Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.02.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960219015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896021901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896021901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-02
- Tag1896-02-19
- Monat1896-02
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-PreiS k» Her Hauptexp»dit1on oder den tm Stadt bezirk und den Bororten errichteten Aus- gabestellen abgeholt: vierteljährlich^4.50, bet »weimalia», täglicher Zustellung in» Hau» 5.50. Durch di» Post bezogen sür Deutschland und Oesterreich: viertellührlich 6.—- Direkte tägliche kkreuzbandlrodunä in» Au» land: monatlich ^l 7.50. Die Mvrgen-Au-gabe erscheint um '/,? Uhr, die Abend-Au-gab, Wochentag» um b Uhr. RrLartion «nL Erpedittm: Sotz«nne»<affe 8. Dl»Expedition ist Wochentag» unnnterdrochea »öffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. "Filialen: Dtt» Me»m's Tortim. (Alfred Haff«), Universitüt»straße 1, Laut« Lösche, Kaiharinenstr. 14, part. uud königsvlatz 7. Morgen-Ausgabe. UchMerIagMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes LeiMg, des Mathes und Mokizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigeu-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile L0 Psg. Reklamen unter dem Redaction-strich (4go- spalten) 50/H, vor den Famtliennachrichtrn («gespalten) 40^. Aeötzee« Schriften laut unserem Preis- vrr-eichnib. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. - <s—c>» Extra»veil«,e»l (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörherung SO —, mit Postbesörderuug 70.—. Jinnahmeschluß fSr Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr- Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Für di« Montag-Moraen-Ausgab«: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestelle» je eine halb« Stund« früher. Anzeigen sind stets an die Gxpetzttia»» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. SV. Jahrgang. 89 Mittwoch den 19. Februar 1896. s 7868 999 Lk,54 30,90 4021913 81,90 d. 384 589 2,41 519 063 4,17 1,22 743 652 1,16 185 953 0,60 39609 0,22 146344 ä. 113 813 0,91 26007 0,45 0,14 139820 5 093 85 866 4 233 8 MM 961 4318M 0,08 0,01 29,11 ihren 0,03 0.01 23,82 dl« Anzahl der tköpfe auf de« San», Proc. der überhaupt Be»ölle- rung Proc. der Überhaupt PevLve- rung 0,17 0,03 37,35 Deutsches Reich. Ia. ö.-N. Leipzig, 18. Februar. Das Reichsgericht hat die Revision der socialdemokratischen Redakteure Dierl und Rautmann, welche vom Landgericht Berlin I am 29. Oktober 1895 wegen MaiestätSbeleidigung verur- tbeilt waren, verworfen. Ebenso wurde die Revision der Staatsanwaltschaft in dieser Sache verworfen. * Leipzig, 18. Februar. Die zweite Ablehnung der Einladung zu den sogenannten olympischen Spielen in Athen durch die deutsche Turnerschaft, gerichtet an das Berliner Comits sür die Betheiligung an diesen Spielen, lautet: „Al- die Zuschrift Ihre» LomitSS hier eintraf, war die auf Grund eines zweiten, gegen nur eine Stimme einmüthig gefaßten Beschlusses unseres Ausichusses erfolgte Ablehnung der erneuten Einladung des hellenischen EomitöS bereits absegangru, — eS würde, ivrnn die- auch nicht der Fall gewesen wär», auch di« freundliche Aufforderung Ihres ComitSS »inen andern Ausgang nicht herbeigrführt haben. Die Tbatsachen, dir es mit unseren deutschen Gefühl«» unverträglich machen, unS bei den Athener Festlichkeiten zu brtheiligen, bestehen nach wie vor fort. — Vertreter Deutschlands sind zu dem vorbereitenden Congreß im Jahre 1894 absichtlich nicht eiugeladen worden — die Angaben in dem Ausruf Ihres geschäslSsührendea Ausschusses vom Anfang Januar ds. Js., daß an der Nichtemlodung Deutschlands nur ol» Unkenntniß des Herrn de Coubertin mit den sportlichen Verhältnissen Deutschlands und gor auch die Unhöflichkeit Deutscher angeiehenen Namens di« Schuld trüge, ist eine undewieseue An- nähme Ihres Herrn Schriftführers und »ine Entschuldigung der französischen Unverfrorenheit auf deutsche Kosten, die mindestens durch Nennung der Namen zu belegen gewesen wär«. Ein Mann wie Herr d» Coubertin, Srcretair der vulon LttllStique, der für den Congreß Besucher au» fremden W«ltthril«n aufzutrribrn wußte, konnte solche auch aus unserem Vaterland, welches in der deutschen Turnerjchast die größte Organisation der ganzen Welt für Leibesübungen besitzt, mit Leichtigkeit bekommen. Ferner ist gesagt worben, Herr dr Coubertin habe di» ihm vom „Gil Blas" in den Mund gelegten Aeußerungen vollständig al« nicht g»sch»hen drmentirt. Uns ist nur die Zurücknahme seiner Aeußerungen über den Kronprinzen von Griechenland bekannt geworden. Wollte aber Herr de Coubertin die ihm vom „Gil Blas" nachgrsagten Aeußerungen dementiren, so mußte er es gleich nach ihrer Veröffentlichung, nicht aber nach länger als einem halben Jahre und vom hellenischen ComitS gedrängt, thun. Unser deutscher Sinn verträgt solch' französisches Treiben nicht! Endlich ist es eine Thatjach«, daß, während Belgien und andere Länder bereits im Sommer eingeladen worden sind, man uns Deutsche Ende November einladen ließ, also in riner Zeit, vier Monate vor dem Fest», dir »ine gründliche Vorbereitung »in»r Theilnahme an drm Fest» gar nicht mehr gestattet hätte. Dir ge nannten Thatsachen sind für unser nationales Gefühl so schwer« wiegend, daß »ine Ablehnung der Einladungen jelbstverständ- lich war, und daß wir nach wir vor bedauern, daß nicht jedrr deutsche Mann ebenso fühlt. Andere Gründe für eine Ab lehnung, die in dem rein sportlichen Programm der Feste zu suchen gewesen wären, und welche, mit Ausnahme des Norwrgischen, fämmtliche gymnastisch» Verbände Europa« — selbst den französischen Turnerbund zur Ablehnung der Theilnahme be wogen haben, sind von uns nicht in Erwägung, gezogen worden. Wenn Sie am Schlüsse Ihrer Zuschrift sagen, daß der Turnvater Jahn, wenn er noch unt»r den Lebenden weilte, gewiß dem Rufe nach Athen Folge geleistet haben würde, um dort auf der alten klassischen Stätte deutich» Kraft zu zeigen, so bedauern wir nach der Krnntniß, die wir vom Geiste und Sinn» Jahn'« gewonnen haben, diese Ansicht nicht thrilen zu können. Jahn, der es »inen „langersehnten Schöpfungsbeginn" nannte, als da deutsche Volk endlich sich seiner bewußt wurde und von der Ausländerei und allem Wälschthum sich frei machte — er würde stolz sein Haupt gegenüber den sein Volk, al- sei e» nicht vor- Händen, behandelnden Franzosen erhoben und di» im letzten Moment noch zugewrndet» Einladung zurückgewiesen hoben — ganz ab gesehen davon, daß er in einer sogenannten internationalen Wieder holung eine» einst streng nationalen Feste« einen ungesunde» Au«, wuchs der Zeit gesunden haben würde. — Die deutsche Turnerschaft hat ihre Kraft in den Dienst de« Vaterlandes gestellt — sie ist nicht gewillt, vor Wätscher Unverfrorenheit sichzubeugen! Hochachtung-voll und ergebinst Der Ausschuß der deutschen Turnerschast. vr. Ferd. Goetz, Vorsitzender. Prof. vr. Rühl, Geschäftsführer. Leipzig und Stettin, 11. Februar 1896." lD Berlin, 18. Februar. Wie sich die Antisemiten gegenseitig bekämpfen, ersehen wir au» einem Artikel in der Nr. 7 de« „Deutschen BolkS-Recht-", der also lautet: „Die „Staatsbürger-Zeitung" ist in dem vor Kurzem stattgehabten Proceß gegen die „Genossenschaft Berliner Schneidermeister" auf Antrag des Anwälte« der letzteren „auf ihren geistigen Zustand unter sucht worden" und siehe da, e« bat sich herausgestellt, daß dieser geistige Zustand dem einer alten giftigen und aeizigen Tante gleicht, dir außerdem di« Eigen schaft besitzt, stark nach „recht»' zu schielen und Herren im goldenen Kragen um Subventionen für ihre alten Tage anzubetteln. Der böse Geist besagter aller Tante äußerte sich in der erwähnten Gerichtsverhandlung besonders auch dadurch, daß-sie durch ihren Ebes Redakteur erklären ließ: „Sie werte nachweisen, daßdiejenigen antisemitischenZeitungen, welche keine Juden-Annoncen aufnebmen, auf Betrug oder Bettel basirt seien." Da nun sämmtliche anti semitische Zeitungen mit Ausnahme der „Staatsbürger- Zeitung" keine Juden-Annoncen aufnebmen, weil sie eS zum mindesten für widersinnig oder betrügerisch halten, vorn zu warnen: ,Kauft nicht bei Juden" und hinten für koscheres Geld (non vlst!) Judenwaaren anzupreisen, so nabm der Gerichtshof an, daß die vorerwähnte alte falsche Tante an riner so totalen Verwechselung der Begriffe leide, daß die völlige geistige und moralische Umnachtung als erwiesen zu betrachten sei. Die „Staatsbürger-Zeitung" wird daher künftig an den Wochentagen von Plötzensee, an den Sonntagen von Dalldorf aus erscheinen." — Da» „Deutsche BolkS-Recht", eine Gründung des ReickStagsabge» ordneten vr. Böckel, wird jetzt verlegt und redigirt von H. von Mosch. * Berlin, 17. Februar. Die soeben veröffentlichte lieber- sicht der Ergebnisse der Veranlagung zur Ein kommensteuer in Preußen für das Jahr l895/96 giebt rum ersten Male neben den Censiten der einzelnen Ein kommensgruppen auch die Anzahl der Köpfe (Eensilen und Angehörige zusammen) an, welche auf die betreffende Gruppe entfallen. Bei einer Bevölkerungszahl von 30 812 583 (nach der Personenstands-Aufnahme zum Zwecke der Veranlagung), davon 12 450 513 in den Städten und 18 362 070 auf dem Lande» betrug in den Städten Proc. der Überhaupt Bep« ke- rung ling eines Geschäftsbetriebe- Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, di, ibm vermöge de- Dienstverhältnisses anvertraut oder sonst zugäng. lich grworden sind, während der Dauer des Dienstverhältnisses unbefugt an Andere zu Zwecken des Wettbewerbes oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebes Schaden zuzusügrn, mittheilt. Gleiche Straf» trifft Denjenigen, welcher Geschäfts- oder Brtrieb-geheimniss», d«rrn Kenntniß er durch eine der bezeichneten Mittheilungen oder durch »in» g^en da- Gesetz oder dl« guten Sitten verstoßend, eigen» Handlung erlangt hat, zu Zwecken des Wettbewerbe- unbefugt verwerthct oder an Andere mittheilt. Zuwiderhandlungen verpflichten außerdem zum Ersätze des entstandenen Schadens. Mehrere Verpflichtete hasten als Ge» sammtschuldner." Ob etwa- „gegen die guten Sitten verstößt", da« ent scheidet auch der Richter, und da- subtile Gefühl, das im Kaufmannsstande trvtz so mancher Verwilderung der kauf männischen Sitten herrscht, wird Demjenigen, der im Begriff stebt, etwas gegen die guten Sitten zu thun, sagen, daß die Perwertbung einer kaufmännisch allgemein als GeschästS- aebeininiß anerkannten und dem betroffenen Geschäft eignenden Gepflogenheit unrecht ist und somit nicht nur gegen kauf männische Moral, sondern auch gegen daS Gesetz verstößt. Im Großen und Allgemeinen wird man sich aber immer auf die Ehrlichkeit verlassen müssen, eine Eigenschaft, die noch nicht so sehr auSgestorben ist, wie eigentlich die vielen Gesetze vermuthen lassen. la der SiakommtiS- gruppe von mehr als 900 diS 3000 8 847086 von mehr ol« 8000 bi« 6000 X o. von mehr al« 6000 bis 9500 von mehr al- 9500 bi- 80500 von mehr als 80 500 bi« 100000 20 773 von mehr als 100000 3 272 zusammen 4650361 Die rinkommrnsteuerpflichtige Bevölkerung mit Angehörigen umfaßt also in-gesammt noch nicht drei Zehntel, auf dem platten Lande noch nicht ein Viertel der Gesammt- bevvlkerung. Da die ergänzungssteuerpflichtige Be- völkerung in den Städten 13,80, auf dem Lande 14,32, überhaupt aber 14,11 Proc. derGesammtbevölkerung auSmacht, wird sie also vonbereinkommensteuerpfllchtigen um mehr als Las Doppelte, in den Städten noch in viel höherem, auf dem Lande in entsprechend geringerem Maße übertroffen. Die letztere Bevölkerung umfaßt auf jedes Hundert Köpfe in den Slädlen 23,55, auf dem Lande nur 9,20 Köpfe mehr als die erstere. Es brückt sich darin wohl nur die Tdatsackr auS, daß die Gelegenheit, auch ohne die Unterstützung durch «inen gewissen Besitz zu einem steuer- fäbigen Einkommen zu gelangen, in den Städten weit ver breiteter ist als auf dem Lande. Zu einem Einkommen von mehr als 3000 waren im Ganzen 3,57, in den Städten allein 6,45, auf dem Lande nur 1,6l Procrnl der Bevölkerung veranlagt. Tie überwiegende Mehrheit davon, nämlich 2,41, in den Städten 4,17, auf dem Lande 1,22 Procent, entfällt auf di, Stufe von über 3000 bis 6000 Die Stufen über 9500 umfaßten nur noch 0,55 bezw. 1,11 und 0,l7 Procent. Von den einzelnen Regierungsbezirken hatten, abgeseben von Berlin, das 7,45 vom Hundert der Bevölkerung mit mehr als 3000 Einkommen zäblte, Wiesbaden mir 5,37 und Hannover mit 5,25 vom Hundert den höchsten Procentsatz; dann folgen Köln mit 4,93, Aurich mit 4,83, Düsseldorf mit 4,75 und Potsdam mit 4,65 vom Hundert. Am niedrigsten ist der Procentsatz der Personen mit mehr als 3000 Einkommen (einschließlich der An- gehörigen) mit 1,95 vom Hundert im Regierungsbezirk Köslin, l,74 im Regierungsbezirk Gumbinnen, 1,70 im Re gierungsbezirk Marienwerder und l,69 im Regierungsbezirk Posen. 2m ganzen Staat sind 1591 Zensiten (mit 4233 Köpfen) vorbanven, dir mehr al- 100000 Mark Ein kommen baden. Von ihnen befanden sich 446 in Berlin, ferner 386 im Rheinland, 179 in Hessen - Nassau, 150 in Schlesien, 128 in Sachsen, 94 in Brandenburg, 81 in West falen, 44 in Hannover, 26 in SchleSwig-Holstein, 22 in Pommern, je 14 in Ostpreußen und Posen und 7 in West preußen. 1284 von diesen Reichen wohnten in den Städten und nur 307 auf dem Lande. Westpreußen, Posen und Schlesien sind die einzigen Provinzen, in denen die großen Einkommen von über 100 000 häufiger auf dem Lande al» in den Städten sind. * Berlin, 18. Februar. Die erste Strafkammer deS Land gericht« I verhandelte gestern gegen Len Tischler Karl Cbristiao Sundat eme Anklage wegen Majestätsbeleidigung. Der Angeschulbigte zeichnete im December vorigen Jahres als verantwortlicher Redakteur des anarchistischen „Sorialist". In der Nummer vom 21. December vorigen Jahre- erschien in dem Blatte folgende Mittdeilung: „DaS allgemeine Ehrenzeichen bat der Füsilier B. erhalten, der in Königsberg al- Wachposten einen Mann tödtete und einen »weiten verwundete. Er ist außerdem zum Gefreiten befördert worden." Mit gesperrtem Druck war hinzugesüat: „Nun, also! Warum sitzt denn nun unser Genosse Wittko?" In diesem Zusatz wurde eine MajestätS- bekeidigung gefunden. Im September v. I. war ein Vorgänger dr» Angeklagten, der Eigarrenmacher Wittko, von der neunten Vom unlauteren Wettbewerb. Die große Frage, die in den Sitzungen der ReicbStagS-Eommission für da« Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb umging, ist nun glücklich gelöst wordeck. Der tz 9, der im Plenum abgelehnt worden wär, der in der Commission mit scheelen Augen angesehen wurde und an dessen Revision sich Niemand so recht getraute, ist endlich zur Ruhe gekommen, und diese Ruhe wird wohl auch das Plenum nicht stören. Man erinnert stch, daß dieser Paragraph nach der Regierungsvorlage in zwei Punkte zerfiel: in den Verrath des Geschäftsgeheimnisses während der Dienstzeit und in den Verrath nach Beendigung der Dienstzeit. Daß ein Verrath von Geschäftsgeheimnissen während und nach der Dienstzeit eine ehrlose Handlung ist, da« ist allgemein anerkannt worden, da« haben auch alle Petitionen der insbesondere betroffenen Vereine der Handelsangestellten zugegeben. Man hat sich gegen die Gutheißung einer solchen HandiungSweise verwahrt, und ausdrücklich ist darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Fälle von GeschästSverrath nur verschwindend seien- DerAbsatz 1 des Paragraph 9 deS Gesetzentwurfes ist denn auch nicht materiell beanstandet worden, man hat nur darauf aufmerksam gemacht, daß die bisherige Stellung deS Kaufmann« darunter leiden würde, wenn man etwas ausdrücklich verbieten wollte, wa» sich bei dem kaufmännischen Grundsätze von Treu und Glauben von selbst verbiete. Nach solchen ethischen Momenten kann sich nun freilich der Gesetzgeber nicht richten. Fälle de» Verrath- von Geschäftsgeheimnissen sind vorhanden, sie sind auch für die Zukunft, hoffentlich nur in verschwindender Anzahl, wahrscheinlich, und ihnen soll und muß der Gesetzgeber vorbeugen. Auch der Absatz 2, der von dem Verrath nach Beendigung der Dienstzeit handelt, ist in seinem Prmcip nicht befeindet worden. Es ist durchaus anerkapnt worden, daß durch den Verrath von Geschäftsgeheimnissen dem früheren Principal großer materieller Schaden zugefügt werden könne, daß im Uebrigen ein Verrath von geschäftlichen Vorkommnissen, dir als Geheimniß im Kaufmannsstande angesehen werben, als z. B. Inventur- und Bilanzergebniffe, persönlicher Verbrauch, GehaltSlisten, Conditionen rc., auch nach Beendigung der Dienstzeit zu den verwerflichen Ausnahmen gehöre. In dieser Beziehung bat durchaus keine verschiedene Meinung zwischen den Verfassern deS Gesetzentwurfs und den davon berührten Kreisen bestanden. Bekämpft und mit Recht bekämpft wurde nur die Bestimmung, daß der Prin cipal beliebig bestimmen sollte, was er al« GeschäftSgeheünniß angesehen wissen wollte, än dieser Bestimmung lag der Angelpunkt der ganzen Meinungsverschiedenheit und der Auf regung, die so große Kreise ergriffen hat. Jeder verständige Kaufmann, ob Principal oder Gehilfe, erkannte Vie Tendenz des Gesetzes an, nur die Form, die Fassung der Bestimmung mußte zur Ablehnung führen. Daß der Verfasser der ersten Grundzüge des Gesetz entwurfs in der Auslegung deS Begriffe- „Geschäft-- und Betrieb-geheimniß" sich auf den Richter zurückzog und diesen - zum Dolmetscher seiner Gefühle, die so unbestimmt waren, daß er sie selbst nicht präcisiren konnte, machen wollte, konnte im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsprechung nicht ge billigt werden. Auch von hoher richterlicher Stelle wurde die allmählich sich rindürgernde Gepflogenheit, den Gesetzgeber durch eine möglichst unbestimmt gehaltene Form zu ent lasten und den Richter und seine subjektive Auffassung an Stelle riner konkreten Bestimmung zu setzen, verurtheilt. Es erhob sich daher ein Sturm deS Unwillen« gegen die Fassung des 8 9 in den Grundzügen, und der beim Reichstag eingebrachte Entwurf vermied bann auch diese Klippe. Aber er setzt eine viel spitzigere au ihre Stell«. An die Stelle der subjektiven Auffassung deS geschulten, unparteiisch urtheilenden Richter« setzte er einseitig den Willen de» einen Contrabenten, bestimmte er, daß der Principal, gegenüber dem Angestellten, Arbeiter, Lehrling oder Gehilfen, da» Recht haben sollte, den Gegenstand deS Geheimnisse- ausdrück lich zu bezeichnen. Daß damit der Angestellte auS der Scylla in die EharybdiS kam, das war einleuchtend. Durch eine solche Bestimmung war eS tbatsächlich in die Hand de- Principal« gegeben, die ganze Zukunft deS Angestellten unsicher zu macken und seine kaufmännischen Kenntnisse, seine geschäftlichen Er fahrungen für immer zu binden, denn eS lag ja in seiner Hand, allgemeine GesckaftSgewohnheiten, allgemeine Betriebs formen, Methoden, bekannte Absatz- und Bezugsquellen als sein Geheimniß auszugeben und den „Verrath" derselben mit der gesetzlichen Strafe zu bedrohen. Gegen eine solche Ver ballhornung deS Gesetzes, gegen solche Verkennung de» Wesen des Handel», wo jede» Geschäftshaus au» dem anderen herauswächst, auf den Schultern de» anderen steht, richtete sich mit vollem Rechte der Unwille weitester Kreise, der PrincipalSverrinigungen, wie de» Deutschen HandelStagS, und der HandlunaSgehilfenvereine. Daß rin Modu» gefunden werde, den Verrath wirklicher Geheimnisse, die Au-nutzung in dem einzelnen Geschäft «»»geübter, zu seiner Existenz noth- wendiger Praktiken, die auf jahrelanger Erprobung beruhen, zu verhindern, war und ist allgemeiner Wunsch. Dieser Wunsch ist von . dem Standpuncke des PrincipalS und deS Gehilfen gerechtfertigt. Mit dem Wohle deS Geschäft- ist daS der Gehilfen eng verknüpft. Jeder Verrath eine« abgegangenen Angestellten, der da- Geschäft schädigt und diese- in seiner Existenz bedroht, bedroht auch die Existenz der verbliebenen Angestellten. Aber dieser ModuS scheint sich nicht finden zu lassen, und um nicht die kaufmännisch traditionell gewordene Verwendung allgemeiner Gepflogen- heilen zu verhindern und dadurch die Erneuerung und Verjüngung de- HandelSstandrS zu unterbinden, wird man wohl den überall aemißbilligten Verrath mit in den Kauf nehmen müssen. Auch die ReichStagS- commission hat nur den Au-weg gewußt, den Absatz 2 de» 8 9 der Vorlage, der von dem Verrath nach beendigter Dienstzeit spricht, fallen zu lassen, wenn man nicht in einer kleiner Einschiebung de« Abgeordneten Ha mm ach er auf die Grundzüge zurückgegriffen hätte. Die in der Commission angenommene Fassung deS tz 9 lautet nämlich: „Mit Geldstrafe bi« zu 3000 oder mit Eefängniß bi» zu einem Jahre wird bestraft, wer al» Angestellter, Arbeiter oder Lehr- Gtrafkammer de« Landgericht-1 wegen Majestätsbeleidigung zu 3 Monaten Gefiingniß verurtheilt worden und zwar auf Grund einer Zeitungöineldung, wonach ein Gendarm Hoffmann am 25 Gedenktage rer Schlacht bei MarS la Tour zwei Tagelöhner schwer verwundet haben sollte. Diese Mittheilung war mit dem Zusatz versehen gewesen: „Cs soll uns wundern, ob cer Gendarm nicht das Allgemeine Ehrenzeichen bekommt." SkaaiSanwalr Kanzow hielt auch im vorliegenden Falle eine MajestätSbeleidigung für vorliegend. In der Mittheilung der einfachen Tbatsache könne etwas Beleidigendes, nicht gesunden werden, wohl aber in dem Zusatz. Es liege' darin die Be- bauptung, daß der Kaiser die Soldaten decorire, die auf die Bürger mit der Waffe lo-gingen. Wenn nun ein Soldat in die traurige Lage gekommen sei, von seincrWaffeGebrauch machen zu müssen, so sei es doch klar, daß der Kaiser ihm nur deshalb Anerkennung zolle, weil er seiner Pflicht und Instruction gemäß gehandelt habe und um ihn vor Gewissensbissen zu bewahren. Der Staatsanwalt beantragte eine Gefängniß- strafe von sechs Monaten. Der Vertyeidiger meinte, daß es nicht nöthig sei, den beanstandeten Zusatz so auSzulegen, wie es durch den Staatsanwalt geschehen sei, die Anklage komme ihm al« zu künstlich aufgebaut vor und er beantrage deshalb die Freisprechung. Der Genchtshos nabm an, -aß der Angeklagte durch den Zusatz nur habe auSdrücken wollen, daß die frühere Verurtbeilung seines Genossen Wittko zu Unrecht erfolgt sei. Die Absicht riner MajestätSbeleidigung liege nicht vor und sei deshalb eia freisprechendeS Er- kenntniß gefällt worden. ?. vrrltn, 18. Februar. (Telegramm.) Der Kaiser empfing gestern Vormittag in Hubertusstvck den Chef des Geheimen Civilcabinets vr. von Lucanus zum Vortrage und arbeitete dann längere Zeit mit dem General von Hahnke. ---- Berlin, 18. Februar. (Telegramm.) In der gestrigen Generalversammlung der deutschen Eolonialgesell- schaft, Abtbeilung Berlin, wurde vr. Carl Peters mit ungefähr 80 gegen 50 Stimmen an Stelle des bisherigen Vorsitzenden, Prinzen Arenberg, in den Vorstand gewählt. D Berlin, 18. Februar. Heute fand die NI. General versammlung deS Bundes der Lanbmirthe im Gebäude des CircuS Busch statt. Dieselbe war zahlreich besucht. Der Circu» war bis auf die höchsten Bänke gedrückt voll. DaS Kaiserhochwurdemit stürmischem Beifall aufgenommen.v.P loe tz eröffnete die Sitzung mit einer Rebe, in der viele Stellen mit lebhaften Bravo- begrüßt wurden, besonder- die Betonung der Reichstreue der Landwirtbe, deS Interesses der Landwirthe für den Mittelstand, peS Kampfes der Landwirthschast gegen rolhe und goldene Internationale, der Ankündigung wiederholter fort gesctzler Einbringung deSAntrages Kaaih. Redner begrüßte die sogenannten kleinen Mittel freudig und forderte eine beschleunigte Durchführung derselben, wenngleich sie den Ruin der Landwirthschast nicht verhindern könnten. Redner ver langte eine Verschärfung de- Seuchengesetzes, eine Einfuhr beschränkung für Milch, Gänse und Schweine, und bezeichnete die Centraldarlehnscasse al« eine kleine Hilfe für nur sehr beschränkte Kieisr. Er hoffe auf die Annahme de« Margarine gesetzes und der Zuckersteuervorlage in wesentlicher Umge staltung. Der Director deS Bundes, vr. SuchSland, be richtete über daS verflossene VereinSjabr und behauptete, daß die agrarischen Bestrebungen auf wissenschaftlich bisher un- widerlegier Grundlage beruhen. Caprivi'- Abschied sei kurz aber schmerzlo- gewesen. Hiervon und von der Audienz des Vorstandes beim Kaiser erhoffte er Erfolg. Dieser sei aber leider nicht eingelrelen. Bismarck habe am 9. Juni 1895 gesagt, daß die kleinen Hilfen, welche der Landwirthschast gewährt worden, nicht so angewendet würden al» dies wohl möglich wäre. Redner beuriheilte den neu begründeten Städtebund abfällig. Schlimm wäre eS, wenn zwischen Stadt und Land Gegensätze construirt würden. (Theilweise wiederholt.) Berlin, 18. Februar. (Telegramm.) Gestern wurden in verschiedenen Stadtldeilen von ausständigen EonfectionS schncidern und -Lchueidcrtnnen Ausschreitungen verübt. Mehrfach wurden Arbeit holende Mädchen angegriffen und geschlagen. Dem „Confectionär" zufolge ist der AuSstand beule ein allgemeiner. Weder in den Werkstätten der Damen-, noch in denen der Herrrn-ConfectionSschneider wird gearbeitet. Die Ablieferungen der Zwischenmeister sind äußerst gering. Die Confectionaire lassen die fertige Waare durch Wagen abholen, um eine Belästigung der Arbeiter zu ver meiden. Die Einigungs-Verhandlungen dauern fort. ö. Berlin, 18. Februar. (Privattelegramm.) In der „Köln. Ztg." veröffentlicht Gras Paul von HocnSbrocch eine Erklärung, in welcher er den Abgeordneten vr. Lieber als seinen Gewährsmann für die Aeußerung Wiubt-orft's auf dem Kölner Katholikentage im Jahre 1887 nennt. (Die fragliche Aeußerung Windtborst'S lautete bekanntlich: „Da habe ich mit Gottes Hilfe wieder eia Mal kräftig gelogen." Tie ultramontane Presse bat sich natürlich so gestellt, al» ob Excellenz Windthorst dergleichen niemals gesagt haben könnte. Wird jetzt auch Herr vr. Lieber die „Hilfe GotteS" nach Windtborst'schem Beispiel in Anspruch nehmen? Die Red. d. „L. T ") — In ReickstagSkreisen verlautet, daß die Regierung bemüht ist, der bei der Verhandlung der Interpellation über den Streik in der ConfectionSbranche gegebenen An regung entsprechend, möglichst noch in dieser Session mit Entwürfen an den RbichStag zu kommen. — Wegen Gotteslästerung und Beschimpfung der jüdischen Religionsgesellschaft batte sich gestern der Redakteur de- antisemitischen „Deutschen Generalanzeiger«", Karl Sed- latzeck, vor der achten Strafkammer an, Landgericht I zu verantworten. Der StaatSauwalt beantragte drei Monate Gefängniß. Der Gerichtshof war der Ansicht, daß der Juden gott durch tz. 186 ebenso geschützt werden solle, wie der Cbristengott, und daß sich der incriminirte Artikel gegen die ludilche Religionsgemeinschaft richte. Dageaen bat der Gerichtshof dir strafbaren „beschimpfenden Aeußerungen-, di»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite