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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991102013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899110201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899110201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-11
- Tag1899-11-02
- Monat1899-11
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.. «484 soweit «r in der Presse thätig ist, ist dem Deutschtlmm noch genau ebenso abgeneigt, wie in den achtziger Jahren und iträgt nicht wenig dazu bei, daß sich die Aus söhnung der Bevölkerung mit den jetzigen politischen Ver hältnissen verzögert. Auch in Bezug auf die Sprachcnjrage vertritt die tolhriugischc Geistlichkeit immer nvch den franzö sischen Standpuuct. Unter diesen Umständen ist es von ganz besonderer Bedeutung, daß auf den Metzer BischofSstuhl eine Persönlichkeit berusen wird, über deren ausgesprochen deutsche Haltung kein Zweifel bestebt. Ob eine solche Persönlichkeit, welche natürlich auch die sonstigen für einen Bischof nöthigeu Eigenschaften besitzen muß, unter dem reichöländischen ClernS zu finden ist, bleibt abzuwarten. (-) Berlin, 1. November. (Telegramm.) Der Kaiser börte heute Vormittag den Vortrag des Wirkl. Geh. RalbS vr. v. Lucanus. Um 11 Ubr wohnten der Kaiser »nd die Kaiserin der Grundsteinlegung zur Capelle deS großen Militärwaisenhauses zu Potsdam bei. Nach der selben nahm der Kaiser die Rapporte der Leibregimeuler und später die Abmel düng der nach Madrid bestimmten Deputation entgegen, welcher angebören Prinz Albrecht, Prinz Friedrich Heinrich, Generaladjutant Generalleutnant v. Kessel, die Flügcladjutanten Frbr. v. Plettenberg, Oberst leutnant Graf v. Hohenau, Oberstleutnant v. Pritzelwitz und Leutnant v. Nadowitz. Gleichzeitig empfing der Kaiser das Gefolge des Prinzen Albrecht: Grafen Schulcnburg, die Adjutanten Frhrn. v. Stein und Frhrn. v. Knigge und den Adjutanten deS Prinzen Friedrich Heinrich, Frhrn. v. Wocll- warth-Lauterburg. (Z. Th. wiederholt.) (-) Pcrliu, 1. November. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" giebt die Berufung des Eolonialraths zu einer Sitzung am 9. November 10 Uhr Vormittags im ReichS- tagSgebäude bekannt. D Berlin, 1. November. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Ein hiesiges Blatt läßt sich melden, daß auf die Anfrage wegen der Entsendung eines deutschen Militär-Bevollmächtigte» nach dem sndasrikanischen Kriegs schanplatz von englischer Seite eine ablehnende Ant wort erfolgt sei. Diese Meldung ist falsch. Der deutsche Militär-Attache in London Hauptmann Frbr. v. Lütt Witz reist zusammen mit den Militär-Bevollmächtigte» anderer Großmächte in der ersten Woche dieses Monats an Bord eines britischen Truppen-TranSportschifses von Southampton nach Südafrika. — Zur Reise des Prinzen Albrecht nach Spanien wird der „Köln. Ztg." aus Madrid geschrieben: Nachdem die hiesige Negierung dahin verständigt worden ist, daß Prinz Albrecht am Sonnabend den 4. November in den ersten Morgenstunden an der Grenze und an» Abend hier in Madrid einlreffen wird, hat sie dir Gouverneure der Provinzen, die der Zug berühren muß, angewiesen, sich mit den Spitzen aller Behörden auf den betreffenden Stationen einznsindcn, um dem hohen Gaste die Ehren zu erweisen. Außer dem Prnnkmaht und einem großen Empfang bei Hof, der Fcstvorsteltung ipl Teatro Real und Jagden ist auch eine Parade geplant, an der sämmtliche Regimenter des Eommandobezirks tbeilnehinen sollen. Der Prinzregent ist von seinem ältesten Sohne, dem Prinzen Friedrich Heinrich, seinem Hosmarschall und seinen Adju tanten begleitet, ferner von einem General und mehreren Flngel- adjutanten deS Kaisers. Prinz Albrecht ist nicht zum ersten Male hier, sondern weilte bcreus im Jahre 1891, als er im Auftrage des Kaisers der Beisetzung Tom Pedro'» von Brasilien in Por tugal beizuwohncn halte, einige Tage in Madrid und gewann sich damals Lurch sein liebenewiirdigcs, ritterliches Wese» rasch alle Herzen. — Da» „Kl. I." erfährt zu der ^asführung der neuen Postwerthzcichen, daß die Mahlen im Werthe von einer Marl aufwärts von Professor Noesner entworfen seien. Die 1-<F-Marke stelle das Reichspostgebäude dar, die 2-c//-Marke das Werner'sche Gemälde „Seid einig", die 3-c/^-Marke die Ent hüllung des Berliner Kaiser-Wi.'helm-Denlmals, die 5-c/k-Marke Las Pape'sche Bild, wo der Kaiser, die Neichsfahne in der Hand, die Worte sprach: „Ein Reich, «in Boll, ein Gott." — Die in ternntio nale Streikstatistik der Berliner Halbmonatsschrift „Der Arbeitsmarkt" ergiebt, daß die Zahl der neu begonnenen Streiks nach vorübergehendem Sinken im August im September sich wieder wesentlich erhöht hat. In Deutschland, Belgien, Frankreich und England zusammen haben im September 109 Ausstände begonnen gegen 145 im Vormonat. DaS meiste Aufsehen hat der Streik von Le Creuzvt erregt, der am 21. September begonnen und am 7. October durch einen Urthcilsspruch des französischen Ministerpräsidenten beigclegt wurde. Im Gegensatz dazu steht die Behandlung der Streikenden in Rußland, wo im September die großen Ausstände in Russisch-Polen zu Ende gingen. 1500 Arbeiter aus Warschau und den Vororten werden zur Strafe in die Heimath verbannt, über 1000 in den Gefängnissen von Warschau, Bendzin, Dombrowa, Petrikau, Lodz u. s. w. untergebracht. * Hamburg, 37. October. Ein englischer Werber versuchte heute Abend den Altonaer Kutscher Draeger für den Krieg gegen die Boeren anzuwerben und versprach ihm den Unterofficiersrang und hohen Sold. Draeger schlug das An erbieten aus. Der Werber flüchtete, als nach einem Schutzmann geschickt wurde. * Elberfeld, 31. October. Die Reise des Kaisers ins bergische Land bildete die Grundlage zu einem Beleidi- gungsproceß, der zugleich wieder ein interessantes Streif licht auf die socialdemotratischen Verhältnisse Solingens wirft. An dem Empfang in Müngsten am 12. August d. I. hatte damals mit dem Stadtverordnvten-Collegium auch der von den Socialdemokraten gewählte Stadtverordnete Langenberg tbeilgenommen, der deswegen von der „Bergischen Ar ve il e rst i m m e", dem Organ der Zielbewußten, in heftigster Weise angegriffen wurde. Wegen dieses Artikels stellte Langen berg Strafantrag, und der Rrdacteur der „Arbeiterstimme", Frantzen, wurde deshalb gestern wegen öffentlicher Beleidigung von der Strafkammer zu 50 Geldstrase verurtheilt. * M.-Gladbach, 31. October. In der Weberei Jacob Hellendall in Bettrath traten sämmtliche Arbeiter nach Ablauf ihrer Kündigung in den Ausstand. 2 Rheydt, 31. October. Bei der jetzt beendeten Arbeiter- bcwegung in der Weber« von P. A. Giesen Söhne hatten dir Weber auch die Forderung auf Freigabe aller katholi schen Feiertage gestellt, eine Forderung, die unverkennbar auf den Einfluß LeS christlichen Textilardeiterverbandes zurüct- zuführeu war. Jetzt haben die Arbeiter ihre Kündigung zurück gezogen, nachdem sie sich in der Lohnfrag, und der Verkürzung der Arbeitszeit mit der Firma geeinigt hatten. Ihre Forderung auf Freigabe aller katholischen Feiertage haben die Weber fallen gelassen. -s- Halle a. T., 30. October. Gestern ist man hier in den eigentlichen Stadtvervrdneten-Wahlkampf ein getreten. Die socialdemokratische Partei hat die Bürger gestern mit einem Flugblatte beglückt, daS viel Gedrucktes, aber wenig Vernünftiges enthält. Wie es gemacht wird, um den Besuch der Wählcrversammlungcn zahlreicher zu gestalten, dafür liefert folgende Tbalsache den besten Beweis. Vorige Woche sollte dec ReichslagSabgcordnele Aner sprechen, an dessen Stelle sprach aber Geher. Morgen sollte der ReichslagSabgeorduetr Singer auftreten; derselbe ist aber plötzlich verhindert, und so wird denn ein Anderer eintrelcn müssen, um die Ziclbewußten zum Kampfe anzufcuern. — Dann thut auch daS „Volköblatt" das Seiuige, um Stimmung für seine Eaudidatur zu machen. Dir Artikel strotzen von Ausfällen gegen das Bürzerchum und die Führer der bürgerlichen Partei. Der verantwortliche Redacteur dieses Blattes, NeickStagSabzeordneter Ad. Thiele, früher Lehrer im Königreich Sackfen, candidirt nämlich selbst, und zwar in dem Bezirke, gegen Lessen bürgerliche Elemente und deren Vorsitzenden des betreffenden BezirkSvcrcinS sein Blatt vorgeht. Das erklärt wohl etwas die krampfhaften Anstrengungen Les Blattes. tli. Weimar, 1. November. Dem auf den 6. d. M. ein berufenen Landtag des Großherzogthnms sind bereits mehrere Vorlagen zuzeganzen. Eine Lieser will, wie «S schon in Prcnßerr und in anderen Bundesstaaten geschehen ist, die CautionSpflicht der Staatsbeamten ausheben. Eine weitere Vorjage enthält den Entwurf einer Hinterlegun gs- ordnung. Sicherem Vernehmen nach ist auch eine Vorlage über eine andere Gestaltung der OrtSschulaufsicht zn erwarten, die bestimmt ist, vielbcklagtru Uuznträglichkeiten ein Ende zn machen. rv. Erfurt, 1. November. Die vorjährigen Mai krawalle in Erfurt wurden in der gestrigen Sitzung der Strafkammer nochmals in Erinnerung gebracht. Der Schncidergeselle Neisert wurde wegen Erregung eines Auf laufs zn einem Monat Gesängniß, der Flcijckergeselle Rink, der sich an der Dcmolirung eines HyLrantenkarrcnS betheiligt hatte, zu einem Jahr Gcfängniß verurtheilt. * Gotha, 3l. Oktober. In der heutigen LandtagS- sitzung wurden die Compromißvorschläge der Negierung zur Beilegung des DvmänenconslictS angenommen. Gegen den Antrag der Mehrheit der Commission, auf die Vorschläge einzugehen, erklärten sich nur die sieben Social- demokralen und die Abgeordneten Heller, Jusatz und Winter. Abgeordneter Liebelrau stimmte nur mit „Ja" in der Vor aussetzung, daß die herzogliche Staatsregierung in allernächster Zeil die versprochenen Unterhandlungen cinleiten werde. Die Annahme der Einführungsgesctze zum Bürgerlichen Gesetzbuche scheint damit gesichert. * Simmern (Rhcinprovinz), 31. October. In einer aus allen Theilen des Kreises und von Vertretern aller Berufsstände zahlreich besuchte» Versammlung ist die Errichtung eines Bis marck-Denkmals auf dem Hundsrück einstimmig beschlossen worden. (-) Darmstadt, 1. November. (Telegramm.) Am heutigen Sterbetage Kaiser Alexander'S III. wurde in der hiesigen russischen Capelle ein Trauer-GotteS- dienst abgehalten, dem der Kaiser und die Kaiserin von Rußland mit ihrem Gefolge beiwohnten. — Der Großherzog und die Großherzogin, der Erbgroßberzog und die Crbgrvßherzogin von Baden, sowie der Großherzog von Sacksen-Weimar werde» morgen zu einem kurzen Anfentyalr in Wolfgarlen eintresfcn. * Karlsruhe, 3l. Oktober. Die Freiburger Hoch schule stellte als Vertreter für die Erste Kammer den Geh. Hofrath Professor vr. Rümelin auf, der schon aus dem letzten Landtag die Hochschule vertrat. >V. Stuttgart, 31. October. In einer sehr stark besuchten öffentlichen Versammlung sprach gestern der Geschäftsführer des „Alloeuischen Verbandes", Reichsiagsabgeordnster Di-, Lehr, über die Lransvaalfrage und ihre Bedeutung für Deutschland. Seine Ausführungen sanden lebhaften Beifall. Im Anschlüsse an den Vortrag sandte die Versammlung an den Transvaal- Gesandten vr. Leyds in Brüssel ein Sympathie-Telegramm. — Die Kammercommission für Gegenstände der inneren Ver waltung ist auf den 9. November einberufen zur Berathung ver schiedener Anträge, die sich auf die Handwerkerkam mern beziehen. — Im Drucke erschienen ist der Bericht der Steuer commission über den Gesetzentwurf, betreffend die Wander gewerbesteuer. In Ergänzung früherer Mittheilungen ist aus dem Commissionsbericht hervorzuheben, daß die Regierungs vertreter auf Anfrage constatirten, es sei nach allgemeinen Wahr nehmungen ein weiterer anhaltender Rückgang des Wander gewerbes seit 1893 anzunehmen. — Die Reichstags stichwahl in Eßlingen findet am 7. November statt. * München, 31. October. In der kürzlich gegründeten Zwangs-Innung der oberbayerischen Buchdrucke reien sollte die Statutenberathung erfolgen. Dabei ent wickelte sick eine wohlvorbereiiete Gegenaction. Unter un geheuerem Tumulte binderte die überwiegende Mehrzahl der Versammelten den Referenten am Reden. Man ließ ibn gar »ich: zu Worte kommen und schließlich wurde mit 92 Stimmen (78 Allwcfeude und 14 VertrelungSmandate) gegen 24 Stimmen beschlossen, die Zwangs in uuug wieder aufzuh eben. Ausschlaggebend waren die von einigen Münchener Buch- druckereibesitzern unterstützten Buchdruckereibesitzer au- der Provinz.- (Frkf. Ztg.) Italien. Stratzcnbahnerstreit. * Mailand, 1. November. (Telegramm.) Die An gestellten der kiesigen Edisongesellschaft beschlossen beute Nacht den Ausstand, da die Direktion sich weigerte, einen beim Personal unbeliebten Inspektor zu entlassen. In Folge dessen ruht gegenwärtig der gesammte Straßenbahuverkehr Mailands. (Voss. Ztg.) Rußland. Ernen nungen. * Petersburg, 1. November. (Telegramm.) Der bis herige Minister deS Innern Wirkl. Geh. Rath Goremykin ist zum Mitglied deS Reichs rat Hs und der oberste Cbef der Bittschriflen-Canzlei Jägermeister Ssipjagin zum Ver weser deS Ministeriums des Innern ernannt worden. Zum zeitweiligen obersten Chef der Biltschrifleu-Canzlei wurde dessen bisheriger Adjunct Stallmeister Baron Budberg ernannt. Afrika. Ter Boerenkricg. * Landon, 1. November. (Telegramm.) Eine Depesche des General- White aus Ladysmith vom 31. October Abends beschreibt die Schlacht vom 30. October: Die eiiglische Recognos- cirung wurde mit einer starken Truppenabtyeilung gut ausgesührt. Tie Stellung, die das Ziel der Bewegung war, wurde indessen von den Boeren geräumt gefunden. Der Artilleriekainpf, der folgte, soll Len Boeren große Verluste beigebracht haben. Der Feind wurde gezwungen, seine Stellung zu zeigen. Die Boeren machten sodann einen starken Gegenangriff auf den rechten englischen Flügel, der zurückgedrängt wurde. Die englischen Truppen gingen sodann langsam auf das Lager zurück. Kleinere Trupps wurden zur Beobachtung zurückgelassen. Gegen Ende deS Kampfes nahmen sämmtliche englische Marinrmann schaste» Theil. Ihre Kanonen brachten die Geschütze LeS Feindes zum Schweigen. (Wiederholt.) c* London, 1. November. (Telegramm.) In sder Depesche des Generals White aus Ladysmith vom 31. v. M. Abends über die Schlacht vom 30. October heißt es weiter: Eine Colonne unter der Führung des Obersten Carleton, die aus dem Gloucester- Regiment und Len irländischen Füsiliren bestand, wurde am Sonntag Abend abgefandt, nm eine Stellung zum Schutze des linken Flügels einzunehmen. Sie wurde von dem Feind bis zu ihrer An kunft in Nicholsons Neck nicht beunruhigt. Zwei große herabstürzende Felsblöcke machten sodann die Maulthiere scheu, die vor die Muiiitionswagen gespannt waren, und infolgedessen scheuten auch die Maulthiere der G ebirgSb atterie. Die Maulthiere rannten in rasendem Laus davon, so daß es un möglich war, sie zu bändigen. Auf diese Weise ging der größte Theil der Munition, der Geschütze, sowie der Rescrvemunition siir die Truppen und sKanonen verloren. Die Infanterie indessen pflanzt« das Seitengewehr auf und bemächtigte sich eines Hügels, der zwei Meilen entfernt lag, ohne großen Wider stand des FeindeS und blieb dort bir,' zum Anbruch des 30. Oktober. Die Zeit wurde dazu benutzt, um schnell Vertheidigungswerke anzulegen. Ter Feind, der inzwischen zahl- reiche Verstärkungen erhalten hatte, ging zum heftigen Angriff über. Das Gloucester-Regiment erlitt schwere Verluste und erhielt nm 3 Uhr Nachmittags Befehl zum Rückzug. Unsere Munition war erschöpft. Die Position wurde sodann vom Feind genommen, die Uebcrlebenden gefangen. Die britischen Streitkräfte, die an dem Kampfe betheiligt Ware», bestanden aus I0'/s Compagnien und einer Gebirgsbatterie. Sie hatten die Auf gabe, sich Nicholsons Nccks zu bemächtigen und so die rechte Flanke LcsFeindcs zu umgehen. Der Mißerfolg muß auf daS Scheu werden der Maulthiere und den sich daraus ergebenden Verlust der Geschütze zurückgeführt werdens). Die Sicherheit von Ladysmith ist in keiner Weise gefährdet (?). * Von anderer Seite wird über die Schlacht bei Lady smith noch berichtet: London, 31. Lctober. Dom Kriegsschauplätze kamen seit 24 Stunden nichts als HiobSposten» und selbst die ärgsten Schrei hälse unter der kleinen Abendpresse wagten es nicht, ihre Sensations blättchen mit dem bekannten großen SiegeSgeschrei auf die Straße zu bringen, sie wagten sich höchstens bis zn einem „die Boeren- kanonen zum Schweigen gebracht" und meldeten gleich darauf: „Große Schlacht, furchtbares Gemetzel — schwere englische Verluste." Die Nachrichten aus Ladysmith lauteten allerdings deprimirend genug. General Joubert hatte seine Streitkräfte in einem die Stadt umklammernden Halbkreise im Osten, Nordea und Nord westen der Sladt immer näher an diese herangebracht, die letzten Positionen der Engländer genommen, indem er diese durch ein wohlgezieltes Artilleriefeuer, seiner Taktik gemäß, zum Ausgeben derselben zwang, während die Oranje-Frei st aatler, weit nach Süden ausholend, mit ihren berittenen Schützen dem Joubert'schen Corps die Hand reichten, im scharfen Scharmützel die White'jche Infanterie ans ihrer letzten, vorgeschobenen festen Position, auf den Hügeln im Westen der Stadt Vertrieb und sich näher au dieselbe, al- bisher, auf der Bahnlinie nach Pietermaritzburg- Durban seslsetzte. Vergebens hatte General White versucht, die Sladt und Lager beherrschenden Kopjes zu nehmen, auf denen Joubert einige Birrzigpsiinder und andere schwere Geschütze ausgepslanzt halte und Stadt und Lager unter Feuer hielt, und hatte am Mittage, seine gesammte« Truppen herauSbringend, einen äußersten Versuch gemacht, die vereinigten englischen Truppencorp» plützlich südwärts gegen die dort stehenden, die Bahn besetzt halten den Oranjcboeren zu werfen und so wenigstens die RückzugSlinie nach Süden, sei es nach Pietermaritzburg, fei es auch nur gegen Greytown hin frei zu machen. Auch hier wurde» General White und General Hule „ach mehrstündigem, scharfem Kampfe geschlagen und in die innere Stadt zurückgeworseu. General White sand nicht nur den Bahnkörper in den Händen überlegener feindlicher Commandos, sondern auch die Straße nach Greytown stark besetzt. Kurz es wiederholte sich fast biS in die kleinsten Detail» hinein dasselbe, was vorher in und um Dundee ge schehen und mit dein traurigen Rückzug General Jules geendet hatte, nur mit dem einen Unterschiede, daß hier bei Ladysmith auch die Rückzugslinie nach Süden bereits verlegt und die Falle vollständig geschlossen zu sein scheint, und zwar wiederum nach White's eigenem osficiellen Bericht. Wie Jule Dundee räumen mußte vor dem überlegenen Artilleriefeuer und der überlegenen Strategie des Gegners, welcher es verstanden hatte, seine Kanonen aus Höhen in Position zu bringen, welche Stadt und Lager von Dundee-Glencoe beherrschten, so daß die Engländer sich nirgends mehr wo fesljetzen konnten, gerade so auch hier bei Lady smith. Die Bierzigpfündrr Joubert'S beherrschten Stadt und Lager vollständig, und General White selbst meldet, die Artillerie der Boeren schösse auf weitere Entfernung als seine eigene, er setze seine letzte Hoffnung aus die Marinegeschütze, welche er eben in Stellung gebracht habe. Die englischen Verluste waren schwer. Bereits bis Nachmittags 3 Ubr waren einige Hundert Tobte enalischerseits gezählt worden, ein Theil der Artillerie, der gesammte Wagenpark, eine Munitions- colonne und das ganze Vorlager mit Len dort eingeschlossenen 1500 Maulthiere», d. h. dem ganzen Maulthierbestande, dem Feinde in die Hände gefalle», und zwei Bataillone Infanterie, welche sich zn weit vorgewagt, waren abgeschnitten und gefangen. Am Abend nach dem Gefechte standen fünf Boeren-Corps mit ihren Lagern im Süden der Stadt, zwischen dem Klipslusse und dem Flagsionespruit, hinter sich eine befestigte Doppel- stellnng bei Nellhoope und Pieters-Station, ein weiteres Com- mando verschanzt aus der Straße »ach Greytown und zwei Commandos, Meyer und EraSmus, etwa zweitausend Mann stark im Osten aus der Bulwankopje. Im Norden und Nordosten stand Joubert mit sieben Lagern, weiche sich halbkreisförmig von der Straße nach Helprakaar und dem Kipslusse bis nach der Straße vom Van Renens-Passe hinübcrzogen und im Lauf des Tages zwei Freistaat-CoinmandoS die Hand reichten, welche von Dewdrop- Ipruit herankamcn und die Engländer von Westen her zurückwarfen. Die gejammte Operation stellte eine fast bis in die kleinsten Details getreue Nachahmung des Umgehungsmarsches bei Sedan dar. In London ,nachten alle diese Meldungen einen sehr depri- mirenden Eindruck, namentlich in den conservativen Clubs war die Erregung eine furchtbare. (Nat.-Ztg.) * London, 1. November. (Telegramm.) Den „Times" wird aus Capstadt vom 31. October Abends gemeldet: Die Kanonen der britischen Marine-Brigade schossen einen Vierzig- pfünder der Boeren von der Bettung völlig hinweg und brachten auch die Kanonen aus dem Hepwors-Hügel zum Schweigen. Die Boeren haben ihre Ste llungeu aufgege ben. (?) * London, 1. November. (Telegramm.) Die Abendblätter veröffentlichen eine Depesche aus Ladysmith, in der es heißt Tie Boeren näherten sich am Montag Abend aufs Neue Ladysmith und warfen einige Granaten in daS englische Lager. Zwei englische Marinegeschütze, Fünfzigpfünder, eröffneten das Feuer auf die Boeren. Am Dienstag bei Tagesanbruch fuhren die Boeren weitere Geschütze auf, von denen jedoch einige von den Engländern zum Schweigen gebracht wurden. Am Dienstag Abend dauerte der Artilleriekampf noch fort. Man glaubt, daß die Boeren große Verluste erlitten haben. Der Geist der englischen Truppen in Ladysmith ist vortrefflich. * Eine zuverlässige Schätzung der Zahl der englischen Com- battanten ist gegenwärtig sehr schwierig. Von den 12000 Mann, die General White ursprünglich unter seinem Commando hatte, dürsten in Len bisherigen Kämpfen sowie bei dem Rückzug General Inle's, dessen Truppen übrigens durchaus kampfunfähig in Lady smith ankamen, mindestens wohl 2000 Mann in Verlust gerathen sein. Von dem Nest haben weitere 2000 Mann jetzt capitulirt, so daß man, einschließlich der Reste von Jule's Corps die Engländer ans höchstens noch 8000 Mann schätzen kann — eine Schätzung, die sich möglicherweise noch als zu hoch ausweisen wird. Von allen Seilen sicht sich der englische Höchstcommandirende überlegenen Voercnabtheilungen gegenüber, die insgesamt!» wohl annähernd richtig aus 25 000 Mann zu schützen sind. * London, 31. October. In militärischen Kreisen ver hehlt man sich die ganze Größe des Unglücks nicht und eS wird offen ausgesprochen, daß der englische Ossicier im Durchschnitt der schlauen Kriegführung der Boeren nicht gewachsen ist. In Gloucestershire, Bristol und Belfast, wo die gefangenen Truppen be- beimathet sind, herrscht ebenfalls große Bestürzung. — Chamberiain kehrte heute von Birmingham nach London zurück. — Das Bureau Dalziel meldet aus Louren^o Marque« von gestern: Eine starke Abtheilung portugiesischer Truppen ist an der Grenze von Transvaal angekommen, da befürchtet wird, daß dort Feindseligkeiten zwischen den Engländern und Boeren auSbrechen. — Einige englische Kriegsschiffe liegen jetzt vor der Einfahrt der Delagoa- Bai. (Frkf. Ztg.) V. Erfurt, 30. October. Der auf der Depesche deS deutschen Freicorps in Transvaal an Kaiser Wilhelm H. mit unterzeichnete 1)r. Mangold ist ein geborener Erfurter, Sohn eines hiesigen Brauereibesitzers, vr. Mangold steht jetzt im 40. Lebensjahre, hat das hiesige Realgymnasium und dann aus- fafsers und hat zum Gegenstand den Untergang einer gut be- anlagten Natur in Folge socialer Verschuldung. Als Modell für die Hauptfigur dieser Erzählung hat Tolstoj ein herunter gekommener deutscher Musiker gedient. Die Novelle „Zwei Husaren" interessirt weniger als Ganzes, als durch die vor züglichen Charakterschilderungen zweier Contrastmenschen, Vater und Sohn, die die Ideen zweier Zeitalter verkörpern. „Zwei Kosaken" dagegen sind wieder vollendet schön dargestellt. Tur- genrew nennt diese Arbeit „die beste Novelle der russischen Literatur". In ihr finden wir wie in „Lebensstufen" Wahrheit und Dichtung vereint; viele Erlebnisse aus seinen Dienstjahren im Kaukasus hat Tolstoj dem Gange der Handlung eingefügt, die Figur des Olenin ist ein Widerspiel des Verfassers selbst, und die leitenden Ideen der Novelle sind auch diejenigen von Tolstoj's Leben. Auch Olenin strebt unausgesetzt nach sittlicher Vervollkommnung, sieht nur in der Beglückung Anderer die Mög lichkeit, selbst glücklich zu werden, und muß zu der bitteren Er- lenntniß gelangen, die auch Tolstoj nicht erspart geblieben ist, daß die Rückkehr zu den schlichten Tugenden und Empfindungen der Vergangenheit eine Unmöglichkeit ist. Im klebrigen ist diese Novelle wiederum noch besonders interessant durch ihre eingehende Schilderung des Kosakenvölkchens, das nur seinesgleichen für Menschen hält. Ich komme nun zu Band drei, der zwei Theist Novellen und Heim Romane enthält: Kaukasische Erzählungen (Ein Ueberfall, Der Holzschlag und Eine Begegnung im Felde), Sewastopol, Tchneesturm, Ehrglück, Poli- knschka und Leinwantzmesscr. Dir kaukasischen Erzählungen sind ebenfalls «in Ergebniß von Tolstoj's zweijährigem Aufent halt im Kaukasus als Ossicier. Sie durchzieht ein gemeinsamer Gedanke: eine gewisse Culturmüdigkeii und Abneigung gegen solche Menschenschicht, die sich gern als Träger der Cullur be zeichnet. Gelegentlich äußert sich auch schon der Abscheu gegen den Krieg, «in Gefühl, daS immer stärker auftritt, je älter Tolstoj wird und jetzt einen der wichtigsten Grundsätze seiner Welt anschauung bildet. Ter große Schmerz über die furchtbaren Leiden und Ungeheuerlichkeiten, die der Krieg im Gefolge hat, spricht dann noch deutlicher aus „Sewastopol". In Lieser Erzählung sind Anfang, Höhepunkt und Ende der Kämpfe vor Sewastopol geschildert, und das mit einer geradezu überwältigen den Kraft und Kühnheit der Darstellung. Tolstoj hatte alle Leiden des Heeres als Ossicier mit durchgemacht, was er mit der Erzählung bot, war die Wiedergabe purer Wirklichkeit. Der Er folg beim Publicum war denn auch ein ganz außergewöhnlicher, ja, Kaiser Nikolaus selbst war von dem Werke begeistert und ließ dem Dichter fortan seine Fürsorge zu Theil werden. Band vier bringt eine Fortsetzung der Novellen und kleinen Romane: Der Tod des Iwan «jitsck. Wandelt, dieweil ihr das Lickt habt, und Tie Kreutzer-Sonate, diese bis dahin wunderlichste aller Arbeiten Tolstoj's, die ungeheures Aufsehen erregt hat, von Dutzenden von Nachbetern ausgenutzt und ge- dcutct, zumeist falsch gedeutet worden ist und ungleich mehr Be fremden geweckt, mehr Verwirrung angerichtet hat, als die von dem Verfasser erwartete sittliche Förderung bewirkt hat. Ein« genaue Durchsicht der Tolstoj'schen Werke läßt bald erkennen, daß der russische Schriftsteller in hohem Maße von dem deutschen Philosophen Schopenhauer beeinflußt worden ist. Ganz besonders dcullich tritt dies aber in der Kreuhersonaie zu Tage. Schopenhauer ist stets mit Energie daran gegangen, die Ge- schlechtsliebe jedes phantastischen und romantischen Reizes zu ent kleiden, er nennt sie einen „Kunstgriff der Natur" und betont ausdrücklich, daß ihr Zweck nicht das gehoffte fabelhafte Glück, sondern allein di« Fortpflanzung der Gattung sei. Und was bezweckt Tolstoj mit seiner Kreuhersonaie? Er wünschte, seinen eigenen Worten nach, zu erreichen, daß man aufhöre, die sinnliche Liebe als etwas Erhabenes oder Poetisches zu betrachten, sondern sie als einen für den Menschen erniedrigenden und thierischen Zu stand ansehen müsse. In Einem geht Tolstoj noch rigoroser vor als Schopenhauer; dieser spricht davon. Laß die geschlechtliche Liebe noihwendig sei für die Erhaltung des Menschengeschlechts, Tolstoj bestreitet diese Nothwendigkeit überhaupt. Er weist darauf hin, daß die Vernichtung der Menschheit kein neuer Be griff sei, sondern für die Gläubigen ein Dogma, für die Männer der Wissenschaft die unvermeidliche Schlußfolgerung ihrer Be obachtungen über das Erkalten der Sonne. Er macht dann noch des Weiteren sehr subtile Unterschiede zwischen Verhaltungsmaß- rcgel und Ideal; die Keuschheit sei «in Ideal und keine Ver haltungsmaßregel und darum nickt zu erreichen: verwirklichtes Ideal hört eben auf, sin Ideal zu sein. Gerade die Erklärungen, die der Verfasser in einem Nach worte zu seiner Kreutzersonate giebt, lassen di« Schwierigkeiten eines Verständnisses für dieselbe deutlich erkennen. Die Mehr zahl der Leser, das gesammte Laienpublicum wohl ist an der Oberfläche der Erzählung haften geblieben, ohne eine Ahnung von ihren philosophischen Tiefen und metaphysischen Fernblicken zu hoben. Ein jeder Autor, der di: schwierigsten Fragen in erzählender Form behandelt und dem Urtheist der Menge an- heimgiebt muß freilich auf Mißverständnisse gefaßt sein. Die Bände fünf, sechs, sieben und acht sind dann von dem ge waltigsten Werke des Dichters, von seinem großen Roman „Krieg und Frieden" ausgefüllt. Auf die Veröffentlichung deS Romans in dieser Grsammiausgabe können Herausgeber und Verleger mit um so größerer Genugthuung blicken, als es daS erste Mal ist, daß das Werk dem deutschen Publicum voll ständig geboten wird. Bisher erschien es nur in minder- werthigen Bruchstücken. „Krieg und Frieden" giebt ein mächtiges, alle Lebensverhälinisse umfassendes Bild von der russischen Ge sellschaft zu Anfang dieses Jahrhunderts, unter besonderer Be rücksichtigung des von Frankreich auf dieselbe ausgeiibien Ein flusses. Die politischen Ereignisse der Jahre 1805—1812 spiegeln sich hauptsächlich in den Zuständen zweier russischer Familien, typischer Adelshäuser, wider. Wir lernen drei Gene rationen kennen: die Großväter, die aus der Zeit der großen Katharina hcrvorgegangen sind-, skeptisch, seicht, adelsstolz. Die Generation der Gegenwart, nicht immer edle, nicht immer kluge, aber doch strebsame Menschen, patriotisch und human denkend. Und schließlich der Knabe, der unter dem Einfluß der Erwachsenen und unter dem einer Heranwachsenden neuen Zeit aufwächst. Mit all' den Kunstmittrln seiner realistischen Tar- stellungsweisc hat Tolstoj sein weitumfasscndes, riesenhaftes Thema meisterlich gebändigt. Bald führt er den Leser mitten in das.Gewoge der großen Völkerschlachten hinein, bald in den eng umfriedigten Kreis der Familie. Bald zeigt er uns den harten Greis, der seine eigenen Kinder quält, bald den jovialen alten Herrn, der sein Hab und Gut vergeudet; bald den kecken, scruprllosen Streber, bald den edlen Mann, der nur seine Selbst vervollkommnung im Auge hat. Auch di« russischen Frauen jener Tage lernen wir in den verschiedensten Gestalten kennen. Neben der Koketten und Ehebrecherin das lMinlos leichtsinnige, junge und schöne Mädchen; neben der bigotten Schwärmerin dir ehrbare und würdige Genossin des Mannes und eine große Anzahl mannigfaltiger Typen noch. Während der Jahre 1864—1869, in denen Tolstoj an diesenr Riesenwerke arbeitet«, hatte sich in seiner Ge dankenwelt eine Wandlung vollzogen, deren Rückwirkung auf den Roman deutlich erkennbar ist. Die ursprüngliche, unbefangene Art des freischaffenden Künstlers wird immer mehr von der Tendenz beeinflußt, von der Reflexion verdrängt, in Folge dessen steht die größere Hälfte des Werkes künstlerisch bedeutend höher als der Rest — doch das Ganze übt trotzdem eine bezwingende Wirkung aus als Aeußerung eines tief und groß empfindenden Denkers und hochragenden Künstlers. Wir dürfen stolz darauf sein, daß wir ihn zu würdigen wissen. M. Uhsr.
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