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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.08.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980810022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898081002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898081002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-08
- Tag1898-08-10
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Die Morgen-AuSgabe erscheint nm '/,7 Uhr. di« Lbend-Au-gabe Wochentag- um b Uhr. Nr-actiou und Erve-itiou: Johanne-gasse 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: ktt» klemm'» Eortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinum), LoniS Lösche, Katharinenstr. I-, pari, und König-Platz 7. Bezugs-Preis In der Hauptexpedition oder den im Stadt- d«irk und de« Borortrn errichteten Au-- aavestellen abgeholt: vierteljährlich ^4 4.K0, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Han- ^l ü.bO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertrliährlich 6.—. Directe tägliche Kreuzbandicndung tu- Au-la»d: mouatlich 7.50. Abend-Ausgabe. tWiger„ Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile LS Psg. Reckam en unter dem Redactioa-strich (-Ge spalten) SO^j, vor den Familiennachrtchk» (6gejpalten) 40^. Größere Schriften laut unjerem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. Kxtra-Beilage» (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.mit Postbeförderung 70.—. Ännahmelchluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morge »-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. — Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 402 Mittwoch den 10. August 1898. 92. Jahrgang. Die spanische Antwortnote. —p. Ueber den Inhalt der spanischen Antwortnote wird noch tiefe» Stillschweigen bewahrt; vielleicht ist sie noch gar nicht vollständig entziffert. Nur soviel verlautet nach einer Meldung de» „Reuter'schen Bureaus" in London, daß die Note die amerikanischen Bedingungen annimmt, aber in bestimmter Weise jeden einzelnen Punct und solche Fragen erörtert, die sich bei der Ausführung der amerikanischen Be dingungen ergeben werden. Gestern wurde in Washington eine Conferenz zwischen dem Präsidenten Mac Kinley und dem französischen Botschafter Cambon abgehalten, die eine Stunde und zehn Minuten dauerte und um 7 Uhr Abends beendet war. Ueber den Verlauf der Unterredung ist nichts bekannt geworden. Das ist das dürftige Material, das unS heute zur Verfügung steht. Eins scheint uns aber aus unseren Telegrammen hervorzugchen: das spanische Ministerium, das nicht nur die letzte Entscheidung den Cortes zuschiebt, sondern auch eine längere Erörterung über die einzelnen Friedensbedingungen herbeisühren möchte, sucht die Verhandlungen zu verschleppen. Dies geschieht ersichtlich in der Hoffnung, noch Einige- zu gewinnen, und diese Hoffnung gründet sich wieder auf den schlechten Ge sundheitszustand der amerikanischen Armee, die schleunigst nach dem Norden gebracht werden muß, wenn sie nicht schweren Schaden leiden oder vielleicht gar zu Grunde gehen soll. DaS Memorandum, daS General Shafter von seinen Untergeneralen erhielt, hat der „Frkf. Ztg." zufolge nach den „Times" folgenden Wortlaut: „Wir, die unterzeichneten befehligenden Officiere der verschiedenen Brigaden, Divisionen rc. der cubanischen Occupatiousarmee, sind der einstimmigen Ansicht, das; diese Armee sofort von Cuba zurück gezogen werden und an einen Punct an der Nordküste der Ver- einigten Staaten gesandt werden sollte. Das kann ohne Gefahr für die Bevölkerung der Vereinigten Staaten geschehen. Das gelbe Fieber wüthet gegenwärtig nicht epidemisch unter den amerika nischen Truppen. Es treten nur einige sporadische Fälle aus. Die Armee wird aber vom Wechfclfieber so stark heimgejucht, daß ihre Kriegstüchtigkeit dadurch vernichtet wird. Wenn das gelbe Fieber, welches sicher in nächster Zukunft zur Erscheinung kommen wird, epidemisch auftritt, so wird die Armee völlig vernichtet werden. Wir wissen aus dem Bericht competenter Officiere und auS eigenen Beobachtungen, daß die Armee nicht im Stande ist, in das Innere der Insel vorzurücken, daß es keine Wege giebt, wenn man es versuchen sollte, und der Versuch nur dann ausgeführt werden könnte, wenn eS zu spät ist. Außerdem sagen die besten ärztlichen Autoritäten auf Cuba, daß wir mit unserer jetzigen Aus- rüstung während der Regenzeit gar nicht im Innern existirrn könnten, ohne furchtbare Verluste am Wechselfieber. Dieses ist fast ebenso todtbringend, al- daS gelbe Fieber. Jetzt kann die Armee sortbefördert werden. Diejenigen, welche dies verhindern, werden für den Verlust von Tausenden von Menschenleben verantwortlich sein. Unsere Ansichten sind das Ergebniß von sorgfältiger persönlicher Beobachtung. Sie gründen sich auch auf die einstimmige Meinung unserer Militairärzte, welche die Lage durchschauen." Dazu kommen noch die jüngsten Nachrichten von den Philippinen, welche zeigen, daß die Spanier am 3l. Juli einen Ueberfall auf das Lager deS Generals Merritt vor Manila versuchten, daß derselbe zwar abgeschlagen wurde, daß aber im Uebrigen die Aktionsfähigkeit der Amerikaner, angeblich wegen Mangels an Munition, eine auffallend geringe war und daß die Insurgenten keine Hand regten, um Merritt zu unterstützen. Die letzten Meldungen von den Philippinen lauten im Einzelnen wie folgt: * Washington, 10. August. NT eie gram m.) Eine amtliche Depesche des Generals Merritt von Cavite besagt, Laß unter den amerikanischen Soldaten daselbst keine Epidemie herrsche. Merritt fügte hinzu, um die Umgebung der Stadt Manila zu nehmen, feien die Vorposten Les Generals Greene vorgerückt, um eine Linie zwischen Calnino Kcal und der Küste herzustellen. Die Spanier hätten in der Nacht vom 31. Juli mit Artillerie einen heftige» Angriff unternommen. Es sei den Vorposten gelungen, sich zu halten, doch habe man sie mit einer Brigade unterstützen müssen. Die Amerikaner hätten 9 Manu verloren. Ein Osficier und 9 Mann seien schwer, 38 Mann leicht verwundet. — Ans Privaldepejchcn geht hervor, Laß die Spanier einen allgemeinen Angriff aus Dewey's Lager bei Malata unternommen haben, bevor dieses habe verstärkt werden können. Da der Sonntag ein Festtag (?) für die Aufständischen war, zogen sich diese hinter die linke Flanke zurück und ließen die rechte Flanke der Amerikaner ungedeckt. In tiefer Nacht und bei Gewitter und Regengüssen versuchten die Spanier, das Lager zu überfallen, dessen Wachen zurückgetrieben wurden. Die Amerikaner ließen die Artillerie auffahren, um die Spanier zurück- zudrängen. Diese waren gezwungen, sich zurückzuziehen, aber die amerikanische Infanterie, deren Munition erschöpft war, konnte die Spanier nicht verfolgen, die während der Nacht Todte und Verwundete fortschafften. Thatsächlick ist die Lage auf Cuba und den Philippinen für die Amerikaner im Augenblicke eine wenig günstige und damit rechnet man in Madrid. Aber man dürfte sich doch verrechnen; denn sobald man in Washington sich darüber klar ist, daß das spanische Ministerium ein hinterhältiges Spiel treibt, wird man die Feindseligkeiten sofort mit aller Kraft wieder aufnehmen und den Spaniern zeigen, wer eS am längsten auSzubalten ver mag. Auch taucht bereits wieder die Drohung auf, daß un verzüglich eine amerikanische Flotte nach Spanien abzehen werde, um die dortigen Häfen zu bombardirni und die Canarischen Inseln zu nehmen. Wagt Spanien noch einmal den Gang und verliert, wie vorauszusehen ist, endgiltig, dann werden auch die amerikanischen Forderungen noch weit härter ausfallen, als sie jetzt schon sind. Auf Puerto Rico scheinen die Amerikaner ihrer Sache gewiß zu sein. General Miles telegraphirte gestern nach Washington, die vorhandene Truppenmacht sei ausreichend, um Puerto Rico zu nehmen, weshalb Alger die Entsendung von neuen Verstärkungen einstellte. Eine nach Madrid ge sandte Depesche des Generals MaziaS gesteht selbst zu, von den Actionsmächten auf Puerto Rico seien einige in amerika nische Dienste getreten, d. h. die Amerikaner werden mit offenen Armen empfangen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. August. Die Wahl des Freiherr« von Wangcnhcim zum 1. Vor sitzenden des Bundes der Landwirthe, die schroffe Ablehnung deS Vorschlages des Grafen Mirbach, die Wahl des Vor sitzenden noch hinaus zu schieben, die scharfe Zurückweisung, die ein in der „Kreuzzeitung" gemachter Vorschlag zur Decentralisation Seitens deS Bundesorganes erfahren hat: All dies wird allseitig als Beweis dafür angesehen, daß die intransigente Richtung im Bunde den Sieg über die ge mäßigten Elemente davon getragen bat. Es Hal also der Lockruf des „Schlesiers", der augenscheinlich von specisisch - conservativen Interessen geleitet war, nichts genützt und die „Kreuz-Zeitung" hat sich umsonst von dem Bündlerorgan abkanzeln lassen. Trotz dem ist die „Kreuzztg." voll sanfter Milde und Fröhlichkeit: Sie will es nicht glauben, daß der Nadicalismus im Bunde einen Sieg erfochten hat, sie glaubt vielmehr, daß durch Herrn v. Wangenheim die herzlichsten Beziehungen zwischen dem geläuterten Bunde und den Conservativen sich alsobald einstellen werden. Sie meint nämlich: „Herr von Wangenhcim bat, wie so mancher Andere, in der ersten Zeit der agrarischen Bewegung hier und La unzweifelhaft einen scharfen Ton angeschlagen. In der ernsten Arbeit zur Erreichung Les Zieles trat auch bei ihm die ruhige, sachliche Würdigung des Werkes in den Vordergrund. Seine Wahl ändert an der bisherigen Zusammensetzung des Bundes vorstandes nichts. Gleich seinem Vorgänger hält sich auch Freiherr von Wangenheim zur d eu t s ch c o n s erv at i v e n Partei; wenigstens candidirt er auch als ihr Ver treter in seinem heimathlichen Stargard-Pyritzer Wahlkreise zum Reichstag. Wir Conservativen haben als solche weder die Aufgabe noch das Recht, uns in die Angelegenheiten des Bundes der Landwirthe zu mischen. Auch die Wahl des Abg. vr. Rosicke zum ersten Vorsitzenden würde uns bei seiner reichen agrarischen Erfahrung weder unsympathisch gewesen sein, noch Besorgnisse hinsichtlich des sreundn achb arlich en Verhältnisses Les Bundes zu den Conser vativen erweckt haben, obwohl vr. Rösicke nicht der dcutsch-conservativen Fraction im Reichstage beitretcn wird, denn Lies Verhältnis; basirt aus den Personen und Len gemeinsamen wirthschaftlichen Zielen. Freiherr von Wangenheim wird, wie gemeldet wurde, der Fraction sich anschlicßen, er tritt auch damit in die Fußstapfen seines Vor gängers. Wir dürfen daher hoffen, daß er gleich diesem, dem Heim gegangenen Herrn von Ploetz, ein kräftiges Bindeglied zwischen den Conservativen und dem Bunde bilden wird." Ein „kräftiges" Bindeglied ist Herr v. Ploetz zwischen den Conservativen und dem Bunde nun gerade nicht gewesen und ob eS Herr v. Wangenbeim werden wird, ist auch noch stark zu bezweifeln. An sick hat ja das bündlerische An hängsel für die Conservativen auch seine Schattenseiten, wenigstens für den Thcil der Conservativen, die Rücksicht auf die Regierung nehmen müssen. Die „Kreuzztg." sollte also nicht zu freundlich werden. Das überraschende Auftreten der Tocialdcmokratie in rein ländlichen Wahlkreisen Ostpreußens ist den dortigen Conservativen sehr unangenehm und mit Recht, denn sie tragen wegen ihrer agrar-demagogischen Haltung selbst die Schuld daran. Sie wollen diese Schuld aber wieder gut machen, indem sie, wie auS einem Aufruf des Ausschusses des ostpreußischen conservativen Vereins hervorgeht, jetzt energisch gegen den Umsturz vorgehen wollen. Die Einleitung dieses Aufrufes ist recht bezeichnend für die ostpreußischen Extremen, sie lautet: „Die letzten Reichstagswahlen haben gezeigt, daß in Ost preußen allein die conservative Partei die Social demokratie wirksam zu bekämpfen vermag." (!!) Also, Hanne- mann, geht voran! Weiter heißt es in dem Aufruf: „Wenn cs trotzdem einer gewissenlosen Agitation gelungen ist, eine große Zahl Stimmen in Ostpreußen für die Socialdemokratie zu gewinnen, so liegt dies hauptsächlich daran, daß viele unserer Parteigenossen durch eine bis dahin ungekannte Agitation überrascki worden sind. Es darf niemals übersehen werden, daß die Social- dcmokratie antimonarchisch und revolutionär und daher mit allen Maä t- Mitteln des Staates zu bekämpfen ist. In diesem Kampfe muß der Staat von der Kirche und dec Gesellschaft mit aller Kraft und Hingebung unterstützt lverden. Aber auch von der irrigen Ausfassung, Las; den Arbeitern gegenüber von unserer Seite nichts geschehen dünV, um sie auf die Gefahr der Socialdemokratie aufmerksam zu machcn, ist abzusehen. Wir müssen es uns angelegen sein lassen, mir ihnen über die das Vaterland bedrohende Gefahr eingehend zu sprechen, nicht nur vor den Wahlen, sondern so oft sich eine Gelegenheit dazu bietet. Christcnthuni und Monarchie wurzeln noch tief im Herzen L r Ostpreußen. Versäumen wir keinen Anlaß, an diese heiligen Gefühle zu appelliren! Unsere Arbeiter lesen gern. Sorgen mir dafür, daß ihnen statt des verderblichen Lesestoffes socialdemokratijcher und radicaler Schriften gute christliche Blätter gehalten werden. Wir empfehlen zu diesem Zwecke in erster Reihe Len „Preußischen Bolkssrennd" (Verlag der „Ostpreußischen Zeitung", Preis vierteljährlich 40 — Aber auch das leibliche Wohl unserer Arbeiter möge uns stets am Herzen liegen. Arbeiter, die wissen, daß die Arbeitgeber sich um sie kümmern, ihnen in Krankheit und Roth nach Kräften helfen, werden sich nicht leicht durch Agitatoren verführen lassen. Ohne diese innere Arben können auch die besten Gesetze die Ausbreitung der jocialdemokratischcn Irrlehre nicht hindern. Die Strenge deS Gesetzes den Verführern, Belehrung und christliche Liebe den Verführten: das sei unsere Losung im Kampfe gegen den Umsturz." Wenn die ostpreußischen Conservativen auf den letzten Theil dieses Programms besonderes Gewicht legen und thai- sächlich ihm gemäß handeln, dürfen sie der Zustimmung auch der anderen Parteien sicher sein. Die Entscheidung über die socialdcmokratischc Bcthci- lignng bci öcn preußischen LauVtagSwahlen ist nunmebr gefallen: die Breslauer Socialdemokraten haben, wie inil- getheilt, mit großer Mehrheit beschlossen, selbstständig in die Wahlen cinzutreten und eigne Wahlmänner aufzustellen. Der „Vorwärts" zieht auS diesem Beschluß der Breslauer Socialvcmokraten die Conscquenzen, indem er schreibt: „Nachdem eine Stadt von der Bedeutung Breslaus sich für die Betheiligung an den LanLtagswahlen entschieden hat, werden wohl die übrigen in Betracht kommenden Kreise bald folgen. Jedenfalls ist eS, gleichviel wie die Parteigenossen der einzelnen Kreise zu der Frage der Betheiligung stehen, die höchste Zeit, daß in jedem Kreise end- giltig entschieden wird, ob sich die Parteigenossen betheiliaen werden oder ob sie das Gegentheil für zweckmäßig halten. Jeder Tag kann die Verkündigung der Neuwahlen bringen; bis dahin muß reiner Tisch geschaffen sein. Die Parole auszugeben, ist Ausgabe der ordnungsmäßigen Vertretungen der Kreise, der KreiS- Parteiverjaminlniigen. Eine Partei von der Größe und Bedeutung der nnsrigen muß in einer hochpolitischen Frage, wie cs die Land tagswahlen sind, gegenüber Freund und Feind unzweideutig erkennen lassen, wie sie sich zur Sache stellt." Die Breslauer Socialdemokraten hoffen in der dritten Abtheilung eine große Anzahl Wahlmänner aus ihrer Partei durchzubringcn und glauben auch in der zweiten Abtheilung in gewissen Bezirken Parteigenossen mit Aussicht ans Erfolg aufstellen zu können. Einen weseullichen Nutzen werden gerade in Breslau dieFreisinnigen von den Socialdemokraten nicht haben können, denn die jetzige Vertretung Breslaus besteht ja schon aus drei Freisinnigen. Unter diesen gehört einer allerdings der freisinnigen Vereinigung an, der mit socialdemokratischem Druck vielleicht durch einen Volksparteiler ersetzt werden könnte. Dafür wäre Herr Richter am Ende sehr dankbar. Vielleicht aber kommt den Socialdemokraten auch der Appetit mit dem Essen, wie ein Artikel in der „Sächsischen Arbeiter-Zeitung" lehrt. Der Breslauer- Wahlkreis ist nämlich höchst unsicher für die Freisinnigen, Feuilleton. In -er Lran-ung -es Lebens. 4s Roman an- dem amerikanischen Westen. Von Theodor Licke. Nachdruck verboten. «VI. Ein paar Minuten nachdem Brant Dorothy Langford ver lassen hatte, stieg er die Treppe zu den Redactionsräumen des „Colorado Plainsman" empor, lauschte auf das Geräusch der Schnellpressen im Erdgeschoß und fragte mit einigem Zweifel, ob die oberflächliche Bekanntschaft mit dem Manne, den er auf suchen wollte, wohl zum Ziele führen würde. Der Nachtredacteur war anwesend, aber sein Tisch war noch leer. „Sieh da, Mr. Brant", rief er. „Freut mich, Sie zu sehen. Setzen Sie sich. Bringen Sie uns etwas?" „Nein", sagte Brant, indem er gleich auf sein Ziel los ging. „Im Gegentheil, ich möchte, daß Sie etwas fortlassen." „Wenn sich's machen läßt; um was handelt sich's denn?" „Um Folgendes. Die Polizei hielt, wenn ich nicht irre, in voriger Nacht eine Razzia ab." „Ganz recht, in Draco's Spielhaus. Wir bekamen es heute Morgen, als die Formen schon geschlossen waren." „Das dachte ich mir. Nun wohl, da ist ein Name in der Liste, der muß heraus — William Langford." Redacteur Forsyth zündete sich zunächst seine Cigarre an, ehe er antwortete: „Muß — das ist ein heikles Wort in einer Re daction. Wer ist William Langford, wenn ich fragen darf, und weshalb muß er heraus?" Aus vielen Gründen. Zunächst ist er noch ein grüner Junge, dann ist er ein Bekannter von mir." Der Redacteur lächelte. „Sie haben beim Zeichnen Ihren Beruf verfehlt", sagte er. „Sie müßten sich in einem Kühlhause anstellen lassen; da könnten die Leute Eis sparen." „Das schadet nichts; wollen Sie thun, um was ich Sie bitte?" Forsyth nahm die Correctur des Berichtes und strich den Namen William Langford. »Ist eigentlich Unrecht, wissen Sie, so der Presse das Maul zu verbinden", sagte er, „aber was thut man nicht, um einem Freunde gefällig zu sein. Was kann ich sonst noch für Sie thun?" „Viel. Setzen Sie Ihren Hut auf und gehen Sie mit mir zu den anderen Redactionen. Ich kenne keinen von den Herren, aber Ihretwegen werden sie's schon thun." -K Der Stuhl des Nachtredacteurs, der sich eben etwas ge schaukelt hatte, flog krachend zu Boden. „Bei Gott, Brant", rief er, „Sie können's mit Ihrem viel genannten Namensvetter aus Silverette aufnehmen. Aber ich gehe mit. Die Kollegen werden glauben, da sei eine Frau im Spiele und sich über mich lustig machen. Aber das thut nichts. Kommen Sie, ich bin bereit." „Es ist allerdings eine Frau im Spiele", sagte Brant ruhig, „sonst wäre ich jetzt nicht hier. Aber sie darf auf keinen Fall erwähnt werden." „Natürlich nicht; Langford ist Ihr Vetter und Sie sind sein natürlicher Vormund — das genügt. Lassen Sie uns gehen und die Sache erledigen." Sie gingen gemeinsam zu den anderen Redactionen, und als das geschehen war, stattete Brant seinem Gefährten vor dem Gebäude des „Plainsman" seinen Dank ab. „Ich bin in Ihrer Schuld", sagte er, „und werde mich freuen, wenn ich sie eines Tages abtragen kann. Lassen Sie mich wissen, wenn die Zeit da ist, vielleicht daß Sie in einer finsteren Nacht einmal eines Schuhes bedürfen." „Ich bin überzeugt. Sie würden Ihren Platz so gut ausfüllen wie der Mann von Silverette", sagte lachend der Redacteur. „Ist er übrigens verwandt mit Ihnen?" „Nein", sagte Brant, „aber ich weiß allerlei von ihm. Gute Nacht." Damit ging der Ingenieur fort, uzn das verlorene Schaf aus dem Hause Langford zu suchen. VH. Draco's Spielhaus, wohin Brant jetzt seine Schritte lenkte, war wie gewöhnlich im vollen Betriebe. Nach seiner Erfahrung war es ziemlich sicher, daß der junge Langford in dem Stalle des Hundes zu suchen war, der ihn eben gebissen hatte; weiter vermuthete er, daß der junge Herr das willfährige Werkzeug in der Hand eines älteren Gauners sei. Es war gar nicht anzunehmen, daß der junge Mensch aus sich selbst heraus seine Leidenschaft für das Spiel entwickelt hatte. Brant kannte das Handwerk zu gut. Es hatte seine Meister, seine Wanderburschen und seine Lehrlinge. Er zweifelte nicht, daß der junge Langford noch der letzten Classe angehörte, und in dem Falle mochte eine kräftige Cur ihn vielleicht noch retten. Der professionelle Spieler ist sehr vorsichtig, und ein paar Worte — Worte, wie Brant sie zu sprechen wußte — würden den Lehrling aus den Klauen des Meisters befreien. Das mutzte der erste Schritt zur Rettung des jungen Mannes sein; nachher hatte der Vater das Seinige zu thun, um ihn zu hindern, einen neuen Anschluß zu suchen — wenn er überhaupt dazu im Stande war. Für sich selbst sah Brant große Schwierigkeiten voraus. Die niederen Volksclaffen waren zu der Zeit, wo diese Geschichte spielt, in Denver stark vertreten, und er konnte kaum hoffen, unerkannt ein- und auszugehen. In den Jahren, in denen er selbst dem Laster ergeben gewesen war, hatte er sein Licht nicht unter den Scheffel gestellt. Er war wohlbekannt bei den Männern seiner Sippschaft, und die Sippschaft führt ein Nomadenleben, wenn sie sich auch nicht aus ihrem eigentlichen Gebiete entfernte. Und dann? Nun, dann würde es von Munde zu Munde gehen, daß der „brave George" aus den Ansiedelungen in der Stadt wäre, daß er aber aus Gründen, die ihm selbst am besten bekannt wären, in Zurückgezogenheit lebte; und dann würde er besser thun, sich seine rechte Hand abzuschlagen, als sich vor der Oeffentlichkeit mit einer Dame sehen zu lassen, an deren Ruf ihm etwas gelegen war. Das war der Widerhaken des Pfeiles, und er empfand ihn schmerzlich, während er den Weg von der Redaktion zu der Spiel hölle zurücklegte. Nichtsdestoweniger ging er entschlossen vor wärts, bis er vor der Thür stand, die das Innere von Draco's Spielsaal verhüllte. Hier zögerte er in dem Bewußtsein, daß er am Wendepuncte stand. Noch war es nicht zu spät, umzukehren. Die Hand an der Thür, stand er noch zögernd da. Drinnen konnte er das Summen von Stimmen, das Klirren von Gläsern, das Rollen der Roulettekugeln vernehmen, alle die wohlbekannten Geräusche aus dem Leben, das hinter ihm lag. Er war jetzt weit genug davon entfernt, um Ekel davor zu empfinden, und doch zog es ihn mit unwiderstehlicher Gewalt. Wie, wenn er wieder auf die alten Wege zurückgezogen wurde? Seltsame Dinge waren vorgekommen, und der Reiz der Sünde ist nicht weniger mächtig, weil sie ekelerregend ist. Dann sah er das Bild eines tiefbekümmerten jungen Mädchens, das, gegen einen Thürpfosten gelehnt, leise weinte, wie Eine, die trauert ohne Hoffnung; dann dachte er an sein Versprechen an Dorothy Langford, und die Klappthllren wichen dem Drucke seiner Hand. Sie zitterten noch hinter ihm, und er hatte kaum das Zimmer selbst betreten, als ihm der Mann am Schenktische mit der Hand eine freundliche Bewillkommnung zuwinkte. Da war er schon direct an der Schwelle seines Unternehmens wiedererkannt; da cs einmal so war, beschloß Brant, es wenig stens so gut wie möglich auszunutzen. Er ging auf den Schenk tisch zu unv wartete, bis der Mann frei war. „Ist die Möglichkeit!" rief der laut. „Bist Du's denn wirk lich, alter Junge? Dachte mir wohl, daß Du 'mal auftauchen würdest. War kürzlich ein Bursche hier und sagte, Du hättest im Gebirge 'nen Mann geiödtet und seiest ausgerissen. Das is 'ne Lüge, Mann, sagte ich, George Brant reißt vor nichts aus. Na, einerlei, was willst Du trinken?" Obwohl Brant erst so kurze Zeit aus der Gesellschaft ge schieben war, der auch der Schankwirth angehörte, war ihm die Vertraulichkeit dec Begrüßung doch höchst peinlich. Aber er bezwang sich und vergaß seine wiedergefun'dene Würde. „Danke schön, Tom, ich trinke nichts; ich möchte nur ein paar Fragen an Dich richten." „Na, dann schieß nur los." „Hast Du hier nicht letzthin einen jungen Burschen sich umhertreiben sehen? Glattes Gesicht, dunkle Augen unv Haare, gut gekleidet." „Natürlich, den Kleinen meinst Du; der ist jetzt hier." „Allein?" „Nein. Der Profeffor. hat 'n sich rangeholt; sind meist zu sammen, die Beiden." Brant wurde bleich bis in die Haarwurzeln. „Doch nicht Jim Harding!" rief er erschrocken. „Versteht sich — ihr Bruder. Du solltest 'n doch am besten kennen. Brant kannte ihn allerdings — besser als irgend ein Anderer. Ein Desperado von der Grenze, ein Gauner der schlimmsten Sorte, der in Folge seiner Verwandtschaft mit der Todten Brant jahrelang auf der Tasche gelegen hatte. Der Ingenieur drehte sich um und ließ seine Blicke durch den langen Raum wandern. Er war ziemlich voll. Zu Zweien, Dreien und Vieren saßen sie an den Kartentischen; in kleinen Gruppen umstanden sie die Würfel- und Roulettetische, und au der Pharotafel saß zunächst eine Reihe, über deren Schultern weg noch eine stehende Reserve spielte. Dazwischen eine un ruhige Menge, die sich an den verschiedenen Anziehungspuncten hin- und herbewegtc. Irgendwo in diesem Höllenrachen steckte der, den er suchte —- Dorothy's Bruder, er durfte das nicht vergessen. Und bei ihm fand er wahrscheinlich jenen verkommenen Gesellen. Brant schüttelte sich in grimmiger Wuth, wenn er daran dachte, und er streckte feine Hand nach dem Wirth aus. „Gieb mir einen Augenblick Dein Schiehzeug, Tom; ich könnte es nöthig haben", sagte er, ohne sich umzusehen.
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