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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.08.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970819029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897081902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897081902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-19
- Monat1897-08
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V0H» dic Pforte fast ihre gesammte Truppenmacht in KrieaSbereft« schafl hat, aus eigenem Antriebe zu, Propaganda der Thal ge schritten sind, dürsten vielmehr kaum fehlgehen, wenn wir An stiftung von einer Seite vermuthen, welche ein Interesse daran bat, neue Verwirrung zu stiften. Fahren die Armenier fort, di« Muselmanen zu neuen blutigen Racheacten zu reizen, so dürfte «S ihnen noch furchtbarer ergehe», als vor genau einem Jahr«^ denn heute ist das muselmanische Selbstgefühl Legen damals bedeutend gewachsen. So veröffentlicht der in Konstantinopel erscheinende ofsiciöse „Sabah" einen für den Panislamis mus mit großer Wärme cintretenden Artikel, in dem ma» die Wiedergabe der im Mdiz herrschenden Ansichten und Aspirationen erblickt. Das Blatt bezeichnet es als eine Pflicht aller Muselmanen auf der ganzen Erde, dem Throne des Khalifen ergeben zu sein, da das Khalifat eine unentbehrliche Stütze des Islams bilde. Die Fahne des Islams schütze dreihundert Millionen Moha- medan er, die durch unauflösliche Bande verknüpft sein müssen, und das ottomanische Reich sei in Folge seiner politischen und territorialen Bedeutung der Richter über alle mohamedanischen Völker. Unter allen mohamedanischen Staaten, die seit vierzehn Jahrhunderten entstanden sind, habe sich nur daS ottomanische Reich erhalten, das die ganze Welt bald mit Schrecken, bald mit Bewunderung erfülle. Die Treue für daS Khalifat werde auch durch den Koran geboten. Die Anhänglichkeit für den großen Khalifen müsse umsomehr von allen Muselmanen verlangt werden, als der Sultan den Islam mit aller Kraft moralisch und materiell beschütze und als wahrer Vater der Muselmanen den Anhängern des Islams in der ganzen Welt Wohlthaten «»weise. , Deutsches Reich. * Leipzig, 19. August. Man schreibt unS: Der kürzlich vom engern Vorstand deS Bundes der Landwirthe er lassene Aufruf zu Gunsten der durch das Hochwasser ge schädigten Bundesmitglieder und Landwirthe gewährt durch die in dem Aufruf als Sammelstelleu genanuten Geschäfts stellen des Bundes einen Einblick in die Organisation des letzteren. Hiernach unterstehen der BundeScentrale in Berlin: Eine Geschäftsstelle in Posen für die Provinz Posen, eine io Königsberg i. P. für Ostpreußen, eine in Straden bet Deutsch- Eylau für Westpreußen, eine in Stettin für Pommern, eine in Schönberg i. H. für Schleswig-Holstein, eine in Braunschweig für Hannover, das Herzogthum Braunschweig, da- Großherzogthum Oldenburg und Lübeck, eine in Unna für die Rheinprovinz, West- falen und Lippe, eine in Wilhelm-Hof bei Hersseld für Hessen-Cassel und daS Fürstenthum Waldeck, eine in Dittenheim bei Windsfeld i. Ä. für das Königreich Bayern, eine in Halle a. S. für die Provinz Sachsen, die thüringischen Staaten und das Herzogthum Anhalt, eine in Frankfurt a. M. für Hessen-Nassau, das Großherzogthum Baden, die Rheinpfalz und daS Großherzogthum Hessen, eine in Freiberg t. S. für das Königreich Sachsen, eine in Schweidnitz in Sch. für Schlesien und «ine in Stuttgart für daS Königreich Württemberg. DaS ist eine über das deutsche Reich auSgebreitete Organisation, wie sie, außer bei der Socialdemokratie, bei keiner politischen Partei auch uur annähernd zu finden ist. In dem Mangel an organisirtem Widerstand ist denn auch zum Theil der äußere Erfolg deS Bundes zu erblicken, dessen Löwenantheil allerdings auf Rechnung einer von keiner Seile bestrittenen Depression im laudwirthschaftlichen Gewerbe, der zerfahrenen Verhältnisse innerhalb der Regierungen und der politischen Parteien, einer demagogischen, heute selbst von conservativer Seite al- höchst bedenklich be zeichneten Agitation und nicht zuletzt auf Rechnung reichlich vorhandener Geldmittel zu setzen ist. Es bedarf keiner besonderen Erwägung, daß die 14 Geschäftsstellen deS Bundes im Lande, welche alle von und nach der Centralstelle in Berlin rrffortiren, die festen Stützpunkte für eine Organisation und Agitation bilden, welche alle politischen Parteien ohne Aus nahme mehr oder weniger verspürt haben. Damit ist aber auch der Weg gewiesen, den zu beschreiten unseres Erachtens die politischen Parteien, besonders auch die nationalliberale Partei, nicht länger zögern dürfen. Hätte die national liberale Partei in der ersten Hälfte der siebziger Jahre vorausschauend eine auch nur annähernd genügende, das ganze Reich umfassende Organisation mit principiellen Geschäfts stellen geschaffen, sie würde die unausbleiblichen Kämpfe, die in ihrer Große wurzelten, ganz anders haben aufnehmen und durchführen können, al- das leider der Fall gewesen ist. BersäumteS läßt sich nachholen, wenn auch ein durch Ver- säumniß anaerichteter Schaden sich nie völlig au-gleichen läßt. DaS Beispiel ist gegeben: durch den Bund der Land- wirthe, durch die Socialdemokratie. WaS die nationalliberale Partei in ihrem Centralbureau und in ihren selbstständigen Geschäftsstellen in Hannover, Westfalen, den Rheinlanden, Württemberg und dem Königreich Sachsen besitzt, ist gewiß nicht zu unterschätzen, genügt aber nicht. Möchte in dieser Beziehung bald und gründlich im Reiche nachgeholfen werdenl Berlin, 18. August. Die preußische Unterrichtsver waltung hat im Verfolg der LandtagSbeschlüsse betreffs der Besoldungsreform Umfrage bei den Universitäts- Professoren gehalten, um festzustellen, wer sich dem neuen Besoldungssystem unterwerfen will und wer nicht. Be kanntlich blieb e» den beim Inkrafttreten der Neuerung schon anaestellten Professoren freigestrllt, ob sie ihre bisherigen Bezüge (feste- Gehalt uuv Collegiengelder) weiterhin behalten oder nach dem neuen System ihr Dienstemkommen aus Grundgehalt, DienstalterSzulage und der Halste der Collegiengelder zu sammengesetzt sehen wollten, wobei dann die andere Hälfte der letzteren Gelder in dir StaatScasse fließt, bezw. zu einem AuSgabefondS vereinigt wird, welcher „zu jährlichen Zuschüssen au etatSmaßige Professoren mit geringfügigen Nebenbezügen" bestimmt ist. Wie sich erwarten ließ, Haven diejenigen Lehrer, deren Einkommen zur Zeit schon höher ist, als es nach dem neuen Sustem sein würde, sich für Bei behaltung deS bisherigen Besoldung-Verfahrens erklärt. Die „Berl. Wissenschaft!. Corresp.", welche die» mittheilt, fügt hinzu, es habe anläßlich der Debatten über die Regelung der Professorengehälter nicbtS darüber verlautet, wie eS mit der Berechnung der gestundeten Collegienhonorare eingerichtet werden soll, und äußert Besorgnisse wegen einer möglicherweise bevorstehenden Erschwerung solcher Stundungen. Diese Besorg nisse erscheinen durchaus unbegründet, wie denn auch bei den LandtagSverbandluugen und -Beschlüssen die Berechnung der gestundeten Gelder geregelt ist. Die in einem Jahre buch mäßig gestundeten Honorare werden bei der Berechnung deS AntheilS an den Collegiengeldern einfach ignorirt. Hingegen werden die in demselben Jahre tatsächlich eingegangenen, in früheren Jahren gestundeten Gelder mit in Anrechnung ge bracht. Also die Verrechnung ist gesetzlich genauestens und, wie bei den Verhandlungen deö Landtags sich ergab, in all seits befriedigender Weise geordnet. Die Einrichtung der Stundung von Collegieuhonorarev bleibt von dieser Neuerung völlig unberührt. tt Berlin, 18. August. Die Berufsgenossenschaften haben dem ReichS-Versicherungsamte die RechnungSergebuisse deS JahreS 1896 übermittelt. Die dem BundeSrathe und Reichstage zu unterbreitende Zusammenstellung kann somit in Angriff genommen werden. Zum letzten Maie wird sich in dieser Zusammenstellung rin Posten befinden, der elf Jahre hindurch recht beträchtliche Beträge aufgewiesen hat, der Zuschlag zum Reservefonds. Nach dem Gesetze waren die Berufsgenossenschaften verpflichtet, die ersten elf Jahre ihrer Thätigkeit hindurch einen bestimmten Procentsatz der von ihnen gezahlten Ent schädigungen in einen Reservefonds abzuführen. Die Zinsen deS Fonds sollten ihm dann noch so lange weiter zugeschlagen werden, bis er die doppelte Höhe der JahreSausgabeu erreicht hat. Alle Berufsgenossenschaften jedoch, bei denen der Fonds schon nach Ablauf deS elften ÄahreS die gesetzlich vor geschriebene Höhe erreicht hat, sind ermächtigt, die Reserve fondszinsen zur Bestreitung laufender Ausgaben zu verwenden. Dem Reichsversicherungsamte wird nun die neue Auf gabe erwachsen, über die rechtmäßige Benutzung dieser Er mächtigung von Seiten der Berufsgenossenschaften zu wachen. Eine ganze Anzahl der letzteren hat bereits beschlossen, die Zinsen nicht weiter zuzuschlagen, sondern zur Er leichterung in der Belastung der Berufsgenossen zu ver wenden, WaS diesen jedenfalls mit Rücksicht auf die bisher von Jahr zu Jahr höher gewordenen Beiträge recht erfreulich sein wird. Die Erleichterung wird zum ersten Male für das Jahr 1897 zur Geltung kommen. Wie lange sie andauern wird, hangt von der Differenz ab, welche der jetzige Reservefondsbestand und die doppelte Jahresausgaben- summe ausweisen. Sobald der Fonds unter die gesetzliche Grenze der letzteren gelangt ist, wird mit dem Zuschlag der Zinsen wieder begonnen werden müssen. — Der Kaiser hat einen Bericht über den Umfang der Schäden in dem UeberschwemmungSgebiet eingefordert. — Der Botschafter von Bülow, beauftragt mit der Wahrnehmung der Geschäfte deS StaatSsecretairS deS Aus wärtigen Amts, der sich gestern Abend nach Cassel begeben hat, wird sich vierzehn Tage bi» nach Beendigung der Manöver dort aufhalteu und dann nach Rom gehen, um sein Abberufungsschreiben zu überreichen. — Die „Köln. Ztg." erklärt jetzt, daß die von ihr gebrachte Meldung, Fürst Hatzfeld werde durch den Fürsten Radolin und dieser durch den Gesandten vonKiderlen-Wächter ersetzt werden, „jeder Begründung entbehrt". — Die Vereinigung deutscher Kriegsveteranen hat vom Fürsten BiSmarck folgendes Schreiben erhalten: Friedrichsruh, 1ü. August 1897. Es wird mir «ine Auszeichnung sein, der Bereinigung Deutscher Kriegskameraden als Ehrenmitglied anzugehören. v. BiSmarck. — Ter unter den augenblicklichen Verhältnissen besonders wichtigen Frage des Ersatzes der durch Stromrrgulirungen, Deichanlagen und ähnliche Einrichtungen der Landwirthschaft erwachsenen Wasserschäden gedenkt die brandenburgische Landwirthschaftökammer nachdrücklich näher zu treten. — Pastor v. Bodelschwingb läßt die von unS nicht erst erwähnte Meldung, er solle zum Präsidenten des ReichSversicherungSamtS ernannt werden, für un zutreffend erklären. — In der „Post" lesen wir: „Die „Germania" belehrt unS, daß es zwei Jesuiten Namen- Pesch giebt, Tilman und Heinrich Pesch. Wir sind allerdings mit dem Personalbestand deS Orden- nicht so genau bekannt, daß rin Jrrthum au-geschlossea ist. Es handelt sich also um zwei Brüder, die al- Jesuiten und Blutsverwandte desselben Geisle- Kinder sind. UeberdieS giebt die „Germania" zu, daß auch der Socialpolitiker Pater Heinrich Mitverfasser der in ihrem Verlage erschienenen Broschüren ist, in denen die Reformatoren sümmtlich als deS Stricke- würdig und di» Achtung vor der religiösen Ueberzeugung Ander-gläubiger als rin Kunstgriff de- Teufels bezeichnet wird. Die Patres Pesch haben auch nicht nur einige dieser Schandschrislen verfaßt, sondern der eine ist vom Grafen Hoensbroech al- der Beranstaltrr des ganzen UnteruehmenS entlarvt, wie er auch der Urheber der anderen, bis jetzt unerreichten Schmähschriften auf die Reforma toren und den Protestantismus ist. Was übrigens hier dir Haupt sache ist!" — Der preußische Handelsminister hat auf eine Anregung der Bielefelder Handelskammer hin folgende dankenSwerthe Verfügung erlassen: „Auf den Bericht vom 17. Juli erkläre ich mich damit einverstanden, daß an Stelle der mir bisher übersandten handschriftlichen Abschriften der SitzungSprotocolle Abdrücke oder mit Schreibmaschinen schrift hergestellte Abschriften treten. Auch habe ich nichts dagegen zu erinnern, daß Ihre sonstigen Mitthcilungen an mich mit der Schreibmaschine angefertigl werben." — Wir lesen im „Vorwärts": „ Zum Parteitag in Hamburg möchte die „Magdeb. Volks- stimme" in Erwägung gezogen wissen, ob nicht die eventuelle Ein- berufung eines Parteitages für Preußen im Anschluß an den allgemeinen Parteitag zweckdienlich ist. Auf diesem Parteitag könnte dann die Frage wegen Betheiligung an den Landtagswablen rnd- giltig entschieden werden, während der Gesammtpartritag sich nur mit der Frage, ob Aufhebung oder Beibehaltung des bekannten Kölner Beschlusses zu befassen hätte. Wie uns von unterrichteter Seite mitgetheilt wird, hat die Parteileitung die Berufung eines besonderen preußischen Parteitages auch in den Kreis ihrer Erwägungen gezogen. Man kam aber ein- stimmig zu der Ansicht, von einer solchen Maßnahme abzustehen, da die Frage der Wahlbetheiligung eine solche sei, für deren Ent- scheidung die praktischen Erfahrungen der nichtpreußischen Ge- nassen von Gewicht seien. Diese Genossen also von der Discussion auSzuschließen, würde zur Klärung gewiß nicht beitragen. Sollte auf dem Parteitag aber der Wunsch ausgesprochen werden, die Ab- stimmung über die Frage auf die zunächst interessirten preußischen Genossen zu beschränken, so hat es der Parteitag jederzeit in der Hand, rineu dahingehenden Beschluß zu fassen." — Der kaiserliche Gesandte in Brüssel Wirkliche Geheime Rath Graf von Alvensleben hat einen Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fnngirt der etatsmäßige Legations-Secretair Graf von der Groeben als Geschäftsträger. — Der preußische Gesandte in München Graf von Monts hat einen kurzen Urlaub angetreteu. — Verboten wurde das Sommerfest des Arbeiter. Vereins für Mariendorf und Umgegend durch den dortigen Amtsvorsteher. * Danzig, 18. August. Im Einverständniß mit dem Magistrat lehnten die Stadtverordneten die weitere Ver pachtung der Bern st ein Nutzung auf der Nehrung von Neufähr bis Polsk an die Firma Stantien und Becker, welche die Pachtung drei Jahre innegehabt hat, ab und be schlossen die weitere Verpachtung an die Firma Rettich, Stellmacher und Co. zu Danzig für 6000 pro Jahr. * WilhelmShöhe, 18. August. Der Kaiser hörte heute Vormittag die Vorträge des Chefs des Militaircabinets und des Chefs deS Marinecabinets und empfing den General lieutenant z. D. v. Schmidt in Audienz. DaS Kaiserpaar empfing den Besuch des Fürsten und der Fürstin zu Waldeck. * Stuttgart, 17. August. Die Ehrung des national- libiberalen Reichstagsabgeordneten Siegle durch die naturwissenschaftliche Facultät der Universität Tübingen gab der socialdemokratischen „Tagwacht" will kommene Gelegenheit, dem „Fabrikherrn" und „Geldprotzen" und selbstverständlich auch „Ausbeuter" und dazu noch politischen Gegner in einer Weise nahe zu treten, daß selbst da- ultramontane „Deutsche Volksblatt", daS gewiß in diesem Falle nicht als befangen zu betrachten ist, die Gemein heiten des Blattes mit gerechter Entrüstung zurückweist, indem eS schreibt: „Wenn alle Arbeitgeber so für ihre Arbeiter sorgen würden, wie Siegle, so gäbe eS ein Stück weniger sociale Frage. Aber daS ist gerade der „Schw. Tagwacht" unangenehm, daß eS noch Arbeitgeber giebt, welche für ihre Arbeiter in gerechtem und billigem Sinne sorgen: deshalb müssen diese verunglimpft werden — um jeden Preis; so hat sie eS mit den katholischen Arbeitgebern bisher gehalten, so macht sie eS mit Siegle, obgleich solche Leute mehr praktisch leisten, als die gesammte „Schwäbische Tagwacht" mit ihren socialdemokratischen Arbeitgebern!" * München, 18. August. Auf den bayerischen Staats- bahnen werden nach der „Allg. Ztg." nunmehr verschiedene Züge mit tragbaren Telephon-Apparaten ausgerüstet, die es dem Zugführer ermöglichen, bei Unglücksfällen auf der Strecke sie in die Leitung einzuschalten, um rasch Hilfe zu verlangen. Oefterteich-Ungarn. Kaisers Geburtstag. * Wien, 18. August. Das heutige Geburtöfest de- KaiserS ist in der ganzen Monarchie in der üblichen feier-' lichen Weise durch Festgottesdienste, Feldmessen, Truppen- Paraden und Galadiners begangen worden. Auch auS dem Ausland« treffen Nachrichten über die festliche Begehung deS TagrS ein. Ferdinand der Stolze. * Pest, 18. August. Gegenüber der Meldung der „Franks. Ztg.", daß Fürst Ferdinand bei seiner Anwesenheit in Konstantinopel bei Baron Calice keine Visitenkarte ab gegeben habe, berichtet „Nemzet", daß der Fürst, nachdem er bei der russischen Botschaft für Herrn v. Nelidow eine Karte abgegeben, durch den Portier eine Karte an Baron Calice sendete, WaS dieser in der Weise erwiderte, daß er seine Karte dem Fürsten durch die Post sendete. „Nemzet" fügt bei, der Fürst könne damals von der Abberufung des BaronS Call noch keine Kenntniß gehabt haben. (Franks. Ztg.) Stapellauf. * Pola, 18. August. Heute Vormittag fand in »Anwesen heit deS Erzherzogs Otto und der Erzherzogin Maria Josefa und einer großen Zuschauermenge bei schönstem Wetter der Stapellauf des neuen Torpedokreuzers „Zenta" statt. Die Erzherzogin Maria Josefa nahm die Taufe des Schiffes vor und gedachte in der Taufrede des siegreichen Schlachttages bei Zenta. Gvanie«. «ngiolillo. * Madrid, 18. August. Der oberste Kriegsrath hat das TodeSurtheil gegen Angiolillo bestätigt. Der Minister rath hat dem UrtheilSspruche ebenfalls zugestimmt. Orient. Zur Lage. * Konstantinopel, 18. August. Der Sultan übermittelte anläßlich deS heutigen Geburtstages deS Kaisers Franz Josef dem österreichisch-ungarischen Botschafter Frbn. v. Calice telegraphisch seine Glückwünsche. Der Groß vezier und der Minister deö Aeußeren statteten dem Bot schafter durch besondere Abordnungen ihre Glückwünsche ab. Zu dem Diner, welches heute in der österreichisch-ungarischen Botschaft statlfindet, wird der Sultan einen Vertreter entsenden. * Kanca, 18. August. (Meldung des .Wiener k. k. T.- C.-B.) Zur Feier des GebnrtStages des Kaisers Franz Josef fand gestern ein Zapfenstreich statt. Heute wurde Parade über die internationalen Truppen abgehalten, an der sich auch die türkischen Truppen belheilizten. Hierauf fand ein feierlicher Gottesdienst in der Missions kirche statt und späterhin ein Empfang der österreichisch ungarischen und der deutschen Colonien bei dem General- consnl Pinter. Für die Land- und Marinetrnppen wurden in Kanea und Suda Feste veranstaltet. Abends fand an Bord der „Maria Theresia" ein Diner statt. Das Schiff und die Stadt Kanea hatten illuminirt. * Athen, 19. August. (Telegramm.) (Meldung der „Agence Havas".) Der Wechsel der Jahreszeit erfordert neue Ausgaben, um alle aus den von den Türken besetzten Gebietstheilen Geflüchteten unter Dach zu bringen. Die Mittel, um alle die Tausende zu erhalten, gehen zu Ende. * Athen, 19. August. (Telegramm.) (Meldung der „Agence Havas".) Die Räumung Thessaliens bis zur PeneioS-Linie wird alsbald nach Unterzeichnung der Friedens präliminarien ihren Anfang nehmen. Indessen werden die Türken Volo bis zur vollständigen Zahlung der Kriegs entschädigung besetzt halten. Die Nachricht, daß in Folge der Einwendungen einiger Mächte bezüglich der Fortdauer der Besetzung Larissas nach Zahlung der ersten Nate der Kriegs entschädigung dic Unterzeichnung des Friedensver trages ausgeschoben worden sei, hat hier um so mehr Enttäuschung hcrvorgerufen, als man die gegenüber Griechen land in dieser Frage bewiesene günstige Stimmung dankbar anerkannt hatte. — Unter den Flüchtlingen treten epidemische Krankheiten auf. * Konstantinopel, 18. August. Die Sitzung der Bot schafter in Tophane, welche für gestern anberaumt war, hat nicht stattgefunden. Die nächste Sitzung findet wahr scheinlich Freitag statt. — Eine aus vielen Personen bestehende abessinische Gesandtschaft ist mit Geschenken und einem Handschreiben des Königs Menelik für den Sultan hier eingetroffen. * Kanea, 18. August. (Meldung der „Agence Havas".) Der Gouverneur mißbilligt die Einsetzung einer inter nationalen gerichtlichen Commission und weist auf die localen Gesetze hin, die gestatteten, in gesetzlicher Weise einen Gerichtshof erster Instanz zu bilden. Der Aufforderung, die ottomanische Gendarmerie und die im Lieutcnantsrangc stehenden Ossiciere derselben unter den Oberbefehl des CapitainS der italienischen Carabinieri zu stellen, stimmt der noch vorhandene» Plätze und nahm dann anstatt desjenigen an der Seite Frau Adelgunde Vesenmeier'S den unfraglich bei der herrschenden Temperatur räumlich vortheilhafteren neben der jungen Dame ein. Sein stehendes Verweilen in der Mitte des CoupsS, durch das einige Augenblicke lang eine Art von Scheidewand zwischen recht- und links gebildet worden, hatte die Frau Räthin benutzt, um, sich vorbückend, die Frage zu raunen: „Kannst Du Dir vorstellen, Gottlieb, daß ich als junge» Mädchen auf der Eisenbahn bei einer Nachtfahrt mich auf den Platz, den mir ein junger Herr an geboten, gesetzt haben würde?" Und Herr Gottlieb Vesen- meier hatte mit zweifelloser Entschiedenheit darauf erwidert: „Nein, da» hättest Du nie gethan, Adelgunde." „Nun gab die Glocke das dritte Zeichen, der Zugführer pfiff, und die pustende Locomotive begann die Räder langsam zu drehen. Für die Zurückbleibenden hatte sich nichts irgend wie Interessante» zugetragen, aber sie waren ihrer täglichen Abendverpflichtung nachgekommen und konnten sich jetzt ihren noch übrigen weiteren Aufgaben am Gasthoftisch und beim Gartenconcert hingeben. Die weiße junge Dame vermochte ihrer auf der entgegengesetzten Seite seßhaften Freundin nicht mehr zu winken, sondern sah nur mit einem schalkhaft um die Lippen zitternden Ausdruck dem fortrollenden Zuge nach; sie war von jener Caton genannt worden und die Ver- muthung lag nahe, daß sie diesen Namen der ehemaligeu ConversationSstunde bei Mademoiselle Bellefleur verdanke. AuS einer jetzt von einer eilfertig herzutretenden ältlichen Dame an sie gerichteten Ansprache ergab sich, daß sie eigentlich Fräulein Käthe von Wachenheim heiße, und ein jener an geborener Drang nach Bereicherung ihrer Kenntnisse er kundigte sich, wer da» junge Fräulein gewesen sei, von dem sie soeben Abschied genommen. Darauf versetzte Fräulein Käthe seufzend: „Ach, daS ist eine tieftraurige Geschichte, Frau Baronin —- Niemand weiß davon, al» ich -7- den Namen darf ich nicht nennen und auch eigentlich Keinem von der Sache sprechen, nur daß e» kein Fraulein, sondern eine junge, erst seit zwei Monaten verheiratbete Frau ist." „O wie schrecklich, meine Liebe!" fiel die Baronin sichtlich ergriffen ein. „Aber Sie wissen, wie ich im Herzen mit unglücklichen jungen Frauen uutempfinde — ich darf wobl sagen, da» Leben bat mir auch Schwere» zu tragen auf- gebürdet gehabt —" „So schwer schwerlich", schaltete Fräulein von Wachenheim mit immer noch tieferm Seufzer ein. „Und wenn eS eine Menschenbrust auf der Welt giebt, bei der eine Verlassene — nicht wahr, eine schändlich Verlassene? — auf innigste Theilnahme und unverbrüchlichste Verschwiegenheit zählen kann — da ich sie mit Ihnen befreundet sehe, gehört sie zweifellos unserm Stande an?" „Ja, aus altadeligem Hause und ebenso standesgemäß vermählt." „O, wie Alles an mir zittert, das Schreckliche zu hören!" „Wir waren Freundinnen, fast von Kindheit auf, die intimsten — nein, eS ist ein Vertrauensbruch, wenn ich mehr sage —" „Nein, Ihre Pflicht istS, meine Theuerste, Ihre heiligste Freundschaftspflicht Vielleicht — wahrscheinlich — 0 gewiß, daß ich rathen, helfen, mildern kann." „Ihr Mitgefühl mit meiner armen, Ihnen sogar völlig unbekannten Freundin thut mir tbatsachlich wohl, ergreift mich, verehrte Frau, — daS ist da» Verlangen echter, wahrer Menschenliebe — Sie haben recht, Sie sind die einzige, der ich daS Schmerzliche anvertrauen darf — nicht darf, sondern muß. Die unglückselige Cäcilie, noch nicht ganz zwei Monate war sie vrrheirathet —" „Da? „Da befanden sie sich in einer großen Gesellschaft, und ihr Mann begleitete eine sehr hübsche Dame, die von Kopf schmerzen befallen worden und deren Mädchen zum Abholen noch nicht gekommen war, nach Hause." „Bei Nacht?" „Bei pechfinst'rer Nacht." „Und allein?" „Ganz allein." „Empörend!" „Nicht wahr? Zum Himmel schreiend!" „Und WaS geschah weiter?" „Eine Busenfreundin von ihr — eine andere al» ich — bewährte ihre Treue und benachrichtigte sie davon, sonst hätte sie eS gar nicht bemerkt. Dann kam er in die Gesellschaft zurück, mit einem Gesicht, al- ob nicht» geschehen wäre." „Mit welchem Abscheu erfüllen mich solch« Männer!" „Ein Auöwurf der Menschheit sind sie!" „Und dann?" „Sie beherrschte sich mit unglaublicher Seelenstärke und schwieg. Erst al» sie miteinander auS der Gesellschaft heim gekehrt waren .Da?" „Da redete sie — redete so lange, bis sie in einen Wein krampf verfiel." „Und er?" „Er? Er lachte." „Der Elende!" „Ja, daS Ungeheuer!" „Herzzerreißend, liebes Fräulein!" „Schaudererweckenv, verehrte Frau!" „Und WaS that sie?" „WaS sie mußte, WaS ihr Pflicht, Ehre, Frauenwürde, Selbstachtung verschrieben — WaS wir unS in weihevollen Stunden unverbrüchlich zu thun gelobt, wenn je im Leben einer vov uns Derartiges geschähe. Sie verließ heimlich noch in derselben Nacht das HauS — eigene ausreichende Mittel besitzt sie zum Glück — und kam mit den schnellsten Curierzügen hierher, weil sie mich gegenwärtig hier wußte. Natürlich will sie sich aufs Allerschleunigste scheiden lassen, und durch meine treue Hand finden die Verhandlungen dazu mit einem RechtSanwalt statt. Einstweilen aber hat sie sich mit ihrer tödtlichen Verachtung des ganzen männ lichen Geschlechts an unbekanntem Aufenthaltsort in der Wildniß zwischen leblosem Gestein verborgen, so daß auch die weitsichtigste Wahrsagerin nicht im Stande sein wird, dem Manne kund zu thun, wo sie geblieben, und dem Ver ruchten zu ermöglichen, sie zur Ausübung weiterer Schänd- lichkeiten an ihr in seine Gewalt zurückzubringen. DaS, verehrte Frau, mußte mein vor Bekümmerniß zum Zer springen übervolle» Herz Ihnen — aber nur Ihnen auf der Welt — anvertrauen, und ich gebe mich jetzt der Hoffnung hin. Ihnen eine recht erquickliche gute Nacht wünschen zu dürfen." „Doch wo halt sie sich denn gegenwärtig in ihrer Ein samkeit auf?" „Davon durfte ich nach Freundschaftspflicht und Eid nur einem einzigen auf Erden Mittheilung machen, dem Rechts anwalt natürlich." „Und auch — Sie haben mir eine gute Nachtruhe ge wünscht — ich meine, WaS ihren Namen betrifft —" „Nennen wir sie", versetzte Fräulein Käthe von Wachenheim mit einem allerliebsten Lächeln, „im Interesse unserer beider seitigen Nachtruhe Frau von Eisenbut, verehrte Frau. Sie kennen die schlanke Blume mit den Blüthenglocken wie dunkel blaue Augen, sie wird stellenweise auch Sturmhut und VenuSwagen benannt — und mit ihr hat die Unglückliche in der Thal mannigfache Aehnlichkeit, so daß der Name gut für sie paßt. Vielleicht habe ich daS Vergnügen, Sie im Concertgarten noch wieder zu begrüßen; ich trage ein leb haftes Bedürfniß, heute Abend noch ein bischen lachen zu können. Denn ein wenig muß man doch bei aller Hingabe und Opferwilligkeit auch für sich selbst bedacht sein." Eine Steigung erklimmend, wand sich der kleine Zug, stöhnend, klappernd und fauchend langsam in ein rasch eng werdendes Thal hinauf, zwischen dessen steilen Bergwänden schon lichtlose Nacht lag. Sie bedurfte für ibre Schwärze nicht der Beihilfe einer Waldschlucht, durch die der Bahn damm sich hinzoz, doch alte, dicht zusanimengedrängte Fichten liehen ihr fast unausgesetzt noch die ausgiebigste Unterstützung, hier und da von einem Funkengcstiebe aus dem Schlot der Locomotive augenblicksflüchtig wie von einem rothen Irrwisch angehellt, dann wieder, wenigstens für den Gesichtssinn, zum absoluten Nichts auslöschend. Erkennen nicht, nur ver muthen ließ dann und wann einmal ein matter weißlicher Flackerschein den Grund, daß ein schäumendes Bergwasser, hoch herabkommend, in starkem Gefälle drunten seinen Aus weg suche. Wahrscheinlich unter lautem Rauschen, aber auch daS Ohr vernahm nichts als daS Schnauben, Keuchen und Knarren des ZugcS. Eine Secundairbahn, vielleicht mit Anspruch auf den Rang einer Tertiairbahn war« und als oberster Grundsatz beherrschte sie die Sparsamkeit mit einziger Ausnahme in Betreff deS Zeitaufwandes, von dem sie unbeschränkt ver schwenderischsten Gebrauch machte, sowohl während der Fahrt als an den Halteplätzen: man empfand, daß sie in tiefer Seelenruhe sich einem Wahlspruch nach bewege, komme der Zug an seinem Ziele nicht in dieser Stunde an, so werde er eS voraussichtlich in der nächsten thun und habe durchaus keinen Anlaß, der ersteren vor der letzteren den Vorzug zu geben. Sonst regierte unumschränkt in allen Dingen die Sparsamkeit, und zwar in harmonischer Uebereinstimmung hinsichtlich deS KoblenverbraucheS, deS Personale», der Wagen, der Bequemlichkeit und nicht minder der Beleuchtung. In den Abtheilungen dritter Claffe schien diese au» einigen glimmenden Streichhölzchen zu bestehen, doch auch die Lampe der zweiten flößte wenig Hoffnung ein, daß sie ihr kummervolle- Leben-licht bi» zum Endpunkt der Bahn fort erhalten werde. (Fortsetzung folgt.)
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