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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.08.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980801011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898080101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898080101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-08
- Tag1898-08-01
- Monat1898-08
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März 1879 mit Sin» »am Tausend de» 1« Kataster etugeftelten Grundmerthe« an demselben Tage fällig wird, von genanntem Tage ab bk» spätestens 14 Tage nach demselben an die bekannten Zahlstellen zu bezahlen. Nach Ablauf dieser Frist tritt da» gesetzliche Beitreibung-ver fahren ein. Gleichzeitig sind in Gemäßheit der Bekanntmachung de» König lichen Ministeriums des Junern vom 12. Februar dieses Jahre» (Seite 14 flg. de» Gesetz- und Verordnungsblattes) zur Deckung de» Bedarf» de» LandeSkulturrath» von den Besitzern hierzu beitragspflichtiger landwtrthschaftltcher Grundstücke »ier Zehntheil Pfennig auf jede BeitragSeinheit für obengenannten Termin mit zu entrichten. Leipzig, den 30. Juli 1898. Der Bath der Stadt Leipzig. — Or. Tröndlin. Frenzel. -4 13 27 18 Sind 20,5 16 20,5 2 K ZE 16.5 26.5 17 — 21 — 13 - ,, 24,5 17.5 - .. 15 di« Besitzer unbeweglichen EigenthumS Mitglieder ... .. einer anderen, ein eigene- GottrShauS in dem betreffenden Steuerbezirke, d. h. Parochialbezirke, besitzenden Religion-- oder Konfession-- gemeinschaft, so haben sie nur den dritten Theil des sonst auf ihren Grundbesitz bezw. auf ihren Antheil entfallenden Beitrag- zu den Parochialanlagru zu entrichten. Die Steuerpflichtigen werden aufgefordert, ihr« Steuerbeträge von dem obeubezeichneten Termine ab bis spätesten- 14 Tage nach demselben an die bekannten Zahlstellen zu bezahlen. Nach Ablauf dieser Frist tritt da- gesetzlich« Beitreibungs verfahren ein. Leipzig, am 30. Juli 1898. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Freuzel. Bekanntmachung. Die evangelisch-lutherische Kirchenanlage vom Grundbesitze in Gesammt-Leipzig auf das Jahr 1898 ist am 1. August diese» Jahre fällig. Dieselbe beträgt: für de» verband der evang.-luther. Kirchen gemeinden in Alt-Leipzig für die Kirchengemeinde L.-Anger-Erattendarf „ „ „ L.-iLonnewitz „ ,, „ L.-Sutritzsch L.-Gohli» v. - Kleiuzschacher mit Schleußt« L-Ltndenau L.-LSi;uig L -«e»stadt mit Reu- schöucfeld L.-PlagMitz L.-Aenduitz L. - Sellerhausen mit Ncusellcrhauscn L.-Thanberg mit Nen- reuduitz — L -Volkmarsdarf mit BalkmarSdarfer Stratzenhäuseru — Arber -en To- -es -Fürsten Lismarck, seine letzten Lebensstunden, seine Leich«, die Vorbereitungen zu seinem Begräbniß, die Art feiner letzten Erkrankung, und den Eindruck der Trauerbotschaft liegen die folgenden telegraphischen Meldungen vor: > * Hamburg, 31. Juli. Die „Hamburger Nachrichten" melden: Am Donnerstag Abend war auf Verschlimmerungen, wie sie seit October vorigen Jahres wiederholt stattgefunden hatten, eine Besserung eingetreten, welche dem Fürsten erlaubt hatte, bei Tische zu erscheinen, lebhaft an der Unterhaltung theil- zunehmen, Champagner zu trinken und gegen die Gewohnheit der letzten Zeit wieder mehrere Pfeifen zu rauchen. Das Befinden war derart befriedigend, daß Geh. Rath Schweninger, nachdem sich der Fürst zur Ruhe begeben hatte, Friedrichsruh verlassen konnte, um am Sonnabend wieder dorthin zurückzukehren. Der Zustand blieb während deS Freitags relativ befriedigend. Am Sonnabend Morgen laS der Fürst noch die „Hamburger Nach richten" und sprach über Politik, namentlich über russische. Auch genoß er im Laufe deS Vormittags Speise und Trank und be klagte sich dabei scherzhaft über den geringen Zusatz von geistigen Getränken zu dem Wasser, das man ihm reichte. Da trat plötz lich eine Verschlimmerung durch akutes Lungenödem ein. Im Laufe des Nachmittags verlor der Fürst häufig das Bewußtsein. In der letzten Zeit hatte er neben den gewöhnlichen lichten Momenten mehr oder weniger soporöse Zustände gehabt, aus denen er entweder in einen längeren tiefen und wohlthuenden Schlaf gerieth oder zu völligem frischen Erwachen gelangte. In den Abendstunden des Sonnabend nahmen die bedenklichen Er scheinungen zu. Der Tod trat leicht und schmerzlos gegen 11 Uhr ein. Geheimrath Schweninger, der erst kurz vorher wieder eingetroffen war, suchte dem Sterbenden noch durch Linderung der Athmungsbeschwerden Hilfe zu leisten. Die letzten Worte des Fürsten waren an seine Tochter, die Gräfin Rantzau, gerichtet, welche ihm die Stirne getrocknet hatte: „Danke, mein Kind!" Am Sterbelager war die ganze fürstliche Familie versammelt und außer Geheimrath Schweninger und vr. Chry- sander noch Baron und Baronin Merck zugegen. Nachdem Ge heimrath Schweninger während drei Minuten keinen Athemzug und keinen Puls mehr wahrgenommen hatte, erklärte er, daß der Tod eingetreten sei. Der Fürst liegt, wie er zu schlafen Pflegte, leicht mit dem Kopf nach links geneigt. Der Gesichtsausdruck ist mild und friedlich verklärt. Der Fürst wird seinem Wunsch« gemäß auf der dem Schloß gegenüber liegenden Anhöhe in der Nähe der Hirschgruppe beigesetzt werden. - ? - Friedrichsruh, 31. Juli. (Privattelegramm.) Am Bette des Fürsten, der noch genau so liegt, wie er ge storben, mit einer weißen Decke bis über die Brust zugedeckt, halten zwei Forstbeamte die Todtenwacht. Der Gesichtsausdruck des Entschlafenen ist rLhrend friedlich; die stark einge fallenen Züge lassen aber doch die schweren Leiden der letzten Tage erkennen. -?- Friedrichsruh, 31. Juli. (Privattelegramm.) Fürst Bismarck hat «in eigenhändiges Schriftstück hinterlassen, worin er über die Art seiner Bestattung und die Kennzeichnung seines Grabes Bestimmung trifft. Der Bestattungsplatz liegt dem Haupteingange zum Parke gegenüber, hart am Walde. Die beabsichtigte Ein - balsamirung konnte bisher nicht stattfinden, da der Sonntasruhe wegen die nothwendigen Geräthschaften nicht zu beschaffen waren; sie wird aber spätestens morgen vor genommen werden. * Berlin, 31. Juli. (Privattelegramm.) Die Berliner Blätter, die fast sämmtlich gestern Abend günstige Meldungen über das Befinden des Fürsten Bismarck gebracht hatten, mußten sich, als in der Nacht die erschütternde Kunde von der plötzlich eingetretenen Verschlimmerung und der Katastrophe eintraf, mit der einfachen Wiedergabe dieser Kunde begnügen. Nur einige konnten daran den Ausdruck ihrer Empfindungen und Gedanken, oder, wie das „Berl. Tagebl.", längst fertig gestellte, lange Artikel über die Persönlichkeit, die Entwickelung und die Erfolge des Verewigten, seine innere und seine äußere Politik u. s. w. knüpfen. Ueber die letzten Lebens stunden des Entschlafenen brachte nur der „Berl. Lok.-Anz.", dessen aufregende Meldungen aus der vorigen Woche der Wahrheit am nächsten gekommen zu sein scheinen, einige Mit theilungen, denen wir Folgendes entnehmen: FrtedrichSrnh, 30. Juli, 7 Uhr 10 Min. Abends. Das Befinden des Fürsten Bismarck hat plötzlich aufs Neue eine bedeutende Verschlimmerung erfahren. Die Bestürzung darüber ist um so größer, als Geheim rath Schweninger zur Zeit abwesend ist. Er wurde sofort telegraphisch gebeten, auf dem schnellsten Wege nach Friedrichsruh zu kommen. Auch Graf Wilhelm Bis marck, der bereits abgereist war, wurde zurückbe rufen. Der Besuch des bayrischen Ministers v. Crails- haim unterbleibt. Fürst Bismarck leidet große Schmerzen; der Kräftezustand ist unbefrie- gend, auch eine geistige Schwäche macht sich bemerkbar. Friedrichsruh, 30. Juli, 10 Uhr 35 Min. Nachts. So eben entstieg Schweninger dem Berlin-Hamburger D-Zug, der auf einen Augenblick hier hielt. Mit einem Sprunge, in fliegender Hast, war er vom Wagen herunter. Ihm nach die beiden jungen Grafen Rantzau, welche ihn er wartet hatten. Einen Moment später saßen die Herren in der Equipage, und jagten, was die Pferde laufen konnten, dem nur eine Minute entfernten Schlosse zu. Es besteht kein Zweifel, daß der neue Anfall, welcher den Fürsten darniedergeworfen hat, ernst, sehr ernst ist. Die Kunde läuft hier von Mund zu Mund, wenn auch noch immer officiell Alles dementirt wird. Gott schütze den Fürsten Bismarck! Er hat im Laufe des Abends große, anhaltende Schmerzen erlitten, auch hat sich eine rapide und siarke Abnahme des Gedächt nisses bemerkbar gemacht. Die Thore des Schlosses sind geschlossen. Niemand außer der Familie findet Zu tritt. Die Stimmung ist gedrückt. Andererseits wird aber der Zuversicht Ausdruck gegeben, daß die Ricsennatur des Fürsten Bismarck auch der neuen Krankheit Herr werde. Geheimrath Schweninger, so sagen die Friedrichsruher, wird ihn schon wieder zurecht bringen! Allerdings, die wenigen Eingeweihten geben sich dieser trügerischen Hoffnung nicht mehr hin. Die größte Kunst des Arztes muß jetzt scheitern. * Friedrichsruh, 30. Juli, 11 Uhr 54 Min. Nachts. Der Fürst ist unter den Händen Schweninger's Punct 11 Uhr, eine halbe Stunde nach dessen Ankunft, sanft ent schlafen. Er hat seinen treuen Arzt und Pfleger nicht mehr erkannt. Die Familie war im Nebenzimmer versammelt, auch die Dienerschaft. Seit einigen Stunden war Bewußtlosigkeit eingetreten, wiederholter Luftmangel machte sich geltend. Der Fürst griff mit den Händen an die Augen, um sie zu pressen. Das Hin scheiden erfolgte ohne Kampf. Ferner berichtet das Blatt, es habe bereits am 27. d. folgende Meldung aus Friedrichsruh erhalten: „Alles läßt darauf schließen, daß nur noch sehr schwache Hoffnungen auf Erhaltung des Lebens gehegt werden dürfen. Die WundeamBein ist aufgebrochen. Die Mattigkeit ist groß. Der Fürst befindet sich fast fortwährend im Halbschlummer. Geheimrath Schweninger und vr. Chrysander wachen abwechselnd bei ihm. Man ist auf Aller gefaßt, aber um den Patienten nicht zu beunruhigen, werden die denkbarsten Anstrengungen gemacht, die Wahrheit zu verhüllen und alle Besorgnisse nach außen zu zerstreuen." Wenn das wahr wäre, so müßte freilich die Abreise Schweninger's unbegreiflich erscheinen. — Gleichzeitig veröffent licht das Blatt einen Aufsatz von M o r i tz B u s ch, der bekannt lich während des Feldzuges von 1870/71 in der nächsten Um gebung des Fürsten lebte, über die Vorgeschichte seines Rücktrittes und den bis jetzt noch unbekannt gebliebenen WortlautdesEntlassungsgesuches.dasderAlt reichskanzler auf wiederholte Aufforderung des Kaisers am 18. März 1890 an diesen richtete. Sollte, was dahingestellt bleiben muß, diese unmittelbar nach dem Tode des Fürsten er folgte Veröffentlichung von diesem vor seinem Ende gebilligt worden sein, so würde sich daraus ergeben, daß eine Ver söhnung zwischen ihm und dem Monarchen trotz der be kannten Vorgänge nicht erfolgt wäre. * Berge», 31. Juli. Der Kaiser erhielt gestern Abend spät die erste besorgnißerregende Nachricht über das Befinden des Fürsten Bismarck, und heute früh tieferschüttert die Todes nachricht. Die Flagge der „Hohenzollern" weht auf Halbmast. Eine Flaggenparade unterblieb. Der Kaiser befahl die so fortige Rückkehr nach Deutschland und triff am Montag Abend in K i e l ein. * Hamburg, 31. Juli. Der „Hamburgische Correspondent" meldet aus Friedrichsruh: Der Kaiser hat von Bergen von Bord der „Hohenzollern" aus telegraphisch angeordnet, daß das Fsnrlletsn. Ver -ritte Mann. Novelle«» von E. Fahrow (Neuruppin). Nachdruck verbot«. Waldemar Reinlig war wüthend. Zwar gehörte das bei ihm nicht zu den Seltenheiten, denn er war von Natur heißblütig; aber diesmal war er noch wüthen- der als sonst. Warum mußte dieser elende Clavierpauker, der zu fällig eine Brühmtheit war, ihm aber auch schon wieder ins Ge hege kommen? Er liebte Dora Schmidt, die übermüthige Tochter des Commerzienraths, — was hatte sie dieser Rufini ebenfalls zu lieben? Uebrigens — das Lieben hätte er ihm allenfalls noch ge stattet, aber seine Courmacherei war ihm unangenehm, — riesig unangenehm. Dora Schmidt war, wie gesagt, sehr übermüthig, der konnte man nicht recht trauen. Wenn sie an einem Abend dem wohl habenden und hübschen Fabrikbesitzer Waldemar Reinlig schöne Augen gemacht und ihm gesagt hatte, daß sie Künstlerehen für ein Unding hielte, so war sie im Stande, am nächsten Abend ganz verzückt zu thun, wenn der welsche Virtuose ihr etwa» vorspielte. Da» war schon den ganzen Winter so gegangen, und ging noch immer so weiter in änlci jndilo, — der Sache mußte ein Ende gemacht werden! UebrigenS war Waldemar ein geradezu deutscher Mann, der nie eine Maske vornahm, und deshalb „kaufte" er sich eine» Abend» den Künstler, als er ihn im Thiergarten traf, und sprach zu ihm: „Mein werther Herr Rufini, ich möchte ein offenes Wort mit Ihnen reden, bitte Sie aber im Voraus, eS mir nicht übel zu nehmen." Rufini lachte, daß alle seine blendenden Zähne hervorschim merten. „Aber Gott,.ich nehm nie etwa» iebel!" „Run, desto besser — sagen Eie mal, — wollen Sie gern Fräulein Schmidt heirathrn?" „woherr wissen Sie? Ich weiß selber noch nicht?" „Aber Sie machen ihr doch scheußlich die Tour!" „Warum soll ich nicht? Ist doch ein scheene» Mättchen, — ah!" Und Herr Rufini sah au», al» koste er ein PralinS. „Wenn Sie aber keine ernstlichen Absichten haben, wollte ich Sie bitte«, — halte» Sje sich doch ei» wenig zurück, Ihre eztre- men Huldigungen verdrehen Fräulein Dora den Kopf, — sie ist ohnehin schon so eitel." „Madonna, Sie verlangen zu viel! Ich will vielleicht doch heirathrn, wissen Sie! Ich reife sogarr den Leiten wahrschein- l-ch nach!" . Herr Reinlig sah, daß hier nichts zu machen war, — er mußte sich schlankweg Dora selber erklären, und das gleich, in den nächsten Tagen! Ein Glück, daß die Schmidts verreisten: er würde ihnen sofort nachreisen — einmal aus Berlin mit seinen Courmachern heraus, würde vielleicht Dora endlich etwas gesammelter werden und ihn — vielleicht — anhören. Noch wußte er freilich nicht wohin die Reise ging; die Schmidts sagten das nie ihren Bekannten vorher, weil der alte Herr eigenthümlicher Weise die Marotte hatte, auf seiner Som merreise keine Berliner Bekannten treffen zu wollen. Aber man brauchte ja nur Vetter Franz zu fragen, Kiesen guten, harmlosen Vetter Lieutenant, der wie ein Bruder mit mit Dora stand, und fast immer in der Villa seines Onkels Schmidt zu finden war. Waldemar fragte also Vetter Franz, wohin denn die Reise ginge, — er wolle nicht etwa auch dahm; im Gegentheil, nur — da er gehört habe, daß „dieser zudringliche Rufini" eine derartige Absicht habe, wollte er ihn womöglich auf die falsch« Fährte bringen. Vetter Franz lachte hell auf und fand die Idee ganz famos. „Sagen Sie ihm, meine Cousine reise nach Heringsdorf, — in Wirklichkeit reisen sie nämlich nach Interlaken, Hotel Oberland." „Danke Ihnen, danke Ihnen sehr, Herr Lieutenant; die Sache wollen wir schon besorgen!" Der ahnungslose Rufini merkte indessen nichts von der drohenden Wolke, die über ihm stand. Das Gespräch mit Herrn Reinlig hatte im Gegentheil alle möglichen rosigen Hoff nungen in ihm erweckt. Wenn dieser langweilige KaufmannS- mensch solche Angst vor ihm hatte, so mutzte doch wohl einige Aussicht für ihn vorhanden sein, — hm! Er meinte e» im Grunde auch viel ernster, als er ringe- standen hatte; denn Dora Schmidt war eine gut«, eine sehr gute Partie, und er, der berühmte Rufini, brauchte Geld, immer Geld, — es war zu sonderbar, daß er nie welches hatte, obwohl er im Winter so glanzende Einnahmen gehabt. Deshalb war er so bereit, da» schön gelockte Haupt in da» Joch der Ehe zu stecken, — ja, ja, — auch er wollte sich jetzt ernstlich daran halten! — „Herr Officier", sagte er andern Tag» zu Letter Franz (er konnte sich dies« Titulatur durchsu» nicht abgewöhnen), — „sagen Sie mirr doch, — Sie werrden ja wissen — wohin geht Fräulein Dora morgen?" „Sie geht auf die Reise, Herr Rufini." „Ja — ich weiß; aberr, wohin, bitte?" „Hm, — eigentlich soll ich es nicht sagen . . ." „Ah, Sie sind aberr doch so sähr libbenswirrdig, — Sie werrden schon sagen —" „Na, in drei Deibels Namen denn — sie geht nach Inter laken, Hotel Oberland." „Oh, wie danke ich Ihnen! Werrde ich auch kein' Mensch weiter verrathen. . . ." Lächelnd, und mit der wohlgepflegten weißen Rechten grü ßend ging der Gefeierte davon. „Altes Ekel", brummte der Lieutenant, während er in das Haus schlenderte und sich an den Flügel setzte. Er konnte nicht viel spielen, — z. B. spielte er Alles und Jedes immer nur in O-ckm- — aber er spielte hübsch und frisch, und sang dazu mit seiner jungen, warmen Stimme herzliche Volkslieder. Nebenan, auf ihrem versteckten Erkerplatz, saß Dora und stickte. Als er eine Weile gespielt hatte, rief sie hinein: „Sing' doch was, Franz!" „Herrjeh, Du bist da?" rief er zurück, „hab' ich ja gar nicht gewußt! Na, entschuldige nur, daß ich die Tasten entweihe, die die geheiligten Hände Deines Götzen berührt haben." „Red' doch nicht so!" rief ihm Dora ziemlich unparlamen tarisch zurück. „Sei artig und singe." „Was befiehlst Du?" „Mein Herz ist wie ein Bienenhaus", sagte sie. „Stimmt, Dora . . . Dein Herz ist wie ein Bienenhaus . ." und er sang das Lied mit der Variation, daß es lauter Männer waren, die in ihrem Herzen ein- und ausflogen. Aber sie nahm ihm Nicht» übel. „Jetzt den Lindenbaum", commandirte sie. Und er sang den Lindenbaum, und sang noch zehn andere Lieder, während sie näher und näher lam und zuletzt dicht neben ihm saß. Auf einmal drehte er sich zu ihr herum, packte ihren Kopf und küßte sie herzhaft auf den Mund. „Ach, Du einziger, lieber Käfer, Du machst mich ja ganz toll mit all' den dummen Liebe»lird«rn!" »Pfui, Franz, da» ist ungezogen von Dir!" „Wa»? Daß ich mein Väschen küsse?" „Nein, daß Du die Liebr»lied«r dumm findest; und ich bildete -mir ein, Du sängest sie au» lauter Ehrlichkeit so hübsch!" ... - . , „Das that ich ja auch. Was nützen mir aber alle Liebes lieder, wenn ich Dich doch nicht kriegen kann! Ich bin Dir, weiß Gott, zu fürchterlich gut, Dora!" Dabei bekam sie von Neuem einen Kuß. „Wer sagt denn, daß Du mich nicht kriegen kannst,?" Ganz leise, ganz schüchtern war die Frage herausgekommen. Und jetzt sprang der Vetter auf, und riß sie an seine Brust, und eine ganz regelrechte Liebes- und Verlobungsscene folgte . . . Dora erklärte an diesem Abend ihren Eltern, wenn der Franz nicht endlich gesprochen hätte, würde sie i h m einen Antrag gemacht haben, denn sie habe das Warten satt ge habt. — Acht Tage später saß in glühender Hitze und übelster Laune Herr Waldemar Reinlig an der Table d'höte im Oberländerhof in Interlaken. Seit drei Tagen war er hier und wartete auf die Familie Schmidt, die immer noch nicht eintreffen wollte. Aber da — soeben that sich die Thür des Speisesaales auf, — Herr Reinlig traute seinen Augen nicht — das war ja der leibhaftige Satan — nein, der leibhaftige Carlo Rufini, der da hereintrat. Grün vor Wuth, starrte er seinen Nebenbuhler an, der eben falls nicht gerade ein verklärtes Gesicht machte, als er jetzt Platz nahm und sich gerade gegenüber dem deutschen „Kaufmanns menschen" sah. Wohlerzogen wie er war, verbeugte er sich aber ver bindlich. „Sie sind hierr, Herr Reinlig? Ich denke, Sie wollten nach Herringsdorf?" „Ich? Daß ich nicht wüßte!" sagte Waldemar steif. „Ich habe Ihnen nur gesagt, daß die Familie Schmidt dorthin ginge." „Nun ja, — eben darum bin ich hierr, werde doch nicht so aufdringlich sein . . ." „Du Racker!" dachte Waldemar. „Du hast blos herauS- spionirt, daß sie hierher kommen wollten — darum bist Du hier." — In diesem Augenblick brachte der Kellner den beiden Herren je einen großen Brief, dem sie eine goldgeränverte Doppeltarif entnahmen. Es war die aus Heringsdorf datirte Verlobungs anzeige von Dora und Franz. Sprachlos reichten sich die Herren gegenseitig die Karten zum Lesen hin . . . Am selben Abend aber noch tranken sic bei der sechsten Flasche Pommery.in großer Rührung Brüderschaft.
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