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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.11.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971116016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897111601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897111601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-11
- Tag1897-11-16
- Monat1897-11
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zisfernsatz nach höherem Tarif. vrtra-Beilagen (gefalzt), nur mN der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung .6 M.—, mit Postbesörderung 70.—. Annalsmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen find stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 91. Jahrgang. DienStag den 16. November 1897. Oer Ausbruch der Berliner Miirz-Nevolution. /). Der Beschluß der Berliner Stadtverordnetenversamm lung, den Magistrat zu ersuchen, mit ihr in gemischter Depu tation über die Errichtung eines Denkmals für die „M ä r z g e f a l l e n e n" zu berathen, ist bekanntlich, so weit er nicht eine reine Demonstration zu agitatorischen Zwecken bedeutet, von der Anschauung eingegeben, die März- tämpfer hätten die preußische Verfassung errungen. Wir haben erst vor Kurzem jene Sybel'sche Darstellung mit- getheilt (vergl. Nr. 572 des „L. T.", S. 8228), die nach weist, daß die große Wendung in Preußens innerer Politik „durch die Verhältnisse Europas, nicht aber durch den be waffneten Zwang eines Straßenkampfes" veranlaßt war. Mit diesem Straßentampfe selbst beschäftigt sich ausführlich ein soeben im Verlage der Hofbuchhandlung von E. S. Mittler L Sohn in Berlin erschienenes Memoirenwerk des verstorbenen Generals der Artillerie und General - Adju tanten Kaiser Wilhelm's k-, des P r i n z e n Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen*), der damals junger Artillerie - Officier war. Seinen Aufzeichnungen ent nehmen wir den nachstehenden interessanten Abschnitt; die dazu gehörigen Anmerkungen rühren vom General v. Teich mann und Logischen her. „Der achtzehnte März 1848 fing sehr friedlich an. Eine warme Frühlingsluft wehte. Ein so herrlicher Sonnenschein würde in friedlichen Zeiten die Berliner in Masten und in schönen Frühlingskleidern in den Thier garten hinausgelockt haben. Wir wurden von Mittags zwölf Uhr ab in den Ca- sernen durch Befehl versammelt. Man erwartete mit Be stimmtheit einen heftigen Kampf. Gegen Mittag schien es, als ob ein solcher Kampf nicht ausbrechen sollte. Ich hatte des Morgens meinen Vater besucht, der wenige Schritte von mir im Hotel de Rome abgestiegen war, und wollte mich auf meinen Platz in der Easerne der reitenden Artillerie begeben, als uns die Nachricht zu Theil wurde, es werde doch heute wohl zu keinem Zusammenstoß kommen, und wir, die wir nicht in die Easerne am Kupfergraben befohlen waren, durften noch unbesorgt um drei Uhr dort Mittag essen. Daran lag uns aber viel, denn zwei Officiere schieden aus dem Officiercorps, der eine war zum Bundestagsgesandten nach Frankfurt a. M. entsendet, der andere ging wo anders hin, und sie aßen zum letzten Male am gemeinsamen Officier- tische. Da sollte eine Bowle gemacht, die beiden Ka meraden sollten „weggegesten" werden. Ich war neugierig, etwas zu erfahren, und ging mit *) Aus meinem Leben. Anszeicknnngen. ErsterBnnd. 1848 b:S 1856. 8 ./ü — Prinz Kraft zu Hoticnlobe-Jnnelfingen haue Ictzttvillig verfügt, daß seine von ihm im Zusammenhänge nieker- geichriebenen Lebensennnerungen erst fünf Jahre nach seinem Tode vecösfentlickt werden sollten. Diese Aufzeichnungen sind jetzt vom Gencrallientencint ,. D. v. Tcickman und Logischen, der ihnen ciuc Lebensichildernng des Prinzen voranqesctzt dat. herausgegeben worden. Ter vorliegende erste Band sührt die Erzählung fort bis zur Sendung des Prinzen nach Wien als Militair-Attachö, schließt also mit der Schilderung der Ereignisse und der leitenden Persönlich- keilen in Wien 1856. Ter Prinz erzählt, unbefangen seine versön- licken Eindrücke wiedergebend, die Theilnahme des Lesers fesselnd. In seiner Stellung als Adjutant Friedrich Wilhelm's IV. und Wil- helm's I. hat er weltbewegende Ereignisse aus unmittelbarer Nähe beobachten dürfen. Seine Auszeichnungen dürften, so viel kann schon aus dem I. Bande geschlossen werden, ein werthvoller Beitrag zur Geschichte des 19. Jahrhunderts sein. Die Benutzung des vor liegenden Bandes wird durch ein ausführliches Jnbaltsoerzeichniß, durch ein alphabetisches Namen- und Sachregister rc. in dankensweriher Weise erleichtert. meinem Freunde Grävenitz, mit dem ich seit dem Herbste 1846 eine Wohnung zusammen genommen hatte, eine halbe Stunde zu früh hin. Auf dem kurzen Wege nach der besagten Easerne am Kupfergraben kam mir die Straße wie verrückt vor. Eine unabsehbare Volksmenge wälzte sich durch alle Gasten. Menschen aller Stände, die ich nie gesehen hatte, redeten mich auf der Straße an, fielen mir um den Hals, küßten mich und weinten vor Freude, jetzt sei Friede, jetzt sei Alles gut. Ich fragte erstaunt, was denn vorgegangen sei, und erhielt zur Antwort: „Was, Sie wissen noch nicht, Friede, Freundschaft, kein Kampf mehr!" Ich eilte nach der Easerne, denn diese allgemeine Straßenseligkeit war mir unheimlich. Da erfuhr ich denn, daß der König eine Bekanntmachung habe an schlagen lasten, in welcher er ständische Vertretung und der Vertretung ständische Rechte gegeben habe.*) Mir ge fiel das zwar nicht, denn ich hätte es lieber gesehen, die sämmtlichen aufrührerischen Bewegungen wären erst nieder geschlagen worden, und der König hätte erst dann gegeben, was er für gut gehalten, statt in dem Augenblick der Auf regung, wo es wie Nachgiebigkeit aus Furcht hätte aus sehen können. Aber ich verhielt mich ganz stille. Bei dem schönen Wetter gingen wir, nämlich mehrere zu früh angekommene Officiere, auf dem Casernenhofe, die Estensstunde drei Uhr erwartend. Es sollte bald drei Uhr sein, und wir wollten uns eben von dem Casernen- ausgang der Georgenstraße nach dem Speiselokal zurück wenden, da kam ein Feldjägerlieutenant in einer Droschke gefahren. Er war ohne Mütze, sein Uniformsrock war zerrissen, er blutete. Er hatte den bloßen Säbel in der Hand. Er erzählte, er sei harmlos des Wegs gegangen, da sei eine wüthende Bande Kerle angestürzt, habe ge- schrieen: „Verrath, man schießt aufs Volk, die Soldateska mordet uns, da ist Einer, nieder mit ihm!" Darauf sei er allseitig angefallen, habe sich mit dem Säbel durch geschlagen und endlich in eine Droschke geflüchtet, die ihn in der Carribre den Verfolgern entrückt habe. Mit dieser Nachricbt kamen wir zu Tische. So traf mich die Kunde von den vielbesprochenen zwei Schuß auf dem Schloßplatze. In der That hatte sich die Sache so verhalten: Der König hatte die oben angegebenen Verfassungs zusagen veröffentlichen lasten. Alle friedliebenden Menschen waren damit mehr als zufrieden. Eine allgemeine Frie densliebe bemächtigte sich der Gemllther. Das aber paßte dem Aufstandsausschuß am allerwenigsten, denn dessen Führer hätten ja dann gar keine Nolle gespielt. Also mußte irgend etwas erfunden werden, was die allgemeine Seligkeit in allgemeine Wuth verwandelte. Eine große Volksmenge sammelte sich auf dem Schlossplatz, brüllte „Hoch!" und Hurrah!" und wollte dem König danken. Der König erschien auf dem Balcon, und der Jubel war groß. Bald erneuerte sich der Lärm, man verlangte wieder nach ihm, er erschien und sah eine ganz andere Volksmaste. Aufrührerische Banden aus der Hefe des Volkes, geführt von Ausländern, hatten die friedlichen und befriedigten Berliner Weißbierbllrger vom Schloßplatz verdrängt und *) Tie Bekanntmachung erschien den 18. Mär; Morgens, ein vom Minister v. Bodelschivingh verfaßtes Patent des Königs enthaltend. Ter Landtag sollte den 2. April zusammentreten, Preußen mit konstitutioneller Verfassung an der Spitze Teutschlands stehen. Allgemeine deutsche Wehrverfassung, Preßfreiheit, deutsches Bundes gericht, allgemeines deutsches Hcimathsrecht, Freizügigkeit im deut schen Vaterlandc, eine deutsche Bundesflagge, allgemeiner deutscher Zollverein, gleiche Maße, Gewichte und Münze, eine deutsche Flotte wurden in dem Patente zugesichert. (v. Meyerink, „Tie Thätig- keit der Truppen während der Berliner Märztage des Jahres 1848".) suchten um jeden Preis einen Zusammenstoß berbeizu- führen. Der König sah das veränderte Aussehen dieser Maste sofort, kehrte in die Zimmer zurück und sagte ärgerlich: „Das ist nicht mehr mein Volk, mit solchen Leuten rede ich nicht." Die Maste tobte weiter. Die im Schlosse anwesenden Truppen erhielten Befehl, den Schlossplatz zu säubern, aber ohne von der Waffe Gebrauch zu machen. Eine oder zwei Compagnien rückten aus dem Portale aus, marschirten in Linie auf und rückten langsam vor, in Linie, das Gewehr in der rechten Hand, Kolben nach unten, Bajonnet nach oben, um Niemand etwas zu thun. So drängten die Truppen die Masten des Volts langsam vor sich her. Da fielen zwei Schuß!*) Diese berühmten zwei Schuß sind viel besprochen worden. Eine Untersuchung ist durch die allgemeine Am nestie verhindert, wenigstens von der Oeffentlichkeit aus geschlossen. Von aufrührerischer Seite ist allgemein be hauptet worden, seitens des Militairs sei auf Befehl des Königs meuchlings auf das harmlos durch die Concessionen herbeigelockte Volk geschossen worden. So unsinnig solche Erzählung auch ist — denn was sollte der König oder das Militair wohl damit bezwecken —, so wurde sie doch geglaubt, denn in aufgeregten Zeiten wird das Unsinnigste eben deshalb geglaubt, weil es so unsinnig ist. Beim Militair wurde das Gerücht verbreitet, die zwei Schuß seien aus dem Volke gefallen und ein von den Aufrührern verabredetes Signal gewesen. Ich glaubte das damals um so eher, als die Fabel von den zwei Schuß auf das Volk sich nicht nur bei allen Emeuten in Deutschland wiederholte, also eine Art Schema in der Hand der Ver schwörer war, sondern dieselben zwei Schuß auch noch an anderen Stellen von Berlin gefallen sein sollten, wo, wie sich später herausstellte, weder Volk noch Militair gewesen war; aber ich bin später eines Anderen belehrt worden. Der jetzige (1881) Kaiser, damals Prinz von Preussen, hat aus einem Fenster des königlichen Schlosses das Vorgehen der Infanterie beobachtet und gesehen, wie zwei Gewehre, mit der Mündung in die Höhe, sich ent luden. Er rief noch: „Ach, da sind zwei Gewehre in die Höhe losgegangen, wenn nur nicht Jemand drüben in den Häusern verwundet ist, da sind alle Fenster voll Menschen." Er hat mir dies einst selbst erzählt. Uebrigens sind die beiden Soldaten ermittelt, denen die Gewehre losgingen. *) Tie beiden Schüsse fielen ans den Gewehren des Unicrofsiciers Hettgen nnd Grenadiers Kühn der ersten Compagnie lHanpImann Oraf v. BlumenthaU des Kaiser Franz-Grenavicr-Regiments. Ans Beschl des Königs wollte General v. Prittwitz den Tchloßvlatz säubern, nm dein Lärm ein Ende zu mache». Mit cingcstccktcin Säbel ließ er die Schwadron der Gardedragoncr unter Rittmeister v. Borstell von der Stechbahn ans im Schritt vorgehen. Eine große Menge Menschen ging brüllend der Schwadron entgegen, machte die Pferde scheu, die etivas zurückwichen. General v. Prittwitz zog in diesem Augenblick vor der Schwadron den Säbel, welchem Beispiele die Dragoner folgten: das Volk begann zu weichen. Gleich zeitig rückte Obcrsllieutenant v. Falkcnstein vom Portal 11 ans unter Trommelschall, aber mit Gewehr Uber, mit der ersten Com- pagnie gegen die Breite Straße vor, wo er Halt machte. Tie zweite Compagnie ging in der Richtung nach der Langen Brücke vom Portal II aus vor. Tiefes Zusammenwirken der Truppen bc wirkte die Leerung des Schießplatzes, bis aus einige sich wider setzlich gebärdende Leute, längs der Häuser zwischen der Breiten Straße und Langen Brücke. Lieutenant Mattern v. Preuß erhielt den Auftrag, auch diese Leute mit dem Schützenzug zu entfernen: dabei fielen die beiden erwähnten Schüsse. Ter Unterofficier Hettgen hat im Verhör angegeben, ein Mann hätte mit einem Stock aus das Piston geschlagen: Grenadier Kühn, er hätte, obwohl ohne Befehl, das Gewehr zur Attacke rechts genommen, dabei habe sich dasselbe von selbst entladen. Ties der Erfolg der über die Ent stehung der beiden Schüsse gepflogenen Ermittelungen. (Nach v. Meyerinck, Beiheft z. Militair-Wochenblatt, 1891.) Sie sagten eidlich in Uebereinstimmung mit ihren Neben männern aus, daß ihnen die Gewehre losgegangen und daß sie, als sie nach unten nach dem Grunde blickten, Gassenjungen sahen, die im Gedränge den Hahn erfasst, gespannt und abgedrückt hatten. Es war also eine von den Aufrührern ausgeführte Sache und ebenso gut, als ob die beiden Schuß aus den Reihen der Aufrührer als Signal gefallen wären. Verletzt ist dadurch Niemand. Wohl haben sich aber aus den Reihen der Aufrührer noch einige Schuß hören lassen, und ein Fenster im Saale über Portal Nr. 1 ini königlichen Schlosse wurde durchschossen und eine Kugel in dem betreffenden Oelbilde noch viele Jahre als Beweis gezeigt. Uebrigens wäre es auch gleichgültig, ob die zwei Schuß von der Truppe absichtlich gegeben wären oder nicht. Wenige Tage vorher hatte Hauptmann v. Cosel ja sechs Schuß auf Commando geben und einige Schreier ködten lassen, und es war deshalb kein Aufruhr ausgebrochen. Warum? Weil der Aufruhr eben noch nicht vorbereitet war. Jetzt war er vorbereitet, und wie planmässig! In weniger als einer halben Stunde hörte man an jeder Strassenecke von ganz Berlin das Geschrei: „Verrath, man schiesst aufs friedliche Volk, zu den Waffen!" Der Schlossplatz war im Nu vom Volk leer. Aber wie mit einem Zauberschlage entstanden Barricaden in ganz Berlin. Und diese Barricaden waren nach einem vortrefflichen Plane angelegt. Sie schlossen diejenigen Stadtviertel, in denen die Aufrührer die Ober hand zu haben hofften, planmässig festungsartig ab und unterbrachen in anderen, wo die Easernen nahe aneinander waren, die Verbindung der Easernen untereinander." Deutsches Reich. — Leipzig, 15. November. Wie sehr die Mehrheit der II. Kammer im Rechte war, der laxen social demo kratischen Auffassung vom Eide entgegenzutreten, be weisen u. A. die Verhandlungen des letzten socialdemo kratischen Parteitages, die hier um deswillen in Er innerung gebracht werten mögen, weil „Genosse" Auer in seinem Referate über die Bclbeiligung an den preussischen LanttagSwahlcn interessante Auslassungen über den Eid der sächsischen Abgeordneten und seine Beurtheilung durch die Socialdemokratie zum Besten gab. Er führte nach dem stenographischen Bericht aus: „Als wir in Lochien in die Wahl eintraien, gab es noch grosse Schwierigkeiten zu überwinden, und nicht die geringste Schwierigkeit bestand in Lein in der Verfassung vorgesehenen Treueid, Len die Abgeordneten schwören müssen, wenn sie in den Landtag eintretcn. Allerdings hat Lieser Eid eine Form und einen Inhalt, Ler cS durchaus begreiflich macht, dass Personen, die nicht Wetter Nachdenken, sich daran stossen. Er lautet: „Ich schwöre zu Gott, die Staats- versassung treu zu bewahren und in der Ständeversassuug Las unzerirennbare Wohl Les Königs und Vaterlandes nach meinem besten Wissen und Gewissen bei meinen Anträgen und Abstimmungen allenthalben zu beobachten. So wahr mir Gott Helse!" Wenn man nicht uachdenkl, so wird man es begreiflich finden, wieso gerade diesen Treueid unser früherer Parteigenosse Hasselniann so ausserordentlich zu benutzen wusste, um gegen die damalige Parteileitung zu intriguiren. Es gab keine geeignetere demagogische Handhabe, als zu sagen, wo soll Las hin, auf welche schiefe Bahn begiebt sich unsere Partei? Ganz treffend hat damals Liebknecht, der meines Wissens ja der Erste war, der sich darüber mit meiner und, wie ich glaube, auch mit Ihrer Aller Zustimmung hinweg setzte, ausgesübrt: „Ten Treueid haben wir ja nicht in die Verfassung hinein gebracht, sondern die Andern, und wenn wir uns an diesem papiernen Hindernis) stossen, dann haben es ja unsere Gegner ungemein leicht. So lange sie die Majorität haben, derartige papierne Hindernisse auszuthürmen, müssen wir von der Arena verschwinden."" Tas Fcchterkunststüct ist würdig eines Lohvla! Neber das Heiligste vor Gott und Menschen, den Treueid, setzt mau Oer große Zternschnuppenstll im November. Nachdruck verboten. Das wunderbare und herrliche Schauspiel aussergewöhnlich reicher Sternschnuppenfälle steht uns in den November - Monaten der nächsten Jahre bevor. Die Seltenheit der grossartigen Er scheinung nimmt jetzt schon ein erhöhtes Interesse in Anspruch, and mit aller Wahrscheinlichkeit dürfen wir morgen und die nächstfolgenden Tage die ersten Vorboten jenes mächtigen Schwar mes von Meteoriten, dessen dichtester Theil im Jahre 1899 die Erdbahn kreuzen wird, erwarten. Alljährlich um Mitte No vember possirt die Erde in ihrem Jahreslause um die Sonne den Weg, den unzählbare kleine Himmelskörper, welche sich in einer Ellipse um die Sonne bewegen, und durch ihre große Menge einen ununterbrochenen Ring bilden, mit grosser Regel mässigkeit verfolgen. Sie sind untereinander nicht gleichmässig in ihrer Bahn ver- ihrilt, sondern hier mehr, dort weniger stark zusammengedrängt, und treten, wenn die Erde mit ihnen zusammentrifft, deshalb für unS sporadisch oder in ganzen Gruppen und Schwärmen periodisch auf. Mit der ihnen eigenen grossen Geschwindigkeit von meistens mehr als 50 Kilometer in der Secunde (während die Geschwindigkeit der Erde in ihrer Bahn um die Sonne durchschnittlich nur rund 30 Kilometer in der Secunde beträgt), begegnen sie in den höchsten Luftschichten schon in Höhen von mehreren Hundert Kilometern über der Erdoberfläche den in sehr dünner Vcrtheilung dort befindlichen Lufttheilchen unserer Atmosphäre. Die vor den kleinen Weltkörpern hergetriebenen Lufttheilchen, welche bei der grossen Anfangsgeschwindigkeit der selben schon in Bruchtheilen der Secunde zu einer stark ver dichteten Luftwaffe anschwellen, sind es nun, welche jene Ge schwindigkeiten sehr bald zu hemmen beginnen und in vielen Fällen fast vollständig zu vernichten vermögen, indem die Be-1 wegungsgrösse des fallenden Körpers zu der Compression des immer dichter werdenden Luftkissens, welches sich vor demselben ansammelt, verbraucht wird. Ein Aufblitzen, ein fliegendes Flammen und nach kurzer strahlender Spur ein Zerstieben und Auflösen, das ist das Schicksal jener Fremdlinge kosmischen Ursprungs. Denn darüber besteht kein Zweifel mehr, dass sie kosmischen Ursprungs sind, diese schiessenden Lichter, die wir unter dem Namen Stern schnuppen kennen. Die früheren Anschauungen, dass sie ter restrischer Herkunft, von den Vulcanen der Erde herrührend, seien, oder vom Monde fielen, oder die Reste zertrümmerter Planeten bildeten, können heute nicht mehr für ernst gelten. Wir können also weder den Mond, noch die Erde, noch die Sonne, noch irgend einen der anderen großen Planeten, noch einen zertrümmerten Planeten als die Urheimath der Meteoriten betrachten. Da aber mehrere von ihnen in vergangener Zeit sicherlich mit Kometen in Verbindung waren, und da wir keine Grenze ziehen können zwischen Sternschnupppcn und Stein meteoren, so ist es sehr natürlich anzunehmen, dass sie alle einen kometarischen Ursprung haben, das heißt, von Kometen abstammen. Die Kometen existiren in unserem Sonnensystem und haben ihre eigene Entwickelung; es ist anzunehmen, dass sic erst als Nebelmafse verdichtet worden sind, dass diese Materie entweder die äussersten Theile des ursprünglichen Sonnennebels oder von unserem System ganz unabhängiger, durch den Raum zerstreuter Stoff gewesen ist. Von ähnlicher Natur sind die Meteoriten, sie sind in Wirklichkeit Bruchstücke von Kometen, zuweilen wohl kleine Kometen selbst, und so sonderbar es scheint, dass Kometen in Stücke zerbrechen, so ist dies doch beobachtete Thatsache. Es steht zunächst für einen Kometen unzweifelhaft fest, daß Gruppen von jenen kleinen meteorischen Massen vor und hinter den Kometen auf den Bahnen der letzteren sich bewegen. Wie die ungleichmässige Anziehung der Sonne auf die Theile einer Gruppe als eine zerstreuende Kraft wirkt, um sie in einen Schwarm auszuzichen, haben die höchst fruchtbaren Unter suchungen des grossen Mailänder Astronomen Schiaparelli er wiesen. Der ringähnliche Strom von wechselnder Dichte, der sich schliesslich längs der ganzen elliptischen Bahn des Kometen hinzieht, mag mancherlei Veränderungen unterworfen werden, und durch Jahrtausende lange allmähliche Zerstreuung eine nahe zu gleichmässige Vcrtheilung der Bruchstücke erfahren, wie wir es von dem in den Augustnächten auffälligen Meteorstrome kennen, der früher bei weitem reicher gewesen sein mag, jetzt aber in den verschiedenen Jahren keine grossen Unterschiede des Reichthums der Erscheinungen mehr zeigt. Die Epochen der Sternschnuppen-Schwärme im November jedoch, welche seit dem Jahre 902 in Intervallen von je 33 Jahren wiederkchren, scheinen auf eine einzige dichtere Meteorschaar in der Bahn des Tampel'schen Kometen, der zu Anfang des Jahres 1866 beobachtet wurde, hinzudeuten. Dieser Tempel'sche Komet hat eine Umlaufszeit von nahe 33 Jahren, und die glänzenden Sternschnuppenfälle aus diesem Kometen trafen bisher stets nahe dem Ende dieser 33 jährigen Periode ein. Sicherlich darf man auch annehmen, dass die compacten Meteormassen, welchen in den Jahren 1866, 1867 und 1868 die Erde auf ihrer Bahn begegnete, in neuerer Zeit von dem Kometen mehr und mehr abgelenkt worden sind. Vor tausend Jahren traf dieser Schwarm Mitte October ein, durch das Vorrücken der Aequinoctien und den Einfluß der Anziehung des Jupiter und Saturn hat sich der Schwarm nach der Mitte des November verschoben. Nach Leverriers, des rechnerischen Entdeckers des Planeten Neptun, Anschauung war der Novemberschwarm bis zum Jahre 126 eine noch völlig compacte Masse. Durch die gewaltige Einwirkung des Pla neten Uranus, der Ende Februar oder Anfang März 126 eine große Annäherung an diese hatte, wurde sie aus ihrer ur sprünglichen Bahn verdrängt und durch ihn in das Sonnen system hineingezogen. Es wird in einer der künftigen Epochen am 16. oder 17. November 1965, wo der Komet eine grosse Annäherung an die Erde erreicht, oder im Jahre 1983, wo Uranus ihm wieder sehr nahe sein wird, sich zeigen, in wie weit diese Annahme begründet ist; ebenso wie die erwartete Wieder kehr des Kometen im Jahre 1899 in dieser Hinsicht mancherlei Aufschlüsse gestatten wird. Der Komet 18661 wird voraussichtlich das Perihel, das heisst seine größte Annäherung an die Sonne im April 1899 passiren und wahrscheinlich schon im Februar beobachtet werden können, obgleich die Beobachtungsbedingungen diesmal nicht so günstige sein werden wie jene des Winters 1865/1866, wo Erde und Komet nahe zusammen auf derselben Seite der Sonne standen. Eine lichtschwache Kometen - Erscheinung wird den grossen Teleskopen der Gegenwart sich zeigen, der auffällige Merk male fortschreitender Auflösung anhaften werden. Ein Beweis des Auflösungs-Proccsscs des Kometen von 18661 werden die zahlreichen und aussergewöhnlich reichen Stern schnuppenfälle sein, die wir um diese Zeit zu erwarten haben. Es ist wohl möglich, daß der Hauptstrom schon mehr auseinander gezogen sein kann, als wir zu folgern vermögen, und dass einige der dem Kometen voranziehenden Theile des dichten Schwarmes vor dem Frühjahr 1899 nnd wahrscheinlich jetzt schon die Erd bahn erreichen. Im vorigen Jahre war bereits ein Wachsen in der Zahl der Fälle unverkennbar und eine weitere Zunahme würden wir für den 15. November früh 6 Uhr, zu welcher Zeit jener Strom die Erdbahn berühren wird, zu erwarten haben. Es sind Helle, meist schöne Objecte, diese November-Meteore, 1866 konnte man unter 100 deren 10 zählen, die an Helligkeit Sternen 1. Größen glichen, ferner waren unter diesen etwa zwei oder drei, die Heller als Sirius erschienen, deren 15 schwankten zwifchen 1. und 2. Größe, 25 zwischen 2. und 3., 30 zwischen 3. und 4., 15 zwischen 4. und 5. und 5 könnte man unter 5. Grösse rechnen. Das Herabkommen von einzelnen metallischen oder mineralischen Massen in grösseren Bruckstiicken Ivar selten. Ebenso schön wie ihr Glanz ist die Farbe dieser sternähnlichen Lichtpunkte, die, plötzlich auftauchend, bald in weiß, blau, grün, bald in goldigem oder orangefarbigem Lickte gleich brennenden Raketen eine Strecke weit zwischen den Sternen
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