaS Vergehen der Beförderung als Mittelsperson sollte darin gefunden werde», daß der „Schaumburg-Lippischcn LandeSzeitung" im November. 1896 Prospecte der Hamburger Staatslotterie beigelegt waren, und zwar allen Exemplaren, auch denjenigen, die von den in Preußen wohnenden Lesern der Zeitung bezogen werden. In einer auf preußischem Ge biete liegenden Gastwirthschast hatte ein Gendarm eine solche Nummer mit Beilage gesunden und Anzeige erstattet, auf Grund deren die Anklage erfolgte. In der Gerichtsverhand lung beantragte auf Grund der Verhandlung der AmtS- anwalt, Herr Bürgermeister Bethmann-Obernkirchen, Frei sprechung. Ueber die Verhandlung berichtet die „Schaumb.- Lippische LandeSzeitung": DaS Schöffengericht erkannte nach kurzer Berathung auf Freisprechung. Der Vorsitzende führte in der Begründung des Urtheils etwa auS: Das Aufnehmen von Anzeigen und Beifügen von Prospecten der Hamburger Staalslotterie sei eint in Schaumburg-Lippe straffreie Hand lung. Der Redacteur könne nicht wissen, ob und welche Exemplare der Zeitung die Post schaumburz-lippischen oder preußischen Lesern zustelle. Und wenn es ihm auch bekannt gewesen, daß die Zeitung auch in Preußen gelesen werde, so sei er nicht in der Lage, für die preußischen Abonnenten andere Zeitungen als für die Schaumburg-Lippischen zu verausgaben. Beispielsweise bestellen die Postanstallen in Obernkirchen, Sülbeck, Steinbergen u. a. in preußischen und schaumburz-lippischen Ortschaften. EineTrennungderExemplare nach der Staatsangehörigkeit der Abonnenten sei ihm also ab solut unmöglich. Ferner könne man von einem Redacteur die Kenntniß und Beachtung aller am Orte seiner Thätigkeit, am Erscheinungsorte der Zeitung, geltenden Gesetze und Be stimmungen verlangen; aber nicht zu verlangen sei die Kenntniß und Nachachlung aller aus particularen oder fis kalischen Gründen in einem andern Staate oder Orte, wo die Zeitung vielleicht ohne sein Wissen gelesen werde, gellenden Gesetze. Bei einem solchen Verlangen werde die RedactionS- thätigkeit ja zur Unmöglichkeit gemacht. Das Gericht habe deshalb auf kostenlose Freisprechung erkannt. Gleich zeitig wurden die Mitangeklagten, Lolteriecollecteur Farnow- Hamburg, der den Prospekt erließ, und Kaufmann Schröder, der die Uebersendung nach Bückeburg vermittelte, frei gesprochen, schon aus dem Grunde, weil ihnen auf Anfrage bei der Schaumburg-Lippischcn Landeszeitung die Antwort geworden, daß das Beilegen von Prospekten hier gestattet sei, sie also mindestens in gutem Glauben gehandelt hatten. * Aachen, 10. August. Der Minister bestätigte, dem „B. T." zufolge, das Urtheil gegen den Polizeicommissar Grams, welches, wie seiner Zeit mitgetheilt, auf Amts entsetzung lautete. Der Commissar hatte sich kurz nach der Brüsewitz-Affaire in einem hiesigen Local, das er mit den Worten: „Ich bin Brüsewitz II.!" betreten hatte, Amts überschreitungen zu Schulden kommen lassen. * München, 10. August. Der Kronprinz und die vier ältesten kaiserlichen Prinzen sind heute Nachmittag von Tegernsee abgereist. Sie trafen um 5 Uhr 38 Minuten in München ein und wurden auf dem Bahnhof von dem preußischen Gesandten Grafen Monts und den Herren der Gesandtschaft begrüßt, um 5 Uhr 45 Minuten fuhren sie mit dem Berliner Schnellzuge nach Berlin, bezw. Plön, weiter. Die beiden jüngsten kaiserlichen Kinder reisen heute Abend von Tegernsee über München, wo sie um 10*/r Uhr eintreffen, nach Wiihelmshöhe. Oesterreich-Ungarn. Sprachcnkampf. * Prag, 10. August. Der Stadtrath von Brüx sandte der „Politik", welche die deutschen Einwohner der Stadl als die Urheber der jüngsten Ausschreitungen bezeichnet batte, eine amtliche Berichtigung, in der die Behauptungen über Bedrohungen der Tschechen durch Deutsche als eine gröbliche Entstellung der Tbatsachen hingestelll und straf gerichtliche Schritte wegen falscher gegen vie Brüxer Polizei gerichteten Beschuldigungen Vorbehalten werden. Frankreich. Faure. * Aip-leS-BainS, 10. August. Präsident Faure ist heute Abend, nachdem er an einem von der Municipalität veranstalteten Bankette theilgenommen hatte, nach Paris abgereist. Spanien. Zum anarchistischen Mord. * Madrid, 10. August. Romero Robledo ist der Ansicht, die Conservativen hätten am Ruder zu bleiben. — In dem Augenblicke, als die Leiche CanovaS' in Zumärraga ankam, wurde dort ein Ausländer verhaftet. — Der auf die bronzene Klinke gestützt, und blickte in die frühlings duftige Luft. Da hatte er eS dicht vor sich, ein Werden, ein Wachsen wieder, aber in seinem Gemüth war kein Empfinden dafür vorhanden. Es erfüllte ihn nicht mehr mit Wonne, dieses Beobachten der sich neu schmückenden Natur. Er dachte nur an den Kreislauf der Jahreszeiten, und daß man wieder einmal im Frühling war. Er selbst sah träge und müde auS, und um seine Augen hatte er dunkle Schatten, überhaupt einen gelang weilten, mißmuthigen Zug um den kräftigen Mund und auf der hohen Stirn. Jetzt, da der Reflex deS leuchtenden Wassers und der Hellen Luft auf seinem Profil lag, welches Graf Lothar von seinem Sitz auS in die Augen faßte, fiel es diesem recht deutlich auf, daß der Fürst sehr mißmuthig dreinschaute. ES stand zu sehr im Contrast zu seinem eigenen neuen LebenSmuth, als daß er darüber hinweg konnte. Und doch fragte er sich umsonst nach dem Grunde, warum TituS' Miene so trübe war. Seine eigene wiedergewonnene Ge sundheit beherrschte ihn. Der Spaziergang hatte ihm gut gethan. Eine angenehme Müdigkeit glitt ihm durch die Glieder und mit ihr die volle Zuversicht auf einige rüstige Jahre, die ihm noch bevorstanden. Und damit sollte auch in Eberstein Leben und Freude wieder einziehen. DaS letzte Jahr hatte Trauer und Stille genug gebracht. Sie waren ja Alle gesund und im Schlosse genug Menschen, um sich gegenseitig anzuregen. Daß Renate da war und auch hier blieb, ersüllte ihn mit froher Hoffnung für die kommende Zeit. Sw war Leben, Geist und Frische. Graf Lothar dachte jetzt daran, daß er Clarissa seit zwei Tagen nicht gesehen batte. Man dinirte noch nicht wieder gemeinsam im Schlosse. „TituS, wo steckt Ihre Frau?" fragte er. Der Fürst schreckte auf. Die Frage zog ihn auS der Ge- dankenmonolonie, in der er untergegangen war. „Vorgestern war ick mit ihr zum Diner in Lang. Gestern war sie angegriffen davon und wollte heute auch lange schlafen. Sie steht gern spät auf. Ich habe sie selbst heute noch nicht fragen können, ob wir, wie verabredet, heute zu Schleiden fahren." Er brachte daS Alle- in einer einfach erklärenden Art hervor, ohne jede- Interesse an der Sache. Der Graf sah ihn eine Weile scharf an. Plötzlich sagte er laut und mit Nachdruck: „Sie gefallen mir nicht, TituS. WaS haben Sie? Mann gegen Mann." Der Fürst ging von der Thüre fort und kam zu ihm herüber. Er sah den alten Grafen ruhig an. Dann begann er mit ruhiger, klarer, offener Stimme: „Ich hätte große Lust, einige Zeit mit meiner Gemahlin nach Schwarzenburg zu gehen, wenn Sie, Graf Eberstein, die Leitung der Güter wieder selbst in die Hand nehmen können. Ich brauche nothwendig die alte Luft, in der ich aufgewachsen bin,' weil ich boffe, dadurch, daß ich sie ein- athme, wieder meine moralische Kraft zurückzugewinnen." DeS Grafen Züge spannten sich, wahrend der Fürst ganz still stand, mit hängenden Armen, wie Jemand, dem nach einer Beichte das Gewissen noch schwerer war, als eS vorher gewesen, als wäre eS nun erst recht belastet von der Selbst- erkenntniß. „Ihre Ehe mit Clarissa Falkenstein ist — leer, mein junger Freund?" „Sie drückt mich zu Boden," murmelte dieser und senkte den Kopf. „In Schwarzenburg werden Sie die junge Frau nicht erziehen." „Aber mich, mich für Clarissa erziehen," entgegnete der Fürst, „und uns dadurch Beede emporheben. Sie liebt mich ja." Aber noch viel mehr liebt sie sich in dieser Liebe, er gänzte Graf Lothar in seinen Gedanken. Er hatte bei seiner langen körperlichen und geistigen Muße beobachtet und verglichen. Das Ergebniß hatte die wirkliche Zuneigung, die er für die Fürstin bis dahin gehegt, in ziemliche Gleich giltigkeit umgewandelt. Während die beiden Maner versuchten, erst in sich die Gefühle zu klären, die sie erfüllten, kam Renate über die Terrasse und trug «inen Strauß Frühlingsblumen in der Hand. Als sie der Herren ansichtig wurde, rief sie zurück: „Tante Luisa, die Herren sind hier, wir haben nicht nöthig sie im Parke zu suchen." » Nun kam mit' schwerfälliger Eile die alte Gräfin die Terrassenstufen herauf und ging zusammen mit der Nichte in den Gartensalon. Renate'-Wangen waren bochgeröthet von der Luft; auch die Gräfin sah frisch und heiter aus. „Gott sei Dank," begann sie, sich neben ihren Mann in einen der Rohrsessel, die hier umherstanden, nieder lassend. „Ihr wäret mir zu lange fort. Du darfst Dir nicht zu viel zumuthen." Sie griff nach seiner Hand, WaS ganz natürlich und un absichtlich erschien. Und doch prüfte sie sie verstohlen auf ihre Wärme und Feuchtigkeit. Sie war seinetwegen noch recht ängstlich. Er achtete nicht darauf. Ihm lag daS durch die Gegen wart der Damen unterbrochene Gespräch im Sinn, und daß es nothwendig war, daß diese nichts davon merkten, daß seine Stimmung ernster war, als vermuthet wurde. Er zwang sich zu einem Scherz. „Wir sind ganz vernünftige Leute, Titus und ich, auch ohne Aufsicht." Da schob ihm seine Nichte die Frühlingsblumen in die andere Hand. „DaS zur Belohnung für Deinen ersten AuSgang, lieber Onkel. Ich habe die Anemonen selbst gepflückt. Sind sie nicht einzig hübsch, die ersten FrühlingSkinder?" Sie neigte sich zu ihm herab, und er hob die Hand und ließ sie sacht über ihre warme Wange gleiten. Schein und Wesen! Man mußte auch einen Mädchen charakter studiren, um ihm gerecht zu werden. Weil er so viel Glück mit seiner eigenen Frau gehabt hatte, glaubte er, sie einfach alle nach ihr beurtheilen zu können. Wie hatte das Mädchen in den letzten Jahren ihren inneren Neichthum entfalten können, seitdem er aufgegeben hatte, sie nach seinem Willen zu lenken! Jetzt war sie ihm eine Tochter geworden, die sich ihm willig unterordnete aus freier Wahl. „Ich danke Dir, mein Töchterchen", sagte er zärtlich. „Zu ihrer Zartheit haben die Blumen für mich alten Mann noch den Vortheil, daß sie nicht duften. Ich lasse sie mir deshalb auch an mein Lager stellen. Geben Sie mir noch einmal Ihren Arm, TituS, ich will jetzt die Treppe hinauf in mein Zimmer gehen", wandte er sich an den Fürsten. Er stand langsam auf, während dieser von der Ecke, in die er sich beim Eintritt der Damen zurückgezogen hatte, herankam. Er mußte dabei an Renate vorbei, die lächelnd zu ihm aufschaute. „Welchen Lohn verlangen Sie nun, TituS, für Ihren treuen Beistand? Bis jetzt sind Sie über der Sorge um den Onkel sehr zu kurz gekommen". Er sog sich mit seinen Augen förmlich fest an ihrem heiteren schönen Gesicht. „Geben Sie mir auch ein paar von den einzigen Blüm chen", bat er. „Ich sehe, Sie haben einige im Gürtel stecken. Wollen Sie, oder bin ich zu anspruchsvoll?" Statt aller Antwort zog Renate die Anemonen auS dem Gürtel. Da sie dabei den Kopf herabbeugte, gewahrte der Fürst, daß eine feine Röthe über den Hals der Comtefse bis an die Haare binaufstieg. Der Fürst athmete ein paar Mal schnell hintereinander und trat von Renate fort. Er sah nicht die Hand, die ihm die Anemonen hinhielt, und nun diese auf das Tischchen legte, das nicht weit davon stand. Er war im Augenblick ganz Aufmerksamkeit für die Unterstützung deS Grafen Lothar, der schwer und ermüdet an seinem Arme hing und mit ihm durch den Salon zum Corridor hinausschritt. Die Gräfin schloß sich ihnen an, und als die Thür hinter ihnen zusiel, warf Renate noch einen Blick auf die unberührten Blumen und begab sich dann zur Terrasse zurück. Es ging ihr durch den Kopf, warum der Fürst zuerst um die Blumen bat und sie dann verschmähte. Sie fand eS abscheulich launenhaft, eine Eigenschaft, die man noch nicht an ihm kannte. Darum wollte sich ihr auch eine andere Erklärung aufdrängen, die sie jedoch mit aller Gewalt abwehrte. Sie war ja so thöricht, so unsinnig, so unmöglich! Rein unmöglich! Am besten war eS, sie nahm die Blumen wieder an sich und warf sie in den Teich. Sie drehte sich kurz entschlossen herum und eilte an daS Tischchen im Gartenbause zurück; sie sah sich nicht um, sondern ging gerade auf ihr Ziel loS und streckte die Hand nach den weißen Blütben auS, als eine Männerhand über sie fortlangte und gleichfalls nach den Anemonen griff. Renate ließ in jähem Schreck ihre Finger regung-loS auf der Tischplatte liegen. Die Männerhand legte sich fest darauf, und Fürst Schwarzenburg sagte jetzt mit leicht zitternder Stimme, als wäre er auch erschreckt: „Halt, Renate, das sind meine Blumen. Sie haben sie mir gegeben." „Aber Sie haben sie nicht genommen." Sie versuchte ihre Hand unter der srinigen hervor- zuzieben, sie wurde jedoch sestgehaltrn. Sie spürte kaum den Druck, al- sie sich auch schon dagegen wehrte, energisch und heftig. (Fortsetzung folgt.)
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