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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.03.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960314024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896031402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896031402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-03
- Tag1896-03-14
- Monat1896-03
- Jahr1896
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Die Morgrn-AuSgabe erscheint um '/,7 Uhr. dir Abend-Ausgab« Wochentag- um ö Uhr. Aedaction «nd ErpeLitiou: 2otzanne«»affe 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: ktts Klemm's Sortim. «Alfred Hahn-, Uoiversitätsstraße 1, Loui» Lösche, Katharinenstr. 14, part. und Königsplatz 7. Abend-Ansgabe. Wpligcr Tagtblalt Anzeiger. Ämtsvlatl des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aalljes und Nokizei-Amtes der Ltadt Leipzig. VnzeigemPreis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter demRedactioasslrich (»ge spalten) LO^Z, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40^. Gröbere Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis Tabellarischer und Zifferniatz nach höherem Taris. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mir der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./k 60.—, mrt Postbeförderung 70.—. Ännahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen ;e eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 13t. Sonnabend den 14. März 1896. W. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. März. Zu einer vernünftigen Rcichsfinanzreform, die einerseits dem Reiche ausreichende Einnahmen und die Möglichkeit der Schuldentilgung sichert und andererseits die Einzelstaaten davor bewahrt, ihre eigene Finanzwirthschast so zuschneiden m müssen, daß sie erhöhte Matricularzahlungen an daS Reich ebenso verträgt, wie kleinere oder größere Heraus zahlungen aus der Reichscasse, war bekanntlich die Mehrheit des jetzigen Reichstags bisher nicht zu haben. Aber in diesem Jahre, in dem nach den Ausweisungen über die Reickseinnabmen an Zöllen, Verbrauchssteuern rc. mit Sicherheit anzunebmen ist, daß die im Etat enthaltenen Sätze weil überschritten werden und daß sogar ein Ueberschuß der Ueberweisungen über die Matricularbeiträge sich ergeben wird, kann diese Mehrheit sich doch der Frage nicht entziehen, ob dieser Ueberschuß wie in früheren Jahren mit günstigen Finanzergebnissen den Bundesstaaten unverkürzt zugeheu ober ob eine Aenderung slatlfinden soll. Mit Rücksicht darauf, daß im laufenden Jahre auch in Preußen die Finanzlage sich derartig gebessert /hat, daß statt eines Fehlbetrags durch die Einnahmen der Eisenbahnen ein Ueberschuß berausgewirtbschaftek werden wird, hat daher Herr Abg. Richter im Reichs tag den Vorschlag gemacht, die Matricularbeiträge sür dieses Jahr nicht nur nicht herabzusetzen, sondern sogar noch zu erhöben, um im Reiche den Anleihecredit zu vermindern, der auch im vorliegenden Etat mit 27 85l 000 angesetzt ist. Mit diesem Vorschläge aber hat Herr Richter kein Glück gehabt; es lag zu klar aus der Hand, daß der Vorschlag lediglich von der Erwägung eingcgeben war, daß der preußische Finanzminister für die Mehreinnahmen eine dem Ricbter'schen Geschmack nicht zu sagende Verwendung haben könnte. In der Budgetcom mission ist nun gestern einstimmig ein von dem Eentrums- sührer vr. Lieber ausgezangener Antrag angenommen worben, daß, falls die Ueberweisungen die aufzubringcnden Ma- tricularbciträge übersteigen, die Hälfte dcS Ucberschusseö zur Ver minderung der Reichsschuld zurückbehalten werden soll. Weiter geht der angenommene Antrag dahin. Laß die der Reichscasse von dem Ertrage der Zölle und der Tabaksteuer verbleibende Summe für das ElatSjahr l895,96 um die 13 Millionen erhöht werden soll, welche die Bundesstaaten für das Etatsjabr 1894/95 herausgczahlt bekommen haben. Der Reichsschatzsecretair Graf Posadowsky konnte über die Stellung der verbündeten Regierungen zu dem Antrag noch nichts mittheilen, er hieß ihn jedoch vom Standpuncte der Reichsfinanzverwaltung willkommen; man dürfe nicht einerseits borgen und andererseits herauszahlen. Daß der Reichsschatzsecretair auf den Slandpunct der Reichsfinanz- oerwaltung sich stellte, ist begreiflich, aber dieser Standpunkt ist nicht der allein berechtigte. Auch der der einzel staatlichen Finanzminister kommt in Betracht, und diese haben nicht allein zu erwägen, ob es dem Reiche vortbeil- haft ist, wenn ein Anfang mit der Tilgung der Rcichsschuld gemacht wird, sondern sie haben sich auch zu fragen, wie die Einzelstaaten bestehen können, wenn ihnen in guten Finanzjahren die Ueberweisungen aus der Reichs ¬ casse gekürzt, in schlechten aber die Matricular zahlungen erhöbt werden. Lassen sie sich jetzt auf die Verkürzung in der Erwartung ein, der ReickStag werde, nachdem er einmal die Nvtbwcndigkeit einer festen Regelung des Verhältnisses zwischen Reichs- und Staatssinanzwirthsckaft und einer Tilgung der Reichsschuld anerkannt bat, auch ein Reichsfinanzgcsetz schaffen helfen, das die Einzelstaaten in schlechten Jabren vor Ueberbürdung mit Matricularbeiträge» sickert, so könnten sie leicht sehr üble Erfahrungen machen. Wenn die Session nickt so weit vorgeschritten wäre, so würde es sich empfehlen, als Antwort auf den gestrigen Beschluß der Budgetcommission dem Reichstage ein neues, das Verhältniß zwischen Reicks- und Slaatsfinanzwirthsckast definitiv regelndes und eine planmäßige Neicksschuldentilguiig sicherndes Reichs- finanzgesetz vorzulegen. Bei der Ueberlastung der laufenden Session mit Arbeiten ist aber an die Durckberatbung einer solchen Vorlage nicht mehr zu denken. Die Einzelstaaten stehen daher vor einem eigenthümlicken Dilemma, aus dem unseres Erachtens nur der eine Ausweg bleibt, baß die verbündeten Regierungen ihre Zustimmung zu dem gestrigen Beschlüsse der Budgetcommission abhängig macken von der Erklärung des Reickslags, daß er von den verbündeten Regierungen in der nächsten Session die Einbringung eines jn seinen Grund zügen bestimmt umschriebenen Neichsfinanzgesetzes erwarte. Zu dem Vorhaben des Herrn Liebknecht, im Frühjahre in England Vorlesungen zu halten, bemerkt ein englisches Blatt, es werde besonders interessant sein, den Agitator zu sehen und zu hören, da er nach seiner Rückkehr nach Deutsch land eine viermonatige Gefängnißstrafe wegen Majestäts beleidigung anzntrelen habe. Was die Engländer an Liebknecht piquant finden werden, ist natürlich gleichgiltig; unserethalben mag er als „Sensation" selbst Herrn I)r. Jameson oder gar dem Modeatbleten Eoncurrenz machen. Aber die Tournöc des Reichstags-Abgeord neten beansprucht auch hierzulande ein Interesse. Das Unheil gegen Liebknecht kann vor Beginn seiner Reise die Rechtskraft nicht erlangen, weil seine beim Reichsgericht eingelegte Revision, so lange der Reichstag versammelt ist, nicht verhandelt werden darf. Ter bezügliche Beschluß des Reichstags gründet sich aus Art. 31 der Verfassung, der die Strafverfolgung eines Reichs tagsmitgliedes während der Tagung — abgesehen von den Fällen der Ergreifung auf frischer Thal oder im Laufe des nächstfolgen den Tages — von der Genehmigung des Reichstags abhängig macht und dem Reichstage die Befugniß giebt, die Weiterführung einer begonnenen Verfolgung bei Beginn einer Tagung bis zu deren Schluß zu untersagen. Dieser Artikel — darüber lasten seine Entstehungsgeschichte und die Staatsrechtslehre!: keinen Zweifel entstehen — will nickt Staatsbürger, die zufällig Reickstagsabgeordnete sind, in Bezug auf ihre privaten Ver hältnisse strafrechtlich privilegiren, sondern die tendenziöse Abhaltung vor der Erfüllung der Volksvertreterpflichten Verbindern. Herr Liebknecht versetzt sich freiwillig in die Unmöglichkeit, diese Pflichten zu erfüllen, und dennoch kommt ihm Art. 3l zu Gute; er genießt das Privilegium eines öffentlichen Amtes, während er es gar nicht auSübt. Das ist ein Widersinn, mit dem schon deshalb aufgeräumt werden sollte, weil er, wie jede unbegründete Bevorrechtigung, Un ¬ willen erregt, der die ohnehin im Sinken begriffene Popu larität des Parlaments weiterhin schädigt. Jn welch' empörender, rücksichtsloser Weise die Tschechen dort, wo ihnen nicht durch energisches, nationales Wirken enlgegengetreten wird, Vas Deutschlhum zu untergraben suchen, wie >1e dabei kein Mittel scheuen und sogar Einrichtungen und Anstalten «»greifen, die zum Wohle der Gesamt»tbeil erricktet sind, davon geben die Verhältnisse in der mährischen Stadt Ungarisch-Hradisch, einer spracklich gemischten Gemeinde, beredtes Zeugniß. Im Jahre 1880 lebten hier noch 1898 Deutsche und 1712 Tschechen, 1890 aber zählte man nur noch 1100 Deutsche und 2714 Tschechen. Die Gemeindeverwaltung war nämlich in zwischen den Tschechen zugefallen und hatte mit den deutschen Beamten, den deutschen Vereinen schnell aufgeräumt. Der deutsche Gottesdienst verschwand aus allen Kirchen der Stadt, keine deutsche Predigt wurde mehr gehört, auch der deutsche Kirchengesang Hörle auf. Die eingeschückterten Deutschen protestirten aber nicht ernsthaft genug gegen die Slawisirung des Gottesdienstes. Nur eine Stätte deutschen Lebens blieb noch: das seit vierzig Jahren bestehende deutsche Gymnasium. Um es überflüssig zu macken, gründete der tschechische Schulverein ein tschechisches Trutzgymnasium, dem die tschechische Geistlichkeit slowakische und tschechische Bauer jungen, zum allergrößten Theil ganz unfähige Knaben, in Hülle und Fülle zuführte. Bei dem eigenthümlichen Maßstabe, den die Professoren an die Leistungen der Schüler anlegten, wurde jedoch das tschechische Gymnasium bald voll, so daß es der Staat, von der slawisch-ultramontanen Mehr heit des Reichsrathes dazu gedrängt, übernehmen mußte. Seit dieser Zeit bemüht sich nun die tschechische Stadt verwaltung, das deutsche Gymnasium zu Falle zu bringen, sie bittet das Ministerium, die Anstalt auszuheben. Der Wunsch wird wahrscheinlich erfüllt werden, und in wenigen Jahrzehnten werden nur noch spärliche Reste des Deulsch- tbums vorhanden sein. Wie aber die deutsche Bürgerschaft in Ungarisck-Hradisch allmählich verschwindet, so gehl es auch in zahlreichen anderen mährischen Städten mit dem Deutsch- tbum schnell rückwärts. Jn Budwitz, Leipnik, Ungarisch- Brod, Trebitsck, Preßnitz, Prerau, Kremster, Gaya u. a. L). werden die deutschen Minderbeiten immer kleiner und einfluß loser; ein deutsches Gemeinwesen nach dem andern geht im Tschechenthum unter. Nur das geschloffene deutsche Sprach gebiet im Süden und Norden Mährens und die größeren deutschen Sprachinseln sind im Stande, dem durch die Regierung begünstigten Tschechenthum erfolgreichen Wider stand zu leisten. Wenn die belgische» Ultramontanen jemals die Absicht gehabt haben, die Liberalen für ein gemeinsames Vorgehen gegen die Socialdemokratie zu gewinnen, so benehmen sie sich in einer Weise, welche jeden Gedanken an ein liberal katholisches Wahlbündniß von vorhinein auSschlicßen muß. Die klerikalen Provinzialausschüsse, welche über die Giltigkeit oder Ungiltigkeit der Gemein Ve ra thswah len zu entscheiden haben, befolgen nämlich einfach das bequeme System, alle kommunalen Wahlergebnisse, welche den Liberalen günstig waren, zu annulliren, um ihren Parteigenossen Gelegenheit zu verschaffen, daS Wahlglück noch einmal zu versuchen. So wurden hintereinander Vie liberal ausgefallenen Gemeiuderalhswahlen in Ostende und Mecheln von ben ultrainvntaiien Provinzialausschüssen von Westflandern und Antwerpen wegen angeblicher Befleckung der Wähler durch den liberalen Wablverein, wegen behaupteter, aber nicht nach gewiesener Unregelmäßigkeiten bei der Stimmenzählung und aus anderen, nichts weniger als stichhaltigen Gründen für ungiltig erklärt, obwohl vie liberalen Mehrheiten in beiden Städten uicht weniger als 800 Stimmen betrugen. Da die gesammle Staatsgewalt, der ganze vsficielle Wahlapparat, sich in den Händen der Klerikalen befindet, so ist es lächerlich, von einer liberalen Beeinflussung der Wählerschaft zu sprechen, und es ist allen unbefangenen Leuten klar, daß es sich den Ultramon tanen nur um einen Vorwand zur Betonung ihrer engherzigen Parteipolitik handelt. Durch ein derartiges unkluges Vorgehen werden die gemäßigten Liberalen immer mehr in eine scharfe Opposition und selbst in das radicale Lager gedrängt, eine Thatsache, die nur die socialdemokratischen Wablaussichten ver mehrt. Die Liberalen in Mecheln haben den Wahlspruch des Antwerpener Prooinzialausschusses nicht ruhig hingenoinmen, sondern, wie gemeldet, mit einer Reibe von Kundgebungen beant wertet, welche sehr bald in schwere Unruhen ausartetcn. Viele conservative Kreise bedauern die herausfordernde Politik der Regierung und der von ihr abhängigen Provinzialausschllsse, die den Uliramontanen selbst nur geringen Vortheil bringt, die Opposition aber fast mit Gewalt in ungesetzliche Bahnen treibt. Nach der neuesten, überraschenden Meldung aus Rom ist Italien mit Mcnelik in Friedensunterhandlungen eingetreten und die Abfahrt der letzten für Afrika bestimmten Truppen, welche sich gestern einschiffen sollten, ist auf geschoben worden. Beide Thatsache» brauchen nicht mit einander in ursächlichem Ziisammenhang zu stehen. Die „Fanfulla" will Venn auch wissen, die Abfahrt der Truppen sei nur aus technischen Gründen für ganz kurze Zeit verzögert. DaS klingt wahrscheinlich, denn der Zuzug neuer Verstärkungen muß durch die FriedenSverhcndlungen nicht nothwcndig unter krochen werden. Die Hauptsache ist, daß letztere thatsächlich ein geleitet sind. Wir hallen in Ucbereinstimmung mit dein größten Tbeil der deutschen Presse, uns rwarwie schon früher, für eine Ein schränkung vcr Afrikapolitik Italiens, die von vornherein ver kehrt angelegt war, uns ausgesprochen, aber nur unter der Bedingung, daß der Waffenehre Italiens vorher volle Genüge gethan werde. Auch mußte man auf Grund zuverlässiger Meldungen annehmen, daß das zwischen Rudini und Ricotli abgeschlossene (Kompromiß auf dieser Grundlage zu Stande gekommen sei. Andererseits wird jetzt dem „Schw. Merc" aus Rom geschrieben: Jn der afrikanischen Politik hat Rudini sein Prograinm des gänzlichen Verzichtes etwas verändern müssen; ist auch von dem Gedanken einer militairischen Revanche, die der König begreiflicherweise als Haupt der Armee wünschte, ab gesehen worden. Den Ausschlag dafür hat der Bericht des Generals Baldissera gegeben, welcher erklärte, daß zu einer Offensive Feuilleton. Seine „dumme" kleine Frau. L4j Roman von F. Klinck-Lütetsburg. Nachdruck verboten. Unglück gebiert daS Verlangen nach Glück, und sie batte es wohl zumeist in ihrem jungen Herzen getragen. Als sie Friedrich Raguhn zum ersten Male gesehen, batte er einen Eindruck auf sie gemacht, dessen sie sich vergebens zu er wehren versucht. Das Aeußere des jungen Mannes ließ nicht einen Zweifel an der Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit seines Charakters zu. Sein wabrheitgewohnter Mund mußte jeden aufsteigenden Argwohn besiegen, seine klugen, ausdrucksvollen Augen redeten eine überzeugende Sprache, die zum Glauben und Vertrauen zwang. Und wie hatte sie ihm geglaubt — vertraut! Ein fieberndes Schamroth stieg in ihr blasses Gesicht, wenn sie des unseligen Augenblicks gedachte, in welchem sie, von Jammer und Herzeleid übermannt, seinem Blick voll lügnerischer Theilnahme begegnet war und dann bei ihm Hilfe gesucht. Vielleicht gedachte auch er des unseligen Augen blickes und mit welchen Gefühlen! Vielleicht — sie wagte nicht auszudenken, und doch — sein Benehmen erlaubte die schlimmste Deutung — hatte er mit Spott jenes Augenblickes gedacht, im günstigeren Falle — mitleiderfullt. Hoch lag der Schnee auf allen Wegen und Stegen. Die Verbindung mit der Stadt war nur auf Umwegen zu er halten gewesen, und nun lag das kleine Haus auf halber BergeShohe in völliger Abgeschiedenheit. Kein Laut drang bis in diese Einöde; es hatte den Anschein, als ob das große Leichentuch alles Lebendige eingehüllt habe. Nur die hungernden Vögel kamen zwitschernd und schreiend an die Fenster geflogen und brachten vorübergehend einige Ab wechselung in diese gleichförmige Existenz. Für Hertha lag daS Leben Grau in Grau. Sie glaubte uicht ein Wort von all' den Tröstungen, mit welchen man ihr Muth und LebenS- hoffnung einzusprechen bemüht war, sondern konnte ihnen nur ein ungläubige- Lächeln entgegensetzen. Spät graute der Sonntagmorgen herauf. Und wieder jagten mächtige Flocken von dem wolkenbedeckten Himmel hernieder wie schon seit vielen Tagen. Nur mit Müde war e- den Anstrengungen zweier Männer gelungen, einen Weg vom Hause bi- auf die Landstraße zu bahnen, die doch weder befahren noch begangen werden konnte. Hertha empfand «ne gewisse Freude über da« völlige Adgetrenntsein von der Außenwelt. Träge schlich die Zeit vorüber. Herr von Greifingen arbeitete in seinem Zimmer, während Schwester und Kinder häuslicher Arbeit fick hin oben. Der Klang der Hausglocke schreckte ibn auf nnd rief ihn an.« Fenster. Wer konnte zu ihm in dieser Stunde kommen? Die Schwester war schon ms Freie hi'nausgeeilt, vielleicht von der Hoffnung getragen, den Verlobten zu sehen. Nur Liebe konnte ihren Weg durch Schnee und Eis in diese Ein samkeit finden. Wenn Lisa diesem Glauben fick hingegeben, dann sah sie sich betrogen. Und doch ging es wie ein Freudenschein über ihr Gefickt, als Friedrick Naguhn's belle Augen den ihren begegneten. Wie hatte sie nur beleidigenden Gedanken über diesen Mann sich bingeben können? So sah kein Feigling aus, der um seine Laufbahn gebangt, weil er im Verkehr mit Menschen gestanden, denen man mißtraut. „Ick freue mich, Herr Assessor, daß Sie kommen", sagte sie die Thüre öffnend, als Antwort auf einen fragenden, etwas unsickeren Blick, indem sie ihm die Hand zu einem herzlichen Willkommen entgegenstrcckke. „Und Herr von Greifingen? Was haben Sie von mir gedacht?" sagte er eintretend. „Der Bruder bat Ihr Fernbleiben begreiflich gefunden", gab sie ohne Besinnen zurück. Naguhn's Gesicht wurde sehr ernst. „Das tbut mir leid. Ich gab mich der Hoffnung bin, Herr von Greifingen habe eine andere Erklärung für mein Verhalten gehabt. Sie aber, Fräulein Lisa und —" Tas junge Mädchen errölhete. „Lasten Sie mich die Frage nicht beantworten, Herr Assessor. Rechnen Sie, bitte, mit unserer Lage, und dann — es war ein eigcnthümliches Zusammentreffen." Sie war ihm ein paar Schritt vorangeeilt. Er folgte ihr schweigend, und sein Gesicht, daS bei dem Herzlicken Empfang Lisa's gestrahlt, hatte einen ernsten Ausdruck an genommen. Trotzdem schalt er sich einen Phantasten. Am Eingang deS HauseS wandle sie sich ihm noch einmal wieder zu. „Warum soll ich es Ihnen verheimlichen, Herr Assessor? Es ist am besten nian spricht sich aus. Wir dachten, die Lage meines Bruders habe Sie bestimmt, die Beziehungen ab- zubrechcn, weil sie Ihnen in Ihrer Stellung als Unter suchungsrichter Ungelegenheiten bereiten konnten. Für unS gab eS nur diese eine Erklärung." „Ich bin hoffentlich in der Lage, Ihnen eine bessere zu geben, Fräulein von Greifingen." Sie sah ihn aufleuchtenden Blickes an. „Das würde mich unendlich beglücken, schon um meine- Bruders willen, Vesten Vertrauen Sie noch heute besitzen." Am Eingang Les HauseS schlüpfte Hertha auS der Thür des Wohnzimmers die Treppe hinauf in das Obergeschoß. Raguhn hatte sie nur flüchtig gesehen, aber doch erschreckte ibn ein geisterhaft blasses Aussehen deS jungen Matchen-. Wenige Augenblicke später sah er sich Herrn von Greifingen gegenüber, der ihn in seiner gewohnten liebenswürdigen Art empfing. So konnte Friedrich Raguhn sogleich zu dem Zweck seines Kommens übergehen. Es würde unmöglich sein, den Zorn und die Freude zu beschreiben, welche die Mittheilungen des Assessors bei Herrn von Greifingen hervorricfen, Zorn über die hinterlistigen Angriffe und Freude darüber, daß er endlich die Möglichkeit vor Augen sab, die heimtückischen Gegner ihrer Strafe zu überantworten. Friedrich Raguhn empfahl ihm äußerste Vorsicht in der Verfolgung derselben. Mehr als eine Stunde war vergangen, und noch immer waren beide Männer mit dem Entwerfen eines FeldzugS- planes gegen die Schuldigen beschäftigt. Der Assessor rieth, dem Justizrath Hellmuth sogleich die Zeitungen mit den verhängnißvollen Artikeln zu überbringen. Davon wollte aber Herr von Greifingen nichts wissen. „Es würde eine Beleidigung Herrengrund's sein und diesen vielleicht in seiner Praxis schädigen, wenn ick meinen Vertreter wechseln wollte, Herr Assessor. Schwierigkeiten dürfte das Vorgeben gegen die Urheber dieser Artikel nickt haben. Warum jetzt einen Schritt unternehmen, der einen Menschen tränken und Aufsehen erregen würde?" „Verzeihen Sie, Herr von Greifingen, wenn ich Ihnen darin zu widersprechen wage. Sie erfüllen nur eine Pflicht gegen sich selbst und Ihre Angehörigen, wenn Sie, ohne Rücksicht auf Andere, dem Ziel zustreben, alle gegen Sie ge richteten Angriffe der letzten Jahre aufzudecken. Dazn ist Herrengrund nicht der Mann. Ich bedauere es, aussprechen zu müssen, aber seither bat Ihr Vertheidiger nichts gethan, das zu der Annahme führen könne, er sei der ibm gestellten Ausgabe gewachsen gewesen. Im Gegentbeil! Rechtsanwalt Herrengrund hat Ihren Gegnern — hoffen wir aus Un wissenheit — Virect in die Hände gearbeitet, und so erfor dert nunmebr sein eigenes Jntereffe, sein Ruf als Rechts- anwalt, daß Sie nicht als Sieger hervorgeben. Lassen Sie mch noch eins hinzufügen, wenn Sie nickt glauben, meinen Worten Glauben sckenken zu dürfen: die Dame, welche mir diese Zeitungen überbracht, hat ausdrücklich vor Ihrem seit herigen Vertreter gewarnt." .„Eine Dame?" Herr von Greifingen mußte unwill kürlich einer Begegnung gedenken, die ihn noch gegenwärtig nicht selten besckästigle. „9a, Herr von Greifingen, eine Dame, von welcher Sie annebmen dürfen, daß nur gewichtige Gründe sie zu einer solcken Warnung bewogen. Sie will nicht, daß ihr Name genannt wird, wenigstens nur für den Fall, daß Ihr Interesse di« Nennung desselben erfordern würde." Friedrich Ragubn batte noch Manches hinzuzufügen, ehe er Herrn von Greifingen'- Bedenken besieg«, und gerade bei dieser Gelegenheit zeigte sich ihm di« vertrauende Größe d«« Charakter- di«se- Mann«-, L«m Pflichtverletzung «ine Unmöglichkeit dünkte. Mit Staunen und Verwunderung folgte er den Worten des Assessor-, dessen Theilnahme für sein Schicksal ibn wohltbuend berührte, ihm gleichzeitig aber, angesichts seines seitherigen Verhaltens, unerklärlich schien. Und als ob der junge Mann ahnte, waS in diesem Augenblick die Seele seines Gegenübers beschäftigte, so fuhr er fort: „Herr von Greifingen, wie haben Sie es sich erklärt, daß ich so lange Ihrem Hause fern geblieben bin?" „Ich glaubte, dienstliche Rücksichten wären Ihnen hinderlich gewesen", lautete die ohne Besinnen gegebene Antwort. „Nein, Herr von Greifingen, sie hätten in einem solchen Falle niemals bestimmend auf mich wirken können. Ick glaubte Ihnen und — auch mir durch mein Fernbleiben den besten Dienst zu erweisen. Zunächst lag mir daran, direct für Sie zu wirken. Im Verkehr mit Ihrem Hause würde mir dies sehr erschwert, wenn nickt gerade zur Unmöglichkeit geworden sein. Dann aber — Herr von Greifingen — ick — liebe Ihre Tochter und wollte nicht, daß man eines Tage? Ihre Rechtfertigung als das Werk Ihres Sckwiegersobne? anseken sollte. Sie zürnen mir nicht, daß die freundliche Aufnahme, welche ich in Ihrem Hause gefunden, ein.- Hoffnung auf Erfüllung meiner heißesten Wünsche genährt? ' Herr von Greifingen war sprachlos. Er blickte den Assessor mit einem Ausdruck an, der die Verwirrung, in welche ihn seine eigenen Worte versetzt, noch steigerte. „Herr von Greifingen — darf ich hoffen, Ihre Zustim mung sür meine Bewerbung zu finden?" „Weiß Hertba von Ihrer Liebe?" „Ick hoffe eS." „Täuschen Sie sich auch nicht? Herr Assessor, ich möchte nickt, daß Ihnen in meinem Hause ein Schmerz bereitet würde. Was mich anbelangt, so würde ich mich glücklich schätzen, das Glück meine- Kinde- Ihnen anvertrauen zu können." „Würden Sie mir gestatten, Hertba selbst zu fragen?" Das junge Mädchen war inzwischen aus ihr Zimmer geflüchtet. Der Anblick Friedrich Raguhn'«, den sie plötzlich an der Seite der Tante auf dem Plateau gesehen, hatte ihr da« große Leid, daS si« erfahren, wieder lebendig vor die Seel« geführt. Gleichzeitig fühlte sie sich von den wider streitendsten Gedanken und Empfindungen bestürmt. Die Freude, ibn wiederzuseben, wurde von einem künstlich ge nährten Argwohn zurückgedrängt, und sie begann sich mit einem verbitterten Trotz für den Fall zu umgürten, daß sie gezwungen ihm noch einmal gegenüber stehen würde. Da — der Schwester Schritt! Sie fuhr zusammen, wie vor etwa« Furchtbarem. Ihr Herz klopkt, zum Zerspringen. Nein — nein, sie wollt« ihn nicht Wiedersehen — nie mehr. Der Vater und di« Tante wußte« nicht« von jenem Vor- auUo".
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