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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.11.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981114023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898111402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898111402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-11
- Tag1898-11-14
- Monat1898-11
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Es ist deshalb heute von Interesse, aus einem vor einiger Zeit erschienenen Artikel eine« englischen Blattes, des „Globe", die folgenden Sätze zu citiren: „Gerade jetzt, >da die Frage eine- englisch-deutschen Bündnisse» einmal wieder erörtert wurde, wird ein Artikel, welcher in dem „Journal of the United Service Institution" erschien, mit dem allergrößten Interesse gelesen werden. Der Artikel besteht iu der Uebersetzung der Denkschriften, welche Oberstlieutenant Wagner, ein deutscher Officier, für dir chinesische Regierung ent worfen hat, und handelt von den Eisenbahnen und Befestigungen des chinesischen Reiches. Es ist ein hervorragendes Schriftstück und zeigt in sehr schlagender Weise die wissenschaftliche Art, mit welcher die Deutschen zu Werke gehen. Es ist völlig wahr, daß die Deutschen scheinbar immer nach strengen uud festen Regeln zu Werke gehen; jeder intelligente Mensch, welcher diese Artikel liest, wird zugeben müssen, daß sie, wie Carlyle sich ausdrückt, „den „Seherblick" haben und daß sie ^nicht oft dadurch irre gehen, daß sie versäumten, weit genug vorwärts zu blicken." Oberstlieutenant Wagner's Bericht wurde schon, wohl zu bemerken, vor vielen Jahren geschrieben; in der That geht er bis aufs Jahr 1881 zurück, als es fast unmöglich war, den Krieg zwischen China und Japan vorherzusagen, viel weniger die Reihe von Ereignissen, welche die Gemüther der Staatsmänner in Rußland, Deutschland und Großbritannien in dem letzten oder den zwei vergangenen Jahren bewegt haben. Sein Bericht hat der chinesischen Regierung nt« etwas genützt. Soweit srstgestellt werden kann, war di« Ueber setzung davon ins Chinesisch« irr «inzige Schritt, der grthan wurde, das ursprüngliche Vorhaben auszuführen. Aber daß seine eigene' Regierung, selbst wenn sie daS Original nicht tatsächlich in den Händen hatte, die darin enthaltene Information sich zu Nutzen machte, ist kaum zu bezweifeln. Wenn nicht, so bilden der Inhalt dieses Schriftstücks und die nachherige Handlungs weise der deutschen Regierung einen der außergewöhn- lichsteu Fälle von Zusammentreffen.»Denn in jeder Hinsicht folgte die Politik Deutschlands genau den Zügen, welche Wagner angiebt. Wir können indessen letztere Betrachtung einfach fallen lassen und das Schriftstück alS rin sehr hervorragendes Beispiel politischen Scharfsinn» betrachten, nach welchem eine Regierung, die weiß, was sie will, mit so weit sehr befriedigenden Erfolgen gehandelt hat. Denn welches sind die Hauptpunkte in Oberst lieutenant Wagner's jBemerkungen? Da er die Nothwendig- keit behandelt, Peking zu befestigen (wohlverstanden spricht er immer von dem chinesischen Standpunkt aus) hat er viel über Port Arthur zu sage«, an dessen Besitz er keine sehr große Bedeutung knüpft. Er weist im Gegrnthril darauf hin, daß eS Alle» eher, als einen idealen Hasen bildet, da die Einfahrt sehr eng und folglich leicht zu blockiren und der innere Flächenraum mit der erforderlichen Wassertiese für tief gehende Schiffe Nein und vom Meere aus zu beschießen ist. Zu diesen Nachtheilen kommt noch, daß er im Winter wenigstens zwei Monate lang zufriert. Außerdem lenkt Wagner die Aufmerksamkeit aus die Thatsache, daß die Verbindung zwischen Port Arlhur und dem Festlandr leicht durch einen Feind abgeschnitten werden könnte, der sich auf der Landenge nördlich von der Talienwan-Bai festsetzt. DieS ist, wie man sich erinnern wird, wirklich geschehen, da di« Japaner während des Krieges also handelten. Von Wei-hai-wri hält Obrrstlieutrnant Wagner nicht viel. Er sagt, daß der Hafen schön und sehr geräumig ist, aber er ist der ganzen Gewalt der Ost- und Nordostwinde auSgesetzt und würde darum einen unzureichenden Schutz für eine große Flotte abgeben. Außerdem ist zur Zeit der Ebbe nur für Schiffe mittlerer Größe genügend Wasser, ausgenommen nahe dem Meere, wo jede Bewegung der Flotte von einer feindlichen Macht beobachtet werden könnte. Die Befestigung des Platzes gegen Angriffe zu Wasser und zu Lande würde ungeheuer schwierig sein, kurz zusammengefaßt: „Wei-hai-wei wäre also zu einem Hauptkriegshafen ungeeignet, obgleich es wiederum als Stations- und Vorrathshafen dienen könnte." Alles dies ist uns vielleicht nicht neu; der Deutsche wußte das Alles, wie wir sehen, schon vor 16 oder 17Jahren. — Und wie steht es mit Kiautschau? Nun, Oberstlieutenant Wagner hält es für den besten Platz in der Welt zu einem KriegShafen. Er giebt reichlich Gründe für diese Meinung an. Das Innere der Bucht ist geschützt; sie ge stattet der größten Flotte der Welt in einer Wassertiese von mehr als fünf Faden zu ankern, und obgleich sie in einem strengen Winter theilweise zufriert, ist sie nie gänzlich mit Eis be- deckt. Den Hasen zu beschießen würde außerordentlich schwierig, wenn nicht ganz unmöglich sein. .Die Vortheile der Stellung von Kiautschau werden von Oberstlieutenant Wagner klar auseinandrrgesetzt. Die Flotte könnte leicht aus dem Innern de» Landes mit Kohlen versehen werden; die Bucht ist mit dem Golf von Petschili durch mehrere Flüsse verbunden, vermittels derer direkte Verbindung mit dem Per-Ho durch die Halbinsel Shantung eröffnet werden könnte. Es ist keine Frage, daß dies von großer strategischer Bedeutung in LriegSzeiten, von großem Werth für den H«ndelsverkehr in Friedenszeiten sein würde. Deutschland hat augenscheinlich di« Kenntnisse aufgesammelt, welche Oberstlirutenant Wagner vor Jahren in China erwarb, und danach seine Politik ge bildet. Als der kritische Moment kam, wußte eS, waS eS brauchte, und war vorbereitet, danach zu handeln, mit dem uns bekannten Resultate, daß dieser zu einem KriegShafen am Besten geeignete Platz in der Welt iu deutschen Händen ist." Im ultramontanen Lager werden über die Bedeutung der Palästinareise deS Kaiser« und de« Geschenke« der „Dormition äe la Saints Vierte" an den Verein vom heiligen Lande Betrachtungen geknüpft, die auch dem hohen Geschenkgeber zu denken geben werden. So veröffentlicht «in lothringischer Geistlicher im ,Horrain" einen HerzenSerguß, der Wohl die Anschauungen der lothringischen Geistlichkeit wiederspiegelt. Er beklagt, daß Frankreich sich wenig geschickt erwiesen habe, da« Protektorat über die Katholiken im Orient zu handhaben, betont aber, daß der Papst doch noch aus drücklich diese« Recht für Frankreich in Anspruch genommen habe, was den Kaiser in gewisse Verlegenheit gesetzt und „ihn zu Redewendungen und zu Versprechungen seines Schütze veranlaßt habe, die bei ihrer Verwirklichung eine bedauerliche Verwirrung der Geister »»richten köunten". Dann fährt der Verfasser fort: „Unzweifelhaft können wir uns als Katholiken glücklich schätzen, daß das „Dormition der h. Jungfrau" genannte Grundstück Len Länden der Muselmanen entrissen ist, eine» christlichen Fürsten Eigenthum und von ihm seinen katholischen Unterthanen übergeben wurde. Aber könnenwir vrrgessen,daßderKaijerdenPapst davon fast zu derselben Stunde benachrichtigte, in der er soeben eine protestan- tische Kirche in Jerusalem eingeweiht hatte? Wie ist es möglich, sich auf das Zeugniß der Apostel zu berufen, wenn man die Tradition verwirft, in deren fortlaufender Kette Liese nur die ersten Glieder sind? Vom katholischen Standpunkt aus muß man sagen, daß die Ansprachen des Kaisers, in denen er allen Bekenntnissen seinen Schutz ansagt, seine Freigebigkeit gegen über den Katholiken des Orient- und sein Entgegenkommen dem Papste gegenüber in der Anschauung der großen Menge die Verwirrung erzeugen können, als ob der Kaiser eben so viel bedeute wieder Papst, als wenn alle Religionen gleich gut seien und die katholische Kirche sich völlig mit einem protestantischen Protektor begnügen könne, wenn es an einem katholischen fehle. Vorläufig wollen wir uns daran erinnern, daß der Pater Schmidt in seinem Dank wegen der Schenkung der Dormition den Segen Maria's auf daS Kaijerpaar herabgesleht hat. Da ist also die heilige Jungfrau gewissermaßen officiell an der An gelegenheit betheiligt worden. Warum sollte sie nicht eines TageS die Sache in Ordnung bringen? Wenn die late!- nischen Völker immer neue Seiten zum Capitcl des Niederganges der Völker schreiben müssen, warum sollte die Kirche nicht in etwas einmal ihre Hoffnung auf die Nationen angelsächsischen Ursprungs setzen? Man hat neuerdings so schöne Dinge über ihren Vorrang ge- schrieben, ja ihnen sogar die Herrschaft der Welt in Bälde vor hergesagt. Aber die Herrschaft der Geister unter der Leitung des Papstes werden sie erst an dem Tage erringen, da der Protektor der Katholiken im Orient ein katholischer Kaiser sein wird; in Jerusalem kann eS nur einen König geben: Jesus von Nazareth, König der Juden, so stand auf seinem Throne, dem Kreuz, ge schrieben. Und sein Stellvertreter muß seiner Kirche an- gehören. Besonders in der Politik gilt der Spruch: der Mensch denkt, Gott lenkt. Ueberlassen wir daher diese Sache dem Herrn aller Dinge und der h. Jungfrau, die ja officiell jetzt damit beauf- tragt ist: Daraus können noch allerlei Uebcrraschungen entstehen." Die „Metzer Ztg." wird durch diese Auslastung an ge wisse Ausführungen deS durch den Aberschweiier Proceß be kannter gewordenen Rechtsanwalts Sticve über die Noth- wendigkeit, daß Deutschland einen katholischen Kaiser habe, erinnert. Herr Abb6 Collin — so heißt der Verfasser des Artikels im „Lorrain" — hält sogar die Zeit für gekommen, die Mutter Gotte« sozusagen damit zu beauftragen, den deutschen Kaiser katholisch zu machen. Wäre es ihm und seinen lothringischen Gesinnungsgenossen nicht vielleicht noch angenehmer, wenn der Zar, der gute Freund Frank reichs, katholisch würde? Doch um die Wünsche der lothringischen Geistlichkeit brauchte man sich wenig zu kümmern, wenn man nicht erwarten müßte, daß diese Geistlichkeit mit allen Kräften und Mitteln darauf binarbeiten würde, diese Wünsche der Erfüllung näher zu bringen. Der Führer de« badischen CentrumS, der geist liche Rath Wacker, bat auch bereits in einer Rebe ange deutet, wie man nachhelfen könne. Er sieht in dem Geschenke deS Kaiser« nicht einen neuen Beweis der bekannten Thatsache, daß die Wünsche und Bedürfnisse der katholischen Minderheit des deutschen Volkes an höchster Stelle eine volle und gerechte Würdigung sinken, sondern einen „denkwürdigen Beweis dafür, baß man in den höchsten und maßgebendsten Kreisen unseres deutschen Vaterlandes mit dem kirchlich treuen Centrum als mit einer Macht rechne, die man nicht mehr übersehen, um die man nicht mehr herum kommen könne". Und je mehr man mit dem kirchlich treuen, sich selbst konsequenten Centrum rechne, desto mehr ist nach Wacker'S Ucberzeugung nicht blos für die katholischen Interessen auf deutschem Boden zu hoffen, desto mebr „werde es auch dem Staate und dem Vaterland zum Segen gereichen". Herr Wacker spricht also, als wenn der Kaiser die Dormition cko la Laint-Viergo der deutschen oder der badischen Cent rum spart ei zum Geschenk gemacht und dadurch gewissermaßen die Verpflichtung übernommen hätte, zum Heile deS Vaterlandes mit dem „sich selbst kon sequenten Centrum" und seinen Wünschen weiter zu rechnen. Daß darin eine direkte Aufforderung an das Centrum und seine Anhänger liegt, nicht blöde zu sein, werden die Hörer und Leser des „Löwen von Zährinqen" verstehen. So sehr sich auch vielleicht die vorsichtigeren Mitglieder des CentrumS sträuben werden, gerade jetzt den Bogen zu Überspannen, die Heißsporne werden sich schwerlich abbalten lassen, mit den Forderungen hervorzutreten, deren Erfüllung sie als Conscquenz des kaiserlichen Geschenkes ansehen. DaS „Journal deS DebatS" bemerkt zu der Ent schuldigung, die der französische Minister des Aeußern Delcassö dem deutschen Botschafter Grafen Münster wegen der gegen seine Tochter (nicht, wie erst gemeldet, Gattin) Comlesse Marie gerichteten verleumderischen Schwindel nachricht der Radaupresse überbracht hat, Folgendes: „Es wäre zu wünschen, daß die Blätter, die diese Schritte noth« wendig gemacht haben, aus Lieser Lehre den Nutzen zögen, den sie enthält. Wenn sie es nicht freiwillig thun, so wird die Gesetz gebung sich nach Mitteln umsehen müssen, die sie dazu zwingen, da der Presse bei uns weder durch das Gesetz noch durch die öffentliche Meinung Schranken gezogen werden. Unsere Presse kann sich schlechthin Alles erlauben, so zwar, daß hier zu Lande sür Niemand Sicherheit besteht, mit Ausnahme von denen, die ein Handwerk daraus machen, die Sicherheit Anderer zu ge fährden. So lange dieses Uebel nur unter uns wüthet, hat es be grenzte Folgen, und wenn wir darunter leiden, so geschieht das, weil wir es so wollen. Aber dieses Uebel erreicht auch Fremde und unter diesen Fremden solche, die durch internationalen Brauch unserm Schutz anvertraul sind. Wenn die Presse sich nicht darauf beschränkt, sich an Männern zu vergreifen, sondern auch Frauen nicht verschont, so wird man laut einer halbamtlichen Note nicht scharf genug gegen sie vor gehen können. Tie Unzulänglichkeit unserer Gesetze zeigt sich in solchen Fällen am klarsten, und wenn die Regierung wegen solcher Ausschreitungen der Presse zu peinlichen Schritten gezwungen wird, so ist das unseren Gesetzen zuzuschreiben. Eine fremde Regierung ist au unsere innere Gesetzgebung nicht gebunden und es erhebt sich sür die Zukunft die Frage, ob diese Regierungen künftighin auch die Ehre ihrer Vertreter, deren Frauen und Töchter bei uns auf das Spiel setzen wollen. Die Wichtigkeit der Antwort versteht man, und wir würden die Blätter bedauern, die diese Antwort in Zukunst nicht beachten würden." Auch die radikalen revisionistischen Blätter verurtheilen die Lügen der Hetzblätter, aber nur von dem Gesichtspunkte ter Dreyfusangelcgenheit und der der französischen Regierung bereiteten Unannehmlichkeiten auö. Vielleicht aber würbe es Frankreich und der französischen Presse ebenso nützlich wie Fenrlletsn» Die Lettelmaid. 4) Roman von Fitzgerald Molloy. Nachdruck verdotca. „Sie sind — schrecklich gut, aber — aber ich habt heute Abend Eile und ich wünschte, Hauptmann Dankers würde seine Ver abredungen pünktlicher einhalten", platzte er heraus, wurde aber sofort über und über roth. „Oh, Lord Harrick, Sie sind durchaus nicht galant!" meinte Capri gutmüthig. „Sie sollten froh sein oder wenigstens thun, als ob Sie es wären, daß Papa noch nicht hier ist und ich mit Ihnen noch plaudern oder Ihnen etwas Vorspielen kann." „Sollte ich? Nun, ich bin es auch", entgegnete er wieder gefaßt, „aber wissen Sie, ich kann es einmal nicht vertragen, wenn man mich warten läßt." „Auch nicht, wenn i ch hier bin, um mit Ihnen zu plaudern?" fragte sie neckend. Lord Harrick fühlte sich getroffen und blickt« beschämt zu Boden. Noch niemals hatte ein weibliches Wesen so mit ihm gesprochen wie Capri, und dieses halb kindliche, halb kokette Geplauder gefiel ihm. „Ich ... ich ... ich wollte . ." „Als gerechte Strafe kommt Papa eben", unterbrach sie ihn, die schweren Schritte des Hauptmanns erkennend. Sie hatte den Satz kaum beendigt, als dieser auch schon ins Zimmer polterte. Man erkannt« trotz seines liederlichen und verkommenen Aus sehens auf den ersten Blick, daß er Soldat gewesen. Seine glatt rasierten Wangen waren unangenehm roth geschminkt, die wässerigen Augen bewegten sich unruhig, die etwa» starke Nase erglänzte an der Spitz« bläul-ich-roth, und «in buschiger, sorg fältig gewichster und gefärbter Schnurrbart li«ß ihn militairisch erscheinen. Sein größter Stolz, di« Tailk, so schlank wie die eine» Knaben, schien der Drehpunkt zu sein, um den sich sein Körper bei jeder Bewegung schwenkt«. Sein bis an den Hals zugeknöpfter, etwa» fadenscheiniger Rock saß faltenlo», so daß man vermuthen mußte, er trag« «in Corset. Von einem weißen Hemd kein« <^>ur. Sem Cylinder glänzt« so verdächtig, als ob er Morgen» mit dem Kaminrost zusammen eingeschtvarzt worden wäre. In seinen Schuhen konnte man sich spiegeln. In der rechten Hand trug er mit der Geziertheit «ine» alten Gecken di« Handschuh«, deren ursprüngliche Farbe man nicht mehr erkennen konnte. Er verbeugte sich ti«f vor Lord Harrick, lüftete mit einer Hand theatralisch den Hut, während er mit der anderen sein Haar glättete. „Verzeihung, mein Lord, ich habe mich etwa» verspätet", be gann er mit schnarrender Stimme, während er den Hut auf einen Stuhl setzte und dem Schüler nur zaghaft di« Hand entgegen streckt«, wohl fürchtend, daß dies«r si« nicht nehmen würde. „Ich komme eben von der Fechtstunde, die ich im Hause eines Schülers ertheil« Capri, mein Herz, wo sind di« Rapiere?" „Dort in der Ecke", entgegnete sie, ohne auch nur Miene zu machen, sie zu holen. Während der Hauptmann Wohl oder übel sich selbst dahin bemühte, warf sie Lord Harrick einen halb lustigen, halb schwärmerischen Blick und eine Kußhand zu und schlüpfte geräuschlos aus dem Gemach. Er blickte ihr erfreut nach und brummte lächelnd: „Bei Gott, si« ist «in pyramidal hübsches Mädchen, hol' der Teufel den Alten, der uns störte." Die beiden Männer warfen ihre Röcke ab, streiften die Hemd ärmel hoch, zogen dir Fechthandschuhe an und nahmen die Rapier« zur Hand. „Jetzt, mein Lord", belehrte der Hauptmann, der bereit» Stellung genommen, „den rechten Fuß vor, das rechte Knie leicht gebogen .... so ist's recht .... Stützen Sie sich fester auf Ihr linkeS Bein . . . sehr gut, sehr gut! . . . Jetzt stoßen Sie auf m«ine Brust", commandirte er weiter und bereitete sich auf eine tapfere Dertheidigung gegen den heftigen Angriff vor. „Stoßen Si« stärker zu. Bravo! Jetzt pariren Sie!" Die Waffen schlugen heftig aneinander, Funken sprühten, der Athem flog, dann hielten die Kämpfer inne, um «in wenig auSzuruhen. „Diese Scen« erinnert mich lebhaft an den armen Lord Byron", begann der Hauptmann mit einem melancholischen An flug in seiner Stimme. „Als wir in Corsica stationirt waren, focht ich mit ihm und erlag." „Focht er gut?" „Ich habe noch nie Jemanden so graciö» und vornehm fechten sehen und er war sich seines Talents gar nicht bewußt." „Hat er nicht auch geboxt?" „Ja, aber einmal schlug ihn einer unserer Soldaten, «in handfester Kerl au» Uorkshire, grün und blau und Byron be lohnte ihn noch mit einer Flasche Schnap», sprach aber ni« von seiner Niederlage.... So, jetzt haben wir genug gerastet." Di« Klingen schlugen mit noch größerer Kraft aneinander, plötzlich senkte Lord Harrick ermüdet die seiniae und der Fecht meister, der gerade ausholt«, streifte den Arm seine» Schüler». „Zum Teufel!" schrie dieser auf, als er «inen leichten Schmerz fühlte und Blut sah. „O, es thut mir so leid!" stammelt« der Hauptmann. „Thut nichts, es war meine eigene Schuld", beruhigte ihn der Lord, der sich seiner Barschheit schämte und mit seinem Taschen tuch das vordringende Blut zu trocknen suchte. „Wir wollen lieber «inen regelrechten Verband anlegen", meinte Dankers. „Bemühen Sie sich nicht." Aber dieser hörte nicht auf ihn, sondern öffnete die Thür und rief: „Capri, Capri, komm herunter, mein Herz!" Er hatte stets die Gewohnheit, in Gegenwart von Fremden seine Tochter mit Kosenamen zu nennen. Sie kam sofort aus ihrem, eine Treppe höher gelegenen Schlafzimmer und blieb einen Augenblick erstaunt zwischen Thür und Angel stehen; dann trat sie auf den Ver wundeten zu: „Sind Sie verletzt?" fragte sie, mehr belustigt als besorgt. „Ja, aber es war gar nicht nothwendig, Sie, Miß Capri, zu bemühen." „Sie bluten ja! Wie schrecklich!" rief sie in einem Ton, der ihn verblüffte, weil es ihm nicht klar war, ob sie scherzte oder im Ernst sprach. „Meine Liebe, bringe rasch etwas laues Wasser und Lein wand", befahl der Hauptmann. Sie verließ das Zimmer, kehrte aber bald mit den ge wünschten Dingen zurück, streifte flink den Aermel Harrick's noch etwas höher, entfernte das Taschentuch von der Wunde, die noch immer stark blutete und wusch dieselbe eifrig aus. „Sie sind schrecklich gut", sagte er. Ein seltsam angenehmes Gefühl durchrieselte ihn, so oft sie seinen Arm mit ihren weichen, schlanken Fingern berührte. „Ich glaub«, die Natur hat mich zur Krankenwärterin be stimmt", entgegnete si« lächelnd, „zu einer zweiten Florence Nigh tingale, einer barmherzigen Schwester auf dem Schlacht feld«" — „Ich wollte, ich wäre dann einer der glücklichen Soldaten —" „Der sich verwunden ließe, daß ich ihn pflegen könne." „Ganz richtig, Fräulein Capri." Sie ließ ihre Blicke im Zimmer schweifen, um zu sehen, ob der Vater in Hörweite sei, dann flüsterte sie schüchtern: „Ich glaubt, ich würde aufschreien, wenn ich sie anaeschossen oder sonst verwundet sähe." „Würden Sie das wirklich?" „Versuchen Sie «» doch." Es dauerte lange, ehe sie da, Blut zu stillen bermochte, da» immer und immer wieder aus der Wunde drang. Das Wasser in der Schüssel war schon ganz dunkelroth gefärbt. Er bedauerte «S, daß der Verband endlich fertig war, denn er hätte gerne noch länger das seltene Glück genossen, das Antlitz des hübschen Mädchens so nahe dem seinigen zu wissen, ihren süßen Odem, den Duft ihres Haares und den Druck ihrer Weichen Hand zu spüren, hätte gerne noch länger ihre lachenden, halb ernsten, halb neckenden Augen mit beinahe kindlicher Lebhaftigkeit, dabei ohne jede Spur von Keckheit, auf sich gerichtet gesehen. „Jetzt habe ich di« erste Pflicht der Barmherzigkeit, die Ver wundeten zu heilen, erfüllt und fühle mich eine Heldin. Ich kann mir zum ersten Male in meinem Leben sagen, daß ich nicht umsonst gelebt habe." „Wie soll ich Ihnen danken, mein Fräulein?" In diesem Augenblick nähert« sich ihnen der Hauptmann und Capri nahm rasch die Schlüssel auf, um damit hinauszugehen. „Ich bedaure lebhaft, Ihnen so viel Mühe gemacht zu haben", fuhr der Lord unbeirrt fort und blickte ihr ernst ins Gesicht. „Ich hatte wenigstens etwas zu thun, und das ist immerhin «ine Abwechselung", entgegnete sie, ihm freundlich zulächelnd, und verließ das Zimmer. Die Fechtstunde wurde dann ohne weiteren Zwischenfall fortgesetzt. Viertes Capitel. Newton Marrix und sein Freund benutzten die unterirdische Eisenbahn, um rasch nach Kensington zu gelangen, wo Mrs. Stonex wohnte. „Eine entsetzlich« Hitze!" rief der Maler und wischte sich den Schweiß von der Stirne. „Jawohl, mein Freund, eine Fahrt in der „Unterirdischen" kommt einer Reise nach dem Hades gleich; sie giebt Jedem, der nur einen Funken Phantasie hat, Stoff zu einem epischen Gedicht über die höllischen Regionen: erstickende Hitze, tiefste Finsterniß, Schwefelgeruch und entsetzliches Gekreisch, das freilich von der Lokomotive und nicht von den verlorenen Seelen herrührt." „Deine Einbildungskraft ist sehr lebhaft, New. Ich schaudere vor Entsetzen!" „Es geht nichts über eine lebhafte Phantasie, wenn sie mit gesundem Menschenverstand« gepaart ist. Sie gestaltet das Leben zu einem Traum." „Für die meisten Menschenkinder ist es aber nichts weniger als «in Traum, sondern die nackteste, traurigste Wirklichkeit." „Wie man'S nimmt, mein Freund, die Einen betrachten «S als Tragödie, die Anderen al» Lustspiel oder Posse. Doch e» ist viel zu heiß, um sich über derartige Problem« den Kopf zu ze»
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