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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.02.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980218011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898021801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898021801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-02
- Tag1898-02-18
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INS .D verltu, 17-Februar. (Telegramm.) Die Beisetzung deö Senalspra^ nuen am Reichsgericht Vr. Kayser fand heute Nachmittag statt. Da» Reichsgericht, die Colonial- Abtheilung des Auswärtigen Amte-, da» Rrich«justiz-Amt und da» ReichSvrrsicherungS-Amt hatten Kränze gespendet. Unter den Anwesenden war der Generaladjutant de» Kaiser» v. Löwcnseld, der im Auftrage des Kaiserpaares einen Kranz au» Veilchen und Lorbeer überbrachte und der Wittwe des Entschlafenen da» Beileid de» Kaiserpaare» auösprach. Auch von Reichs- und Staatsämtern waren theils die Chef», theil» Mitglieder der Collegien erschienen. General superintendent Faber hielt die Trauerrede. tztz Berlin, 17. Februar. (Privattelegramm.) Die Commission de» preußischen Abgeordnetenhauses für die Privatdocentenvorlage hat diese gestern Abend bis auf den zurückgestellten 8 1 irr erster Lesung durchberathen und mit der von national-liberaler Seite beantragten Aenderung, daß das Oberverwaltungsgericht, nicht das StaatS- ministerium, die zweite Instanz sein soll, angenommen. Ein Vertreter des CultuSministerS hat diese Aenderung für unaurrebmbar erklärt; sie wurde trotzdem mit sieben gegen sechs Stimmen beschlossen. L. Berlin, 17. Februar. (Privattelegramm.) In der gestrigen Versammlung des BezirkSverernS „Neukölln" bei Feuerstein hielt der votksparteiliche Abgeordnete Fischbeck, der für den dritten Berliner Reichstagswahlkreis als Eanvidat der freisinnigen Volkspartei in Aussicht genommen ist, eine Rede über die Stellung seiner Partei zu den übrigen. Er sagte- nach der „Nat.-Z." u. A.: Mit Erstaunen habe er gehört, daß man hier ein Wahlbündniß aller liberalen Männer, von den Nationalliberalen bis zu den Socialdcmokraten, angeregt habe. Für un» wird weit mehr die Frage sein: Wie stellt sich das Ecntrum in den gemischt kon fessionellen Gegenden zu nnS und wie weit können wir die Unterstützung der Polen erhalten? In der Fraktion stehen wir Alle wie ein Mann hinter Eugen Richter. (Lebhaftes Bravo.) Stadtverordneter Mattern«: Man beginnt sich nach gerade in der „Freisinnigen Bolkspartei" die Köpfe zu zerbrechen, weshalb wir so einsam dastehen und immer noch zurückgehen. (Sehr richtig!) Es wäre gut, wenn Abg. Richter auch einmal die Stimmung in der Partei hörte und nicht bloS die Stimmen seiner nächsten Umgebung, der ihm nahestehenden Rath- geber. (Beifall.) Ein Mann wie Eugen Richter sollte daS nicht übel nehmen. Abg. Fischbeck: Wenn einmal eine Deputation zu dem Abg. Eugen Richter geschickt werden sollte, so würde er sie wohl liebenswürdig anhören, ihr aber dasselbe sagen, waS er (Redner) gesagt habe. (Widerspruch. Ruf: Das kommt darauf anl) Wahrscheinlich würde er sie zu ihm (Redner schicken, denn er sei eigentlich das Karnickel. (Heiterkeit. Notorisch bearbeite Abg. Richter seit 1895 nicht mehr die Wahlsachen, das sei sein, Redners, Dezernat. Die Abwehrartikel gegen Angriffe versaffe allerdings zum Theil Abgeordneter Richter. Er freue sich, daß er Gelegenheit habe, an der Aussprache Theil zu nehmen. Nicht wahr sei eS, daß die Partei immer mehr zurück gehe. Die Nachwahlen bewiesen daS Gegrntheil. (Beifall, Wider spruch! Rus: Oldenburg-Plön.) Stadtv. Matterne ist erstaunt zu hören, daß nicht Eugen Richter derjenige ist, welcher die Partei leitet, sondern eigentlich Herr Fischbeck, mit dem also zu verhandeln «i. Wir wollen die Schattenseiten in der Partei beseitigen und au Fehler in der Regie aufmerksam machen, (Beifall.) Deshalb ist eS erfreulich, daß Herr Fischbeck hier ist, von dem man gehört habe, daß er so eine Art kleiner Locanu» sei. (Stürmische Heiterkeit. Air sind zufrieden, wenn Sie unS versprechen, daß Sie mit Ihrem verehrten Herrn Bureauchef einmal sprechen werden. (Troße Heiter keit.) Man dürfe nicht zu starr« Principien aufstellen. Ob wir einmal für etwa» mehr oder weniger Flotte sind, sei nebensächlich. (Allgemeines Oho! Unruhe, vereinzelter Beifall. Jawohl, da» sind gegenüber den großen Fragen Nrbenpvncte. (Widerspruch.) Eine Partei schadet sich durch da» starre Fest halten an Princlplenfragen. Eine große Partei muß abweichende Meinungen vertragen können und zulaffen. Wenn wir blind einem Führer folgen und keine eigene Meinung haben dürfen, sinken wir zu einer Hammelherrde herab. (Lebhafter Beifall und vereinzelter Widerspruch.) L. Berlin, 17. Februar. (Privattekegramm.) Heute tagten hier die Vertreter der deutschen KeftungSstädte, um eine Denkschrift über die Erweiterung der Festunqeu und deren Kosten zu berathen. Allseitig hielt man, der Nat.-Z." zufolge, den bisher von der Reichsregierung festgebaltenen Grundsatz, nach welchem die im wirthschaftlichen Interesse der Gemeinden gebotenen Veränderungen und Erweiterungen der Festungen abhängig gemacht wurden von der Be schaffung der Kosten für die nöthigen. Ersatzbauten durch die betheiligten FestungSstädte, für unbillig. Denn die Festungen haben langst aufgehört, eine Schutzwehr ihrer Bewohner zu bilden, sse werden zum Schutze des ganzen Reiches und der Allgemeinheit aufrecht erhalten. Angesichts der neuerdings von der Reichsregierung in dieser Frage eingenommenen wohlwollenderen Auffassung beschloß man jedoch, von einer Vorstellung bei derselben zur Zeit abzusehen. — Nach der „D. Col.-Ztg." hat sich im Schooße der deutschen Colonialgesellschaft eine Commission gebildet, welche daS Project zur Entsendung einer deutschen Handels expedition zum oberen BenuS studirea und unter Um ständen verwirklichen will. Die bisherige, durch nicht» ge rechtfertigte Theilnahmlosigkeit de» deutschen Handel» an den Verhältnissen am oberen Benu8, der von einem Deutschen entdeckt wurde, für dessen Erschließung Flegel sein Leben ließ, soll damit rin Ende nehmen. — Nicht geringe Heiterkeit, so lesen wir in der „Berl. Börs.- Zeitung", hat es in parlamentarischen Kreisen erweckt, daß am letzten Dienstag bei Berathung des Etats deS Reichsschatzamts im Reichstage gleichsam SerseheNtlich der Herr ReichSschah» errrtairrin Gehalt von 30 000 Mark bewilligt erhalten ^t. Bekanntlich lag die Absicht vor — und sie ist auch jetzt noch nicht aufgcgeben — den Herren Staatssecretairen vom Reichspostamt, Reichsschatzamt^ Reichsmarineamt und Reichs- üstizamt die Gehaltserhöhung von 24 000 auf 30000 Mark nur dann zukommen zu lassen, wenn der von dem gesummten Reichstag« ohne Unterschied der Parteien gewünschte Nachtrags etat zu Gunsten der Po st unterbeamten und Land briefträger noch in dieser Session von der Regierung ein gebracht wird. In Consequenz dieser bestimmten Absicht sind auch schon einstweilen die Gehälter für die Chefs des Postwesens und des Reichsjustizamts in der zweiten Lesung auf 24 000 Mart gekürzt worden. Nur aus Versehen scheint Herr vr. Lieber den Antrag, den er vor acht Tagen bezüglich des Gehaltes des Herrn Nieberding eingebracht hatte, am Dienstag bei dem Etat des Schatzamts zu wiederholen unterlassen zu haben. Indessen ist für Herrn v. Thielmann noch nicht aller Tage Abend. Geht nicht noch inzwischen jener Nachtragsetat «in, so wird er in dritter Lesung erleben müssen, daß sein Gehalt auf 24 000 Mark herabgesetzt wird. — Eine hiesige Correspondenz hatte gemeldet, die Fragen, die s. Zt. dem Privatdocenten vr. Arons von der hiesigen philosophischen Fakultät vorgelegt wurden, seien im Mi nisterium des Innern entworfen worden. Demgegen über bemerkt die „N. A. Ztg.", daß der Minister des Innern damit nicht das Mindeste zu thun gehabt habe; die Fragen seien lediglich von der Facultät oder ihrem Decan formulirt worden. — Herr v. Woyrsch hat im preußischen Herrenhaus« folgende Interpellation eingegebracht: „Was hat die königliche Staat»- regierung veranlaßt, damit am Bahnhof Brieg nicht wieder «in solches Unglück stattfindet, wie eS kürzlich der Frau GräsinPfeilauf Kreisewitz und deren Tochter und Kutscher am 15. Januar d. I. widerfahren ist? Die Gräfin hat «ine schwere Fleischwunde am linken Unterschenkel davongetrogen und drei Rippen gebrochen, wo durch die Lunge in Mitleidenschaft gezogen ist; ihre Tochter hat drei Rippen, das Schlüsselbein und an dem einen Fuß den Knöchel ge- gebrochen. Der Kutscher ist scalpirt worden. Hat denn die Polizei behörde nie wegen Abstellung der Gefahren, welche allerdings Jahre lang bei dem dortigen Uebergang über die Schienen bestehen, An zeige gemacht?" * Lübeck, 16. Februar. Der Fehlbetrag im Staats budget 1898/99 beziffert sich nach der „Köln. Ztg." auf 62930 Mk. gegen 528 4A Mk. im Vorjahre. * Bielefeld, 16. Februar. Auf Anregung der Bielefelder Handelskammer hat der Bielefelder Verein zur Wahrung ge schäftlicher Interessen die Ladeninhaber für die Einführung des Neun-Uhr-Ladenschlusses zu gewinnen gesucht. Nachdem zahlreiche Unterschriften gesammelt waren (etwa 200), fand vorgestern eine öffentliche Versammlung statt, in welcher einstimmig beschlossen wurde, vom 1. März d. I. ab di« Läden um 9 Uhr zu schließen und auch zu gleicher Zeit mit der Beleuchtung der Schaufenster aufzuhören. Ausnahmen sind, wie wir der „Franlf. Ztg." entnehmen, gestattet für die Ci garrenläden, die bis 10 Uhr offen bleiben können. Für alle Geschäfte freigegeben sind die Tage vor Sonn- und Feiertagen, je acht Tage vor Ostern und Pfingsten, sowie der Monat De- cember. Die Ueberwachung der Durchführung des Beschlusses wurde dem Vorstand« des Vereins übertragen. tb. Weimar, 17.Februar. (Privattelegramm.) Der Land tag nahm heute in zweiter Lesung einstimmig den Antrag an, Maßnahmen zu ergreifen, um der Thüringer Industrie, besonders der weitverbreiteten Klein in d ustrie, den größtmöglichen Bortheil von der durch die Besetzung Kiaotschaus veränderten Lage in Ostasien zu verschaffen. * Frankfurt a. M., 16. Februar. Drei Versammlungen der Fortschrittspartei, der Demokraten und der NationaNiberalen beschlossen heute Wend, gegenüber der Socialdemokratie den langjährigen früheren fortschrittlichen Landtagsabgeordneten Stadtrath Flinsch al» gemein samen Candidaten zur Reichstagswahk aufzustellen. (Berl. T.) * Würzburg, 16. Februar. Wegen Mißhandlung von Soldaten wurde Andreas Heimüller aus Thulbe bei Hammelburg, Unteroffici er in der 6. Compagnie des 5. Infanterie-Regiments in Bamberg, zu vier Monaten Gefängniß, Degradation und Versetzung in den Stand eines Soldaten zweiter Classe verurtheilt. * Regensburg, 16. Februar. In einer Vertrauensmänner versammlung der Centrumspartei wurde, laut der „Augsburger Postztg.", Herr v. Lama einstimmig wieder als Candidat für die Reichstagswahl aufgestellt. * München, 17. Februar. Die Abgeordneten kammer nahm gestern mit 117 gegen 18 Stimmen ein Gesetz, betreffend die Reorganisation der Münchener Po lizei, an. Diese Umgestaltung gipfelt darin, daß an Stelle der bisherigen, rein militairisch orgamsirten Gendarmerie (Stadt compagnie) eine civile Schutzmannschaft gesetzt wird. Außerdem sieht das Gesetz eine Decentralisation der Polizei vor. München hat zur Zeit über 430 000 Einwohner und nimmt jährlich um 15—18 000 Seelen zu. Dazu kommt in nächster Zeit die Einverleibung einer Reihe von Vororten mit rund 10000 Einwohnern. Die Münchener Polizei wird fortan, so schreibt man der „Post", zunächst in 5 Polizeiämter gegliedert sein, die mit weitgehender Selbstständigkeit von der fortbestehen den königlichen Polizeidirection ressortiren, unter sich aber in den einzelnen Bezirken Bezirkscommissare haben. Di« Criminal- polizei bleibt ungetheilt. Die Umwandlung bedeutet für die Gemeinde München eine starke Mehrbelastung, da der Landtag derselben die Hälfte der Mehrkosten über eine Präcipualsumme von 1200000 Mk. auferlegte, während die Regierung nur ein Viertel verlangte. * Au» Elsaß-Lothringen, 17. Februar. Während die Gesammtbevölkerung des Reichslandes seit 1871 von 1517494 auf 1536152 Seelen angewachsen ist, weist im Gegensatz dazu die ksraikitisch« Bevölkerung eine stetige Abnahme auf. Die «iste Volkszählung am 1. December 1871 ergab 40812 Israeliten (2,69 Proc. der Gesammtbevölkerung); 1875 waren nur noch 38 840 (2,59 Proc.), 1885 36672 (2,41 Proc.) und 1890 34 361 (2L4 Proc.) vorhanden. Diese Abnahme läßt sich nur aus der fortwährenden Auswanderung nach Frankreich erklären. Auch heute noch pflegen zahlreiche alt elsässisch« israelitische Familien, wenn sie sich von den Geschäften zurückziehen, sicb in Frankreich niederzulassen. Angesichts der gegenwärtigen antisemitischen Hetzereien, die sich besonders auch in den Grenzstädten bemerkbar machen, werden dies« israelitischen Sympathien für Frankreich Wohl eine Abkühlung erfahren. (M. N. N.) ' Oesterreich-Ungarn. Die deutsch? Sache. * Wien, 17. Februar. (Telegramm.) Gegen den Ver treter der Prager Burschenschaft „Carolina", I)r. Weiß, hat die Polizei eine Untersuchung wegen Hochver rat be» eingeleitet, der angeblich in einer Rede begangen wurde, die er bei einer zu Ehren de» Abg. Wolf hier ver anstalteten Festkneipe gehalten hat. (Voss. Ztg.) * Laibach, 17. Februar. (Telegramm.) Die deutschen Studenten unterließen gestern auf Wunsch des Landes- Präsidenten den Bummel. Auf den Straßen fanden große Ansammlungen statt. Die slowenischen Studenten über reichten dem Bürgermeister eine Denkschrift, die schließt: „Wir vertreiben nicht die Deutschen, wohl aber die preußischen Couleur» von unserem Boden." (Voss. Ztg.) AutlscmitifcheS. * Wien, 17. Februar. (Telegramm.) Im Cark- theater fanden bei der gestrigen Aufführung de» Herzl'scben Schauspiele» „Da» neue Ghetto" antisemitische Kundgebungen statt. Ein Theil der Galeriebesucher erhob stürmischen Lärm und rief: „Pfui Herzl! Judenfrechheit!", worauf Gegenrufe für Herzl ertönten. Nachdem sich der Lärm gelegt hatte, wurde weiter gespielt. (Voss. Ztg.) "Wien, 17.Februar. (Telegramm.) Wiedie„N.Fr.Pr." au» Krakau meldet, beschloß der Gerichtshof, da» von dem Vertheidiger des Abgeordneten DaSzynSki vorgelegte ärztliche Zeug» iß nicht zu berücksichtigen, jedoch mit der Anschreibung der Verhandlung bi» zur Rückkehr DaSzynSki'» einzuhalten, da gemäß des Vertrages mit der Schweiz dem in Zürich weilenden DaSzynSki eine Vorladung zur Verhandlung wegen Aufwiegelung, somit wegen eine» politischen Delicte», nicht zugestellt werden kann. (Wiederholt.) "Pest, 17. Februar. (Telegramm.) Der König empfing heute Mittag eine Abordnung des Pest er Ge nie i n d e r a t h e S, die anläßlich des Verweilens des Hofe» in der Stadt dem Könige dir Huldigungen Pests darbrachte. Der König antwortete, er freue sich, so oft er nach Pest komme, an den großen Fortschritten der Stadt wahrzunehmen, daß ibre Verwaltung tüchtigen Männern anvertraut sei. Der König äußerte sich hierauf über die Nothwendigkeit de» Baues neuer Krankenhäuser in der Stadt. Der Bürgermeister erwiderte, die Hauptstadt werde danach streben, die Spitalbaufrage zu lösen. Frankreich. Procetz Lola. * Paris, 17. Februar. (Telegramm.) Di« für den General stab eintretenden Blätter heben al» das Hauptereigniß des gestrigen VerhandlungStageS im Proceß Zola die Rede Pellieux' hervor, welche im ganzen Lande lebhaften Widerhall finden werde. Die Zola freundlichen Journale verurtheilen sehr scharf das durchsichtige Manöver Pellieux', aus die Geschworenen Eindruck machen zu wollen, indem er eine Campagne zu Gunsten der Revision des Dreysus- Processes als Vorbereitung zu küaftigen Niederlagen darstrllte. (Wdrhlt.) * Paris, 17. Februar. (Tel.) Im Ministerrathe theUte der Justiz. Minister Milliard mit, daß Thövenet uud Trarieux im Senate über die Unregelmäßigkeiten zu interpelliren beabsichtigen, die im Jahre 1894 im Processe gegen Dreyfus begangen worden seien. Der Justizminister wird im Senate beantragen, die Inter pellation bis nach Beendigung des Processes gegen Zola zu vertagen. Wie der Justizmiulster weiter mittheilte, bezeichneten die Inter pellanten es als eine Ungesetzlichkeit, daß am 23. December 1894 dem Kriegsgerichte sogenannte geheime Schriftstücke unterbreitet worden seien, die man weder dem Angeklagten Dreyfus, noch seinem Vertheidiger Demange mitgrtheilt habe. * Pari», 16. Februar. (Frkf. Ztg.) Als Curiosum sei mit- gethrilt, daß Millevoye bei einer gestrigen Versammlung in SureSneS erklärte, daS geheime Schriftstück des Processes DreyfuS laute wörtlich: „Ich wünsche, daß diese Canaille von Dreyfus möglichst bald dir Stücke liefere, die er Ihnen versprochen. Wilhelm." „Es ist klar", fügt Millevoye hinzu, „daß die Publi kation deS Briefes den deutschen Kaiser, der mit DreyfuS Be ziehungen leugnete, compromittirt und eine Kriegserklärung herbei geführt hätte. Deshalb unterließ die Regierung die Veröffentlichung auS StaatSraison." (In diesem Falle ist wohl nicht Dreysus, son dern Millevoye die Canaille. D. Red.) * Pari», 17.Februar. (Telegramm.) Cortet,Bischof von Troye», ist gestern gestorben. Schweden und Norwegen. Da» neue Ministerium. * Cdristiania, 17. Februar. (Telegramm.) Die Ver- theilung der Ministerporteseuille» wird in folgender Weise vorgeschlagen: Steen Präsidium, Duam Justiz, Wexelsen Cultu», Holst Bertheidigung, Lövling öffent liche Arbeiten, Sunde Finanzen, Thielesot Inneres, Blehr Staatsminister in Stockholm, Nysom und Löchen StaatSräthe in Stockholm. (Sämintliche Minister gehören der radikalen Linken an. D. Red.) * Christtanta, 17. Februar. (Telegramm.) DaS neue Ministerium ist nunmehr in der bereits gemeldeten Zusammensetzung endgiltig ernannt worden. Großbritannien. Gladstone. * Cannes, 16. Februar. Gladstone bat heute Abend 8 Ubr 56 Min. Cannes verlassen, um sich nach London zurück zu begeben. Bei der Abreise wurde er von den Mit gliedern der englischen Colonie lebhaft begrüßt. Orient. Der Bosporus. * Konstantinopel, 16. Februar. DaS Schiff „Tambow" der russischen Freiwilligenflotte passirte gestern mit 2000 Soldaten und !6 Kanonen den Bosporus auf der Fahrt nach Wladiwostok. Bulgarien und die Pforte. * Konstantinopel,. 17. Februar. (Telegramm.) Der bulgarische diplomatische Agent Markow erhielt gestern die Mittheilung, daß der Sultan, um Bulgarien und dessen Fürsten seine Freundschaft zu beweisen, eine Commission, be stehend aus dem Commandanlen von Vola, Enver, dem Adjutanten Saab Eddin und drei Obersten, nach Uesküd entsenden werde. Alle verhafteten Bulgaren werden unter der Bedingung, den Eid der Treue zu schwören, begnadigt, ausgenommen 15 Hauptangeklagte. Alle KaimakamS, die ihre Amtsgewalt mißbraucht haben, werden ihres Amtes entsetzt. Unruhen in Albanien. * Ragusa, 16. Februar. Aus Nordalbanien kommen Nachrichten über eine steigende Gährung aus Anlaß eines Mädchenraubes. 2000 Albanesen verschiedener Stämme liegen im Kampfe. (Frks. Z.) * Belgrad, 17. Februar. (Telegramm.) Der Metro polit Michael ist an der Lungenentzündung schwer erkrankt. Asien. Tas französische Katholiken-Protcctorat. * Rom, 16. Februar. Frankreich verlangt vom Valican behufs Wahrung seiner Schutzrechte über die Christen in Ostasien die Errichtung einer Nuntiatur in Ost- asien. (Frkf. Ztg.) Amerika. Untergang Ser „Maine". * Loudon, 17. Februar. (Telegramm.) Nach einem ausführlichen Drahtbericht der „Central News" aus Havafinab schildert ein Osficier der „Maine" den Hergang wie folgt: Die meisten Ofsiciere waren abwesend, da sie eine Einladung angenommen hatten, an Bord eines anderen amerikanischen Schiffes im Hasen zu speisen. Die Mann schaften waren alle an Bord und schliefen größlen- theilS. Die „Maine" lag vor Anker, aber ihre Feuer brannten. Gegen 10 Uhr Abends entstand eine furcht bare Explosion. Niemand an Bord zweifelte, daß der Kessel geplatzt sei, gleichzeitig brachen Flammen ans verschiedenen Stellen hervor, Hornsignalc ertönten, eine Menge Mannschaften eilten an Deck. Anfänglich wurden sie an die Pumpen beordert, aber dann erfolgte eine zweite noch furchtbarere Explosion. Die Flammen hatten das Hauptpulver magazin erreicht. Große Löcher würden in die Seite und den Kiel des Schisses gerissen. Der Kreuzer begann rasch zu sinken. Während die Boote flottgemacht wurden, entstand eine dritte Explosion, dann gab der Capitain den Befehl: „Rette sich, wer kann". Eine Explosion folgte jetzt der anderen. Das elektrische Licht der „Maine" war erloschen, wodurch das Rettungswerk sehr erschwert wurde. Boole von spanischen Kriegsschiffen retteten etwa 200 Amerikaner; die meisten Geretteten sind schwer verletzt. (Voss. Ztg.) Cnba. * New Nork, 17. Februar. (Telegramm.) Nach einer Meldung aus Kingstvne (Jamaica) ist ein nach Cuba be stimmter Freibeuterzug behördlich angebalten worden. Eine Menge von Waffen und Munition die in Fässern ver schifft wurden, welche angeblich Cement enthalten sollten, ist beschlagnahmt worden. (Fortsetzung des Textes in der 1. Beilage.) Fernspr. 1998. 6rö88tvs Lr8ts8 ttotsl Vsut8ok1avä8 Central-Hotel, Berlin. 5VV Ämmer von 3 ßük. — 25 Oentralbirllnbok ki-lecki-ielmtra»«!?. "Mg Patent. Das ewige Feuer. Patent. Vrude-Lefc» mit Platten und Rost, Badeöfen. »r. »enlnlisiinen. L.-Plagwitz, Carl-Hrineftratze 7S. Tauernde Gewerbe-Ausstellung, Heizöfen jeder Grütze. goldbedeckten großen Pagode und da von dem Haupttempel mit seinen in allen Farben schimmernden, auS Hunderttausenden buntglasirter Thonplatten zusammengesetzten Dache und seinen mosäikbekleideten Säulen und Wänden, während die Thüren und die Fensterfüllungen aus Ebenholz bestehen mit den herr lichsten Perlmutiereinlagen. Von großer Wirkung ist auch das Innere dieses Haupi- tempelS; der Fußboden besteht aus leise klirrenden, vergoldeten Metallplatten, die Wände sind bemalt mit siamesischen Land schaften, reich an Tempeln und Pilgerzügen, hinten erhebt sich der goldstrotzende Altar mit zahllosen goldenen betenden und predigenden Buddhas, die in Pyramidenform auffieigen und oben gekrönt werden durch einen auS Bergkrystall geformten Buddha, dessen Kopf aus einem einzigen Smaragd besteht, dem größten derartigen Edelstein der Welt. Und tritt man wieder hinaus auS dem feierlichen Halbdunkel deS Tempels, so steht man von Neuem wie bezaubert vor all' dem vorhin geschilderten Flimmernden und Blitzenden da, welcher manch' Seltsames, aber auch unendlich viel Farbenschöne» und AnmuthigeS, Prunkende» und Zierliches enthält. — Natürlich muß man, ehe man die Palast-Stadt, die noch eine ganze Zahl anderer Paläste und Tempel birgt, verläßt, den weißen Elephanten einew Besuch obstatten — sind wir doch im Reiche deS weißen Elevhanten, dessen Abbild man auf allen Fahnen, Wappen, Münzen re. trifft. Vier weiße Elephanten, drei männliche und ein weiblicher, befinden sich gegenwärtig in der königlichen Residenz, jeder von ihnen ist in einer besonderen Siallung untergebracht und an einem einst vergoldet gewesenen Pfahlebefestigt, jeder hat «uch seine Wärter, die für Fütterung und Säuberung sorgen: TS sind Alle» sehr große Thiere, von weißer Farbe ist natürlich keine Rede, ihr Fell spielt in» Röihliche hinüber, und namentlich die Vhrlapprn weisen eine Helle Färbung auf; die armen vierbeinigen Heiligen — sie gelten als heilig, weil nach der Legende die Seele Buddha'S vor seiner Wiedergeburt als Mensch in einem weißen Elephanten gewohnt hat — lang weilen sich mordmäßig, sie ließen rin wohliges Grunzen ver nehmen und streckten uns vergnügt (so bildet» wir unS rin) die Rüffel entgegen, als sie einmal wieder fremde Gestalten er blickten. Nahe der königlichen Residenz liegen noch mehrere WatS oder Tempel-Anlagen, deren spitzgegliederte bunte Dächer weithin flimmern. Die siamesische Architektur und Kunst sind durchaus originell, beide arbeiten mit merkwürdig geringfügigen Mitteln, und wenn man hinter die Couliffen guckt, so ist man doppelt erstaunt über die erzielte Wirkung, denn all' diese so wunderbar glänzenden Dächer, Säulen und Wände, sie sind in ihrer äußeren Bekleidung aus den schon angeführten glasirten Thonplatten, aus bunten GlaSstückchen, auS Muscheln und in bestimmten Fällen sogar aus Scherben von Porzellangeräihen zusammengesetzt, aber neben der ungeheuren Mühe mit solchem Geschmack und solch vor nehmem Farbensinn, daß eben, bei dieser Sonne und unter diesem Himmel, der Erfolg ein ganz großartiger, unsere Sinne völlig berückender ist. Wie gern würde ich hier nähere Schilderungen einzelner dieser WatS geben, aber, ganz abgesehen von dem mir zur Ver fügung stehenden geringen Raum, kann ja die F^er nicht entfernt diese seltsame Farbenpracht wiedergeben und noch weniger die traumhafte Stimmung, von welcher verschiedene dieser ausge- breiteien Tempel-Anlagen umfangen sind und welche auch unS völlig in ihren Bann nimmt — eS ist oft eine ganz dornröSchen- hafte Stimmung, besonders in den älteren, halb verlassenen Wat» mit ihren von MooS und Gras überwucherten Höfen, den offenen Hallen, in denen Hunderte vergoldeter großer Buddha'» I in langm Reihen thronen, den kleinen und großen Tempeln, den j von Palmen umgebenen Glockenthürmen, den mit Lotosblumen bedeckten Teichen und den von Dämonen-Schreckgestalten be wachten Grotten, aus denen vergoldete Buddhas heraus schimmern. Kein Mensch weit und breit, zarte Vögel mit buntem Gefieder zwitschern in den blüthenreichen Bäumen, Eidechsen rascheln in den herabgefallenen Blättern und hand große Schmetterling« umflattern die blauen Winden, die sich um eine kleine Pagode aus dunkelblauem Porzellan, in welches Rosen-Guirlanden eingefügt sind, ranken. Habe ich des Herrlichen und Märchenhaften gedacht, so muß ich auch des Furchtbaren und Schrecklichen gedenken, aber nerven schwache Leserinnen bitte ich freundlichst, die obigen Strich« zu beachten und nicht weiterzulesen (was nun wohl aber erst recht geschehen wird!). Ich führe Euch jetzt an die Stätte des Todes, zum Tempel deS ewigen Schweigens, ich führe Euch nach Wat Sakket! Dieser Tempel, der aber seinen Namen nicht verdient, wenn man der anderen prächtigen Gebilde gedenkt, liegt ein wenig außerhalb der „Stadt" an einer Straße, die, wie alle übrigen, von der Hauptstraße abgesehen, einen mehr ländlichen Charakter hat. Von fern schon fallen uns auf den Bäumen große schwarze Flecken auf, es sind mächtige Geier, die zu Dutzenden auf den Testen hocken und welche auch die Spitze eines plumpen weißen ThurmeS dicht beseht halten. Durch «ine ihorariige Oeffnung einer niedrigen weißen Mauer treten wir ein und wandern eine Streck« unter hohen Bäumen dahin, welche dem Ort etwas Düsteres und Unheimliches verleihen, dann biegen wir nach links ab und gelangen an den weißen Thurm vorbei an einen freien Platz, der dicht von Bäumen umschloffen ist; in einiger Entfer nung drei niedere offene Hallen, unter denen ein paar Männer kauern, weiterhin ein halbzerfallener kleiner Tempel und eine weiße Pagode. Auf dem Platze zwei Feuerstellen mit eisernen Rosten; um den einen Rost ist trockenes Holz aufgeschichtet, das nun von einem der Männer in Brand gesetzt wird und gleich hell aufloderi. Zwei andere Männer schleppen an einer Stange eine längliche Holzkiste herbei und setzen sie nieder, der Decke! wird geöffnet und — ein Todter wird sichtbar, den die beiden Träger an Kopf und Füßen fassen und in das Feuer auf den Rost legen: Heller lodern die Flammen auf, sie knastern und knattern, ein dunkel-brauner Dampf steigt von ihnen empor, der sich in einer Richtung langsam zu den Kronen der Bäume hinaufzieht, zu den Geiern hin; der Mann, der das Feuer angezündet, stockert in demselben mit einer langen Eisenstange umher, von dem Todten ist kaum noch etwas zu sehen, ein paar Hunde schnüffeln um die Brandstelle herum, vielleicht daß einige Knochen obfallen —! Das ist der Armen Begräbniß, richtiger eigentlich Hinweg räumung Nummer Eins, jener Armen, deren Hinterbliebene noch zwei, drei Mark für das Holz erschwingen konnten. Begräbniß Nummer Zwei erhalten nur im Gefängniß gestorbene Sträflinge oder am Wege Verendete, die keinen Silberling für das Holz hinterlassen und deren Angehörige sich nicht gemeldet haben. Wie man mir sagte, hat der König diese Hinwegräumung Nummer Zwei verboten, aber, wie um manch anderes Verbot von ihm, kümmert man sich auch um dieses nicht. Bei Begräbniß Nummer Zwei werden die Körper der Todten zerstückelt und den Geiern und Hunden vorgcworfen. Und die Sonne scheint lächelnd hernieder und in heiterem Frohsinn blaut der Himmel herab, und zurück kehren die Geier zur Spitze des Thurmes zum ewigen Schweigen, auf ihrer hohen Zinne eines neuen Opfers harrend.
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